Begriff der Sachbeschädigung iSv § 7 StVG;
Begriff des Schutzgesetzes iSv § 823 II BGB; Schutzbereich der Norm; Begriff
der Eigentumsverletzung iSv § 823 I BGB bei Entziehung der
Gebrauchsmöglichkeit; berechtiger Besitz als "sonstiges Recht" iSv § 823 I
BGB; Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb; keine
Ersatzfähigkeit primärer Vermögensschäden nach § 823 I BGB
BGH, Urteil vom 9. Dezember 2014 - VI
ZR 155/14 - OLG Karlsruhe
Fundstelle:
NJW 2015, 1174
S. dazu auch Picker
NJW 2015, 2304
Amtl. Leitsatz:
a) Eine Sache ist dann "beschädigt" im Sinne des
§ 7 StVG, wenn entweder ihre Substanz nicht unerheblich verletzt oder wenn
ihre Brauchbarkeit zu ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung nicht unerheblich
beeinträchtigt worden ist, ohne dass zugleich ein Eingriff in die
Sachsubstanz vorliegt. Eine Beeinträchtigung der Brauchbarkeit einer Sache
zu ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung liegt nicht schon dann vor, wenn nur
der tatsächliche Bedarf für die entsprechende Verwendung eingeschränkt wird.
b) Soweit Vorschriften der StVO nach ihrem Sinn und Zweck den Straßenverkehr
selbst vor Störungen schützen wollen, dienen sie dem öffentlichen Interesse
und nicht auch den Vermögensinteressen derjenigen, die von einer
Verkehrsstörung und der daraus folgenden Beschränkung der Nutzbarkeit der
Straße besonders betroffen sind.
c) Soll der berechtigte Besitz an einer Sache dazu dienen, eine bestimmte
Nutzung der Sache zu ermöglichen, so stellt es eine Rechtsgutsverletzung im
Sinne des § 823 Abs. 1 BGB dar, wenn der Besitzer an eben dieser Nutzung
durch einen rechtswidrigen Eingriff in relevanter Weise gehindert wird.
Voraussetzung ist freilich stets, dass die Beeinträchtigung der
bestimmungsgemäßen Verwendung der Sache ihren Grund in einer unmittelbaren
Einwirkung auf die Sache selbst hat.
Zentrale Probleme:
Eine sehr lehrreiche Entscheidung zum Deliktsrecht:
Aufgrund eines Autounfalls wird eine Autobahn gesperrt, so dass der
Durchgangsverkehr zu einer dahinter liegenden Rastanlage versperrt wird. Der
Betreiber verlangt Schadensersatz für den erlittenen Verdienstausfall. Kern
der Problematik ist, ob eine "Sachbeschädigung" iSv § 7 StVG oder aber die
Verletzung eines absoluten Rechts nach § 823 I BGB vorliegen. Als ein
solches kommt hier der berechtigte Besitz in Frage.
Die Grundproblematik des Falles erinnert an den klassischen "Fleet-Fall" (BGHZ
55 153; s.auch
BGH v. 21.6.2016 - VI ZR 403/14) sowie an die Problematik der Sitzblockaden von Baustellen (BGHZ
137, 90): Bei § 823 I BGB ist anerkannt, dass eine Eigentumsbeschädigung
auch durch die vollständige Entziehung der Gebrauchsmöglichkeit erfolgen
kann, ohne dass die Substanz einer Sache verletzt wird (s. dazu jetzt auch
BGH v. 21.6.2016 - VI ZR 403/14 sowie
BGH v. 22.9.2022 - VI ZR 336/21). Das setzt aber eine
Einwirkung auf die Sache selbst voraus (s. auch BGH NJW 2004, 356).
Der Senat stellt hier klar, dass der Schutz des berechtigten Besitzes als
"sonstiges Recht" iSv § 823 I nicht weiter gehen kann, als derjenige des
Eigentums. Das aber ist nicht verletzt, wenn die bloße Gebrauchsmöglichkeit
der Sache in Frage steht, ohne dass auf die Sache selbst eingewirkt wird.
Ein Anspruch aus dem Gesichtspunkt eines Eingriffs in das als "sonstiges
Recht" anerkannte Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (s.
dazu auch
BGHZ
29,65 ff;BGH
NJW 1999, 279 ff; BGH NJW 2003, 1040; BGH NJW 2004, 356;
BGH v. 22.2.2011 - VI ZR 120/10)
scheitert daran, dass es sich nicht um einen betriebsbezogenen,
unmittelbaren Eingriff handelt. Der Kläger hat also einen bloßen primären
Vermögensschaden erlitten, der nach § 823 I BGB nicht ersatzfähig ist.
©sl 2015
Tatbestand:
1 Die Parteien streiten um Ansprüche
auf Ersatz von Einnahmeausfällen, die der Klägerin als Betreiberin einer
Autobahnrastanlage infolge einer unfallbedingten Sperrung der Autobahn
entstanden sein sollen.
2 Bei der Beklagten handelt es sich um den Haftpflichtversicherer eines
Sattelzuges, der auf der Bundesautobahn (BAB) 5 mit dem nicht vollständig
abgesenkten und infolgedessen bis in eine Höhe von 4,83 m ragenden
Auslegearm eines von ihm transportierten Baggers gegen eine über die
Autobahn führende Brücke stieß. Durch die Kollision wurde die Brücke so
stark beschädigt, dass Einsturzgefahr bestand. Das betroffene Teilstück der
BAB 5 wurde deshalb für mehrere Tage gesperrt. Im Rundfunk wurde empfohlen,
den gesperrten Bereich großräumig zu umfahren.
3 Wenige Kilometer vom gesperrten Bereich entfernt, aber außerhalb des
gesperrten Bereichs selbst, befindet sich an der BAB 5 eine
Autobahnrastanlage. Sie wurde vom Betreiber für die Dauer der
Autobahnsperrung geschlossen. Mit der Behauptung, Betreiberin der
vorgenannten Autobahnrastanlage zu sein und infolge der Unerreichbarkeit der
Anlage für den Durchgangsverkehr während der Sperrung erhebliche
Einnahmeausfälle erlitten zu haben, nimmt die Klägerin die Beklagte auf
Ersatz entgangenen Gewinns in Höhe von 37.985 € sowie vorgerichtlicher
Rechtsverfolgungskosten in Anspruch.
4 Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht die
hiergegen von der Klägerin geführte Berufung zurückgewiesen. Mit der vom
Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren
weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
5 Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt, der Klägerin stünden
die geltend gemachten Schadensersatzansprüche unter keinem rechtlichen
Gesichtspunkt zu. Zwar habe die Beklagte als Haftpflichtversicherer gemäß §
115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG, § 1 PflVG neben Halter und Führer des
unfallverursachenden Fahrzeugs für die versicherten Ansprüche einzustehen,
es fehle im Streitfall aber bereits an einem Anspruch der Klägerin gegen
Halter und Führer des versicherten Fahrzeugs als Schadensverursacher. Eine
haftungsbegründende Verletzung des berechtigten Besitzes der Klägerin, eine
entschädigungspflichtige Nutzungsbeeinträchtigung oder ein deliktsrechtlich
relevanter Eingriff in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb
lägen nicht vor, weshalb sowohl Ansprüche aus der straßenverkehrsrechtlichen
Gefährdungshaftung als auch aus § 823 Abs. 1 BGB ausschieden. Ansprüche aus
§ 823 Abs. 2 BGB kämen mangels Verstoßes gegen ein den Schutz der Klägerin
bezweckendes Gesetz nicht in Betracht. Insbesondere stellten die Regelungen
des § 29 Abs. 3 Satz 1 StVO, des § 22 Abs. 2 Satz 1 StVO und des § 18 Abs. 1
Satz 2 StVO keine Schutzgesetze zugunsten der Klägerin dar.
II.
6 Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.
Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, dass der Klägerin keine
Schadensersatzansprüche gegen den Fahrer oder Halter des bei der Beklagten
versicherten Sattelzuges zustehen.
7 1. Zutreffend geht das Berufungsgericht zunächst davon aus, dass die
Klägerin im Hinblick auf die Rastanlage keine Ansprüche aus §§ 7, 18 StVG
hat. Es fehlt an einer "Beschädigung" der - was im Rahmen der §§ 7,
18 StVG ausreicht (vgl. Senatsurteil vom 18. November 1980 - VI ZR
215/78, VersR 1981, 161, 162; König in Hentschel/König/Dauer,
Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl., § 7 StVG Rn. 26) - in ihrem
berechtigten unmittelbaren Besitz stehenden Anlage oder deren Einrichtungen.
8 Eine Sache ist dann "beschädigt" im Sinne des § 7 StVG, wenn
entweder ihre Substanz nicht unerheblich verletzt oder wenn ihre
Brauchbarkeit zu ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung nicht unerheblich
beeinträchtigt worden ist, ohne dass zugleich ein Eingriff in die
Sachsubstanz vorliegt (Senatsurteil vom 6. November 2007 - VI ZR
220/06, VersR 2008, 230 Rn. 8). Dass die nach dem - für das
Revisionsverfahren zu unterstellenden - Vortrag der Klägerin von ihr
betriebene Rastanlage durch die vom bei der Beklagten versicherten Sattelzug
verursachte Sperrung der BAB 5 wenige Kilometer entfernt in ihrer
Sachsubstanz verletzt worden wäre, steht nicht in Rede. Aber auch die
Brauchbarkeit der Rastanlage zu ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung wurde
durch die Sperrung nicht beeinträchtigt. Denn die Funktionsfähigkeit
der Anlage und ihrer Einrichtungen selbst wurde durch die Sperrung nicht
betroffen. Die Anlage und ihre Einrichtungen hätten auch während der
Sperrung der Autobahn in jeder Hinsicht bestimmungsgemäß in Gebrauch
genommen werden können. Dass infolge der Sperrung und der damit
zusammenhängenden Empfehlung, den Bereich weiträumig zu umfahren,
Durchgangsverkehr und damit nennenswerter Kundenzustrom nicht zu erwarten
war, ändert daran nichts. Denn die Brauchbarkeit einer Sache für
ihre zweckentsprechende Verwendung hängt nicht davon ab, ob und in welchem
Umfang auch ein tatsächlicher Bedarf für die entsprechende Verwendung der
Sache besteht. Zudem umfasst der von § 7 StVG gewährleistete Schutz
des Integritätsinteresses nicht die Garantie, mit einer Sache ungehindert
Gewinne erzielen zu können.
9 2. Zutreffend ist die weitere Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin
stehe kein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit der Verletzung
eines Schutzgesetzes zu.
10 a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats setzt ein solcher
Anspruch voraus, dass es sich bei der Vorschrift, die verletzt wurde, um
eine Rechtsnorm handelt, die zumindest auch dazu bestimmt ist, den Einzelnen
oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines bestimmten
Rechtsgutes zu schützen (z.B. Senatsurteile vom 14. Juni 2005 - VI
ZR 185/04, VersR 2005, 1449, 1450; vom 2. Februar 1988 - VI ZR 133/87, BGHZ
103, 197, 199; vom 3. Februar 1987 - VI ZR 32/86, BGHZ 100, 13, 14 f.; vgl.
auch Freymann in Geigel, Der Haftpflichtprozess, 26. Aufl., Kap. 15 Rn. 2;
Greger in Greger/Zwickel, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 5. Aufl., § 11
Rn. 4; jeweils mwN). Im konkreten Schaden muss sich dabei die Gefahr
verwirklicht haben, vor der die betreffende Norm schützen sollte. Der
eingetretene Schaden muss also in den sachlichen Schutzbereich der
verletzten Norm fallen (z.B. Senatsurteil vom 14. Juni 2006 - VI ZR
185/04, aaO; Freymann, aaO Rn. 3; Greger, aaO Rn. 5; Palandt/Sprau, 74.
Aufl., § 823 Rn. 59; MünchKommBGB/Wagner, 6. Aufl., § 823 Rn. 418).
Weiter muss der konkret Geschädigte auch zum Kreis derjenigen Personen
gehören, deren Schutz die verletzte Norm bezweckt. Der Geschädigte muss also
vom persönlichen Schutzbereich der verletzten Norm erfasst sein
(Senatsurteil vom 25. September 1990 - VI ZR 19/90, VersR 1990, 1366, 1367;
Freymann, aaO; Greger, aaO; Palandt/Sprau, aaO).
11 b) Hieran scheitert im Streitfall ein Schadensersatzanspruch der Klägerin
aus § 823 Abs. 2 BGB. Die Versicherten der Beklagten haben kein Gesetz
verletzt, das dem Schutz der Klägerin als Betreiberin einer
Autobahnrastanlage vor Gewinneinbußen zu dienen bestimmt ist.
12 aa) Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass die
Straßenverkehrsordnung (StVO) nicht im Ganzen ein Gesetz zum Schutz des
Vermögens ist. Sie ist Teil des Straßenverkehrsrechts, durch das die
Teilnahme am Straßenverkehr geregelt und insbesondere dessen Sicherheit und
Leichtigkeit gewährleistet werden soll. Dieses dient als sachlich begrenztes
Ordnungsrecht der Abwehr von typischen Gefahren, die vom Straßenverkehr
ausgehen und die dem Straßenverkehr von außen oder durch Verkehrsteilnehmer
erwachsen (Senatsurteile vom 14. Juni 2005 - VI ZR 185/04, VersR
2005, 1449, 1450; vom 18. November 2003 - VI ZR 385/02, VersR 2004, 255,
256; jeweils mwN). Einzelne Vorschriften der StVO können allerdings
zugleich dem Schutz von Individualinteressen dienen, namentlich der
Gesundheit, der körperlichen Unversehrtheit und des Eigentums
(Senatsurteile vom 28. März 2006 - VI ZR 50/05, VersR 2006, 944 Rn. 18; vom
14. Juni 2005 - VI ZR 185/04, aaO; vom 18. November 2003 - VI ZR 385/02,
aaO).
13 bb) Als von den Versicherten der Beklagten verletzte Gesetze kommen
vorliegend die Vorschriften des § 18 Abs. 1 Satz 2 StVO, des § 22 Abs. 2
Satz 1 StVO, des § 23 Abs. 1 Satz 2 StVO, des § 29 Abs. 3 Satz 1 StVO sowie
des § 1 Abs. 2 StVO in Betracht. Welchen dieser Regelungen - was der
erkennende Senat für § 1 Abs. 2 StVO bereits anerkannt hat (vgl.
Senatsurteile vom 26. Februar 2013 - VI ZR 116/12, VersR 2013, 599 Rn. 8,
13; vom 11. Juli 1972 - VI ZR 79 und 80/71, VersR 1972, 1072, 1073) und
darüber hinaus jedenfalls für § 22 Abs. 2 Satz 1 StVO der herrschenden
Meinung entsprechen dürfte (vgl. König in Hentschel/König/Dauer, 42. Aufl.,
§ 22 StVO Rn. 11, 33; vgl. ferner OLG Celle, NStZ-RR 2007, 215) -
grundsätzlich Schutznormcharakter zukommt, kann im Streitfall freilich
dahinstehen. Die Klägerin wirft den Versicherten der Beklagten nämlich nicht
etwa vor, sie durch die unzulässig dimensionierte Ladung unmittelbar in
einem ihrer Rechtsgüter verletzt zu haben. Inhalt des Vorwurfs der Klägerin
ist vielmehr, die bei der Beklagten Versicherten hätten durch ihr Verhalten
die Nutzung einer öffentlichen Straße vorübergehend unmöglich gemacht und
der Klägerin dadurch, also mittelbar, Gewinneinbußen zugefügt. Aus diesem
Vorwurf kann die Klägerin in Bezug auf § 823 Abs. 2 BGB aber nichts für sich
herleiten. Denn soweit die genannten Vorschriften der StVO nach
ihrem Sinn und Zweck den Straßenverkehr selbst vor Störungen schützen
wollen, dienen sie allein dem öffentlichen Interesse und nicht auch den
Vermögensinteressen derjenigen, die von einer Verkehrsstörung und der daraus
folgenden Beschränkung der Nutzbarkeit einer Straße besonders betroffen
sind.
14 Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung der Revision auch nicht
daraus, dass es sich bei der Rastanlage um einen Nebenbetrieb an einer
Bundesautobahn im Sinne von § 15 und § 1 Abs. 4 Nr. 5 des
Bundesfernstraßengesetzes (FStrG) handelt. Denn weder dieser Umstand noch
die von der Revision weiter hervorgehobene angeblich existenzgefährdende
Wirkung der behaupteten Einnahmeausfälle ändern etwas daran, dass es
vorliegend allein um die von den genannten Vorschriften gerade nicht
geschützten individuellen (Vermögens-)Interessen geht, die ein privater
Gewerbetreibender am störungsfreien Betrieb einer Straße hat.
15 3. Weiter lassen sich die von der Klägerin geltend gemachten
Ansprüche auch nicht aus § 823 Abs. 1 BGB herleiten. Es fehlt bereits an
einem haftungsrelevanten Eingriff in ein von § 823 Abs. 1 BGB geschütztes
Rechtsgut der Klägerin. Beim von der Klägerin behaupteten
entgangenen Gewinn handelt es sich mithin um einen nach dieser
Vorschrift nicht ersatzfähigen reinen Vermögensschaden.
16 a) Dies gilt zunächst insoweit, als der berechtigte Besitz der
Klägerin an der Rastanlage als verletztes Rechtsgut in Rede steht.
17 aa) Allerdings ist auch der berechtigte Besitz an einer Sache von
§ 823 Abs. 1 BGB geschützt (z.B. Senatsurteile vom 11. Januar 2005
- VI ZR 34/04, VersR 2005, 515, 517; vom 4. November 1997 - VI ZR 348/96,
BGHZ 137, 89, 98; Palandt/Sprau, 74. Aufl., § 823 Rn. 13). Soll er
dazu dienen, eine bestimmte Nutzung der Sache zu ermöglichen, so stellt es
nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats eine Rechtsgutsverletzung im
Sinne des § 823 Abs. 1 BGB dar, wenn der Besitzer an eben dieser Nutzung
durch einen rechtswidrigen Eingriff in relevanter Weise gehindert wird
(Senatsurteil vom 4. November 1997 - VI ZR 348/96, aaO; vgl. ferner
Senatsurteil vom 21. Juni 1977 - VI ZR 58/76, VersR 1977, 965, 966).
Damit ist - anders als die Revision annimmt -freilich nicht gemeint, dass
der berechtigte Besitzer einer Sache in Bezug auf Beeinträchtigungen der
Nutzbarkeit der Sache deliktsrechtlich weitergehend geschützt ist als der
Eigentümer. Denn mit der Entscheidung vom 4. November 1997 (VI ZR
348/96, aaO) hat der Senat lediglich die für die Eigentumsverletzung
beim Entzug des bestimmungsgemäßen Gebrauchs einer Sache geltenden
Grundsätze auf den Besitz übertragen; eine Ausdehnung des Besitzschutzes
über den Eigentumsschutz hinaus war hingegen nicht gewollt
(Senatsurteil vom 11. Januar 2005 - VI ZR 34/04, aaO). Folglich kann
im vorliegenden Fall auf die Grundsätze zurückgegriffen werden, die der
Senat für die Annahme einer Eigentumsverletzung durch die Beeinträchtigung
des bestimmungsgemäßen Gebrauchs einer Sache aufgestellt hat.
18 bb) Insoweit entspricht es ständiger höchstrichterlicher
Rechtsprechung, dass eine Eigentumsverletzung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB
nicht zwingend einen Eingriff in die Sachsubstanz voraussetzt, sondern auch
durch eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung der bestimmungsgemäßen
Verwendung der betreffenden Sache erfolgen kann (Senatsurteile vom
11. Januar 2005 - VI ZR 34/04, VersR 2005, 515, 516; vom 18. November 2003 -
VI ZR 385/02, VersR 2004, 255, 257; vom 31. März 1998 - VI ZR 109/97, BGHZ
138, 230, 235; vom 4.
November 1997 - VI ZR 348/96, BGHZ 137, 89, 97; vom 7.
Dezember 1993 - VI ZR 74/93, VersR 1994, 319, 320; vom 21. November 1989 -
VI ZR 350/88, VersR 1990, 204, 205; vom 25. Oktober 1988 - VI ZR 344/87,
BGHZ 105, 346, 350; vom 21. Juni 1977 - VI ZR 58/76, VersR 1977, 965, 966;
BGH, Urteile vom
15. November 1982 - II ZR 206/81, BGHZ 86, 152, 155 ["technische
Brauchbarkeit"]; vom 7. Juni 1979 - II ZR 132/77, VersR 1979, 905, 906; vom
21. Dezember 1970 - II ZR 133/68,
BGHZ 55, 153, 159
f.; ferner BGH, Urteil vom 31. Oktober 1974 - III ZR 85/73,
BGHZ 63, 203, 206 f.). Voraussetzung ist freilich stets, dass die
Beeinträchtigung der bestimmungsgemäßen Verwendung der Sache ihren Grund in
einer unmittelbaren Einwirkung auf die Sache selbst hat, wobei diese
Einwirkung tatsächlicher oder - wie im Falle eines Nutzungsverbots -
rechtlicher Natur sein kann (vgl. zum "Einsperren" von Fahrzeugen:
BGH, Urteil vom 21. Dezember 1970 - II ZR 133/68, aaO; ferner Senatsurteil
vom 11. Januar 2005 - VI ZR 34/04, aaO; zur Blockade von Baumaschinen:
Senatsurteil vom 4. November
1997 - VI ZR 348/96, aaO; zur Verbindung der Sache mit
anderen Bauteilen oder schädlichen Stoffen: Senatsurteile vom 31. März 1998
- VI ZR 109/97, aaO und vom 7. Dezember 1993 - VI ZR 74/93, aaO; zur
gefahrenbedingten Aufhebung der Begehbarkeit eines Grundstücks: Senatsurteil
vom 21. Juni 1977 - VI ZR 58/76, aaO; zum Nutzungsverbot: Senatsurteile vom
25. Oktober 1988 - VI ZR 344/87, aaO; vom 21. Juni 1977 - VI ZR 58/76, aaO).
Fehlt es an einer solchen unmittelbaren Einwirkung auf die Sache
selbst, wird eine auf Nutzungseinschränkungen gestützte Eigentumsverletzung
abgelehnt (vgl. BGH, Urteile vom 15. November 1982 - II ZR 206/81,
aaO; vom 31. Oktober 1974 - III ZR 85/73, aaO; vom 21. Dezember 1970 - II ZR
133/68, aaO, 160 [hinsichtlich der Schuten]). Dies gilt insbesondere
auch für den Fall, dass die wirtschaftliche Nutzung einer Anlage nur deshalb
vorübergehend eingeengt wird, weil sie von Kunden infolge einer Störung des
Zufahrtsweges nicht angefahren werden kann, ohne dass zugleich in die
Sachsubstanz der Anlage eingegriffen oder deren technische Brauchbarkeit
beschränkt oder beseitigt wurde (BGH, Urteil vom 15. November 1982
- II ZR 206/81, aaO, 154 f.). An diesen Grundsätzen ist festzuhalten.
19 cc) Im Streitfall kann damit nicht davon ausgegangen werden, dass
die Klägerin durch die Autobahnsperrung in ihrem berechtigten Besitz an der
Rastanlage verletzt wurde. Denn die wenige Kilometer von der Rastanlage
entfernte Sperrung, die die unmittelbare Zufahrt zur Anlage selbst
- anders als in dem dem Urteil vom 15. November 1982 (II ZR 206/81, BGHZ 86,
152, 155) zugrunde liegenden Fall - sogar unbeeinträchtigt ließ,
wirkte nicht unmittelbar auf die Rastanlage und ihre Einrichtungen ein.
Die Auswirkungen der Sperrung auf die Rastanlage beschränkten sich vielmehr
auf den Wegfall des Durchgangsverkehrs für die Zeit der Sperrung, das
deshalb zu erwartende Ausbleiben von Kunden und die sich daraus ergebende
vorübergehende Einengung der wirtschaftlichen Nutzung der Anlage. Nach
den dargelegten Grundsätzen berührt dies allein das Vermögen der Klägerin,
nicht aber ihre Rechtsposition als berechtigte Besitzerin der Rastanlage
(vgl. BGH, Urteil vom 15. November 1982 - II ZR 206/81, aaO). Dass
es sich bei der Rastanlage um einen Nebenbetrieb an einer Bundesautobahn im
Sinne von § 15 und § 1 Abs. 4 Nr. 5 FStrG handelt, spielt auch insoweit
keine Rolle.
20 b) Ein Anspruch der Klägerin aus Verletzung ihres eingerichteten
und ausgeübten Gewerbebetriebs ist nicht gegeben. Ein solcher Anspruch kommt
nur in Betracht, wenn die Beeinträchtigung unmittelbar in den Bereich des
Gewerbebetriebs eingreift, also betriebsbezogen ist und nicht von diesem
ohne weiteres ablösbare Rechte betrifft (z.B. Senatsurteile vom 11.
Januar 2005 - VI ZR 34/04, VersR 2005, 515, 517; vom 18. November 2003 - VI
ZR 385/02, VersR 2004, 255, 257; vom 21. Juni 1977 - VI ZR 58/76, VersR
1977, 965, 967; vom 9. Dezember 1958 - VI ZR 199/57, BGHZ 29, 65, 70 f.,
74). Ein derartiger Eingriff liegt im Streitfall nicht vor. Der
Unfall hat in keiner unmittelbaren Beziehung zum eingerichteten und
ausgeübten Betrieb der Klägerin gestanden. Die angeordnete Sperrung der BAB
und die Empfehlung, den gesperrten Bereich großräumig zu umfahren, waren
allgemeine Folgen des Schadensereignisses, die die Klägerin rein zufällig
trafen.
21 4. Schließlich kann die Klägerin auch aus der Beschädigung der -
nicht in ihrem Eigentum stehenden - Brücke keine Ansprüche für sich
herleiten. Insoweit handelt es sich bei dem von ihr verlangten entgangenen
Gewinn nämlich um einen mittelbaren Schaden, der im deliktischen
Schadensrecht von vornherein bis auf wenige Ausnahmen (z.B. § 844 BGB) nicht
ersatzfähig ist.
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