Grenzen des Gewährleistungsausschlusses bei arglistigem Verschweigen und bei Garantieübernahme (§ 444 BGB n.F.), Reichweite eines Haftungsausschlusses, Tiere als „neu hergestellte Sachen“


OLG Düsseldorf, Urteil vom 2. 4. 2004 - 14 U 213/03


Fundstellen:

NJOZ 2004, 1935
ZGS 2004, 271
S. dazu jetzt
BGH NJW 2009, 2120.


(Eigene) Leitsätze:

1. (Keine) Verbrauchereigenschaft beim Kauf einer Zuchtstute.
2. AGB liegen auch vor, wenn sie von einem Dritten vorformuliert sind und der Verwender selbst nur einmalige Verwendungsabsicht hat.
3. Auch ein Tier kann eine „neu hergestellte Sache“ i.S.v. § 309 Nr. 8b BGB sein, wenn es kurz nach der Geburt veräußert wird bzw. nicht der Gefahr einer „Abnutzung“ unterliegt.
4. Auch nach neuem Schuldrecht ist eine verschuldensunabhängige Haftung auf Schadensersatz statt der Leistung infolge der Zusicherung bestimmter Eigenschaften möglich. Für die Feststellung des Garantiewillens kann auf die in der früheren Rspr. zu § 459 Abs. 2 BGB a.F. entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden. Soweit eines solche nach § 276 BGB mögliche (unselbständige) Garantie reicht, ist ein Haftungsausschluß nach § 444 BGB unwirksam.
5. Ansprüche wegen fahrlässiger Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten in Bezug auf sachmangelbegründende Beschaffenheiten aus §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB sind von den §§ 434 ff BGB verdrängt.


Zum Sachverhalt:

Der Kl. verlangt nach Rücktritt von dem am 12. 1. 2002 geschlossenen Kaufvertrag über eine Pferdestute vom Bekl. Rückabwicklung des Vertrags (Rückzahlung des Kaufpreises von 30000.- € Zug um Zug gegen Herausgabe des Pferdes) und Schadensersatz (6395,05 €).

Der Kl. hat vorgetragen, das Pferd leide an einer Knochen- und Knorpelentzündung des Gelenkbereichs (Osteochondrosis Dissecans - OCD) und sei entgegen dem im Vertrag vereinbarten Zweck zuchtuntauglich. Der Bekl. habe einerseits bei Abschluss des Vertrags zugesichert, dass bei dem Pferd eine OCD- (oder Chips-) Erkrankung nicht vorliege. Andererseits habe er auf ausdrückliche Nachfrage des Kl. unzutreffend angegeben, dass er noch keinen Versuch unternommen habe, die Stute decken zu lassen. Der Kl. hat in erster Instanz die Ansicht vertreten, es könne schon nicht von einem wirksamen Vertragsschluss ausgegangen werden, weil bei der im Vertrag zur Wirksamkeitsbedingung gemachten Ankaufsuntersuchung am 8. 2. 2002 die OCD Erkrankung festgestellt worden sei. Jedenfalls sei er aber berechtigt, vom Vertrag zurückzutreten. Der im Vertrag vereinbarte Haftungsausschluss sei unwirksam, weil es sich um einen Verbrauchsgüterkauf handele und zudem „die vom Bekl. gestellten vorformulierten Vertragsbedingungen unwirksam seien.

Der Bekl. hat die vom Kl. behaupteten Sachmängel bestritten und sich auf den vertraglich vereinbarten Gewährleistungsausschluss berufen. Zudem hat er die Einrede der Verjährung erhoben.

Das LG hat die Klage durch am 22. 8. 2003 verkündetes Urteil abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kl. habe gegen den Bekl. weder einen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages noch auf Zahlung von Schadensersatz. Ein Rücktrittsrecht nach § 437 Nr. 2 Alt. 1 BGB stehe dem Kl. weder wegen der behaupteten Gelenkerkrankung noch wegen der streitigen Zuchtuntauglichkeit des Pferdes zu. Soweit der Kl. eine „Chips“- Erkrankung behaupte, sei ihm diese auf Grund der Untersuchung vom 8. 2. 2002 bei Vertragsschluss i.S. von § 442 I 1 BGB bekannt gewesen. Der Zeitpunkt des Vertragsschlusses sei erst nach der Untersuchung anzusetzen, weil der Kaufvertrag unter der aufschiebenden Bedingung der Ankaufsuntersuchung gestanden habe. Diese Bedingung sei bei richtigem Verständnis der Klausel eingetreten, nachdem der Kl. sich in Kenntnis des Untersuchungsergebnisses dazu entschieden habe, am Vertrag festzuhalten. Hinsichtlich der behaupteten Zuchtuntauglichkeit könne sich der Bekl. auf den vertraglichen Haftungsausschluss berufen. Denn die Vereinbarung sei weder nach § 475 I 1 BGB noch gem. § 309 Nr. 8b aa BGB unwirksam. Es handele sich nicht um einen Verbrauchsgüterkauf, weil der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Kl. jedenfalls nichts zu seiner Verbrauchereigenschaft vorgetragen habe. Diese sei auch nicht offensichtlich, weil der Kl. die Stute nach eigenen Angaben zu Zuchtzwecken erworben habe, was für eine Unternehmereigenschaft des Kl. spreche.

Der Haftungsausschluss nach § 4 des Vertrags sei auch keine Allgemeine Geschäftsbedingung i.S. von § 305 BGB. Der bloße Formulierungsvorschlag durch den Bekl.-Vertreter im Rahmen eines von ihm verfassten und in einer Zeitschrift veröffentlichten Aufsatzes sei nicht mit den Fällen vergleichbar, bei denen Vertragsbedingungen in einem Fachverlag vertrieben oder in einem Formularbuch zum allgemeinen Gebrauch bereitgestellt würden. Darüber hinaus handele es sich bei der vierjährigen Stute nicht um eine neu hergestellte Sache i.S. von § 309 Nr. 8b aa BGB. Ein arglistiges Handeln des Bekl. habe der Kl. nicht ausreichend darzulegen vermocht. Allein die Tatsache, dass der Bekl. den Kl. nicht darüber in Kenntnis gesetzt habe, dass er zumindest einmal erfolglos versucht habe, die Stute decken zu lassen, könne den Vorwurf der Arglist nicht rechtfertigen. Andere Anspruchsgrundlagen aus Verschulden bei Vertragsschluss oder nach §§ 437 Nr. 3, 434, 325, 284, 281, 280 BGB lägen ebenfalls nicht vor.

Aus den Gründen:

I. Auf das Schuldverhältnis ist das seit dem 1. 1. 2002 geltende Bürgerliche Gesetzbuch anzuwenden.

1. Der Kl. hat gegen den Bekl. keinen Anspruch nach §§ 346 I, 348, 437 Nr. 2 Alt. 1, 434, 323 I, II BGB auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Herausgabe des Pferdes.

Das Schuldverhältnis ist durch den am 22. 10. 2002 erklärten Rücktritt des Kl. nicht wirksam in ein Abwicklungsverhältnis mit der Folge umgewandelt worden, dass die gegenseitigen Leistungen zurückzugewähren sind.

a) Zwischen den Parteien ist ein Kaufvertrag über die Pferdestute „Pilofee S“ zu Stande gekommen. Soweit der Kl. dies mit Hinblick auf die im Kaufvertrag vorgesehene Ankaufsuntersuchung erstinstanzlich noch in Frage gestellt hat, hält er hieran für das Berufungsverfahren nicht mehr fest. Vielmehr stellt er unstreitig, dass die Ankaufsuntersuchung durch den Tierarzt A erfolgt ist und der das Ergebnis gebilligt hat.

Das LG hat im Übrigen zutreffend in der Regelung betreffend die Ankaufsuntersuchung eine aufschiebende Bedingung i.S. von § 158 I BGB gesehen. Diese Bedingung ist nunmehr jedenfalls nach der Untersuchung des Pferdes durch den Tierarzt A und der Billigung des Ergebnisses durch den Kl. eingetreten.

b) Die Voraussetzungen eines Rücktritts nach § 437 Nr. 2 Alt. 1, 434 BGB liegen jedoch nicht vor. Der Kl. ist auf Grund des vertraglich vereinbarten Gewährleistungsausschlusses daran gehindert, wegen der von ihm behaupteten Sachmängel vom Vertrag zurückzutreten.

aa) Die vom Kl. behauptete Zuchtuntauglichkeit des Pferdes und die Gelenkerkrankung (OCD bzw. Chip), scheiden nicht schon deshalb als Sachmangel aus, weil die Parteien in § 4 des Kaufvertrags hinsichtlich der Beschaffenheit des Pferdes den Zustand als vertraglich vereinbart haben, der sich „nach der Besichtigung“ ergibt. Nach der Neuregelung des Kaufrechts ist gem. § 434 I 1 BGB die Sache bei vereinbarter Beschaffenheit zwar auch dann mangelfrei, wenn eine Eignung für den bestimmungsgemäßen Gebrauch oder die gewöhnliche Verwendung nicht vorliegt. Mit der vorliegenden Vertragsklausel wurden jedoch nur diejenigen Eigenschaften des Pferdes als vertragliche Beschaffenheit vereinbart, die sich für den Käufer bei Inaugenscheinnahme erkennen ließen. Darüber hinausgehend haben die Parteien mit der Bezugnahme auf die bei Abschluss des Vertrages vorliegenden Röntgenbilder und deren Einordnung in die Röntgenklassen I und II eine Beschaffenheitsvereinbarung des Inhalts getroffen, dass der so beschriebene Zustand einschließlich der Bewertung als vereinbarte Beschaffenheit zu Grunde gelegt wird. Auch in dem in § 1 des Vertrags aufgenommenen Hinweis, dass das Pferd als Zuchtstute eingesetzt werden soll, wird die Eignung des Pferdes zu diesem Zweck als vertragliche Beschaffenheit zu Grunde gelegt.

bb) Ein Ausschluss der Gewährleistungsrechte wegen der Gelenkerkrankung nach § 442 auf den das LG noch abgestellt hatte, kommt auf Grund des Berufungsvorbringens des Kl. nicht mehr in Betracht. Denn der Kl. hat in der Sache den Beklagtenvortrag unstreitig stellt, dass die Ankaufsuntersuchung durch den Tierarzt A erfolgt ist, wenngleich der konkrete Zeitpunkt der Untersuchung weiter im Streit liegt.

Ein Ausschluss des Vorbringens nach § 531 II ZPO ist insoweit nicht gerechtfertigt. Das Unstreitigstellen eines vorher bestrittenen Sachvortrags ist kein neues Angriffsmittel i.S. von § 531 II ZPO (vgl. Zöller/Gummer, ZPO, 24. Aufl., § 531 Rdnr. 4).

Weil die vom Tierarzt A vorgenommene Untersuchung aber keine anderen Befundergebnisse betreffend die Gelenkerkrankung ergab, als die Parteien ohnehin schon im Vertrag vereinbart haben, kann auch eine Kenntnis des Kl. zum Zeitpunkt des Eintritts der Bedingung nicht mehr angenommen werden.

cc) Der Anspruch des Kl. auf Rückzahlung des Kaufpreises scheitert jedoch daran, dass die Haftung für Sachmängel wirksam nach § 4 des Vertrags ausgeschlossen ist, wie das LG zu Recht festgestellt hat.

Der im Vertrag vereinbarte Haftungsausschluss für jegliche Haftung/Gewährleistung mit Ausnahme derjenigen für grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz ist nicht gem. § 475 I BGB unwirksam, weil ein Verbrauchsgüterkauf i.S. von § 474 BGB vorlag. Das LG hat zutreffend ausgeführt, dass der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Kl. nicht ausreichend vorgetragen hat, dass er als Verbraucher anzusehen ist. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Berufung bleiben erfolglos.

Es ist schon fraglich, ob der Bekl. als Unternehmer i.S. von § 14 BGB angesehen werden kann, also als eine Person, die bei Abschluss des Vertrags in Ausübung ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit handelte. Unternehmer i.S. des § 14 BGB ist jede natürliche und juristische Person, die planmäßig und dauerhaft am Markt Leistungen gegen Entgelt anbietet (Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl. [2004], § 14 Rdnr. 2; K. Schmidt, HandelsR, § 9 IV; Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch, BGB, § 14 Rdnr. 6). Der Kl. hat seine streitige Behauptung, der Bekl. habe über den hier zu beurteilenden Verkauf weitere Tiere veräußert oder in sonstiger Weise dauerhaft entgeltlich Tiere zum Verkauf angeboten, nicht durch konkrete Umstände belegt, sondern lediglich auf die Tatsache verwiesen, dass der Bekl. im Züchterverzeichnis eingetragen und dass er für zwei weitere Tiere als Züchter aufgeführt ist. Hierzu hat der Bekl. insoweit nachvollziehbar vorgetragen, dass diese Pferde nicht in seinem Eigentum standen und er insoweit anstelle seines Bruders als Züchter auftrat. Auch wenn der Kl. diesen Vortrag mit Nichtwissen bestritten hat, hat er seinerseits keine weiteren Tatsachen vorgetragen, die seine Behauptung stützen. Allein aus der Eintragung des Bekl. als Züchter sowie seiner Verkaufsbemühungen für das hier im Streit befindliche Pferd kann auf ein planmäßiges und dauerhaftes Anbieten von Leistungen am Markt nicht geschlossen werden kann, weil weitere Anhaltspunkte für eine über das Züchten hinausgehende Tätigkeit bestehen.

Auch die Angaben des Bekl. im Termin vom 19. 3. 2004 geben zu einer anderen Einschätzung keinen Anlass. Der Bekl. hat auf Nachfrage in der Berufungsverhandlung angegeben, er habe beruflich nicht mit Pferden zu tun gehabt. Es sei zwar richtig, dass er das streitgegenständliche Pferd zu Zuchtzwecken erworben habe, jedoch nur für private Zwecke. Er besitze auch keinen eigenen Stall. Das Pferd sei bei einem Dritten untergestellt gewesen. Auf Grund dieser Angaben ist die Unternehmereigenschaft des Bekl. nach Auffassung des Senats schon nicht ausreichend dargelegt. Soweit der Kl. auf das vorgerichtliche Schreiben des Beklagtenvertreters vom 1. 7. 2002 verweist, wo von einem Verbrauchsgüterkauf die Rede ist, können hieraus Rückschlüsse auf eine Unternehmereigenschaft des Bekl. nicht gezogen werden. Es handelt sich ersichtlich um einen Schreibfehler, weil der Bekl. sich in dem zitierten Schreiben auf den wirksamen Ausschluss der Gewährleistung beruft und aus dem Zusammenhang erkennbar wird, dass ein Verbrauchsgüterkauf gerade in Abrede gestellt wird.

Selbst wenn man die Züchtertätigkeit für sich genommen ausreichen lassen würde, um den Bekl. als Unternehmer i.S. von § 14 BGB anzusehen, käme ein Verbrauchsgüterkauf nicht in Betracht. Denn dann ist zweifelhaft, ob der Kl. angesichts des Umstands, dass er seinerseits nach § 1 des Vertrags die Stute zu Zuchtzwecken erwarb, noch als Verbraucher anzusehen ist. Der Kl. legt auch in der Berufungsinstanz nicht näher dar, für welche privaten Zwecke er das Pferd als Zuchtstute zu einem Preis von 30000 € gekauft haben will, obwohl er für die Voraussetzungen des § 474 BGB die Darlegungs- und Beweislast trägt (Bamberger/Roth/Faust, § 474 BGB Rdnr. 22). Die Tatsache, dass er vielmehr unmittelbar nach dem Erwerb der Stute mit den intensiven und kostenträchtigen Zuchtversuchen begonnen hat, spricht gegen einen nur privaten Gebrauch.

Das LG hat auch zu Recht angenommen, dass der Haftungsausschluss nicht nach § 309 Nr. 8a bb BGB unwirksam ist.

Allerdings ist entgegen der Ansicht des LG der Anwendungsbereich des § 305 BGB eröffnet, weil es sich bei dem vom Bekl. vorformulierten Vertrag um AGB handelt.

Das LG hat ausgehend von dem Begriff der AGB nicht verkannt, dass das Merkmal der Verwendung für eine „Vielzahl von Verträgen“ nicht in jedem Fall voraussetzt, dass der Verwender selbst die Absicht hat, die Vertragsbedingung mehrfach zu verwenden. Es reicht aus, wenn der Verwender auf vorformulierte Vertragsbestimmungen (Mietvertragsformular, Formularhandbuch) eines Dritten zurückgreift und sich der abstrakt generelle Charakter aus der Zweckbestimmung des Aufstellers ergibt (BGH, NJW 1991, 843; Palandt/Heinrichs, § 305 BGB Rdnr. 9; Bamberger/Roth/Becker, § 305 BGB Rdnr. 24; Basedow, in: MünchKomm-BGB, 4. Aufl., § 305 Rdnr. 19). Warum im vorliegenden Fall hiervon abgewichen werden sollte, ist nicht erkennbar. Der vom Bekl.-Vertreter entworfene „Pferdekaufvertrag mit Ankaufsverpflichtung“, der in der Zeitschrift „Reiter und Pferde 11/2001“ veröffentlicht ist, wurde als Formularvertrag gestaltet und war an eine Vielzahl von Lesern gerichtet, wie der Bekl. in der Berufungserwiderung ausdrücklich klargestellt hat. Dass es sich nach der Absicht des Bekl.-Vertreters nur um einen Formulierungsvorschlag handeln sollte, ist schon angesichts der Gestaltung als Formular und einer Auflage der Zeitschrift von 66000 Exemplaren nicht einleuchtend. Der Bekl. hat auch unstreitig das Formular weitgehend wortgleich abgeschrieben, so dass der abstrakt generelle Charakter des Kaufvertragsmusters erhalten bleibt.

Ein Verstoß gegen § 309 Nr. 8a bb BGB liegt jedoch nicht vor, weil es sich bei der veräußerten Stute nicht um eine neu hergestellte Sache i.S. der genannten Vorschrift handelt, wie das LG zutreffend ausgeführt hat.

Ob eine Sache „neu“ i.S. der genannten Vorschrift ist, richtet sich nach dem Schutzzweck der Vorschrift und der Verkehrsanschauung des redlichen Verkehrs (Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., § 11 AGBG Rdnr. 47a zum bisherigen Recht). Dabei kann zweifelhaft sein, ob auch Tiere in den Anwendungsbereich der Vorschrift fallen.

Die Rspr. hat dies im Grundsatz bejaht und als „neu hergestellten Sachen“ i.S. von § 11 Nr. 10 AGBG a.F. (§ 309 Nr. 8a BGB n.F.) auch Tiere angesehen, die kurz nach der Geburt veräußert worden sind (LG Aschaffenburg, NJW 1990, 915 [916] - Hundewelpen), bzw. solche Tiere, die nicht der Gefahr der „Abnutzung“ durch Gebrauch unterliegen (BGH, NJW-RR 1986, 52 - Forellen). Dabei hat der BGH in der zuletzt genannten Entscheidung ausdrücklich offengelassen, ob die von ihm geäußerte Ansicht auch für bereits verwendete Nutztiere gilt. Auch wenn die Rspr. zum Teil auf Kritik gestoßen ist (vgl. Palandt/Heinrichs, 61. Aufl., § 11 AGBG Rdnr. 47), ist hieran angesichts der in § 90a BGB ausdrücklich geregelten entsprechenden Anwendung der für Sachen geltenden Vorschriften im Grundsatz festzuhalten.

Im vorliegenden Fall war die im Zeitpunkt des Verkaufs vier Jahre alte Stute jedoch keine neue hergestellte Sache mehr. Dies gilt unabhängig davon, ob sie für ihren bestimmungsgemäßen Zweck der Zucht schon verwendet worden ist, wovon der Kl. im Übrigen zur Unterstützung seines Klageanspruchs selbst ausgeht, wenn er vorträgt, der Bekl. habe schon vergebliche Zuchtversuche mit der Stute unternommen.

Das LG hat zutreffend zur Beurteilung der Frage auf den Zeitpunkt der Geburt abgestellt, weil es sich hier um ein Nutztier handelt, welches nicht allein mit dem allgemeinen Lebensrisiko behaftet ist, sondern auch mit dem durch Benutzung und Gebrauch verbundenen. Für das Merkmal, ob eine Sache schon in Gebrauch genommen ist, kann entgegen der Auffassung des Kl. nicht darauf abgestellt werden, ob die konkret im Vertrag vereinbarte oder auch bestimmungsgemäße Nutzung schon erfolgt ist oder erfolgen konnte. Eine Definition des Begriffs der neu hergestellten Sache in Abhängigkeit zur jeweiligen Nutzung ist zur Abgrenzung wenig praktikabel und eine Klärung häufig kaum ohne sachverständige Hilfe herbeizuführen. Überdies entstünde eine erhebliche Rechtsunsicherheit, weil mit zunehmendem Alter der Tiere in keiner Weise mehr nachvollzogen werden könnte, welcher Nutzung sie bereits unterlagen. Schließlich müsste aas zum Verkauf stehende Tier bei unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten (Reitpferd, Zuchtpferd etc.) je nach beabsichtigter Nutzung unterschiedlich als neu „oder alt eingestuft werden. Folglich ist als maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt auf die Geburt des Tieres abzustellen (vgl. den entsprechenden Ansatz bei Brückner/Böhme, MDR 2002, 1406). Ob allerdings das Tier bereits mit der Geburt nicht mehr als neue Sache anzusehen ist (so die Auffassung von Brückner/Böhme, MDR 2002, 1406), dürfte zweifelhaft sein, weil dies letztlich dazu führen würde, Tiere aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift ganz herauszunehmen. Deshalb muss zu dem Zeitpunkt der Geburt eine Zeitspanne hinzutreten, auf Grund der nach der Verkehrsanschauung das Tier nicht mehr als neue Sache angesehen wird. Ob hierfür ein Zeitraum von wenigen Wochen oder Monaten ausreicht, braucht im konkreten Fall nicht entschieden werden. Auf Grund des Alters von vier Jahren war das hier verkaufte Pferd den Gefahren, die typischerweise durch Umwelteinflüsse und andere äußere Einwirkungen entstehen, in einer Weise ausgesetzt, die es nicht mehr als gerechtfertigt erscheinen lassen, es als neue Sache anzusehen.

Soweit die Berufung rügt, die Klausel verstoße in jedem Fall gegen § 309 Nr. 7a BGB, weil sie neben der Gewährleistung jegliche Haftung ausschließe, führt dies im Ergebnis ebenfalls nicht zum Erfolg.

Die Reichweite des in § 4 des Vertrags geregelten Haftungsausschlusses bezieht sich trotz des allgemein gehaltenen Wortlauts (Ausschluss jeglicher Haftung) nicht auf die von § 309 Nr. 7a BGB aufgeführten Körperschäden, sondern nur auf die sonstigen Schäden des § 309 Nr. 7b BGB. Die Klausel ist sowohl von der Überschrift her wie auch im Gesamtzusammenhang so auszulegen, dass sie lediglich die Haftung wegen etwaiger Sachmängel und den Ausschluss der hiermit in Zusammenhang stehenden Schadensersatzansprüche nach § 280 BGB ausschließt. Körper- oder Gesundheitsschäden sind hiervon nicht betroffen. Auch vor Einführung des § 309 Nr. 7a BGB wurde eine Freizeichnung für einfache Fahrlässigkeit bezogen auf die Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit nach § 9 AGBG für unwirksam gehalten (vgl.  OLG Stuttgart, NJW-RR 1988, 1082). Demgegenüber waren nach § 11 Nr. 7 AGBG die Schadensersatzansprüche für sonstige Schäden im Falle einfacher Fahrlässigkeit abdingbar. Diese Rechtslage hat sich durch die Einführung des § 309 Nr. 7a BGB nicht geändert (Bamberger/Roth/Becker, § 309 Nr. 7 BGB Rdnr. 2). Es ist nicht erkennbar, dass unter der Geltung des bisherigen Rechts eine Freizeichnung von mängelbedingten Schadensersatzansprüchen so ausgelegt worden sind, dass damit auch die Schäden für Verletzung der Gesundheit abbedungen waren. Zu einer anderen Beurteilung gibt auch die im Rahmen der Schuldrechtsreform aufgenommene Klausel in § 309 Nr. 7a BGB keinen Anlass.

Die Unwirksamkeit des Haftungsausschlusses ergibt sich auch nicht nach § 444 BGB. Nach § 444 BGB kann sich der Verkäufer auf den Ausschluss oder die Beschränkung der Gewährleistung nicht berufen, wenn er den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit übernommen hat.

Das LG hat zu Recht aus dem Umstand, dass der Bekl. von dem erfolglosen Versuch im Jahr 2001 die Stute decken zu lassen dem Kl. nichts mitgeteilt hat, kein arglistiges Handeln in Bezug auf die behauptete Zuchtuntauglichkeit abgeleitet. Die hiergegen von der Berufung erhobenen Einwände haben keinen Erfolg.

Ein arglistiges Verschweigen eines Mangels i.S. von § 444 BGB setzt voraus, dass der Verschweigende den Mangel kennt oder zumindest bedingter Vorsatz vorliegt (Palandt/Putzo, 63. Aufl., § 444 BGB Rdnr. 11; Bamberger/Roth/Faust, § 438 BGB Rdnr. 38). Ausreichende Anhaltspunkte hierfür hat der Kl. nicht dargelegt. Auf Grund des im Jahr 2001 fehlgeschlagenen Versuchs, die Stute decken zu lassen, ergab sich eine solche Kenntnis nicht zwingend. Denn das LG hat zu Recht darauf abgestellt, dass nach dem Vortrag des Bekl. Stuten im Alter von drei Jahren nur zu 50% bei Deckungsversuchen trächtig werden. Dieser in erster Instanz unbestrittene Vortrag wird auch im Berufungsverfahren durch den Kl. nicht in Frage gestellt. Soweit er im Schriftsatz vom 11. 3. 2004 lediglich in Abrede stellt, dass in der Warmblutzucht jährlich nur 2/3 aller gedeckten Stuten trächtig würden, nimmt er damit zum Vorbringen des Bekl. betreffend die Zuchterfolge für Stuten des hier maßgeblichen Alters keine Stellung.

Weder bei der Untersuchung durch den Tierarzt noch bei den später vom Kl. eingeleiteten Untersuchungen gab es zunächst Anhaltspunkte für eine Zuchtuntauglichkeit des Pferdes. Vielmehr bestätigte der Tierarzt unter dem 25. 1. 2002 ausdrücklich die Eignung des Pferdes für die Zucht. Ferner weisen die vom Kl. übergebenen Rechnungen aus, dass vor und zwischen den Deckversuchen umfangreiche gynäkologische Untersuchungen (Uterus- und Ovarkontrolle) durchgeführt wurden, bei denen Unregelmäßigkeiten offenbar nicht festgestellt wurden, wie der ärztliche Bericht vom 17. 10. 2002 auch bestätigt. Es ist weder vorgetragen noch erkennbar, inwieweit dem Bekl. bei Vertragsschluss weitergehende und anderslautende Informationen zur Verfügung gestanden haben sollen. Auch die nach der Behauptung des Kl. bewusst unrichtigen Angaben des Bekl., wonach er noch keinen Versuch unternommen habe, das Pferd decken zu lassen, rechtfertigen ohne weitergehende Indizien keinen zwingenden Schluss darauf, dass der Bekl. mit zumindest bedingtem Vorsatz davon ausging, dass die Stute nicht zuchttauglich war. Vielmehr konnte der Bekl. auf Grund der ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen über die Zuchteigenschaften der Vorfahren der Stute davon ausgehen, dass auch diese zuchttauglich sein werde.

Die Haftungsfreizeichnung nach § 4 des Vertrags ist betreffend die behauptete Gelenkerkrankung des Pferdes nicht deshalb nach § 444 BGB unwirksam, weil der Bekl. insoweit eine unselbstständige Garantie für die Beschaffenheit der Sache i.S. von § 443 BGB übernommen hätte. Eine solche unselbstständige Garantie liegt regelmäßig in der Zusicherung einer bestimmten Eigenschaft (Palandt/Putzo, 63. Aufl., § 444 BGB Rdnr. 12). Insoweit kommt dem Begriff der Zusicherung auch nach Wegfall des § 459 II BGB weiterhin sowohl im Rahmen des § 276 BGB wie auch im Rahmen des § 444 BGB Bedeutung zu (vgl. Westermann, NJW 2002, 241 [247]). Für die Auslegung des Begriffs der Zusicherung kann auf die bisherigen entwickelten Kriterien zurückgegriffen werden.

Zugesichert ist eine Eigenschaft, wenn der Verkäufer durch eine Erklärung, die Vertragsinhalt geworden ist, dem Käufer zu erkennen gibt, dass er für den Bestand der Beschaffenheit und alle Folgen ihres Fehlens einstehen will (Palandt/Putzo, 61. Auflage, § 459 BGB Rdnrn. 15f.). Auch nach dem Vortrag des Kl. ist jedoch nicht erkennbar, dass ein gesteigerter Haftungswille in Bezug auf das Fehlen der „Chips“-Erkrankung zum Vertragsinhalt geworden ist. Die Zusicherung hat in den schriftlichen Vertrag keinen Eingang gefunden, obwohl eine ausdrückliche Erwähnung zu erwarten gewesen wäre, weil gerade die Vorlage der Röntgenbilder und ihre Bewertung im Vertrag festgehalten sind. Dies spricht im Zusammenhang mit der in Nr. 7 vereinbarten Schriftform für Änderungen und Zusätze des Vertrags dafür, dass der Bekl. keine gesonderte Haftung über im Vertrag nicht festgehaltene Umstände übernehmen wollte. Darüber hinaus hat der Kl. den Gang der Vertragsverhandlungen und die hier angeblich erklärte Zusicherung des Bekl. lediglich so allgemein wiedergegeben, dass ein gesteigerter Haftungswille sich hieraus nicht erkennen lässt.

Gerade die Vertragsgestaltung lässt erkennen, dass der Bekl. als Laie unter Hinweis auf die im Vertrag aufgeführten Röntgenbilder und ihre - formale -Einordnung dem Kl. als Käufer die Möglichkeit einer Ankaufsuntersuchung überlassen und gerade nicht für die Richtigkeit der jeweiligen Expertise haften wollte.

2. Ansprüche auf Rückabwicklung des Vertrages wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlung (§§ 311 II, 280 I BGB) kommen auf Grund der vorrangigen Gewährleistungsvorschriften nicht zur Anwendung, wie das LG zutreffend ausgeführt hat.

3. Schadensersatzansprüche des Kl. wegen der Kosten für ärztliche Untersuchung und Kosten der vergeblichen Zuchtversuche bestehen gem. §§ 280, 281, 284, 434, 437 Nr. 3 BGB ebenfalls nicht, weil insoweit die Haftung wirksam ausgeschlossen ist.