Eigenhaftung des Vertreters/Verhandlungsgehilfen aus c.i.c.; Begriff des Erfüllungsgehilfen, Abgrenzung zwischen Handeln "in Erfüllung" einer Verpflichtung zum Handeln "bei Gelegenheit" 

BGH, Urteil v. 29.1.1997


Amtl. Leitsatz:

Zur Eigenhaftung eines Kraftfahrzeughändlers, der nach dem Verkauf eines Fahrzeuges durch einen Angestellten unter Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens maßgeblichen Einfluß auf den Weiterverkauf des betreffenden Fahrzeuges nimmt.


Fundstellen:

NJW 1997, 1233
BB 1997, 593
ZIP 1997, 548
LM H. 6/1997 § 276 (Fa) BGB Nr. 147
MDR 1997, 455
WM 1997, 1431
s. die Anm. zu
BGH v. 10.2.2005 - III ZR 258/04 sowie zu BGH, Urt. v. 25.4.2006 - X ZR 198/04. S. weiter BGH, v. 2.6.2008 - II ZR 210/06.


Zum Sachverhalt:

Die Kl., die mit Nutzfahrzeugen handelt, verkaufte am 23. 10. 1991 unter Eigentumsvorbehalt einen Vorführwagen zum Preis von 35340 DM an die Firma E. Die Kaufverhandlungen führte auf seiten der Kl. der Zeuge B, der als "Juniorverkäufer" bei ihr angestellt war. Anfang Januar 1992 verkaufte die Firma E das Fahrzeug für 76600 DM an die Bekl., die es an eine Firma G in H. verleasen wollte. Nachdem das Fahrzeug auf die Bekl. umgeschrieben war und sie den Fahrzeugbrief sowie eine von dem Leasingnehmer G unterschriebene Übernahmebestätigung erhalten hatte, bezahlte die Bekl. den Kaufpreis mit Scheck an die Firma E. Diese übergab am 17. 1. 1992 zur Begleichung ihrer Kaufpreisschuld einen Scheck über 35000 DM an die Kl. zu Händen des Zeugen B. Mangels Dekung wurde der Scheck jedoch nicht eingelöst. Mit ihrer Klage hat die Kl. von der Bekl. die Herausgabe des Fahrzeugbriefes verlangt. Die Bekl. hat im Wege der Widerklage in erster Linie die Herausgabe des Fahrzeuges, hilfsweise Schadensersatz in Höhe von 76600 DM wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen begehrt, weil der Zeuge B sie durch unwahre Erklärungen, insbesondere über die Rolle der Kl. und der Firma E, und die Übergabe der unzutreffenden Übernahmebestätigung des Leasingnehmers G zur Kaufpreiszahlung veranlaßt habe.
Das LG hat der Klage und - unter Abweisung der Widerklage im übrigen - der Hilfswiderklage stattgegeben. Auf die Berufung der Kl. hat das OLG die Widerklage insgesamt abgewiesen. Die Revision der Bekl., mit der sie die Wiederherstellung erstrebte, führte zur Aufhebung der Entscheidung des OLG und Zurückverweisung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung.

Aus den Gründen:

I. Das BerGer. hat ausgeführt: Ein vertraglicher oder vorvertraglicher Schadensersatzanspruch steht der Bekl. nicht zu, weil nach ihrem eigenen Sachvortrag und dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme nicht davon ausgegangen werden könne, daß zwischen den Klageparteien Vertragsbeziehungen zustande gekommen oder auch nur angestrebt worden seien. Vertragspartnerin der Bekl. beim Kauf des Fahrzeuges sei, wie geplant, ausschließlich die Firma E gewesen. Daran habe sich auch durch die nachträgliche Intervention des Zeugen B nichts geändert. Aus dessen Erklärungen sei für die Bekl. hinreichend deutlich geworden - und sie seien von der Bekl. auch so verstanden worden -, daß allein E, nicht aber die Kl. an der Vertragsgestaltung und der Geschäftsabwicklung beteiligt habe sein sollen. Die Bekl. habe auch nicht belegt, daß die Kl. durch ihren Verkäufer B eigenes Vertrauen in Anspruch genommen habe und daß bei ihrer - der Bekl. - Motivation für den Vertragsabschluß auch die Bonität der Kl. eine Rolle gespielt habe.
Soweit dem Zeugen B ein schadensursächliches schuldhaftes Verhalten anzulasten sei, habe die Kl. hierfür weder nach § 278 BGB noch nach § 831 BGB einzustehen, weil es an dem erforderlichen unmittelbaren inneren Sachzusammenhang zwischen der schadenstiftenden Tätigkeit des Gehilfen und den ihm übertragenen Aufgaben fehle. Die Vorlage einer falschen Übernahmebestätigung des Leasingnehmers G und B betreffe nur die an diesem Kauf- und Leasinggeschäft beteiligten Personen, nicht jedoch die Kl., da sie in dieses Geschäft nicht einbezogen gewesen sei und die Abwicklung solcher "Drittgeschäfte" nicht zu ihrem Geschäftsbetrieb und dem übertragenen Aufgabenbereich ihres Verkäufers B gehört hätten. Ebensowenig sei es Aufgabe des B gewesen, die Vermögensverhältnisse seines Kunden E zu verbessern und zu diesem Zweck dessen Geschäfte zu betreuen.
II. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Prüfung nicht stand.
1. Unzutreffend, weil zu eng ist bereits der rechtliche Ansatz des BerGer. in der Frage, ob zwischen den Parteien die für eine Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen erforderliche schuldrechtliche Sonderbeziehung bestanden hat. Entgegen der Auffassung des BerGer. setzt eine solche Haftung nicht zwingend voraus, daß zwischen den Parteien Vertragsbeziehungen zustande gekommen sind oder zumindest angestrebt werden. Vielmehr kann die Haftung aus culpa in contrahendo nach gefestigter Rechtsprechung des BGH unter bestimmten Voraussetzungen ausnahmsweise auch einen Dritten treffen, der selbst nicht Vertragspartei werden soll, an den Vertragsverhandlungen aber als Vertreter, Vermittler oder sog. Sachwalter einer Partei  beteiligt ist (so z.B. BGHZ 56, 81 (84f.) = NJW 1971, 1309 = LM § 276 (Fa) BGB Nr. 35; BGHZ 63, 382 (384f.) = NJW 1975, 642 = LM § 276 (Fa) BGB Nr. 42; BGHZ 126, 181 (183ff.) = NJW 1994, 2220 = LM H. 10/1994 § 176 (Fa) BGB Nr. 135; BGHZ 129, 136 (170) = NJW 1995, 1739 = LM H. 8/1995 § 53a AktG 1965 Nr. 2; BGH, NJW 1987, 1141 = LM Art. 7ff. EGBGB Nr. 56; BGH, NJW-RR 1988, 1488 = LM § 91 VerglO Nr. 3; BGH, NJW 1989, 293 = § 276 (Fa) BGB Nr. 98; BGH, NJW 1990, 389 = LM § 276 (Fa) BGB Nr. 105 = BGHR BGB vor § 1/Verschulden bei Vertragsschluß, Sachwalterhaftung 1-3 und Vermittlerhaftung 1). Sachwalter in diesem Sinne ist, wer, ohne Vertragspartner oder dessen Vertreter zu sein, auf der Seite eines Vertragspartners an dem Zustandekommen des Vertrages beteiligt ist und dabei über das bei der Anbahnung von Geschäftsbeziehungen immer vorauszusetzende normale Verhandlungsvertrauen hinaus in besonderem Maße Vertrauen für sich persönlich in Anspruch nimmt und auf diese Weise dem anderen Vertragspartner eine zusätzliche, gerade von ihm persönlich ausgehende Gewähr für Bestand und Erfüllung des in Aussicht genommenen Rechtsgeschäfts bietet (BGH, NJW 1989, 293 = BGHR BGB vor § 1 Sachwalterhaftung 3 = WM 1988, 1535 m.w.Nachw.; ebenso Emmerich, in: MünchKomm, 3. Aufl., Vorb. § 275 Rdnrn. 175, 181 und 185; Soergel/Wiedemann, BGB, 12. Aufl., Vorb. § 275 Rndrn. 218ff.). Gleiches gilt, wenn der Dritte wegen eines eigenen unmittelbaren wirtschaftlichen Interesses dem Verhandlungsgegenstand besonders nahe steht, also wirtschaftlich betrachtet gleichsam in eigener  Sache verhandelt (BGHZ 56, 81 (83f.) = NJW 1971, 1309 = LM § 276 (Fa) BGB Nr. 35; Senat, NJW 1989, 292 = LM § 276 (Fa) BGB Nr. 99; Emmerich, in: MünchKomm, 3. Aufl., Vorb. § 275 Rdnr. 182; Soergel/Wiedemann, BGB, 12. Aufl., Vorb. § 275 Rdnrn. 220ff.).
Beteiligt sich der Vertreter, Vermittler oder Sachwalter an den Vertragsverhandlungen nicht selbst, läßt er sich vielmehr seinerseits durch einen (Unter-) Vertreter vertreten, so kommt es darauf an, ob dieser "Vierte" (Soergel/Wiedemann, BGB, 12. Aufl., Vorb. § 275 Rdnr. 215) für etwaige den Dritten treffenden vorvertragliche Verpflichtungen als sein Erfüllungsgehilfe i.S. des § 278 BGB anzusehen ist (BGHZ 56, 81 (85) = NJW 1971, 1309 = LM § 276 (Fa) BGB Nr. 35). Entscheidend ist also, daß der besondere Vertrauenstatbestand von dem Dritten selbst oder in ihm zurechenbarer Weise überhaupt geschaffen worden ist und das Verhalten des anderen Verhandlungspartners maßgeblich beeinflußt hat (BGHZ 56, 81 (85) = NJW 1971 1309 = LM § 276 (Fa) BGB Nr. 35).
2. Daß diese Voraussetzungen hier erfüllt sind, kann nach den bisherigen Feststellungen, soweit sie der Entscheidung zugrunde gelegt werden durften (vgl. unten zu II 2c), und nach dem Vorbringen der Bekl. in den Tatsacheninstanzen nicht ausgeschlossen werden.
a) Nicht gefolgt werden kann der Revision allerdings insoweit, als sie geltend macht, die Kl. hafte der Bekl. schon deshalb aus c.i.c., weil sie ein eigenes unmittelbares wirtschaftliches Interesse an dem Weiterverkauf des Fahrzeuges durch E an die Bekl. gehabt habe, da E hierbei nur als ihr Strohmann aufgetreten sei und das Geschäft im Interesse und für Rechnung der Kl. habe durchgeführt werden sollen. Dabei geht die Revision von falschen tatsächlichen Voraussetzungen aus. Daß die Kl. E nur als Strohmann eingesetzt habe, ist weder vom BerGer. noch vom LG festgestellt und nicht einmal von der Bekl. selbst vorgetragen worden. Nach dem vom BerGer. zugrunde gelegten Vorbringen der Bekl. hat der Verkäufer B das bei den Vertragsverhandlungen lediglich behauptet, nach den Feststellungen des LG sogar nur "vorgetäuscht". War E mithin nicht Strohmann oder mittelbarer Stellvertreter der Kl., so beschränkte sich deren Interesse an dem Abschluß und der Durchführung des Kaufvertrages zwischen E und der Bekl. darauf, aus dem E zufließenden Erlös den ihr von diesem geschuldeten Kaufpreis für den Vorführwagen zu erlangen. Dieses nur mittelbare Interesse reicht aber für eine Haftung der Kl. aus Verschulden bei Vertragsschluß wegen starken wirtschaftlichen Eigeninteresses nicht aus (vgl. für das - ebenfalls nur mittelbare - Provisionsinteresse des Handelnden BGHZ 88, 67 (70) = NJW 1983, 2696 = LM § 276 (Fa) BGB Nr. 78; BGHR BGB vor § 1/Verschulden bei Vertragsschluß, Vertreterhaftung 8 = NJW-RR 1991, 1241 = LM H. 1/1992 § 276 (Fa) BGB Nr. 118 = WM 1991, 1730 unter 2b der Gründe; BGHR BGB vor § 1 Vertreterhaftung 10 = BGB-RR 1992, 605 = LM H. 7/1992 § 276 (Fa) BGB Nr. 122 = WM 1992, 699 unter II 3; BGH, NJW-RR 1992, 1061 = LM H. 10/1992 § 276 (Fa) BGB Nr. 124 = WM 1992, 735 unter 1, jeweils m.w.Nachw.). Eine solche Haftung setzt nach der ständigen Rechtsprechung des BGH vielmehr eine so enge Beziehung zum Vertragsgegenstand voraus, daß der Verhandelnde gleichsam in eigener  Sache tätig wird, mithin als wirtschaftlicher Herr des Geschäfts anzusehen ist (zuletzt NJW-RR 1991, 1241 = LM H. 1/1992 § 276 (Fa) BGB Nr. 118 unter 2b; NJW-RR 1992, 605 = LM H. 7/1992 § 276 (Fa) BGB Nr. 122 unter I 3; NJW-RR 1992, 1061 = LM H. 10/1992 § 276 (Fa) BGB Nr. 124). Das traf hier für die Beteiligung der Kl. an dem Kaufvertrag zwischen E und der Bekl. nicht zu.
b) Soweit den Feststellungen des BerGer. gefolgt werden kann, ist aber unter Zugrundelegung des Vorbringens der Bekl. davon auszugehen, daß die Kl. - vertreten durch ihren Verkäufer B - bei den Vertragsverhandlungen mit der Bekl. als Sachwalter des E aufgetreten ist und in besonderem Maß persönliches Vertrauen für sich in Anspruch genommen hat.
aa) Die höchstrichterliche Rechtsprechung ist mit der Bejahung einer solchen Haftung - ihrem Ausnahmecharakter Rechnung tragend - im allgemeinen zurückhaltend. Hierfür ist erforderlich, daß der Vertreter oder der sonstige am Vertrag nicht selbst beteiligte Dritte dem anderen Teil eine zusätzliche, gerade von ihm persönlich ausgehende Gewähr für die Seriosität und die Erfüllung des Geschäfts oder für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Erklärungen, die für den Willensentschluß des anderen Teils bedeutsam gewesen sind, geboten oder in zurechenbarer Weise den Eindruck vermittelt hat, er werde persönlich mit seiner Sachkunde die ordnungsgemäße Abwicklung des Geschäfts selbst dann gewährleisten, wenn der andere Teil dem Geschäftsherrn nicht oder nur wenig vertraut oder sein Verhandlungsvertrauen sich als nicht gerechtfertigt erweist (Senat, NJW-RR 1991, 1241 = LM H. 1/1992 § 276 (Fa) BGB Nr. 118 unter I 4a m.w.Nachw.).
bb) Hier ist nach den Ausführungen des BerGer., soweit diese nicht von Verfahrensfehlern beeinflußt sind, und den in Bezug genommenen Gründen des landgerichtlichen Urteils davon auszugehen, daß die erste Alternative der genannten Fallgestaltungen erfüllt ist. Die Bekl. hat das zunächst von ihr abgelehnte Geschäft erst abgeschlossen, nachdem B sich in die Vertragsverhandlungen eingeschaltet hatte. Zwar mögen dessen Erklärungen, er sei "Leasingspezialist" und E und der Leasingnehmer G seien "in Ordnung", für die Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens nicht genügen, zumal die Bekl. als Leasingfirma selbst über die erforderliche Sachkunde und über ausreichende Möglichkeiten zur rechtlichen und wirtschaftlichen Absicherung des in Aussicht genommenen Geschäfts verfügte. Anders verhält es sich aber mit der - unzutreffenden - Erklärung des B, E sei nur Strohmann der Kl., die selbst hinter dem Geschäft stehe und eigentlich Verkäuferin des Leasingfahrzeugs sei, das sie lediglich aus Gründen des Gebietsschutzes nicht selbst liefern könne. Damit hat B bei der Bekl. die Vorstellung hervorgerufen, bei dem Geschäft komme es weniger auf die Person des E als vielmehr auf die vertrauenswürdige Kl. an. Dies rechtfertigt die Annahme, B habe der Bekl. eine zusätzliche, gerade von der Kl. ausgehende Gewähr für die Seriosität und die Erfüllung des Geschäfts gegeben.
cc) Durch die spätere Übergabe des - bis dahin noch von der Kl. einbehaltenen - Fahrzeugbriefes und der falschen Übernahmebestätigung des Leasingnehmers G hat der Zeuge B die Bekl. in dem von ihm hervorgerufenen Vertrauen darauf bestärkt, daß die Kl. die ordnungsgemäße Abwicklung des Geschäfts gewährleisten würde. Zugleich hat er dadurch den Schaden der Bekl. unmittelbar herbeigeführt, indem er sie zur Freigabe des bis dahin gesperrten Schecks für ihren Vertragspartner E veranlaßt hat. Zwar haben sich jene Vorgänge zeitlich erst nach dem Abschluß des Kaufvertrages zwischen E und der Bekl. abgespielt. Das steht einer Haftung aus c.i.c. unter den hier gegebenen besonderen Umständen aber nicht entgegen. Nach der Rechtsprechung des BGH kann nämlich derjenige, der als Dritter bei Vertragsverhandlungen das besondere Vertrauen in Anspruch nimmt, entscheidenden Einfluß auf die ordnungsgemäße Durchführung des Vertrages zu haben, wegen Verletzung von Schutzpflichten auch dann schadensersatzpflichtig sein, wenn er es nach Vertragsabschluß unterläßt, dem Verhandlungspartner wesentliche Informationen über die voraussichtliche Undurchführbarkeit des Geschäfts zu geben, und dieser deshalb Dispositionen trifft, die ihm schädlich sind, oder solche unterläßt, die ihn vor Schaden bewahrt hätten. Denn es ist nicht einzusehen, daß das einem Dritten infolge seines Verhaltens entgegegebrachte Vertrauen im vorvertraglichen Stadium ein Haftungsgrund, nach Vertragsschluß aber keiner mehr sein soll, auch wenn der Dritte das Vertrauen für sich gerade auch für die ordnungsgemäße Vertragsdurchführung in Anspruch  genommen hat (BGHZ 70, 337 (342ff.) = NJW 1978, 1374 = LM § 276 BGB Nr. 78; ähnlich auch BGH, NJW 1982, 1807 = LM § 259 BGB Nr. 22; ebenso Soergel/Wiedemann, BGB, 12. Aufl., Vorb. § 275 Rdnrn. 246, 248). Erst recht muß dies dann gelten, wenn der Dritte - wie hier - gestützt auf das vor Vertragsschluß begründete Vertrauen nach Abschluß des Vertrages und im Zusammenhang mit dessen Durchführung durch positives Tun, etwa durch unzutreffende Erklärungen, Vorlage angeblicher Sicherheiten oder auf ähnliche Weise den Verhandlungspartner in seinem irrigen Vertrauen bestärkt und zu für ihn wirtschaftlich nachteiligen Verfügungen veranlaßt.
c) Der Annahme einer Haftung der Kl. aus c.i.c. wegen Inanspruchnahme besonderen Vertrauens steht die Feststellung des BerGer. nicht entgegen die Bekl. habe nicht "belegt", d.h. nicht bewiesen, daß bei ihrer Entscheidung für den Vertragsabschluß mit E auch die Bonität der Kl. eine Rolle gespielt und diese durch ihren Verkäufer B in schadensursächlicher Weise eigenes Vertrauen in Anspruch genommen hätte; selbst die sachbearbeitenden Mitarbeiter der Bekl., Z und Be, hätten das bei ihrer Zeugenvernehmung nicht bestätigt. Diese Feststellung ist, wie die Revision zu Recht rügt, verfahrensfehlerhaft. Das BerGer. hat die erstinstanzlich gehörten Zeugen nicht selbst erneut vernommen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH ist aber die erneute Vernehmung eines erstinstanzlich gehörten Zeugen dann geboten, wenn das BerGer. die protokollierte Aussage anders verstehen will als der Richter der Vorinstanz (BGH, NJW-RR 1991, 829 = LM § 398 ZPO Nr. 27; NJW 1992, 741 = LM H. 4/1992 § 276 (Ca) BGB Nr. 47; BGHZ 119, 283 = NJW 1993, 64 = LM H. 2/1993 § 34 GWB Nr. 29; NJW 1993, 668 = LM H. 6/1993 § 318 ZPO Nr. 18 = BGHRZPOO § 398 I Ermessen 10, 13, 14 und 17). Das LG hat aufgrund der Bekundungen der Zeugen Z und Be festgestellt, die Bekl. sei "nur durch die Intervention des Zeugen B ... dazu bewogen (worden), ein Geschäft abzuschließen, das sie ursprünglich gar nicht abschließen wollte." B habe "die in die Seriosität der Kl. vertrauende Bekl. zur Freigabe des vorläufig gesperrten Schecks veranlaßt"; sein Verhalten sei "für den Abschluß des mit der Bekl. getätigten Geschäfts kausal (gewesen): Hätte der Zeuge nicht mit dem Vertrauen der Kl. geworben, hätte sich die Bekl. nicht darauf eingelassen und den Kaufpreis nicht an E gezahlt". Mit diesen Ausführungen ist das Verständnis, das das BerGer. den betreffenden Zeugenaussagen beimißt, nicht zu vereinbaren.
3. Die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches der Bekl. wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen sind nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachverhalt auch insoweit erfüllt, als die Kl. durch ihren Verkäufer B die ihr obliegenden Pflichten verletzt hat. Der Zeuge B hat die Bekl. nicht nur über die Rolle der Kl. getäuscht, indem er wahrheitswidrig erklärte, E sei lediglich aus Gründen des Gebietsschutzes als Strohmann der Kl. eingeschaltet worden, die selbst hinter dem Geschäft stehe und die eigentliche Verkäuferin des Leasingfahrzeuges sei. Er hat darüber hinaus der Bekl. eine unzutreffende Übernahmebestätigung des Leasingnehmers G vorgelegt und überdies - sowohl vor Abschluß des Vertrages als auch danach im Zusammenhang mit der Bezahlung des Kaufpreises durch die Bekl. - verschwiegen, daß E seinerseits den von ihm der Kl. geschuldeten Kaufpreis noch nicht bezahlt hatte und infolgedessen der Eigentumsvorbehalt der Kl. noch fortbestand, die Bekl. mithin trotz der - falschen - Übernahmebestätigung des Leasingnehmers und der Zahlung des Kaufpreises an dem Fahrzeug kein Eigentum erwerben konnte. Es liegt nahe, daß die Bekl. bei entsprechender vollständiger und wahrheitsgemäßer Aufklärung durch B den Kaufvertrag mit E gar nicht erst abgeschlossen, zumindest aber den gesperrten Scheck über 76600 DM nicht freigegeben hätte.
4. Entgegen der Annahme des BerGer. muß die Kl. für das schuldhafte Verhalten ihres Verkäufers B einstehen (§ 278 BGB).
a) Zutreffend geht das BerGer. allerdings davon aus, daß die Haftung für ein Verschulden des Erfüllungsgehilfen i.S. des § 278 BGB voraussetzt, daß dieser zur Erfüllung einer Verbindlichkeit des Geschäftsherrn tätig geworden ist, und daß es hierfür nicht genügt, daß zwischen der schadenstiftenden Handlung des Gehilfen und den ihm übertragenen Aufgaben ein bloß äußerer oder gar nur zeitlicher Zusammenhang besteht, vielmehr ein ummittelbarer innerer Sachzusammenhang erforderlich ist (st. Rspr., z.B. BGHZ 114, 263 (270) = NJW 1991, 2556 = LM § 459 BGB Nr. 109 m.w.Nachw.; Hanau, in: MünchKomm, § 278 Rdnrn. 31, 34; Soergel/Manfred Wolf, BGB, 12. Aufl., § 278 Rdnr. 37). Für den sogenannten Verhandlungsgehilfen gilt insoweit nichts anderes als für jeden anderen Erfüllungsgehilfen (BGHZ 114, 263 (270) = NJW 1991, 2556 = LM § 459 BGB Nr. 109; Hanau, in: MünchKomm, § 278 Rdnr. 6); lediglich durch die Art der notwendigen schuldrechtlichen Sonderbeziehung unterscheidet sich seine Tätigkeit im Rahmen des gesetzlichen Schuldverhältnisses der Vertragsverhandlungen von derjenigen eines Gehilfen, der bei der Erfüllung eines bereits bestehenden Vertragsverhältnisses tätig wird.
b) Der Umstand, daß die Kl. nicht unmittelbar in die vertraglichen Beziehungen der Bekl. mit dem Verkäufer E einbezogen war, steht ihrer Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluß, wie ausgeführt (oben unter 1), nicht grundsätzlich entgegen. Auch bei der Frage der Zurechnung gem. § 278 BGB kommt es hierauf nicht entscheidend an. Zwar ist dem BerGer. zuzugeben, daß sich der Aufgabenkreis des Verkäufers B - wie allgemein - in erster Linie auf den geschäftlichen Kontakt mit den Kunden der Kl. im Rahmen von Verkaufsverhandlungen erstreckt. Tritt ein Verkäufer aber darüber hinaus mit Dritten in Verbindung, um die Durchführung des von ihm selbst angebahnten oder in Vertretung seines Geschäftsherrn abgeschlossenen Kaufvertrages zu ermöglichen oder sicherzustellen, so kann auch aus der Sicht eines Außenstehenden der unmittelbare innere Zusammenhang mit dem ihm übertragenen Aufgabenkreis nicht verneint werden. So war es hier: Der Zeuge B war in seiner Eigenschaft als Verkäufer in der Niederlassung der Kl. in K. bereits an dem Verkauf des Vorführwagens an den Zeugen E maßgeblich beteiligt. Wenn er in der Folgezeit sich vermittelnd in den Weiterverkauf desselben Fahrzeuges an die Bekl. einschaltete, um seinem Kunden E anschließend die Bezahlung des Kaufpreises an die Kl. zu ermöglichen oder zu erleichtern, so handelte er hierbei - jedenfalls aus der Sicht eines Außenstehenden - noch in einem unmittelbaren inneren Sachzusammenhang mit seiner originären Aufgabe als Verkäufer der Kl. in deren Filiale in K.
c) Unerheblich ist schließlich, ob B im Verhältnis zur Kl. seine Befugnisse überschritten hat. Eigenmächtiges oder gar strafbares Handeln des Gehilfen schließt die Einstandspflicht des Geschäftsherrn grundsätzlich nicht aus (BGH, NJW-RR 1989, 723 = LM LuftVG Nr. 24; NJW 1994, 3344 = LM H. 2/1995 § 278 BGB Nr. 126 = BGHRBGBB § 278 S. 1, Eigenmächtigkeit 1 und 2, jeweils m.w.Nachw.). Auch insofern kommt es darauf an, ob bei wertender Betrachtung der tatsächlichen Umstände aus der Sicht eines Außenstehenden der unmittelbare innere Zusammenhang mit dem übertragenen Aufgabenkreis (noch) gewahrt ist (BGH, NJW-RR 1989, 723 = LM LuftVG Nr. 24 = BGHR BGB § 278 S. 1, Eigenmächtigkeit 1; BGBRBGBB § 278 S. 1 Verhandlungsgehilfe 7). Das ist hier, wie ausgeführt, zu bejahen.
III. Gem. §§ 564, 565 I ZPO war daher das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das BerGer. zurückzuverweisen. Zu einer abschließenden Entscheidung ist der Senat nicht in der Lage (§ 565 III ZPO). Einer nochmaligen Würdigung durch den Tatrichter bedürfen insbesondere die Aussagen der erstinstanzlich vernommenen Zeugen zu den Umständen der Vertragsabschlüsse der Bekl. mit ihren Vertragspartnern E und G sowie zu der Freigabe des Schecks über 76600 DM zugunsten des E. Sollte das BerGer. seine Bedenken gegen die Beweiswürdigung des LG aufrechterhalten, wird es die betreffenden Zeugen, wie ausgeführt, erneut zu vernehmen haben.