Haftung für
Nebenpflichtverletzung (§§ 280 I, 241 II BGB) und Zurechnung des
Verschuldens des Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB): Voraussetzung einer
schuldrechtlichen Sonderverbindung, Anwendung im Bereich des öffentlichen
Rechts; keine Anwendung von § 278 BGB im nachbarschaftsrechtlichen
Gemeinschaftsverhältnis; Umfang der Rechtskraft eines klageabweisenden
Urteils einer negativen Feststellungsklage (Mitverschuldenseinwand)
BGH, Urteil vom 11. Januar
2007 - III ZR 294/05
Fundstelle:
noch nicht bekannt
Amtl. Leitsatz:
Im Bereich einer
Eisenbahnkreuzung besteht zwischen dem Straßenbaulastträger und dem
Eisenbahnunternehmer in Bezug auf die Unterhaltung der Kreuzungsanlagen eine
rechtliche Sonderverbindung, die zur Anwendung von § 278 BGB im Verhältnis
beider Kreuzungsbeteiligten führt.
Zentrale Probleme:
Die Entscheidung betrifft einen Sachverhalt, der in dieser
Konstellation für Ausbildungszwecke fern liegt, ist aber dennoch sehr
lehrreich. Sie legt insbesondere lehrbuchartig die Voraussetzung des
Bestehens einer schuldrechtlichen Sonderverbindung zur Anwendung von § 278
BGB dar. Resümiert wird dabei insbesondere auch, warum die Rspr. die
Anwendung von § 278 BGB im nachbarschaftsrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis
verneint.
Das Urteil ist weiter zivilprozessual in Bezug auf die Rechtskraft eines
klageabweisenden Urteils bei einer negativen Feststellungsklage von
Interesse: Die materielle Rechtskraft erstreckt sich dann auf das Bestehen
des negierten Anspruchs, allerdings kann im Folgeprozeß Mitverschulden nach
§ 254 I BGB weiterhin eingewendet werden, nicht freilich ein überwiegendes,
den Anspruch ausschließenden Mitverschulden. Damit muß im Rahmen der
Feststellungsklage nur der Einwand eines solchen anspruchsausschließenden
Mitverschuldens gehört werden. Zur negativen Feststellungsklage s. auch
BGH v.
12.12.2006 - VI ZR 224/05 und
BGH NJW 1993, 1716 (Beweislast).
©sl 2007
Tatbestand:
1 Die klagende Gemeinde verlangt Feststellung, dass sie der Beklagten, der
Betreiberin des bundesweiten Schienennetzes, nicht zum Schadensersatz für
eine Verunreinigung des Schotters und des Fahrdrahts der Bahnstrecke
zwischen D. und L. verpflichtet ist. Die Klägerin ist Baulastträger für die
in ihrem Gemeindegebiet gelegene Straße "Am Viadukt" einschließlich einer
die Gleise der Beklagten überquerenden Brücke. 1998 schlos-sen die Klägerin
und die im Auftrag der D. B. AG handelnde P. B. , D . E. mbH im Zusammenhang
mit dem Ausbau der Bahnstrecke eine Kreuzungsvereinbarung nach dem
Eisenbahnkreuzungsgesetz. Die Klägerin ließ zwischen September und November
2002 nach Abstimmung mit der Beklagten nachts während ein- bis dreistündiger
Fahrpausen unter Einschaltung der Streithelferinnen Spritzbetonarbeiten an
der Straßenbrücke ausführen. Die Beklagte hatte zuvor diesen Baumaßnahmen
zugestimmt und dabei unter anderem gefordert, dass Gleisschotter und
Fahrdrähte nicht beeinträchtigt werden dürften und bei Strahl- und
Spritzbetonarbeiten durch zusätzliche Abdeckungen vor Verschmutzungen zu
schützen seien.
2 Nach Abschluss der Arbeiten monierte die Beklagte Verunreinigungen des
Schotterbettes sowie der Fahrdrahteinrichtungen und forderte die Klägerin
zur Beseitigung der Mängel auf.
3 Das Landgericht hat festgestellt, dass die Beklagte lediglich Ansprüche in
Höhe von 6.625 € gegen die Klägerin habe. Das Berufungsgericht hat die Klage
insgesamt abgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene
Revision der Klägerin.
Entscheidungsgründe
I.
4 Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die negative Feststellungsklage sei
abzuweisen, weil die Streithelferinnen als Erfüllungsgehilfen der Klägerin
bei der Durchführung der Baumaßnahmen ihre Sorgfaltspflichten verletzt
hätten und für den Eintritt eines hieraus resultierenden künftigen Schadens
der Beklagten eine gewisse Wahrscheinlichkeit bestehe. Zwar folge aus der
Kreuzungsvereinbarung aus dem Jahre 1998 kein Schuldverhältnis betreffend
die Ausführung von Unterhaltungsarbeiten an der Straßenbrücke, da dieser
Vertrag lediglich den Ausbau der Bahnstrecke zum Gegenstand gehabt habe. Die
Parteien verbinde aber als an einer Kreuzung im Sinne des
Eisenbahnkreuzungsgesetzes Beteiligte ein Gemeinschaftsverhältnis, aus dem
ihnen eine Reihe gesetzlicher Pflichten erwüchsen. Jedenfalls aber sei eine
rechtliche Sonderverbindung durch die Absprachen vor Beginn der Baumaßnahmen
begründet worden. Aufgrund der erhobenen Beweise stehe fest, dass im
Kreuzungsbereich deutliche Verunreinigungen an Schienen,
Schienenbefestigungen sowie am Tragseil des Fahrdrahts eingetreten seien,
die durch das fachgerechte Abdecken des Gleisbereichs und der Oberleitung
hätten vermieden werden können. Es bestehe auch eine gewisse
Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Verunreinigungen über die sichtbaren
optischen Beeinträchtigungen hinaus zu Vermögensschäden der Beklagten
führten, weil sich nach den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen
jedenfalls die Unterhaltungsintervalle des Gleisbettes verkürzten.
II.
5 Dies hält der rechtlichen Nachprüfung stand, so dass die Revision
unbegründet ist.
6 1. a) Die Rügen der Klägerin, die Berufung der Beklagten sei unzulässig
gewesen beziehungsweise gar nicht eingelegt worden, soweit die
Schadensposition "Verschmutzung der Fahrdrahteinrichtungen" betroffen sei,
und das Berufungsgericht habe über einen Schadensersatzanspruch der
Beklagten entschieden, dessen sich diese gar nicht berühmt habe und der
demgemäß auch nicht Gegenstand der negativen Feststellungsklage geworden
sei, hat der Senat geprüft und nicht für durchgreifend erachtet. Von einer
Begründung wird gemäß § 564 Satz 1 ZPO abgesehen.
7 2. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht einen dem Grunde nach
bestehenden Schadensersatzanspruch der Beklagten gegen die Klägerin gemäß §
280 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 278 Satz 1 BGB angenommen.
8 a) Zwischen den Parteien besteht eine rechtliche Sonderverbindung, die
ein Schuldverhältnis (§ 241 Abs. 1 BGB) begründet, welches zur Anwendbarkeit
von § 278 BGB führt.
9 aa) Dem widerspricht entgegen der Ansicht der Revision nicht, dass die
Unterhaltungsmaßnahmen an der Straßenbrücke der Klägerin gemäß § 10 Abs. 1
Satz 1 SächsStrG als hoheitliche Aufgabe oblagen. Die sinngemäße
Anwendung des vertraglichen Schuldrechts als Ausdruck allgemeiner
Rechtsgedanken auch auf öffentlich-rechtliche Verhältnisse entspricht
gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wenn eine besonders enge,
mit einem privatrechtlichen Schuldverhältnis vergleichbare Beziehung des
Einzelnen zum Staat oder zur Verwaltung begründet worden ist und mangels
ausdrücklicher gesetzlicher Regelung ein Bedürfnis für eine angemessene
Verteilung der Verantwortung innerhalb des öffentlichen Rechts vorliegt
(z.B.: Senat, BGHZ 166, 268, 276, Rn. 17; BGHZ 131, 200, 204; Senat, BGHZ
21, 214, 218; siehe auch Senatsurteil vom 14. Dezember 2006 - III ZR 303/05
- Urteilsumdruck S. 5). Zwischen den Parteien besteht aus den nachfolgenden
Gründen im Kreuzungsbereich ein solches auf Dauer angelegtes, besonders
enges Verhältnis, das infolge der Verflechtung der Anlagen beider Seiten ein
Bedürfnis begründet, auch im Rahmen der hoheitlichen Tätigkeit der Klägerin
zu angemessenen Ergebnissen zu kommen, wie es die Vorschriften des
vertraglichen Schuldrechts und im Besonderen die Bestimmung des § 278 BGB
ermöglichen.
10 bb) An Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen besteht ein
Gemeinschaftsrechtsverhältnis, an dem gemäß § 1 Abs. 6 EKrG sowohl das
Unternehmen, welches die Baulast des Schienenweges der kreuzenden Eisenbahn
trägt, als auch der Träger der Baulast der kreuzenden Straße beteiligt sind
(BVerwGE 116, 312, 316 m.w.N.). Liegen die Voraussetzungen des § 3 EKrG vor,
besteht eine gemeinsame Kreuzungsbaulast. Aus ihr ergibt sich eine
gemeinschaftliche Pflicht zur Beseitigung von kreuzungsbedingten
Gefährdungen. Aus diesem kreuzungsrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis folgen
weitere wechselseitige Rechte und Pflichten. Insbesondere können
Kostenerstattungsansprüche entstehen (vgl. §§ 11 bis 13 EKrG sowie § 16 Abs.
1 Nr. 1 EKrG in Verbindung mit der 1. Eisenbahnkreuzungsverordnung vom 2.
September 1964 - BGBl. I S. 711). Das Bundesverwaltungsgericht hat in diesem
Zusammenhang auch eine Pflicht zur Rücksichtnahme auf berechtigte Belange
des anderen Kreuzungsbeteiligten angenommen. Danach hat der eine
Kreuzungsbaumaßnahme veranlassende Partner die entstehenden umlagefähigen
Kosten möglichst gering zu halten hat (BVerwGE aaO m.w.N.).
11 cc) Eine zur Anwendung von § 278 BGB führende rechtliche Sonderverbindung
zwischen den Kreuzungsbeteiligten besteht nicht nur in der Phase des
Kreuzungsbaus, sondern auch darüber hinaus. Diese kommt insbesondere bei
Erhaltungsmaßnahmen (§ 14 Abs. 1 EKrG) zum Tragen. Die Rechtsprechung des
V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs, nach der im nachbarschaftlichen
Gemeinschaftsverhältnis § 278 BGB mangels schuldrechtlicher Beziehungen
grundsätzlich nicht anzuwenden ist (z.B. BGHZ 42, 374, 377 f; BGH,
Urteile vom 27. Januar 2006 - V ZR 26/05 - VersR 2006, 985, 986 m.w.N. und
vom 10. November 2006 - V ZR 62/06 - Urteilsumdruck S. 5 Rn. 8; zustimmend:
Bamberger/Roth/Grüneberg, BGB, § 278 Rn. 6; Staudinger/Löwisch, BGB,
Neubearb. 2004, § 278 Rn. 10; a.A.: z.B. Palandt/Heinrichs, BGB, 66. Aufl.,
§ 278 Rn. 3 m.w.N.), ist entgegen der Ansicht der Revision nicht auf das
Kreuzungsrechtsverhältnis übertragbar.
12 Im Rechtsverhältnis zwischen zwei Grundstücksnachbarn gelten die
besonderen, auf dem Grundsatz, dass jeder Eigentümer mit seiner Sache nach
Belieben verfahren kann (§ 903 BGB), fußenden Vorschriften der §§ 905 ff
BGB. Diese konkretisieren im Wesentlichen die Pflicht zur gegenseitigen
Rücksichtnahme und haben hauptsächlich eine einschränkende und ausgleichende
Bedeutung, begründen jedoch im Allgemeinen keine darüber hinaus gehenden
selbständigen Ansprüche (BGHZ 42, 374, 377). Hiervon unterscheidet sich
die Rechtslage beim Eisenbahnkreuzungsrechtsverhältnis auch nach dem Bau der
Kreuzungsanlagen grundlegend. Im Verhältnis der Kreuzungsbeteiligten
untereinander besteht ein Geflecht wechselseitiger Duldungs-, Mitwirkungs-
und Leistungspflichten, die über das bloße Rücksichtnahmegebot und den
Interessenausgleich hinausgehen.
13 Anders als im Nachbarschaftsverhältnis nutzen die Beteiligten im Bereich
der Bahnkreuzung nicht verschiedene Grundstücke, sondern gemeinsam ein und
dieselbe Fläche. Die jeweilige auf die einzelnen Anlagen im Kreuzungsbereich
bezogene Erhaltungspflicht der Baulastträger, die für die
Schienenwegbetreiber unter anderem aus § 4 Abs. 1 des Allgemeinen
Eisenbahngesetzes (in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur
Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften vom 11. Februar 1998, BGBl. I S.
342) und für die Träger der Straßenbaulast aus den für sie geltenden
Bestimmungen des Straßenrechts (vgl. Marschall/Schweinsberg,
Eisenbahnkreuzungsgesetz, 5. Aufl., § 14, Anm. 3, S. 175 mit Angaben zu den
einzelnen Vorschriften, hier: § 9 Abs. 1 SächsStrG) folgt, betrifft deshalb
ebenfalls ein einziges Grundstück im Rechtssinne. Die Erhaltung ihrer
Kreuzungsanlagen obliegt den Beteiligten als Dauerverpflichtung, die alle
Maßnahmen umfasst, die erforderlich sind, um die Kreuzung in einem zur
Erfüllung ihres öffentlichen Zwecks brauchbaren Zustand zu erhalten
(Marschall/Schweinsberg, aaO, Anm. 2.3, S. 171). Wegen der örtlichen Nähe
und der funktionalen Verzahnung ihrer Anlagen sind die Kreuzungsbeteiligten
bei der Erfüllung dieser einem gemeinsamen Belang dienenden Pflichten - bei
der notwendigen typisierenden Betrachtung - im Unterschied zu
Grundstücksnachbarn regelmäßig darauf angewiesen, sich bei
Erhaltungsmaßnahmen untereinander abzustimmen und arbeitsteilig
zusammenzuwirken. Erhaltungsmaßnahmen an den Anlagen des einen
Kreuzungspartners führen oftmals zu Beeinträchtigungen der
Funktionsfähigkeit und der Sicherheit des anderen Verkehrswegs. In diesen
Fällen können die notwendigen Arbeiten nur durchgeführt werden, wenn sie der
andere Kreuzungsbeteiligte duldet, was eine Abstimmung der Partner
untereinander erforderlich macht. Überdies müssen sie sich in der Regel
nicht nur über das Ob der Maßnahmen verständigen, sondern im Hinblick auf
die wechselseitigen Belange auch über die einzelnen Modalitäten ihrer
Durchführung. Darüber hinaus ist vielfach die aktive Mitwirkung des einen
Kreuzungsbeteiligten an den Erhaltungsmaßnahmen des anderen notwendig, wie
auch der vorliegende Sachverhalt zeigt. So sind etwa Arbeiten an der
Unterseite von Überführungen nur möglich, wenn der andere
Kreuzungsbeteiligte den Verkehr auf seiner Trasse sperrt oder beschränkt.
Berühren die Arbeiten an der Straße die elektrischen Fahrdrähte der Bahn,
muss diese überdies den Strom abschalten. Da sowohl die Eisenbahnen als auch
die Straßenbaulastträger zur Erhaltung ihrer Anlagen im Bereich der
Kreuzungen verpflichtet sind, sind die Kreuzungspartner auch in ihrem
Gemeinschaftsverhältnis untereinander nicht allein auf die freiwillige
Mitwirkung angewiesen (vgl. § 14 Abs. 1 EKrG). Vielmehr besteht aufgrund der
dargestellten Gemengelagen zwischen den Kreuzungsbeteiligten auch bei
Erhaltungsmaßnahmen eine Vielzahl wechselseitiger Ansprüche, die eine
schuldrechtliche Sonderbeziehung begründen.
14 b) Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass Erfüllungsgehilfen der
Klägerin die gegenüber der Beklagten bestehenden Schutzpflichten bei
Ausführung der Spritzbetonarbeiten schuldhaft verletzt haben. Dies ist
revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
15 aa) Die Revision rügt in diesem Zusammenhang zu Unrecht, das
Berufungsgericht habe den unter Beweis gestellten Vortrag der auf der Seite
der Klägerin beigetretenen Streithelferin zu 1 übergangen, der gesamte
Bereich der Arbeiten sei mit Folien ausgelegt sowie das Gerüst und der
Fahrleitungsbereich abgehängt worden. Überdies sei unter Angebot der
Einholung eines Sachverständigengutachtens vorgetragen worden, aufgrund der
Kürze der Sperrzeiten, des Windes, der Technologie des Aufbringens des
Betons und der örtlichen Gegebenheiten sei eine Staubentwicklung weder
tatsächlich noch technologisch zu verhindern gewesen.
16 Dieses Vorbringen ist nicht entscheidungserheblich. Gerade weil bei der
Ausführung der Arbeiten das Auftreten von Betonstaub unvermeidlich war,
hatten die Erfüllungsgehilfen der Klägerin die erforderlichen
Schutzvorkehrungen gegenüber den Anlagen der Beklagten zu treffen. Dass
zu diesem Zweck Folien angebracht und sonstige Maßnahmen ergriffen wurden,
wie die Streithelferin zu 1 - unbestritten - behauptet hat, lässt allein den
Verschuldensvorwurf nicht entfallen. Vielmehr hätte die Klägerin weiter
nachweisen müssen (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB), dass diese Vorkehrungen in
ausreichendem Umfang und mit der gebotenen Sorgfalt getroffen wurden. In
diesem Fall wären nach den Feststellungen des von den Vorinstanzen
herangezogenen Gutachters die Verunreinigungen zu vermeiden gewesen. Diesen
Nachweis hat die Klägerin nicht geführt. Im Gegenteil sind den
Ausführungen des Sachverständigen zufolge die Sorgfaltsanforderungen nicht
beachtet worden. Umstände, die Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen
des Gutachters begründen (vgl. § 412 Abs. 1 ZPO), hat die Klägerin nicht
vorgebracht.
17 bb) Unbegründet ist auch die Rüge der Klägerin, das Berufungsgericht habe
den unter Beweis gestellten Vortrag übergangen, dass die Arbeiten, so wie
sie ausgeführt worden seien, mit der Beklagten abgestimmt gewesen seien.
Insbesondere habe die Beklagte den nunmehr für erforderlich gehaltenen
Schalwagen zur Sicherung der Eisenbahneinrichtungen, dessen Einsatz auch
technisch nicht möglich gewesen sei, nicht gewünscht. Die Klägerin meint,
bei Berücksichtigung dieses Vortrags habe das Berufungsgericht nicht ohne
weitere Beweisaufnahme vom Verschulden ihrer Erfüllungsgehilfen ausgehen
dürfen
18 Dies trifft nicht zu. Eine Abstimmung über die konkrete Durchführung der
Schutzmaßnahmen ist dem Vortrag der Klägerin und ihrer Streithelferinnen
nicht zu entnehmen. In ihrer schriftlichen Zustimmung zu den von der
Klägerin beabsichtigten Baumaßnahmen vom 19. November 2001 gab die Beklagte
lediglich vor, dass "im Brücken-/Baubereich … das Schotterprofil, der
Bahnkörper und das Grundstück der DB AG gegen Fremdkörper/-stoffe zu
sichern" seien. Ferner forderte die Beklagte, wasserdichte Abdeckungen
herzustellen, um die Umwelt nicht zu verunreinigen. Weitere Vorgaben zur Art
und zum Umfang der Schutzmaßnahmen sind in dem Schreiben nicht enthalten.
Auch das weitere, von der Revision als übergangen gerügte Vorbringen ist für
die Rechtsposition der Klägerin unbehelflich. Aus den von der Revision in
Bezug genommenen Aktenstellen mag sich zwar ergeben, dass der Beklagten die
Planung der Schutzmaßnahmen zur Verhinderung von Verunreinigungen an den
Bahnanlagen bekannt war, nicht aber, dass die Parteien auch Abreden über
deren konkrete Ausführung getroffen hatten. Soweit die Klägerin geltend
macht, die Ausführung der Arbeiten sei von Vertretern der Beklagten
überwacht und nicht beanstandet worden, ließe dies das Verschulden der
Erfüllungsgehilfen der Klägerin unberührt und könnte allenfalls zu einer
Kürzung des Schadensersatzanspruchs nach § 254 Abs. 1 BGB führen (siehe dazu
unten Buchstabe d).
19 c) Gleichfalls rechtsfehlerfrei ist die Feststellung des
Berufungsgerichts, es bestehe eine genügende Wahrscheinlichkeit, dass die
Pflichtverletzung zu einem Schaden am Vermögen der Beklagten geführt habe.
20 aa) Entgegen der Ansicht der Revision ist ein ersatzfähiger Schaden der
Beklagten ungeachtet dessen eingetreten, dass das Verkehrswegegrundstück im
Grundbuch als Eigentum der Bundesrepublik Deutschland,
Bundeseisen-bahnvermögen, eingetragen ist.
21 (1) Sofern es sich bei der Fläche, wofür alles spricht, um eine solche
handelt, die unmittelbar und ausschließlich bahnnotwendig ist, gehören sie
und die von Verunreinigungen betroffenen Sachen (§ 94 Abs. 1 BGB) unabhängig
von der Grundbucheintragung der Beklagten. Gemäß § 21 des Gesetzes zur
Zusammenführung und Neugliederung der Bundeseisenbahnen vom 27. Dezember
1993 (BGBl. I S. 2378; 1994 I S. 2439) ging das Eigentum von der
Bundesrepublik Deutschland mit der Eintragung der Deutschen Bahn AG im
Handelsregister auf dieses Unternehmen über. In einer zweiten Stufe wurde
die Beklagte infolge ihrer mit der - von der Klägerin nicht bestrittenen -
Eintragung im Handelsregister am 1. Juni 1999 vollendeten Ausgliederung aus
der Deutschen Bahn AG gemäß § 123 Abs. 3 Nr. 2, § 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG
Eigentümerin an dem vormals intern dem Unternehmensbereich "Fahrweg"
zugeordneten Grundstück, ohne dass es hierzu einer Grundbucheintragung
bedurfte (vgl. Bamberger/Roth/Kössinger, BGB, § 873 Rn. 13;
Lutter/Winter/Teichmann, UmwG, 3. Aufl. § 131 Rn. 1; Palandt/Bassenge, BGB,
66. Aufl., § 873 Rn. 8; Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG und UmwStG, 4. Aufl.,
§ 131 UmwG Rn. 13).
22 (2) Sollte der Verkehrsweg hingegen nicht auf einem unmittelbar und
ausschließlich bahnnotwendigen Grundstück verlaufen, ist die Beklagte
jedenfalls als unmittelbare Besitzerin berechtigt, die Aufwendungen ersetzt
zu verlangen, die zur Beseitigung der Verunreinigungen erforderlich sind
oder die durch die Verkürzung der Unterhaltungsintervalle zusätzlich
notwendig werden. Der unmittelbare Besitzer einer Sache kann Schadensersatz
auch für Substanzschäden verlangen, jedenfalls sofern er - wie hier die
Beklagte infolge ihrer Unterhaltungspflicht - im Verhältnis zum mittelbaren
Besitzer oder Eigentümer die Verantwortung für die Sachsubstanz trägt (vgl.
z.B.: BGH, Urteil vom 9. April 1984 - II ZR 234/83 - NJW 1984, 2569, 2570).
23 bb) Weiterhin durfte das Berufungsgericht entgegen der Auffassung der
Revision von einer Verunreinigung des Schotterbetts infolge der
Spritzbetonarbeiten ausgehen, ohne weiter der durch das Angebot eines
Sachverständigengutachtens unter Beweis gestellten Behauptung der
Streithelferin zu 2 nachzugehen, bei dem Schotter handele es sich um
Recyclingmaterial, das ohnehin den maßgeblichen Qualitätsanforderungen nicht
genügt habe. Der Sachverständige, auf dessen Ausführungen sich das
Berufungsgericht bezogen hat, hat bereits berücksichtigt, dass der Schotter
auch vor der Durchführung der Arbeiten der Streithelferinnen der Klägerin
nicht den höchsten Qualitätsanforderungen genügte. Gleichwohl hat er
festgestellt, dass die beanstandeten Verunreinigungen Folge der
unsachgemäßen Ausführung der Spritzbetonarbeiten waren und nicht schon zuvor
bestanden. Das als übergangen gerügte Vorbringen wurde demnach der
Entscheidung zugrunde gelegt. Umstände, die ernstliche Zweifel an der
Richtigkeit der Feststellungen des Sachverständigen begründen und die ein
neues Gutachten erforderlich machen (§ 412 Abs. 1 ZPO), hat die Revision
nicht aufgezeigt.
24 d) Schließlich ist die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe die
unter Zeugenbeweis gestellte Behauptung übergangen, ein in Diensten der
Beklagten stehender Mitarbeiter habe die Ausführung der Bauarbeiten
überwacht und keine Beanstandungen erhoben - im derzeitigen Stand der
rechtlichen Auseinandersetzung - unbegründet. Es kann dabei auf sich
beruhen, ob es sich bei dieser Behauptung um ein Vorbringen handelt, dessen
Berücksichtigung durch das Berufungsgericht bereits nach § 531 Abs. 2 ZPO
ausgeschlossen war. Die von der Klägerin behauptete Tatsache würde, ihre
Richtigkeit unterstellt, nur zu einer Minderung des Schadensersatzanspruchs
der Beklagten gemäß § 254 Abs. 1 BGB führen. Diese ist jedoch im
vorliegenden Rechtsstreit nicht zu berücksichtigen. Vielmehr kommt der
Mitverschuldenseinwand erst in einem etwaigen Prozess um die Höhe des
Schadensersatzanspruchs der Beklagten zum Tragen.
25 Grundsätzlich hat ein Urteil, das eine negative Feststellungsklage aus
sachlichen Gründen abweist, dieselbe Rechtskraftwirkung wie ein Urteil, das
das Gegenteil dessen, was mit der negativen Feststellungsklage begehrt wird,
positiv feststellt. Allerdings ergibt sich der Umfang der Rechtskraft - wie
bei jedem klageabweisenden Urteil - stets erst aus den Gründen, so dass er
sich im Einzelfall verschieden gestalten kann (BGH, Urteil vom 9. April
1986 - IVb ZR 14/85 - NJW 1986, 2508 m.w.N.). Richtet sich die negative
Feststellungsklage - wie hier - nicht gegen einen bestimmten, genau
bezifferten Anspruch, bedeutet ihre Abweisung nichts anderes als die
positive Feststellung, dass ein Schadensersatzanspruch dem Grunde nach
besteht, der Höhe nach allerdings, da er noch nicht endgültig beziffert
wurde, noch der Prüfung bedarf. Die Bedeutung einer solchen Feststellung ist
vergleichbar mit derjenigen eines Grundurteils für das spätere
Betragsverfahren (vgl. BGH aaO, m.w.N.; OLG München, Urteil vom 21.
November 2002 - 1 U 5247/01 - juris Rn. 60, insoweit nicht in VersR 2004
1319 f und OLGR 2004, 249 ff abgedruckt; OLG Dresden, Urteil vom 6. April
2001 - 6 U 780/00 - juris Rn. 131). Für das Verhältnis zwischen Grund- und
Betragsverfahren ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt,
dass dem Rechtsstreit über die Höhe des Anspruchs die Prüfung des
Mitverschuldens vorbehalten werden kann, wenn es nur geeignet ist, zu einer
Minderung, nicht aber zu einer Beseitigung des Anspruchs zu führen (BGHZ
110, 196, 202; 76, 397, 400 m.w.N.; Senatsurteil vom 3. März 2005 - III ZR
186/04 - VersR 2006, 76, 79). Eine solche Fallgestaltung liegt hier vor. Aus
dem Berufungsurteil geht hervor, dass es die Frage des Mitverschuldens offen
gelassen hat. Es hat sich nur mit dem Problem auseinander gesetzt, ob der
Beklagten jeglicher Schadensersatzanspruch fehlt. Mit der Frage, in welchem
- gegebenenfalls gemäß § 254 BGB geminderten - Umfang ein solcher besteht,
hat es sich nicht befasst. Weiter ist nicht erkennbar, dass ein etwaiges
Mitverschulden von Erfüllungsgehilfen der Beklagten bei der Überwachung der
Bauarbeiten so gewichtig wäre, dass eine Haftung der Klägerin vollständig
entfallen könnte.
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