Qualifikation
einer dauerhaften unentgeltlichen Gebrauchsüberlassung auch bei erheblichem
Vermögenswert als Leihe, nicht Schenkung BGH, Urteil v. 11.12.1981 Amtlicher Leitsatz
Ein Vertrag, der die Verpflichtung zur unentgeltlichen
Gebrauchsüberlassung einer Wohnung auf Lebenszeit zum Inhalt hat,
ist ein Leihvertrag. Er bedarf nicht der für Schenkungsversprechen
nötigen Form.
Fundstellen:
BGHZ 82, 354 NJW 1982, 820
Zentralproblem
(vgl. auch Köhler,
Prüfe Dein Wissen, SchuldR II Fall 59):
Neben der Regelungen über die Schenkung (§§
516 ff BGB) enthält das Besondere Schuldrecht des BGB weitere Typen
unentgeltlicher Verträge. Ein solcher Typus ist auch die Leihe (vgl.
§ 598 BGB: "Durch den Leihvertrag wird der Verleiher einer Sache verpflichtet,
dem Entleiher den Gebrauch der Sache unentgeltlich zu gestatten.").
Im vorliegenden Fall geht es darum, ob die Leihe, wenn sie einen hohen
Vermögenswert repräsentiert, zumindest typologisch der Schenkung
so nahe kommt, daß Vorschriften des Schenkungsrechts, insbesondere
die vor Übereilung schützende Formvorschrift des § 518 I
1 BGB analog anzuwenden wären. Der BGH verneint dies zu Recht.
Dieser Vorrang im BGB geregelter unentgeltlicher
Verträge vor dem Schenkungsrecht gilt übrigens auch für
andere Bereiche. So stellt etwa die unentgeltliche Übernahme einer
Bürgschaft ohne Rückgriffsverzicht zweifellos auch einen Vermögensvorteil
für den Hauptschuldner dar, ist aber im Verhältnis des Bürgen
zum Hauptschuldner deshalb keine Schenkung (etwa einer Kreditsicherheit)
im Rechtssinne, weil der Auftrag einen eigenen (unentgeltlichen) Vertragstypus
des BGB darstellt und insoweit Schenkungsrecht verdrängt.
S. auch die Anm. zu BGH v. 13.11.2012 - X ZR 80/11
sowie BGH v. 27.1.2016 - XII
ZR 33/15.
Zum Sachverhalt:
Die am 5. 4. 1973 verstorbene Mutter des Kl., Frau
R, hatte zu Lebzeiten ihren Grundbesitz dem Kl. (zu 1/2 Miteigentumsanteil),
ihrer Tochter C und deren Sohn K (zu je 1/4 Anteil) übertragen. Diesen
gemeinschaftlichen Grundbesitz, darunter ein Wohnhaus, verwaltete über
den Tod der Mutter hinaus C. Sie schloß am 2. 5. 1973 namens der
"R-Hausverwaltung" mit der Bekl. eine privatschriftliche Vereinbarung.
Darin wurden ihr "im Hinblick auf den letzten Willen" der Mutter, die von
der Bekl. "als langjährige Haushälterin bis zu ihrem Tode betreut
wurde", bestimmte Räume des Hauses "zur Benutzung als Wohnung unentgeltlich
und auf Lebenszeit zur Verfügung gestellt". Wann die Bekl. diese Wohnung
bezogen hat, ist strittig. Bis Ende des Jahres 1976 wurden von ihr keine
Nebenkosten für die Wohnung verlangt. Zu diesem Zeitpunkt setzten
sich die drei Miteigentümer über den gemeinschaftlichen Grundbesitz
auseinander. Die Schwester des Kl. und ihr Sohn K übertrugen ihre
Miteigentumsanteile auf die Ehefrau des Kl. Der Kl. hat, neben seinem eigenen
halben Miteigentumsanteil, das Nießbrauchsrecht am Miteigentum seiner
Ehefrau. Mit der Klage hat der Kl. gegen die Bekl. für die Zeit von
Januar bis Oktober 1977 Zahlung anteiliger Wohnungskosten (Heizung, Strom,
Wasser, Müllabfuhr u. ä.) von insgesamt 709,45 DM geltend gemacht.
Die Bekl. hat Widerklage erhoben mit den Anträgen auf Feststellung,
(1) daß ihr auf Lebenszeit ein unentgeltliches schuldrechtliches
Wohnrecht an den betreffenden Räumen zustehe und (2) daß der
Kl. auch über die eingeklagte Forderung hinaus keinen Anspruch auf
Erstattung von Nebenkosten für die Wohnung habe. Das LG hat der Klage
in Höhe von 398,69 DM stattgegeben; die weitergehende Klage sowie
die Widerklage hat es abgewiesen. Das OLG hingegen hat die Klage in vollem
Umfang abgewiesen und nach den Anträgen zur Widerklage erkannt. Die
Revision des Kl. hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen:
I. Das BerGer. führt aus:
Durch die Vereinbarung vom 2. 5. 1973 habe die
Schwester des Kl. der Bekl. auf Lebenszeit ein unentgeltliches schuldrechtliches
Wohnrecht als Schenkung versprochen. Falls die Schwester des Kl. hierzu
nicht schon im Rahmen ihrer Befugnis zur Verwaltung des gemeinschaftlichen
Grundbesitzes berechtigt gewesen sei, habe der Kl. die Vereinbarung jedenfalls
später genehmigt. Die Genehmigung ergebe sich u. a. aus der Tatsache,
daß der Kl. in seiner Erbschaftsteuererklärung vom 17. 12. 1974
das Wohnrecht als Nachlaßbelastung aufgeführt habe. Der Formmangel
des Schenkungsversprechens sei durch Besitzübergabe geheilt worden.
Das schuldrechtliche Wohnrecht der Bekl. müsse auch die Ehefrau des
Kl. als Erwerberin der ihr von seiner Schwester und deren Sohn zum 1. 1.
1977 übertragenen Miteigentumsanteile analog § 571 BGB gegen
sich gelten lassen, zumal ihr schon vor dem Erwerb das Wohnrecht bekannt
gewesen sei. Da Inhalt der Wohnrechtsvereinbarung nach dem damit verknüpften
Versorgungszweck auch die Freistellung der Bekl. von solchen Kosten gewesen
sei, die der Inhaber eines Nießbrauchsrechts oder eines dinglichen
Wohnrechts in der Regel tragen müsse, habe der Kl. keinen Anspruch
auf Ersatz der eingeklagten Aufwendungen. Demgegenüber sei die Widerklage
gerechtfertigt.
II. Die Revision hat im Ergebnis keinen Erfolg. 1. Das BerGer. sieht in dem Vertrag vom 2. 5.
1973 ein Schenkungsversprechen, durch das der Bekl. ein unentgeltliches
schuldrechtliches Wohnrecht auf Lebenszeit zugesagt worden sei. Als Schenkungsversprechen
hätte der Vertrag gem. § 518 I BGB notarieller Beurkundung bedurft.
Der Formmangel ist jedoch nach Ansicht des BerGer. geheilt (§ 518
II BGB), da der Bekl. - zu einem allerdings nicht festgestellten Zeitpunkt
- der Besitz an der Wohnung übertragen worden sei. Das steht im Einklang
mit der bisherigen Rechtsprechung des Senats. Danach wird der Formmangel
eines auf Besitz und Nutzung einer Wohnung (schuldrechtliches Wohnrecht)
gerichteten Schenkungsversprechens geheilt, wenn der Schenker die Wohnung
dem Beschenkten zum Zwecke dieser Nutzung übergibt, weil er damit
alles getan habe, was von seiner Seite i. S. des § 518 II BGB zur
Bewirkung der versprochenen Leistung erforderlich sei (BGH, NJW 1970, 941
= WM 1970, 638; WM 1970, 1247). Diese Rechtsprechung hat teilweise Zustimmung
gefunden (LG Köln, NJW 1973, 1880; Erman-Seiler, BGB, 7. Aufl., §
518 Rdnr. 7; Palandt-Putzo, BGB, 41. Aufl., § 518 Anm. 5a dd; Däubler,
in: Alternativkomm. z. BGB, § 518 Rdnr. 4; im Ergebnis ebenso Soergel-Mühl,
BGB, 11. Aufl., § 518 Rdnr. 7). Sie ist im Schrifttum aber auch vielfach
auf Ablehnung gestoßen (Reinicke, NJW 1970, 1447; Mezger, in: RGRK,
12. Aufl., § 518 Rdnr. 4; Staudinger-Reuss, BGB, 12. Aufl., §
518 Rdnr. 21; Kollhosser, in: MünchKomm, § 518 Rdnr. 17; unklar
Jauernig-Vollkommer, BGB, 2. Aufl., § 518 Anm. 3b dd), und zwar -
bei unterschiedlicher Gewichtung der Argumente - mit der Begründung,
daß die Leistung i. S. des § 518 II BGB erst mit Eintritt des
Erfüllungserfolges bewirkt sei (Reinicke, NJW 1970, 1447; Kollhosser,
§ 518 Rdnr. 12; vgl. auch Herrmann, MDR 1980, 883; Seibert, JZ 1981,
380), jedenfalls aber der Schenker durch einmalige Besitzübergabe
den Gebrauch der Sache für die Zukunft nur solange gewähre, wie
er damit einverstanden bleibe. Ob dieser Gegenmeinung, welche sich die
Revision zu eigen macht, gefolgt werden könnte, bedarf hier indessen
keiner Entscheidung. Denn ein Schenkungsversprechen, wie es der Senat in
den seiner Rechtsprechung zugrunde liegenden Fällen unterstellt hatte,
kommt bei dem vom BerGer. festgestellten Sachverhalt nicht in Betracht.
Zwar kann die für eine Schenkung vorausgesetzte Unentgeltlichkeit
der Leistung im vorliegenden Falle nicht bezweifelt werden. Insoweit beruht
die Ansicht der Revisionserwiderung, die Überlassung der Wohnung an
die Bekl. sei eine Gegenleistung für deren frühere Tätigkeit
als Haushälterin der verstorbenen Mutter des Kl. gewesen, nicht auf
greifbaren tatsächlichen Anhaltspunkten. Wenn die Mutter - wie im
Berufungsurteil festgestellt - mündlich den "letzten Wunsch" geäußert
hatte, nach ihrem Tode die Bekl. zu versorgen, so ergibt sich daraus noch
nicht, daß ihre Kinder, also der Kl. und seine Schwester, die Versorgung
der Bekl. als eine ihnen obliegende Gegenleistung übernommen haben.
Der Wunsch der Mutter im Hinblick auf die ihr von der Bekl. geleisteten
Dienste war im Zweifel nur Beweggrund für die Vereinbarung vom 2.
5. 1973. Mehr ergibt sich aus ihrem Inhalt nicht. Es stellt sich indessen
die weitere Frage, ob ein Vertrag, der - wie hier - auf die Besitzüberlassung
einer Wohnung zum unentgeltlichen Gebrauch gerichtet ist, seinem Wesen
nach eine Schenkung ist. Das ist zu verneinen. In der bloßen vorübergehenden
Gebrauchsüberlassung einer Sache liegt in der Regel keine das Vermögen
mindernde Zuwendung, die für eine Schenkung gem. § 516 I BGB
erforderlich wäre (vgl. Senat, LM § 516 BGB Nr. 2; RG, JW 1921,
1362); denn in diesem Falle verbleibt die Sache im Eigentum und mithin
im Vermögen des Leistenden. Auch der Besitz als vermögenswertes
Recht wird dann nicht endgültig, sondern nur vorübergehend aus
der Hand gegeben. Allein das Merkmal der Unentgeltlichkeit macht die Zuwendung
noch nicht zu einer Schenkung. Wer sich vertraglich verpflichtet, einem
anderen den Gebrauch der Sache unentgeltlich zu gestatten, begründet
vielmehr einen formlos zulässigen Leihvertrag gem. § 598 BGB.
Nichts anderes aber ist ein unentgeltliches schuldrechtliches Wohnrecht,
von dem das BerGer. ausgeht (vgl. Haase, in: MünchKomm, § 598
Rdnr. 20; vgl. auch BGHZ 12, 380 (399) = NJW 1954, 918; zur Rechtslage
bei Gewährung von Wohnrecht und Rente vgl. BGH, WM 1982, 100), genauso
wie ein entgeltliches schuldrechtliches Wohnrecht keinen Vertrag eigener
Art, sondern einen Mietvertrag darstellt (BGH, LM § 535 BGB Nr. 45).
Da eine Leihe gerade die Gestattung des unentgeltlichen Gebrauchs zum Gegenstand
hat, kann auch in der damit verbundenen Zuwendung des Wertes einer sonst
möglich gewesenen Eigennutzung der Sache keine Schenkung gesehen werden.
Soweit sich aus den Urteilen des Senats, LM § 516 BGB Nr. 2, NJW 1970,
941 und WM 1970, 1247, eine andere Auffassung ergeben könnte, wird
daran nicht festgehalten. Richtig ist, daß nach gemeinem Recht (vgl.
Windscheid-Kipp, Lehrb. d. PandektenR II, 9. Aufl., S. 547 Fußn.
6, S. 548) und ebenso nach dem Preußischen Allgemeinen Landrecht
(vgl. Dernburg, Lehrb. d. Preußischen PrivatR II, S. 435 und dort
Fußn. 9) unentgeltliche Gebrauchsüberlassungen als Schenkung
aufgefaßt wurden, falls der Leistende durch die Überlassung
der Sache eine üblicherweise geldwerte Nutzungsmöglichkeit zugunsten
des Empfängers opferte (vgl. auch ALR Teil I Tit. 16 § 393 für
die unentgeltliche "Entsagung"). Das BGB indessen hat Verträge über
die Gestattung des unentgeltlichen Gebrauchs einer Sache, ungeachtet eines
etwa hierdurch dem Eigentümer entstehenden wirtschaftlichen Nachteils,
generell und ohne jede Einschränkung in der Rechtsform der Leihe geregelt
(§ 598 BGB). In diese Richtung weist auch das Schenkungsrecht selbst;
denn nach § 517 BGB liegt keine Schenkung vor, wenn jemand zum Vorteil
eines anderen einen Vermögenserwerb unterläßt. Auf den
Leihvertrag ist deshalb die Anwendung schenkungsrechtlicher Vorschriften
grundsätzlich auch dann ausgeschlossen, wenn dem Eigentümer infolge
der Gebrauchsüberlassung Vermögensvorteile entgehen, die er bei
eigenem Gebrauch hätte erzielen können (Enneccerus-Lehmann, SchuldR,
15. Aufl., § 140 Anm. 4; Planck-Siber, BGB, 4. Aufl., § 516 Anm.
2; Kollhosser, in: MünchKomm, § 516 Rdnr. 3; im Grundsatz auch
Larenz, SchuldR II, 12. Aufl., § 47 I; Herrmann, Vollzug von Schenkungen
nach § 518 II BGB, Diss. Hamburg 1978, S. 194 ff. m. zahlr. w. Nachw.
S. 198 Fußn. 33 ff.).
Allerdings wird die Auffassung vertreten, für
die Leihe sei eine nur kurzzeitige Gebrauchsüberlassung vertragstypisch;
eine langfristige Überlassung könne deshalb, sofern der Eigentümer
damit eine gewinnbringende anderweitige Nutzungsmöglichkeit aufgebe
und der Empfänger sich entsprechende Ausgaben für den Gebrauch
erspare, einer Schenkung nahekommen (Larenz, S. 168 Fußn. 1). Die
Dauer der vereinbarten Gebrauchsgewährung soll dann nach einer im
Schrifttum verbreiteten Meinung maßgebend dafür sein, ob schenkungsrechtliche
Bestimmungen entsprechend anwendbar sind (vgl. v. Tuhr, Der Allg. Teil
des Deutschen Bürgerlichen Rechts II 2, § 75 I 2; Enneccerus-Lehmann,
§ 120 II 2, mit Befürwortung einer "vorsichtigen" Anwendung "gewisser"
Schenkungsvorschriften, vor allem der §§ 1641, 1804 BGB; ähnlich
Kollhosser, in: MünchKomm, § 516 Rdnr. 3; Gelhaar, in: RGRK,
Vorb. § 598 Rdnr. 5, mit Einschränkung auf die "besonderen Umstände
des Einzelfalles"; Soergel-Mühl, § 518 Rdnr. 7; Palandt-Putzo,
§ 516 Anm. 4h). Dieser Ansicht vermag der Senat jedenfalls hinsichtlich
der Formvorschrift des § 518 II BGB nicht zu folgen.
Das Gesetz beschränkt die Regelung über
den Leihvertrag nicht auf nur kurzfristige Gestattungsverträge. Auch
wenn der Verleiher im Hinblick auf den unentgeltlichen Charakter der Leihe
im allgemeinen keine langfristige Bindung eingehen wird, so schließt
doch das Gesetz eine lange Bindungsdauer nicht aus; denn es stellt nur
auf die vereinbarte oder die sich aus dem Gebrauchszweck der Sache ergebende
Vertragszeit ab (§ 604 BGB). Danach sind auch langfristige Leihverträge
möglich, wie in der Rechtsprechung anerkannt ist (so z. B. bei unentgeltlich
gestatteter Benutzung von Grundstücken oder Straßen für
Fernleitungen: RG, HRR 1933 Nr. 1000; Warn 1934 Nr. 152; vgl. dazu auch
Schapp, NJW 1976, 1092). Durch die dem Verleiher nach § 605 Nr. 1
BGB zustehende Kündigungsbefugnis für den Fall eines unvorhergesehenen
Eigenbedarfs sieht das Gesetz auch bei längerer Bindungsdauer seine
Belange als gewahrt an. Handelt es sich um ein Dauerschuldverhältnis,
dann kommt darüber hinaus die Möglichkeit einer Kündigung
aus wichtigem Grund gem. § 242 BGB (oder § 626 BGB analog) in
Betracht. Zwar mag der Schutzzweck des Formzwanges, der bei Schenkungsversprechen
vor unbedachter Übereilung bewahren soll (vgl. Senat, NJW 1970, 941,
mit Hinweis auf die Motive zum BGB), unter Umständen auch für
den Abschluß eines Leihvertrages angebracht erscheinen; das gilt
jedoch in gleicher Weise für entgeltliche Verträge, wenn solche
sich im Einzelfall für eine Vertragspartei als ungewöhnliche
Risikogeschäfte erweisen. So kann etwa ein lebenslängliches schuldrechtliches
Wohnrecht, das gegen ein sehr niedriges Entgelt vereinbart wird, dem Wesen
nach auf eine bloße Gefälligkeitsmiete hinauslaufen; dennoch
ist ein derartiger Vertrag Miete und nicht Schenkung (vgl. BGH, LM §
535 BGB Nr. 45). Soweit deshalb nicht das Gesetz für bestimmte Verträge
Formerfordernisse vorschreibt, wie die schriftliche Form bei Grundstücksmietverträgen
für länger als ein Jahr (§ 566 BGB), ist ein Rechtsgeschäft
nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit mit dem formlos vereinbarten Inhalt
wirksam. Für den Abschluß eines Leihvertrages ist keine bestimmte
Form vorgesehen (anders früher nach dem ALR, Teil I, Tit. 21 §
233 betr. das sog. Precarium). Dieser Vertrag ist mithin auch dann formlos
zulässig, wenn er nach den besonderen Umständen des Einzelfalles
die Gefahr eines Risikos mit sich bringen kann, wie in dem hier vorliegenden
Fall der Überlassung einer Wohnung zum unentgeltlichen Besitz und
Gebrauch auf Lebenszeit. Es spielt dann keine Rolle, ob sich diese Gefahr
nur aus der Länge der verabredeten Bindungsdauer oder erst aus der
mit der Gebrauchsgewährung verknüpften Aufgabe eines Vermögensvorteils
der sonst möglich gewesenen Eigennutzung der Wohnung ergibt. Demnach
war die Vereinbarung vom 2. 5. 1973, durch die der Bekl. im einzelnen bezeichnete
Räume zur unentgeltlichen Benutzung als Wohnung auf Lebenszeit überlassen
worden sind, nicht formbedürftig.
2. Rechtsirrtumsfrei ist die Ansicht des BerGer.,
daß der Kl. die von seiner Schwester als Vertreterin ohne Vertretungsmacht
mit der Bekl. getroffene Vereinbarung vom 2. 5. 1973 genehmigt hat (§
177 BGB). Die Genehmigung ist nach Auffassung des BerGer. schlüssig
darin zum Ausdruck gekommen, daß der Kl. in seiner Erbschaftsteuererklärung
vom 17. 12. 1974 das Wohnrecht der Bekl. als Nachlaßbelastung berücksichtigt
und später auch den von seiner Schwester als Miteigentümerin
gezahlten Mietwertanteil für die Wohnung von 200 DM monatlich widerspruchslos
entgegengenommen habe. Zutreffend verweist zwar die Revision darauf, daß
die Genehmigung des vollmachtlosen Handelns nicht gegenüber einem
Dritten (hier dem Finanzamt), sondern nur gegenüber dem Vertreter
oder dem Erklärungsgegner wirksam erklärt werden kann (§
182 I BGB); dies kann aber auch durch schlüssiges Verhalten geschehen.
Wenn deshalb im Berufungsurteil festgestellt ist, daß die Aufnahme
des Wohnrechts in die Erbschaftsteuererklärung eine Anerkennung des
Vertrages vom 2. 5. 1973 vorausgesetzt habe, so ergibt sich hieraus jedenfalls
im Zusammenhang mit der späteren Entgegennahme des laufenden Kostenanteils
der Schwester eine ihr gegenüber zum Ausdruck gekommene Billigung
des Leihvertrages. Daß der Kl. die Zahlungen seiner Schwester in
dem Schreiben vom 4. 3. 1977 als "Mieten" angefordert hatte, läßt
entgegen der Auffassung der Revision nicht auf einen abweichenden Willen
schließen; denn dieses Schreiben nimmt ausdrücklich auf die
Vereinbarung vom 2. 5. 1973 Bezug, ohne daß der Kl. ihrem Inhalt
entgegengetreten wäre. Nach den Feststellungen des BerGer. steht somit
rechtlich außer Zweifel, daß der Kl. die ihn als Miteigentümer
naturgemäß mitbetreffende Vereinbarung zwischen seiner Schwester
und der Bekl. kannte und folglich mit einer von seiner Seite nötigen
Genehmigungsbedürftigkeit dieser Vereinbarung zumindest rechnete (vgl.
BGHZ 47, 341 (351) = NJW 1967, 1711 (1714)). Demnach ist der Kl. durch
den von ihm genehmigten Vertrag als Gesamtschuldner mitverpflichtet worden.
3. Für den Fortbestand des Leihvertrages
ist es unerheblich, daß nach Abschluß dieses Vertrages die
Ehefrau des Kl. die früheren Miteigentumsanteile seiner Schwester
und deren Sohnes erworben hat. Solange der Kl. selbst Miteigentümer
des betreffenden Hausgrundstücks ist, bleibt er als Gesamtschuldner
zur Erfüllung des Leihvertrages verpflichtet, so daß ihm gegenüber
die mit der Widerklage zu 1 begehrte Feststellung über den Bestand
des Wohnrechts getroffen werden kann. Es kommt mithin nicht darauf an,
ob seine Ehefrau beim Erwerb ihres Miteigentumsanteils oder zu späterer
Zeit in den Leihvertrag im Wege einer Schuldübernahme eingetreten
ist. Von Bedeutung ist deshalb auch nicht der vom BerGer. erörterte
Gesichtspunkt einer analogen Anwendung des § 571 BGB.
4. Was die den Klageantrag und den Widerklageantrag
zu 2 betreffende Frage anbelangt, ob der Kl. Anspruch auf Erstattung der
für die Wohnung anfallenden Unkosten hat, so würde die Bekl.
zwar nach § 601 I BGB diejenigen Kosten zu tragen haben, die sich
normalerweise aus dem Gebrauch der Wohnung ergeben; diese Vorschrift ist
jedoch abdingbar. Aus der ergänzenden Bezugnahme in der Vereinbarung
vom 2. 5. 1973 auf das Mietvertragsrecht würde sich allerdings gem.
§ 546 BGB eine Kostentragungspflicht des Kl. lediglich für die
auf der Sache ruhenden Lasten entnehmen lassen. Auch diese Bestimmung kann
indessen durch einzelvertragliche Abrede abgeändert und erweitert
werden. Das BerGer. legt den Vertrag vom 2. 5. 1973 dahin aus, daß
nach dem ihm zugrunde liegenden Versorgungszweck die Bekl. nicht nur zum
unentgeltlichen Gebrauch der Wohnung berechtigt, sondern auch von allen
Nebenkosten freigestellt sein sollte. Diese Auslegung ist möglich.
Sie läßt Rechts- oder Verfahrensfehler nicht erkennen.