Abgrenzung Leistungskondiktion/Nichtleistungskondiktion; Wissenszurechnung analog § 166 BGB im Bereicherungsrecht (§ 819 I BGB) und beim Verjährungsbeginn nach § 199 I Nr. 2 BGB; Begriff des "Wissensvertreters"


BGH, Urteil vom 23. Januar 2014 - III ZR 436/12 - OLG Zweibrücken


Fundstelle:

NJW 2014, 1294


Amtl. Leitsatz:

Eine entsprechend § 166 Abs. 1 BGB erfolgende Zurechnung des Wissens eines Vertreters des Gläubigers von den Anspruch begründenden Umständen im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB kommt auch dann nicht in Betracht, wenn sich der Anspruch zwar nicht gegen den Vertreter selbst richtet, jedoch mit einem gegen ihn gerichteten Anspruch in einem so engen Zusammenhang steht, dass auch hier die Befürchtung besteht, der Vertreter werde nicht zu einer sachgerechten Verfolgung des Anspruchs beitragen (Fortführung von BGH, Urteile vom 15. März 2011 - II ZR 301/09, NJW-RR 2011, 832 und vom 12. Juni 1989 - II ZR 334/87, NJW-RR 1989, 1255).


Zentrale Probleme:

Der Hausverwalter zweier Wohnungseigentümergesellschaften veruntreut deren Geld. Um dies zu vertuschen überweist er von dem Konto einer Gesellschaft Geld auf dasjenige der anderen . Nachdem die Sache aufgeflogen war, verlangt die klagende Wohnungseigentümergesellschaft von derjenigen, auf deren Konto Geld überwiesen wurde, die Rückzahlung der überwiesenen Beträge.
Als Anspruchsgrundlage kommt hier nicht eine Leistungskondiktion nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB in Betracht, da es im Verhältnis der Parteien an "Leistung" im bereicherungsrechtlichen Sinne fehlt. Der Anspruch gründet sich also auf eine Nichtleistungskondiktion nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB. Dabei stellte sich zunächst die Frage, ob die Bereicherung des Beklagten nach § 818 Abs. 3 BGB wegen einer Entreicherung wegfallen kann. Dies ist nach § 819 Abs. 1 BGB von vornherein ausgeschlossen, wenn der Empfänger bösgläubig war. Der BGH bejaht das hier in analoger Anwendung von § 166 BGB. Der Leistungsempfänger muss sich also den bösen Glauben seines Gehilfen zurechnen lassen.
Weiter stellt sich die Frage der Verjährung. Der Bereicherungsanspruch unterliegt der Regelverjährung nach § 195 BGB. Die Frist beginnt nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB aber erst am Ende des Jahres, in welchen der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Deshalb stellte sich im vorliegenden Fall die Frage, ob sich der Bereicherungsgläubiger nicht ebenfalls die Kenntnis des Verwalters analog § 166 BGB zurechnen lassen musste. Der Senat verneint das. Zwar findet im Verjährungsrecht keine generelle Zurechnung des Wissens rechtsgeschäftlicher Stellvertreter statt, jedoch muss sich der Gläubiger das Wissen eines sog. "Wissensvertreters" zurechnen lassen. Wissensvertreter ist aber nur eine Person, die der Gläubiger mit der Verfolgung der entsprechenden Forderung betraut hat (s.
BGH NJW 2007, 1584 = BGHZ 171, 1). Das gilt jedoch dann nicht, wenn der Vertreter selbst Schuldner ist (s. dazu BGH, Urteil vom 15. März 2011 - II ZR 301/09). In einem solchen Fall ist es dem Gläubiger nach § 242 BGB verwehrt, sich auf die Wissenszurechnung zu berufen, weil mit einer sachgerechten Verfolgung des Anspruchs durch den Wissensvertreter gegen sich selbst nicht zu rechnen ist. Dieselben Grundsätze zieht der BGH vorliegend heran: Zwar ist der Anspruch nicht gegen den Wissensvertreter selbst gerichtet, er hängt aber mit einem deliktischen Anspruch gleich ins gleichen Inhalts gegen den Wissensvertreter zusammen, da dieser in Bezug auf die veruntreuten Gelder ja auch zum Schadenersatz verpflichtet ist. Auch hier kann nach Auffassung des BGH nicht damit gerechnet werden, dass der Wissensvertreter dieser Ansprüche tatsächlich verfolgt.
S. zum Ganzen auch die krit. Besprechung von M.Schwab JuS 2014, 1032. Zur Wissenzurechnung analog § 166 Abs. 1 BGB s. auch BGH v. 26.9.2023 - XI ZR 98/22.

©sl 2014


Tatbestand:

1 Die Parteien, zwei Wohnungseigentümergemeinschaften, streiten um die Rückzahlung eines Betrags von 10.000 €, der am 31. Juli 2006 durch den Verwalter L. von dem Konto der Klägerin auf das Konto der Beklagten überwiesen wurde. L. war nicht nur der Verwalter beider Parteien, sondern auch der zahlreicher anderer Wohnungseigentümergemeinschaften. Er hob jahrelang von den Konten der von ihm verwalteten Wohnungseigentümerschaften Geldbeträge für eigene Zwecke ab. Zur Verdeckung der Abhebungen nahm er eine Vielzahl von Überweisungen zwischen den Konten der Wohnungseigentümergemeinschaften vor. Nach der Überweisung am 31. Juli 2006 überwies L. noch am gleichen Tag einen Teilbetrag von 5.000 € vom Konto der Beklagten auf das Konto einer anderen von ihm verwalteten Wohnungseigentümergemeinschaft. Einen weiteren Teilbetrag von 5.000 € hob er am 1. August 2006 vom Konto der Beklagten für eigene Zwecke ab. L. wurde im Jahr 2010 wegen Untreue in 740 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.

2 Die Klägerin erfuhr von der Überweisung von ihrem Konto auf das Konto der Beklagten im Sommer 2007. Sie hat wegen der streitgegenständlichen Forderung am 21. Dezember 2010 einen Mahnbescheid beantragt, der am 22. Dezember 2010 erlassen und der Beklagten am 19. Januar 2011 zugestellt worden ist.

3 Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 10.000 € nebst Zinsen zu zahlen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

4 Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg.
I.

5 Nach Auffassung des Berufungsgerichts ergibt sich der zuerkannte Anspruch der Klägerin aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB. Durch die Überweisung L......s sei die Beklagte nicht durch Leistung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB), sondern in sonstiger Weise bereichert worden. Die Beklagte könne sich gemäß § 819 Abs. 1 BGB nicht auf den Wegfall der Bereicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) berufen. Denn sie müsse sich das Handeln und Wissen L. s um das Fehlen des rechtlichen Grundes für die Überweisung in entsprechender Anwendung des § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen. Es gelte der allgemeine Rechtsgedanke, dass derjenige, der einen anderen mit der Erledigung bestimmter Angelegenheiten in eigener Verantwortung betraue, sich das Wissen des anderen zurechnen lassen müsse.

Der Anspruch der Klägerin sei nicht verjährt. Der Lauf der dreijährigen Verjährungsfrist des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB habe Ende des Jahres 2007 begonnen, nachdem die Klägerin im Sommer 2007 von der streitgegenständlichen Überweisung Kenntnis erlangt habe. Dagegen müsse sich die Klägerin für den Lauf der Verjährungsfrist nicht das Wissen L. s hinsichtlich der bereits im Jahr 2006 vorgenommenen Überweisung zurechnen lassen. Für eine solche Wissenszurechnung blieben diejenigen Personen außer Betracht, die den Schaden verursacht hätten und selbst Schuldner seien. Der Klägerin als Opfer einer vorsätzlich zu ihrem Nachteil begangenen unerlaubten Handlung sei die Kenntnis des Täters von der auch vor ihr verheimlichten Tat nicht verjährungsschädlich zuzurechnen. Das gelte auch für ihre Ansprüche gegenüber der Beklagten.

7 Durch die Beantragung des am 19. Januar 2011 der Beklagten zugestellten Mahnbescheids am 21. Dezember 2010 habe die Klägerin die Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB, § 167 ZPO rechtzeitig gehemmt.

II.

8 Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung stand.

9 1. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Berufungsgericht angenommen, die Beklagte sei durch die Überweisung L. s von dem Konto der Klägerin nicht durch Leistung eines anderen, sondern in sonstiger Weise bereichert worden (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB). Eine Leistung der Klägerin an die Beklagte im Sinne von § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB scheidet schon deshalb aus, weil aus Sicht beider Parteien ein mit der Überweisung verfolgter Leistungszweck fehlte. Insbesondere war kein Kausalverhältnis erkennbar, auf das sich die Überweisung hätte beziehen können.

10 2. Der Anspruch der Klägerin ist, wie das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend erkannt hat, nicht gemäß § 818 Abs. 3 BGB ausgeschlossen. Denn die Beklagte kann sich gemäß § 819 Abs. 1 BGB nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen.

11 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Vorschrift des § 166 Abs. 1 BGB, der Kenntnisse des Vertreters dem Vertretenen zurechnet, im Rahmen des § 819 Abs. 1 BGB zumindest entsprechend anwendbar (BGH, Urteile vom 25. März 1982 - VII ZR 60/81, BGHZ 83, 293, 295 f; vom 20. Februar 1979 - VI ZR 256/77, VersR 1979, 523, 526 und vom 29. März 1962 - VII ZR 238/60, WM 1962, 609, 610; so auch OLG Hamm, VersR 2009, 1416, 1417; OLG Köln, OLGR 1998, 141; Palandt/Sprau, BGB, 73. Aufl., § 819 Rn. 3). Nach § 166 Abs. 1 BGB muss derjenige, der sich im rechtsgeschäftlichen Verkehr bei der Abgabe von Willenserklärungen eines Vertreters bedient, es im schutzwürdigen Interesse des Adressaten hinnehmen, dass ihm die Kenntnis des Vertreters als eigene zugerechnet wird. Er kann sich nicht auf eigene Unkenntnis berufen. Aus diesem der Vorschrift des § 166 BGB innewohnenden allgemeinen Rechtsgedanken hat der Bundesgerichtshof hergeleitet, dass sich - unabhängig von dem Vorliegen eines Vertretungsverhältnisses - derjenige, der einen anderen mit der Erledigung bestimmter Angelegenheiten in eigener Verantwortung betraut, das in diesem Rahmen erlangte Wissen des anderen zurechnen lassen muss (BGH aaO).

12 Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Gegen die entsprechenden Ausführungen des Berufungsgerichts werden von der Revision keine Einwendungen erhoben. L. war als Verwalter der organschaftliche Vertreter der Beklagten, der für die Wohnungseigentümer im Rechtsverkehr in weitem Umfang handeln konnte (vgl. zur Stellung des Verwalters einer Wohnungseigentümergemeinschaft BGH, Urteil vom 27. September 2002 - V ZR 320/01, NJW 2003, 589, 590; Beschluss vom 2. Juni 2005 - V ZB 32/05, BGHZ 163, 154, 162). Er war insbesondere nach § 27 Abs. 1 Nr. 4 WEG in der bis zum 30. Juni 2007 geltenden Fassung für die Verwaltung der eingenommenen Gelder zuständig. Die Beklagte hat sich daher seine Kenntnis von dem fehlenden Rechtsgrund der Überweisung entsprechend § 166 Abs. 1 BGB zurechnen zu lassen mit der Folge, dass sie sich gemäß § 819 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 818 Abs. 4 BGB nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen kann.

13 Etwas anderes gilt vorliegend auch nicht deshalb, weil L. im Rahmen der Überweisung als Verwalter nicht nur auf Seiten der Beklagten, sondern auch auf Seiten der Klägerin - veruntreuend - tätig war. Hierdurch wird die Schutzwürdigkeit der Interessen der Klägerin nicht verringert. Die Haftungsverschärfung in § 819 Abs. 1 BGB hat ihren Grund darin, dass der Bereicherungsschuldner ab Kenntniserlangung von dem mangelnden Rechtsgrund auf die Rechtsbeständigkeit des Erwerbs nicht vertrauen darf und ihn daher gesteigerte Sorgfaltspflichten im Umgang mit dem Erlangten treffen. Er kann gleichsam als "Verwahrer fremden Guts" angesehen werden (Wendehorst in BeckOK, BGB, § 819 [01.11.2013], Rn. 2 unter Hinweis auf die Motive zu dem Entwurfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, Band II, S. 55). Die gesteigerten Sorgfaltspflichten des Bereicherungsschuldners finden ihre Begründung mithin in der von ihm erkannten Zuordnung des Erlangten zu einer fremden Vermögenssphäre. Sie bestehen unabhängig davon, wer auf Seiten des Bereicherungsgläubigers konkret in dessen Vermögen zum Vorteil des Bereicherungsschuldners eingegriffen hat.

14 3. Das Berufungsgericht hat schließlich auch die Verjährung des Bereicherungsanspruchs der Klägerin ohne Rechtsfehler verneint. Das Wissen L. s um die von ihm vorgenommene rechtsgrundlose Überweisung vom 31. Juli 2006 ist der Klägerin im Rahmen von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht zuzurechnen. Dementsprechend begann die Verjährungsfrist noch nicht Ende des Jahres 2006, sondern erst Ende des Jahres 2007.

15 a) Für den bereicherungsrechtlichen Anspruch gilt die regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB, die drei Jahre beträgt und nach § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste. Hinsichtlich der vorgenannten subjektiven Voraussetzungen ist grundsätzlich auf die Person des Gläubigers abzustellen. Im Fall der gesetzlichen Vertretung muss sich allerdings der Vertretene das Wissen seines gesetzlichen Vertreters zurechnen lassen (MüKoBGB/Grothe, 6. Aufl., § 199 Rn. 33; Palandt/Ellenberger aaO § 199 Rn. 24). Demgegenüber ist die Kenntnis eines rechtsgeschäftlichen Vertreters für den Verjährungsbeginn regelmäßig unerheblich (BGH, Urteil vom 15. Oktober 1992 - IX ZR 43/92, NJW 1993, 648, 652 zu § 852 BGB a.F.). § 166 BGB ist in diesem Bereich wegen des Zwecks der Verjährungsvorschriften nicht anwendbar (BGH, Urteil vom 15. Oktober 1992 aaO; Gehrlein/Weinland, jurisPK-BGB, 6. Aufl., § 166 Rn. 18).

16 b) Von dem vorgenannten Grundsatz hat die Rechtsprechung - zunächst im Zusammenhang mit § 852 BGB a.F. - eine am Rechtsgedanken des § 166 BGB orientierte Ausnahme in solchen Fällen zugelassen, in denen sich der Anspruchsteller eines sogenannten Wissensvertreters bedient. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass es gegen Treu und Glauben verstoßen würde, wenn jemand, der einen Vertreter mit einem bestimmten Aufgabenkreis betraut und ihm in diesem Aufgabenkreis die Kenntnisnahme von Tatsachen überträgt, aus der inneren Geschäftsverteilung einem Dritten gegenüber den Einwand der Unkenntnis herleiten wollte. Der Anspruchsteller könnte auf diese Weise den Beginn der Verjährungsfrist durch Einschaltung eines Wissensvertreters willkürlich hinauszögern (Senat, Urteil vom 29. Januar 1968 - III ZR 118/67, NJW 1968, 988 f). Zur Vermeidung eines solchen, mit dem Schutzgedanken von § 852 BGB a.F. nicht zu vereinbarenden Ergebnisses hat die Rechtsprechung den Grundsatz entwickelt, dass sich der Anspruchsinhaber im Rahmen des § 852 BGB a.F. das Wissen eines Dritten entsprechend § 166 Abs. 1 BGB als eigenes Wissen zurechnen lassen muss, wenn er den Dritten mit der Erledigung bestimmter Angelegenheiten, insbesondere mit der Betreuung und Verfolgung der in Frage stehenden Ersatzforderung, in eigener Verantwortung betraut hat (Senat, Urteil vom 29. Januar 1968 aaO; BGH, Urteile vom 23. Januar 2007 - XI ZR 44/06, BGHZ 171, 1 Rn. 35; vom 4. Februar 1997 - VI ZR 306/95, BGHZ 134, 343, 347 f und vom 18. Januar 1994 - VI ZR 190/93, NJW 1994, 1150, 1151).

Wesentlich für die Wissenszurechnung ist dabei, dass die Erlangung der Tatsachenkenntnis, die dem Anspruchsteller zugerechnet werden soll, zu dem Aufgabenkreis des Vertreters gehört, auch wenn dieser die zur Kenntnis genommenen Tatsachen nicht an den Vertretenen weitergibt (Senat, Urteil vom 29. Januar 1968 aaO; Erman/Schmidt-Räntsch, BGB, 13. Aufl., § 199 Rn. 15).

17 Nach der Rechtsprechung des Senats können diese zu § 852 BGB a.F. entwickelten Grundsätze auch auf § 199 BGB übertragen werden (Senat, Urteil vom 13. Dezember 2012 - III ZR 298/11, NJW 2013, 448, 449; so auch MüKoBGB/Grothe aaO § 199 Rn. 34; Palandt/Ellenberger aaO § 199 Rn. 24; Mansel, NJW 2002, 89, 92; Gaier, NZM 2003, 90, 94). Der Verjährungsbeginn ist in § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB der Regelung des § 852 BGB a.F. nachgebildet (Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts, BT-Drucks. 14/6040 S. 107). Für ihn gelten die vorgenannten, an Treu und Glauben (§ 242 BGB) ausgerichteten Erwägungen in gleichem Maße. Dementsprechend wäre es auch im Hinblick auf den Verjährungsbeginn nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB treuwidrig, wenn durch die Einschaltung eines Dritten als Wissensvertreter die Verjährung willkürlich hinausgezögert werden könnte.

18 c) Nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen ist es zwar nicht von vorneherein ausgeschlossen, das durch L. im Zusammenhang mit der Verwaltung der Gelder dieser Gemeinschaften erlangte Wissen der jeweils betroffenen Wohnungseigentümergemeinschaft zuzurechnen (vgl. OLG München, NJW-RR 2007, 1097, 1098; OLG Hamm, NJOZ 2009, 3753, 3759; Palandt/ Ellenberger aaO § 199 Rn. 24; Gaier, NZM 2003, 90, 94 ff.; Otto, Die Bestimmung des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB, 2006, S. 179 f).

19 Eine Zurechnung des Wissens L. s kommt jedoch angesichts der besonderen Umstände des vorliegenden Falles dennoch nicht in Betracht.

20 aa)
Dem Anspruchsgegner kann es im Einzelfall nach Treu und Glauben verwehrt sein, sich auf die Wissenszurechnung eines Vertreters des Anspruchstellers zu berufen. Dies kommt unter anderem dann in Betracht, wenn sich der betreffende Anspruch gerade gegen diejenige Person richtet, deren Wissen zugerechnet werden soll (BGH, Urteile vom 15. März 2011 - II ZR 301/09, NJW-RR 2011, 832 Rn. 10 und vom 12. Juni 1989 - II ZR 334/87, NJW-RR
1989, 1255, 1259; MüKoBGB/Grothe aaO Rn. 33a; Otto aaO S. 184).
In solchen Fällen kann nicht erwartet werden, dass der Schuldner dafür sorgt, dass die Ansprüche gegen ihn selbst geltend gemacht werden (BGH, Urteil vom 15. März 2011 aaO).

21 Ein derartiger, eine Wissenszurechnung des Vertreters ausschließender Ausnahmefall liegt nicht nur vor, wenn sich der Anspruch allein gegen den Wissensvertreter selbst richtet. Er ist vielmehr auch dann anzunehmen, wenn sich der Anspruch zwar gegen einen Dritten richtet, jedoch mit einem gegen den Wissensvertreter gerichteten Anspruch in einem so engen Zusammenhang steht, dass auch hier die Befürchtung besteht, der Vertreter werde nicht zu einer sachgerechten Verfolgung des Anspruchs beitragen (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 2013 - IX ZR 52/10, WM 2013, 763 Rn. 25; Otto aaO; Staudinger/Peters/Jacoby, BGB [2009], § 199 Rn. 61). In einer solchen Situation ist der Vertreter einer vergleichbaren Interessenkollision ausgesetzt wie bei der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen gegen sich selbst (vgl. BGH, Urteil vom 8. Mai 2008 - IX ZR 54/07, NJW-RR 2009, 123 Rn. 17 für die Interessenkollision eines in einem Gesamtvollstreckungsverfahren bestellten Verwalters bei Ansprüchen gegen Mitglieder des Gläubigerausschusses wegen unzureichender Überwachung desselben Verwalters). Auch hier kann nicht erwartet werden, dass er für die Geltendmachung der Ansprüche des Vertretenen (gegen den Dritten) sorgt. Denn auch hier würde ihm zugleich die Geltendmachung eines Anspruchs gegen ihn selbst drohen.

22 bb) Ein solcher Ausnahmefall ist vorliegend gegeben. Der streitgegenständliche Bereicherungsanspruch der Klägerin richtet sich zwar nicht gegen ihren ehemaligen Verwalter L. . Für diesen bestand indes im Hinblick auf die Verfolgung des Anspruchs der Klägerin gegen die Beklagte dennoch eine erhebliche Interessenkollision. Bei der unberechtigten Überweisung handelt es sich nämlich um eine - doppelrelevante - Tatsache, deren Aufdeckung nicht nur zur Geltendmachung von Ansprüchen der Klägerin gegen die Beklagte, sondern auch zur Geltendmachung von Ansprüchen - der Klägerin oder der Beklagten - gegen L. selbst hätte führen können. Dessen Situation war damit ohne weiteres mit derjenigen vergleichbar, in der sich der streitgegenständliche Anspruch unmittelbar gegen den Wissensvertreter selbst richtet. Auch vorliegend war daher nicht zu erwarten, dass L. die Verfolgung des Bereicherungsanspruchs gegen die Beklagte in die Wege leiten oder auch nur zu ihr beitragen würde. Das bereits am 31. Juli 2006 bei L. vorhandene Wissen um die anspruchsbegründende Überweisung kann der Klägerin im Rahmen von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB daher nicht zugerechnet werden.

23 Vielmehr war die den Verjährungsbeginn auslösende Kenntnis der Klägerin im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erst im Sommer des Jahres 2007 gegeben. Die Ende des Jahres 2010 eintretende Verjährung des Anspruchs der Klägerin wurde sodann gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB, § 167 ZPO durch die am 21. Dezember 2010 erfolgte Beantragung eines der Beklagten am 19. Januar 2011 zugestellten Mahnbescheids rechtzeitig gehemmt.