Anspruch aus Gewinnmitteilungen (§
661a BGB): Internationale Zuständigkeit; Anspruchsentstehung bereits mit
Zugang der Mitteilung
Oberlandesgericht
Oldenburg, Urt. v. 7.3.2003, 6 U 173/02
Fundstelle:
noch nicht bekannt
Zentrale Probleme:
S. die Anm. zu LG Braunschweig v.
10.1.2002 - 10 O 2753/00 sowie OLG Dresden v. 19.12.2001, Az: 8 U 2256/01.
Zur internationalen Zuständigkeit s. insbesondere EuGH Urteil v. 11.7.2002 Rs. C-96/00
"Gabriel". Zu den wettbewerbsrechtlichen Aspekten s.
BGH NJW-RR 2001, 1574.
(Eigene) Leitsätze:
1. Zur Internationalen Zuständigkeit
deutscher Gerichte für Klagen aus "Gewinnmitteilungen" aus dem Ausland (im
Anschluß an
BGH NJW 2003, 426).
2. Der Anspruch aus § 661a BGB entsteht bereits mit Zugang der
Gewinnmitteilung. Auf die Einhaltung dort niedergelegter Formalia (Absendung
und Zugang eines "Einlöseschecks") kommt es nicht an.
Zum Sachverhalt:
Die
Klägerin macht gegen die Beklagte einen Gewinnanspruch aus § 661 a BGB
geltend. Am 27. Juli 2001 erhielt die Klägerin von der Beklagten die
Mitteilung, daß ihr bei der Gewinnziehung am 25. Juli 2001 ein Bargewinn
von 8.000, DM zugeteilt worden sei. Der Ablauf der Gewinnziehung, der von
einem Justiziar kontrolliert worden sein soll, wurde der Klägerin im
Einzelnen geschildert. Abschließend wurde sie aufgefordert, ihren
Einlösescheck einzusenden, damit die Auszahlung vorgenommen werden könne.
Der Gewinnmitteilung waren einige Werbeprospekte nebst einem
Bestellformular für Produkte „fit in Form“ beigefügt. Auf der Rückseite
des Bestellformulars befinden sich kleingedruckte Hinweise, überschrieben
mit der Überschrift: „Einkaufen ganz einfach/freundliche
Lieferbedingungen“. Die Klägerin übersandte ihren Einlösescheck mit
anwaltlichem Schreiben vom 01. August 2001 an die Beklagte. Mit Schreiben
vom 16. August 2001 lehnte die Beklagte eine Auszahlung des Gewinns mit
der Begründung ab, daß die Zuteilung der Gewinne und die Höhe der zu
vergebenden Preise ausweislich der Spielregeln im Ermessen der Firma liege
und eine Entscheidung noch nicht getroffen sei.
Mit der
vorliegenden Klage macht die Klägerin ihren Gewinnanspruch in Höhe von
8.000, DM (= 4.090,33 €) geltend. Das Amtsgericht hat die Beklagte
antragsgemäß verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten blieb
erfolglos.
Aus den Gründen:
II. Die Berufung
ist zulässig (§§ 511, 519 Abs. 1 und 2, 520 ZPO, 119 Abs. 1 Ziff. 1 b
GVG), in der Sache hat sie aber keinen Erfolg. Gemäß § 513 Abs. 1
ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, daß die angefochtene
Entscheidung auf einer Rechtsverletzung i.S.d. § 546 ZPO beruht oder nach
§ 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung
rechtfertigen. Der Sachverhalt ist unstreitig. Rechtsfehler i.S.d. § 546
ZPO sind nicht ersichtlich. Solche werden auch mit der Berufung nicht
aufgezeigt. 1) Die Klage ist zulässig. Die Beklagte ist mit der
Rüge, daß das Amtsgericht seine internationale Zuständigkeit zu Unrecht
bejaht habe, nicht nach § 513 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen (vgl. zu dem
gleichlautenden § 545 Abs. 2 ZPO n.F.
BGH, Urteil vom 28. November 2002 –
III ZR 102/02 – m.w.N.; a.A. ZöllerGummer, ZPO, 23. Aufl., § 513 Rdn. 8).
Die Rüge ist allerdings nicht begründet. Die internationale Zuständigkeit
deutscher Gerichte ergibt sich sowohl aus Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ als auch aus
Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 Alt. 2 EuGVÜ. Insoweit verweist
der Senat auf das bereits zitierte und der Beklagten bekannte
Urteil des
Bundesgerichtshofs vom 28. November 2002 (vgl. auch Lorenz, NJW 2000,
3305, 3309). 2) Die Klage ist auch begründet. Das Amtsgericht hat
mit zutreffenden Erwägungen einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte
aus § 661 a BGB bejaht. Danach muß ein Unternehmer, der Gewinnzusagen oder
vergleichbare Mitteilungen an Verbraucher sendet und durch die Gestaltung
dieser Zusendungen den Eindruck erweckt, daß der Verbraucher einen Preis
gewonnen hat, dem Verbraucher diesen Preis auch leisten. Es besteht kein
Zweifel, daß die Klägerin Verbraucherin und die Beklagte Unternehmerin in
diesem Sinne sind (§§ 13, 14 BGB). Das als Anlage K 3 zu den Akten
gereichte Schreiben der Beklagten (Bl. 13 d.A.) erweckt den Eindruck, daß
die Klägerin, die in dem Schreiben namentlich aufgeführt ist und an die
das Schreiben gerichtet ist, einen Geldpreis in Höhe von 8.000, DM
gewonnen hat. Der Wortlaut des Schreibens läßt hieran keinen vernünftigen
Zweifel. Letztlich wird dies auch von der Beklagten nicht in Abrede
gestellt. Dem danach gegebenen Anspruch aus § 661 a BGB steht entgegen der
Auffassung der Beklagten nicht entgegen, daß in den beigefügten Regeln
darauf hingewiesen wurde, daß die Höhe der zu vergebenen Preise im
Ermessen der Beklagten liege. Denn diese Klausel ist wegen Verstoßes §§ 2
Abs. 1, 3 AGBG (in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung) unwirksam.
Die Klägerin ist auf die Existenz dieser Regeln weder deutlich hingewiesen
worden, noch hatte sie in zumutbarer Weise die Möglichkeit, von ihnen
Kenntnis zu nehmen. Die Regeln befinden sich nämlich versteckt auf einem
gesonderten Werbeprospekt, ohne daß in der Gewinnmitteilung selbst auf die
Existenz von Gewinnregeln hingewiesen worden wäre. Vielmehr heißt es im
letzten Absatz der Gewinnmitteilung sogar ausdrücklich: „Nun haben Sie
alles über die GewinnZiehung erfahren.“ Der Empfänger wird also sogar
davon abgelenkt, daß darüber an anderer Stelle noch etwas stehen könnte.
Außerdem ist die Klausel mit den Worten „Einkaufen ganz
einfach/freundliche Lieferbedingungen“ überschrieben, so daß für den
durchschnittlichen Leser gar nicht erkennbar ist, daß sich in dem
kleingedruckten Text auch Regeln über die Gewinnziehung befinden könnten.
Hinzu kommt auch noch, daß der Inhalt der Klausel, wonach die Höhe der
Preise im Ermessen der Beklagten liege, für den Verbraucher völlig
überraschend (§ 3 AGBG a.F.) ist, weil sie dem eigentlich Text
widerspricht, in dem mehrfach und unmißverständlich darauf hingewiesen
wird, daß die Klägerin einen Bargewinn von 8.000,00 DM erzielt hat.
Entgegen der Auffassung der Beklagten steht dem Anspruch aus § 661
a BGB auch nicht entgegen, daß der Empfänger in der Gewinnmitteilung
aufgefordert wird, den Einlösescheck einzuschicken. Zum einen ergibt sich
aus dem unstreitig innerhalb der 7TageFrist bei der Beklagten
eingegangenen anwaltlichen Schreiben des Prozeßbevollmächtigten der
Klägerin vom 01. August 2001 (Bl. 18 f d.A.), daß der Einlösescheck mit
Zuteilungsnummer und aufgeklebtem Gewinnsiegel beigefügt war. Zum anderen
entsteht der Gewinnanspruch aus § 661 a BGB aber auch schon mit Zugang der
Gewinnmitteilung (Palandt/Sprau, BGB, 62. Aufl., § 661 a Rdn. 4).
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