Anspruchsausschluss bei Erbringung unbestellter
Leistungen (§ 241a BGB); Wissenszurechnung analog § 166 Abs. 1 BGB im Rahmen
von § 241a Abs. 2 und § 819 I BGB; Grenzen richtlinienkonformer Auslegung
BGH, Urteil vom 26. September 2023 - XI ZR 98/22
Fundstelle:
noch nicht bekannt
Amtl. Leitsatz:
Gemäß § 241a Abs. 2 Fall 2 BGB sind gesetzliche
Ansprüche nicht ausgeschlossen, wenn die Leistung in der irrigen Vorstellung
einer Bestellung erfolgte und der Empfänger dies zwar nicht selbst erkannt
hat, ihm aber in entsprechender Anwendung von § 166 Abs. 1 BGB die Kenntnis
einer anderen Person von dieser irrigen Vorstellung des Unternehmers
zuzurechnen ist.
Zentrale Probleme (s. dazu auch S.
Lorenz JZ 2024, 255):
Ein ziemlich krasser Fall: Die Ehefrau des
Beklagten nimmt - im Zusammenwirken mit ihrem Stiefvater - ohne Wissen des
Beklagten unter dessen Namen einen Kredit bei einer Bank auf. Dies gelingt,
weil sich der Stiefvater im POSTIDENT-Verfahren mit dem Personalausweis des
Beklagten als diesen ausgibt. Der Kreditbetrag wird auf das gemeinsame Konto
des Beklagten und seiner Ehefrau überwiesen. Letztere hob das Geld ab und
verbrauchte es. Die Bank fordert nun vom Beklagten die Rückzahlung des
Kredits.
1. Das ist eigentlich ein klarer Fall von § 241a Abs.
1 BGB. Allerdings ist ein - hier allein in Betracht kommender - gesetzlicher
Anspruch (aus § 812 Abs. 1 S.1 Alt. 1, Leistungskondiktion) nach § 241a Abs.
2 BGB nicht ausgeschlossen, „wenn die Leistung nicht für den Empfänger
bestimmt war oder in der irrigen Vorstellung einer Bestellung erfolgte und
der Empfänger dies erkannt hat oder bei Anwendung der im Verkehr
erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können.“ Diese Frage, ob der Beklagte
hier hätte erkennen können, dass die Bank in der Annahme einer Bestelllung
geleistet hat, hängt entscheidend davon ab, in welchen Zeitabständen man
nach der Verkehrssitte erwarten darf, dass ein Kontoinhaber Geldeingänge auf
seinem Konto überprüft. Aber auch das umschifft der Senat durch eine
ziemlich atemberaubende Wissenszurechnung analog § 166 Abs. 1 BGB: Weil sich
die Ehefrau alleine um die finanziellen Angelegenheit der Familie gekümmert
und der Beklagte sich insoweit bewusst von ihr habe repräsentieren lassen,
habe sie bei der Vornahme und Abwicklung von Geldgeschäften eine tatsächlich
ähnliche Stellung wie ein Vertreter innegehabt. Dass die Ehefrau des
Beklagten mit der Aufnahme des Darlehens unter dessen Namen vorsätzlich die
ihr eingeräumten Befugnisse überschritten habe, schließe eine
Wissenszurechnung im Verhältnis zum Beklagten nicht aus, weil die
Darlehensaufnahme unter dem Namen des Beklagten noch „in innerem
Zusammenhang mit dem ihr überlassenen Wirkungskreis“ stand.
2.
Nachdem § 241a Abs. 2 BGB damit den Weg für gesetzliche
Rückerstattungsansprüche frei gemacht hat, stellt sich im Rahmen des
Anspruchs der klagenden Bank aus Leistungskondiktion die Frage des Wegfalls
der Bereicherung beim Beklagten nach § 818 Abs. 3 BGB. Hier wiederholt der
Senat – konsequent – dass § 818 Abs. 3 BGB wegen der dem Beklagten wiederum
analog § 166 Abs. 1 BGB zuzurechnenden Bösgläubigkeit seiner Ehefrau gem. §
819 Abs. 1 i.V.m. § 818 Abs. 4 BGB unanwendbar sei. Der
Hinweis, dass der Beklagte für Geldmangel immer einzustehen habe (Rn.
27 a.E.), geht hier allerdings an der Sache vorbei: Es geht hier nicht
um Vertretenmüssen, sondern nur um die Frage der Bösgläubigkeit-
3.
Zu dieser wirklich bemerkenswerten Fallgestaltung kam es nur durch die
erhebliche Fehlleistungen durch die (der klagenden Bank als Hilfsperson
zuzurechnenden) POSTIDENT-Mitarbeiter, gegenüber welchen es dem Stiefvater
der Ehefrau des Beklagten gelang, sich als diesen identifizieren zu lassen.
Hier liegt – wie auch der Senat erkennt – ein Schadensersatzanspruch des
Beklagten gegen die Klägerin aus Verschulden bei Vertragsschluss (§§ 280
Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB) nahe. Denn die – scheinbare –
Vertragsanbahnung mit dem Beklagten wird man ohne weiteres unter den
Auffangtatbestand des „ähnlichen geschäftlichen Kontakts“ i.S.v. § 311 Abs.
2 Nr. 3 BGB subsumieren können. Die Begründung des Senats, dass der Beklagte
dies der Klägerin nicht
„entgegenhalten“ könne, weil damit die Wertung der §§ 814, 815 BGB umgangen
würden, ist alles andere als überzeugend (s. dazu bei Rn. 28).
Die Kondiktionssperren der §§ 814, 815 verstehen sich nämlich als besonderer
Ausdruck des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) in Form des
widersprüchlichen Verhaltens und schließen damit einen Rückgriff auf § 242
BGB gerade nicht aus. Selbst wenn man aber einen solchen
abschließenden Charakter der §§ 814, 815 BGB annehmen wollte, so gälte dies
nur für deren Eigenschaft als Kondiktionssperren, d.h. als
Ausschlusstatbestände für einen Bereicherungsanspruch. Dass ein
Schadensersatzanspruch nicht im Wege der Aufrechnung oder durch den
dolo-petit-Einwand nach § 242 BGB einem Bereicherungsanspruch
entgegengehalten werden können soll, ergibt sich aus diesen Regelungen aber
mit Sicherheit nicht. Wenn sich schon der Beklagte die Kenntnis seiner
Ehefrau analog § 166 BGB zuzurechnen hat, so muss sich jedenfalls auch die
klagende Bank das Fehlverhalten des von ihr beauftragten
POSTIDENT-Unternehmens und seiner Mitarbeiter unmittelbar nach § 278 Abs. 1
BGB zurechnen lassen.
4. Nicht uninteressant ist auch ein
unionsrechtlicher Aspekt: Es bestehen erhebliche Zweifel, ob die
Ausnahmeregelung des § 241a Abs. 2 BGB mit Art. 9 der
Finanzdienstleistungs-Fernabsatz-RL vereinbar ist. Der Senat ist aber der
zutreffenden Ansicht, dass angesichts des klaren Wortlauts von § 241a Abs. 2
BGB und des klar erkennbaren Willens des historischen Gesetzgebers eine
richtlinienkonforme Auslegung oder Rechtsfortbildung die contra-legem-Grenze
überschreiten würde. Deshalb erübrigt sich mangels
Entscheidungserheblichkeit eine Vorlage an den EuGH nach Art. 267 AEUV.
©sl 2024
Tatbestand:
1 Die klagende Bank nimmt den Beklagten auf
Rückzahlung eines auf sein Konto überwiesenen Geldbetrages in Anspruch.
2 Der Beklagte und seine damalige Ehefrau führten bei der P. (künftig:
P-Bank) ein gemeinsames Konto. Auf dieses Konto überwies die Klägerin am 26.
März 2019 einen Betrag in Höhe von 3.490 €. Aus ihrer Sicht erfolgte
damit die Auszahlung der Darlehensvaluta aus einem unter dem 19. März 2019
zwischen ihr und dem Beklagten geschlossenen Darlehensvertrag. Tatsächlich
war der Beklagte aber nicht an dem vermeintlichen Vertragsschluss beteiligt,
viel-mehr handelte seine damalige Ehefrau unter seinem Namen. Nach den
Feststellungen der Vorinstanzen wurden die Kreditvertragsunterlagen im Wege
des Post-ident-Videoverfahrens an den Beklagten übersandt. Daraufhin erhielt
die Klägerin die Antragsunterlagen nebst Kopien von Lohnabrechnungen, des
Personalausweises des Beklagten, der Bankkarte und von Kontoauszügen. Bei
dem durchgeführten Video-Identverfahren trat der Stiefvater der damaligen
Ehefrau des Beklagten unter Vorlage des Personalausweises des Beklagten auf.
Die Unterschrift des Kreditnehmers auf dem Kreditvertrag wurde von der
damaligen Ehefrau des Beklagten gefälscht.
3 Nachdem die Klägerin im
weiteren Verlauf die Kündigung des vermeintlichen Darlehensvertrags wegen
Zahlungsrückstandes erklärt hatte, erfolgten Teilzahlungen in Höhe von
insgesamt 1.055,20 €.
4 Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die
Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 2.434,80 € nebst Zinsen in Höhe
von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12. März 2020. Das
Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat
das Landgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht
zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des
amtsgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
5 Die Revision der Klägerin hat Erfolg.
I.
6 Das
Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen
ausgeführt:
7 Die Klägerin habe gegen den Beklagten keinen Anspruch
auf Rückzahlung des auf das Konto überwiesenen Betrages, insbesondere nicht
aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB. Ob die Voraussetzungen für einen solchen
Anspruch erfüllt seien, könne dahinstehen, da er jedenfalls nach § 241a BGB
ausgeschlossen sei. Es liege eine unbestellte Leistung im Sinne von § 241a
Abs. 1 BGB vor, da es an einer dem Beklagten zurechenbaren Aufforderung
fehle. Der Beklagte habe die Klägerin unstreitig nicht um ein Darlehen bzw.
um die Auszahlung auf das mit seiner Ehefrau gemeinsam geführte Konto
gebeten. Die Voraussetzungen für eine Ausnahme von dem Ausschluss
gesetzlicher Ansprüche nach § 241a Abs. 2 BGB lägen nicht vor. Die Leistung
sei bereits nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin für den Beklagten
bestimmt gewesen und es sei nicht ersichtlich, dass der Beklagte erkannt
habe oder bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte
erkennen können, dass die Leistung in der irrigen Annahme einer Bestellung
erbracht worden sei. Insofern sei unstreitig, dass bis zur Trennung des
Beklagten von seiner Ehefrau diese sich um die finanziellen Angelegenheiten
der Familie und insbesondere die Verwaltung des gemeinsamen Kontos gekümmert
habe. Vor diesem Hintergrund habe der Beklagte selbst eine entsprechende
Kenntnis nicht gehabt. Nach dem Wortlaut von § 241a Abs. 2 BGB komme es für
die Kenntnis bzw. die fahrlässige Unkenntnis auf die Person des Empfängers
an. Es könne dahinstehen, ob in diesem Rahmen eine Zurechnung des Wissens
der Ehefrau aufgrund einer entsprechenden Anwendung von § 166 Abs. 1 BGB
möglich sei. Denn eine solche Zurechnung setze voraus, dass derjenige, der
einen anderen mit der Erledigung bestimmter Angelegenheiten in eigener
Verantwortung betraue, sich das in diesem Rahmen erlangte Wissen des anderen
zurechnen lassen müsse. Die Ehefrau des Beklagten habe ihre Kenntnis aber
nicht im Rahmen des ihr übertragenen Regelungsbereichs "finanzielle
Angelegenheiten" bzw. "Verwaltung des gemeinsamen Kontos" erlangt, sondern
sie beruhe auf ihren Täuschungen im Zusammenhang mit dem vermeintlich
zwischen den Parteien geschlossenen Darlehensvertrag. Sonstige
Anhaltspunkte, die für eine Kenntnis bzw. fahrlässige Unkenntnis des
Beklagten sprächen, habe die insoweit darlegungsbelastete Klägerin trotz
eines gerichtlichen Hinweises nicht vorgetragen.
II.
8 Diese
Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
9 1. Dabei kann dahinstehen, ob - wie das Berufungsgericht gemeint hat -
es sich bei der Überweisung der "Darlehensvaluta" um eine sonstige
unbestellte Leistung im Sinne von § 241a Abs. 1 BGB handelt, oder ob - wie
der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung gemeint hat - die
Erfüllung eines Scheinvertrages - wie hier - nicht unter § 241a Abs. 1 BGB
fällt.
10 2. Denn selbst wenn § 241a Abs. 1 BGB eingreifen
würde, wären gesetzliche Ansprüche der Klägerin nach § 241a Abs. 2 Fall 2
BGB nicht ausgeschlossen.
11 a) Nach dieser Vorschrift sind
gesetzliche Ansprüche dann nicht ausgeschlossen, wenn die Leistung in der
irrigen Vorstellung einer Bestellung erfolgte und der Empfänger dies erkannt
hat oder bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen
können. In einem solchen Fall soll es nach dem Willen des Gesetzgebers bei
den allgemeinen Regeln verbleiben, weil diese zu einer angemessenen
Rückabwicklung führen (BT-Drucks. 14/2658, S. 46).
12 b) Wegen des
eindeutigen Willens des Gesetzgebers käme eine unionsrechtskonforme
Auslegung nicht in Betracht, selbst wenn die Vorschrift gegen Unionsrecht
verstieße.
13 § 241a BGB dient der Umsetzung mehrerer Richtlinien und
zwar von Art. 9 der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des
Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im
Fernabsatz (ABl. 1997, L 144, S. 19, künftig: Art. 9 der Richtlinie
97/7/EG aF) und Art. 9 der Richtlinie 2002/65/EG des Europäischen Parlaments
und des Rates vom 23. September 2002 über den Fernabsatz von
Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie
90/619/EWG des Rates und der Richtlinien 97/7/EG und 98/27/EG (ABl. 2002, L
271, S. 16, künftig: Art. 9 der Richtlinie 2002/65/EG aF), die jeweils durch
Art. 15 der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates
vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber
Verbrauchern im Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des
Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen
Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des
Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere
Geschäftspraktiken) (ABl. 2005, L 149, S. 22, berichtigt in ABl. 2009, L
253, S. 18) mit Wirkung vom 12. Juni 2005 geändert wurden (künftig: Art. 9
der Richtlinie 97/7/EG nF und Art. 9 der Richtlinie 2002/65/EG nF), sowie
von Art. 27 der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des
Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung
der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie
85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments
und des Rates (ABl. 2011, L 304, S. 64, künftig: Richtlinie 2011/83/EU),
durch den Art. 9 der Richtlinie 97/7/EG nF mit Wirkung vom 13. Juni 2014
ersetzt wurde.
14 Der im vorliegenden Fall einer Darlehensgewährung
und damit einer Finanzdienstleistung im Sinne von Art. 2 Buchst. b der
Richtlinie 2002/65/EG und Art. 3 Abs. 3 Buchst. d der Richtlinie 2011/83/EU
einschlägige Art. 9 der Richtlinie 2002/65/EG nF bestimmt, dass die
Mitgliedstaaten Maßnahmen treffen, um die Verbraucher für den Fall, dass
unbestellte Waren geliefert oder unbestellte Dienstleistungen erbracht
wurden, von jeder Verpflichtung zu befreien, wobei das Ausbleiben einer
Antwort nicht als Zustimmung gilt.
15 Es kann dahinstehen, ob
der nationale Gesetzgeber mit § 241a Abs. 2 Fall 2 BGB zu Lasten des
Verbrauchers hinter den Anforderungen aus Art. 9 der Richtlinie 2002/65/EG
nF zurückgeblieben ist, auch wenn mit dieser Richtlinie nach ihrem
Erwägungsgrund 13 grundsätzlich eine Vollharmonisierung unionsrechtlicher
Vorschriften über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen bezweckt ist und
Art. 9 der Richtlinie 2002/65/EG nF keine ausdrückliche Ausnahme von diesem
Grundsatz enthält. Denn selbst wenn diese Vorschrift dahingehend auszulegen
sein sollte, dass der Verbraucher, dem eine unbestellte Finanzdienstleistung
erbracht worden ist, von sämtlichen vertraglichen und gesetzlichen
Ansprüchen zu befreien ist (vgl. dazu Staudinger/Olzen, BGB,
Neubearb. 2019, § 241a Rn. 37; Erman/Saenger, BGB, 17. Aufl., § 241a Rn.
1; PWW/Kramme, BGB, 18. Aufl., § 241a Rn. 2, 14; Schinkels in
Gebauer/ Wiedmann, Europäisches Zivilrecht, 3. Aufl., Kapitel 8 Rn. 60 f.;
Förderer, Der Anspruchsausschluss nach § 361 Abs. 1 BGB im Lichte des
unionsrechtlichen Verbots des Rechtsmissbrauchs, 2021, S. 38 f.),
kommt eine entsprechende unionrechtskonforme Auslegung von § 241a Abs. 2
Fall 2 BGB nicht in Betracht.
16 Die Entscheidung darüber,
ob im Rahmen des nationalen Rechts ein Spielraum für eine
richtlinienkonforme Auslegung oder Rechtsfortbildung besteht, obliegt den
nationalen Gerichten (BVerfG, WM 2012, 1179, 1181; NVwZ-RR 2018, 169 Rn.
37). Eine richtlinienkonforme Auslegung darf nicht dazu führen, dass
einer nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Norm ein entgegengesetzter Sinn
gegeben oder der normative Gehalt der Norm grundlegend neu bestimmt wird.
Richterliche Rechtsfortbildung berechtigt den Richter nicht dazu, seine
eigene materielle Gerechtigkeitsvorstellung an die Stelle derjenigen
des Gesetzgebers zu setzen (BVerfG, WM 2012, 1179, 1181). Demgemäß
kommt eine richtlinienkonforme Auslegung nur in Frage, wenn eine Norm
tatsächlich unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten im Rahmen dessen
zulässt, was der gesetzgeberischen Zweck- und Zielsetzung entspricht. Der
Grundsatz unionsrechtskonformer Auslegung und Rechtsfortbildung darf nicht
zu einer Auslegung des nationalen Rechts contra legem führen (Senatsurteile
vom 22. Mai 2012 - XI ZR 290/11, BGHZ 193, 238 Rn. 50, vom 3. Juli 2018 - XI
ZR 702/16, WM 2018, 1601 Rn. 13 und vom 26. Oktober 2021 - XI ZR 608/20, WM
2021, 2248 Rn. 20; BVerfG aaO). Dies entspricht auch der ständigen
Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH, Urteile vom 4.
Juli 2006 - C-212/04, Slg. 2006, I-6057 Rn. 110 - Adeneler, vom 24. Januar -
C-282/10, NJW 2012, 509 Rn. 25 - Dominguez, vom 11. September -
C-143/18, WM 2019, 1919 Rn. 38 - Romano und vom 18. Januar -
C-261/20, NJW 2022, 927 Rn. 28 - Thelen Technopark Berlin). Die
Pflicht zur Verwirklichung des Richtlinienziels im Auslegungswege findet
ihre Grenzen an dem nach der innerstaatlichen Rechtstradition methodisch
Erlaubten (BGH, Urteile vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, BGHZ 201,
101 Rn. 20 und vom 28. Juni 2017 - IV ZR 440/14, BGHZ 215, 126 Rn. 24;
Senatsbeschluss vom 31. März 2020 - XI ZR 198/19, WM 2020, 838 Rn. 13 mwN;
BVerfG aaO).
17 Nach diesen Maßgaben kommt eine einschränkende
Auslegung von § 241a Abs. 2 Fall 2 BGB nicht in Betracht.
18 Der
Gesetzgeber hat § 241a BGB mit Wirkung vom 30. Juni 2000 eingefügt, um Art.
9 zweiter Spiegelstrich der Richtlinie 97/7/EG aF umzusetzen (vgl.
BT-Drucks. 14/2658, S. 22 ff., 46), der den Mitgliedstaaten aufgibt, die
erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um "den Verbraucher von jedweder
Gegenleistung für den Fall zu befreien, dass unbestellte Waren geliefert
oder unbestellte Dienstleistungen erbracht wurden, wobei das Ausbleiben
einer Reaktion nicht als Zustimmung gilt." Dabei ist er davon ausgegangen,
dass die verbraucherschützende Gesamtintention der Richtlinie 97/7/EG aF
eher eine weite Auslegung des Gegenleistungsbegriffs nahelege, und deshalb
eine klarstellende Regelung im allgemeinen Schuldrecht geschaffen werden
soll, die den Verbraucher im Falle bewusst unbestellt zugesendeter Waren
oder der Erbringung unbestellter Dienstleistungen von sämtlichen
Verbindlichkeiten, auch von solchen auf Nutzungsherausgabe, Schadensersatz
und Rückgabe freistellt (BT-Drucks. 14/2658, S. 23 f., 46). Dagegen sollten
dem Unternehmer mit § 241a Abs. 2 BGB (im Gesetzentwurf noch § 241a Satz 2
BGB, BT-Drucks. 14/2658, S. 6) ausnahmsweise seine gesetzlichen Ansprüche
belassen werden, wenn vom Empfänger nicht bestellte Waren oder sonstige
Leistungen irrtümlich bei diesem landen, dieser jedoch erkennen konnte, dass
es sich nicht um bewusst unbestellte Leistungen, sondern lediglich um eine
irrtümliche Leistung an ihn handelt. Voraussetzung dafür sollte sein, dass
der Leistungserbringer tatsächlich von einer Bestellung ausgegangen ist und
der Leistungsempfänger hätte erkennen können, dass die Leistung für einen
anderen bestimmt war oder der Leistungserbringer irrtümlich von einer
Bestellung durch den Empfänger ausgegangen ist. Denn in einem solchen Fall
führten die allgemeinen Regeln zu einer angemessenen Rückabwicklung
(BT-Drucks. 14/2658, S. 46).
19 Im Rahmen der Umsetzung von Art. 9
der Richtlinie 2002/65/EG aF, der den Mitgliedstaaten aufgab, die
erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um "bei Erbringung unaufgefordert
erbrachter Leistungen die Verbraucher von jeder Verpflichtung zu befreien",
ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass § 241a BGB bereits die
erforderliche Regelung enthält (BT-Drucks. 15/2946, S. 16). Auch im Rahmen
der Umsetzung der Richtlinie 2005/29/EG, durch deren Art. 15 Art. 9 der
Richtlinie 97/7/EG aF und Art. 9 der Richtlinie 2002/65/EG aF
teilweise geändert worden waren, ist keine Änderung von § 241a BGB erfolgt.
Insoweit wurde ein Umsetzungsbedarf verneint, weil § 241a BGB bereits eine
für Schuldverhältnisse allgemein geltende Regelung enthalte, welche auch die
in den geänderten Richtlinien geregelten Fälle erfasse (BT-Drucks. 16/10145,
S. 19). Schließlich ist § 241a Abs. 2 BGB - anders als die Absätze 1 und 3 -
auch im Rahmen der Umsetzung der - bisher Finanzdienstleistungen nicht
erfassenden -Richtlinie 2011/83/EU durch das Gesetz zur Umsetzung der
Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der
Wohnungsvermittlung vom 20. September 2013 (BGBl. I, S. 3642) unverändert
geblieben.
20 Damit hat der nationale Gesetzgeber wiederholt
deutlich gemacht, dass er an der Ausnahmeregelung des § 241a Abs. 2 BGB
festhält.
21 3. Entgegen der Ansicht des
Berufungsgerichts ist dem Beklagten in entsprechender Anwendung von
§ 166 Abs. 1 BGB die Kenntnis seiner Ehefrau von der irrigen Vorstellung
einer Bestellung auf Seiten der Klägerin zuzurechnen.
22 a)
Die Rechtsprechung hat der Regelung des § 166 Abs. 1 BGB den
allgemeinen Rechtsgedanken entnommen, dass sich - unabhängig von dem
Vorliegen eines Vertretungsverhältnisses - derjenige, der einen anderen mit
der Erledigung bestimmter Angelegenheiten in eigener Verantwortung betraut,
das in diesem Rahmen erlangte Wissen des anderen zurechnen lassen muss
(BGH, Urteile vom 25. März 1982 - VII ZR 60/81, BGHZ 83, 293, 296,
vom 13. Dezember 2012 - III ZR 298/11, WM 2013, 155 Rn. 19 mwN und
vom 23. Januar 2014 - III ZR 436/12, WM 2014,
900 Rn. 11, 16 f.). So liegt der Fall hier.
23 b)
Denn nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat sich bis zur
Trennung des Beklagten von seiner damaligen Ehefrau allein letztere um die
finanziellen Angelegenheiten der Familie und insbesondere um die
Verwaltung des gemeinsamen Kontos gekümmert. Sie hatte deshalb bei der
Vornahme und Abwicklung von Geldgeschäften eine tatsächlich ähnliche
Stellung wie ein Vertreter. Der Beklagte ließ sich insoweit bewusst
von seiner Ehefrau in ähnlicher Weise repräsentieren wie durch einen
rechtsgeschäftlichen Stellvertreter. Allein weil der Beklagte sich um das
Konto nicht kümmerte, konnte die Ehefrau bei der Klägerin den Irrtum
hervorrufen, mit dem Beklagten einen Darlehensvertrag geschlossen zu haben,
und die Klägerin ohne dessen Wissen dazu veranlassen, die vermeintliche
Darlehensvaluta auf das gemeinsame Konto zu überweisen. Die im vorliegenden
Fall gegebene Interessenlage entspricht daher so sehr der Interessenlage
eines rechtsgeschäftlichen Vertretungsverhältnisses, dass es sachgerecht
ist, das Wissen, das die Ehefrau in Ausübung des ihr
übertragenen Wirkungskreises erworben hat, in entsprechender Anwendung des §
166 Abs. 1 BGB dem Beklagten zuzurechnen (vgl. BGH, Urteil vom 25. März 1982
- VII ZR 60/81, BGHZ 83, 293, 296 f.; OLG Hamm, WM 1985, 1290 f.; OLG Köln,
WM 1998, 1327, 1328 f.; OLG Schleswig, FamRZ 2008, 512, 513).
Unerheblich ist, ob die damalige Ehefrau des Beklagten mit der Aufnahme des
Darlehens unter seinem Namen ihre Befugnisse im Innenverhältnis vorsätzlich
überschritten hat. Das schließt - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts
- eine Wissenszurechnung im Verhältnis zum Beklagten nicht aus, weil die
Darlehensaufnahme unter dem Namen des Beklagten noch in innerem Zusammenhang
mit dem ihr überlassenen Wirkungskreis stand.
III.
24
Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO), weil es sich
auch nicht aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 561 ZPO). Da
weitere Feststellungen weder erforderlich noch zu erwarten sind, kann der
Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und die Berufung
des Beklagten zurückweisen. Der Klägerin steht der geltend gemachte
Bereicherungsanspruch, der - wie unter II. ausgeführt - nicht durch § 241a
BGB ausgeschlossen ist, zu und der Beklagte kann diesem Anspruch
keinen Schadensersatzanspruch wegen unsorgfältiger Durchführung des
Video-Identifizierungsverfahrens entgegenhalten.
25 1. Die
Voraussetzungen für einen Anspruch der Klägerin aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall
1 BGB in Höhe von 2.434,80 €, der Differenz zwischen dem auf das Konto
überwiesenen Betrag und den nach der Kündigung erfolgten Teilrückzahlungen,
liegen vor.
26 Der Beklagte ist durch die Überweisung auf das
gemeinsame Konto, mit der die Klägerin den vermeintlich mit dem Beklagten
geschlossenen Darlehensvertrag erfüllen wollte, durch Leistung der Klägerin
rechtsgrundlos bereichert worden (vgl. BGH, Urteil vom 25. März
1982 - VII ZR 60/81, BGHZ 83, 293, 294; OLG Hamm, WM 1985, 1290; OLG
Schleswig, FamRZ 2008, 512 f.), weil durch das Handeln der damaligen
Ehefrau des Beklagten unter dessen Namen zwischen den Parteien kein
Darlehensvertrag zustande gekommen ist. Denn das Handeln seiner
Ehefrau unter seinem Namen ist ihm nicht zuzurechnen, weil nicht
festgestellt ist und von der Revision auch nicht geltend gemacht wird,
dass die Ehefrau bei Abschluss des Darlehensvertrags und Unterzeichnung der
Auszahlungsanweisung unter dem Namen des Beklagten in Ausübung einer
bestehenden Vertretungsmacht (§ 164 Abs. 1 Satz 1 BGB analog) gehandelt
hätte, der Beklagte den Vertragsschluss genehmigt hätte (§ 177 Abs. 1 BGB
analog) oder die Voraussetzungen für das Eingreifen der Grundsätze über die
Anscheins- oder die Duldungsvollmacht vorlägen (vgl. BGH, Urteile vom 3.
März 1966 - II ZR 18/64, BGHZ 45, 193, 195 f., vom 8. Dezember 2005 - III ZR
99/05, NJW-RR 2006, 701 Rn. 11 und vom 11. Mai 2011 - VIII ZR 289/09, BGHZ
189, 346 Rn. 11 f. mwN). Insbesondere ist nicht festgestellt und wird von
der Revision auch nicht geltend gemacht, dass die nach der Kündigung durch
die Klägerin erfolgten Teilzahlungen von dem Beklagten veranlasst worden
wären.
27 Der Beklagte kann sich gemäß § 819
Abs. 1 BGB nicht auf den Wegfall der Bereicherung nach § 818 Abs. 3 BGB
berufen, auch wenn die damalige Ehefrau des Beklagten den überwiesenen
Betrag abgehoben hatte, bevor der Beklagte von dem Zahlungseingang erfuhr.
Der Ehefrau des Beklagten war bekannt, dass der überwiesene Betrag von der
Klägerin als Darlehen gewährt worden war und deshalb nicht dauerhaft
behalten werden durfte, sondern zurückgezahlt werden musste. Diese Kenntnis,
die für die Anwendung des § 819 Abs. 1 BGB ausreicht (BGH, Urteil
vom 25. März 1982 - VII ZR 60/81, BGHZ 83, 293, 295; Senatsurteile vom 16.
Mai 2006 - XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1 Rn. 34 und vom 12. September 2006 - XI ZR
296/05, ZIP 2006, 2119 Rn. 16, jeweils mwN), muss sich der Beklagte
- ebenso wie im Rahmen von § 241a BGB - in entsprechender Anwendung von §
166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen, weil er seiner Ehefrau die finanziellen
Angelegenheiten der Familie und insbesondere die Verwaltung des gemeinsamen
Kontos vollständig überlassen und sich nicht um die Kontobewegungen
gekümmert hatte (vgl. BGH, Urteil vom 25. März 1982, aaO S. 295 f.;
OLG Hamm, WM 1985, 1290 f.; OLG Schleswig, FamRZ 2008, 512, 513).
Außerdem hat der Beklagte auch nach Aufhebung von § 279 BGB aF ohne
Rücksicht auf ein Verschulden für seine finanzielle Leistungsfähigkeit
einzustehen (BGH, Urteil vom 4. Februar 2015 - VIII ZR 175/14, BGHZ
204, 134 Rn. 18; Grüneberg/Sprau, BGB, 82. Aufl., § 818 Rn. 53 und
Grüneberg/Grüneberg, aaO, § 275 Rn. 3, § 276 Rn. 28).
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2. Der Beklagte kann dem Bereicherungsanspruch der Klägerin keinen
Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB
wegen mangelhafter Sorgfalt bei der Identifizierung des (vermeintlichen)
Darlehensnehmers im Rahmen der Durchführung des
Video-Identifizierungsverfahrens sowie des Vergleichs der Unterschriften auf
dem gezeigten Personalausweis und den Vertragsunterlagen entgegenhalten.
Soweit der Beklagte aufgrund der Auszahlung der Valuta auf das gemeinsame
Konto einem Bereicherungsanspruch der Klägerin ausgesetzt ist, ergibt sich
aus §§ 814, 815 BGB, dass einem solchen Anspruch nur eine positive Kenntnis
des Bereicherungsgläubigers entgegengehalten werden kann, während
fahrlässige und auch grob fahrlässige Unkenntnis unerheblich sind. Diese
Wertung kann nicht durch einen Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1, §
241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB wegen unsorgfältiger Prüfung der Identität des
Empfängers vor der Leistungserbringung überspielt werden.
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3. Der Zinsanspruch folgt aus § 819 Abs. 1, § 818 Abs. 4, § 291, § 288 Abs.
1 Satz 2 BGB.
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