Vollstreckbares
Schuldversprechen als kausaler Vertrag: Keine Rückgewähr eines
"rechtsgrundlos" erteilten Schuldversprechens bzgl. einer tatsächlich
bestehenden Schuld
BGH, Urteil vom 17.03.2009
- XI ZR 124/08
Fundstelle:
noch nicht bekannt
Amtl. Leitsatz:
In Fällen, in denen dem
Darlehensgeber kein Anspruch auf Bestellung einer Sicherheit zusteht, kann
der Darlehensnehmer eine gleichwohl von ihm bestellte Sicherheit jedenfalls
im Falle eines eine wirksame Darlehensverbindlichkeit sichernden abstrakten
Schuldversprechens mit Vollstreckungsunterwerfung nicht nach
Bereicherungsrecht zurückverlangen.
Zentrale Probleme:
S. die Anm. zu BGHZ
177, 345.
©sl 2009
Tatbestand:
1 Die Parteien streiten um die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus
einer notariellen Urkunde. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
2 Der Kläger, ein damals 25 Jahre alter Kriminalbeamter, wurde im Oktober
1998 von einem Vermittler geworben, zwecks Steuerersparnis ohne Eigenkapital
eine Eigentumswohnung in H. zu erwerben. Der Vermittler war für Firmen der
H. Gruppe tätig, die seit 1990 in großem Umfang Anlageobjekte vertrieb, die
die Beklagte finanzierte.
3 Am 6. Oktober 1998 unterzeichnete der Kläger zur Finanzierung des
Kaufpreises von 149 940 DM zuzüglich Nebenkosten einen Antrag auf ein
tilgungsfreies Vorausdarlehen in Höhe von 189 000 DM sowie zwei
Bausparanträge über 94 000 bzw. 95 000 DM. Mit notarieller Urkunde vom 14.
Oktober 1998 unterbreitete ihm die Verkäuferin ein Angebot zum Erwerb der
Wohnung. In § 16 der Urkunde war die Bevollmächtigung einer
Notariatssekretärin vorgesehen, die den Kläger bei der Bestellung der
Grundpfandrechte zur Absicherung des beantragten Darlehens vertreten, ihn
der sofortigen Zwangsvollstreckung in den Vertragsgegenstand unterwerfen und
ihn auch persönlich der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwerfen sollte.
Der Kläger nahm durch notarielle Erklärung vom 19. Oktober 1998 dieses
Angebot mit der Maßgabe eines anderen Termins der Kaufpreisfälligkeit an. In
Ziffer 2 der Urkunde bestätigte er ausdrücklich die im Angebot enthaltenen
Vollmachten. Durch notarielle Erklärung vom 3. November 1998 nahm die
Verkäuferin das modifizierte Angebot des Klägers an. Am 17. November 1998
unterzeichnete dieser den von der Beklagten vorbereiteten Vorausdarlehens-
und Bausparvertrag. Als Sicherheiten wurden in § 2 der Vertragsurkunde die
Abtretung der Bausparguthaben und die Eintragung einer Grundschuld zugunsten
der Beklagten vereinbart. Mit notarieller Grundschuldbestellungsurkunde vom
4. Dezember 1998, die auf die beiden Bausparverträge des Klägers Bezug
nimmt, erklärte der Kläger – hierbei vertreten durch die Notariatssekretärin
–, er stimme der am selben Tage erfolgten Bestellung einer Grundschuld
zugunsten der Beklagten in Höhe des Vorausdarlehensbetrags zuzüglich 12 %
Jahreszinsen zu. Gemäß Ziffer V. der Urkunde übernahm er die persönliche
Haftung für die Zahlung des Grundschuldbetrages samt Zinsen und
Nebenleistungen und unterwarf sich gegenüber der Beklagten insoweit der
sofortigen Zwangsvollstreckung „aus dieser Urkunde“ in sein gesamtes
Vermögen. Gemäß Ziffer VI. der Urkunde wies er die Beklagte an, das Darlehen
auf das für die Kaufpreiszahlung vereinbarte Notaranderkonto zu überweisen.
4 Mit seiner Klage begehrt der Kläger, die Zwangsvollstreckung aus der
notariellen Urkunde vom 4. Dezember 1998 für unzulässig zu erklären, soweit
sie aus Ziffer V. dieser Urkunde wegen des Grundschuldbetrags in sein
persönliches Vermögen betrieben werden kann. Er beruft sich darauf, dass die
Unterwerfungserklärung in Ziffer V. der Grundschuldbestellungsurkunde
unwirksam sei, weil die der Vertreterin erteilte Vollmacht gegen das
Rechtsberatungsgesetz und gegen § 11 Nr. 2. Buchst. a AGBG verstoße.
Zumindest benachteilige ihn die Unterwerfungsklausel unangemessen, da die
Beklagte vollstrecken könne, ohne die Auszahlung des Darlehens nachweisen zu
müssen. Die Unterwerfungserklärung sei zudem mangels eines Rechtsgrundes für
ihre Abgabe kondizierbar.
5Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete
Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht
zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren
weiter.
Entscheidungsgründe:
6 Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen
Urteils und, unter Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung, zur
Abweisung der Klage.
I.
7 Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im
Wesentlichen ausgeführt:
8 Die Vollstreckungsgegenklage sei begründet. Zwar sei die in der
Kaufvertragsurkunde erteilte Vollmacht nicht wegen Verstoßes gegen das
Rechtsberatungsgesetz unwirksam, da sie nicht den Abschluss eines ganzen
Bündels von Verträgen mit mannigfaltigem rechtlichen Beratungsbedarf zum
Gegenstand habe. Auch seien die in der Vollmacht enthaltenen Klauseln über
eine persönliche Haftungsübernahme und Zwangsvollstreckungsunterwerfung des
Klägers weder überraschend noch unangemessen benachteiligend. Die Beklagte
habe aber beide Erklärungen des Klägers ohne Rechtsgrund erlangt, weshalb
diese der Kondiktion nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB unterlägen. Ein
Schuldgrund für die Zwangsvollstreckungsunterwerfung des Klägers könne nicht
darin gesehen werden, dass der Kläger ein in der notariellen Urkunde vom 4.
Dezember 1998 enthaltenes Angebot hierzu angenommen habe. Eine
Zwangsvollstreckungsunterwerfung stelle keinen Vertrag, kein einseitiges
Rechtsgeschäft und keine Willenserklärung, sondern lediglich eine
prozessuale Erklärung dar, die die Beklagte nur habe beanspruchen können,
wenn eine rechtliche Verpflichtung des Klägers hierzu bestanden habe. Eine
Vereinbarung der Parteien, der eine solche Verpflichtung entnommen werden
könne, liege jedoch nicht vor. Sie könne auch nicht aus der banküblichen
Praxis hergeleitet werden, dass sich mit dem Kreditschuldner identische
Grundschuldbesteller bei Bankdarlehen regelmäßig der Zwangsvollstreckung in
ihr gesamtes Vermögen zu unterwerfen hätten. Hierzu bedürfe es stets einer
Vereinbarung im Einzelfall. Eine solche sei weder im Darlehensvertrag der
Parteien noch im Kaufvertrag enthalten gewesen. Auch in der Annahme des
Kaufvertragsangebotes durch den Kläger einschließlich der darin enthaltenen
Bevollmächtigung der Notariatssekretärin liege kein rechtsgeschäftliches
Angebot an die Beklagte, eine Verpflichtung zu einer Unterwerfung unter die
Zwangsvollstreckung übernehmen zu wollen. Eine solche Verpflichtung
beinhalte auch die notarielle Urkunde vom 4. Dezember 1998 nicht. Fehle es
jedoch an einer Verpflichtung des Darlehensnehmers zur Abgabe der dem
Darlehensgeber durch die Vollstreckungsunterwerfung eingeräumten Sicherheit,
sei diese nach § 812 BGB zurückzugewähren.
II.
9 Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden
Punkt nicht stand.
10 1. Rechtsfehlerfrei geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass
die vom Kläger mit Abschluss des notariellen Kaufvertrages erteilte
Vollmacht zur Abgabe einer persönlichen Vollstreckungsunterwerfungserklärung
nicht gegen das Rechtsberatungsgesetz verstößt, da sie nicht den Abschluss
eines ganzen Bündels von Verträgen mit mannigfaltigem rechtlichen
Beratungsbedarf zum Gegenstand hat, sondern sich auf die
Sicherheitenbestellung und reine Vollzugshandlungen des Grundstückserwerbs
beschränkt (Senat, BGHZ 167, 223, Tz. 15; 177, 345, Tz. 30; Urteile vom 10.
Oktober 2006 – XI ZR 265/05, WM 2007, 108, Tz. 20 und vom 11. November 2008
– XI ZR 468/07, WM 2008, 2359, Tz. 35).
11 Hieran ändert – entgegen der Rechtsansicht der Revisionserwiderung -auch
der Umstand nichts, dass die Notariatssekretärin im Rahmen der Abwicklung
einer Vielzahl von Erwerbsvorgängen auch von anderen Käufern mit
gleichartigen Vollmachten ausgestattet wurde. In allen Fällen ging der
Umfang ihrer Bevollmächtigung nicht über die für die grundbuchrechtliche
Abwicklung des konkreten Erwerbsvorganges erforderlichen Erklärungen hinaus.
Ein umfassender rechtlicher Beratungsbedarf entstand durch die Mehrzahl
gleichgelagerter Fälle nicht.
12 2. Soweit das Berufungsgericht jedoch angenommen hat, dem Kläger stehe
das Recht zu, das vollstreckbare Schuldversprechen gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1
Alt. 1 BGB zurückzufordern, hält dies rechtlicher Überprüfung nicht stand.
13 Dabei kann dahinstehen, ob der Darlehensvertrag oder der Kaufvertrag eine
Vereinbarung enthalten, durch die der Kläger rechtlich verpflichtet wird,
eine Zwangsvollstreckungsunterwerfung zugunsten der Beklagten zu erklären.
14 Auf die vom Berufungsgericht in den Mittelpunkt seiner Argumentation
gestellte Frage, ob der Beklagten ein Anspruch auf Bestellung der Sicherheit
zustand, kommt es nicht an. Entscheidend ist vielmehr die vor dem Urteil des
erkennenden Senats vom 22. Juli 2008 umstrittene Frage, ob in Fällen, in
denen dem Darlehensgeber kein Anspruch auf Bestellung einer Sicherheit
zusteht, der Darlehensnehmer eine gleichwohl von ihm bestellte Sicherheit
nach §§ 812, 813 BGB zurückverlangen kann, da die Kreditgeberin diese
rechtsgrundlos bzw. mit einer dauernden Einrede behaftet erhalten habe.
Diese Frage hat der Senat nach Erlass des Berufungsurteils mit Urteil vom
22. Juli 2008 ( BGHZ 177, 345, Tz. 13 ff.) in
Übereinstimmung mit der überwiegenden Auffassung in Literatur und
Rechtsprechung jedenfalls für den Fall eines eine wirksame
Darlehensverbindlichkeit sichernden abstrakten Schuldversprechens mit
Vollstreckungsunterwerfung dahin entschieden, dass dem Darlehensnehmer in
diesem Fall kein Rückgewähranspruch zusteht. Ein solcher Rückgewähranspruch
scheidet in diesem Fall schon deshalb aus, weil das abstrakte
Schuldversprechen (§ 780 BGB) in Verbindung mit der
Vollstreckungsunterwerfung des Darlehensnehmers seinerseits mit Rechtsgrund
eine wirksame Verbindlichkeit aus dem Verbraucherkreditvertrag sichert.
Personalsicherheiten wie das hier abgegebene vollstreckbare
Schuldversprechen tragen ihren Rechtsgrund in sich selbst (Senatsurteile vom
15. März 2005 – XI ZR 135/04, WM 2005, 828, 831, vom 17. Oktober 2006 – XI
ZR 19/05, WM 2007, 62, Tz. 18 und vom 26. Juni 2007 – XI ZR 287/05, WM 2007,
1648, Tz. 26). Dies bedeutet, es besteht ein Behaltensgrund, solange die
gesicherte Darlehensverbindlichkeit besteht. Ein nicht im Darlehensvertrag
angegebenes vollstreckbares Schuldversprechen ist deshalb – wenn es wie hier
eine bestehende Verbindlichkeit sichert – nicht kondizierbar (Senat,
BGHZ 177, 345, Tz. 21 ff.m.w.N.).
15 Diese Rechtsprechung ist auch im Streitfall anwendbar. Auch hier hat
der Kläger ein abstraktes Schuldversprechen mit Vollstreckungsunterwerfung
abgegeben. Dieses sichert auch eine wirksame Verbindlichkeit, nämlich den
Darlehensrückzahlungsanspruch der Beklagten aus dem Vorausdarlehens- und
Bausparvertrag vom 17. November 1998.
III.
16 Das Berufungsurteil und das ihm zugrunde liegende Urteil des Landgerichts
sind demnach aufzuheben bzw. abzuändern und die Klage abzuweisen. Der Senat
kann in der Sache gem. § 563 Abs. 3 ZPO selbst entscheiden, da die Aufhebung
des Berufungsurteils wegen einer Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes
auf dem vom Berufungsgericht ausreichend festgestellten Sachverhalt beruht,
danach die Sache zur Endentscheidung reif ist und weitere, dem
entgegenstehende Feststellungen nicht mehr zu erwarten sind. |