Sachmangelbegriff nach § 434 BGB; Begriff der Beschaffenheit; Mieterträge und Betriebskosten als sachmangelbegründende Beschaffenheiten; Verhältnis zwischen Gewährleistungsausschluss in AGB und Beschaffenheitsvereinbarung; keine Minderung bei fehlender Berechnungsgrundlage (Nichtfeststellbarkeit einer Differenz zwischen Soll- und Ist-Wert): Schadensersatz statt der Leistung nach §§ 437 Nr. 3, 311a II BGB, Unterschied zur Minderung (Mangelfolgeschäden) BGH, Urteil vom 5. November 2010 - V ZR 228/09 Fundstelle: Amtl. Leitsatz: Schlägt der Anspruch des Käufers auf Herabsetzung des Kaufpreises wegen eines Mangels der Kaufsache fehl, weil der Betrag der Minderung in Anwendung der in § 441 Abs. 3 Satz 1 BGB bestimmten Berechnungsmethode nicht ermittelt werden kann, kann der Käufer - auch wenn er gegenüber dem Verkäufer die Minderung erklärt hat - den ihm durch den Mangel entstandenen Vermögensschaden als Schadensersatz nach § 437 Nr. 3 i.V.m. § 281 Abs. 1 BGB geltend machen. Zentrale Probleme: Eine sehr gehaltvolle Entscheidung zum Kaufrecht, die man
am besten versteht, wenn man die Details der Wertberechnungen von
Grundstücken außen vor lässt: Tatbestand:
1 Die Klägerin kaufte auf Grund einer
Auktion mit notariellem Vertrag vom 9. Dezember 2004 von der Beklagten fünf
in B. belegene Grundstücke eines ehemaligen Industriegeländes, die u.a. mit
einem Fabrikgebäude und einem Produktions- und Lagergebäude bebaut sind, zu
einem Preis von 2.000.000 €. 2 In den Kaufvertrag wurde der Katalogauszug des
Auktionshauses einbezogen und als Inhalt des Vertrags bestimmt. Dieser
enthielt unter anderem folgende Angaben zum Versteigerungsobjekt: Nutzfläche
des 1938 errichteten, unter Denkmalschutz stehenden ehemaligen
Fabrikgebäudes 45.900 m2, vermietete Teilfläche 7.823 m2.
Jahresbruttokaltmiete ca. 228.449 €, darin enthalten sind
Betriebskostenpauschalen der Mieter für die gemieteten Flächen; vom
Eigentümer für das Gesamtareal (inklusive nicht vermieteter Flächen) im Jahr
2003 zu zahlende Betriebskosten ca. 46.108 €. Nutzfläche des neuen, als
Kunstzentrum genutzten Lagerhauses 2.088 m2, davon 1.620 m2
vermietet; Jahresbruttokaltmiete ca. 80.000 €, darin enthalten sind
Betriebskostenpauschalen der Mieter, vom Eigentümer (inklusive nicht
vermieteter Flächen) im Jahr 2003 zu zahlende Betriebskosten ca. 11.180 €. 3 In den notariellen Kaufvertrag einbezogen wurden
ferner die Versteigerungsbedingungen des Auktionshauses. Diese enthalten
einen Gewährleistungsausschluss wegen aller Ansprüche und Rechte des
Erwerbers wegen Sachmängeln des Grundstücks und des Gebäudes und die
Bestimmung, dass, soweit der Veräußerer dem Auktionshaus oder dem
Auktionator Angaben oder Zusicherungen über das Objekt und die tatsächlichen
und wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht habe, diese zugunsten des
künftigen Erwerbers gelten. 4 In den in dem Katalogauszug ausgewiesenen Beträgen
für die von dem Eigentümer im Jahr 2003 gezahlten Betriebskosten waren die
Heizkosten und die Aufwendungen für den Hausmeister, die Stadtreinigung und
den Schornsteinfeger nicht erfasst. 5 Die Klägerin erklärte die Minderung des
Kaufpreises, weil sich die tatsächlichen Betriebskosten auf 91.432 € statt
angegebener 57.288 € belaufen hätten. Sie hat von der Beklagten die Zahlung
von 399.028 € zzgl. Zinsen als Minderung, hilfsweise als Schadensersatz
verlangt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; das Kammergericht hat
die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen
Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter. Die Beklagte
beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels. Entscheidungsgründe:
I. 6 Das Berufungsgericht geht davon aus, dass die
Klägerin das Objekt auf der Grundlage unzutreffender Angaben der Beklagten
über die im Jahr 2003 von dem Eigentümer gezahlten Betriebskosten erworben
hat. Deswegen hält es einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf
Minderung des Kaufpreises für möglich, weil die in einem Kaufvertrag
enthaltenen und zum Gegenstand der Verhandlungen gemachten Angaben über
tatsächlich erzielte Mieterträge regelmäßig als Zusicherung einer
Eigenschaft zu verstehen seien. 7 Bei Durchführung der Beweisaufnahme habe sich
jedoch ergeben, dass es auf Grund der Besonderheiten des zu beurteilenden
Objekts nicht möglich sei, die von der Klägerin behauptete Wertminderung
anhand der unrichtigen Angaben der Beklagten über die Einnahme- und
Ausgabesituation im Jahr 2003 zu verifizieren. Bei einer auf das gesamte
Objekt bezogenen Gesamtkalkulation eines Investors seien die auf einen
tatsächlichen Vermietungsstand von unter 19 % der vermietbaren Fläche
bezogenen Betriebskosten zu vernachlässigen, zumal bei diesem Objekt der
Ertragsanteil der Gebäude wegen hoher notwendiger Investitionen negativ
ausfalle und der Ertragswert des Grundstücks unter dem Bodenwert des fiktiv
unbebauten Grundstücks liege. 8 Die von der Klägerin beanspruchte Minderung könne
deshalb nicht festgestellt werden. Aus denselben Gründen könne auch nicht
festgestellt werden, dass die Klägerin durch die Zahlung des vereinbarten
Kaufpreises einen Schaden erlitten habe. II. 9 Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht in allen
Punkten stand. 10 1. Das Berufungsurteil ist im Ausgangspunkt
richtig. Der Klägerin steht wegen der in dem Kaufvertrag falsch (nämlich zu
niedrig) angegebenen Betriebskosten gegen die Beklagte ein Anspruch nach §
441 Abs. 4 Satz 1, § 346 Abs. 1 BGB wegen Minderung des Kaufpreises dem
Grunde nach zu. 11 a) Davon gehen im Ansatz sowohl die Revision als
auch die Erwiderung aus, die mit dem Berufungsgericht die in dem
Katalogauszug genannten Mieterträge und die Betriebsausgaben als von der
Beklagten zugesicherte Eigenschaften des Grundstücks ansehen. Eine
der Haftung für zugesicherte Eigenschaften nach § 459 Abs. 2, § 463 Satz 1
BGB aF entsprechende Gewährleistungspflicht des Verkäufers gibt es auch nach
den neuen, auf den im Jahre 2004 geschlossenen Kaufvertrag nach Art. 229 § 5
Abs. 1 Satz 1 EGBGB anzuwendenden Kaufrechtsvorschriften, wenn der Verkäufer
gemäß § 434 Abs. 1 Satz 1, § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB das Vorliegen einer
bestimmten Beschaffenheit der Kaufsache garantiert hat (vgl.
BT-Drucks. 14/6040, S. 132; BGH, Urteile vom 16. März 2005 - VIII ZR 130/04,
juris Rn. 8 und vom 29. November 2006 - VIII ZR
92/06, BGHZ 170, 86, 91 f. Rn. 20 mwN). 12 b) Die aus der Bewirtschaftung eines
bebauten, vermieteten Grundstücks erzielten Mieterträge und die
aufzuwendenden Betriebskosten gehören zu den Eigenschaften, die Gegenstand
einer von den Kaufvertragsparteien vereinbarten Beschaffenheit des
Grundstücks nach § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB sein können und deren Vorhandensein
der Verkäufer garantieren kann. 13 Das entspricht der bisherigen
Rechtsprechung des Senats zu § 459 Abs. 2 BGB aF (Urteile vom 8.
Februar 1980 - V ZR 174/78, NJW 1980, 1456, 1457; vom 7. Dezember 1988 - V
ZR 91/87, NJW 1989, 1795; vom 3. November 1989 - V ZR 154/88, NJW 1990, 902;
vom 24. Oktober 1997 - V ZR 187/96, NJW 1998, 534 und vom 30. März 2001 - V
ZR 461/99, NJW 2001, 2551, 2552), an der auch nach der
Schuldrechtsmodernisierung festzuhalten ist. Da durch die Neuregelung des
Gewährleistungsrechts in der Schuldrechtsmodernisierung die Unterschiede im
früheren Recht zwischen den Fehlern (§ 459 Abs. 1 BGB aF) und
zusicherungsfähigen Eigenschaften (§ 459 Abs. 2 BGB aF) eingeebnet
(BT-Drucks. 14/6040, S. 210)
und die Möglichkeiten für eine privatautonome Vereinbarung dessen,
was der Verkäufer nach § 433, § 434 BGB als Erfüllung des Vertrags schuldet,
erweitert werden sollten (BT-Drucks.
14/6040, S. 212; zu alledem:
Schmidt-Räntsch, AnwBl. 2003, 529, 531), kann jedenfalls jede nach
früherem Recht zusicherungsfähige Eigenschaft einer Sache im Sinne des § 459
Abs. 2 BGB aF nunmehr eine Beschaffenheit im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 1
BGB sein (Bamberger-Roth/Faust, BGB, 2. Aufl., § 434 Rn. 12;
Palandt/Weidenkaff, BGB, 69. Aufl., § 434 Rn. 12; Staudinger/Matuschke-Beckmann,
BGB [2004], § 434 Rn. 42; Gruber, MDR 2002, 433, 435 f.; Roth, NJW 2004,
330, 331; Wunderlich, WM 2002, 981, 983; der abweichenden Ansicht von Huber,
AcP 202 [2002], 179, 226; Grigoleit/Herresthal JZ 2003, 118, 122 und 124;
Erman/Grunewald, BGB 12. Aufl., § 434 Rn. 3, nach der nur die körperlichen
Eigenschaften der Sache und die dieser auf Dauer anhaftenden Umstände
tatsächlicher, rechtlicher und wirtschaftlicher Art als Beschaffenheit
anzusehen sein sollen, ist aus den vorstehenden Gründen nicht zu folgen). 14 b) Die Angaben über die Mieten und die
Betriebskosten in dem Katalogauszug wurden nach den Bestimmungen in dem
Notarvertrag ausdrücklich durch Verlesen der Verkäufererklärungen in der
Anlage und deren Beifügen zur Vertragsurkunde als Inhalt des Kaufvertrags
vereinbart. 15 c) Die Kaufsache war danach mangelhaft.
Ihr fehlte eine vertraglich bestimmte Beschaffenheit, weil nach den
Feststellungen des Berufungsgerichts die Betriebskosten im Vorjahr des
Verkaufs (2003) um 34.144 € über dem Betrag lagen, von dem ein
Kaufinteressent nach den Zahlenangaben der Beklagten in dem Katalogauszug
über die von dem Eigentümer zu tragenden Betriebskosten ausgehen musste. 16 d) Darauf, ob die zum Inhalt des Kaufvertrags
bestimmten Angaben durch die Einbeziehung des Katalogauszugs in den
Kaufvertrag von der Beklagten zugesichert (= garantiert) waren (so die std.
Rechtsprechung des Senats zu den Erklärungen des Verkäufers über erzielte
Mieten: Urteile vom 8. Februar 1980 - V ZR 174/78, NJW 1980, 1456, 1457; vom
19. September 1980 - V ZR 51/78, NJW 1981, 45, 46; vom 3. November 1989 - V
ZR 154/88, NJW 1990, 902, 903; vom 26. Februar 1993 - V ZR 270/91, NJW 1993,
1385 und vom 5. Oktober 2001 - V ZR 275/00, NJW 2002, 208, 209, wobei auch
für die von der Beklagten durchgeführten Verkäufe im Wege freiwilliger
Versteigerungen nichts anderes gilt - Senat, Urteil vom 5. Oktober 2001 - V
ZR 275/00, NJW 2002, 208, 209), kommt es hier nicht an, weil das
Recht des Käufers auf Kaufpreisminderung nach § 441 BGB eine Garantie des
Verkäufers nicht voraussetzt und der vereinbarte Gewährleistungsausschluss
in den Kaufvertrag einbezogenen Versteigerungsbedingungen des Auktionshauses
sich nicht auf die Ansprüche des Käufers wegen falscher Angaben des
Verkäufers über die Mieterträge und die Betriebskosten erstreckt. 17 Dies ergibt eine Auslegung der
Auktionsbedingungen, die der Senat selbst vornehmen kann. Bei diesen
Bestimmungen handelt es sich um eine Regelung in Allgemeinen
Versteigerungsbedingungen, die für eine unbestimmte Vielzahl von
Grundstücksauktionen gelten. Solche Klauseln sind nach ihrem objektiven
Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von
verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen
der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden (Senat, Urteile vom
8. November 2002 - V ZR 78/02, VIZ 2003, 240, 241 und vom 29. Mai 2009 - V
ZR 201/08, NJW-RR 2010, 63, 64). Für einen Haftungsausschluss, der
von der gesetzlichen Regelung abweicht, die die beiderseitigen Interessen
angemessen gewichtet, gilt im Zweifel der Grundsatz der engen Auslegung
(Senat, Urteil vom 24. Januar 2003 - V ZR 248/02, NJW 2003, 1316,
1317). 18 Vor diesem Hintergrund stellt sich die
besondere Regelung in den Auktionsbedingungen über die Erklärungen zu den
Mieten und den Betriebskosten in dem Katalog, die als Angaben und
Zusicherungen zugunsten des künftigen Erwerbers gelten sollen, als eine
Ausnahme von dem zuvor bestimmten allgemeinen Haftungsausschluss dar.
Ein Bieter (und späterer Käufer) wird eine solche Klausel in den
Versteigerungsbedingungen so verstehen, dass er auf diese Angaben des
Verkäufers vertrauen und sein Gebot auf deren Grundlage abgeben darf. 19 2. Soweit das Berufungsurteil einen Anspruch der
Klägerin auf Teilrückzahlung des Kaufpreises (§ 437 Nr. 2 i.V.m. § 441 Abs.
4 BGB) mangels Verifizierbarkeit eines Minderungsbetrags verneint hat, hält
es allerdings den Angriffen der Revision nicht stand. 20 a) Richtig ist auch hier der rechtliche
Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass eine Minderung des Kaufpreises
nach § 441 Abs. 3 Satz 1 BGB eine Differenz zwischen dem Wert der Sache in
mangelfreiem Zustand und ihrem tatsächlichen Wert voraussetzt und daher
entfällt, wenn sich die beiden Werte decken (Jauernig/Chr. Berger,
BGB, 13. Aufl., § 441 Rn. 6; Münch-Komm-BGB/H.P. Westermann, BGB, 5. Aufl.,
§ 441 Rn. 13). 21 b) Ohne Erfolg rügt die Revision, das
Berufungsgericht sei seiner Pflicht nicht nachgekommen, bei der
Beweiswürdigung zu prüfen, ob das Gutachten allgemein anerkannte Grundsätze
für die Ermittlung des Verkehrswerts von Grundstücken beachtet hat (vgl.
Senat, Urteile vom 17. Mai 1991 - V ZR 104/90, NJW 1991, 2698 und vom 12.
Januar 2001 - V ZR 420/99, NJW-RR 2001, 732, 733). Auch nach den Darlegungen
der Revision lässt sich ein Verstoß gegen diese Pflicht des Tatrichters
nicht feststellen. 22 Das Berufungsgericht hat - entgegen der Ansicht
der Revision - nicht verkannt, dass bei der Wertermittlung im
Ertragswertverfahren nach § 17 WertV nur die nachhaltig erzielbaren
Mieteinnahmen zu berücksichtigen sind, worunter die Mieten zu verstehen
sind, die bei einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Grundstücks in
überschaubarer Zeit erzielt werden (Senat, Urteile vom 25. Oktober 1996 - V
ZR 212/95, NJW 1997, 129, 130 und vom 5. Oktober 2001 - V ZR 275/00, NJW
2002, 208, 212). 23 Die zwischen den Parteien streitige Frage, welche
Mieten - hier vor allem bei dem nur teilweise vermieteten,
renovierungsbedürftigen und denkmalgeschützten Fabrikgebäude - nachhaltig
erzielbar und daher der Ermittlung des Ertragswerts des Grundstücks zugrunde
zu legen sind, ist auch in den Wertermittlungsvorschriften nur unvollständig
geregelt (Garbe, Wertermittlungsreform, S. 36). Von daher widerspricht es
auch nicht anerkannten Grundsätzen der Wertermittlung, wenn das
Berufungsgericht - dem Sachverständigen folgend -bei der
Ertragswertermittlung die erst nach erheblichen Investitionen zu
erwirtschaftenden Mieten unter Abzug der für die Renovierung und die
Modernisierung aufzuwendenden Kosten als nachhaltig erzielbare Einnahmen
angesehen hat. 24 c) Mit Erfolg macht die Revision jedoch geltend,
dass das Berufungsgericht sich nicht mit den Einwendungen der Klägerin gegen
die Grundlagen einer solchen Ermittlung des Ertragswerts des Grundstücks
auseinandergesetzt hat, mit der es die Feststellbarkeit einer Differenz
zwischen den Ertragswerten des Grundstücks mit und ohne den Mangel verneint
hat. 25 Die Beweiswürdigung des Tatrichters kann von dem
Revisionsgericht zwar nur darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht
sich dem Gebot des § 286 ZPO entsprechend mit dem Streitstoff und den
Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die
Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen
Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (Senat, Urteil vom 9. Juli 1999 -
V ZR 12/98, NJW 1999, 3481, 3482). Die Beweiswürdigung in dem angefochtenen
Urteil hält jedoch auch diesem beschränkten Prüfungsmaßstab nicht stand,
weil es an einer Auseinandersetzung mit den von der Klägerin vorgetragenen
Beweiseinreden vollständig fehlt. 26 aa) Die Revision rügt zu Recht, dass das
Berufungsgericht sich mit dem Einwand der Klägerin nicht befasst hat, der
auf einer hypothetischen Vermietung von 80 % der vermietbaren Flächen des
Fabrikgebäudes ermittelte Ertragswert beruhe auf einer irrealen Prämisse,
wenn dafür Investitionen von über 10 Millionen Euro erforderlich seien, der
daraus erzielbare, kapitalisierte Mietertrag aber auch danach nur 8,8
Millionen Euro betrage. Das Berufungsgericht hat den unter Hinweis auf diese
Zahlen erhobenen Einwand der Klägerin in seinem Urteil nicht erwähnt, obwohl
es sich aufdrängt, dass Investitionen in einem solchen Umfang im Hinblick
auf den zu erwartenden (geringeren) Ertrag nicht ordnungsgemäßer
Bewirtschaftung entsprechen, so dass die mit einem solchen Kostenaufwand
verbundenen Mieteinkünfte auch keine aus dem Grundstück nachhaltig
erzielbaren Einnahmen im Sinne des § 17 WertV sind. 27 bb) Ebenfalls zu Recht beanstandet die Revision,
dass es für die Berechnung der Minderung nach § 441 Abs. 3 Satz 1
BGB auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des Vertragsschlusses ankommt,
bei der das Fabrikgebäude zu über 80 % leer stand. Dies führt zwar nicht
dazu, dass jede künftige (hypothetische) Verbesserung der
Vermietungssituation bei der Ermittlung der zu vergleichenden Ertragswerte
der verkauften Grundstücke mit und ohne den Mangel außer Betracht bleiben
müsste. Maßgebend sind solche Erwartungen aber nur, wenn sie bereits am
Wertermittlungsstichtag Einfluss auf die zu vergleichenden Ertragswerte des
Grundstücks mit und ohne den Mangel haben. Dazu ist nichts festgestellt.
Dass nach den hier zu berücksichtigenden Umständen (insbesondere dem
Bauzustand der Gebäude und der Nachfrage nach Lagerraum) im Zeitpunkt des
Vertragsschlusses von einer sofortigen Verbesserung der Ertragslage bei der
Bewirtschaftung durch einen anderen als die Beklagte auszugehen war, dürfte
nach dem von dem Berufungsgericht dafür für erforderlich gehaltenen hohen
Investitionsaufwand von über 10 Millionen Euro eher unwahrscheinlich sein. 28 3. Die Unvollständigkeiten in der Beweiswürdigung
des Berufungsgerichts betreffen die Grundlagen bei der Ermittlung des
Ertragswerts der Gebäude. Ihre Beantwortung ist ohne eine dem Tatrichter
vorbehaltene erneute Anhörung desselben Gutachters (§ 411 Abs. 3 ZPO) oder
die Einholung eines neuen Gutachtens (§ 412 Abs. 1 ZPO) nicht möglich. Das
Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung
und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1
Satz 1 ZPO). 29 Bei der Bestimmung der für die Berechnung einer
Minderung zu vergleichenden Werte des Grundstücks mit der vereinbarten und
mit seiner tatsächlichen Beschaffenheit wird weiter zu berücksichtigen sein,
in welchem Umfang die leerstandsbezogenen Ertragsausfälle bei einer den
wirklichen Verhältnissen Rechnung tragenden Ertragswertermittlung zu
berücksichtigen sind (vgl. Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken,
ImmoWertV § 8 Rn. 255 ff. und 319 ff.). III. 30 Für die neue Verhandlung weist der Senat darauf
hin, dass der von der Klägerin hilfsweise geltend gemachte
Schadensersatzanspruch nach § 437 Nr. 3 i.V.m. § 311a Abs. 2 Satz 1 BGB
nicht mit der Begründung verneint worden kann, dass die Klägerin - wenn ein
Minderwert der Sache wegen des Mangels nach § 441 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht
festzustellen ist - auch keinen Schaden erlitten habe. 31 a) Das ist bereits im Ausgangspunkt nicht
richtig, weil der nach § 311a Abs. 2 BGB von dem Verkäufer zu ersetzende
Schaden - im Unterschied zu § 441 BGB - nicht in dem Minderwert der
verkauften Sache besteht, sondern durch die Wertdifferenz im Vermögen des
Käufers zwischen dem hypothetischen Vermögensstand, wenn die Sache bei
Gefahrübergang mangelfrei gewesen wäre, und dem Vermögensstand, wie er sich
infolge des Sachmangels tatsächlich darstellt, bestimmt wird (BGH,
Urteil vom 19. Mai 1993 - VIII ZR 155/92, NJW 1993, 2103, 2104). 32 Der Käufer kann verlangen, so gestellt zu
werden, wie er stünde, wenn der Verkäufer ordnungsgemäß erfüllt hätte und
die Sache mangelfrei gewesen wäre (vgl.
BGH, Urteil vom 28. November 2007 - VIII ZR 16/07, BGHZ 174, 290, 293).
Besteht der Mangel darin, dass die Erträge geringer und die
Betriebskosten einer vermieteten Sache höher als im Kaufvertrag vereinbart
sind, kann der Käufer die ihm dadurch entstehenden Mehrkosten von dem
Verkäufer als Schadensersatz auch dann beanspruchen, wenn die
Voraussetzungen für eine Minderung nach § 441 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht
verifiziert werden können. 33 b) Ein Schadensersatzanspruch nach § 437
Nr. 3, § 311a Abs. 2 Satz 1 BGB wäre auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil
die Klägerin von der Beklagten die Minderung des Kaufpreises verlangt hat. 34 aa) Allerdings ist streitig, ob die
Minderung nach § 441 Abs. 1 Satz 1 BGB, die abweichend von dem früheren
Recht ein Gestaltungsrecht des Käufers ist (BT-Drucks. 14/6040, S. 234,
235), für diesen in dem Sinne bindend ist, dass er - wenn er einmal die
Minderung des Preises erklärt hat - wegen des Mangels von dem Verkäufer
nicht mehr Schadensersatzanspruch statt der Leistung gemäß § 281 BGB
verlangen kann (so Palandt/Weidenkaff, BGB, 69. Aufl., § 441 Rn. 8;
PWW/D. Schmidt, BGB, 5. Aufl., § 441 Rn. 6; Staudinger/Matuschke-Beckmann,
BGB [2004], § 441 Rn. 1; Lögering, MDR 2009, 664, 666; a.A. für die
Zulässigkeit eines Wechsels zum Schadensersatzanspruch: MünchKomm-BGB/H.P.
Westermann, 5. Aufl., § 437 Rn. 51; OLG Stuttgart, ZGS 2008, 479, 480;
Berscheid, ZGS 2009, 17, 18; Derleder, NJW 2003, 998, 1002; Wertenbruch, JZ
2002, 862, 863; für eine gleichzeitige Geltendmachung von Minderung und sog.
kleinem Schadensersatz: Bamberger-Roth/Faust, BGB, 2. Aufl., § 437 Rn. 164;
Erman/Grunewald, BGB, 12. Aufl., § 437 Rn. 48; Althammer/Löhnig, AcP 202
[2002], 520, 540). 35 bb) Diese Rechtsfrage braucht hier nicht generell
entschieden zu werden. Jedenfalls dann, wenn die Minderung fehlschlägt, weil
der Betrag der Minderung in Anwendung der in § 441 Abs. 3 Satz 1 BGB
bestimmten Berechnungsmethode nicht ermittelt werden kann, ist der Käufer,
der infolge des Mangels tatsächlich einen Vermögensschaden erlitten hat,
berechtigt, seinen Schaden im Wege des kleinen Schadensersatzes geltend zu
machen, auch wenn er bereits die Minderung erklärt hat. Andernfalls würde
nämlich der Zweck der Vorschriften über die Gewährleistung des Verkäufers
bei einem Mangel insgesamt verfehlt, weil der Verkäufer den vollen Kaufpreis
behielte, obwohl er seine Verpflichtung zur mangelfreien Leistung nach § 433
Abs. 1 Satz 2 BGB nicht erfüllt hat, der Käufer dagegen keinen Ausgleich
bekäme, obwohl er durch den Mangel eine Vermögenseinbuße erlitten hat. |