Zustandekommen eines Maklervertrags; Bedeutung
der invitatio ad offerendum für den späteren Vertragsinhalt
BGH, Urteil vom 3. Mai 2012 - III ZR
62/11
Fundstelle:
NJW 2012, 2268
Amtl. Leitsatz:
Zur Frage des eindeutigen
Provisionsverlangens eines gewerblichen Immobilienmaklers, der ein zum
Verkauf stehendes Objekt mittels einer Internetanzeige (hier unter
"Immobilienscout24") mit dem Hinweis "Provision 7,14 %" anbietet.
Zentrale Probleme:
Eine lehrreiche Entscheidung zur
Abgrenzung der invitatio ad offerendum zur Vertragsofferte, die zugleich die
Bedeutung des Inhalts der invitatio für den Vertragsschluss klarstellt.
Konkret geht es um die Frage des Vertragsschlusses mit einem Makler (s. dazu
auch
BGH
NJW-RR 1986, 1496; BGH NJW 2002, 817;
BGH
NJW 2002, 1945;
BGH v. 16.11.2006 - III ZR 57/06). Die
Annonce des Maklers, in der auf die Provisionspflicht seiner Tätigkeit
hingewiesen wird, ist zwar lediglich eine invitatio ad offerendum.
Allerdings darf der Makler vor deren Hintergrund einen darauf folgenden
Auftrag des Interessenten (= Antrag) nach seinem objektivem
Empfängerhorizont (§ 157 BGB) als einen Antrag auf Abschluss eines
kostenpflichtigen Vermittlungsvertrags verstehen. Anders freilich, wenn der
Kunde klar macht, dass er keine Provision zahlen will (s. dazu
BGH NJW-RR 1986, 1496). S. dazu auch die Anm. zu
BGH NJW-RR 2007, 400.
©sl 2012
Tatbestand:
1 Die Klägerin, eine gewerbliche
Immobilienmaklerin, veröffentlichte im Internet-Portal "ImmobilienScout24"
eine Anzeige für den Kauf eines Baugrundstücks mit Angabe unter anderem der
Grundstücksgröße und des Kaufpreises sowie mit dem Hinweis "Provision 7,14
%". Der Beklagte zu 2 nahm am 7. April 2008 telefonischen Kontakt zur
Klägerin auf und äußerte sein sowie das Interesse seiner Ehefrau, der
(früheren) Beklagten zu 1, am Erwerb dieses Grundstücks. Die für die
Klägerin tätige Zeugin T. nannte ihm dabei die Adresse des Objekts sowie die
Kontaktdaten des Verkäufers. Bei der Besichtigung des Grundstücks am
nächsten Tag unterschrieb der Beklagte zu 2 ein ihm von dieser Zeugin
vorgelegtes Formular mit der Überschrift "Objektnachweis und Maklervertrag
mit Kaufinteressenten". Darin war die Verpflichtung des Käufers enthalten,
bei Vertragsabschluss für den Nachweis oder die Vermittlung eine
Maklerprovision von 7,14 % einschließlich Mehrwertsteuer vom Kaufpreis und
etwaigen Nebenleistungen zu zahlen. Mit notariellem Kaufvertrag vom 29.
April 2008 erwarben die Beklagten dieses Objekt. Daraufhin stellte die
Klägerin ihnen eine Maklerprovision von 60.690 € in Rechnung.
2 Die Beklagten, die mit Schreiben vom 18. Juni 2008 den Maklervertrag wegen
Irrtums und arglistiger Täuschung angefochten hatten, behaupten, die Zeugin
T. habe die Unterschrift unter das Formular erschlichen; sie, die Zeugin,
habe erklärt, die Unterschrift diene lediglich dem Nachweis der Vermittlung
und nicht dem Abschluss eines Maklervertrags.
3 Die auf Zahlung des geltend gemachten Maklerlohns gerichtete Klage hat das
Landgericht nach Durchführung einer Beweisaufnahme gegen die Beklagte zu 1
abgewiesen; den Beklagten zu 2 hat es dagegen antragsgemäß verurteilt. Nach
erneuter Zeugenvernehmung hat das Berufungsgericht das Rechtsmittel der
Klägerin gegen die Abweisung der Klage bezüglich der Beklagten zu 1
zurückgewiesen, während es auf die Berufung des Beklagten zu 2 auch die
gegen ihn gerichtete Klage abgewiesen hat.
4 Mit ihrer, vom Senat insoweit zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin
den Maklerlohnanspruch gegen den Beklagten zu 2 weiter.
Entscheidungsgründe
5 Die Revision der Klägerin führt, soweit das Berufungsgericht die
gegen den Beklagten zu 2 (im Folgenden: der Beklagte) gerichtete Klage
abgewiesen hat, zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung
der Sache an das Berufungsgericht.
I.
6 Das Berufungsgericht hat die Auffassung vertreten, ein Maklervertrag
zwischen der Klägerin und dem Beklagten sei nicht dadurch zustande gekommen,
dass dieser am 8. April 2008 das Formular "Objektnachweis und Maklervertrag"
unterschrieben habe. Denn er habe nachweisen können, dass bei der
Unterschriftsleistung ausdrücklich vereinbart worden sei, es solle kein
Maklervertrag geschlossen und keine Provisionsvereinbarung getroffen werden.
Dem stehe der vorgerichtliche Schriftwechsel nicht entgegen. Ein
Anerkenntnis, 7,14 % Provision zu schulden, sei von dem Beklagten nicht
erklärt worden. Soweit er in dem auf den 30. Dezember 2007 datierten
Schreiben und gegenüber Zeugen zum Ausdruck gebracht habe, eine Provision
nur in geringerer Höhe zahlen zu wollen, sei diese Äußerung allenfalls als
ein Vergleichsangebot anzusehen. Bei dieser Sachlage sei auch für die
Anwendung des § 653 BGB kein Raum.
7 Zwischen den Parteien sei auch kein konkludenter Maklervertrag zustande
gekommen, etwa weil die Beklagten in Kenntnis des Provisionsverlangens
Maklerleistungen der Klägerin entgegengenommen hätten. Es sei nicht
bewiesen, dass die Beklagten bis zur Erörterung bei der Unterschrift unter
das Formular der Klägerin am 8. April 2008 mit der Forderung nach einer
Käuferprovision konfrontiert worden seien. Der Internetauftritt der Klägerin
enthalte zwar den Hinweis "Provision 7,14 %". Dies habe jedoch auch dahin
verstanden werden können, dass der Makler vom Verkäufer in entsprechender
Höhe entlohnt werde. Aus dem Inhalt des ersten Telefonats zwischen dem
Beklagten zu 2 und der Zeugin T. ergebe sich nichts anderes. Dass dabei eine
Verpflichtung der Käufer zur Zahlung dieser Provision deutlich geworden oder
das Grundstück ausdrücklich durch die Angabe des Kaufpreises mit dem Zusatz
"zuzüglich Maklercourtage" identifiziert worden wäre, habe die Klägerin
ebenfalls nicht bewiesen. Da das den Beklagten übersandte Expose nicht vor
dem Besichtigungstermin zugegangen sein könne, sei ihnen erstmals durch das
Vorhalten des Formulars das Provisionsverlangen bekannt geworden; das darin
enthaltene schlüssige Angebot auf Abschluss eines Maklervertrags hätten sie
jedoch nicht angenommen. Nach diesem Zeitpunkt habe die Klägerin keine
weiteren Maklerleistungen erbracht, so dass insgesamt kein Maklerlohn
verlangt werden könne.
II.
8 Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision nicht stand.
9 1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts rechtfertigen die
tatsächlich festgestellten Umstände die Annahme, dass die im Internet unter
"Im-mobilienscout24" veröffentlichte Anzeige der Klägerin ein eindeutiges
Provisionsverlangen enthält, das Grundlage eines zwischen den Parteien
zustande gekommenen Maklervertrags sein kann.
10 a) Eine Provisionsabrede nach § 652 BGB kann stillschweigend auch
durch schlüssiges Verhalten getroffen werden. Die Rechtsprechung
stellt hieran indes strenge Anforderungen (vgl. Senatsurteil vom 22.
September 2005 - III ZR 393/04, NJW 2005, 3779, 3780 mwN).
Derjenige, der sich an einen Makler wendet, der mit "Angeboten"
(vgl. zum Begriff BGH, Urteil vom 28. September 1982 - IVa ZR 12/82, WM
1983, 1287, 1289) werbend im geschäftlichen Verkehr auftritt,
erklärt damit noch nicht schlüssig seine Bereitschaft zur Zahlung einer
Maklerprovision für den Fall, dass ein Vertrag über das angebotene Objekt
zustande kommt. Der Interessent darf, soweit ihm Gegenteiliges
nicht bekannt ist, davon ausgehen, dass der Makler das Objekt von dem
Verkäufer an die Hand bekommen hat und deshalb mit der angetragenen
Weitergabe von Informationen eine Leistung für den Anbieter erbringen will.
Ohne weiteres braucht der Kaufinteressent in einem solchen Fall
nicht damit zu rechnen, dass der Makler auch von ihm eine Provision
erwartet. Selbst die Besichtigung des Verkaufsobjekts zusammen mit dem
Makler reicht bei dieser Sachlage für einen schlüssigen Vertragsschluss
nicht aus (vgl.
Senatsurteil vom 16. November 2006 - III ZR 57/06, NJW-RR 2007, 400, 401, Rn.
12). Anderes gilt nur dann, wenn der Makler den
Kaufinteressenten unmissverständlich auf eine von ihm im Erfolgsfall zu
zahlende Käuferprovision hingewiesen hat. Ein Kaufinteressent, der in
Kenntnis des eindeutigen Provisionsverlangens, beispielsweise in einem ihm
übersandten Objektnachweis oder Expose, die Dienste des Maklers in Anspruch
nimmt, gibt damit grundsätzlich in schlüssiger Weise zu erkennen, dass er
den in dem Provisionsbegehren liegenden Antrag auf Abschluss eines
Maklervertrags annehmen will (ständige Rspr.; vgl. Senatsurteile
vom 16. November 2006, aaO,
Rn. 13, vom
6. Dezember 2001 - III ZR 296/00,
NJW 2002, 817, sowie vom 17. September 1998 - III ZR
174/97, NJW-RR 1999, 361, 362). Um die daran anknüpfenden
Rechtsfolgen zu vermeiden, muss er ausdrücklich vor Inanspruchnahme der
Maklerdienste deutlich machen, solche Willenserklärungen nicht abgeben zu
wollen (vgl. BGH, Urteil vom 4. Oktober 1995 - IV ZR 163/94, NJW-RR
1996, 114, 115).
11 b) Ein Angebot auf Abschluss eines Maklervertrags ist
grundsätzlich noch nicht in einer Zeitungs- oder Internetanzeige des
Maklers, wie hier der Klägerin im Internetportal "ImmobilienScout24", zu
sehen. Ein Vertragsschluss kommt deshalb regelmäßig noch nicht
dadurch zustande, dass ein Makler mit Zeitungs- oder Internetanzeigen
werbend im geschäftlichen Verkehr auftritt und sich der Interessent
daraufhin von sich aus an ihn wendet. Es handelt sich bei solchen
Inseraten lediglich um eine invitatio ad offerendum, denn damit wendet sich
der Makler an einen unbestimmten Kreis von potentiellen Interessenten
(vgl. BGH, Urteile vom 25. September 1985 - IVa ZR 22/84, BGHZ 95,
393, 395, und vom 21. Mai 1971 - IV ZR 52/70, WM 1971, 1098, 1099,
MünchKommBGB/Roth, 5. Aufl. § 652, Rn. 47, 51; Staudinger/Reuter, BGB,
Neubearbeitung 2010, §§ 652, 653, Rn. 11; Fischer NJW 2009, 3210).
Eine dadurch veranlasste Kontaktaufnahme des Interessenten mit dem Makler
kann aber dann zum Abschluss eines Maklervertrags führen, wenn der Makler
sein Provisionsverlangen im Inserat bereits ausdrücklich und
unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hat. Weist er in einem
Zeitungs- oder im Internetinserat eindeutig auf die fällig werdende
Maklerprovision hin, so dass der Interessent von einer eigenen
Provisionspflicht ausgehen kann, und erhält dieser auf seine daraufhin
erfolgte Anfrage Namen und Anschrift des Verkäufers, löst dies den Anspruch
auf Zahlung der Provision aus (vgl. MünchKommBGB/Roth, aaO, Rn. 51).
Die Bezugnahme des Interessenten auf diese Anzeige bestimmt dabei den Inhalt
des Nachweis- oder Vermittlungsersuchens so, dass der Makler von einem
Angebot auf Abschluss eines solchen Maklervertrags ausgehen kann, nachdem er
sein Provisionsverlangen zunächst ohne Preisgabe der Vertragsgelegenheit in
seinem Inserat hinreichend deutlich geäußert hatte (vgl. Münch-KommBGB/Roth,
aaO, Rn. 47; Fischer, aaO S. 3211; aA der 12. Zivilsenat des
Brandenburgischen Oberlandesgerichts, NJW-RR 2009, 1145, 1146).
12 aa) Diesen Grundsätzen widerspricht die Bewertung des Berufungsgerichts,
die vorliegende Internetanzeige der Klägerin enthalte keinen ausreichend
deutlichen Hinweis auf die im Falle des Abschlusses eines Kaufvertrags zu
zahlende Maklerprovision von 7,14 % durch den Käufer, und die Beklagten
seien erstmals am Tag der Besichtigung mit einem solchen Verlangen
konfrontiert worden. Ein ausdrückliches Provisionsverlangen kann
auch in einer Zeitungsanzeige oder einem Internetinserat enthalten sein,
sofern der Hinweis so gestaltet und geeignet ist, dem durchschnittlichen
Interessenten die entstehende Provisionspflicht unzweideutig vor Augen zu
führen. Wie das unmissverständliche Provisionsbegehren erklärt
wird, ist dabei grundsätzlich gleichgültig; der entsprechende Hinweis in
einer Zeitungs- oder Internetanzeige genügt jedenfalls gegenüber den Kunden,
die sich auf diese Anzeige melden, wobei die Umstände des jeweiligen
Einzelfalls für die Bewertung der Eindeutigkeit des Provisionsverlangens
ausschlaggebend sind (vgl. MünchKommBGB/Roth, aaO, Rn. 48, 51;
Staudinger/Reuter, aaO, Schwerdtner/Hamm, Maklerrecht, 6. Aufl., Rn. 100;
Fischer, aaO und NZM 2002, 480 f).
13 bb) Da im Streitfall die maßgebenden Umstände festgestellt sind und
weiterer Vortrag nicht zu erwarten ist, kann der Senat den Inhalt des
Internetinserats der Klägerin selbst dahin auslegen, dass es
gegenüber potentiellen Interessenten ein hinreichend deutliches
Provisionsverlangen enthält. Dabei drückt die Angabe: "Provision 7,14 %"
direkt unter der Angabe der Vermarktungsart (Kauf) und des Kaufpreises ein
solches eindeutiges Provisionsverlangen gegenüber dem Kaufinteressenten aus.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts lässt sich dies nicht (auch) als
bloßer Hinweis darauf missverstehen, dass der Makler im Erfolgsfalle von dem
Verkäufer eine Provision in entsprechender Höhe zu beanspruchen habe.
Dies umso weniger, als, wie die Revision zu Recht anführt,
nicht ersichtlich ist, welches Interesse ein Makler daran haben könnte, dem
Kaufinteressenten - ohne dass hierzu eine rechtliche Verpflichtung besteht -
zu offenbaren, ob und in welcher Höhe er eine Provisionsvereinbarung mit dem
Verkäufer getroffen hat. Vielmehr ist bei einer solchen, auf den
wesentlichen Inhalt eines Maklervertrags beschränkten Anzeige ohne weiteres
erkennbar, dass der Makler auch und gerade mit demjenigen in vertragliche
Beziehungen treten will, der sich als Kaufinteressent an ihn wendet (zur
vergleichbaren Auslegung eines Objektnachweises als Provisionsverlangen:
Senatsurteil vom 4. November 1999 - III ZR 223/98, NJW 2000, 282, 283). Eine
abweichende Annahme wäre nur dann gerechtfertigt, wenn etwa sonstige
Umstände oder Hinweise in der Anzeige die Vermutung nahe legten, es sei
nicht an das Provisionsverlangen des Maklers gegenüber den möglichen Käufern
gedacht. Daran fehlt es jedoch vorliegend. Es entspricht danach allgemeinem
Verständnis und lag auch aus Sicht des Beklagten auf der Hand, einen auf
einer derart gestalteten Internetseite enthaltenen Hinweis auf die
Fälligkeit einer Maklergebühr bei Zustandekommen eines notariellen
Kaufvertrags nicht als bloße Mitteilung über eine bereits getroffene
Provisionsvereinbarung mit dem Verkäufer anzusehen. Der bloße Umstand, dass
der Makler bereits in vertraglicher Beziehung mit dem Verkäufer steht, wie
dies auch hier offenbar der Fall war, genügt dabei nicht (vgl. Senatsurteil
vom 4. November 1999, aaO).
14 2. Danach konnte das Berufungsurteil, soweit die Klage auch gegen den
Beklagten zu 2 abgewiesen worden ist, keinen Bestand haben.
15 Ausgehend davon, dass in der Internet-Anzeige ein eindeutiges
Provisionsverlangen der Klägerin enthalten war, wird das Berufungsgericht
erneut zu prüfen haben, ob zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 2 ein
Maklervertrag zustande gekommen ist; dabei wird es sich gegebenenfalls auch
mit dem von dem Beklagten erhobenen Einwand der Vorkenntnis zu befassen
haben.
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