Verbraucherbegriff (§ 13 BGB): Objektive
Betrachtungsweise, Beweislast; Anwendbarkeit des Verbrauchsgüterkaufrechts;
5-jährige Verjährung von Gewährleistungsansprüchen gem. § 438 Abs. 1 Nr. 2b
BGB: Begriff des Bauwerks; Ein- und Ausbaukosten mangelhafter Sachen;
Vorschusspflicht; kein Vorschuss für Ersatzbeschaffung
BGH, Urteil vom 7. April 2021 - VIII ZR 191/19 - OLG
Frankfurt am Main
Fundstelle:
noch nicht bekannt
Amtl. Leitsätze:
a) Schließt eine natürliche Person ein
Rechtsgeschäft objektiv zu einem Zweck ab, der weder ihrer gewerblichen noch
ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann, so kommt
eine Zurechnung entgegen dem mit dem rechtsgeschäftlichen Handeln objektiv
verfolgten privaten Zweck nur dann in Betracht, wenn die dem Vertragspartner
erkennbaren Umstände eindeutig und zweifelsfrei darauf hinweisen, dass die
natürliche Person in Verfolgung ihrer gewerblichen oder selbständigen
beruflichen Tätigkeit handelt (Bestätigung von Senatsurteile vom
30. September 2009 - VIII ZR 7/09,
NJW 2009, 3780 Rn. 11;
vom 13. März 2013 - VIII ZR 186/12, NJW 2013,
2107 Rn. 18).
b) Zu den Voraussetzungen eines im Rahmen des
Verbrauchsgüterkaufs in Betracht kommenden Anspruchs des Verbrauchers auf
einen Kostenvorschuss für noch nicht angefallene Kosten des Ausbaus einer
mangelhaften Kaufsache und des Einbaus einer als Ersatz gelieferten Sache
(Bestätigung von Senatsurteil vom 21. Dezember
2011 - VIII ZR 70/08, BGHZ 192, 148 Rn. 27, 35, 53 f.).
c) Ein
Anspruch des Käufers auf Vorschuss für die Ersatzlieferung einer
mangelfreien Sache besteht nicht (Bestätigung von
Senatsurteil vom 21. Dezember 2011 - VIII ZR 70/08, aaO Rn. 49 f.).
Zentrale Probleme:
Ein klassischer Klausursachverhalt: Der Kläger hatte
Holz für den (privaten) Bau einer Außenterrasse gekauft, das sich als
mangelhaft erwies. Er verlangte einen Vorschuss für die Kosten des Aus- und
Wiedereinbaus sowie für den Ankauf mangelfreien Holzes. Die Entscheidung
betrifft in Bezug auf die Frage des Vorschusses für die Kosten des Aus- und
Wiedereinbaus bei Lieferung mangelhafter Sachen noch die Rechtslage vor der
gesetzlichen Regelung dieser Fragen zum 1.1.2018. Nach heutiger Rechtslage
würde sich ein Vorschussanspruch des Klägers für Aus- und Wiedereinbaukosten
aus § 475 Abs. 6 BGB ergeben. Einen Vorschuss für eine Ersatzbeschaffung,
d.h. eine Selbstvornahme, kennt das Kaufrecht auch heute nicht. Von
Interesse ist sie für den (objektiv zu bestimmenden) Verbraucherbegriff
i.S.v. § 13 BGB sowie für die Frage der Verjährung nach § 438 Abs. 1 Nr. 2b
BGB (Verwendung für ein Bauwerk). Zu den einzelnen Fragen s. die Anmerkungen
zu den zitierten Entscheidungen.
©sl 2021
Tatbestand:
1 Der Kläger begehrt von der
Beklagten, die mit Holz handelt, wegen fehlender Witterungsbeständigkeit der
für eine Außenterrasse gelieferten Hölzer einen Kostenvorschuss für
den Ausbau und die Entsorgung der verbauten Hölzer sowie für die Lieferung
und den Einbau neuer Hölzer in einer witterungsbeständigen Qualität.
2 Der Kläger, der bis zum 1. Juli 2012 eine Tischlerei
betrieb, stand in ständiger Geschäftsbeziehung zur Beklagten. Ende
2011/Anfang 2012 bestellte er bei einem Außendienstmitarbeiter der
Beklagten, dem Zeugen Sch. , Hölzer ("Brettschichtholz sibirische Lärche")
zur Sanierung der Terrasse und einer Außentreppe seines - neben der
Tischlerei gelegenen - Privathauses. Die Beklagte richtete die
Auftragsbestätigungen sowie die Rechnungen an den Kläger mit dem Zusatz
"Tischlerei".
3 Im Jahr 2015 beanstandete der Kläger, an den
Leimfugen der gelieferten und eingebauten Hölzer seien Risse aufgetreten und
die Verleimung entspreche nicht der erforderlichen Nutzungsklasse. Die
Beklagte machte mit E-Mail vom 20. Mai 2015 geltend, das bestellte und
gelieferte Holz entspreche dem üblichen Standard. Nachdem der Kläger einen
Kostenvoranschlag eines Unternehmens für Holzbau und Zimmerarbeiten vom 18.
Juni 2015 über insgesamt 10.891,18 € brutto für die Kosten des Rückbaus, des
Neuaufbaus sowie der Lieferung neuer Hölzer - auf letztere entfällt ein
Teilbetrag von 2.138,75 € nebst Umsatzsteuer - eingeholt hatte, machte er
mit Anwaltsschreiben vom 20. Juli 2015 geltend, die Hölzer
entsprächen nicht der für den Außenbereich erforderlichen Nutzungsklasse.
4 Das Landgericht hat der am 21. September 2015 zugestellten Klage,
die nach einer Teilklagerücknahme zuletzt auf eine Vorschusszahlung
von 9.769,01 € brutto sowie auf Erstattung vorgerichtlicher
Rechtsverfolgungskosten, jeweils nebst Zinsen, gerichtet war, nach
Vernehmung des Zeugen Sch. und Einholung eines Sachverständigengutachtens
bis auf einen geringen Teil der vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten
stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das
Oberlandesgericht die Klage insgesamt abgewiesen.
5 Mit der
vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die
Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
6 Die Revision hat Erfolg.
I.
7 Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung -
soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - im Wesentlichen
ausgeführt:
8 Ein Anspruch des Klägers auf Zahlung eines Vorschusses
für die Kosten der Mängelbeseitigung an der Außentreppe nebst Balkon aus §
474 Abs. 1 Satz 1, §§ 433, 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, § 439 Abs. 1, 2 BGB in
Verbindung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil
vom 21. Dezember 2011 - VIII ZR 70/08) bestehe bereits
deshalb nicht, weil ein solcher Anspruch nur einem Verbraucher gegen
einen Unternehmer zustehe, ein Verbrauchsgüterkauf jedoch nicht gegeben sei.
9 Zwar handele es sich bei der Beklagten um eine Unternehmerin (§
14 BGB). Unstreitig sei zudem, dass die Hölzer für den Einbau in das
Privathaus des Klägers bestimmt gewesen seien und er die Hölzer damit -
objektiv betrachtet - zu einem privaten Verwendungszweck habe kaufen wollen.
Jedoch habe der Kläger nicht als Verbraucher gehandelt. Zwar sei der
Beklagten, die sich die entsprechende Kenntnis ihres Außendienstmitarbeiters
zurechnen lassen müsse, auch bekannt gewesen, dass er die Hölzer für private
Zwecke benötigt habe. Es bestehe indes die Besonderheit, dass die
gesamte Vertragsanbahnung und -abwicklung aus Sicht beider Parteien in
derselben Art und Weise wie die gewerblich veranlassten Bestellungen des
Klägers erfolgt sei. Jedenfalls eine solche Konstellation rechtfertige es,
das Geschäft insgesamt als ein solches anzusehen, bei dem der Kläger in
Ausübung seiner gewerblichen Tätigkeit gehandelt habe.
II.
10
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom
Berufungsgericht gegebenen Begründung, ein Verbrauchsgüterkauf liege
nicht vor, kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben.
11 1.
Das Berufungsgericht ist - ohne zwischen Aus- und Einbaukosten einerseits
und den Kosten für die Beschaffung mangelfreier Hölzer andererseits zu
differenzieren - stillschweigend davon ausgegangen, dass ein
Anspruch des Klägers auf Zahlung eines Kostenvorschusses zur Zeit des
Vertragsschlusses aus § 439 Abs. 2 BGB in Verbindung mit dem in Art. 3 Abs.
3 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie vorgesehenen Gebot der Unentgeltlichkeit
der Nacherfüllung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur
richtlinienkonformen Auslegung des § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB (vgl.
Senatsurteile vom 13.
April 2011 - VIII ZR 220/10, BGHZ 189, 196 Rn. 37; vom
21. Dezember 2011 - VIII ZR
70/08, BGHZ 192, 148 Rn. 25 ff., 49 ff.; vom
17. Oktober 2012 - VIII ZR
226/11, BGHZ 195, 135 Rn. 16 ff.) in Betracht
kommt, wenn der Ende 2011/Anfang 2012 abgeschlossene Vertrag der Parteien
als Verbrauchsgüterkauf zu qualifizieren ist (§ 474 Abs. 1 Satz 1
BGB in der gemäß Art. 229 § 32 Abs. 1 EGBGB hier noch maßgeblichen, bis zum
12. Juni 2014 geltenden Fassung der Vorschrift).
12 Dieser
Ausgangspunkt ist zwar bezüglich der Aus- und Einbaukosten zutreffend, für
die ein Vorschussanspruch beziehungsweise eines angemessenen Anteils daran
unter bestimmten Voraussetzungen (dazu unter III 1) gegeben sein kann. Ein
solcher Anspruch kann jedoch mit der vom Berufungsgericht gegebenen
Begründung, der Kläger habe als Unternehmer gehandelt, nicht
verneint werden. Denn entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts
liegt ein Verbrauchsgüterkauf vor (dazu unter II 2).
13
Soweit der Kläger einen Vorschuss für die Kosten der Beschaffung
mangelfreier Hölzer begehrt, kommt ein solcher Anspruch allerdings bereits
grundsätzlich nicht in Betracht (dazu unter III 2).
14 2.
Gemäß § 474 Abs. 1 Satz 1 BGB aF liegt ein Verbrauchsgüterkauf vor,
wenn ein Verbraucher von einem Unternehmer eine bewegliche Sache
kauft. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist ein
Verbrauchsgüterkauf im Streitfall gegeben, weil der Kläger die Hölzer als
Verbraucher (§ 13 BGB) von der beklagten Unternehmerin (§ 14 BGB) erworben
hat. Darauf hat mit Recht bereits das Landgericht abgestellt. Nach
§ 13 BGB (in der gemäß Art. 229 § 32 Abs. 1 EGBGB hier noch anwendbaren, vor
dem 13. Juni 2014 geltenden Fassung) ist Verbraucher jede natürliche
Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder ihrer
gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet
werden kann.
15 Danach hat der Kläger die Hölzer als
Verbraucher erworben. Er verfolgte unstreitig einen privaten Zweck
(dazu nachfolgend unter a). Die hier zutage getretenen
Begleitumstände, wonach das Geschäft in gleicher Weise wie geschäftliche
Bestellungen des Klägers bei der Beklagten abgewickelt wurde, sind entgegen
der Ansicht des Berufungsgerichts von untergeordneter Bedeutung und vermögen
an der Zuordnung des Geschäfts zur Privatsphäre des Klägers nichts zu ändern
(dazu nachfolgend unter b).
16 a) Für die Abgrenzung
zwischen Verbraucher- und Unternehmerhandeln ist nach dem Wortlaut der
Verbraucherdefinition in § 13 BGB grundsätzlich die objektiv zu
bestimmende Zweckrichtung des Rechtsgeschäfts entscheidend
(Senatsurteile vom 27.
September 2017 - VIII ZR 271/16, NJW 2018, 146 Rn.
41; vom 18. Oktober 2017 -
VIII ZR 32/16, NJW 2018, 150 Rn. 31; vom
7. April 2021 - VIII ZR 49/19, unter II 3 a aa (2) (b),
zur Veröffentlichung bestimmt [Erwerb eines Dressurpferds zum Zweck privater
Sportausübung]; siehe auch BGH, Urteile vom 28. Mai 2020 - III ZR 58/19,
BGHZ 226, 39 Rn. 16; vom 15. November 2007 - III ZR 295/06, NJW 2008, 435
Rn. 6 f.; Beschluss vom 24. Februar 2005 - III ZB 36/04, BGHZ 162, 253, 256
f.; EuGH, Urteil vom 9. November 2016 - C-149/15, NJW 2017, 874 Rn. 32 [zur
Auslegung des Begriffs "Verkäufer" im Sinne von Art. 1 Abs. 2 Buchst. c der
Richtlinie 1999/44/EG - Verbrauchsgüterkaufrichtlinie]).
17
In Anbetracht dessen ist bei einem Vertragsschluss mit einer natürlichen
Person - wie hier - grundsätzlich von Verbraucherhandeln auszugehen
(Senatsurteile vom 30.
September 2009 - VIII ZR 7/09, NJW 2009, 3780 Rn. 11;
vom 13. März 2013 - VIII
ZR 186/12, NJW 2013, 2107 Rn. 18). Damit handelt
es sich um ein Verbrauchergeschäft des Klägers, weil er, wie auch das
Berufungsgericht nicht verkannt hat, die Hölzer zu einem objektiv privaten
Zweck (Errichtung einer Terrasse für sein Privathaus) erworben hat.
Ungeachtet dessen war der Beklagten, die sich das Wissen ihres
Außendienstmitarbeiters zurechnen lassen muss (§ 166 BGB), nach den
Feststellungen des Berufungsgerichts der objektiv private Zweck des
Geschäfts bei Vertragsschluss auch bekannt oder jedenfalls erkennbar.
18 b) Eine Zurechnung entgegen dem mit dem
rechtsgeschäftlichen Handeln objektiv verfolgten Zweck kommt nur dann in
Betracht, wenn die dem Vertragspartner erkennbaren Umstände eindeutig und
zweifelsfrei darauf hinweisen, dass die natürliche Person in Verfolgung
ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt
(Senatsurteile vom 30.
September 2009 - VIII ZR 7/09, aaO; vom
13. März 2013 - VIII ZR 186/12,
aaO). Zwar trägt der Verbraucher die Darlegungs- und Beweislast
dafür, dass nach dem von ihm objektiv verfolgten Zweck ein seinem privaten
Rechtskreis zuzuordnendes Rechtsgeschäft vorliegt.
Unsicherheiten und Zweifel aufgrund der äußeren, für den Vertragspartner
erkennbaren Umstände des Geschäfts gehen indes nach der negativen
Formulierung des Gesetzes in § 13 BGB nicht zu Lasten des Verbrauchers
(vgl. BGH, Urteile vom 30.
September 2009 - VIII ZR 7/09, aaO Rn. 10 f.; vom 11. Mai
2017 - I ZR 60/16, DB 2017, 2286 Rn. 20).
19 bb) Das Berufungsgericht
hat diese Grundsätze nur scheinbar beachtet.
20 (1) Es hat im
Wesentlichen darauf abgestellt, aufgrund der ständigen Geschäftsbeziehung
der Parteien, der Adressierung der Auftragsbestätigungen an den Kläger mit
dem Zusatz des Unternehmens ("Tischlerei") und der Abwicklung über das
Geschäftskonto des Klägers habe die Beklagte davon ausgehen dürfen, dass der
Kläger die Hölzer als Inhaber der Tischlerei erwerben wolle.
21 Diese
Beurteilung ist von revisionsrechtlich beachtlichen Rechtsfehlern
beeinflusst. Die vorgenannten Umstände finden eine naheliegende Erklärung
darin, dass der Kläger (in seiner Eigenschaft als Unternehmer) bereits Kunde
der Beklagten war und die Parteien deshalb auch diesen Vertrag in gewohnter
Form schlossen. Insbesondere die ständige Geschäftsbeziehung der
Parteien fällt, anders als es im Urteil des Berufungsgerichts anklingt, von
daher bei der Beurteilung nicht entscheidend ins Gewicht, zumal es auch
nicht im wirtschaftlichen Eigeninteresse der Beklagten läge, den Kläger auf
diese Weise dazu anzuhalten, zu Privatzwecken benötigte Hölzer bei einer
anderen Händlerin zu erwerben. Auch die Angabe der
Tischlerei als Lieferadresse lässt einen eindeutigen und zweifelsfreien
Schluss auf eine Bestellung zu selbstständigen freiberuflichen Zwecken nicht
zu (vgl.
Senatsurteil vom 30. September 2009 - VIII ZR 7/09, NJW 2009, 3780
Rn. 12 [Lieferadresse "Kanzlei"]). Das gilt auch für
den Gesichtspunkt, über welches Konto die Kaufsache bezahlt wurde, so dass
der Senat diesen Umstand in der vorgenannten Entscheidung auch nicht
thematisiert hat.
22 Ungeachtet dessen vermögen die
vorgenannten, bei Vertragsschluss zutage getretenen Begleitumstände schon
angesichts des eindeutig privaten Zwecks des Geschäfts (Errichtung einer
Terrasse für das Privathaus des Klägers), den die Beklagte auch erkannt hat
oder der für sie jedenfalls erkennbar war, keine Zweifel oder Unsicherheiten
an dem Bezug zu einem privaten Handeln des Klägers zu begründen.
23
(2) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem vom Berufungsgericht
angeführten Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (nachfolgend:
Gerichtshof) vom 25. Januar 2018 (C-498/16, NJW 2018, 1003 Rn. 29 ff., 32,
zu Art. 15, 16 der VO [EG] Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über
die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von
Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen [EuGVVO; im Folgenden aF];
nunmehr Art. 17, 18 EuGVVO). Diese Entscheidung betrifft, was das
Berufungsgericht verkannt hat, nicht die hier einschlägige
verbraucherschützende Richtlinie, sondern die gerichtliche Zuständigkeit bei
Verbrauchersachen. Auch unter Zugrundelegung des engen Verbraucherbegriffs
des Art. 15 Abs. 1 EuGVVO aF wäre der Kläger indes als Verbraucher
einzustufen. Denn vorliegend geht es - anders als in der vorgenannten
Entscheidung des Gerichtshofs - nicht darum, dass ein Vertrag zu einem Zweck
abgeschlossen wurde, der sich sowohl auf eine private als auch auf eine
gewerbliche Tätigkeit bezieht und bei dem eine Verbrauchereigenschaft nach
der Rechtsprechung des Gerichtshofs nur dann gegeben wäre, wenn die
Verbindung des Vertrags und der gewerblichen Tätigkeit so schwach wäre, dass
sie als nebensächlich zu werten wäre. Vielmehr steht im Streitfall allein
ein privater Nutzungszweck in Rede. Auch die Sachkunde, die dem Kläger als
Tischler zu eigen sein mag, nimmt ihm die Verbrauchereigenschaft nicht (vgl.
EuGH, Urteile vom 25. Januar 2018 - C-498/16, NJW 2018, 1003 Rn. 39; vom 3.
September 2015 - C-110/14, ZIP 2015, 1882 Rn. 27; vom 10. Dezember 2020 -
C-774/19, juris Rn. 38 ff.).
24 3. Das angefochtene Urteil stellt
sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
25
Die Beklagte ist nicht berechtigt, die hier begehrte Leistung
aufgrund Verjährungseintritts zu verweigern (§ 214 Abs. 1 BGB). Zu
Unrecht macht die Revisionserwiderung geltend, dass der geltend gemachte
Anspruch, soweit er in Betracht kommt, im Streitfall der zweijährigen
Verjährungsfrist nach § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB unterliegt. Wie bereits das
Landgericht zu Recht angenommen hat, ist vielmehr die im - zum Zeitpunkt der
Klageeinreichung (§ 167 ZPO, § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB) noch nicht verstrichene
- fünfjährige Verjährungsfrist nach § 438 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b BGB
maßgeblich. Danach verjähren die in § 437 Nr. 1 und 3 BGB bezeichneten
Ansprüche in fünf Jahren bei einer Sache, die entsprechend ihrer üblichen
Verwendungsweise für ein Bauwerk verwendet worden ist und dessen
Mangelhaftigkeit verursacht hat.
26 Von § 437 Nr. 1 BGB wird
auch der vom Käufer - im Fall der vom Verkäufer erhobenen
Unverhältnismäßigkeitsrede (§ 439 Abs. 3 BGB aF; heute § 475 Abs. 4 BGB) -
erhobene Vorschussanspruch erfasst, der nach der Rechtsprechung des Senats
aus der Nacherfüllung herzuleiten ist (Senatsurteil vom 21. Dezember 2011 -
VIII ZR 70/08, BGHZ 192, 148 Rn. 25 ff.; heute § 475 Abs. 6 BGB).
Nach dieser Maßgabe ist im Streitfall die fünfjährige Verjährungsfrist
eröffnet.
27 a) Die Hölzer wurden für ein Bauwerk
verwendet.
28 aa) Nach der Gesetzesbegründung zu § 438 Abs.
1 Nr. 2 Buchst. b BGB kann hinsichtlich der Frage, ob die Kaufsache "für ein
Bauwerk" verwendet worden ist, auf die zu § 638 Abs. 1 Satz 1 BGB aF (jetzt
§ 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB) entwickelten Kriterien zurückgegriffen werden (Senatsurteil
vom 9. Oktober 2013 - VIII ZR 318/12, NJW 2014, 845 Rn.
19 unter Hinweis auf
BT-Drucks. 14/6040,
S. 227). Danach ist ein Bauwerk eine unbewegliche, durch Verbindung
mit dem Erdboden hergestellte Sache. Von der Vorschrift erfasst sind nicht
nur Neuerrichtungen von Bauwerken, sondern auch Erneuerungs- und
Umbauarbeiten an einem errichteten Gebäude, wenn sie für Konstruktion,
Bestand, Erhaltung oder Benutzbarkeit des Gebäudes von wesentlicher
Bedeutung sind und wenn die eingebauten Teile mit dem Gebäude fest verbunden
sind (BGH, Urteile
vom 24. Februar 2016 - VIII ZR
38/15, NJW 2016, 2645 Rn. 44; vom
9. Oktober 2013 - VIII ZR 318/12, NJW 2014, 845 Rn. 19;
vgl. auch BT-Drucks. aaO).
29 Der Ausdruck "Bauwerk" beschreibt dabei
nach der Auslegung, die er durch die höchstrichterliche Rechtsprechung zu §
638 Abs. 1 BGB aF erfahren hat, nicht nur die
Ausführung des Baus als Ganzem, sondern auch die Herstellung der einzelnen
Bauteile und Bauglieder, und zwar unabhängig davon, ob sie äußerlich als
hervortretende, körperlich abgesetzte Teile in Erscheinung treten. Daraus
folgt, dass eine Kaufsache aus verschiedenen Gründen als "für ein Bauwerk
verwendet" angesehen werden kann, nämlich dann, wenn sie selbst als Bauwerk
einzustufen ist, oder wenn sie Bauteil oder Bauglied einer Sache ist,
die ihrerseits die Kriterien eines Bauwerks erfüllt, und schließlich, wenn
die Sache, deren Teil oder Glied die Kaufsache ist, zwar selbst kein Bauwerk
ist, jedoch ihrerseits Bauteil oder Bauglied eines Bauwerks
(Senatsurteil vom 24. Februar 2016
- VIII ZR 38/15, NJW 2016, 2645 Rn. 45 mwN).
30
bb) Danach sind - entgegen der erstinstanzlich vertretenen Ansicht der
Beklagten - die vom Kläger mit den gekauften Hölzern errichtete
Terrasse sowie die Außentreppe, die nach den Feststellungen des
Landgerichts, auf die das Berufungsgericht Bezug genommen hat, mit dem
Privathaus des Klägers fest verbunden sind und als tragende Bauteile auf
fest im Erdboden verankerten Pfeilern ruhen, als Bauteile beziehungsweise
Bauglieder des Privathauses und somit als Bauwerk im Sinne des § 438 Abs. 1
Nr. 2 Buchst. b BGB zu beurteilen.
31 b) Der Kläger
hat die gekauften Hölzer auch entsprechend ihrer üblichen Verwendungsweise
für ein Bauwerk verwendet. Ohne Erfolg macht sich die
Revisionserwiderung die von der Beklagten vertretene Ansicht zu eigen,
wonach die vom Kläger erworbenen Hölzer deshalb nicht in der üblichen Weise
verwendet worden seien, weil sie für den Außenbereich nicht tauglich gewesen
seien. Damit wird das Tatbestandsmerkmal "entsprechend ihrer üblichen
Verwendungsweise" in unzulässiger Weise mit dem Begriff des Sachmangels
vermengt und auf mangelfreie Sachen beschränkt. Dem Gesetz ist eine solche
Einschränkung indes nicht zu entnehmen. Vielmehr war der Gesetzgeber
bestrebt, grundsätzlich sämtliche von einem Käufer für ein Bauwerk
eingesetzten Materialien und Stoffe unter den Tatbestand des § 438 Abs. 1
Nr. 2 Buchst. b BGB zu fassen (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 227).
Damit hat sich der Gesetzgeber bezüglich der üblichen Verwendungsweise
für eine objektive Betrachtungsweise entschieden (Senatsurteil
vom 24. Februar 2016 - VIII ZR 38/15, NJW 2016, 2645 Rn.
45 ff.), die nicht davon abhängt, ob im Einzelfall ein Sachmangel gegeben
ist.
III.
32 Danach kann das Berufungsurteil keinen Bestand
haben; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die nicht
entscheidungsreife Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563
Abs. 1 Satz 1 ZPO).
33 1. Im Hinblick auf den vom Kläger begehrten
Vorschuss für das Entfernen der von ihm als mangelhaft beanstandeten Hölzer
sowie für das Anbringen mangelfreier Hölzer wird das Berufungsgericht, das
dazu - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - Feststellungen nicht
getroffen hat, zu beachten haben, dass der
Senat in seinem Urteil vom 21. Dezember 2011 (VIII
ZR 70/08, BGHZ 192, 148) einen allgemeinen
Vorschussanspruch für Aus- und Einbaukosten auch im Rahmen des
Verbrauchsgüterkaufs nicht geschaffen hat. Vielmehr hat der Senat die
Unverhältnismäßigkeitseinrede des § 439 Abs. 3 BGB (in der auch hier gemäß
Art. 229 § 39 EGBGB maßgeblichen, bis zum 31. Dezember 2017 geltenden
Fassung) dahin richtlinienkonform fortgebildet, dass der Verkäufer - unter
der Voraussetzung, dass er den Ausbau einer mangelhaften Kaufsache und den
Einbau als Ersatz gelieferten Sache im Fall von Unverhältnismäßigkeit der
Kosten verweigern darf - den Käufer darauf verweisen kann, dass dieser
den Aus- und Einbau gegen eine angemessene Kostenerstattung durch den
Verkäufer selbst vornimmt (Senatsurteil
vom 21. Dezember 2011 - VIII ZR 70/08, aaO Rn. 27, 35, 53
f.; derzeit geregelt in § 475 Abs. 4 BGB, siehe
BT-Drucks. 18/8486, S. 33). Nur diesbezüglich kann der Käufer
aufgrund des in der hier noch maßgeblichen Verbrauchsgüterkaufrichtlinie
enthaltenen Unentgeltlichkeitsgebots einen (abrechenbaren) Vorschussanspruch
geltend machen (Senatsurteil vom
21. Dezember 2011 - VIII ZR 70/08, aaO Rn. 49 f.; heute §
475 Abs. 6 BGB).
34 2. Soweit es den vom Kläger darüber hinaus
begehrten Vorschuss für die Nachlieferung mangelfreier Hölzer betrifft, wird
das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben, dass ein Anspruch des
Käufers auf Vorschuss für die Ersatzlieferung einer mangelfreien Sache von
vornherein nicht besteht. Das Gesetz räumt dem Käufer - anders als
dem Mieter (§ 536a Abs. 2 Nr. 1, 2 BGB) oder dem Besteller eines Werks (§
634 Nr. 2, § 637 BGB) - gerade kein Recht ein, einen Mangel selbst
zu beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen zu verlangen.
Der Gesetzgeber hat bei der Neuregelung der Mängelrechte des Käufers durch
das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vielmehr bewusst von der Einführung
eines Selbstvornahmerechts des Käufers nebst Vorschussanspruch abgesehen,
wie sich insbesondere aus dem Vergleich der in § 437 Nr. 1 bis 3
BGB aufgeführten Rechte des Käufers mit den ebenfalls neu gefassten und im
Übrigen im Wesentlichen übereinstimmenden Rechten des Bestellers beim
Werkvertrag (§ 634 Nr. 1 bis 4 BGB) ergibt (BGH, Urteile
vom 23. Februar 2005 - VIII
ZR 100/04, BGHZ 162, 219, 225; vom
7. Dezember 2005 - VIII ZR
126/05, NJW 2006, 988 Rn. 14 f.; vom 14. Juni 2019 - V ZR
254/17, BGHZ 222, 187 Rn. 17; vgl. auch
Vorlagebeschluss vom 13. März 2020 -
V ZR 33/19, ZIP 2020, 1073 Rn. 26, 42, 44). Damit ist ein
Anspruch des Käufers auf einen Vorschuss für von ihm beabsichtigte, aber
noch nicht angefallene Kosten der Ersatzlieferung oder Ersatzbeschaffung
nicht zu vereinbaren.
3. Nach alledem wird das Berufungsgericht dem
Kläger gegebenenfalls Gelegenheit zur Umstellung des Klageantrags zu geben
haben.
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