Abgrenzung
Leistungskondiktion/Nichtleistungskondiktion; Wissenszurechnung analog § 166
BGB im Bereicherungsrecht (§ 819 I BGB) und beim Verjährungsbeginn nach §
199 I Nr. 2 BGB; Begriff des "Wissensvertreters"
BGH, Urteil vom 23. Januar 2014 - III
ZR 436/12 - OLG Zweibrücken
Fundstelle:
NJW 2014, 1294
Amtl. Leitsatz:
Eine entsprechend § 166 Abs.
1 BGB erfolgende Zurechnung des Wissens eines Vertreters des Gläubigers von
den Anspruch begründenden Umständen im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB
kommt auch dann nicht in Betracht, wenn sich der Anspruch zwar nicht gegen
den Vertreter selbst richtet, jedoch mit einem gegen ihn gerichteten
Anspruch in einem so engen Zusammenhang steht, dass auch hier die
Befürchtung besteht, der Vertreter werde nicht zu einer sachgerechten
Verfolgung des Anspruchs beitragen (Fortführung von BGH, Urteile vom
15. März 2011 - II ZR 301/09, NJW-RR 2011, 832
und vom 12. Juni 1989 - II ZR 334/87, NJW-RR 1989, 1255).
Zentrale Probleme:
Der Hausverwalter zweier Wohnungseigent ümergesellschaften
veruntreut deren Geld. Um dies zu vertuschen überweist er von dem Konto
einer Gesellschaft Geld auf dasjenige der anderen . Nachdem die Sache
aufgeflogen war, verlangt die klagende Wohnungseigentümergesellschaft von
derjenigen, auf deren Konto Geld überwiesen wurde, die Rückzahlung der
überwiesenen Beträge.
Als Anspruchsgrundlage kommt hier nicht eine Leistungskondiktion nach § 812
Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB in Betracht, da es im Verhältnis der Parteien an
"Leistung" im bereicherungsrechtlichen Sinne fehlt.
Der Anspruch gründet sich also auf eine Nichtleistungskondiktion nach § 812
Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB. Dabei stellte sich zunächst die Frage, ob die
Bereicherung des Beklagten nach §
818 Abs. 3 BGB wegen einer Entreicherung wegfallen kann. Dies ist nach § 819
Abs. 1 BGB von vornherein ausgeschlossen, wenn der Empfänger bösgläubig war.
Der BGH bejaht das hier in analoger Anwendung von § 166 BGB. Der
Leistungsempfänger muss sich also den bösen Glauben seines Gehilfen
zurechnen lassen.
Weiter stellt sich die Frage der Verjährung. Der Bereicherungsanspruch
unterliegt der Regelverjährung nach § 195 BGB. Die Frist beginnt nach § 199
Abs. 1 Nr. 2 BGB aber erst am Ende des Jahres, in welchen der Gläubiger von
den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt oder ohne grobe
Fahrlässigkeit erlangen müsste. Deshalb stellte sich im vorliegenden Fall
die Frage, ob sich der Bereicherungsgläubiger nicht ebenfalls die Kenntnis
des Verwalters analog § 166 BGB zurechnen lassen musste. Der Senat verneint
das. Zwar findet im Verjährungsrecht keine generelle Zurechnung des Wissens
rechtsgeschäftlicher Stellvertreter statt, jedoch muss sich der Gläubiger
das Wissen eines sog. "Wissensvertreters" zurechnen lassen. Wissensvertreter
ist aber nur eine Person, die der Gläubiger mit der Verfolgung der
entsprechenden Forderung betraut hat (s. BGH NJW 2007, 1584 = BGHZ 171, 1).
Das gilt jedoch dann nicht, wenn der Vertreter selbst Schuldner ist (s. dazu
BGH, Urteil vom 15. März 2011 - II ZR 301/09).
In einem solchen Fall ist es dem Gläubiger
nach § 242 BGB verwehrt, sich auf die Wissenszurechnung zu berufen, weil mit
einer sachgerechten Verfolgung des Anspruchs durch den Wissensvertreter
gegen sich selbst nicht zu rechnen ist. Dieselben Grundsätze zieht der BGH
vorliegend heran: Zwar ist der Anspruch nicht gegen den Wissensvertreter
selbst gerichtet, er hängt aber mit einem deliktischen Anspruch gleich ins
gleichen Inhalts gegen den Wissensvertreter zusammen, da dieser in Bezug auf
die veruntreuten Gelder ja auch zum Schadenersatz verpflichtet ist. Auch
hier kann nach Auffassung des BGH nicht damit gerechnet werden, dass der
Wissensvertreter dieser Ansprüche tatsächlich verfolgt.
S. zum Ganzen auch die krit. Besprechung von M.Schwab JuS 2014, 1032. Zur
Wissenzurechnung analog § 166 Abs. 1 BGB s. auch BGH
v. 26.9.2023 - XI ZR 98/22.
©sl 2014
Tatbestand:
1 Die Parteien, zwei
Wohnungseigentümergemeinschaften, streiten um die Rückzahlung eines Betrags
von 10.000 €, der am 31. Juli 2006 durch den Verwalter L. von dem Konto der
Klägerin auf das Konto der Beklagten überwiesen wurde. L. war nicht nur der
Verwalter beider Parteien, sondern auch der zahlreicher anderer
Wohnungseigentümergemeinschaften. Er hob jahrelang von den Konten der von
ihm verwalteten Wohnungseigentümerschaften Geldbeträge für eigene Zwecke ab.
Zur Verdeckung der Abhebungen nahm er eine Vielzahl von Überweisungen
zwischen den Konten der Wohnungseigentümergemeinschaften vor. Nach der
Überweisung am 31. Juli 2006 überwies L. noch am gleichen Tag einen
Teilbetrag von 5.000 € vom Konto der Beklagten auf das Konto einer anderen
von ihm verwalteten Wohnungseigentümergemeinschaft. Einen weiteren
Teilbetrag von 5.000 € hob er am 1. August 2006 vom Konto der Beklagten für
eigene Zwecke ab. L. wurde im Jahr 2010 wegen Untreue in 740 Fällen zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.
2 Die Klägerin erfuhr von der Überweisung von ihrem Konto auf das Konto der
Beklagten im Sommer 2007. Sie hat wegen der streitgegenständlichen Forderung
am 21. Dezember 2010 einen Mahnbescheid beantragt, der am 22. Dezember 2010
erlassen und der Beklagten am 19. Januar 2011 zugestellt worden ist.
3 Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 10.000 €
nebst Zinsen zu zahlen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat
das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht
zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag
weiter.
Entscheidungsgründe:
4 Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg.
I.
5 Nach Auffassung des Berufungsgerichts ergibt sich der zuerkannte Anspruch
der Klägerin aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB. Durch die Überweisung
L......s sei die Beklagte nicht durch Leistung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1
BGB), sondern in sonstiger Weise bereichert worden. Die Beklagte
könne sich gemäß § 819 Abs. 1 BGB nicht auf den Wegfall der Bereicherung (§
818 Abs. 3 BGB) berufen. Denn sie müsse sich das Handeln und Wissen L. s um
das Fehlen des rechtlichen Grundes für die Überweisung in entsprechender
Anwendung des § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen. Es gelte der
allgemeine Rechtsgedanke, dass derjenige, der einen anderen mit der
Erledigung bestimmter Angelegenheiten in eigener Verantwortung betraue, sich
das Wissen des anderen zurechnen lassen müsse.
6 Der Anspruch der Klägerin sei nicht verjährt. Der Lauf
der dreijährigen Verjährungsfrist des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB habe Ende des
Jahres 2007 begonnen, nachdem die Klägerin im Sommer 2007 von der
streitgegenständlichen Überweisung Kenntnis erlangt habe. Dagegen müsse sich
die Klägerin für den Lauf der Verjährungsfrist nicht das Wissen L. s
hinsichtlich der bereits im Jahr 2006 vorgenommenen Überweisung zurechnen
lassen. Für eine solche Wissenszurechnung blieben diejenigen
Personen außer Betracht, die den Schaden verursacht hätten und selbst
Schuldner seien. Der Klägerin als Opfer einer vorsätzlich
zu ihrem Nachteil begangenen unerlaubten Handlung sei die Kenntnis des
Täters von der auch vor ihr verheimlichten Tat nicht verjährungsschädlich
zuzurechnen. Das gelte auch für ihre Ansprüche gegenüber der Beklagten.
7 Durch die Beantragung des am 19. Januar 2011 der Beklagten
zugestellten Mahnbescheids am 21. Dezember 2010 habe die Klägerin die
Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB, § 167 ZPO rechtzeitig gehemmt.
II.
8 Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung stand.
9 1. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das
Berufungsgericht angenommen, die Beklagte sei durch die Überweisung L. s von
dem Konto der Klägerin nicht durch Leistung eines anderen, sondern in
sonstiger Weise bereichert worden (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB). Eine
Leistung der Klägerin an die Beklagte im Sinne von § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt.
1 BGB scheidet schon deshalb aus, weil aus Sicht beider Parteien ein mit der
Überweisung verfolgter Leistungszweck fehlte. Insbesondere war kein
Kausalverhältnis erkennbar, auf das sich die Überweisung hätte beziehen
können.
10 2. Der Anspruch der Klägerin ist, wie das Berufungsgericht ebenfalls
zutreffend erkannt hat, nicht gemäß § 818 Abs. 3 BGB ausgeschlossen.
Denn die Beklagte kann sich gemäß § 819 Abs. 1 BGB nicht auf den Wegfall der
Bereicherung berufen.
11 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Vorschrift
des § 166 Abs. 1 BGB, der Kenntnisse des Vertreters dem Vertretenen
zurechnet, im Rahmen des § 819 Abs. 1 BGB zumindest entsprechend anwendbar
(BGH, Urteile vom 25. März 1982 - VII ZR 60/81, BGHZ 83, 293, 295
f; vom 20. Februar 1979 - VI ZR 256/77, VersR 1979, 523, 526 und vom 29.
März 1962 - VII ZR 238/60, WM 1962, 609, 610; so auch OLG Hamm, VersR 2009,
1416, 1417; OLG Köln, OLGR 1998, 141; Palandt/Sprau, BGB, 73. Aufl., § 819
Rn. 3). Nach § 166 Abs. 1 BGB muss derjenige, der sich im
rechtsgeschäftlichen Verkehr bei der Abgabe von Willenserklärungen eines
Vertreters bedient, es im schutzwürdigen Interesse des Adressaten hinnehmen,
dass ihm die Kenntnis des Vertreters als eigene zugerechnet wird.
Er kann sich nicht auf eigene Unkenntnis berufen. Aus diesem der
Vorschrift des § 166 BGB innewohnenden allgemeinen Rechtsgedanken hat der
Bundesgerichtshof hergeleitet, dass sich - unabhängig von dem Vorliegen
eines Vertretungsverhältnisses - derjenige, der einen anderen mit der
Erledigung bestimmter Angelegenheiten in eigener Verantwortung betraut, das
in diesem Rahmen erlangte Wissen des anderen zurechnen lassen muss
(BGH aaO).
12 Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Gegen die
entsprechenden Ausführungen des Berufungsgerichts werden von der Revision
keine Einwendungen erhoben. L. war als Verwalter der
organschaftliche Vertreter der Beklagten, der für die Wohnungseigentümer im
Rechtsverkehr in weitem Umfang handeln konnte (vgl. zur Stellung
des Verwalters einer Wohnungseigentümergemeinschaft BGH, Urteil vom 27.
September 2002 - V ZR 320/01, NJW 2003, 589, 590; Beschluss vom 2. Juni 2005
- V ZB 32/05, BGHZ 163, 154, 162). Er war insbesondere nach § 27 Abs. 1 Nr.
4 WEG in der bis zum 30. Juni 2007 geltenden Fassung für die Verwaltung der
eingenommenen Gelder zuständig. Die Beklagte hat sich daher seine
Kenntnis von dem fehlenden Rechtsgrund der Überweisung entsprechend § 166
Abs. 1 BGB zurechnen zu lassen mit der Folge, dass sie sich gemäß § 819 Abs.
1 BGB in Verbindung mit § 818 Abs. 4 BGB nicht auf den Wegfall der
Bereicherung berufen kann.
13 Etwas anderes gilt vorliegend auch nicht deshalb, weil L. im Rahmen der
Überweisung als Verwalter nicht nur auf Seiten der Beklagten, sondern auch
auf Seiten der Klägerin - veruntreuend - tätig war. Hierdurch wird die
Schutzwürdigkeit der Interessen der Klägerin nicht verringert. Die
Haftungsverschärfung in § 819 Abs. 1 BGB hat ihren Grund darin, dass der
Bereicherungsschuldner ab Kenntniserlangung von dem mangelnden Rechtsgrund
auf die Rechtsbeständigkeit des Erwerbs nicht vertrauen darf und ihn daher
gesteigerte Sorgfaltspflichten im Umgang mit dem Erlangten treffen. Er kann
gleichsam als "Verwahrer fremden Guts" angesehen werden (Wendehorst in
BeckOK, BGB, § 819 [01.11.2013], Rn. 2 unter Hinweis auf die Motive zu dem
Entwurfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, Band II, S.
55). Die gesteigerten Sorgfaltspflichten des Bereicherungsschuldners finden
ihre Begründung mithin in der von ihm erkannten Zuordnung des Erlangten zu
einer fremden Vermögenssphäre. Sie bestehen unabhängig davon, wer auf Seiten
des Bereicherungsgläubigers konkret in dessen Vermögen zum Vorteil des
Bereicherungsschuldners eingegriffen hat.
14 3. Das Berufungsgericht hat schließlich auch die Verjährung des
Bereicherungsanspruchs der Klägerin ohne Rechtsfehler verneint. Das Wissen
L. s um die von ihm vorgenommene rechtsgrundlose Überweisung vom 31. Juli
2006 ist der Klägerin im Rahmen von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht
zuzurechnen. Dementsprechend begann die Verjährungsfrist noch nicht Ende des
Jahres 2006, sondern erst Ende des Jahres 2007.
15 a) Für den bereicherungsrechtlichen Anspruch gilt die regelmäßige
Verjährungsfrist des § 195 BGB, die drei Jahre beträgt und nach § 199 Abs. 1
BGB mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist
und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person
des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen
musste. Hinsichtlich der vorgenannten subjektiven Voraussetzungen
ist grundsätzlich auf die Person des Gläubigers
abzustellen. Im Fall der gesetzlichen Vertretung muss sich
allerdings der Vertretene das Wissen seines gesetzlichen Vertreters
zurechnen lassen (MüKoBGB/Grothe, 6. Aufl., § 199 Rn. 33;
Palandt/Ellenberger aaO § 199 Rn. 24). Demgegenüber ist die Kenntnis
eines rechtsgeschäftlichen Vertreters für den Verjährungsbeginn regelmäßig
unerheblich (BGH, Urteil vom 15. Oktober 1992 - IX ZR 43/92, NJW
1993, 648, 652 zu § 852 BGB a.F.). § 166 BGB ist in diesem Bereich
wegen des Zwecks der Verjährungsvorschriften nicht anwendbar (BGH,
Urteil vom 15. Oktober 1992 aaO; Gehrlein/Weinland, jurisPK-BGB, 6. Aufl., §
166 Rn. 18).
16 b) Von dem vorgenannten Grundsatz hat die Rechtsprechung -
zunächst im Zusammenhang mit § 852 BGB a.F. - eine am Rechtsgedanken des §
166 BGB orientierte Ausnahme in solchen Fällen zugelassen, in denen sich der
Anspruchsteller eines sogenannten Wissensvertreters bedient. Dem
liegt die Erwägung zugrunde, dass es gegen Treu und Glauben verstoßen würde,
wenn jemand, der einen Vertreter mit einem bestimmten Aufgabenkreis betraut
und ihm in diesem Aufgabenkreis die Kenntnisnahme von Tatsachen überträgt,
aus der inneren Geschäftsverteilung einem Dritten gegenüber den Einwand der
Unkenntnis herleiten wollte. Der Anspruchsteller könnte auf diese
Weise den Beginn der Verjährungsfrist durch Einschaltung eines
Wissensvertreters willkürlich hinauszögern (Senat, Urteil vom 29.
Januar 1968 - III ZR 118/67, NJW 1968, 988 f). Zur Vermeidung eines solchen,
mit dem Schutzgedanken von § 852 BGB a.F. nicht zu vereinbarenden
Ergebnisses hat die Rechtsprechung den Grundsatz entwickelt, dass
sich der Anspruchsinhaber im Rahmen des § 852 BGB a.F. das Wissen eines
Dritten entsprechend § 166 Abs. 1 BGB als eigenes Wissen zurechnen lassen
muss, wenn er den Dritten mit der Erledigung bestimmter Angelegenheiten,
insbesondere mit der Betreuung und Verfolgung der in Frage stehenden
Ersatzforderung, in eigener Verantwortung betraut hat (Senat,
Urteil vom 29. Januar 1968 aaO; BGH, Urteile vom 23. Januar 2007 - XI ZR
44/06, BGHZ 171, 1 Rn. 35; vom 4. Februar 1997 - VI ZR 306/95, BGHZ 134,
343, 347 f und vom 18. Januar 1994 - VI ZR 190/93, NJW 1994, 1150, 1151).
Wesentlich für die Wissenszurechnung ist dabei, dass die Erlangung
der Tatsachenkenntnis, die dem Anspruchsteller zugerechnet werden soll, zu
dem Aufgabenkreis des Vertreters gehört, auch wenn dieser die zur Kenntnis
genommenen Tatsachen nicht an den Vertretenen weitergibt (Senat,
Urteil vom 29. Januar 1968 aaO; Erman/Schmidt-Räntsch, BGB, 13. Aufl., § 199
Rn. 15).
17 Nach der Rechtsprechung des Senats können diese zu § 852 BGB a.F.
entwickelten Grundsätze auch auf § 199 BGB übertragen werden
(Senat, Urteil vom 13. Dezember 2012 - III ZR 298/11, NJW 2013, 448, 449; so
auch MüKoBGB/Grothe aaO § 199 Rn. 34; Palandt/Ellenberger aaO § 199 Rn. 24;
Mansel, NJW 2002, 89, 92; Gaier, NZM 2003, 90, 94). Der Verjährungsbeginn
ist in § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB der Regelung des § 852 BGB a.F. nachgebildet
(Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts, BT-Drucks.
14/6040 S. 107). Für ihn gelten die vorgenannten, an Treu und Glauben (§ 242
BGB) ausgerichteten Erwägungen in gleichem Maße. Dementsprechend wäre es
auch im Hinblick auf den Verjährungsbeginn nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB
treuwidrig, wenn durch die Einschaltung eines Dritten als Wissensvertreter
die Verjährung willkürlich hinausgezögert werden könnte.
18 c) Nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen ist es zwar nicht von
vorneherein ausgeschlossen, das durch L. im Zusammenhang mit der Verwaltung
der Gelder dieser Gemeinschaften erlangte Wissen der jeweils betroffenen
Wohnungseigentümergemeinschaft zuzurechnen (vgl. OLG München, NJW-RR 2007,
1097, 1098; OLG Hamm, NJOZ 2009, 3753, 3759; Palandt/ Ellenberger aaO § 199
Rn. 24; Gaier, NZM 2003, 90, 94 ff.; Otto, Die Bestimmung des § 199 Abs. 1
Nr. 2 BGB, 2006, S. 179 f).
19 Eine Zurechnung des Wissens L. s kommt jedoch angesichts der
besonderen Umstände des vorliegenden Falles dennoch nicht in Betracht.
20 aa) Dem Anspruchsgegner kann es im
Einzelfall nach Treu und Glauben verwehrt sein, sich auf die
Wissenszurechnung eines Vertreters des Anspruchstellers zu berufen. Dies
kommt unter anderem dann in Betracht, wenn sich der betreffende Anspruch
gerade gegen diejenige Person richtet, deren Wissen zugerechnet werden soll
(BGH, Urteile vom
15. März 2011 - II ZR 301/09, NJW-RR 2011, 832 Rn. 10 und
vom 12. Juni 1989 - II ZR 334/87, NJW-RR
1989, 1255, 1259; MüKoBGB/Grothe aaO Rn. 33a; Otto aaO S. 184).
In solchen Fällen kann nicht erwartet werden, dass
der Schuldner dafür sorgt, dass die Ansprüche gegen ihn selbst geltend
gemacht werden (BGH,
Urteil vom 15. März 2011 aaO).
21 Ein derartiger, eine Wissenszurechnung des Vertreters
ausschließender Ausnahmefall liegt nicht nur vor, wenn sich der Anspruch
allein gegen den Wissensvertreter selbst richtet. Er ist vielmehr auch dann
anzunehmen, wenn sich der Anspruch zwar gegen einen Dritten richtet, jedoch
mit einem gegen den Wissensvertreter gerichteten Anspruch in einem so engen
Zusammenhang steht, dass auch hier die Befürchtung besteht, der Vertreter
werde nicht zu einer sachgerechten Verfolgung des Anspruchs beitragen
(vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 2013 - IX ZR 52/10, WM 2013, 763
Rn. 25; Otto aaO; Staudinger/Peters/Jacoby, BGB [2009], § 199 Rn. 61).
In einer solchen Situation ist der Vertreter einer vergleichbaren
Interessenkollision ausgesetzt wie bei der Durchsetzung von
Schadensersatzansprüchen gegen sich selbst (vgl. BGH, Urteil vom 8.
Mai 2008 - IX ZR 54/07, NJW-RR 2009, 123 Rn. 17 für die Interessenkollision
eines in einem Gesamtvollstreckungsverfahren bestellten Verwalters bei
Ansprüchen gegen Mitglieder des Gläubigerausschusses wegen unzureichender
Überwachung desselben Verwalters). Auch hier kann nicht erwartet werden,
dass er für die Geltendmachung der Ansprüche des Vertretenen (gegen den
Dritten) sorgt. Denn auch hier würde ihm zugleich die Geltendmachung eines
Anspruchs gegen ihn selbst drohen.
22 bb) Ein solcher Ausnahmefall ist vorliegend gegeben. Der
streitgegenständliche Bereicherungsanspruch der Klägerin richtet sich zwar
nicht gegen ihren ehemaligen Verwalter L. . Für diesen bestand indes im
Hinblick auf die Verfolgung des Anspruchs der Klägerin gegen die Beklagte
dennoch eine erhebliche Interessenkollision. Bei der unberechtigten
Überweisung handelt es sich nämlich um eine - doppelrelevante - Tatsache,
deren Aufdeckung nicht nur zur Geltendmachung von Ansprüchen der Klägerin
gegen die Beklagte, sondern auch zur Geltendmachung von Ansprüchen - der
Klägerin oder der Beklagten - gegen L. selbst hätte führen können. Dessen
Situation war damit ohne weiteres mit derjenigen vergleichbar, in der sich
der streitgegenständliche Anspruch unmittelbar gegen den Wissensvertreter
selbst richtet. Auch vorliegend war daher nicht zu erwarten, dass L. die
Verfolgung des Bereicherungsanspruchs gegen die Beklagte in die Wege leiten
oder auch nur zu ihr beitragen würde. Das bereits am 31. Juli 2006 bei L.
vorhandene Wissen um die anspruchsbegründende Überweisung kann der Klägerin
im Rahmen von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB daher nicht zugerechnet werden.
23 Vielmehr war die den Verjährungsbeginn auslösende Kenntnis der Klägerin
im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB nach den Feststellungen des
Berufungsgerichts erst im Sommer des Jahres 2007 gegeben. Die Ende des
Jahres 2010 eintretende Verjährung des Anspruchs der Klägerin wurde sodann
gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB, § 167 ZPO durch die am 21. Dezember 2010
erfolgte Beantragung eines der Beklagten am 19. Januar 2011 zugestellten
Mahnbescheids rechtzeitig gehemmt.
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