Ordre public-Verstoß des Erbverbots der Religionsverschiedenheit sowie der Ungleichbehandlung männlicher und weiblicher Erben: Voraussetzungen und Folgen der Anwendung von Art. 6 EGBGB


OLG Hamm, Beschl. v. 28.2.2005 - 15 W 117/04


Fundstelle:

FamRZ 2005, 1705
ZEV 2005, 436
s. auch
OLG Hamm IPRax 1994, 49


Amtl. Leitsätze:

1. Die Bestimmung des ägyptischen Rechts, die ausnahmslos Personen (damit auch Kinder) von der gesetzlichen Erbfolge ausschließt, wenn sie nicht derselben Religion wie der (hier muslimische) Erblasser angehören, beinhaltet einen erheblichen Eingriff in den Schutzbereich des Art. 3 Abs. 3 GG.
2) Die Anwendung dieser Norm indiziert bei einem gegebenen Inlandsbezug einen Verstoß gegen den deutschen ordre public.
3) Bei der Abwägung gegenläufiger Grundrechtspositionen kann ein konkret feststellbarer Erblasserwille, die Rechtsfolgen seines Heimatrechts eintreten zu lassen, zu einem abweichenden Ergebnis führen. Der Beachtlichkeit des Erblasserwillens steht in diesem Zusammenhang nicht entgegen, dass sein Heimatrecht die Errichtung einer auf den Ausschluß von der gesetzlichen Erbfolge gerichteten letztwilligen Verfügung nicht ermöglicht.


Zentrale Probleme:

In dem äußerst sorgfältig und umfangreich begründeten Beschluß behandelt der Senat grundsätzliche Fragen des ordre public-Vorbehalts im Zusammenhang mit dem islamisch-religiösen Erbrecht. Es geht dabei sowohl um das Erbverbot der Religionsverschiedenheit als auch um die Schlechterstellung weiblicher gegenüber männlichen Erben gleichen Verwandtschaftsgrades (s. dazu bereits OLG Hamm IPRax 1994, 49). Dem Senat ist sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung durchwegs zuzustimmen. Art. 6 S. 1 EGBGB untersagt die Anwendung einer Rechtsnorm eines anderen Staates, wenn diese zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts, insbesondere mit den Grundrechten, offensichtlich unvereinbar ist. Bereits aus dem Wortlaut der Norm ergibt sich damit, daß Prüfungsgegenstand der Vorbehaltsklausel das konkrete Anwendungsergebnis einer Rechtsnorm im jeweiligen Einzelfall, nicht aber die Norm selbst ist. Selbst wenn letztere – gedacht als Norm des deutschen materiellen Rechts – evident verfassungswidrig wäre, steht ihrer Anwendung nichts entgegen, wenn nur das Anwendungsergebnis im konkreten Einzelfall nicht mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist. Aus den Kriterien der Wesentlichkeit und der Offensichtlichkeit  ergibt sich der Charakter von Art. 6 EGBGB als eine eng auszulegende, äußerst zurückhaltend anzuwendende Ausnahmevorschrift. Die besondere Problematik im Zusammenhang mit Regelungen der gesetzlichen Erbfolge besteht darin, daß angesichts der im deutschen materiellen Recht bestehenden Testierfreiheit nahezu jede Erbquote zulässig ist und daher die vom ausländischen Recht vorgesehene gesetzliche Erbquote als solche keinen Verstoß gegen den ordre public darstellen kann. Betrachtet man also im vorliegenden Fall als Ergebnis der Rechtsanwendung lediglich die Tatsache, daß die Kinder des Erblassers von der Erbfolge ausgeschlossen sind oder ungleich behandelt werden, so verstößt dieses als solches nicht gegen inländische Rechtsvorstellungen, weil ein entsprechendes Ergebnis – vorbehaltlich des noch zu erörternden Pflichtteilsrechts – auch im deutschen Recht im Wege gewillkürter Erbfolge erreicht werden könnte. Hatte der Senat in einer früheren Entscheidung noch mit einem ähnlichen Argument einen ordre public-Verstoß verneint (s. OLG Hamm IPRax 1994, 49), so rückt er hiervon nunmehr erfreulicherweise ausdrücklich ab: Rechtsanwendungsergebnis ist nicht allein die Erbquote, sondern der Ausschluß bzw. die Beschränkung des gesetzlichen Erbrechts aufgrund Religionsverschiedenheit bzw. Geschlecht, d.h. die Tatsache, daß Diskriminierung im gesetzlichen Zusammenhang erfolgt. Dieses Ergebnis wäre im deutschen Recht im konkreten Einzelfall nur aufgrund gewillkürter Erbfolge, d.h. aufgrund eines entsprechenden Erblasserwillens erreichbar gewesen, weil (in den Grenzen des § 138 BGB) nur der Erblasser, nicht aber das Gesetz diskriminieren darf. Damit wäre ein ordre public-Verstoß mit dem Argument der Zulässigkeit einer entsprechenden gewillkürten Erbfolge im deutschem Recht nur dann zu verneinen, wenn der Erblasser es im Hinblick auf die seinem Willen entsprechenden gesetzlichen Erbfolgeregeln bewußt unterlassen hat, entsprechend zu testieren. Eröffnet (wie hier) das Erbstatut (ggf. in Verbindung mit einer Rechtswahl) keine bzw. nur begrenzte Testierfreiheit, so muß ausreichen, daß die gesetzliche Erbfolge dem Willen des Erblassers entsprach. Beides setzt aber die positive Feststellung eines entsprechenden Erblasserwillens voraus. Nicht ausreichend hierfür kann aber die bloße generelle Billigung der Anwendbarkeit des Heimatrechts als solchen sein. Der Erblasser muß vielmehr die konkrete Ausgestaltung der gesetzlichen Erbfolge im Einzelfall in seinen Willen aufgenommen und gebilligt haben. Die bloße Hinnahme einer Regelung reicht hierfür ebenfalls nicht aus. Auch insoweit ist dem Senat vollständig zuzustimmen.
Neben dem genannten Kriterium eines ergebnisrelevanten offensichtlichen Verstoßes ausländischen Rechts gegen grundlegende inländische Wertvorstellungen verlangt eine Ergebniskorrektur über Art. 6 EGBGB einen hinreichenden Inlandsbezug des jeweiligen Einzelfalls zum Entscheidungszeitpunkt. Dieses nicht ausdrücklich normierte Erfordernis ergibt sich aus dem Ausnahmecharakter der Vorschrift. Die Anforderungen an die Stärke dieses Bezuges können, wie der Senat zu Recht darlegt, je nach der Stärke des Verstoßes gegen grundlegende Gerechtigkeitsvorstellungen variieren (Relativität des ordre public. Als stärkste und i.d.R. ausreichende Inlandsbeziehungen kommen insbesondere die deutsche Staatsangehörigkeit oder der gewöhnliche Aufenthalt eines Beteiligten im Inland in Betracht. Auch hier rückt der Senat zu Recht von seiner rigiden früheren Betrachtungsweise ab (s.
OLG Hamm IPRax 1994, 49) und bejaht zutreffend den Inlandsbezug.
Bleibt ein weiterer Aspekt: Der Senat ist der Ansicht, daß im Falle der Feststellbarkeit eines entsprechenden Erblasserwillens die Tatsache, daß das deutsche Recht die vollständige Enterbung der Abkömmlinge nur in den Grenzen des Pflichtteilsrechts zulassen würde, nicht ordre public-relevant ist, weil das Bestehen eines familiären Pflichtteils- oder Noterbrechts grundsätzlich nicht Bestandteil des ordre public sei. In der Tat zog die h.M. bisher angesichts der (vermeintlich) weiteren verfassungsrechtlichen Grenzen einen ordre public-Verstoß durch Nichtgewährung eines Pflichtteilsrechts nur dann in Betracht, wenn die betreffende Person minderjährig oder bedürftig war und die fehlende erbrechtliche Versorgung nicht unterhaltsrechtlich ausgeglichen wurde. Nachdem nunmehr aber das BVerfG (nach Erlaß der vorliegenden Entscheidung) dem deutschen Pflichtteilsrecht unter ausdrücklicher Betonung der bedarfsunabhängigen wirtschaftlichen Mindestbeteiligung Verfassungsrang attestiert hat (s.
BVerfG NJW 2005, 1561), dürfte sich diese enge Sichtweise kaum halten lassen. Damit wäre im vorliegenden Fall selbst im Falle der Feststellung eines entsprechenden Erblasserwillens jedenfalls der vollständige Erbrechtsausschluß der Kinder des Erblassers ordre public-widrig. Dann stellt sich die spannende Frage der Folgen des Verstoßes: Da sich die durch das Fehlen von Pflichtteilsansprüchen im Erbstatut ergebende Regelungslücke kaum systemimmanent aus dem anwendbaren Erbrecht selbst füllen lassen dürfte, bleibt wohl nichts anderes, als den Abkömmlingen einen schuldrechtlichen Pflichtteilsanspruch nach deutschem Recht zu gewähren.

©sl 2005


Aus den Gründen:

I.) Die Beteiligten streiten im Erbscheinsverfahren um die Rechtsnachfolge nach dem Erblasser.
Der am 12.05.1933 nahe Kairo geborene Erblasser war bis zu seinem Tod ägyptischer Staatsangehöriger muslimischen Glaubens. Er reiste 1955 in die Bundesrepublik Deutschland ein und nahm ein Studium der Zahnmedizin auf. Nach erfolgreichem Abschluss praktizierte er hier als niedergelassener Zahnarzt. Er behielt seine Praxis in Essen bis über sein 65. Lebensjahr hinaus bei. Aus seiner 1961 mit Frau Dr. X, geborene E, geschlossenen Ehe, die am 06.11.1986 geschieden wurde, sind der 1962 geborene Beteiligte zu 2) und die 1970 geborene Beteiligte zu 1) hervorgegangen. Beide sind nicht muslimischen Glaubens. Die Eltern des Erblassers sind vorverstorben. Von den zum Zeitpunkt seines Todes noch lebenden sieben Geschwistern leben noch drei Schwestern und drei Brüder (die Beteiligten zu 3), 5), 6), 7), 8) und 11). Der vierte Bruder X (der ehemalige Beteiligte zu 4), verstarb am 01.02.2001. Letzterer war mit der Beteiligten zu 9) verheiratet, aus der Ehe sind der Beteiligte zu 10) sowie die Kindern I und O hervorgegangen.
Zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers bestand sein Vermögen in Deutschland im Wesentlichen aus dem Eigentum am Grundstück Grundbuch B., Blatt 667.
Die Beteiligte zu 1) hat die Erteilung eines gemeinschaftlichen, gegenständlich auf den in Deutschland befindlichen Nachlass beschränkten Erbscheins beantragt, der sie und den Beteiligten zu 2) zu je 1/2 als Erben ausweist. Weiter hat sie den Hilfsantrag gestellt, einen gegenständlich beschränkten Erbschein auszustellen, wonach der Erblasser auf Grund gesetzlicher Erbfolge ägyptischen Rechts unter Berücksichtigung des ordre public von dem Beteiligten zu 2) zu 2/3 und von ihr zu 1/3 beerbt worden ist.
Der Beteiligte zu 3) hat zunächst beantragt, ihm einen gemeinschaftlichen Erbschein zu erteilen, der die zum Zeitpunkt des Erbfalls lebenden Brüder des Erblassers zu je 2/11 -Anteil und seine zum Zeitpunkt des Erbfalls lebenden Schwestern zu je 1 /11 -Anteil als Erben ausweist. Hilfsweise hat er die Erteilung eines Erbscheines in Anwendung ägyptischen Rechts unter Berücksichtigung des ordre public beantragt, der die zum Zeitpunkt des Erbfalls lebenden Geschwister des Erblassers als Miterben zu je 1/7-Anteil ausweist. Äußerst hilfsweise hat er die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der die zum Zeitpunkt lebenden Geschwister des Erblassers sowie die Beteiligten zu 1) und 2) als Miterben zu je 1/9-Anteil ausweist.
Die Beteiligte zu 1) hat zur Darlegung der Erbfolge nach ägyptischem Recht drei Stellungnahmen des deutschen Notarinstituts zu den Akten gereicht. Die Beteiligte zu 3) und 5) bis 11) haben eine Ablichtung des „Decree of Distribution“ vom 14.08.2000 des Ei Gomrek Summary Court for Personal Status in der Nachlasssache F vorgelegt, wonach der Erblasser durch seine zum Zeitpunkt des Erbfalls lebenden Brüder zu je 2/11 -Anteil und seine Schwestern zu je 1 /11 -Anteil beerbt worden ist.
Das AG hat mit Beschluss vom 21.02.2003 die Erbscheinsanträge des Beteiligten zu 3) mit der Begründung zurückgewiesen, es fehle an der internationalen Zuständigkeit des deutschen Nachlassgerichtes für die Erteilung eines nicht auf den in der Bundesrepublik Deutschland befindlichen Nachlass beschränkten Erbscheins. Im selben Beschluss hat es angekündigt, in Anwendung ägyptischen Rechts unter Berücksichtigung des ordre public (Artikel 6 EGBGB) einen gegenständlich auf den in der Bundesrepublik Deutschland befindlichen Nachlass beschränkten Erbschein zu erteilen, der die Beteiligten zu 1) und 2) als Erben zu je 1/2 ausweist. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass nach ägyptischem Recht gesetzliche Erben die zum Zeitpunkt des Erbfalls lebenden Brüder des Erblassers zu je 2/11 und die Schwestern zu je 1 /11 seien. Die Beteiligten zu 1) und 2) seien nach § 11 Nr. 6 des Gesetzes Nr. 77, wonach eine Erbfolge zwischen einem Moslem und einem Nicht-Moslem nicht stattfindet, von der Erbfolge ausgeschlossen. Ohne diesen Ausschluss wären der Beteiligte zu 2) als Sohn des Erblassers Erbe zu 2/3, die Beteiligte zu 1) als Tochter des Erblassers Erbin zu 1/3. Sowohl § 11 Nr. 6 des Gesetzes Nr. 77 als auch § 11 Nr. 19, letzter Satz des Gesetzes Nr. 77, der regelt, dass in den Fällen des § 11 Nr. 19 der männliche Erbe den doppelten Anteil des weiblichen Erben erhält, seien wegen Verstoßes gegen den deutschen ordre public unanwendbar.
Gegen den vorgenannten Beschluss haben die Beteiligten zu 3) und 5) bis 11) mit Schriftsatz vom 05.03.2003 Beschwerde einlegen lassen und in der Beschwerdebegründung beantragt, den Vorbescheid des AG aufzuheben und
den Beteiligten zu 3) bis 11) einen Erbschein zu erteilen, der die Beteiligten zu 3), 4), 8) und 11) zu Erben nach dem zwischen dem 21. und 26. 6. 2000 in Essen verstorben F zu je 2/11 sowie die Beteiligten zu 5) bis 7) zu je 1/11 ausweist, hilfsweise, einen Erbschein zu erteilen, der die Beteiligten zu 3) bis 8) und 11) als Erben zu je 1/7 ausweist,
äußerst hilfsweise, den nach Antrag 1. bzw. 2. zu erteilenden Erbschein auf den in der Bundesrepublik Deutschland befindlichen Nachlass zu beschränken.
Sie haben die Auffassung vertreten, dass der Fall keine starke Inlandsbeziehung aufweise. Aus einer von ihnen vorgelegten Bescheinigung der ägyptischen Behörde für Reiseurkunden, Migration und Staatsangehörigkeit über die Ein- und Ausreise des Erblassers nach Ägypten in den letzten 10 Jahren gehe hervor, dass dieser mit Ausnahme des Zeitraums 18.10.1996 bis 29.08.1997 zu keinem Zeitpunkt länger als sechs Monate in der Bundesrepublik Deutschland anwesend gewesen sei. Er habe in Ägypten eine Wohnung und einen Pkw besessen und beabsichtigt, sich ganz aus Deutschland zurückzuziehen. Seine Krebserkrankung habe diese Pläne letztlich durchkreuzt.
Darüber hinaus liege auch deshalb kein Verstoß gegen den deutschen ordre public vor, weil das Ergebnis der Anwendung ausländischen Rechts auch durch eine letztwillige Verfügung des Erblassers hätte erreicht werden können. Hier habe das Ergebnis dem Willen des Erblassers entsprochen. Dieser habe zur Sicherstellung sogar zwei Testamente errichtet, das erste zu Gunsten seiner Mutter, das zweite nach deren Tod zu Gunsten seiner Geschwister. Beide Testamente seien abhanden gekommen.
Die Beteiligte zu 1) und 2) haben die gegenteilige Auffassung vertreten und bestritten, dass es dem Willen des Erblassers entsprochen habe, seine Kinder von der Erbfolge auszuschließen.
Das AG hat der Beschwerde durch begründeten Beschluss nicht abgeholfen und sie dem LG zur Entscheidung vorgelegt.
Das LG hat den angefochtenen Beschluss aufgehoben und das AG angewiesen, dem Beteiligten zu 3) einen Erbschein nach Maßgabe seines Hilfsantrages zu 3), hinsichtlich der Erbquoten nach Maßgabe des Hauptantrages zu 1), zu erteilen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1), die sie durch Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten hat erheben lassen.

II.) Die weitere Beschwerde ist nach den §§ 27, 29 FGG statthaft sowie formgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 1) folgt daraus, dass das LG die amtsgerichtliche Entscheidung zu ihrem Nachteil abgeändert hat ... (wird ausgeführt).
Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit haben die Vorinstanzen zutreffend allein insoweit bejaht, als von der Beteiligten zu 1) bzw. dem Beteiligten zu 3) mit dem Hilfsantrag zu 3) ein auf in Deutschland befindliches Vermögen beschränkter Fremdrechtserbschein (§ 2369 I BGB) begehrt wird. Im Grundsatz gilt nämlich, dass die internationale Zuständigkeit deutscher Nachlassgerichte nur gegeben ist, soweit deutsches materielles Erbrecht anwendbar ist (sog. Gleichlaufgrundsatz; vgl. etwa OLG Köln OLGR 1992, 201, 202 = DNotZ 1993, 171f; OLG Zweibrücken OLGR 1998, 13, 14 = FGPrax 1997, 192; ZEV 2001, 488f; KG KGR 2000, 363; BayObLGR 2003, 262 = RPfleger 2003, 435; Senat IPrax 1994, 49, 51 = FamRZ 1993, 111ff). Die Vorinstanzen haben hier rechtsfehlerfrei festgestellt, dass deutsches Erbrecht nicht anzuwenden ist.
Aus Art. 25 I EGBGB ergibt sich der allgemeine Grundsatz, dass jedermann nach dem Gesetz des Staates beerbt wird, dem er zur Zeit seines Todes angehört. Die Entscheidung über die Erbfolge eines Ausländers setzt daher die Feststellung seiner Staatsangehörigkeit zur Zeit seines Todes voraus. Da der Erblasser zur Zeit seines Todes die ägyptische Staatsangehörigkeit besessen hat, ist für die Erbfolge das ägyptische Recht maßgebend. Dass das ägyptische Recht in seinen Kollisionsnormen (hier Art. 17 des ZGB vom 16.07.1948) diese Verweisung uneingeschränkt annimmt, hat bereits das AG zutreffend ausgeführt.
Im Ergebnis unschädlich ist, dass die Vorinstanzen die Möglichkeit einer Rechtswahl gem. Art. 25 II EGBGB nicht näher geprüft haben ...(wird ausgeführt)
Die internationale Zuständigkeit der deutschen Nachlassgerichte ergibt sich danach allein aus § 2369 BGB, gegenständlich beschränkt auf das in der Bundesrepublik Deutschland befindliche Vermögen. Völkerrechtliche Übereinkommen, die hier auf die Beurteilung dieser Frage Einfluss haben könnten, bestehen im Verhältnis zur Arabischen Republik Ägypten nicht.
Mangels internationaler Zuständigkeit der deutschen Gerichte waren die Anträge des Beteiligten zu 3) ad 1) und 2) daher bereits als unzulässig zurückzuweisen. Die gegenständliche Beschränkung i.S. des § 2369 BGB muss nicht allein in den Erbschein, sondern grundsätzlich auch in den Antrag aufgenommen werden (BayObLG NJW-RR 1998, 798ff). Angesichts des Umstandes, dass die gegenständliche Beschränkung in Form des Hilfsantrages zu 3) in das Verfahren eingeführt worden ist, sind die Anträge zu 1) und 2) auch keiner Auslegung i.S. einer gegenständlichen Beschränkung zugänglich.
Verfahrensrechtlich unbedenklich ist auch, dass das LG in der Sache über den Hilfsantrag zu 3) entschieden und diesen nicht als unbeachtlich behandelt hat ... (wird ausgeführt)

In der Sache hält die landgerichtliche Entscheidung rechtlicher Prüfung hingegen nicht stand, soweit die Kammer in Abänderung der amtsgerichtlichen Entscheidung den zugunsten der Beteiligten zu 1) und 2) ergangenen Vorbescheid aufgehoben und das AG zu einer (positiven) Neubescheidung des Hilfsantrags des Beteiligten zu 3) angewiesen hat.
Das LG hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beteiligten zu 1) und 2) als Nichtmuslime gem. § 11 Nr.6 des Gesetzes Nr.77 (bei Ferid/Firsching, Int. Erbrecht, Ägypten, Texte, zitiert als Art. 6 dieses Gesetzes) von der Erbfolge nach ihrem Vater ausgeschlossen seien. Trotz des durchaus starken Inlandsbezugs des vorliegenden Sachverhalts verstoße dieser Erbrechtsausschluss nicht gegen den deutschen ordre public (Art. 6 EGBGB). Insoweit sei, unabhängig von den Umständen, die zwischen den Beteiligten streitig geblieben seien, zu berücksichtigen, dass der Erblasser durchaus noch intensive Bezüge zu Ägypten gehabt habe. Zudem sehe das ägyptische Recht, das insoweit dem sunnitischen Recht, genauer der hanafitischen Rechtsschule, folge, einen allseitigen interreligiösen Erbrechtsausschluss vor, diskriminiere also nicht eine bestimmte Religion. Aufgrund des danach uneingeschränkt anwendbaren ägyptischen Rechts seien infolge des Wegfalls der Abkömmlinge die Beteiligten zu 3) bis 9) und 11) zu Erben berufen, wobei die männlichen Miterben gem. § 11 Nr.19 letzter Satz Gesetz Nr.77 den doppelten Erbteil der weiblichen Miterben erhielten. Auch diese Regelung verstoße vorliegend nicht gegen den deutschen ordre public, da es allein um die Verteilung des Nachlasses unter ausländischen Miterben gehe.

Dem vermag sich der Senat nicht uneingeschränkt anzuschließen.

Unbedenklich ist allerdings, dass das LG allein auf die gesetzliche Erbfolge ägyptischen Rechts abgestellt hat. Auch in diesem Zusammenhang kann die Frage, ob der Erblasser ein schriftliches „Testament“ errichtet hat, dahinstehen. Dass ägyptische Recht kennt nämlich auf Grund des religiösen Geltungsgrundes des Erbrechts keine gewillkürte Erbfolge, sondern lediglich die testamentarische Zuwendung von Vermächtnissen (Ferid/Firsching/Scholz, aaO Rdnr. 79ff).
Im Ansatz zutreffend hat das LG bei der Entscheidung der Frage, ob die Anwendung des ägyptischen Erbrechts im vorliegenden Fall gegen den deutschen „ordre public“ verstößt, nicht auf einen abstrakten Verstoß gegen Verfassungsgebote, sondern darauf abgestellt, ob im konkreten Fall das Ergebnis der Anwendung ägyptischen Rechts in untragbarem Widerspruch zu grundlegenden deutschen Gerechtigkeitsvorstellungen unter Einschluss der Grundrechte stehen würde (BGHZ 50, 370; BGHZ 54, 123; Urteil vom 06.10.2004 -XII ZR 225/01-, zitiert nach juris Ziff. 41; Senat aaO S. 52). Es kommt danach allein darauf an, ob die Anwendung ausländischen Rechts auf den konkreten Sachverhalt gegen tragende Prinzipien der deutschen Rechtsordnung, insbesondere auch gegen die deutsche Verfassung, verstößt, und zwar auch dann, wenn man die Gleichstellung des ausländischen Staates und die Eigenständigkeit seiner Rechtsordnung berücksichtigt (vgl. BVerfGE 31, 58, 75; BGHZ 60, 78; FamRZ 1993, 316, 317; MüKo/Sonnenberger, 3.Aufl., Art. 6 EGBGB Rdnr. 44, 47; Bamberger/Roth/Lorenz, BGB, Stand 2003, Art. 6 EGBGB Rdnr. 9).
Ausgangspunkt der Prüfung, ob die Anwendung ausländischen Rechts im Einzelfall nach Art. 6 EGBGB ausgeschlossen ist, haben danach die Rechtsfolgen im konkreten Fall zu sein. Insoweit sind die Vorinstanzen in Übereinstimmung mit allen Beteiligten und den von der Beteiligten zu 1) vorgelegten Privatgutachten des Deutschen Notarinstituts davon ausgegangen, dass ohne den Erbrechtsausschluss die Beteiligten zu 1) und 2) unter Ausschluss der weiteren Beteiligten als Miterben nach ihrem Vater berufen wären, wobei der Beteiligte zu 2) den doppelten Erbanteil der Beteiligten zu 1) erhielte.
Einer weiteren Überprüfung der Rechtslage nach ägyptischem Recht gem. § 12 FGG durch das Rechtsgutachten eines gerichtlich bestellten Sachverständigen bedurfte und bedarf es nicht. Die Beteiligte zu 1) hat mit den genannten Gutachten eine aussagekräftige Darstellung der ägyptischen Rechtslage vorgelegt. Zudem haben die Beteiligten zu 3) und 5) bis 11), die dem ägyptischen Rechtskreis entstammen, den Inhalt der vorliegenden Privatgutachten ausdrücklich bestätigt (zur Bedeutung dieses Aspekts vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 24.Aufl., § 293 Rdnr. 17). Weiter haben sie zur Bestätigung ihres Rechtsstandpunktes das Erbrechtszeugnis des El Gomrek Summary Court of Personal Status vorgelegt, das die erbrechtliche Situation nach ägyptischem Recht entsprechend dem übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten darstellt. Dabei ist allerdings zu bemerken, dass dieses gerichtliche Zeugnis unabhängig von seiner Anerkennungsfähigkeit (§ 16a FGG) keine rechtliche Bindungswirkung entfaltet, selbst wenn man es als einem Erbschein vergleichbare Entscheidung ansehen würde. Soweit die internationale Zuständigkeit der deutschen Nachlassgerichte reicht, haben diese die Erbfolge vielmehr ohne Bindung an ausländische Erbscheine festzustellen (BayObLG NJW-RR 1991, 1098, 1099). Schließlich bestätigt jedoch auch die Überprüfung der Gutachten anhand einschlägiger deutscher Fachliteratur deren Inhalt (vgl. insbesondere Ferid/Firsching/ Scholz, Int.Erbrecht. „Ägypten“, Stand 2004, insbes. Rdnr. 42ff; Lorenz IPrax 1993, 14).
Wie von den Beteiligten und den Vorinstanzen richtig erkannt, stellt sich damit zunächst die Frage, ob der Erbrechtsausschluss der Beteiligten zu 1) und 2) gem. § 11 Nr.6 des Gesetzes Nr.77 v. 1943 von dem deutschen Nachlassgericht gem. Art. 6 EGBGB nicht beachtet werden darf, weil seine Anwendung im vorliegenden Fall gegen wesentliche Grundsätze des deutschen Rechts verstoßen würde. In Betracht zu ziehen ist dabei primär ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot nach Art. 3 III S. 1 GG (vgl. Sonnenberger aaO Rdnr. 54 a.E; Ferid/Firsching/Scholz, aaO Rdnr. 17; Staudinger/Dörner, BGB, Stand 2000, Art. 25 EGBGB Rdnr. 692, ders. IPrax 1994, 33, 36; Lorenz IPrax 1993, 148, 149).
Insoweit ist zunächst festzustellen, dass der Erbrechtsausschluss der Beteiligten zu 1) und 2) mit Art. 3 III S. 1 GG kollidiert. Art. 3 III S. 1 GG enthält nach allgemeiner Auffassung ein sog. absolutes Differenzierungsverbot. Dies bedeutet bezogen auf den deutschen Gesetzgeber, dass der ihm im Rahmen des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes (Art. 3 I GG) eingeräumte Beurteilungsspielraum, welche Umstände unter sachlichen Gesichtspunkten als Anknüpfungspunkt für eine unterschiedliche rechtliche Behandlung herangezogen werden können, dahingehend eingeschränkt ist, dass die in Art. 3 III S. 1 GG genannten Eigenschaften einer Person oder Gruppe als derartige sachliche Kriterien ausgeschlossen sind (vgl. BVerfGE 10, 59, 73; BVerfGE23, 98, 107; NJW 1983, 1968, 1970; NJW1992, 964, 965;). Vorliegend knüpft der Erbrechtsausschluss gem. § 11 Nr.6 des Gesetzes Nr.77 ausschließlich und unmittelbar an das (negative) religiöse Bekenntnis an. Eine inhaltsgleiche deutsche Rechtsnorm würde danach offensichtlich gegen Art. 3 III S. 1 GG verstoßen.
Allerdings ist die Feststellung eines Konflikts zwischen dem Anwendungsergebnis einer ausländischen Norm und einem Grundrechtsgebot noch nicht gleichbedeutend mit einem Verstoß gegen den deutschen ordre public. Es bedarf vielmehr der weiteren Prüfung, ob das betreffende Grundrecht nach seinem Inhalt und Zweck uneingeschränkte Geltung auch für den konkreten Sachverhalt mit seinen ausländischen Bezügen beansprucht (BVerfGE 31, 58, 76f; BGH FamRZ 1993, 316, 317). In diesem Zusammenhang kann es darauf ankommen (vgl. etwa Staudinger/Blumenwitz, BGB, Neubearb.2003, Art. 6 EGBGB Rdnr. 137), ob das betroffene Grundrecht ein allgemeines Menschenrecht oder ein sog. staatsbürgerliches Grundrecht darstellt, ggf. ob die ausländische Norm mit dem menschenrechtsbezogenen Kernbereich des Grundrechts oder eher mit einem aus diesem abgeleiteten Gestaltungsauftrag kollidiert (zu unterschiedlichen Funktionen des Art. 3 GG vgl. BVerfG NJW 1992, 964, 965) und insbesondere welchen Inlandsbezug der zu regelnde Sachverhalt aufweist (BVerfGE 31, 58, 77; BGH aaO), sowie in diesem Rahmen, ob das ausländische Recht durch andere Bestimmungen die aus deutscher Sicht grundrechtswidrige Benachteiligung in einer Weise ausgleicht, dass dem Sinn des Grundrechtsschutzes hinreichend Rechnung getragen wird (vgl.hierzu Staudinger/Dörner, BGB, Neubarb. 2000, Art. 25 EGBGB Rdnr. 676, 683).
Die beiden erstgenannten Aspekte können hier vernachlässigt werden. Das Diskriminierungsverbot stellt schon nach seinem Wortlaut („niemand“) ein allgemeines Menschenrecht dar (vgl. auch Art. 14 EMRK sowie Art. 2 I der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom 10.12.1948, mögen diese auch nur eine auf die jeweilige Konvention beschränkte Geltung beanspruchen). Wie die Individualbezogenheit zeigt, handelt es sich in dem hier betroffenen Regelungszusammenhang auch nicht um einen irgendwie gearteten Gestaltungsauftrag, sondern um ein subjektives Recht des jeweils Betroffenen (v.Münch/Gubelt, GG, 5.Aufl., Art. 3 Rdnr. 94a, 82; Dreier/Heun, GG, 2.Aufl., Art. 3 Rdnr. 116).
Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der an das (negative) religiöse Bekenntnis anknüpfende Erbrechtsausschluss der Beteiligten zu 1) und 2) hier durch anderweitige Regelungen des ägyptischen Rechts effektiv kompensiert wird. Dies schon deshalb nicht, weil die genannten Beteiligten zu diesem Rechtskreis ersichtlich in keinerlei tatsächlicher Beziehung stehen. Angesichts der Einzelfallbezogenheit des ordre public kann jedoch nur eine Kompensation, die auch tatsächlich zum Tragen kommen kann, Berücksichtigung finden (Dörner IPrax 1994, 33, 36; C3/ Yassari, Iranian Familiy and succession Laws and their Application in German Courts, S. 46f).
Entgegen der Auffassung der weiteren Beteiligten, die sich das LG zu eigen gemacht hat, kann es auch nicht darauf ankommen, dass der durch die hanafitische Rechtsschule geprägte Erbrechtsausschluss nach § 11 Abs. 6 des Gesetzes Nr.77 -jedenfalls bezogen auf Muslime- allseitig ist, also -anders als wohl das iranische Recht- keine einseitige Benachteiligung von Nicht-Muslimen beinhaltet. Wie bereits dargelegt, geht es bei der Anwendung des Art. 6 EGBGB nicht darum, eine ausländische Norm anhand inländischer Rechtsgrundsätze zu bewerten. Festzustellen ist vielmehr allein, ob die Anwendung dieser Norm im Einzelfall mit inländischen Rechtsgrundsätzen unvereinbar ist. Maßgebend ist danach allein, dass die Beteiligten zu 1) und 2), obwohl sie auch nach dem ägyptischen Recht im Übrigen als ausschließliche Miterben nach ihrem Vater berufen wären, allein auf Grund ihres nicht-muslimischen Bekenntnisses gänzlich von der Erbfolge ausgeschlossen würden. Die hierin liegende Kollision mit Art. 3 III S. 1 GG verliert nichts von ihrem Gewicht, weil umgekehrt auch ihr Vater die Beteiligten zu 1) und 2) nach ägyptischem Recht nicht hätte beerben können. Vielmehr würde der Erbrechtsausschluss auch in diesem hypothetischen Fall mit Art. 3 III S. 1 GG kollidieren.
Wesentliche Bedeutung kommt danach der Gewichtung des so genannten Inlandsbezuges zu. Trotz der ähnlichen Begriffsbildung ist dabei zu beachten, dass es hier nicht um die Prüfung gehen kann, ob ein Grundrechtsverstoß erheblich oder offensichtlich i.S. des Art. 6 S. 1 EGBGB ist. Ein Grundrechtsverstoß ist immer erheblich in diesem Sinne, wie auch die eigene Regelung in Art. 6 S. 2 EGBGB zeigt (BVerfG aaO S. 73ff; MüKo-Sonnenberger, aaO Art. 6 EGBGB Rdnr. 53; Yassari, aaO, S. 46). Es kann vielmehr allein um die wertende Prüfung gehen, ob die tatsächlichen Aspekte des zu entscheidenden Sachverhalts in ihren Bezügen zum Ausland derart erheblich sind, dass das jeweils betroffene Grundrecht im Einzelfall seinem Inhalt nach keine Geltung beansprucht (BVerfG aaO). Danach kann es nicht um ein bloßes „Aufaddieren“ von tatsächlichen Aspekten gehen, die entweder Bezug zur Bundesrepublik Deutschland oder dem Heimatland des Erblassers haben. Erforderlich ist vielmehr eine Wertung dieser Tatsachen auf der Grundlage des jeweils betroffenen Grundrechts.
Hiervon ausgehend vermag der Senat der Auffassung des LG, dass bereits die unstreitigen objektiven Bezüge des Sachverhalts zum Ausland die Anwendung des Art. 6 EGBGB ausschließen, nicht zu folgen.
Art. 3 III S. 1 GG beinhaltet, wie bereits dargelegt, ein sog. absolutes Differenzierungsverbot. Art. 3 III S. 1 GG ist auch mehr als Ausdruck der religiösen Neutralität des deutschen Staates. Das Grundrecht schützt vielmehr die Möglichkeit des Einzelnen, eine transzendentale Überzeugung zu finden oder auch nicht zu finden und dies zu bekennen, indem es jeglicher staatlicher Gewalt untersagt, diesen Umstand zum tragenden Anknüpfungspunkt einer Begünstigung oder Benachteiligung zu machen. Das Schutzgut des Grundrechts ist damit ein wesentlicher Bestandteil des (geistigen) menschlichen Seins und weist von daher starke Bezüge zum Schutz der Menschenwürde nach Art. 1 GG auf (Heun, aaO). Dabei ist gerade das Verbot einer Diskriminierung auf Grund des religiösen Bekenntnisses in seinem Schutzbereich weitgehend unabhängig von den sozialen, rechtlichen und politischen Gegebenheiten des einen oder des anderen Landes. Ein ausländischer Rechtssatz, der das religiöse Bekenntnis zum tragenden Anknüpfungspunkt einer Rechtsgewährung oder Rechtsverweigerung macht, kann von deutschen Gerichten danach allenfalls ganz ausnahmsweise angewandt werden. Denkbar sind insoweit Fälle, in denen außer dem Anknüpfungspunkt der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit keinerlei objektiver Inlandsbezug vorliegt (vgl. hierzu MüKo-Sonnenberger, aaO, Rdnr. 55), insbesondere alle Beteiligten dem fremden Rechtskreis angehören. Zu denken ist auch an die Konstellationen, dass die Anwendung des fraglichen Rechtssatzes die Zustimmung aller Betroffenen findet (Riering ZEV 1998, 455, 457), oder das Ergebnis seiner Anwendung im konkreten Fall auch ohne die tatbestandliche Anknüpfung an das religiöse Bekenntnis eintreten würde (zur Erforderlichkeit einer Ergebnisprüfung vgl. BGH NJW-RR 1993, 962, 963).
Die objektiven Gegebenheiten des vorliegenden Sachverhalts sind nicht geeignet, eine solche Ausnahme zu begründen. Nach den tatsächlichen Feststellungen des LG hat ab seinem 23. Lebensjahr die gesamte persönliche, familiäre und berufliche Entwicklung des Erblassers in Deutschland stattgefunden. Als natürliche Konsequenz dieser Lebensgestaltung haben auch die Beteiligten zu 1) und 2) als die Hauptbetroffenen des Erbrechtsausschlusses ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland. Bereits der Umstand, dass die primär von der fraglichen Norm Betroffenen infolge der Lebensgestaltung des Erblassers ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland haben, schließt es nach Auffassung des Senats aus, das Verbot religiöser Diskriminierung nur deshalb nicht zur Anwendung zu bringen, weil der Erblasser seine Staatsangehörigkeit und sein religiöses Bekenntnis nicht aufgegeben hat, und sich seine persönliche und berufliche Beziehung zu Deutschland in seinen letzten Lebensjahren gelockert haben mag.
Obwohl der Senat danach auf der Grundlage der Feststellungen des LG zur Nichtanwendung des Erbrechtsausschlusses gem. Art. 6 S. 2 EGBGB kommen würde, ist die Sache nicht zur Entscheidung reif. Das LG hat auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung konsequent dem Vortrag der Beteiligten zu 3) und 5) bis 11) zu Willensäußerungen des Erblassers keine weitere Bedeutung beigemessen. Gerade diese können hier jedoch entscheidungserheblich sein.
Ein Verstoß gegen den deutschen ordre public im Rahmen des Erbrechts kann ausscheiden, wenn die auf Grund des berufenen ausländischen Rechts eintretenden Rechtsfolgen dem Willen des Erblassers entsprachen (vgl. Staudinger/Dörner, aaO Rdnr. 681; MüKo-Birk, BGB, 3.Aufl., Art. 25 EGBGB Rdnr. 114; Bamberger/Roth/ Lorenz, aaO Art. 25 EGBGB Rdnr. 58).
Nach Auffassung des Senats sind in diesem Zusammenhang folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen:
Während in Fällen des Art. 6 S. 1 EGBGB das Tatbestandsmerkmal der Offensichtlichkeit die Möglichkeit bietet, die Willensbildung des Erblassers als einen von mehreren Wertungsgesichtspunkten zu berücksichtigen, ist dieser Ansatz in Fällen einer Grundrechtsrelevanz der fraglichen ausländischen Norm versperrt (vgl. oben). Angesichts des Umstandes, dass das Grundgesetz und hier im Besonderen die Grundrechte als Spitze der deutschen Normenhierachie jede Ausübung deutscher Staatsgewalt binden, kann eine Beschränkung der Grundrechtsanwendung nur aus dem Grundgesetz selbst hergeleitet werden (BVerfGE 31, 58, 72ff). Tatsächliche Gesichtspunkte des Einzelfalles, die zu einer Anwendungsbeschränkung führen sollen, müssen danach ihrerseits verfassungsrechtlichen Schutz genießen. Soweit es um den Willen des Erblassers geht, ergibt sich dessen verfassungsrechtliche Wertigkeit aus Art. 14 I GG.
Hieraus folgt zunächst, dass es nicht allein darauf ankommen kann, ob der Erblasser bloß theoretisch die Möglichkeit gehabt hätte, in einer Weise zu testieren, die die unter verfassungsrechtlichen Aspekten fraglichen Rechtsfolgen der ausländischen Norm herbeigeführt hätte (vgl. Dörner, aaO; Lorenz, aaO). Dieser Ansatz würde nicht berücksichtigen, dass es um die Beurteilung (ausländischer) gesetzlicher Rechtsfolgen geht. Kollidieren diese bei bloßer Subsumtion des Sachverhalts unter den Wortlaut einer Grundrechtsnorm mit deren Schutzbereich, und kann der Grund für die Restriktion der Grundrechtsgeltung nur in der Verfassung selbst gefunden werden, so kann es auch nur darauf ankommen, ob Art. 14 I S. 1 GG im Einzelfall tatsächlich zum Tragen kommt. Da die Vorschrift als wesentliches Element die Testierfreiheit des Erblassers (BVerfG NJW 2004, 2008, 2010), also die Befugnis seinen Nachlass durch eigene Willensentschließung zu regeln, schützt, ist sie hier nur berührt, wenn es tatsächlich zu einer Willensentschließung des Erblassers gekommen ist, die inhaltlich den Rechtsfolgen des ausländischen Rechts entspricht. Dabei kann es nach Auffassung des Senats keinen wesentlichen Unterschied machen, ob der Erblasser im Vertrauen auf den Eintritt der Rechtsfolgen des ausländischen Rechts bewußt davon abgesehen hat, anderweitig zu testieren, oder er - wenn auch möglicherweise unwirksam - versucht hat, durch eine letztwillige Verfügung die Rechtsfolgen des ausländischen Rechts willkürlich herbeizuführen. Wesentlich ist vielmehr allein, dass sich feststellen läßt, dass der Eintritt dieser Rechtsfolgen seiner positiven Willensentschließung entsprach. Soweit die Entscheidung des Senats vom 29.04.1992 (FamRZ 1993, 111 = IPrax 1994, 49) anders verstanden werden könnte, wird hieran nicht festgehalten.
Der Berücksichtigung einer solchen Willensentschließung des Erblassers steht nicht entgegen, dass die inhaltsgleichen Rechtsfolgen im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge aus der Sicht des deutschen Rechts den dargestellten verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet.
Die völlige Enterbung von Abkömmlingen ist unter dem Gesichtspunkt des deutschen ordre public nicht schlechthin ausgeschlossen. Nach wohl überwiegender Auffassung zählt das Bestehen eines familiären Pflichtteils- oder Noterbenrechts nicht zum deutschen ordre public (im Erg. BGH NJW 1993, 1920, 1921; OLG Köln FamRZ 1976, 170; Palandt/Heldrich, aaO Rdnr. 30). Soweit unter Hinweis auf Art. 14 I GG eine einschränkende Auffassung vertreten wird (vgl. etwa Staudinger/Dörner, aaO, Rdnr. 695), stellt diese auf unterhaltsrechtliche Gesichtspunkte ab. Damit käme sie im vorliegenden Fall, auf den allein es bei der Prüfung des Art. 6 EGBGB ankommen kann (vgl.oben), zu demselben Ergebnis. Es ist nämlich nicht ersichtlich, dass die volljährigen Kinder des Erblassers in irgendeiner Weise auf Unterhaltsleistungen seinerseits angewiesen waren.
Soweit man auch hinsichtlich des Erblasserwillens die Motivation desselben in Betracht zieht und hier, was vorliegend jedenfalls bisher nicht feststeht, eine diskriminierende Komponente unterstellt, wäre diese unter dem Aspekt des Art. 3 III GG unbeachtlich. Der Gleichheitssatz, auch in seinen speziellen Ausprägungen, entfaltet gegenüber Privaten keine unmittelbare Drittwirkung. Dies gilt insbesondere, soweit es um die Gestaltung der Erbfolge durch den Erblasserwillen geht. Die Testierfreiheit stellt einen spezifischen Teil der persönlichen Freiheit des Erblassers dar, der von Verfassungs wegen nicht verpflichtet ist, seine Nachlassregelung an allgemeinen Gerechtigkeitsvorstellungen oder dem Gleichheitssatz zu orientieren (BVerfG NJW 1985, 1445, 1456). Die Grenze der Gestaltungsfreiheit des Erblassers wird allenfalls dann überschritten, wenn durch die Gestaltung des Erblasserwillens in gänzlich unzumutbarer Weise in den Kernbereich von Grundrechten potentieller Erben eingegriffen wird (BVerfG NJW 2004, 2008ff). Insoweit wäre hier zwar rein theoretisch an eine Beeinträchtigung der individuellen Religionsfreiheit (Art. 4 GG) zu denken. Angesichts des mangelnden Kontakts zwischen dem Erblasser und den Beteiligten zu 1) und 2) erscheint es jedoch fern liegend, dass die Willensbildung des Erblassers hinsichtlich seiner Nachlassregelung auf die Religionsfreiheit seiner Kinder überhaupt Einfluss nehmen konnte.
Im Rahmen der in dem vorliegenden Zusammenhang vorzunehmenden Abwägung grundrechtlich geschützter Rechtspositionen steht der Berücksichtigung einer festzustellenden Willensentschließung des Erblassers auch nicht entgegen, dass sein ägyptisches Heimatrecht die Errichtung einer auf den Ausschluss der Beteiligten zu 1) und 2) von der Erbfolge gerichteten letztwilligen Verfügung nicht ermöglicht (siehe oben). Denn bei einer abweichenden Beurteilung würde dem Erblasser sowohl von Seiten des deutschen als auch des ägyptischen Rechts die Möglichkeit genommen, seinen im Rechtsbeschwerdeverfahren zu unterstellenden Willen zu verwirklichen, eine Erbfolge entsprechend dem ägyptischen Recht eintreten zu lassen: Würde das deutsche Recht in Anwendung des Art. 6 I EGBGB dem Erbrechtsausschluss der Beteiligten zu 1) und 2) im ägyptischen Rechts wegen seines religiös diskriminierenden Charakters die Anerkennung versagen, würde dem Erblasser eine von ihm nicht gewollte Erbfolge aufgedrängt. Das ägyptische Recht steht einer solchen Anwendung des deutschen Rechts nur abwehrend gegenüber, stellt dem Erblasser jedoch nicht die Möglichkeit zur Verfügung, durch Errichtung einer letztwilligen Verfügung seinem Willen Geltung zu verschaffen. Andererseits würde das deutsche Recht eine inhaltlich entsprechende, durch Testament getroffene Regelung der Erbfolge als wirksam hinnehmen (siehe oben). Mit der grundrechtlich geschützten Testierfreiheit wäre es nach Auffassung des Senats nicht zu vereinbaren, durch Anwendung des Art. 6 EGBGB in das geschlossene System des ägyptischen Rechts mit der Folge einer wesentlichen Veränderung der Erbfolge einzugreifen, ohne dass einem feststellbaren abweichenden Willen des Erblassers Rechnung getragen werden könnte. Als Ergebnis einer verfassungsrechtlichen Abwägung gegenläufiger Grundrechtspositionen kann und muss in einem solchen Fall die Anwendung der gesetzlichen Erbfolge ägyptischen Rechts trotz ihres religiös diskriminierenden Charakters hingenommen werden.
Nach alledem kommt es für die Entscheidung darauf an, ob der Erblasser zur Zeit seines Ablebens den Willen hatte, dass sein Nachlass unter Ausschluss der Beteiligten zu 1) und 2) an die weiteren Beteiligten fallen sollte. Hierzu hat das LG keine Feststellungen getroffen, obwohl der Vortrag der Beteiligten zu 3) und 5) bis 11) ausreichenden Anlass bot, jedenfalls den von ihnen in der Begründung der Erstbeschwerde benannten Zeugen y vernehmen (vgl. oben). Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass das LG bei weiteren Ermittlungen zur Feststellung eines Erblasserwillens i.S. der Rechtsfolgen des ägyptischen Rechts gekommen wäre, beruht die Entscheidung auf diesem Unterlassen. Die erforderlichen Ermittlungen kann der Senat als Rechtsbeschwerdegericht nicht nachholen, so dass die Sache unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung an das LG zurückzuverweisen war, dem auch die Entscheidung über die evtl. Erstattung im Verfahren der weiteren Beschwerde angefallenen außergerichtlichen Kosten überlassen bleibt.
Für das weitere Verfahren weist der Senat ohne Präjudiz auf Folgendes hin:
Ungeachtet der praktischen Schwierigkeiten und unbeschadet einer freien tatrichterlichen Überzeugungsbildung dürfen an die Feststellung des Erblasserwillens nicht zu geringe Anforderungen gestellt werden. Dies ergibt sich schon aus dem materiellrechtlichen Zusammenhang, da die Kollision einer ausländischen Norm mit den Grundrechten deren Unanwendbarkeit indiziert. Der Erblasserwille als Voraussetzung einer Ausnahme von der Regel setzt danach nicht nur eine verfahrensrechtlich zweifelsfreie Feststellung voraus, vielmehr dürfen auch hinsichtlich des Inhalts und Ernstlichkeit des Erblasserwillens keine relevanten Zweifel verbleiben.
Da sich in aller Regel schon aus praktischen Gründen nicht sicher feststellen lässt, wie die letzten willensgetragenen Vorstellungen eines Erblassers hinsichtlich seiner Rechtsnachfolge waren, kann es andererseits nur darum gehen, einschlägige Willensäußerungen des Erblassers festzustellen, die unter Berücksichtigung ihres Zeitpunktes und Zusammenhanges sowie der späteren Entwicklung den tatsächlichen Schluss zulassen, dass sie auch dem zuletzt gültigen Willen des Erblassers entsprechen. Hierbei kann der Entwicklung der persönlichen Verhältnisse des Erblassers wesentliche Bedeutung zukommen. Waren diese in dem Zeitraum zwischen der feststellbaren Willensäußerung und seinem Ableben gleich bleibend, kann dies die Annahme rechtfertigen, dass auch der Erblasserwille gleich bleibend war. Ist es hingegen in dieser Zeit zu erheblichen Veränderungen gekommen, die für die Motivationslage des Erblassers Bedeutung haben könnten, wäre dies kritisch zu würdigen. Aus diesem Grund kann es sich vorliegend empfehlen, nicht allein den Zeugen y, sondern auch die seitens der Beteiligten zu 1) und 2) benannten Zeugen zu vernehmen, die zu dem Erblasser bis zuletzt in persönlichem Kontakt standen.
Sollte sich ein Wille des Erblassers, dass sein Nachlass in Anwendung ägyptischen Rechts an seine Geschwister fallen sollte, nicht feststellen lassen, wäre die Konsequenz die schlichte Nichtanwendung des Erbrechtsausschlusses (vgl. hierzu Bamberger/Roth/Lorenz, aaO, Art. 6 EGBGB Rdnr. 16) mit der Folge, dass die Beteiligten zu 1) und 2) nach ägyptischem Recht zu Miterben berufen wären. In diesem Fall würde die Anwendung des § 11 Nr.19 letzter Satz Gesetz Nr.77, wonach ein männlicher Erbe den doppelten Erbanteil eines weiblichen Miterben erhält, ersichtlich gegen Art. 3 II GG verstoßen. Ein Geltungsrücktritt der Grundrechtsnorm käme in dieser Konstellation nicht in Betracht, da beide Miterben ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland haben. Dies begründet einerseits einen hinreichenden Inlandsbezug und schließt es andererseits aus, dass die in der Vorschrift liegende Benachteiligung des weiblichen Miterben durch den Gesamtregelungszusammenhang des ägyptischen Erb- und Familienrechts kompensiert werden könnte.
Lässt sich hingegen ein Erblasserwille des genannten Inhalts feststellen, ist der Erbrechtsausschluss des § 11 Nr.6 des Gesetzes Nr.77 anzuwenden. In diesem Fall, also bei der Bemessung der Erbquoten der Geschwister des Erblassers, wäre auch § 11 Nr.19 letzter Satz Gesetz Nr.77 anzuwenden. Maßgebend wäre insoweit schon der Wille des Erblassers (vgl.oben). Hinzu käme, worauf das LG in der Sache zutreffend abgestellt hat, dass die dann betroffenen Miterben ihren Lebensmittelpunkt in Ägypten haben bzw. hatten und die Anwendung der Vorschrift offenbar auch ihrem Willen entspricht.
Die Wertfestsetzung für das Verfahren der weiteren Beschwerde beruht auf den §§ 131 II, 30 I KostO. Sie folgt der unbeanstandet gebliebenen Wertfestsetzung der landgerichtlichen Entscheidung.