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	Verbraucher- und Unternehmerbegriff (§§ 13, 14 BGB): 
	"Existenzgründergeschäfte" als "gewerbliche oder selbständige berufliche 
	Tätigkeit" i.S.v. § 14 BGB 
 BGH, Beschluß 
	vom 24. Februar 2005 - III ZB 36/04 
 Fundstelle:
 NJW 2005, 1273
 BGHZ 162, 253
 
 Zentrale Probleme: Der BGH entscheidet die in Rspr. und 
	Literatur str. Frage, ob sog. "Existenzgründergeschäfte", d.h. Geschäfte, 
	die ein "noch-Verbraucher" abschließt, um eine "unternehmerische" 
	Tätigkeit i.S.v. § 14 BGB zu werden, unter den Begriff der 
	Verbrauchergeschäfte fallen. Im konkreten Fall stellte sich die Frage im 
	Zusammenhang mit der Wirksamkeit einer Schiedsklausel, die bei Beteiligung 
	eines "Verbrauchers" nach § 1031 V ZPO einer bestimmten, hier nicht 
	gewahrten Form unterliegen; s. dazu auch 
	BGH v. 15.11.2007 - III ZR 295/06.Zum Verbraucherbegriff bei einem "Schein-Unternehmer" s. 
    BGH v. 22.12.2004 - VIII ZR 91/04. 
	Zum Verbraucherbegriff in den Fällen des "dual-use" s. die Anm. zu EuGH, Urteil vom 20. 
				Januar 2005 - Rs. C 464/01. S. dazu auch 
	BGH v. 18.10.2017 - 
	VIII ZR 32/16.
 
	©sl 2005 
 Amtl. Leitsatz: Unternehmer- (§ 14 BGB) und nicht 
	Verbraucherhandeln (§ 1031 Abs. 5 Satz 1 ZPO i.V.m. § 13 BGB) liegt schon 
	dann vor, wenn das betreffende Geschäft im Zuge der Aufnahme einer 
	gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit (sogenannte 
	Existenzgründung) geschlossen wird. 
 
	Gründe:
 I. Die Antragstellerin war angestellte Ärztin an einem Krankenhaus. Sie 
	wollte sich als Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe selbständig 
	machen. Zu diesem Zweck erwarb sie am 23. April 2002 einen Praxisanteil von 
	Dr. K. , der zusammen mit dem Antragsgegner eine Gemeinschaftspraxis 
	betrieb. Ferner schloß sie am 29. Mai 2002 einen Gemeinschaftspraxisvertrag 
	mit dem Antragsgegner. Die Antragstellerin war damals - bis zum 30. Juni 
	2002 - noch angestellte Assistenzärztin; sie wurde zum 1. Juli 2002 als 
	Vertragsärztin zugelassen.
 Im Juni 2003 kündigte der Antragsgegner den mit der Antragstellerin 
	bestehenden Gemeinschaftspraxisvertrag und verlangte die Zahlung einer 
	Abfindung. Die Antragstellerin war dazu nicht bereit. Der Antragsgegner 
	leitete wegen dieser Streitigkeit ein Schiedsverfahren ein. Er stützt sich 
	auf § 29 des Gemeinschaftspraxisvertrages, wonach alle Streitigkeiten aus 
	dem Vertrag unter Ausschluß des ordentlichen Rechtsweges von einem 
	Schiedsgericht entschieden werden. Die Antragstellerin hält das 
	Schiedsverfahren für unzulässig. Die Schiedsklausel im 
	Gemeinschaftspraxisvertrag sei unwirksam. Sie, die Antragstellerin, sei bei 
	Abschluß des Gemeinschaftspraxisvertrages Verbraucherin gewesen. Der 
	Schiedsvertrag habe deshalb nicht - wie hier - in einer Klausel in einem 
	Vertrag, sondern in einer besonderen, von den Parteien eigenhändig 
	unterzeichneten Urkunde, die nur sich auf das schiedsrichterliche Verfahren 
	bezogene Vereinbarungen habe enthalten dürfen, getroffen werden können.
 Die Antragstellerin hat beantragt festzustellen, daß das von dem 
	Antragsgegner nach § 29 des Gemeinschaftspraxisvertrages eingeleitete 
	Schiedsverfahren unzulässig ist. Das Oberlandesgericht hat diesen Antrag 
	zurückgewiesen und - auf Antrag des Antragsgegners - festgestellt, daß die 
	zwischen den Parteien mit Gemeinschaftspraxisvertrag vom 29. Mai 2002 unter 
	§ 29 vereinbarte Schiedsklausel wirksam ist. Mit der Rechtsbeschwerde 
	verfolgt die Antragstellerin ihren Antrag weiter.
 
 II. 1. Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 1065 Abs. 1 Satz 1, § 
	1062 Abs. 1 Nr. 2 Fall 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist auch im übrigen 
	zulässig. Denn die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung (§ 574 Abs. 2 
	Nr. 1 ZPO).
 2. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Oberlandesgericht 
	(veröffentlicht in NJW 2004, 3192) hat ohne Rechtsfehler die Zulässigkeit 
	des schiedsrichterlichen Verfahrens festgestellt (§ 1032 Abs. 2 ZPO). Die 
	Parteien haben in § 29 des - beiderseits unterzeichneten, schriftlichen - 
	Gemeinschaftspraxisvertrages vom 29. Mai 2002 eine formwirksame 
	Schiedsvereinbarung in Gestalt einer Schiedsklausel getroffen (§ 1029 Abs. 
	1, 2 Fall 2, § 1031 Abs. 1 Fall 1 ZPO). Die bei Beteiligung eines 
	Verbrauchers geltenden strengeren Formvorschriften (vgl. § 1031 Abs. 5 ZPO) 
	- die hier unstreitig nicht erfüllt sind - greifen nicht Platz. Denn die 
	Antragstellerin war bei Abschluß des Gemeinschaftspraxisvertrages nicht 
	Verbraucher im Sinne des § 1031 Abs. 5 Satz 1 ZPO; für den Antragsgegner ist 
	dies ohnehin außer Streit.
 a) Verbraucher im Sinne des § 1031 Abs. 5 Satz 1 ZPO (geltender Fassung) 
	i.V.m. § 13 BGB ist eine natürliche Person, die bei dem Geschäft, das 
	Gegenstand der Streitigkeit ist, zu einem Zweck handelt, der weder ihrer 
	gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet 
	werden kann. So lautete auch die ursprünglich in § 1031 Abs. 5 Satz 3 
	ZPO - in der Neufassung durch das am 1. Januar 1998 in Kraft getretene 
	Gesetz zur Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts (Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetz) 
	vom 22. Dezember 1997 (BGBl. I S. 3224) - bestimmte Legaldefinition. Der 
	Wortlaut ging auf einen Vorschlag des Bundesrates zurück, der sich 
	seinerseits an dem Verbraucherbegriff des Art. 2 lit. b der Richtlinie 
	93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über mißbräuchliche Klauseln in 
	Verbraucherverträgen (ABlEG Nr. L 95 vom 21. April 1993 S. 29: "Verbraucher: 
	Eine natürliche Person, die bei Verträgen, die unter diese Richtlinie 
	fallen, zu einem Zweck handelt, der nicht ihrer gewerblichen oder 
	beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann") orientierte (vgl. Entwurf 
	eines Gesetzes zur Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts BT-Drucks. 
	13/5274 S. 73 und S. 76 ).
 § 1031 Abs. 5 Satz 3 ZPO in der Fassung des 
	Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetzes wurde zwar durch Art. 9 Nr. 7 des 
	Gesetzes über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts 
	sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro vom 27. Juni 2000 (BGBl. I S. 
	897) mit Wirkung vom 30. Juni 2000 aufgehoben. Die Vorschrift wurde 
	zugunsten der durch dieses Gesetz (Art. 2 Abs. 1 Nr. 1) neu in das BGB 
	eingefügten Verbraucherdefinition (§ 13 BGB), die grundsätzlich Gültigkeit 
	für das gesamte Zivil- und Zivilverfahrensrecht haben sollte (vgl. 
	Schmidt-Räntsch in Bamberger/Roth, BGB 2003 § 13 Rn. 12), aufgegeben (vgl. 
	Begründung der Bundesregierung zu dem Entwurf eines Gesetzes über 
	Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur 
	Umstellung von Vorschriften auf Euro BT-Drucks. 14/2658 S. 29, 47 f ; 
	Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zu dem vorgenannten 
	Gesetzentwurf BT-Drucks. 14/3195 S. 27 f, 37). Inhaltliche Änderungen 
	sollten sich dadurch aber nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers 
	nicht ergeben (vgl. BT-Drucks. 14/3195 S. 37).
 
 b) Unternehmer- (§ 14 BGB) und nicht Verbraucherhandeln (§ 1031 Abs. 5 
	Satz 1 ZPO i.V.m. § 13 BGB) liegt schon dann vor, wenn das Geschäft, das 
	Gegenstand der Streitigkeit ist, im Zuge der Aufnahme einer gewerblichen 
	oder selbständigen beruflichen Tätigkeit (sogenannte Existenzgründung) 
	geschlossen wird (h.M.: OLG Rostock OLGR 2003, 505, 506 ff ; OLG 
	Oldenburg NJW-RR 2002, 641 f ; s. auch BGH, Urteil vom 4. Mai 1994 - XII ZR 
	24/93 - NJW 1994, 2759 f ; Staudinger/Weick, BGB Neubearb. 2004 § 13 Rn. 55 
	ff <60>; Soergel/Pfeiffer, BGB 13. Aufl. 2002 § 13 Rn. 35; Erman/Saenger, 
	BGB 11. Aufl. 2004 § 13 Rn. 16 und § 14 Rn. 14; Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen, 
	AGB-Gesetz 9. Aufl. 2001 § 24a Rn. 25; in diesem Sinne auch MünchKommZPO/Münch 
	2. Aufl. 2001 § 1031 Rn. 23; a.A. OLG Koblenz NJW 1987, 74 ; OLG Nürnberg 
	OLGR 2003, 335 f ; s. auch OLG München NJW-RR 2004, 913, 914 ; Münch-KommBGB/Micklitz 
	4. Aufl. 2001 § 13 Rn. 38 ff und § 14 Rn. 22; Palandt/ Heinrichs, BGB 64. 
	Aufl. 2005 § 13 Rn. 3; Wolf in Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz 4. Aufl. 1999 
	Art. 2 RiLi Rn. 7).
 aa) Nach dem Wortlaut der Verbraucherdefinition des § 13 BGB (i.V.m. § 
	1031 Abs. 5 Satz 1 ZPO) ist die - objektiv zu bestimmende - Zweckrichtung 
	des Verhaltens entscheidend. Das Gesetz stellt nicht auf das Vorhandensein 
	oder Nichtvorhandensein geschäftlicher Erfahrung, etwa aufgrund einer 
	bereits ausgeübten gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit, ab
	(vgl. BGH, Urteil vom 4. Mai 1994 aaO S. 2760; OLG Rostock aaO S. 506 f; 
	abweichend OLG Koblenz aaO). Es kommt vielmehr darauf an, ob das 
	Verhalten der Sache nach dem privaten - dann Verbraucherhandeln - oder dem 
	gewerblich- beruflichen Bereich - dann Unternehmertum - zuzuordnen ist 
	(vgl. Schmidt-Räntsch in Bamberger/Roth aaO § 13 Rn. 9 und § 14 Rn. 10). 
	Rechtsgeschäfte im Zuge einer Existenzgründung, z.B. die Miete von 
	Geschäftsräumen, der Abschluß eines Franchisevertrags oder der Kauf eines 
	Anteils an einer freiberuflichen Gemeinschaftspraxis, wie er hier vorlag, 
	sind nach den objektiven Umständen klar auf unternehmerisches Handeln 
	ausgerichtet.
 bb) Es besteht ferner kein Anlaß, demjenigen Verbraucherschutz zu 
	gewähren, der sich für eine bestimmte gewerbliche oder selbständige 
	berufliche Tätigkeit entschieden hat und diese vorbereitende oder 
	unmittelbar eröffnende Geschäfte abschließt. Denn er begibt sich damit in 
	den unternehmerischen Geschäftsverkehr. Ein Existenzgründer agiert nicht 
	mehr "von seiner Rolle als Verbraucher her" (so aber MünchKommBGB/Micklitz 
	aaO § 13 Rn. 41). Er gibt dem Rechtsverkehr zu erkennen, daß er sich 
	nunmehr dem Recht für Unternehmer unterwerfen und dieses seinerseits auch in 
	Anspruch nehmen will (vgl. Staudinger/Weick aaO Rn. 60; OLG Oldenburg 
	aaO S. 642).
 cc) § 507 BGB bestimmt, daß die Vorschriften über Verbraucherdarlehen 
	usw. auch für entsprechende Geschäfte zum Zweck der Aufnahme einer 
	gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit gelten, allerdings nur 
	bis zur Höhe von 50.000 €. Damit werden die Existenzgründer in dieser 
	Beziehung und innerhalb dieser Begrenzung Verbrauchern gleichgestellt. 
	Daraus ergibt sich im Umkehrschluß, daß der Gesetzgeber den Existenzgründer 
	grundsätzlich nicht als Verbraucher ansieht (vgl. Soergel/Pfeiffer aaO § 
	13 Rn. 35 unter Hinweis auf die Materialien zur Schuldrechtsreform 2001 
	BT-Drucks. 14/6857 S. 32 f und 64 f ; Erman/Saenger aaO § 13 Rn. 16 und § 14 
	Rn. 14; OLG Rostock aaO S. 507 f; s. auch BGHZ 128, 156, 163 ; 
	AnwKomm-BGB-Reiff, 2001 § 507 Rn. 1 f; a.A. Palandt/Heinrichs aaO; vgl. 
	zudem Staudinger/Weick aaO Rn. 59).
 dd) Die Auffassung, daß Existenzgründer nicht Verbraucher im Sinne des § 
	1031 Abs. 5 Satz 1 ZPO sind, steht schließlich in Einklang mit der 
	Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften zu 
	vergleichbaren europarechtlichen Vorschriften. Dieser hat entschieden, daß 
	die Art. 13 Abs. 1 und 14 Abs. 1 des Übereinkommens vom 27. September 1968 
	(BGBl. 1972 II S. 773) über die gerichtliche Zuständigkeit und die 
	Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVÜ) 
	in der Fassung des Übereinkommens vom 9. Oktober 1978 (BGBl. 1983 II S. 802) 
	dahin auszulegen sind, daß ein Kläger, der einen Vertrag zum Zweck der 
	Ausübung einer nicht gegenwärtigen, sondern zukünftigen beruflichen oder 
	gewerblichen Tätigkeit geschlossen hat, nicht als Verbraucher angesehen 
	werden kann (Urteil vom 3. Juli 1997 - C 269/95 Benincasa/Dentalkrit Srl. 
	- JZ 1998, 896, 897 m. Anm. Mankowski). Das europarechtliche Verständnis 
	des Verbraucherbegriffs kann für die Auslegung des § 1031 Abs. 5 Satz 1 ZPO 
	herangezogen werden, weil diese Bestimmung - wie schon dargelegt - eine 
	gemeinschaftsrechtliche Vorschrift zum Vorbild hatte (vgl. 
	Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit 6. Aufl. 2000 Kap. 5 Rn. 16; s. auch 
	OLG Rostock aaO S. 506 f und OLG Oldenburg aaO S. 641).
 c) Die Antragstellerin war Existenzgründerin im vorbeschriebenen Sinn. Mit 
	Vertrag vom 23. April 2002 hatte sie den "Praxisanteil" von Dr. K. , des 
	früheren Sozius des Antragsgegners, erworben und sich damit entschieden, 
	selbständig tätig zu sein. Der dann mit dem Antragsgegner geschlossene 
	Gemeinschaftspraxisvertrag vom 29. Mai 2002 eröffnete der Antragstellerin 
	die bald darauf begonnene freiberufliche - und damit unternehmerische (§ 14 
	BGB) - Tätigkeit als Ärztin. Sie kann daher bereits bei Abschluß dieses 
	Vertrags nicht mehr als Verbraucherin angesehen werden; die Schiedsklausel 
	in § 29 des Gemeinschaftspraxisvertrags unterlag nicht den 
	verbraucherschützenden Formerfordernissen des § 1031 Abs. 5 ZPO.
 
 
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