Verbraucherbegriff i.S.v. §§ 474, 13 BGB bei Vortäuschen der
Händlereigenschaft durch einen Verbraucher: Keine Anwendung des
Verbrauchsgüterkaufrechts
BGH, Urteil
vom 22. Dezember 2004 - VIII ZR 91/04
Fundstelle:
NJW 2005, 1045
Amtl. Leitsatz:
Dem Käufer, der dem Verkäufer einen
gewerblichen Verwendungszweck der Kaufsache vortäuscht, ist die Berufung auf
die Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf (§§ 474 ff. BGB) verwehrt.
Zentrale Probleme:
Es geht um die Frage, ob ein Käufer, der beim
Vertragsschluß vorgibt, Unternehmer i.S.v. § 14 BGB zu sein, in den Genuß
der Anwendbarkeit der Regelungen über den Verbrauchsgüterkauf (§§ 474 ff
BGB) kommt. Diese setzen nämlich nach § 474 I BGB einen Kaufvertrag zwischen
einem Unternehmer als Verkäufer und einem Verbraucher als Käufer voraus (s.
dazu etwa Köhler/Lorenz,
Prüfe Dein Wissen, Bd. 3: Schuldrecht II - Einzelne
Schuldverhältnisse Fälle 61, 62). In concreto
ging es darum, ob § 475 I BGB Anwendung findet, womit der vereinbarte
Gewährleistungsausschluß unwirksam gewesen wäre. Der BGH
verneint diese Frage mit vollkommen zutreffender Argumentation. Von
besonderem Interesse ist dabei auch die große Sorgfalt, welche das Urteil in
Bezug auf die richtlinienkonforme Auslegung sowie auf den europarechtlichen
Verbraucherbegriff walten läßt (s. dazu jetzt auch
EuGH, Urteil vom 20. Januar 2005 - Rs. C 464/01). Vollkommen zutreffend betont der BGH dabei,
daß der Grundsatz von Treu und Glauben auch Bestandteil des
Gemeinschaftsrechts ist. Vollkommen zutreffend ist auch die Abgrenzung des
Verbraucherschutzes gegenüber dem Minderjährigenschutz.
Zum Verbraucherbegriff bei Existenzgründergeschäften s.
BGH v. 24.2.2005 - III
ZB 36/04; zur Beweislast bzgl. der Unternehmereigenschaft s.
KG v. 11.09.2006, Az. 12 U 186/05
(keine Vermutung des geschäftlichen Zwecks des Rechtsgeschäfts). S. dazu
auch
BGH v. 7.4.2021 - VIII ZR 191/19.
©sl 2005
Tatbestand:
Der Kläger kaufte vom Beklagten, einem Kraftfahrzeughändler, am 5. Oktober
2002 einen gebrauchten Pkw Fiat Barchetta zum Preis von 6.500 €. Abweichend
von der Absicht des Klägers, das Fahrzeug privat zu nutzen, enthält der
Vertrag folgende "Sondervereinbarung":
"Keine Gewährleistung. Händlergeschäft. Baujahr 1995. EZ 03.00 in
Deutschland".
Diese Abrede beruhte darauf, daß dem Zeugen H. , der für den Kläger die
Kaufverhandlungen mit dem Beklagten führte, bekannt war, daß der Beklagte
das Fahrzeug nur an einen Händler verkaufen wollte, gegenüber dem er die
Gewährleistung ausschließen konnte. Deshalb deklarierte der Zeuge H. den
Kauf gegenüber dem Beklagten als Händlergeschäft. In Kenntnis dieser
Zusammenhänge unterzeichnete der Kläger den Vertrag mit der vom Zeugen H.
handschriftlich eingefügten Sondervereinbarung.
Der Kläger begehrt die Rückabwicklung des Kaufvertrages mit der Begründung,
das Fahrzeug weise technische Mängel auf und sei abweichend von den Angaben
im Vertrag vor der Zulassung in Deutschland bereits in Italien zum Verkehr
zugelassen gewesen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das
Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner
vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren
weiter.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Dem Kläger stehe nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ein Anspruch auf
Rückabwicklung des Kaufvertrages nicht zu. Der zwischen den Parteien
vereinbarte Gewährleistungsausschluß sei wirksam. Dem stehe weder § 475 BGB
noch § 444 BGB entgegen. Ein Verbrauchsgüterkauf (§ 474 BGB), bei dem die
Gewährleistung nicht ausgeschlossen werden könne (§ 475 BGB), liege nicht
vor. Zwar habe der Kläger das Fahrzeug - entgegen der Bezeichnung des Kaufs
als Händlergeschäft - objektiv als Verbraucher (§ 13 BGB) gekauft. Der
Verbraucherschutz nach § 474 ff. BGB greife aber nur dann ein, wenn der
Vertragspartner die die Verbrauchereigenschaft begründenden Tatsachen
gekannt habe oder hätte kennen müssen, nicht aber dann, wenn sich der
Verbraucher gegenüber dem Vertragspartner - wie hier - wahrheitswidrig als
Unternehmer ausgegeben habe, um sich unter Verzicht auf eine Gewährleistung
den nur für den Verkauf an einen Händler ausgehandelten günstigen Preis zu
sichern. Daß der Beklagte von der Falschbezeichnung Kenntnis gehabt habe
oder hätte haben müssen, habe der insoweit beweisbelastete Kläger nicht
bewiesen. Eine etwaige Kenntnis des Zeugen M. , auf dessen Betriebsgelände
das Fahrzeug ausgestellt war und der dieses dem Kläger nach dem Kauf
übergab, müsse sich der Beklagte nicht zurechnen lassen, da der Zeuge M.
nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht Vertreter des Beklagten gewesen
sei. Ein Umgehungsgeschäft im Sinne des § 475 Abs. 1 Satz 2 BGB sei nicht
gegeben. Voraussetzung für die Umgehung sei, daß der Unternehmer durch die
Gestaltung des Vertrages bewußt Rechte des Verbrauchers beschneiden wolle.
So liege es hier aber nicht, weil allein der von dem Kläger eingeschaltete
Zeuge H. für die falsche Bezeichnung des Vertrages verantwortlich gewesen
sei. Schließlich stehe der Berufung des Beklagten auf den
Gewährleistungsausschluß auch § 444 BGB nicht entgegen. Der Kläger habe den
ihm obliegenden Beweis, daß der Beklagte die frühere Zulassung des
Kraftfahrzeugs in Italien arglistig verschwiegen habe, nicht geführt. Dem
Zeugen H. sei dies bekannt gewesen. Dessen Wissen sei dem Kläger gemäß § 166
BGB zuzurechnen.
II. Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten den Angriffen der Revision
stand. Die Revision ist deshalb zurückzuweisen.
1. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß auf den
vorliegenden Fall das Bürgerliche Gesetzbuch in der seit dem 1. Januar 2002
geltenden Fassung anzuwenden ist, weil der Kaufvertrag am 5. Oktober 2002
geschlossen wurde (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).
2. Das Berufungsgericht hat darüber hinaus mit Recht angenommen, daß die für
den Verbrauchsgüterkauf geltende Vorschrift des § 475 Abs. 1 BGB dem in
einem Kaufvertrag vereinbarten Gewährleistungsausschluß dann nicht
entgegensteht, wenn der Vertragspartner des Unternehmers diesem bei
Vertragsschluß einen gewerblichen Verwendungszweck vortäuscht, um das
Geschäft zustande zu bringen. Der Auffassung der Revision, auch in einem
solchen Fall hätten die Verbraucherschutzvorschriften der §§ 474 ff. BGB
einzugreifen, kann nicht gefolgt werden.
a) Ein Verbrauchsgüterkauf liegt - von dem in § 474 Abs. 1 Satz 2 BGB
geregelten Ausnahmefall abgesehen - dann vor, wenn ein Verbraucher von einem
Unternehmer eine bewegliche Sache kauft (§ 474 Abs. 1 Satz 1 BGB). Daß der
Beklagte bei dem Geschäft als Unternehmer (§ 14 BGB) handelte, steht
ebensowenig im Streit wie der Umstand, daß der Kläger das Fahrzeug nicht -
wie im Vertrag von ihm angegeben - als Händler, sondern für einen Zweck
kaufen wollte, der weder einer gewerblichen noch einer selbständigen
beruflichen Tätigkeit des Klägers zugerechnet werden kann (§ 13 BGB).
Der Wortlaut des § 13 BGB läßt allerdings nicht erkennen, ob der
Geschäftszweck, von dem die Verbrauchereigenschaft nach §§ 13, 474 BGB
abhängt, subjektiv oder objektiv zu bestimmen ist (MünchKommBGB/Micklitz, 4.
Aufl., § 13 Rdnr. 30). Die Frage, inwieweit sich der Geschäftszweck nach dem
erklärten Parteiwillen - also nach dem durch Auslegung zu ermittelnden
Inhalt des Vertrages - oder gegebenenfalls nach davon abweichenden
tatsächlichen Gegebenheiten richtet, kann aber in dem hier zu beurteilenden
besonderen Fall der bewussten Täuschung des Vertragspartners über den
Geschäftszweck dahinstehen. Die den Verbraucher schützenden Vorschriften der
§§ 474 ff. BGB finden jedenfalls dann keine Anwendung, wenn der
Vertragspartner des Unternehmers bei Abschluß des Vertrages wahrheitswidrig
als Gewerbetreibender auftritt und dadurch einen gewerblichen Geschäftszweck
vortäuscht (ebenso MünchKommBGB/ Lorenz, aaO, § 474 Rdnr. 23; Münch-KommBGB/Basedow,
aaO, § 310 Rdnr. 48; Soergel/Pfeiffer, BGB, 13. Aufl., § 13 Rdnr. 28;
Staudinger/Kessal-Wulf (2004), § 491 Rdnr. 42; Jauernig/Berger, BGB, 11.
Aufl., § 474 Rdnr. 3; Müller, NJW 2003, 1975, 1979; unklar Staudin-ger/Matusche-Beckmann,
BGB (2004), § 474 Rdnr. 9).
Die Rechtfertigung für die Beschränkung des Verbraucherschutzes auf den
redlichen Vertragspartner liegt in dem auch im Verbraucherschutzrecht
geltenden Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB; MünchKommBGB/
Lorenz, aaO; MünchKommBGB/Basedow, aaO). Wer eine Sache von einem
Unternehmer kaufen will, der zu einem Geschäftsabschluß mit einem
Verbraucher nicht bereit ist, weil er keine Gewähr für die Kaufsache
übernehmen will, darf sich den Schutz der ihn begünstigenden Vorschriften
über den Verbrauchsgüterkauf nicht dadurch erschleichen, daß er sich
gegenüber dem Unternehmer wahrheitswidrig als Händler ausgibt, um diesen zum
Vertragsschluß zu bewegen. Verstößt er dagegen, so ist ihm die spätere
Berufung darauf, er sei in Wahrheit Verbraucher, nach Treu und Glauben (sog.
"venire contra factum proprium") verwehrt (MünchKommBGB/Basedow, aaO).
Auch die Gesetzgebungsmaterialien zum Verbraucherbegriff sprechen gegen eine
Anwendung der Verbraucherschutzvorschriften, wenn dem Unternehmer ein
gewerblicher Geschäftszweck vorgetäuscht wird. Die Formulierung des § 13 BGB
geht zurück auf die im wesentlichen gleichlautende Legaldefinition in Art.
29 EGBGB. In der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zu dieser
Vorschrift wird ausgeführt, daß es für die Einordnung eines Vertrages als
Verbrauchergeschäft entscheidend auf die erkennbaren Umstände des Geschäfts
ankomme; könne die leistungspflichtige Partei auch bei Berücksichtigung
sämtlicher Umstände nicht erkennen, daß ein Geschäft nach dem Willen des
Leistungsempfängers weder seiner beruflichen noch seiner gewerblichen
Tätigkeit dienen solle, so müsse das Geschäft ohne Rücksicht auf die
tatsächlichen Absichten des Leistungsempfängers so eingeordnet werden, wie
es sich nach den Umständen darstelle (BT-Drucks. 10/504, S. 79). Dies hat -
erst recht - für eine bewußte Täuschung zu gelten.
Entgegen der Auffassung der Revision ist der vom Vertragspartner getäuschte
Unternehmer in einem solchen Fall nicht auf eine Anfechtung des Vertrages
wegen arglistiger Täuschung über die Verbrauchereigenschaft beschränkt. Es
widerspräche Treu und Glauben, wenn der täuschende Vertragspartner sein mit
der nachträglichen Aufdeckung der Täuschung nunmehr verfolgtes Ziel, sich
unter Berufung auf die Verbraucherschutzvorschriften vom Vertrag zu lösen,
durchsetzen könnte. Es steht dem Unternehmer deshalb frei, seinen
Vertragspartner an dessen eigenen falschen Angaben - und damit an dem nicht
vom Verbraucherschutz erfassten Vertrag - festzuhalten.
Ein Verstoß gegen die im Umgehungsverbot des § 475 Abs. 1 Satz 2 BGB zum
Ausdruck kommende Unabdingbarkeit des Verbraucherschutzes liegt darin nicht
(ebenso MünchKommBGB/Lorenz, aaO). Dem Grundsatz von Treu und Glauben
(§ 242 BGB) gebührt Vorrang vor dem Interesse des unredlichen
Vertragspartners. Der Schutz des Rechtsverkehrs vor Täuschungen hat
deshalb nicht, wie die Revision meint, hinter dem Verbraucherschutz ebenso
zurückzutreten wie hinter dem Minderjährigenschutz. Während der
Minderjährige aufgrund seiner entwicklungsbedingten Unreife vor den
Rechtsfolgen seiner Handlungen auch dann zu schützen ist, wenn er die
Volljährigkeit vortäuscht, verdient der erwachsene Verbraucher, der einen
gewerblichen Geschäftszweck vortäuscht, keinen Schutz. Denn die
Verbraucherschutzvorschriften, die dem Ausgleich der strukturellen
Unterlegenheit des Verbrauchers im Geschäftsverkehr dienen (MünchKommBGB/Micklitz,
aaO, Vor §§ 13, 14, Rdnr. 60 ff.), setzen - anders als die Vorschriften zum
Schutz des Minderjährigen - einen verantwortlich handelnden Verbraucher
voraus.
b) Das Gebot richtlinienkonformer Auslegung und Anwendung der deutschen
Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf (§§ 474 ff. BGB), die in Umsetzung
der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie (Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des
Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter, Amtsbl. EG vom
7. Juli 1999, L 171/12) in das Bürgerliche Gesetzbuch eingefügt worden sind,
erfordert keine andere Beurteilung. Zwar stellt die Definition des
Verbraucherbegriffs in Art. 1 Abs. 2 lit. a der Richtlinie ebenso wie die im
wesentlichen gleichlautende Formulierung in § 13 BGB nicht ausdrücklich
klar, nach welchen Kriterien der für die Verbrauchereigenschaft maßgebliche
Geschäftszweck zu bestimmen ist. Es unterliegt aber keinem vernünftigen
Zweifel, daß auch nach der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie demjenigen die
spätere Berufung auf die Schutzvorschriften für den Verbrauchsgüterkauf
verwehrt ist, der seinem Vertragspartner bei Abschluß des Vertrages einen
beruflichen oder gewerblichen Geschäftszweck vortäuscht, um den Vertrag mit
ihm zustande zu bringen.
Zum einen ist auch im Gemeinschaftsrecht der Grundsatz von Treu und Glauben
anerkannt (MünchKommBGB/Basedow, aaO, § 310 Rdnr. 48 unter Hinweis auf die
Rechtsprechung des Gerichtshofes zu Gerichtsstandsvereinbarungen, EuGH Slg
1976, 1851 Tz. 11 und EuGH Slg 1984, 2417 Tz. 18). Dies spricht dafür, daß
auch nach dem Gemeinschaftsrecht derjenige, der einen gewerblichen
Geschäftszweck vortäuscht, sich nicht entgegen seiner eigenen Einlassung bei
Vertragsschluß später auf eine rein private Nutzung berufen kann (MünchKommBGB/Basedow,
aaO). Für dieses Ergebnis kommt es - im Gemeinschaftsrecht ebenso wie im
deutschen Recht (dazu oben unter II 2 a) -nicht darauf an, ob dem
täuschenden Vertragspartner aufgrund des von ihm angegebenen gewerblichen
Geschäftszwecks die Verbrauchereigenschaft abgesprochen wird, oder ob er -
begrifflich - zwar als Verbraucher eingeordnet, ihm aber die Berufung auf
seine Verbrauchereigenschaft nach Treu und Glauben verwehrt wird.
Zum anderen ist der persönliche Anwendungsbereich der
Verbrauchsgüterkaufrichtlinie nicht allein aus dieser Richtlinie heraus zu
bestimmen. Der Verbraucherbegriff in Art. 1 Abs. 2 lit. a ist im
Zusammenhang mit der gleichlautenden Definition des Verbrauchers in
zahlreichen anderen Richtlinien des Gemeinschaftsrechts zu sehen (vgl. z.B.
Art. 1 Abs. 2 lit. a der Verbraucherkreditrichtlinie; Nachweise zu weiteren
Richtlinien, die eine entsprechende Definition des Verbrauchers enthalten,
bei Soergel/Pfeiffer, aaO, § 13 Rdnr. 4) und stimmt wörtlich überein auch
mit den Begriffsdefinitionen in den zwischenstaatlichen Übereinkommen zum
europäischen Zivilprozeßrecht (Art. 13 Abs. 1 EuGVÜ) und zum europäischen
Kollisionsrecht (Art. 5 EVÜ, umgesetzt in deutsches Recht durch Art. 29
EGBGB). In diesen dem EG-Recht nahestehenden Übereinkommen ist das Konzept
des Verbrauchergeschäfts im europäischen Recht erstmals entwickelt worden.
Damit können die Materialien zu den Übereinkommen, insbesondere der zum EVÜ
vorliegende Giuliano-Lagarde-Bericht (Anlage zur Denkschrift zum
Übereinkommen vom 19. Juni 1980 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse
anzuwendende Recht, BT-Drucks. 10/503, 33 ff.) als Rechtserkenntnisquelle
nicht nur für das Verständnis des Verbraucherbegriffs in den deutschen
Vorschriften (§ 13 BGB, Art. 29 EGBGB), sondern auch als
Auslegungsinstrument für den europäisch-autonomen Verbraucherbegriff im
EG-Richtlinienrecht einschließlich der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie
herangezogen werden (AnwKomm-Pfeiffer [2002], Kauf-RL Art. 1 Rdnr. 19; vgl.
auch Soergel/Pfeiffer, aaO, § 13 Rdnr. 28). Nach den Erläuterungen zu Art. 5
EVÜ im Giuliano-Lagarde-Bericht scheidet die Einordnung als Verbraucher aus,
wenn sich der Leistungsempfänger "als Berufsangehöriger" ausgibt und die
andere Partei gutgläubig ist (aaO, 55). In die gleiche Richtung gehen die
entsprechenden Ausführungen in der Denkschrift zum Übereinkommen (BT-Drucks.
10/503, 21, 26), die wörtlich in die Gesetzesbegründung zu Art. 29 EGBGB
(BT-Drucks. 10/504, 79; oben wiedergegeben unter II 2 a) übernommen worden
sind. Damit ist auch aus dem gemeinschaftsrechtlichen Zusammenhang, in dem
die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie steht, zu ersehen, daß die
Schutzvorschriften für den Verbraucher nach dem EG-Richtlinienrecht nicht
eingreifen sollen, wenn der Leistungsempfänger seinem Vertragspartner einen
gewerblichen Geschäftszweck vortäuscht (ebenso - zur Klauselrichtlinie -
Wolf, in Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz, 4. Aufl., RiLiArt. 2 Rdnr. 6).
3. Ohne Erfolg rügt die Revision, das Berufungsgericht habe unter Verstoß
gegen § 288 ZPO den Zeugen M. nicht als rechtsgeschäftlichen Vertreter des
Beklagten angesehen. Die Revision meint, es sei eine von der Klägerin
zugestandene, unstreitige Tatsache gewesen, daß der Zeuge M. bei Abschluß
des Vertrages als Vertreter des Beklagten gehandelt habe. Deshalb müsse sich
der Beklagte die Kenntnis des Zeugen M. zurechnen lassen. Entgegen der
Auffassung des Berufungsgerichts komme es somit darauf an, ob der Zeuge
gewusst habe, daß der Kläger kein Händler gewesen sei. Damit dringt die
Revision nicht durch.
Zwar hat auch der Kläger in seinen Schriftsätzen den Zeugen M. gelegentlich
als "Vertreter" des Beklagten bezeichnet. Aus dem Sinnzusammenhang ergibt
sich aber, daß der Kläger damit nur eine tatsächliche Beteiligung des Zeugen
an dem Geschäft zum Ausdruck gebracht und nicht vorgetragen oder zugestanden
hat, der Zeuge M. habe beim Abschluß des Kaufvertrages als Vertreter des
Beklagten - im Rechtssinne (§ 164 Abs. 1 BGB) - gehandelt. Unstreitig ist
hinsichtlich der Beteiligung des Zeugen M. , daß der Beklagte das Fahrzeug
auf dem Betriebsgelände seines Händlerkollegen - des Zeugen M. - abgestellt
hatte und dieser dem Kläger das Fahrzeug, wie das Berufungsgericht
unangegriffen festgestellt hat, "nach" dem Kauf aushändigte. Hinsichtlich
der maßgeblichen Kaufverhandlungen hat das Berufungsgericht dagegen
festgestellt, daß der Zeuge H. für den Kläger die Kaufverhandlungen "mit dem
Inhaber der Beklagten" - also mit dem Beklagten selbst - führte. Dies wird
von der Revision ebenfalls nicht angegriffen und entspricht dem eigenen
Vortrag des Klägers in seiner Klageschrift, auf den er in der
Berufungsbegründung nochmals Bezug genommen hat. Folgerichtig hat das
Berufungsgericht Beweis nur darüber erhoben, ob dem Beklagten selbst die
Verbrauchereigenschaft des Klägers bekannt war. Auch diesen Beweisbeschluß
hat der Kläger in der Vorinstanz nicht beanstandet. Danach hatte das
Berufungsgericht keinen Anlaß für die Annahme, der Kläger habe, wie er jetzt
mit der Revision erstmals geltend macht, mit der nicht näher substantiierten
Bezeichnung des Zeugen M. als "Vertreter" des Beklagten zum Ausdruck bringen
wollen, die maßgeblichen Vertragsverhandlungen seien - im Widerspruch zum
eigenen, konkreten Vortrag zu den Vertragsverhandlungen in der Klageschrift
- nicht mit dem Beklagten selbst, sondern mit dem Zeugen M. als Vertreter
des Beklagten geführt worden. Deshalb war es - bei verständiger Würdigung
des gesamten Prozeßstoffs (§ 286 ZPO) - nicht zu Lasten des Klägers
rechtsfehlerhaft, daß das Berufungsgericht den Zeugen M. nicht als Vertreter
des Beklagten angesehen hat, nachdem auch der in anderem Zusammenhang
vernommene Zeuge - in Übereinstimmung mit dem Vortrag in der Klageschrift -
bekundet hatte, er habe an den Vertragsverhandlungen keinen Anteil gehabt.
4. Zutreffend ist schließlich auch die Auffassung des Berufungsgerichts, daß
dem Gewährleistungsausschluß § 444 BGB nicht entgegensteht. Die Revision
meint, das Berufungsgericht habe rechtsfehlerhaft die Voraussetzungen des §
444 BGB verneint. Dies trifft nicht zu. Nach der von der Revision nicht
angegriffenen Feststellung des Berufungsgerichts war dem Zeugen H. bekannt,
daß das Fahrzeug vor der Zulassung in Deutschland bereits in Italien
zugelassen gewesen war. Diese Kenntnis des Zeugen H. hat das
Berufungsgericht gemäß § 166 Abs. 1 BGB dem Kläger zugerechnet. Auch dagegen
wendet sich die Revision nicht. Soweit sie meint, der Beklagte habe zwar
nicht die Zulassung des Fahrzeugs in Italien, wohl aber deren Dauer
arglistig verschwiegen, handelt es sich um neues Parteivorbringen, das nicht
der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt (§ 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Daß die Dauer der Erstzulassung in Italien länger gewesen sei, als der
Beklagte dem Zeugen H. mitgeteilt habe, hat der Kläger erst nach dem Schluß
der mündlichen
Verhandlung des Berufungsgerichts in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz
vom 1. März 2004 behauptet. Diesen Vortrag hat das Berufungsgericht zu Recht
nicht berücksichtigt. Vergeblich rügt die Revision, das Berufungsgericht
habe dieses Vorbringen rechtsfehlerhaft zurückgewiesen. Die Voraussetzungen
für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung und die Zulassung des
neuen Vorbringens nach § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO waren, wie das
Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, nicht erfüllt. Auch lag entgegen
der Auffassung der Revision kein Fall des § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO vor.
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