Eigentumsverletzung durch Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeit ("Fleet-Fall")

BGH, Urt. v. 21. Dezember 1970, II ZR 133/68


Fundstelle:

BGHZ 55, 153 ff
(vgl. dazu auch BGHZ 137, 90 ff = NJW 1998, 377 sowie die Anm. zu
BGH v. 9.12.2014 - VI ZR 155/14 und BGH v. 21.6.2016 - VI ZR 403/14).


Amtl. Leitsätze:

1. Aus der Pflicht, die Schiffbarkeit eines Gewässers zu unterhalten, kann sich auch die Verpflichtung des Unterhaltungspflichtigen ergeben, durch geeignete Sicherungsmaßnahmen den drohenden Einsturz einer erkennbar baufälligen Ufermauer; auf der die Außenwand eines Hauses errichtet ist, zu verhindern.
2. Wird ein Schiff durch ein vom Unterhaltungspflichtigen eines schiffbaren Gewässers schuldhaft verursachtes Schiffahrtshindernis (hier: Balkensperre eines Anliegers zur Stützung einer bereits teilweise eingestürzten Haus- und Ufermauer) in einem Teil des Gewässers derart eingeschlossen, daß es jede Bewegungsmöglichkeit verliert, so haftet der Unterhaltungspflichtige dem Schiffseigentümer nach § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des Eigentums für den durch das Festliegen des Schiffes entstandenen Schaden.
3. Können Schiffe wegen der durch Verletzung der Unterhaltungspflicht herbeigeführten Sperrung eines schiffbaren Gewässers nicht zu einer hinter der Sperre liegenden und dadurch vom Wasser her nicht mehr zugänglichen Verladestelle gelangen, so liegt kein Eingriff des Unterhaltungspflichtigen in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Schiffseigentümer vor, die an dieser Verladestelle laden oder löschen wollen.



Sachverhalt:

Die beklagte Bundesrepublik ist Eigentümerin eines als Bundeswasserstraße eingetragenen Fleets das in B. eine Mühle mit dem dortigen Hafen verbindet. In das Fleet stürzte in der Nacht vom 21. zum 22. Oktober 1962 ein 3 bis 4m langes Stück der Ufermauer mit einem Teil der darauf ruhenden Außenwand eines Wohnhauses. Um den weiteren Einsturz des Hauses zu verhindern, ließ der Eigentümer dieses, und zwar in Vlzug einer baupolizeilichen Verfügung, abstützen. Hierbei wurden zwei Baumstämme so angebracht, daß sie unmittelbar über der Wasseroberfläche von der einen zur anderen Seite des Fleets führten. Damit war das Fleet - bis zur vorläufigen Instandsetzung der Ufermauer Mitte 1963 - für Schiffe unpassierbar. Dies hatte zur Folge, daß das der Klägerin gehörende MS »Christel« während der Zeit der Sperrung des Fleets dieses nicht verlassen konnte und an der Verladestelle der Mühle festlag. Außerdem konnte die Klägerin, die der Mühle gegenüber vertraglich gehalten war, Schiffsraum für Transporte bereit zu stellen, mit drei Schuten nicht zur Mühle fahren.
Die Klägerin beziffert den ihr durch die Sperrung des Fleets entstandenen Verdienstausfall auf insgesamt 31 061,10 DM. Sie verlangt diesen Betrag von der Beklagten ersetzt.
Beide Vorinstanzen haben den Klageanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Die Revision der Beklagten führte zur teilweisen Abweisung der Klage.

Aus den Gründen:

I. ...
II. Das angefochtene Urteil hält nicht in allen Punkten einer rechtlichen Nachprüfung stand:
1. Rechtlich zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß im Falle einer schuldhaften Verletzung der der Beklagten obliegenden Unterhaltungspflicht durch deren verfassungsmäßige Vertreter § 823 Abs. 1, §§ 89,31 BGB als Anspruchsgrundlage in Betracht kommen und nicht, wie die Revision meint, allenfalls § 839 BGB, Art. 34 GG.
Die Unterhaltungspflicht an einer Wasserstraße wird unabhängig davon, wer der Träger dieser Pflicht ist, als eine öffentlich-rechtliche Verbindlichkeit angesehen (Wüsthoff, Handbuch des Deutschen Wasserrechts, WHG § 29 Anm. 1; Holtz/Kreutz/Schlegelberger, Das Preußische Wassergesetz, 3. und 4. Aufl. § 133 Anm. 4). Im Streitfall ergibt sich überdies der öffentlichrechtliche Charakter der Unterhaltungspflicht aus § 80 Nds WasserG. Das bedeutet jedoch nur, daß die Unterhaltungspflicht gegenüber der Allgemeinheit zu erfüllen ist und ihre Erfüllung allein von der Aufsichtsbehörde im Verwaltungswege erzwungen werden kann (Rehder, Niedersächsisches Wassergesetz, 3. Aufl. § 80 Anm. 1; Giesecke/Wiedemann, Wasserhaushaltsgesetz § 28 Rdnr. 2; vgl. auch BGH VersR 1964,534 ff; 1967,604). Hingegen folgt aus dem öffentlich-rechtlichen Charakter der Unterhaltungspflicht nicht, wie die Revision meint, daß ihre Erfüllung in den Fällen, in denen sie, wie vorliegend, der Bundesrepublik obliegt, zu den Hoheitsaufgaben des Unterhaltungspflichtigen gehört. Das ist zwar nunmehr kraft ausdrücklicher Gesetzesvorschrift (§ 7 Abs. 1 BWasserStrG) der Fall. Im Zeitpunkt des Einsturzes der Ufermauer und davor wurde jedoch die Unterhaltungspflicht unabhängig von dem Träger der Pflicht überwiegend als ein Teil der Vermögensverwaltung des Pflichtigen betrachtet, deren schuldhafte Verletzung Ansprüche nach § 823 Abs. 1 BGB begründet (BGH VersR 1964,534 ff; BGB-RGRK 11. Aufl. § 89 Anm. 5; Rehder aaO § 80 Anm. 2; Giesecke/Wiedemann aaO; Holtz/Kreutz/Schlegelberger aaO).
2. Das Berufungsgericht leitet die Pflicht der Beklagten, das Fleet zu unterhalten, für die Zeit bis zum 14. Juni 1960 aus den §§ 113,114 PrWasserG und für die Zeit danach aus den §§ 80,81 des am 15. Juni 1960 in Kraft getretenen Niedersächsischen Wassergesetzes her. Es meint, die Unterhaltungspflicht umfasse auch die Ufermauer im Bereich der Einsturzstelle. Diese Auffassung stützt es für die hier in erster Linie interessierende Zeit nach dem Inkrafttreten des Niedersächsischen Wassergesetzes zunächst auf dessen § 81 Abs. 2 Satz 1, der bestimmt, daß zur Erhaltung des ordnungsmäßigen Zustandes eines Gewässers auch die Unterhaltung des Gewässerbettes einschließlich der Ufer gehört. Weiter gründet es sie auf die in § 81 Abs. 1 NdsWasserG enthaltene Regelung, wonach die Unterhaltungspflicht an einem schiffbaren Gewässer auch die Pflicht umgreift, die Schiffbarkeit zu erhalten. Hierzu, so führt das Berufungsgericht näher aus, gehöre auch die Verpflichtung, alle erkennbaren, die Schiffahrt hindernden Zustände des Wasserlaufs, und zwar auch soweit diese von den Ufern oder Uferanlagen ausgehen, zu beseitigen. Andernfalls wäre nicht sichergestellt, daß die Schiffahrt die Wasserstraße überhaupt oder auch nur ungehindert benutzen könne. Die Revision wendet sich gegen diese Ausführungen im Ergebnis ohne Erfolg.
Es bedarf vorliegend keiner Entscheidung der Frage, ob die Beklagte vor dem Inkrafttreten des Niedersächsischen Wassergesetzes verpflichtet war, die Ufermauer im Bereich der Einsturzstelle zu unterhalten. Es kann weiter dahinstehen, ob den §§ 80 ff NdsWasserG allgemein die Pflicht zur Unterhaltung der Ufer durch den Gewässerunterhaltungspflichtigen zu entnehmen ist, und zwar unabhängig davon, wie die Ufer beschaffen oder gestaltet sind, in wessen Eigentum oder Besitz sie stehen oder welchen Zwecken sie außer der Begrenzung des Gewässers dienen. Insbesondere kann offen bleiben, ob § 89 NdsWasserG die gleiche Regelung wie § 120 Abs. 5 PrWasserG (vgl. zu dieser Bestimmung PrOVG 96,131,136) enthält und, wie die Revision meint, die Unterhaltung von Ufermauern grundsätzlich dem Nutzungsberechtigten und nicht dem Gewässerunterhaltungspflichtigen auferlegt. Auf alle diese Fragen und die eingehenden Erörterungen der Revision zu diesen Punkten kommt es im Streitfall nicht an. Denn unter den gegebenen besonderen Umständen folgte jedenfalls aus der nach § 81 Abs. 1 NdsWasserG (vgl. auch § 28 Abs. 1 Satz 1 WHG) bestehenden Verpflichtung der Beklagten, die Schiffbarkeit des Fleets zu erhalten, auch die Pflicht, den drohenden Einsturz der Ufermauer durch geeignete, vom Eigentümer des Hauses zumindest in sinngemäßer Anwendung des § 95 Abs. 1 und 2 NdsWasserG zu duldende Sicherungsmaßnahmen zu verhindern.
Das Fleet besitzt, wie im angefochtenen Urteil festgestellt ist, eine Breite von etwa 5 m. Das Fahrwasser reicht nach den Ausführungen in der Verfügung des Wasser- und Schiffahrtsamts vom 4. Juni 1957 von Ufermauer zu Ufermauer. Das Fleet durfte bis zu dem Mauereinsturz, wie zwischen den Parteien außer Streit steht, von Schiffen befahren werden, deren Breite nahezu der Breite des Fahrwassers entsprach. Jeder Einsturz eines Teils der Ufermauern mußte danach die Schiffbarkeit des Fleets zumindest beeinträchtigen. Unter diesen besonderen Umständen umfaßte die Pflicht der Beklagten, die Schiffbarkeit des Fleets zu erhalten, aber nicht nur, wie die Revision meint, die Verpflichtung, nach Eintritt einer Beeinträchtigung oder nach Wegfall der Schiffbarkeit des Fleets diese wiederherzustellen. Vielmehr ging diese Pflicht auch dahin, zumindest jeder unmittelbaren Gefahr, die der Schiffbarkeit des Fleets von der Beschaffenheit der Ufermauern drohte, durch geeignete Maßnahmen zu begegnen. Denn die Schiffbarkeit eines Gewässers zu erhalten, bedeutet nicht nur, sie wiederherzustellen, sondern, wie das Wort »erhalten« besagt, auch dafür zu sorgen, daß es möglichst zu keiner Beeinträchtigung oder Beseitigung der Schiffbarkeit kommt. Daran, daß letzteres im Streitfall technisch möglich war, kann, wie der weitere Verlauf zeigt, nicht gezweifelt werden.
3. Gegen diese Pflicht haben, wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, die verfassungsmäßigen Vertreter der Beklagten dadurch schuldhaft verstoßen, daß sie in Kenntnis des baufälligen Zustandes der Ufermauer und obwohl sie, wie bereits in der Verfügung des Wasser- und Schiffahrtsamts vom 4. Juni 1957 zum Ausdruck kommt, jederzeit mit einem Einsturz der Mauer rechnen mußten, über Jahre hinweg nichts unternommen haben, um durch geeignete Sicherungsmaßnahmen den drohenden Einsturz der Mauer zu verhindern. Wenn das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang allerdings meint, die Beklagte habe derartige Maßnahmen »notfalls im Wege der Ersatzvornahme« durchführen müssen, so unterscheidet es nicht hinreichend zwischen deren öffentlich-rechtlicher Unterhaltungspflicht und etwaigen öffentlich-rechtlichen Befugnissen der Beklagten gegenüber Dritten. Vorliegend handelt es sich aber nicht um die Durchsetzung derartiger Befugnisse (vgl. hierzu die vorerwähnte Verfügung des Wasser- und Schiffahrtsamts), sondern um die Erfüllung einer der Beklagten selbst obliegenden Pflicht. Das beachtet auch die Revision nicht.
Daß der schuldhafte Pflichtverstoß der verfassungsmäßigen Vertreter der Beklagten für die Sperrung des Fleets (mit den der Klägerin daraus entstandenen Nachteilen) adäquat kausal war, zieht die Revision zu Unrecht in Zweifel. Sicher war der unmittelbare Anlaß für die Sperrung des Fleets die Verfügung der Stadt B. vom 22. Oktober 1962 und die in Vollzug dieser Verfügung erfolgte Abstützung des Hauses F.straße 10. Beides war aber nur eine adäquate Folge der vorangegangenen Pflichtwidrigkeit der verfassungsmäßigen Vertreter der Beklagten. Denn daß das Unterlassen der Sicherung einer baufälligen Ufermauer, auf der eine Außenwand eines Gebäudes ruht, unter den gegebenen Umständen zu derartigen Folgen führen kann, liegt nicht außerhalb der Lebenserfahrung.
Ob der weitere Vorwurf des Berufungsgerichts berechtigt ist, die Beklagte habe nach dem Einsturz der Mauer unverzüglich durch deren Ausbesserung für ihre Standfestigkeit sorgen und dadurch die alsbaldige Wiederaufnahme der Schiffahrt auf dem Fleet ermöglichen müssen, kann dahinstehen. Denn für das Schadensersatzbegehren der Klägerin ist es ohne Belang, ob die verfassungsmäßigen Vertreter der Beklagten die Sperrung des Fleets (mit den der Klägerin daraus entstandenen Nachteilen) durch eine weitere Pflichtwidrigkeit länger als notwendig schuldhaft verursacht haben.
4. Das Berufungsgericht verneint den Schutzgesetzcharakter (§ 823 Abs. 2 BGB) der Vorschriften über die Unterhaltungspflicht an einem Gewässer. Das ist rechtlich zutreffend (BGH VersR 1967,405,406; RG HRR 1935 Nr. 1068; vgl. auch BGH VersR 1964,534 ff). Es hält die Beklagte aber deshalb für den der Klägerin durch die Sperrung des Fleets entstandenen Schaden für ersatzpflichtig, weil in dem schuldhaft pflichtwidrigen Verhalten ihrer verfassungsmäßigen Vertreter ein unzulässiger Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin zu sehen sei. Diese Auffassung begegnet in ihrer Begründung, teilweise auch im Ergebnis, rechtlichen Bedenken.
a) Die Haftung aus einem Eingriff in das Recht an einem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb tritt wegen ihres subsidiären Charakters nur ein, wenn eine andere Rechtsgrundlage nicht gegeben ist und der Zusammenhang der auf dem jeweiligen Rechtsgebiet geltenden Normen ergibt, daß eine Lücke besteht, die mit Hilfe des § 823 Abs. 1 BGB geschlossen werden muß (BGHZ 38,200,204). Eine Prüfung des Streitfalls aus dieser Sicht führt zu folgendem Ergebnis:
Hinsichtlich des MS »Christel« der Klägerin kommen Schadensersatzansprüche wegen eines Eingriffs in das Recht am ein gerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb deshalb nicht in Betracht, weil insoweit eine die Beklagte zum Schadensersatz verpflichtende Eigentumsverletzung vorliegt. Die Verletzung des Eigentums an einer Sache kann nicht nur durch eine Beeinträchtigung der Sachsubstanz, sondern auch durch eine sonstige die Eigentümerbefugnisse treffende tatsächliche Einwirkung auf die Sache erfolgen (Soergel/Zeuner, BGB, 10. Aufl. § 823 Rdnr. 24; vgl. auch BGB-RGRK, 11. Aufl. § 823 Anm. 15; Larenz Lehrbuch des Schuldrechts II. Bd. 9. Aufl. S. 407). Im Streitfall ergibt sich eine Verletzung des Eigentums der Klägerin an MS »Christel« daraus, daß das Schiff an der Verladestelle der Mühle wegen der Sperrung des Fleets liegen bleiben mußte. Es verlor dadurch jede Bewegungsmöglichkeit über das zwischen der Verladestelle und den als Sperre wirkenden Baumstämmen befindliche Fleetstück hinaus. Es war damit als Transportmittel praktisch ausgeschaltet, seinem bestimmungsgemäßen Gebrauch entzogen. Die »Einsperrung« des Schiffes stellte sich demnach als eine die Eigentümerbefugnisse der Klägerin treffende tatsächliche Einwirkung auf dieses Fahrzeug dar. Sie war mithin eine Eigentumsverletzung. Wenn das Reichsgericht in einem ähnlichen Falle eine Eigentumsverletzung verneint hat (RG Gruchot 68,76,79), so ging es im Gegensatz zu dem erkennenden Senat ersichtlich davon aus, daß eine Eigentumsverletzung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB nur bei einem Eingriff in die Sachsubstanz, nicht aber bei sonstiger Einwirkung auf die Sache (vgl. BGH WM 1967,562,563) vorliegt. Eine derart enge Auslegung des § 823 Abs. 1 BGB wird aber dem Zweck dieser Vorschrift nicht gerecht. Diese will die dort aufgeführten Rechte gegen jede schuldhaft widerrechtliche Verletzung schützen. Die Beklagte, die für das pflichtwidrige schadensursächliche Verhalten ihrer verfassungsmäßigen Vertreter verantwortlich ist (§§ 89,31 BGB), ist daher der Klägerin für den dieser aus der »Einsperrung« des MS »Christel«
entstandenen Schaden ersatzpflichtig (§ 823 Abs. 1 BGB). Insoweit kommt eine Haftung der Beklagten wegen eines schuldhaft rechtswidrigen Eingriffs in das Recht der Klägerin am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nicht in Betracht. Dabei bleibt offen, ob ein derartiger Eingriff überhaupt vorgelegen hat.
Anders verhält es sich hingegen hinsichtlich des von der Klägerin wegen der Nichtbefahrbarkeit des Fleets für die Schuten geltend gemachten Schadensbetrages. Eine Eigentumsverletzung seitens der Beklagten liegt insoweit deshalb nicht vor, weil die Schuten durch die Sperrung des Fleets in ihrer Eigenschaft als Transportmittel nicht betroffen und damit ihrem natürlichen Gebrauch nicht entzogen wurden. An dieser Beurteilung ändert sich nichts dadurch, daß die Klägerin die Schuten während der Sperrung des Fleets nicht zur Verladestelle der Mühle fahren lassen konnte. Darin ist kein Eingriff in das Eigentum an den Schuten zu sehen, sondern eine Behinderung der Klägerin in der Ausübung des ihr wie jedem Schiffahrttreibenden an dem Fleet zustehenden Gemeingebrauchs. Dieser stellt aber kein »sonstiges Recht« im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB dar (RG Gruchot 68,76,78; KG JW 1938,948; vgl. auch RG Seuff. Arch. 76 Nr. 14 und Soergel/Zeuner aaO Rndnr. 35).
b) Allein für den Schadensersatzanspruch der Klägerin aus der Nichtbefahrbarkeit des Fleets für die Schuten kommt es demnach darauf an, ob in dem pflichtwidrigen Verhalten der verfassungsmäßigen Vertreter der Beklagten ein unzulässiger Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin zu sehen ist. Dem Berufungsgericht kann nicht beigetreten werden, wenn es diese Frage bejaht. Zwar meint die Revision zu Unrecht, im Streitfall könne schon deshalb nicht von einer Verletzung des Rechts der Klägerin am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb die Rede sein, weil das Begehen einer derartigen Verletzung durch ein Unterlassen nicht möglich sei. Denn die Verletzung der durch § 823 Abs. 1 BGB geschützten Rechte oder Rechtsgüter kann auch durch Unterlassung eines den Verletzungserfolg abwendenden Tuns begangen werden (Soergel/Zeuner aaO Rdnr. 102). Jedoch ist der Revision zuzugeben, daß die Ausführungen des Berufungsgerichts zu der Frage, ob im Streitfall ein unmittelbarer Eingriff der Beklagten in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin gegeben ist, rechtlich jedenfalls insoweit nicht einwandfrei sind, als sie den vorliegend zur Erörterung stehenden Schadensbetrag betreffen.
Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, daß nicht jede rechtswidrige und schuldhafte Beeinträchtigung der gewerblichen Tätigkeit eines Dritten Schadensersatzansprüche nach § 823 Abs. 1 BGB auslöst. Das ist vielmehr nur dann der Fall, wenn sie einen unmittelbaren Eingriff in den Bereich des Gewerbebetriebes darstellt, also betriebsbezogen ist und nicht vom Gewerbebetrieb ohne weiteres ablösbare Rechte oder Rechtsgüter betrifft (BGHZ 29,65,74; vgl. auch Hauß zu LM Nr. 1 § 823 (Ai) BGB und zu Nr. 10 § 823 (Ac) BGB). Um einen derartigen, irgendwie gegen den Betrieb der Klägerin gerichteten Eingriff handelt es sich vorliegend aber nicht. Die Schiffbarkeit einer Wasserstraße gehört nicht zum Bereich des Gewerbebetriebes eines Schiffahrttreibenden. Die zeitweilige, auch andere Schiffahrttreibende treffende Sperrung einer Wasserstraße greift daher nicht in dessen Gewerbebetrieb ein. Wenn das Berufungsgericht im Streitfall deshalb eine andere Beurteilung Platz greifen lassen will, weil die Klägerin das Fleet mit ihren Fahrzeugen vor der Sperrung mehr als andere Schiffahrttreibende oder zeitweilig nahezu allein benutzt und die Sperrung sie an der Einhaltung vertraglicher Bindungen gegenüber der Mühle vorübergehend gehindert hat, so kann dem nicht gefolgt werden. Das Bestehen derartiger Bindungen kann nicht dazu führen, die Schiffbarkeit einer von einem Schiffahrttreibenden im Rahmen der Erfüllung vertraglicher Pflichten zu benutzenden Wasserstraße als zum Bereich seines Gewerbebetriebes gehörend anzusehen. Die gegenteilige Auffassung des Berufungsgerichts kann auch nicht der Umstand stützen, daß die Fahrten der Schiffe der Klägerin für die Mühle im Zeitpunkt des Einsturzes der Ufermauer einen wesentlichen Teil ihrer geschäftlichen Tätigkeit ausgemacht haben. Darüber, was dem Bereich des Gewerbebetriebes eines Schiffahrttreibenden zuzurechnen ist, kann nicht der schwerpunktmäßige, ausschließlich von den jeweiligen Frachtangeboten Dritter abhängige Einsatz eines oder mehrerer Schiffe eines Schiffahrttreibenden auf bestimmten Fahrwasserstrecken entscheiden. Es trifft deshalb nicht zu, wenn das Berufungsgericht meint, im Streitfall liege ein zum Schadensersatz verpflichtender Eingriff der Beklagten in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin auch insoweit vor, als diese mit ihren Schuten das Fleet zeitweilig nicht befahren konnte. Wollte man dieser Auffassung folgen, so würde das nur auf dem Umweg über das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zu einer Anerkennung des Gemeingebrauches als eines »sonstigen Rechts« im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB führen.
6. Im Ergebnis ist damit dem angefochtenen Urteil nur insoweit beizutreten, als es den Schadensersatzanspruch der Klägerin aus dem »Einsperren« des MS »Christel« (24 096,- DM) dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt hat. Wegen des weitergehenden Klageanspruchs (6965,10 DM) war die Klage hingegen abzuweisen.