Verhältnis von
Sittenwidrigkeit (§ 138 I BGB) und Täuschungsanfechtung (§ 123 BGB);
"Lockvogelangebot" beim Partnerschaftsvermittlungsvertrag; (keine)
Nichtigkeit wettbewerbswidriger Folgeverträge; analoge Anwendung von § 656
BGB auf Partnerschaftsvermittlungsverträge; sekundäre Behauptungslast
(Pflicht zum substantiierten Bestreiten; Geständnisfiktion) und
Beweisvereitelung (Beweiswürdigung)
BGH, Urteil vom 17. Januar
2008 - III ZR 239/06
Fundstelle:
NJW 2008, 982
Amtl. Leitsatz:
a) Ein aufgrund des
Inserats eines Vermittlungsinstituts mit einer tatsächlich nicht
vermittlungsbereiten Person (Lockvogelangebot) zustande gekommener
Partnervermittlungsvertrag ist grundsätzlich nicht sittenwidrig im Sinne des
§ 138 BGB. Er kann aber nach § 123 BGB anfechtbar sein.
b) Weder aus § 656 BGB noch aus der den Kunden eines
Partnervermittlungsunternehmens geschuldeten Diskretion folgt die
Unzulässigkeit einer Zeugenvernehmung des in der Anzeige Beschriebenen über
die Behauptung eines Lockvogelangebots.
c) Die Weigerung der nicht beweispflichtigen Partei, Namen und Anschrift
eines nur ihr bekannten Zeugen mitzuteilen, kann nicht als Verletzung
sekundärer Darlegungslast, sondern lediglich als Beweisvereitelung im Rahmen
des § 286 ZPO gewürdigt werden.
Zentrale Probleme:
Im Mittelpunkt der sehr lehrreichen Entscheidung steht das
Verhältnis zwischen § 138 I BGB und § 123 I BGB. Der Senat führt - zum
wiederholten Male - zutreffend aus, daß wegen der Entscheidung des
Gesetzgebers, im Falle der arglistigen Täuschung dem Getäuschten das
Wahlrecht zu belassen, den Vertrag durch die gestaltende
Anfechtungserklärung zu vernichten (§ 143 I BGB) oder aber bestehen zu
lassen, die bloße Tatsache der arglistigen Täuschung nicht zur Nichtigkeit
des Vertrages nach § 138 I BGB führen kann. Dazu bedarf es vielmehr
zusätzlicher Elemente, die zur Täuschung hinzutreten (das wurde etwa in BGH NJW 2005, 2991
wegen der "planmäßigen Schwächung" der Entscheidungsfreiheit bejaht, s. die
dortige Anm.). S. dazu auch BGH v. 29.7.2021 - III
ZR 179/20. Daraus ergibt sich auch, daß Verträge, die infolge
wettbewerbswidrigen Verhaltens zustandekommen (Folgeverträge) wegen der
unterschiedlichen Schutzrichtung von Wettbewerbsrecht und § 138 I BGB nicht
zwingend nichtig sind (s. dazu
BGH NJW-RR 2001, 1574;
zur Drohung
BGH NJW 2002, 2774). Kurz formuliert:
"Sittenwidrigkeit" i.S. des UWG ist nicht mit "Sittenwidrigkeit" i.S.v. §
138 I BGB gleichzusetzen.
Des weiteren gibt die Entscheidung sehr schön den Stand der Rechtsprechung
zu den Partnerschaftsvermittlungsverträgen wieder. Hier geht es insbesondere
um die analoge Anwendung von § 656 BGB (s.
BGH v. 4.3.2004 - III ZR 124/03) sowie um das Kündigungsrecht nach §
627 BGB und den (unzulässigen) Ausschluß des letzteren durch AGB (s. dazu
BGH NJW 1999, 276 ff;
BGHZ
106, 341 ff und BGH NJW 2005,
2543 sowie die Anm. zu BGH v.
8.10.2009 - III ZR 93/09.).
Schließlich wird auch noch eine interessante prozessuale Problematik
behandelt, nämlich die Abgrenzung der sog. sekundären Behauptungslast von
der Beweisvereitelung. Zu letzterer s. auch
BGH NJW 2006, 434.
©sl 2008
Tatbestand:
1 Die Beklagte betreibt eine gewerbliche Partnervermittlung. Sie
veröffentlichte am 8. September 2004 eine Zeitungsanzeige, in der eine "Bea"
genannte und mit einem "Original-Kundenfoto" vorgestellte "attraktive,
rassige" Frau über die Beklagte einen Partner suchte. Der Kläger wandte sich
deswegen am 3. Oktober 2004 telefonisch an die Beklagte. Der Inhalt des
Gesprächs ist zwischen den Parteien streitig. Am 6. Oktober 2004 kam es
unter ebenfalls streitigen Umständen zu einem Treffen zwischen dem Kläger
und einer Mitarbeiterin der Beklagten in der Wohnung des Klägers. Dabei
unterzeichnete dieser ein Vertragsformular, in dem es unter anderem heißt:
"Der Auftraggeber beauftragt die Firma D. GmbH mit der Dienstleistung
gemäß der nachfolgenden Leistungsbeschreibung:
a) Umfangreiche Beratung durch einen Fachberater im Rahmen eines
persönlichen Gesprächs, in dem die speziellen Wünsche und Vorstellungen
des Kunden von dem in Betracht kommenden Partner erfasst, besprochen und
auf Stimmigkeit untersucht werden. Hierbei wird ein schriftlicher
Personalbogen und Partnerwunschbogen erstellt.
b) Die so herausgearbeiteten Daten werden von dem erfahrenen D.-Team
bewertet und nach einem bewährten System sorgfältig mit dem
Kundenbestand der Fa. D. GmbH abgeglichen, um eine möglichst weitgehende
Übereinstimmung der Partnerwünsche zu gewährleisten.
c) Auf der Grundlage dieses Abgleichs stellt die Fa. D. GmbH innerhalb
einer Woche nach Vertragsabschluss 15 Partnervorschläge zusammen. Diese
Partnervorschläge werden, soweit sie dem Auftraggeber nicht bereits
übersandt worden sind, von der Fa. D. GmbH für die Dauer von sechs
Monaten versendungsbereit gehalten. Der Auftraggeber kann diese
Partnervorschläge dann jederzeit - auch kurzfristig und in gewünschter
Anzahl - bei der Fa. D. GmbH abrufen. Mindestens ein Partnervorschlag
wird dem Auftraggeber unaufgefordert übersandt. …
Im Übrigen gelten für den Vertrag die folgenden allgemeinen Bedingungen:
1) Nach Übersendung eines Partnervorschlages ist es Sache des
Auftraggebers, sich selbst um eine Kontaktaufnahme zu bemühen. Das
Arrangieren von Treffen gehört nicht zum Tätigkeitsbereich der Fa. D.
GmbH.
5) Die Fa. D. GmbH übernimmt keine Garantie dafür, dass einzelne
Vorschlagspartner an einer Kontaktaufnahme mit dem Auftraggeber
interessiert sind. Ebenso wenig übernimmt die Fa. D. GmbH eine Garantie
dafür, dass ihre Tätigkeit zu einer Bekanntschaft führt. Insbesondere
erwirbt der Kunde durch den Abschluss dieses Vertrags keinen Anspruch
auf die Vermittlung bestimmter Personen, etwa aus Inseraten der Fa. D.
GmbH. Hinweis: Der Abschlussvertreter der Firma D. ist nicht berechtigt,
den Kunden die Kontaktbereitschaft bestimmter Personen verbindlich
zuzusichern. Maßgeblich für den Vertragsinhalt ist ausschließlich der
schriftliche Vertrag.
6) Aus Gründen der Diskretion, die die Fa. D. GmbH allen ihren Kunden
verbindlich zusichert, erscheinen Inserate von Personen grundsätzlich
nicht mit eigenem Namen. Dies gilt auch dann, wenn ein übergebenes Bild
in einem Inserat verwendet wird.
2 Der Kläger zahlte das geforderte
Honorar von 7.900 €. Von der Beklagten erhielt er drei Adressen potentieller
Partnerinnen, jedoch nicht den von ihm gewünschten Kontakt zu der als "Bea"
bezeichneten Frau. Daraufhin widerrief er mit Anwaltsschreiben vom 11.
Oktober 2004 die Vereinbarung, kündigte sie und focht sie aus allen in
Betracht kommenden Gründen an. Mit der Klage fordert er Rückzahlung des
geleisteten Honorars.
3 Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die
Beklagte, abgesehen von daneben geltend gemachten vorgerichtlichen
Anwaltskosten, antragsgemäß verurteilt. Mit ihrer vom Berufungsgericht
zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag
weiter.
Entscheidungsgründe
4 Die Revision ist begründet.
I.
5 Das Berufungsgericht hält den von den Parteien geschlossenen
Partnervermittlungsvertrag für sittenwidrig und nichtig gemäß § 138 BGB,
weil er aufgrund eines "Lockvogelangebots" zustande gekommen sei. Es führt
dazu aus:
6 Ein sogenanntes Lockvogelangebot liege vor, wenn ein Vermittlungsinstitut
mit einer angeblich partnersuchenden Kundin unter Verwendung des
Originallichtbildes in der Kenntnis werbe, dass diese Kundin in Wahrheit
nicht vermittlungsbereit sei und für eine Kontaktaufnahme von vornherein
nicht zur Verfügung stehe. Ein Vertrag, der auf der Grundlage einer solchen
Anwerbung geschlossen werde, sei sittenwidrig. Interessenten, die sich auf
eine Kontaktanzeige hin mit dem Partnerschaftsvermittlungsinstitut in
Verbindung setzten, verbänden damit regelmäßig die Vorstellung, sie hätten
die Möglichkeit, mit dieser Kundin Kontakt aufzunehmen und sie
kennenzulernen. Der Eindruck, den die in der Anzeige vorgestellte Kundin
gerade auch aufgrund des veröffentlichten Originalbildes gemacht habe, sei
nach der Beobachtung des Berufungssenats für die meisten Interessenten erst
der Grund, sich überhaupt mit dem inserierenden Institut in Verbindung zu
setzen. So liege der Fall auch hier. Denn der Kläger habe sich unstreitig
bei seinem Anruf nach "Bea" erkundigt, die er unbedingt habe kennenlernen
wollen. Die Tatsache, dass der Interessent dabei in dem Glauben gelassen
werde, der Abschluss des Partnervermittlungsvertrags und die Zahlung des
Honorars gebe ihm die Chance, seine "Traumfrau" kennenzulernen, obwohl dies
bei fehlender Vermittlungsbereitschaft der Kundin von vornherein
ausgeschlossen sei, begründe die Sittenwidrigkeit des Vertrags. Dabei falle
insbesondere ins Gewicht, dass die Täuschung des Interessenten darauf
gerichtet sei, dessen besondere Lebenssituation als alleinstehende Person
und seine konkreten Hoffnungen auf Änderung seiner Situation aus
Gewinnstreben auszunutzen. Eine andere Beurteilung sei auch nicht deswegen
gerechtfertigt, weil der Interessent nach dem Vertragsinhalt keinen Anspruch
auf die Vermittlung bestimmter Personen habe. Denn diesen Hinweis könne er
nur dahin verstehen, dass ihm die Kundin allein dann nicht vermittelt werde,
wenn sie entweder aufgrund eigener Wünsche an einer Kontaktaufnahme mit
diesem Interessenten nicht interessiert sei oder wenn sich aufgrund dessen
eigener Vorstellungen ergebe, dass die Kundin diesen nicht entspreche.
7 Das Berufungsgericht legt ferner seiner Entscheidung die Behauptung des
Klägers als unbestritten zugrunde, dass es sich bei der Kundin "Bea" um
einen solchen "Lockvogel" gehandelt habe. Das Bestreiten der Beklagten sei
nicht zu berücksichtigen und unbeachtlich, weil sie der ihr obliegenden
sekundären Darlegungslast verspätet (§ 296 Abs. 1 ZPO), nämlich trotz
Hinweises des Senats vom 12. April 2006 unter Fristsetzung zum 5. Mai 2006
erst im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 9. August 2006 durch Angabe
des Namens und der ladungsfähigen Anschrift der Zeugin genügt habe. Für die
Richtigkeit der Behauptung des Klägers spreche, dass die Beklagte eine
Vielzahl von Anzeigen gleichen Inhalts in unterschiedlichen Regionen
(Coesfeld, Syke, Bremen) und über einen Zeitraum von mehreren Jahren
geschaltet habe. Angesichts der Tatsache, dass "Bea" nach den Angaben der
Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung in Belgien wohnen solle,
erscheine ihre Bereitschaft, sich an einen Interessenten in Bremen oder
Coesfeld vermitteln zu lassen, noch zweifelhafter. Außerdem sei dem Kläger
ohne Angabe von Gründen die Telefonnummer oder Adresse von "Bea" nicht
mitgeteilt worden. Dieser sei auf derartige Indizien angewiesen, um
beurteilen zu können, ob eine Vermittlungsbereitschaft tatsächlich
vorgelegen habe. Die Einführung derart vermuteter Tatsachen als Behauptung
in den Rechtsstreit sei grundsätzlich zulässig. Insoweit treffe die Beklagte
eine sekundäre Darlegungs- und Beweislast. Sie habe daher den Verdacht
ausräumen müssen, dass es sich bei "Bea" um einen "Lockvogel" gehandelt
habe. Hierzu sei es erforderlich gewesen darzulegen, warum dem Kläger trotz
seines Interesses die Adresse von "Bea" nicht mitgeteilt worden sei, und
weiter, deren ladungsfähige Anschrift mitzuteilen. Dem sei die Beklagte
teils nicht, teils erst verspätet nachgekommen.
8 Der Beklagten sei es zumutbar gewesen, Namen und Anschrift der Kundin Bea
anzugeben, um dem Kläger einen Beweisantritt zu ermöglichen. Die
Unzumutbarkeit der Namensnennung ergebe sich nicht aus der Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs zur fehlenden Klagbarkeit von Ansprüchen aus einem
Partnervermittlungsvertrag. Zwar gälten hiernach die im Hinblick auf
Ehemaklerverträge angestellten Überlegungen zu Peinlichkeiten und
Unzumutbarkeiten einer andernfalls häufig unumgänglichen Beweisaufnahme über
Art und Umfang der Tätigkeit gleichermaßen für die Vermittlung einer
Partnerschaft. Soweit jedoch das Oberlandesgericht Koblenz (NJW-RR 2004,
268) hieraus schließe, dass sich infolgedessen eine Beweisaufnahme "zur
Befragung der von der Partnervermittlungsagentur der Kundin offerierten
Partner" verbiete, folge ihm das Berufungsgericht nicht. Damit würde dem
Kunden der Einwand, er sei von dem Partnerschaftsvermittlungsinstitut
getäuscht worden, abgeschnitten und er insoweit rechtlos gestellt. Bei der
Abwägung zwischen den Interessen eines klagenden Kunden und dem
Diskretionsinteresse der zu vermittelnden Kunden trete Letzteres zurück,
zumal mittlerweile zumindest in Frage gestellt werde, ob die Regelung des §
656 BGB noch zum Schutze der Intimsphäre unverzichtbar sei. Hinzu komme,
dass diejenigen Kunden, die sich mit einer Veröffentlichung ihres Lichtbilds
in einer Kontaktanzeige einverstanden erklärt hätten, sich eines Teils des
Schutzes selbst begeben hätten. Die Beklagte habe auch keine Umstände
genannt, die eine Nennung der ladungsfähigen Anschrift von "Bea" tatsächlich
unzumutbar erscheinen ließen. Die von ihr angeregte anonyme Vernehmung der
Kundin sehe die Zivilprozessordnung nicht vor. Ebenso wenig habe die
Beklagte die Verspätung genügend entschuldigt. Eine Zulassung des neuen
Verteidigungsvorbringens würde die Erledigung des Rechtsstreits verzögern.
II.
9 Diese Erwägungen halten den Angriffen der Revision nicht stand. Nicht zu
folgen ist dem Berufungsgericht bereits in der Einschätzung, ein aufgrund
eines "Lockvogelangebots" (oder "Lockangebots", vgl. OLG Frankfurt am Main
NJW-RR 2001, 1364) geschlossener Partnervermittlungsvertrag sei gemäß § 138
Abs. 1 BGB sittenwidrig und nichtig.
10 1. Der Begriff des "Lockvogelangebots" entstammt, wie die Revision
zutreffend anführt, dem Wettbewerbsrecht. Er bezeichnet dort eine besonders
preisgünstig angebotene Ware, die nicht oder nur in einer im Verhältnis zur
Nachfrage völlig unzureichenden Menge vorhanden ist (Köhler in Hefermehl/Köhler/
Bornkamm, UWG, 26. Aufl. 2008, § 4 Rn. 10.196; Bornkamm, aaO, § 5 Rn. 8.1).
Eine solche Werbung ist nach § 5 Abs. 1 und 5 UWG in der Fassung vom 3. Juli
2004 (BGBl. I S. 1414) irreführend und unlauter im Sinne des § 3 UWG. Nach
früherem Wettbewerbsrecht konnte sie zugleich auf der Grundlage des § 1 UWG
a.F. sittenwidrig sein (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl.
2001, § 1 UWG Rn. 258).
11 2. Daraus allein lässt sich indes ein Verstoß gegen § 138 Abs. 1 BGB
nicht herleiten. Der unbestimmte Rechtsbegriff der guten Sitten hatte
in § 1 UWG a.F. mit Rücksicht auf jeweils unterschiedliche Zielsetzung und
Rechtsfolgen nicht dieselbe Bedeutung wie in § 138 BGB (BGHZ 110, 156,
174 - HBV-Familien- und Wohnungsrechtsschutz; 117, 280, 286; BGH, Urteil vom
14. Mai 1998 - I ZR 10/96 - NJW 1998, 2531, 2532 - Co-Verlagsvereinbarung
m.w.N.). Für die Beurteilung als sittenwidrig im Sinne des § 138 Abs. 1
BGB ist vielmehr entscheidend, ob das Rechtsgeschäft nach seinem aus Inhalt,
Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den grundlegenden
Wertungen der Rechts- und Sittenordnung unvereinbar ist (BGHZ 110 aaO;
146, 298, 301; BGH, Urteil vom 14. Mai 1998 aaO; Urteil vom 29. Juni 2005 -
VIII ZR 299/04 -NJW 2005, 2991, 2992 m.w.N.). Einer solchen Beurteilung
steht im Streitfall aber entgegen, dass das Bürgerliche Gesetzbuch einen
durch Täuschung bewirkten Vertragsschluss nicht wie nach § 138 BGB als von
vornherein nichtig behandelt, sondern durch die Sonderregelung des § 123 BGB
lediglich dessen Anfechtbarkeit bestimmt und es dadurch der Entscheidung des
Getäuschten überlässt, ob er nachträglich die Nichtigkeit dieses
Rechtsgeschäfts herbeiführen will. Ist daher ein Rechtsgeschäft durch
arglistige Täuschung (oder widerrechtliche Drohung) zustande gekommen, so
kann § 138 BGB neben § 123 BGB nur dann anwendbar sein, wenn weitere
Umstände als die unzulässige Willensbeeinflussung hinzutreten, die das
Geschäft seinem Gesamtcharakter nach als sittenwidrig erscheinen lassen
(BGH, Urteil vom 14. Dezember 1987 - II ZR 166/87 - NJW 1988, 902, 903;
Urteil vom 7. Juni 1988 - IX ZR 245/86 - NJW 1988, 2599, 2601 zur Drohung;
Urteil vom 26. September 1995 - XI ZR 159/94 - NJW 1995, 3315;
Versäumnisurteil vom 4. Juli 2002 - IX ZR 153/01 -
NJW 2002, 2774, 2775 ebenfalls zur Drohung). Solche besonderen Umstände
zeigt das Berufungsgericht nicht auf; sie sind aus dem festgestellten
Sachverhalt auch nicht erkennbar. Die vom Berufungsgericht hervorgehobene
besondere Lebenssituation des Interessenten als alleinstehender Person und
dessen konkrete Hoffnungen auf eine Änderung dieser Lage sowie das
Gewinnstreben des Vermittlers werden vom Anfechtungstatbestand des § 123 BGB
erfasst. Von der Ausbeutung einer Zwangslage oder einem ähnlich gewichtigen,
erheblich über den typischen Tatbestand einer arglistigen Täuschung
hinausgehenden Vorwurf, mit dem § 138 BGB den Makel der Sittenwidrigkeit
verbindet, kann nicht gesprochen werden. Auch für ein auffälliges
Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung (vgl. zum
Eheanbahnungsdienstvertrag BGHZ 87, 309, 316 ff.), auf das sich der Kläger
in den Tatsacheninstanzen berufen hat und das im landgerichtlichen Urteil
geprüft und verneint worden ist, geben die Feststellungen des
Berufungsgerichts nichts her. Im Revisionsverfahren werden Rügen hierzu auch
nicht erhoben.
III.
12 Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich ebenso wenig aus
anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
13 1. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen lässt sich nicht
abschließend beurteilen, ob der Kläger seine Willenserklärung wirksam gemäß
§ 123 BGB wegen arglistiger Täuschung angefochten hat und das Rechtsgeschäft
somit aus diesem Grunde nichtig ist (§ 142 Abs. 1 BGB).
14 a) Eine Anfechtung des Vertrags aus sämtlichen in Betracht kommenden
Gründen hat der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 11. Oktober 2004 erklärt.
Die erforderliche arglistige Täuschung wäre in der Werbung von Kunden mit
einem tatsächlich nicht zur Verfügung stehenden "Lockvogel", nämlich einer
angeblich einen Partner suchenden, aber nicht vermittlungsbereiten Person zu
sehen. Dass die Beklagte in ihren Vertragsbedingungen einen Anspruch des
Kunden auf die Vermittlung bestimmter Personen, etwa aus von ihr
geschalteten Inseraten, ausschließt, ist nach der zutreffend am
Empfängerhorizont orientierten und auch sonst rechtsfehlerfreien Auslegung
des Berufungsgerichts ohne Belang.
15 b) Jedoch durfte das Berufungsgericht seiner Entscheidung die
Behauptung des Klägers, bei der in den Anzeigen der Beklagten vorgestellten
Kundin "Bea" habe es sich in diesem Sinne um ein "Lockvogelangebot"
gehandelt, nicht mit Rücksicht auf die sekundäre Darlegungslast der
Beklagten als unbestritten zugrunde legen (§ 138 Abs. 3 ZPO).
16 aa) Die Beklagte trifft in dieser Beziehung zwar zutreffend eine
sekundäre Darlegungslast. Steht ein darlegungspflichtiger Kläger
außerhalb des für seinen Anspruch erheblichen Geschehensablaufs und kennt
der Beklagte alle wesentlichen Tatsachen, so genügt nach den Grundsätzen
über die sekundäre Darlegungslast sein einfaches Bestreiten nicht, sofern
ihm nähere Angaben zuzumuten sind (BGHZ 86, 23, 29; 100, 190, 196; 140,
156, 158 f.; 163, 209, 214; siehe auch BGH, Urteil vom 12. Juni 2007 - X ZR
87/06 - NJW 2007, 2549, 2553 Rn. 46). In diesen Fällen kann vom
Prozessgegner im Rahmen des Zumutbaren das substantiierte Bestreiten der
behaupteten Tatsache unter Darlegung der für das Gegenteil sprechenden
Tatsachen und Umstände verlangt werden (vgl. BGHZ 140 aaO S. 159). So
liegt es auch hier.
17 bb) Diesen Anforderungen ist die Beklagte jedoch in dem erforderlichen
Umfang nachgekommen. Auf den Hinweis des Berufungsgerichts hat sie eine
Kopie des mit Frau S. geschlossenen Partnervermittlungsvertrags vorgelegt
und behauptet, bei dieser Kundin handele es sich um die im Inserat
beschriebene "Bea". Die Beklagte hat weiter deren "Kundenprofil" mit einer
Liste angeblich von "Bea" abgelehnter Kontaktvorschläge zwischen dem 22.
Januar 2004 und dem 31. März 2006 vorgelegt. Wenngleich sich auch aus diesem
Vorbringen nicht ergibt, worauf das Berufungsgericht zutreffend hinweist,
weshalb die Beklagte dem Kläger trotz seines Interesses nicht die Adresse
oder Telefonnummer von "Bea" mitgeteilt hat, war doch eine grundsätzliche
Vermittlungsbereitschaft der Kundin nunmehr durch Tatsachenvortrag
untermauert und der gegenteilige Sachvortrag des Klägers hiermit
substantiiert bestritten.
18 cc) Zu Unrecht verlangt das Berufungsgericht unter dem Gesichtspunkt der
sekundären Darlegungslast von der Beklagten darüber hinaus die Preisgabe von
Namen und ladungsfähiger Anschrift der Zeugin. Die Benennung eines Zeugen
mit den nach § 373 ZPO notwendigen Angaben einschließlich dessen
ladungsfähiger Anschrift ist nicht mehr Teil des den Parteien obliegenden
Tatsachenvortrags, sondern Element der sich daran anschließenden und auf dem
Parteivorbringen beruhenden Beweisführung. Die Grundsätze der sekundären
Darlegungslast finden darum hierauf keine Anwendung. Die Weigerung der nicht
beweispflichtigen Partei, einen nur ihr bekannten Zeugen ohne triftigen
Grund namhaft zu machen, kann daher nur im Rahmen der Beweiswürdigung als
Beweisvereitelung zu deren Lasten berücksichtigt werden (vgl. BGH, Urteil
vom 12. Januar 1960 - VI ZR 220/58 - NJW 1960, 821; MünchKomm/ Prütting,
ZPO, 3. Aufl., § 286 Rn. 81; Thomas/Putzo/Reichhold, ZPO, 28. Aufl., § 286
Rn. 19).
19 c) Ob der Beklagten bis zur letzten mündlichen Verhandlung vor dem
Berufungsgericht in diesem Sinne eine schuldhafte Beweisvereitelung zur Last
fiel, lässt der Senat offen. Eine solche Beweisvereitelung hätte jedenfalls
nicht wie mangelndes (substantiiertes) Bestreiten ohne weiteres dazu
geführt, dass nunmehr nach § 138 Abs. 3 ZPO vom Klägervortrag auszugehen
wäre. Diese Feststellung wäre vielmehr allein auf der Grundlage des § 286
Abs. 1 ZPO unter Würdigung aller Umstände möglich gewesen.
20 aa) Allerdings ist richtig, dass eine Vernehmung der Zeugin "Bea" zu der
Behauptung eines Lockvogelangebots prozessual zulässig gewesen wäre. Der
Senat teilt die Auffassung des Berufungsgerichts, dass es der Beklagten
trotz der ihrer Kundin grundsätzlich geschuldeten Diskretion nicht
unzumutbar war, deren Namen und Anschrift preiszugeben, und dass einer
Beweiserhebung auch nicht diejenigen Gründe entgegenstanden, die den
Gesetzgeber zum Ausschluss der Klagbarkeit eines Anspruchs auf Ehemaklerlohn
veranlasst haben.
21 (1) Durch das Versprechen eines Lohnes für den Nachweis der Gelegenheit
zum Eingehen einer Ehe oder für die Vermittlung des Zustandekommens einer
Ehe wird nach § 656 Abs. 1 BGB eine Verbindlichkeit nicht begründet. Das
aufgrund des Versprechens Geleistete kann freilich nicht deshalb
zurückgefordert werden, weil eine Verbindlichkeit nicht bestanden hat. Dabei
war für die Reichstagskommission, auf deren Vorschlag die Bestimmung
zurückgeht, entscheidend, dass das "Nehmen und Geben eines Lohnes für
Heiratsvermittlung" mit dem "sittlichen Charakter der Ehe" nicht vereinbar
sei (Mugdan, Die gesamten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das
Deutsche Reich, II. Band, 1899, S. 1292 f.) Daneben war die Überlegung
maßgebend, dass die Prozesse wegen Heiratsvermittlung "zu den allergrößten
Ärgernissen Anlass" gäben (Mugdan aaO; vgl. BGHZ 112, 122, 124 f. = NJW
1990, 2550, 2551 m. Anm. Börstinghaus und Peters). Der Bundesgerichtshof hat
den Anwendungsbereich dieser Vorschriften auf ähnliche Vertragsverhältnisse
wie Eheanbahnungsdienstverträge (BGHZ 87, 309, 312 ff.) und
Partnerschaftsver-mittlungs-Dienstverträge (BGHZ 112, 122, 124 ff.;
Senatsurteil vom 4. März 2004 - III ZR 124/03 - NJW-RR 2004, 778, 779)
erstreckt. Dem lag nicht zuletzt die Vorstellung zugrunde, wie bei der
Ehevermittlung und Eheanbahnung bestehe hier ein schützenswertes
Diskretionsbedürfnis des Kunden. Die im Urteil vom 4. Dezember 1985 (IVa ZR
75/84 - NJW 1986, 927, 928) angestellten Erwägungen zu Peinlichkeiten und
Unzumutbarkeiten einer bei Klagbarkeit häufig unumgänglichen Beweisaufnahme
über Art und Umfang der Tätigkeit gälten mindestens ebenso bei der
Vermittlung einer Partnerschaft. Das Grundgesetz schütze die Würde des
Menschen und dessen freie Persönlichkeitsentfaltung ohne Rücksicht darauf,
ob eine Eheschließung angestrebt werde oder nicht (BGHZ 112, 122, 126;
Senatsurteil vom 4. März 2004 aaO; siehe auch BVerfGE 20, 31, 33 = NJW 1966,
1211).
22 (2) Aus diesen Überlegungen lässt sich indessen nicht darüber hinaus ein
umfassendes Beweiserhebungsverbot (hierzu allgemein Zöller/Greger, ZPO, 26.
Aufl. 2007, vor § 284 Rn. 11, § 286 Rn. 15a ff.) über die Leistungen des
Vermittlers in Ehemaklersachen oder gleich gelagerten Rechtsstreitigkeiten
begründen. Auf den gegenüber Zeugen erforderlichen Persönlichkeitsschutz hat
der Gesetzgeber im Regelfall mit den Bestimmungen über das
Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen oder sachlichen Gründen (§§ 383,
384 ZPO) hinreichend Rücksicht genommen. Liegen deren Voraussetzungen nicht
vor, oder beruft sich der Zeuge nicht auf sein Zeugnis- oder
Aussageverweigerungsrecht, so ist die Vernehmung selbst bei einem Eindringen
in die an sich geschützte Privatsphäre des Zeugen im Interesse der
Rechtspflege grundsätzlich unbeschränkt zulässig; notfalls kann zum Schutz
des Zeugen auch die Öffentlichkeit nach § 171b GVG ausgeschlossen werden.
Von diesen Regelungen macht § 656 Abs. 1 BGB nur mittelbar und insoweit eine
Ausnahme, als es allein um die vereinbarte Vergütung aus dem
Ehemaklervertrag, Dienstvertrag oder einem ähnlichen Vertragsverhältnis
geht. Den dabei zu befürchtenden Unzuträglichkeiten und Peinlichkeiten
wollte der Gesetzgeber, ohne in die prozes-sualen Regeln über die
Beweiserhebung einzugreifen, schon - und nur - auf der Ebene des materiellen
Rechts mit einem Ausschluss der Klagbarkeit des Maklerlohnanspruchs
begegnen. Das begrenzt zugleich den für den Rechtsanwender bestehenden
Auslegungsspielraum. Streiten die Parteien um andere Sachoder Rechtsfragen,
wie hier um den Vorwurf der arglistigen Täuschung, ist für eine analoge
Anwendung des § 656 Abs. 1 BGB und die dort normierte Rechtsfolge -
unvollkommene Verbindlichkeit - trotz möglicherweise ähnlicher
Schutzbedürftigkeit einzelner Prozessbeteiligter kein Raum. Damit verbietet
sich zugleich ein darauf gegründetes Beweiserhebungsverbot im Widerspruch zu
dem aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden grundsätzlichen Anspruch der
Parteien auf Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge. Die gegenteilige
Auffassung im Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz vom 17. Oktober 2003
(NJW-RR 2004, 268, 269 f.) ist ohne gesetzliche Grundlage (ablehnend auch
Musielak/Foerste, ZPO, 5. Aufl. 2007, § 286 Rn. 7; Wichert, ZMR 2007, 241,
245).
23 bb) Eine Beweisvereitelung setzt indessen weiter voraus, dass die Partei
ihrem beweispflichtigen Gegner die Beweisführung schuldhaft erschwert oder
unmöglich macht. Das Verschulden muss sich dabei sowohl auf die Zerstörung
oder Entziehung des Beweisobjekts als auch auf die Beseitigung seiner
Beweisfunktion beziehen, also darauf, die Beweislage des Gegners in einem
gegenwärtigen oder künftigen Prozess nachteilig zu beeinflussen (BGH, Urteil
vom 23. November 2005 - VIII ZR 43/05 - NJW 2006, 434, 436 m.w.N.). In
Fällen, in denen es um die verweigerte Entbindung eines Zeugen von seiner
Schweigepflicht ging, hat der Bundesgerichtshof ein vorwerfbares,
missbilligenswertes Verhalten gefordert (Urteil vom 27. Januar 1988 - IVb ZR
82/86 - NJW-RR 1988, 962, 964; Senatsbeschluss vom 26. September 1996 - III
ZR 56/96 -NJW-RR 1996, 1534). Angesichts dessen, dass die Beklagte sich für
ihre Rechtsauffassung auf ein Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz berufen
konnte und die Rechtslage bis dahin ungeklärt war, bestehen bereits gegen
einen Schuldvorwurf Bedenken. Das mag aber auf sich beruhen. Als Folge einer
Beweisvereitelung kämen lediglich Beweiserleichterungen in Betracht, die
zwar bis zu einer Umkehr der Beweislast gehen können (BGH, Urteil vom 23.
November 2005 aaO), für die aber alle Umstände des Falles - im Streitfall
neben dem allenfalls geringen Verschulden der Beklagten auch, dass diese
letztendlich doch die Identität der Zeugin offen gelegt hat - zu
berücksichtigen sind. Eine solche Abwägung ist dem Tatrichter vorbehalten;
das Revisionsgericht kann sie nicht nachholen.
24 2. Zu der nach dieser Sachlage sich nunmehr stellenden Frage, ob der
Kläger den mit der Beklagten geschlossenen Partnervermittlungsvertrag
jedenfalls als Haustürgeschäft widerrufen (§ 312 BGB) oder ihn nach § 626
BGB oder § 627 BGB alsbald kündigen konnte (zur Anwendbarkeit des § 627 BGB
bei abweichenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen siehe Senatsurteil vom 19.
Mai 2005 - III ZR 437/04 - NJW 2005, 2543), hat das Berufungsgericht - aus
seiner Sicht folgerichtig - keine Feststellungen getroffen. Für eine
rechtliche Beurteilung aus diesem Blickwinkel fehlt es damit an einer
Grundlage.
IV.
25 Nach alledem kann das Berufungsurteil nicht bestehen bleiben. Es ist
aufzuheben und der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an
das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
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