„Selbstvornahme“ der Nacherfüllung durch den Käufer und ihre Folgen AG Kempen, Urt. v. 18.8.2003 -11 C 225/02 Fundstelle: Zentrale Probleme: s. die Anm. zu AG Daun, Urt. v. 15.1.2003 - 3 C 664/02 sowie Lorenz NJW 2003, 1417. Die dort vorgeschlagene Anwendung von § 326 Abs. 2 S. 2 BGB lehnt das Gericht ausdrücklich ab. Ebenso LG Aachen v. 23.10.2003 - 6 S 99/03.
Eigener Leitsatz: Zum Sachverhalt: Der Kläger kaufte vom Bekl. ein gebrauchtes GPS- Navigationsgerät. Da dessen CD-ROM Laufwerk nicht funktionsfähig war, sandte er es zur Reparatur beim Hersteller ein. Seine Klage auf Ersatz der Reparaturkosten i.H. v. 213,44 € blieb erfolglos. Aus den Gründen: Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von 213,44 €. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Zahlungsanspruch aus §§ 440, 437 Nr.2, Nr.3 BGB auf Ersatz seiner Reparaturkosten oder Minderung des Kaufpreises. Es kann dahin stehen, ob das Navigationsgerät bei Gefahrübergang mit einem Mangel behaftet war, da es jedenfalls an der für den Anspruch erforderlichen Fristsetzung zur Nacherfüllung fehlt. Voraussetzung für einen Gewährleistungsanspruch nach § 437 BGB ist, dass der Käufer dem Verkäufer eine Frist zur Nacherfüllung setzt. Dies hat der Kläger unstreitig nicht getan. Die Fristsetzung war hier auch nicht nach §§ 281 Abs. 2, 323 Abs. 2 BGB bzw. § 440 entbehrlich. Der Beklagte hat die Nacherfüllung nicht im Sinne von §§ 323 Abs.2 Nr.1 BGB endgültig verweigert. An die Annahme der Erfüllungsverweigerung – wie auch nach bisherigem Recht – strenge Anforderungen zu stellen. Der Schuldner muss eindeutig zum Ausdruck bringen, dass er seinen Vertragspflichten nicht nachkommen werde. Eine endgültige Verweigerung in diesem Sinne setzt voraus, dass der Beklagte überhaupt Kenntnis von der Inanspruchnahme im Rahmen der Gewährleistung hat. Dies war hier nicht der Fall. Der Beklagte hatte nämlich vor der Erteilung des Reparaturauftrags durch den Kläger keine Kenntnis davon, dass er überhaupt in Anspruch genommen werden sollte. Der Beklagte hatte keine Möglichkeit auf die behauptete Mangelhaftigkeit zu reagieren. Unerheblich ist, dass bzw. warum sich der Beklagte nicht auf die emails des Klägers hin meldetet. Eine Nachbesserung durch den Beklagten strebte der Kläger selbst nicht an, da er bereits die Übernahme der Reparaturkosten verlangte. Die Möglichkeit zu einer Nacherfüllung war dem Beklagten zu diesem Zeitpunkt durch den erteilten Reparaturauftrag schon genommen. Die Nacherfüllung durch den Beklagten war dem Kläger auch nicht gemäß §§ 281 Abs. 2, 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB unzumutbar. Eine Unzumutbarkeit der Nacherfüllung wegen einer erheblichen Gebrauchsbeeinträchtigung aufgrund zu langer Dauer der Nachbesserung liegt nicht vor. Nacherfüllungen sind immer mit einem gewissen Zeitaufwand verbunden. Das neue Schuldrecht räumt dem Verkäufer die Möglichkeit zur Nacherfüllung ein. Insoweit ist ihm eine gewisse Zeitspanne zuzugestehen. Hier musste der Kläger dem Beklagten zudem die Zeit für den Versandweg zusätzlich zugestehen. Er selbst hat sich nämlich auf einen Kaufvertrag mit einem weit entfernt ansässigen Vertragspartner eingelassen. Die dadurch bedingte verlängerte Zeitspanne für eine Nachbesserung muss er daher in Kauf nehmen. Es führt auch nicht zur Unzumutbarkeit der Nacherfüllung, wenn die Reparatur nur vom Hersteller ausgeführt werden kann und sich das Gerät bereits dort befindet. Dies entbindet den Kläger nicht von einer Fristsetzung. Die Fristsetzung soll dem Schuldner nämlich auch zeigen, dass es mit Fristablauf „ernst“ wird oder werden kann. Dies gilt unabhängig davon, von wem die Reparatur ausgeführt werden kann. Die Fristsetzung soll dem Verkäufer zudem die Möglichkeit einräumen, den geltend gemachten Anspruch zu prüfen. Der Beklagte hatte hier bereits nicht die Möglichkeit, den behaupteten Mangel zu überprüfen, sich selbst mit der Firma Blaupunkt in Verbindung zu setzen oder dem Kläger eine andere anderweitige Lösung anzubieten. Wie der Beklagte seinem Recht auf eine Nachbesserung gerecht werden konnte und wollte, durfte der Kläger nicht vorwegnehmen. Eine Unzumutbarkeit ergibt sich auch nicht gemäß § 440 Satz 1 BGB daraus, dass der Beklagte das Navigationsgerät per Nachnahme schickte. Nicht jede Vertragsverletzung des Verkäufers führt zur Unzumutbarkeit der Nacherfüllung. Der Käufer soll nur dann nicht an Nachbesserungsversuchen des Verkäufers festgehalten werden, wenn dies aufgrund einer Gesamtabwägung aller Umstände des Falls schlechterdings ungerechtfertigt ist. Dies war hier nicht so. Aus dem Verhalten des Beklagten bei der Übersendung des Navigationsgerätes können keine Schlüsse darauf gezogen werden, wie der Beklagte auf geltend gemachte Gewährleistungsforderungen reagiert hätte. Insbesondere ist daraus nicht zu schließen, dass er seinen Pflichten nicht ordnungsgemäß nachgekommen wäre. Auch aus Sicht des Klägers begründete das Verhalten des Beklagten nicht die begründete Vermutung, dass der Beklagte keine Vertragspflicht erfüllen werde. Schließlich hat der Kläger keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung von 213,44 € wegen ersparter Aufwendungen aus §§ 326 Abs. 2 Satz 2, 326 Abs.4 BGB. Diese Vorschriften sind im Rahmen des Gewährleistungsrechts nicht anwendbar. Aus der Neuregelung ergibt sich nicht nur ein Recht des Käufers auf Nachbesserung, sondern auch ein Recht des Verkäufers zur Beseitigung des Mangels, bevor er weitergehenden Ansprüchen des Käufers ausgesetzt ist. Diese Gewährleistungsvorschriften stellen eine Sonderregelung dar, die die Anwendung der allgemeinen Vorschriften in ihrem Anwendungsbereich ausschließen, da ansonsten eine unzulässige Umgehung der Voraussetzungen vorliegen und das Recht des Verkäufers zur Nacherfüllung vollständig unterlaufen würde. Die Aufzählung der Käuferrechte in § 437 BGB ist eindeutig und abschließend. Eine Analogie zu anderen Vorschriften kann nicht begründet werden, da es insoweit an einer Regelungslücke fehlt. Dies gilt insbesondere für die Selbstvornahme verbunden mit einem Aufwendungsersatzanspruch. Insoweit ist auch eine Analogie zum Werkvertragsrecht nach alter Rechtslage nicht möglich. Die Neuregelung des Schuldrechts räumt nun dem Besteller mit § 637 BGB nach Ablauf einer angemessenen Frist eine entsprechende Befugnis ein. Eine vergleichbare Regelung fehlt im neuen Kaufrecht, so dass insoweit wegen der abschließenden Aufzählung der Käuferrechte eine Analogie ausscheidet. Schließlich ergibt sich ein Anspruch des Klägers nicht aus § 443 BGB. Es kann offen bleiben, ob der Beklagte hier überhaupt eine selbständige Garantie abgegeben hat. Unerheblich ist zudem, dass der Beklagte verschuldensunabhängig haften würde. Auch in diesem Falle scheitert ein Anspruch jedenfalls an der fehlenden Fristsetzung. Den Inhalt einer Garantie können die Parteien nämlich frei bestimmen. Dass der Beklagte unabhängig von ihm zustehenden Verkäuferrechten haften wollte, ist hier nicht ersichtlich. Es ist der Erklärung des Beklagten nicht zu entnehmen, dass er auf sein Recht zur Nacherfüllung verzichtet hat. Da der Kläger dem Beklagten bereits keine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat, scheidet auch ein Anspruch auf Nutzungsausfall für den Zeitraum der selbst in Auftrag gegebenen Reparatur aus.
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