Begriff des
Erfüllungsgehilfen: Abgrenzung vom Handeln "in Erfüllung" einer
Verpflichtung und "bei Gelegenheit"; kein Zurücktreten des Mitverschuldens
(§ 254 BGB) bei Arglist des Erfüllungsgehilfen
BGH, Urteil
vom 10. Februar 2005 - III ZR 258/04
Fundstelle:
NJW-RR 2005, 765
Amtl. Leitsätze:
a) Veruntreut der
Generalagent eines Versicherungsunternehmens, das sich auch mit der
Vermittlung von Vermögensanlagen befaßt, von Anlageinteressenten
entgegengenommenes Geld, so entfällt die Verantwortlichkeit des Unternehmens
für diesen als Erfüllungsgehilfen nicht schon dann, wenn er keine
Inkassovollmacht hatte.
b) Zum Mitverschulden und zur Verschuldensabwägung in einem solchen Fall.
Zentrale Probleme:
Es geht um den Begriff des
Erfüllungsgehilfen. Nach § 278 BGB setzt dies voraus, daß die entsprechende
Person bei der zuzurechnenden Pflichtverletzung "in Ausführung" der
übertragenen Verbindlichkeit handelt und nicht lediglich "bei Gelegenheit".
§ 278 bezieht sich sowohl auf das Verschulden bei der Erfüllung der
Leistungspflichten als auch bei der Erfüllung von Schutzpflichten. Der
Begriff der Erfüllung einer Verbindlichkeit erfaßt auch die dem Schuldner
nach § 241 II obliegenden Verhaltenspflichten. Str. ist jedoch, ob jedes
Gehilfenverhalten, das in der Person des Schuldners eine
Schutzpflichtverletzung darstellen würde, ausreicht, um seine Haftung zu
begründen. Die h. M. differenziert danach, ob das schuldhafte Verhalten „bei
Erfüllung“ oder nur „bei Gelegenheit der Erfüllung“ erfolgte (s.
BGH
NJW 1993, 1704 und BGH NJW 1997, 1233).
Maßgebend soll sein, ob die Handlung in einem „unmittelbaren inneren
Zusammenhang“ mit den vom Schuldner übertragenen Aufgaben steht oder nicht.
Der BGH bejaht im vorliegenden Fall einen solchen Zusammenhang.
Zum Begriff des Erfüllungsgehilfen s. auch BGH
NJW 1996, 452.
Von Interesse sind auch die Ausführungen zum Mitverschulden. Handelt der
Schädiger vorsätzlich, ist ein Mitverschulden des Geschädigten i.d.R.
unbeachtlich (s. BGH
NJW 1992, 310). Das gilt nach der vorliegenden
Entscheidung aber nicht, wenn der vorsätzlich handelnde der
Erfüllungsgehilfe und nicht der Anspruchsgegner (Geschäftsherr) selbst war.
S. auch die Anm. zu BGH
v. 15.3.2012 - III ZR 148/11.
©sl 2005
Tatbestand:
Die Kläger verlangen von der Beklagten, einem zur Versicherungsgruppe "D. R.
" gehörenden Anlagevermittlungsunternehmen, Ersatz des Schadens, der ihnen
durch Veruntreuung des früheren Generalagenten der Beklagten, H. ,
entstanden ist.
H. unterhielt in I. ein Büro unter der Bezeichnung (zuletzt) "D. R. H. und
Team". Abschlußvollmachten und Inkassobefug-
nisse für Anlagegelder hatte er nicht. Ende 1998 bot H. den Klägern, die er
zuvor in Versicherungsbelangen betreut hatte, Kapitalanlagen mit einer
Rendite von 9,5 % an. Die Kläger unterzeichneten am 12. Dezember 1998 einen
formularmäßigen "Antrag zur Eröffnung eines Investmentkontos und Kaufantrag"
bei der D. G. W. mbH (D. ). Das Formular ist mit der Firma der Beklagten
versehen und enthält den Hinweis:
"Die Vermittler sind nicht berechtigt, Geld oder andere Zahlungsmittel, z.B.
Schecks, entgegenzunehmen. Alle Einzahlungen zugunsten Ihres Depots bei der
D. dürfen nur auf das Konto der D. , Frankfurt 9690058 bei der D. B. ,
Frankfurt (BLZ ), erfolgen."
Zuvor hatte H. den Klägern ein - nach der Behauptung der Beklagten
gefälschtes - Schreiben des "D. R. V. Bausparen Kapitalanlagen" an "H. und
Team" vom 19. November 1998 ausgehändigt, das auf eine Anfrage
"Kapitalanlage ohne Jahressteuerbescheinigung" Bezug nimmt, in dem es heißt,
es handele sich um eine zur Zeit steuerfreie, aber ab Anfang 2002
voraussichtlich zu versteuernde Kapitalanlage; Einzahlungsmöglichkeit
bestehe per Scheck oder in Form von Bargeld auf den bekannten Konten. Die
Kläger hoben von einer Bank in Luxemburg 200.000 DM ab. Diesen Betrag zahlte
die Klägerin zu 2 am 11. Dezember 1998 und am 8. Januar 1999 mit
Unterstützung H. 's - jeweils aufgeteilt in vier 25.000 DM-Beträge - auf ein
in den Einzahlungsbelegen mit "D. R. M. H. " bezeichnetes Konto H. 's bei
der Sparkasse I. ein. Hierüber erhielten die Kläger unter dem 28. Dezember
1998 und dem 25. Januar 1999 (gefälschte) Einzah-lungs- und
Kontoeröffnungsbestätigungen der Beklagten. H. verwendete das eingezahlte
Geld für eigene Zwecke.
Das Landgericht hat der auf Zahlung von 102.258,37 € (= 200.000 DM) nebst
Zinsen, Zug um Zug gegen Abtretung der Schadensersatzansprüche der Kläger
gegen die Stadtsparkasse I. wegen der Gutschrift der betreffenden
Einzahlungen der Kläger, bis auf einen Teil der Zinsen stattgegeben. Das
Oberlandesgericht hat auf die Berufung der Beklagten unter Ansatz einer
Mitverschuldensquote der Kläger von 40 % den Verurteilungsbetrag auf
61.355,03 € zuzüglich Zinsen reduziert. Gegen dieses Urteil richten sich die
- vom Oberlandesgericht zugelassenen - Revisionen; die der Beklagten mit dem
Ziel der völligen Klageabweisung, die der Kläger mit dem Ziel der
Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts.
Entscheidungsgründe:
Die Revisionen sind unbegründet.
I. Das Berufungsgericht bejaht eine Schadensersatzpflicht der Beklagten
gegenüber den Klägern aus Verschulden bei Vertragsschluß (c.i.c.), wobei die
Beklagte gemäß § 278 BGB für den Generalagenten H. als ihren
Erfüllungsgehilfen im Rahmen der sich anbahnenden Vertragsbeziehung zu den
Klägern einzustehen habe. Der notwendige innere sachliche Zusammenhang der
Pflichtverletzungen H. 's zu den Aufgaben, zu deren Wahrnehmung die Beklagte
diesen bestellt hatte, liege vor. Die Kläger hätten die Bareinzahlung auf
das Konto in I. unter Anleitung und Mithilfe H. 's in der Erwartung
vorgenommen, die Einzahlungen gingen zum Zwecke einer Geldanlage beim D. R.
direkt auf ein Konto der Beklagten oder würden dorthin weitergeleitet. Der
Zusammenhang mit dem vertraglichen Aufgabenbereich des Erfüllungsgehilfen
werde nicht dadurch unterbrochen, daß dieser von den Weisungen des
Schuldners abweiche oder - selbst durch strafbare und vorsätzliche
Handlungen - in die eigene Tasche wirtschafte. H. habe sich nicht deshalb
außerhalb des ihm von der Beklagten zugewiesenen Aufgabenbereichs bewegt,
weil die Art der Einzahlung auf Schwarzgeld hindeutete; seine Aufgabe sei es
gewesen, Geldanlagen zu vermitteln, unabhängig von der Herkunft der Gelder.
Daß die Kläger - wie von der Beklagten behauptet - mit der Geldanlage eine
(weitere) Steuerhinterziehung beabsichtigt hätten, stehe nicht fest. Die
Anlage habe nicht anonym, sondern im Namen der Kläger - somit nachprüfbar
für die Finanzverwaltung - vorgenommen werden sollen. Mit der Stückelung der
Einzahlungen hätten die Kläger nur den Zweck verfolgt, Nachfragen über die
Herkunft des Geldes zu vermeiden, woraus sich aber nicht ergebe, daß auch in
Zukunft steuerpflichtige Zinseinnahmen nicht versteuert werden sollten.
Andererseits, so führt das Berufungsgericht weiter aus, sei den Klägern ein
erhebliches Mitverschulden vorzuwerfen. Sie seien in Geldangelegenheiten
nicht unerfahren gewesen und hätten bei etwas Achtsamkeit merken müssen, daß
mit dieser Geldanlage etwas nicht stimmte. Sie hätten nach eigenen Angaben
keine schriftlichen Unterlagen über die Art derselben erhalten. Außerdem
hätten den Klägern auch die Diskrepanzen hinsichtlich der
Einzahlungsmodalitäten in dem Schreiben vom 19. November 1998 und dem
unterschriebenen Antrag an die D. auffallen und zur Nachfrage Anlaß geben
müssen.
Für unangebracht hält es das Berufungsgericht, die den Klägern anzulastende
- als grob anzusehende - Fahrlässigkeit im Hinblick auf den Vorsatz H. 's
ganz außer acht zu lassen und der Beklagten die alleinige Haftung
aufzubürden. Das von der Beklagten zu vertretende vorsätzliche Verhalten H.
's könne anders gewichtet werden als ein eigenes Verhalten der Beklagten, da
H. nur als Erfüllungsgehilfe gehandelt habe. Der Beklagten das mit der
Einschaltung des Erfüllungsgehilfen verbundene "Personalrisiko" nach § 278
BGB allein aufzubürden, sei problematisch, wenn dem Gläubiger die
Einschaltung und die Person des Erfüllungsgehilfen erkennbar seien und er
diesen somit selbst auch aussuche. Vorliegend hätten die Kläger sich wegen
der Geldanlage an den selbständigen Handelsvertreter H. gewandt, der ihnen
aus früheren Vertragsbeziehungen mit der Beklagten bekannt gewesen sei. Er
habe sein Geschäft in eigenen Räumlichkeiten geführt, ohne einer direkten
Aufsicht der Beklagten zu unterstehen. Seine Tätigkeit habe er weitgehend
eigenständig gestaltet. Die Kläger hätten zu ihm aus mehrjähriger
Zusammenarbeit im Rahmen der Abwicklung von Erstattungen von Arzt- und
Krankenhausrechnungen Vertrauen gehabt. Dieses Vertrauen habe sich sowohl
auf seine Tätigkeit für die Beklagte als auch auf seine Person gegründet.
Durch den direkten Kontakt sei es den Klägern eher als der Beklagten möglich
gewesen, das Fehlverhalten zu bemerken und darauf zu reagieren.
Zusammenfassend hält das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten in Höhe
von 60 % für angemessen.
II. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand.
1. Rechtsfehlerfrei ist der, von der Beklagten mit ihrer Revision in erster
Linie angegriffene, Standpunkt des Berufungsgerichts, daß die Beklagte sich
das Verschulden ihres Generalagenten als ihres Erfüllungsgehilfen im Rahmen
des sich zwischen den Parteien anbahnenden Vertragsverhältnisses gemäß § 278
BGB zurechnen lassen muß und deshalb den Klägern grundsätzlich -
vorbehaltlich ihres Mitverschuldens - zum Schadensersatz verpflichtet ist.
Die auch von der Revision als maßgeblich herausgestellte Prüfung, ob
zwischen der schadenstiftenden Handlung des Gehilfen und den ihm
übertragenen Aufgaben ein unmittelbarer innerer Zusammenhang besteht
(Hinweis auf BGH, Urteil vom 29. Januar 1997 - VIII
ZR 356/95 - NJW 1997, 1233, 1234 f; vgl. auch BGH, Urteil vom 8. Oktober
1991 - XI ZR 207/90 - NJW 1991, 3208, 3209 f und Senatsurteil vom 5. März
1998 - III ZR 183/96 - NJW 1998, 1854, 1856), ist in erster Linie Sache des
Tatrichters. Die betreffende Beurteilung des Berufungsgerichts ist
erschöpfend und im Ergebnis naheliegend. Rechtliche Fehler vermag die
Revision an dieser Beurteilung nicht aufzuzeigen. Der von ihr hervorgehobene
- vom Berufungsgericht nicht verkannte -Umstand, daß H. durch sein Handeln
die Kläger bei ihrem Vorhaben unterstützt hat, "in Luxemburg geparkte
Schwarzgeldbeträge unter Umgehung der Steuerbehörde wieder dem deutschen
Kapitalmarkt zuzuführen", ist kein wertender Gesichtspunkt, der den
Zusammenhang mit dem Aufgabenbereich ausschließt, den H. gegenüber
(angehenden) Vertragspartnern der Beklagten wahrzunehmen hatte. Zu diesem
Aufgabenbereich gehörte die Obhut hinsichtlich sämtlicher Gelder, die von
Kunden der Beklagten - aus welcher Quelle auch immer - für eine von der
Beklagten vertriebene Vermögensanlage eingezahlt wurden. Der Umstand, daß H.
keine Inkassovollmacht der Beklagten bzw. der D. besaß und die Kläger dies
aus dem Aufdruck auf dem bei dem Geschäft unterzeichneten Antragsformular
auch hätten erkennen können, steht dem nicht entgegen.
Soweit die Revision darauf abstellt, H. habe schon deswegen nicht mehr im
Rahmen des ihm von der Beklagten übertragenen Aufgabenbereichs gehandelt,
weil er für die Kläger erkennbar gesetzwidrig gehandelt habe und evident
gesetzwidriges Verhalten generell nicht im Aufgabenbereich eines
Erfüllungsgehilfen liege, fehlt es an hinreichenden tatsächlichen
Anknüpfungspunkten für einen solchen Schluß. Das Berufungsgericht hat nicht
festzustellen vermocht, daß mit der Geldanlage eine Steuerhinterziehung
beabsichtigt war. Seine tatrichterliche Würdigung ist rechtsfehlerfrei.
2. Nicht zu beanstanden ist auch die Annahme des Berufungsgerichts, daß bei
der Entstehung des Schadens ein Mitverschulden der Kläger mitgewirkt hat (§
254 Abs. 1 BGB).
a) Die Revision der Kläger macht zwar geltend, die Annahme einer
beachtlichen Fahrlässigkeit der Kläger werde nicht durch entsprechende
Feststellungen getragen. Es ist aber festgestellt, daß die Kläger H.
außerordentlich große Geldsummen anvertraut haben, ohne auch nur annähernd
über die Art der Geldanlage informiert zu sein und ohne sich um die
schriftlichen Hinweise hinsichtlich der Einzahlungskonten auf dem Schreiben
vom 19. November 1998 einerseits und auf dem Antragsformular andererseits zu
kümmern. Wenn der Tatrichter diese Verhaltensweise als (grob) fahrlässig
eingestuft hat, so ist dies aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
b) Nichts anderes gilt, soweit die Revision der Kläger anführt, deren
Sorgfaltsverstöße seien für den eingetretenen Schaden nicht kausal geworden.
Nach dem Zusammenhang der Ausführungen des Berufungsgerichts ist davon
auszugehen, daß die Kläger, wenn sie nicht so sorglos wie festgestellt
gewesen wären, sich nicht, wie geschehen, H. ausgeliefert und ihr Geld
verloren hätten.
c) Die weitere Beanstandung der Revision der Kläger, ein Mitverschulden
derselben könne nicht damit begründet werden, daß die Kläger H. "als Person"
vertraut hätten, richtet sich gegen Ausführungen im Berufungsurteil, die im
wesentlichen nicht das Mitverschulden der Kläger als solches betreffen,
sondern die Abwägung des Sorgfaltsverstoßes der Kläger mit der von der
Beklagten zu vertretenden Pflichtverletzung H. 's (dazu nachfolgend 3).
3. Das Berufungsurteil enthält schließlich auch bei der Bewertung und
Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge keinen
durchgreifenden Mangel.
Diese Abwägung ist ebenfalls grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters. Das
Revisionsgericht ist auf die Nachprüfung beschränkt, ob der Abwägung
rechtlich unzulässige Erwägungen zugrunde liegen und ob der Tatrichter alle
Umstände vollständig und richtig berücksichtigt hat (vgl. nur Senatsurteil
vom 8. Februar 1965 - III ZR 170/63 - NJW 1965, 962, 964 und
BGH, Urteil vom
5. März 2002 - VI ZR 398/00 - WM 2002, 2473, 2476 m.w.N.).
a) Einen derartigen Rechtsfehler vermag die Revision der Beklagten nicht
darzulegen, deren Ausführungen im Kern nur den Versuch enthalten, ihre
eigene Würdigung, wonach ein weit überwiegendes Verschulden der Klägerin
vorliege, das eine Haftung der Beklagten ausschließe, in revisionsrechtlich
unzulässiger Weise an die Stelle der Bewertung des Tatrichters zu setzen.
Der Ansatz einer Haftungsquote von 60 % zu Lasten der Beklagten ist indessen
nicht zu beanstanden.
b) Andererseits vermag auch die Revision der Kläger, was die zu ihren Lasten
angenommene Mithaftungsquote von 40 % angeht, keinen Rechtsfehler
aufzuzeigen. Ohne Erfolg rügt sie, das Berufungsgericht sei nicht in
hinreichendem Umfang der Frage nachgegangen, ob hier das Mitverschulden der
- nur fahrlässig handelnden - Geschädigten wegen des vorsätzlichen Handelns
des Generalagenten der Beklagten zurücktreten müsse.
aa) Das Berufungsgericht hat erkannt, daß zwar regelmäßig ein nur
fahrlässiges Verhalten hinter einem vorsätzlichen Verhalten zurücktritt
(BGH, Urteile vom 6. Dezember 1983 - VI ZR 60/82 - NJW 1984, 921, 922 und
vom 9. Oktober 1991 - VIII ZR 19/91 - NJW 1992, 310,
311), daß dieser Grundsatz aber nicht anzuwenden ist, wenn die
vorsätzliche Schädigung von einem Erfüllungsgehilfen im Sinne des § 278 BGB
begangen worden ist (BGH, Urteile vom 18. Oktober 1965 - VII ZR 203/63 -
DB 1966, 147, 148, 2. Februar 1984 - I ZR 228/81 - NJW 1984, 2087, 2088, 8.
Oktober 1991 - XI ZR 207/90 - NJW 1991, 3208, 3210 und 13. Mai 1997 - XI ZR
84/96 - NJW 1997, 2236, 2238). Der tragende Gesichtspunkt hierfür liegt
darin, daß einem nach § 278 BGB ebenso wie einem nach § 831 BGB haftenden
Geschäftsherrn bei Arglist seines Erfüllungs- oder Verrichtungsgehilfen
nicht angelastet werden kann, selbst arglistig gehandelt zu haben (zu § 831
siehe schon RGZ 157, 228, 233). Auf die vom Berufungsgericht in diesem
Zusammenhang vorgenommene Differenzierung, je nachdem, ob die Person des
eingeschalteten Erfüllungsgehilfen dem Gläubiger erkennbar ist oder nicht,
und ob der Gläubiger bereits persönliches Vertrauen zu dem
Erfüllungsgehilfen des Schuldners gefaßt hat, kommt es in diesem
Zusammenhang nicht an.
bb) Nicht ausdrücklich in den Blick genommen hat das Berufungsgericht bei
der Abwägung nach Maßgabe von § 254 BGB allerdings, ob das (vorsätzliche)
Handeln des Schädigers H. der Beklagten gemäß § 31 BGB anzulasten war. Wäre
§ 31 BGB anzuwenden gewesen, so hätte zu Lasten der Beklagten (wieder) der
Grundsatz eingreifen können, daß fahrlässiges Verhalten gegenüber
vorsätzlichem Verhalten nicht zu berücksichtigen ist (vgl. BGH, Urteil vom
8. Oktober 1991 aaO S. 3210). Ein durchgreifender Mangel des
Berufungsurteils liegt aber darin, daß es § 31 BGB nicht erörtert hat,
nicht.
Die Rechtsprechung hat zwar über den Wortlaut der §§ 30, 31 BGB hinaus eine
Repräsentantenhaftung für solche Personen entwickelt, denen durch die
allgemeine Betriebsregelung und Handhabung bedeutsame, wesensmäßige
Funktionen der juristischen Person zur selbständigen, eigenverantwortlichen
Erfüllung zugewiesen sind, so daß sie die juristische Person im
Rechtsverkehr repräsentieren (s. die Nachweise in dem Senatsurteil vom 5.
März 1998 aaO S. 1856). Der diesbezügliche Tatsachenvortrag der Kläger, auf
den ihre Revision verweist, erschöpfte sich aber in der pauschalen - später
nirgends näher erläuterten und vertieften - Behauptung in der Klageschrift,
H. sei "Repräsentant der Beklagten" gewesen; er habe "wesentliche Funktionen
erfüllt, die für die allgemeine Betriebsregelung der Beklagten bedeutsam
war(en)". Insbesondere im Hinblick darauf, daß H. nicht einmal
Abschlußvollmachten und Inkassobefugnisse besaß - was zunächst einmal gegen
eine Repräsentantenhaftung in seiner Person spricht (vgl. Senatsurteil vom
5. März 1998 aaO S. 1856) -, war dieses Vorbringen so inhaltsleer, daß der
Tatrichter keinen Anlaß hatte, dem nachzugehen. Ebensowenig gab - entgegen
der Revision - der Tatsachenvortrag der Kläger Grund zur Prüfung, eine
Haftung der Beklagten entsprechend § 31 BGB deshalb in Betracht zu ziehen,
weil ihre Geschäftsführung nicht durch geeignete organisatorische Maßnahmen
dafür gesorgt hatte,
die Tätigkeit ihrer Handelsvertreter ausreichend zu überwachen, oder weil
sie einen für den fraglichen Aufgabenkreis zuständigen Vertreter nicht
berufen hatte (vgl. Senatsurteil aaO S. 1857 mit den dortigen Hinweisen).
|