Anfechtungsrecht bei
falschen Preisangaben des e-commerce-Anbieters ("Online-Vertrag")
OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 20.11.2002, 9 U
94/02
Fundstelle:
MMR 2003, 405 ff
(Eigene) Leitsätze:
1. Angebote auf der homepage eines
e-commerce-Betreibers stellen keine Vertragsangebote i.S.v. § 145 BGB,
sondern lediglich unverbindliche invitationes ad offerendum dar.
2. Eine erkennbar automatisierte Eingangsbestätigung der Bestellung
("Vielen Dank für Ihren Auftrag, den wir so schnell als möglich ausführen
werden") stellt nach dem Empfängerhorizont die Annahme des
Vertragsangebots des bestellenden Kunden dar.
3. Der Verkäufer kann diese Willenserklärung nach § 120 BGB anfechten,
wenn die falsche Preisangabe auf der homepage auf einem Programmierfehler
bzw. auf einer fehlerhaften Dateneingabe durch den Provider beruht.
Anmerkung:
Die Begründung des im Ergebnis sicherlich
zutreffend entschiedenen Falles gibt Anlaß zu Zweifeln. Insbesondere ist -
nunmehr insbesondere angesichts der Verpflichtung eines
e-commerce-Anbieters, den Zugang einer Bestellung unverzüglich
elektronisch zu bestätigen (§ 312e I Nr. 3 BGB) - äußerst fraglich, ob
eine innerhalb einer Minute eingehende und damit erkennbar automatisierte
Bestätigung, der "Auftrag werde ausgeführt", aus dem Empfängerhorizont
tatsächlich als Annahmeerklärung gewertet werden darf, s. dazu zutreffend
AG Butzbach NJW-RR
2003, 54,
LG Gießen NJW-RR 2003, 1206 sowie BGH v.
26.1.2005 - VIII ZR 79/04.
Wenn man dies allerdings bejaht, so kommt eine Anfechtung nach § 120 BGB
zumindest nicht in direkter Anwendung dieser Norm in Betracht, denn die
Willenserklärung des Verkäufers, die sich dann auf ein schlichtes "ja" zum
Angebot des Käufers beschränkt, ist keinesfalls falsch übermittelt worden.
Das Problem ist allein ihr durch Auslegung (§§ 133, 157 BGB) zu
ermittelnder Inhalt. Zu prüfen wäre daher, ob übereinstimmende
Willenserklärungen vorliegen: Der Käufer will zu den "falschen" Preisen
auf der homepage kontrahieren, das "ja" des Verkäufers bezieht sich aber
nicht auf diese, sondern auf die "wirklichen" Preise. Sofern letzteres vom
Käufer tatsächlich erkannt wurde (worüber im konkreten Fall angesichts des
exorbitant niedrigen Preises wohl kein Zweifel vorliegen kann), liegt -
unabhängig von der objektiven Erkennbarkeit - Dissens vor. Auf die
Auslegung nach einem objektiven Empfängerhorizont kommt es
dann nicht an, weil das reale richtige Verständnis einer
Willenserklärung immer vorgeht.
Hat der Käufer den Irrtum nicht tatsächlich erkannt und ist er auch nicht
erkennbar, liegt auf Seiten des Verkäufers ein zur Anfechtung
berechtigender Inhaltsirrtum vor. Insofern ähnelt der Fall frappierend dem
berühmten und nicht zufällig heillos umstrittenen "Speisekartenfall"
Rudolf v. Ihering's:
In diesem Lehrbuchfall (Ihering,
Zivilrechtsfälle ohne Entscheidungen, Nr. 49 II, S. 92 f, diskutiert u.a.
von Medicus AT Rn. 324 ff; Larenz AT § 19 II (S. 341 f);
Wieser AcP 184 (1984) S. 40 ff (42 ff). nimmt ein Student in
einem Restaurant eine Speisekarte an sich. Jahre später - aus dem
Student ist mittlerweile ein gewissenhafter Staatsanwalt geworden - legt
er sie reumütig unentdeckt auf einen Tisch des Restaurants. Auf
Grundlage dieser Karte bestellt ein nichtsahnender Gast und weigert sich
anschließend, die wesentlich höheren neueren Preise zu bezahlen.
Larenz nimmt hier Dissens an: Die normative Erklärungsbedeutung der
vom Gast durch seine Bestellung abgegebenen Offerte beinhaltet nach dem
maßgeblichen Empfängerhorizont einen Vertragsschluß zu den aktuellen
Preisen, während die normative Erklärungsbedeutung der Annahmeerklärung
aus dem Empfängerhorizont des Gastes eine solche über die alten Preise
darstellt. Da sich somit weder der wirkliche noch normative
Erklärungsgehalt der Vertragserklärungen decken, liegt ein Fall von
Dissens vor. Medicus kommt hingegen zu einem (anfechtbaren)
Vertragsschluß zu den alten Preisen: Im Anschluß an Canaris
(Vertrauenshaftung S. 344) vertritt er die Ansicht, daß die normative
Auslegung insoweit auch die Person des Erklärenden berücksichtigen
müsse, als der Erklärungsempfänger Umstände berücksichtigt, die dem
Erklärenden unerkennbar sind. Es müßten dann Umstände außer Betracht
bleiben, "die eher in die Sphäre des Erklärungsempfängers gehören (wenn
sie von ihm auch nach §§ 276 ff nicht zu vertreten sind)". Gegen eine
solches Zurechnungserfordernis wendet sich Wieser. Er stellt
allein darauf ab, daß der Erklärende die Erklärung "in die Welt gesetzt
hat" und daher grundsätzlich die Möglichkeit habe, sie dem gewollten
Sinne entsprechend zu formulieren. Die Verursachung alleine sei daher
ausreichender Zurechnungsgrund. Die Selbstbestimmung des Erklärenden
werde durch die Anfechtungsmöglichkeit ausreichend gewahrt. Auch
Wieser löst den Speisekartenfall dennoch wie Medicus, sieht
aber darin keine Durchbrechung der Regel der ausschließlichen
Maßgeblichkeit des Empfängerhorizonts, weil er hinsichtlich der
Auslegungsfrage die invitatio ad offerendum mit einem
Vertragsangebot gleichstellt. Ebenso wie beim Vertragsschluß durch ein
einfaches "ja" des Angebotsempfängers auf die Offerte allein auf den
normativen Inhalt der Offerte abzustellen sei, bestimme in dem Falle,
daß die Fehlerquelle des Mißverständnisses in einer invitatio
(hier: Speisekarte) liege, allein der normative Inhalt der in der
Offerte in Bezug genommenen invitatio den Vertragsinhalt. Die
Regelung von der ausschließlichen Maßgeblichkeit des Empfängerhorizonts
werde dadurch nur scheinbar durchbrochen.
Freilich besteht der entscheidende
Unterschied des vorliegenden Falles darin, daß die Fehlerursache allein
dem e-commerce-Anbieter, d.h. dem Verkäufer zuzurechnen ist. Damit wird
die Auslegung der Willenserklärungen nach §§ 133, 157 BGB (wie darf der
Verkäufer aus seinem Empfängerhorizont die Bestellung verstehen, wie darf
der Käufer aus seinem Empfängerhorizont das "ja" des Verkäufers verstehen)
entscheidend von der invitatio ad offerendum geprägt. Damit wäre
das "ja" des Verkäufers als eine Annahme zu den "falschen" Preisen zu
werten, die aber wegen Inhaltsirrtums (§ 119 I Alt. 1 BGB) anfechtbar
wäre. Der BGH hat in einem (vielleicht) ähnlichen Fall einen
Erklärungsirrtum angenommen (s.BGH v.
26.1.2005 - VIII ZR 79/04). Die Abgrenzung ist haarfein und stark
vom Einzelfall abhängig. Nicht zuletzt deshalb stellt § 119 I BGB
Erklärungs- und Inhaltsirrtum gleich.
Hinzu kommt nun freilich das Problem der elektronischen Willenserklärung:
Wenn die automatisierte e-mail eine Annahmerklärung darstellen soll (was
in casu mehr als zweifelhaft ist), hat der Absender bei deren
Abgabe nicht abweichende Vorstellungen vom ihrem durch og.
Auslegungskriterien ermittelten Inhalt, sondern gar keine
Vorstellungen. Es läge dann ein Fall sog. bewußter Unkenntnis vor,
bei dem es bereits begrifflich an einem Irrtum fehlt. Alle
Fehlvorstellungen (etwa dergestalt, daß das automatisierte "ja" nur auf
"ordnungsgemäße" Angebote erfolgt), wären dem Bereich des irrelevanten,
d.h. nicht zur Anfechtung berechtigenden Motivirrtums zuzuordnen.
©sl 2003
Zum Sachverhalt:
Die Beklagte betreibt ein Online-Kaufhaus für Computer und
Computer-Zubehör. Sie hält unter einer Internet-Adresse ein Warensortiment
aus diesem Bereich zur Online - Bestellung bereit.
Am 25. April 2001 bestellte der Kläger bei der Beklagten über das Internet
einen Computer der Marke Apple Powermac G4 733 zu einem Bruttopreis von
93,55 DM. Darüber hinaus orderte er am selben Tag einen Computer-Monitor
"Apple Studio Display 15.1 Zoll TFT Flat Panel" sowie einen weiteren
Computer "Apple Powermac G4" zu einem Gesamtbruttopreis von 106,84 DM. Bei
der Abgabe seiner Bestellung bezog sich der Kläger auf Preise, die von der
Beklagten auf ihrer Homepage unter der Rubrik "Preisbrecherangebote" für
die vorgenannten Produkte in einer entsprechenden Preisliste zum Zeitpunkt
der Abgabe der Bestellung genannt worden waren. Tatsächlich beliefen sich
die Nettopreise der bestellten Geräte auf 1.809,48 DM für den
Computer-Monitor und auf 6.550,86 DM bzw. 7.214,66 DM für die beiden
Rechner. Zu den Preisunterschieden ist es gekommen, weil aufgrund einer
Formeländerung in der Software des Providers bei der Übertragung der Daten
an diesen zusätzlich standardmäßig zwei Kommastellen berücksichtigt
wurden. Durch diese zusätzliche Kommasetzung verringerte sich der Preis
jeden Artikels auf 1 % des von der Beklagten tatsächlich geforderten
Betrages.
Die vom Kläger aufgegebenen Bestellungen wurden von der Beklagten sofort
mit zwei Mails bestätigt. Zwischen Eingang der Bestellungen und Absendung
der Bestätigungen lagen jeweils 1 Minute. Wegen des Inhalts dieser
Schreiben wird auf Blatt 7 und 8 verwiesen.
Am Folgetag wies die Beklagte den Kläger in einer E-Mail darauf hin, dass
ihm falschen Preise für die von ihm bestellten Produkte übermittelt worden
seien. Ferner wurden dem Kläger die richtigen Preise mitgeteilt und
angefragt, ob auch unter Zugrundelegung dieser er an der Bestellung
festhalte.
Mit Schreiben vom 15. Juni 2001 forderte der Kläger die Lieferung der
bestellten Geräte zum Preis von 200,39 DM, was die Beklagte mit Schreiben
vom 15. Juni 2001 ablehnte.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, entsprechend dem Inhalt der
Eingangsbestätigungen der Beklagten seien über die genannten Gegenstände
Kaufverträge zustandegekommen. Er habe an den angegebenen Preisen für die
Gegenstände nicht gezweifelt, da diese ausdrücklich in der Rubrik
"Preisbrecherangebote" von der Beklagten angeboten worden seien.
Die Beklagte hat demgegenüber die Auffassung vertreten, wirksame
Kaufverträge seien mit dem Kläger nicht zustande gekommen. Dem Kläger, so
hat sie behauptet, sei nur eine "temporäre Auftragsbestätigung"
übermittelt worden. Diese Bezeichnung befände sich in der Kopfzeile
zusammen mit der Auftragsnummer, sie sei jedoch von diesem durch
Ausblendung unterdrückt worden, was der Kläger bestritten hat. Die
Funktion dieses Schreibens sei es allein, dem Kunden den Eingang seiner
Bestellung zu bestätigen. Überdies hätten der Bestellung des Klägers ihre
im Internet abrufbaren Allgemeinen Geschäftsbedingungen zugrunde gelegen,
in denen darauf hingewiesen werde - was unstreitig ist - , dass das
Angebot freibleibend sei und Irrtümer vorbehalten seien. Außerdem werde
auf die Preise des neuesten Katalogs hingewiesen.
Die Beklagte hat außerdem gemeint, dem Kläger hätte sich aufdrängen
müssen, dass die ihm übermittelten Preise nicht korrekt sein könnten.
Diese hätten bei 1 % des von ihr tatsächlich geforderten Preises gelegen.
Dieser Preis sei bereits geringer als der marktübliche Preis, da es sich
um Sonderangebote gehandelt habe.
In dem am 15. Februar 2002 verkündeten Urteil hat die 6. Zivilkammer des
Landgerichts Wiesbaden die auf Lieferung der drei bestellten Artikel Zug
um Zug gegen Zahlung von 200,39 DM gerichtete Klage abgewiesen. Es hat
gemeint, das Verhalten des Klägers stelle sich als unzulässige
Rechtsausübung dar. Dem Kläger sei erkennbar gewesen, dass die angegebenen
Bruttopreise in einem groben Missverhältnis zu der angebotenen Ware
gestanden hätten. Vor Abgabe seines Angebots hätte unter dem Gesichtspunkt
des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen die Verpflichtung
des Klägers bestanden, die Beklagte auf den von ihm erkannten Fehler
hinzuweisen.
Die Berufung hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen:
Der Kläger kann von der Beklagten nicht gemäß § 433 Abs. 2 BGB a.F.
Lieferung der beiden Computer und des Computermonitors Zug um Zug gegen
Zahlung von 102,46 € verlangen. Wirksame Kaufverträge, auf die der Kläger
sein Begehren stützen könnte, sind zwischen den Parteien nicht zustande
gekommen.
Die Beklagte hat nämlich ihre auf Abschluss der Kaufverträge gerichtete
Willenserklärung wirksam angefochten mit der Folge, dass diese
Willenserklärungen gemäß § 142 BGB nichtig sind. Es fehlt deshalb an
miteinander korrespondierenden Willenserklärungen und damit an
entsprechenden Kaufvertragsschlüssen.
1. Die Angebote der Beklagten auf ihrer Homepage, in der die
streitgegenständlichen Geräte unter der Rubrik "Preisbrecher" aufgeführt
waren, stellten noch kein rechtlich bindendes Angebot im Sinne von § 145
BGB dar. Bei ihnen handelte es sich lediglich um die noch unverbindliche
Aufforderung zur Abgabe eines Angebots ("invitatio ad offerendum"). Der
Website der Beklagten kam lediglich die Funktion eines ansonsten
gedruckten Prospektes oder Kataloges zu, mit denen üblicherweise nur
vorvertragliche Informationen übermittelt werden (vgl. Glatt,
Vertragsschluss im Internet, S. 40/41; Dilger, Verbraucherschutz bei
Vertragsschlüssen im Internet, S. 31 ff).
Indem der Kläger unter Übernahme auf der auf der Webside der Beklagten
angeführten Preise bei dieser die streitgegenständlichen Geräte bestellte,
gab er gegenüber dieser einen entsprechenden Antrag auf Abschluss eines
Kaufvertrages im Sinne von § 145 BGB ab. Gegenstand dieses Antrags war die
Lieferung der Geräte zu einem Gesamtpreis von (93,55 DM + 106,84 DM =)
200,39 DM.
Dieses Angebot hat die Beklagte zunächst auch angenommen. Die Annahme
erfolgte mittels zweier automatisierter Computererklärungen ("Mail Link")
vom selben Tage (vgl. Bl. 7 und 8 GA), in denen es unter Bezugnahme auf
die jeweiligen Auftragsnummern heißt: "Vielen Dank für Ihren Auftrag, den
wir so schnell als möglich ausführen werden." Nach dem maßgeblichen
objektiven Empfängerhorizont konnten diese Erklärungen nur im Sinne einer
rechtsverbindlichen Annahme der Angebote verstanden werden. Diese
Mitteilungen beinhalteten nicht bloß die Bestätigung des Eingangs der
Bestellung auf elektronischem Wege, wie sie nunmehr, nach Umsetzung der
E-Commerce-Richtlinie durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz – seit
1. Januar 2002 – geboten ist (§ 312 e Abs. 1 Nr. 3 BGB). Dem steht der
Wortlaut der beiden Mails entgegen. Der Hinweis auf die schnellstmögliche
Ausführung des Auftrags kann nur als Annahme der vom Kläger unterbreiteten
Angebote interpretiert werden. Wenn der Lieferant lediglich den Zugang
bestätigen möchte, sich die Annahme des Angebots aber noch offen halten
will, muss er dieses eindeutig klarstellen (vgl. zur neuen Rechtslage
insoweit: Lütcke-Fernabsatzrecht, § 312 e Rz. 46).
Ob die über einen Link aufzurufende Darstellung des Auftragsinhalts
("Klicken Sie auf den nachfolgenden Link, um Ihren Auftrag einzusehen: … "
– vgl. Bl. 7 GA -) in ihrer Überschriftszeile die Worte "Temporäre
Auftragsbestätigung" enthielt, worüber die Parteien streiten, kommt es
nicht an. Dieser Hinweis diente erkennbar nur dazu, die Einzelheiten des
Vertrages (Artikel, Preis us w.) nochmals einzusehen, hatte allenfalls
Dokumentationszwecke und konnte die Annahme als solche nicht mehr
modifizieren.
2. Ihre beiden Annahmeerklärungen hat die Beklagte jedoch wirksam
angefochten.
a) Zur Anfechtung war die Beklagte gemäß § 120 BGB berechtigt. Auch eine
automatisierte, vom Computer erstellte Erklärung, unterliegt den Regeln
der Willenserklärung und ist damit einer Anfechtung zugänglich. Dass es
sich vorliegend bei den Annahmeerklärungen um derartige automatisierte
Computererklärungen handelt, wird aus dem Zeitablauf deutlich. Ausweislich
ihres Inhalts sind die Bestätigungen des Auftrags des Klägers jeweils eine
Minute nach Eingang der Bestellung erfolgt. Auch aus dem sonstigen Text
wird deutlich, dass es sich um Erklärungen handelt, die von einem Rechner
infolge einer entsprechenden Programmierung automatisch erstellt und dann
an den Computer des Klägers elektronisch übermittelt wurden. Da aber der
Rechner nur Befehle ausführt, die zuvor mittels Programmierung von
Menschenhand festgelegt worden sind, hat jede automatisch erstellte
Computererklärung ihren Ursprung in einer menschlichen Handlung, die von
dem Erklärenden veranlasst wurde
und die auf seinen Willen zurückgeht. Auch Computererklärungen sind
deshalb als Willenserklärungen dem jeweiligen Betreiber zuzurechnen.
b) Eine Erklärung des Inhalts, nämlich zum Preis von 93,55 DM bzw. 106,84
DM, dem Kläger die drei streitgegenständlichen Artikel zu liefern, hat die
Beklagte nicht abgeben wollen. Vielmehr glaubte sie, mit dem Kläger auf
der Basis der von ihr vorgegebenen Preise zu kontrahieren.
Der Irrtum, der der Beklagten hier unterlaufen ist, unterliegt den Regeln
des Übermittlungsirrtums gemäß § 120 BGB.
Zurückzuführen ist dieser Irrtum auf eine von der Beklagten nicht erkannte
Formeländerung in der Software durch den Provider, die letztlich bewirkte,
dass die von der Beklagten in ihrem Auftragssystem korrekt erfassten
glatten DM-Beträge unter Setzen zweier Kommastellen (aus 7.215 DM wurden
72,15 DM) in die Datenbank des Providers und von dort in die
Internet-Datenbank transportiert wurden. Zwar betraf diese unrichtige
Übermittlung nicht unmittelbar die beiden Annahmeerklärungen der
Beklagten. Gegenstand der unrichtigen Übermittlung des
zwischengeschalteten Providers war die "invitatio ad offerendum", aufgrund
derer der Kläger seine Vertragsangebote abgab. Die unrichtige Übermittlung
der "invitatio ad offerendum" wirkte bei der infolge der entsprechenden
Programmierung automatisch erstellten und dann an den Rechner des Klägers
elektronisch übermittelten Annahmeerklärung der Beklagten noch fort. Bei
diesem Geschehensablauf hatte die Beklagte keine Möglichkeit, den Fehler
bei der Übermittlung zu bemerken oder gar zu korrigieren.
Nach Auffassung des Senats kann dieser Fall nicht anders zu beurteilen
sein, als wenn man die "invitatio ad offerendum" der Beklagten bereits als
bindendes Angebot angesehen hätte, das der Kläger angenommen hätte. In
diesem Falle lägen unzweifelhaft die Voraussetzungen des § 120 BGB vor,
weil der eingeschaltete Provider die ihm zur Verfügung gestellten Preise
nicht korrekt weitergegeben und falsche Zahlen in die Homepage der
Beklagten eingestellt hat. Die "invitatio ad offerendum" ist zum Vorteil
des Anbieters entwickelt worden, um dessen Interessenlage Rechnung zu
tragen, dass er sich in dieser Situation noch nicht sofort und endgültig
binden will. Diese Konstruktion kann ihm jedenfalls dann nicht zum
Nachteil gereichen, wenn die Folgen einer unrichtigen Übermittlung oder
eines Irrtums bei einer "invitatio ad offerendum" unverändert bei der
Annahme noch fortwirken.
c) Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Anfechtung durch die
Beklagte auch wirksam erklärt worden. Die E-Mail der Beklagten vom 26.
April 2001 an den Kläger erfüllt die Anforderungen einer
Anfechtungserklärung im Sinne von § 143 Abs. 1 BGB. Unerheblich ist, dass
die Formulierung "Anfechtungserklärung" in dem Schreiben nicht enthalten
ist. Es reicht aus, wenn die Erklärung erkennen lässt, die Partei wolle
aus einem in den §§ 119 ff BGB genannten Gründen das Geschäft nicht gelten
lassen will. Dem genügt der Inhalt des Schreibens, denn aus ihm wird die
Absicht der Beklagten deutlich, an ihre Erklärung wegen eines
Übertragungsfehlers, der zur Übermittlung falscher Preise geführt habe,
nicht weiter festzuhalten (vgl. hierzu auch: OLG Karlsruhe, VersR 92,
1121). Unerheblich ist demgegenüber, dass der Grund für den
Übertragungsfehler in Unkenntnis der tatsächlichen Sachlage nicht
zutreffend angegeben wurde. Zum damaligen Zeitpunkt waren der Beklagten
die genauen Umstände,
die zur Übermittlung der falschen Daten führten, (noch) nicht bekannt und
als Ursache ein Server-Ausfall nahe liegend.
d) Die Anfechtung erfolgte auch fristgemäß im Sinne von § 121 Abs. 1 BGB.
Nachdem die Beklagte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis hatte, hat sie
unverzüglich, nämlich bereits am Tag nach Abgabe der fehlerhaft
übermittelten Willenserklärungen, die Anfechtung erklärt.
e) Sind die zum Vertragsabschluss führenden
Willenserklärungen wirksam angefochten, entfällt mangels Vertrages ein
Anspruch des Klägers auf Lieferung und Übereignung der beiden Rechner und
des Monitors Zug um Zug gegen Zahlung von 102,46 €.
III. ...
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