Ausdrückliche Ablehnung des Vertragsschlusses und protestatio facto contraria


BGH, Urteil v. 02.07.1986 – IVa ZR 246/84 (Frankfurt)


Fundstelle:

NJW-RR 1986, 1496
s. auch BGH NJW 2002, 817
, BGH v. 16.11.2006 - III ZR 57/06 sowie BGH NJW 2012, 2268


Amtl. Leitsatz:

Wenn ein Kaufinteressent nach einem Provisionsverlangen des (vom Verkäufer beauftragten) Maklers zum Ausdruck bringt, daß er eine Provisionspflicht nicht übernehmen wolle, kommt ein Maklervertrag auch dann nicht zustande, wenn der Interessent in der Folgezeit mit dem Makler verhandelt und sich Bemühungen des Maklers um das Zustandekommen des Hauptvertrages gefallen läßt.


Zum Sachverhalt:

Der Kl., ein Immobilienmakler, der im Auftrag der Firma D einen Grundstücksverkauf vermitteln sollte, übersandte dem leitenden Angestellten einer Bank, K, Unterlagen über das Grundstück. K informierte den Bekl. und dieser wandte sich an die Verkäuferin. Er teilte am 15. 8. 1979 dem Kl. mit, das Grundstück sei für ihn nicht mehr von Interesse. Am 20. 8. 1979 kaufte eine aus dem Bekl. und einem Herrn P bestehende BGB-Gesellschaft das Grundstück. Das LG hat die Maklerlohnklage abgewiesen. Auf die Berufung des Kl. hat das OLG den Bekl. zur Zahlung von 176280 DM nebst Zinsen verurteilt. Der BGH hat auf die Revision des Bekl. hin das Urteil des OLG aufgehoben und die Sache zurückverwiesen (BGH, WM 1983, 1287). Das OLG hat nach erneuter Verhandlung und Beweisaufnahme seine frühere Entscheidung wiederholt. Die erneute Revision des Bekl. führte wiederum zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Aus den Gründen:

I. Das BerGer. hat angenommen, daß der Zeuge K als rechtsgeschäftlicher Vertreter des Kl. dem Bekl. einen Nachweismaklervertrag angeboten habe.

Es hat dazu in tatsächlicher Hinsicht festgestellt: Der Zeuge habe beim Bekl. angerufen und mitgeteilt, er habe ein maklergebundenes Grundstück in M. Makler sei der Kl.; der Bekl. könne vom Kl. auch einen Lageplan erhalten. Für den Bekl. sei erkennbar gewesen, daß es sich um einen entgeltlichen Nachweis handeln sollte. Der Hinweis des Zeugen, das Grundstück sei "maklergebunden", sei zwar nicht völlig eindeutig gewesen; aus ihm sei nicht zweifelsfrei zu entnehmen gewesen, daß der Makler auch von dem Kaufinteressenten eine Provision verlangen wolle. Dies sei jedoch unerheblich, weil der Bekl. den "unvollkommen verlautbaren Willen des Kl. gleichwohl durchschaut und richtig gedeutet" habe. Er habe dem Zeugen K erklärt, eine Regelung mit dem Kl. könne in der Weise getroffen werden, daß diesem der Verkauf der zu erstellenden Häuser übertragen werde. Der Bekl. habe also erkannt, daß der Kl. von ihm Provision fordern wollte; er habe jedoch geglaubt oder jedenfalls gehofft, der Kl. werde auf seine Forderung verzichten, wenn ihm ein bedeutender Verkaufsauftrag erteilt werde.

Entgegen der Ansicht der Revision hat damit das BerGer. ein Angebot auf Abschluß eines Maklervertrags rechtsfehlerfrei festgestellt. Wer die Dienste eines gewerbsmäßigen Maklers in Anspruch nimmt, ist an sich nach § 653 BGB auch ohne ausdrückliche Vergütungsvereinbarung provisionspflichtig; das gilt selbst dann, wenn die Initiative vom Makler ausgeht und der Interessent sich nur die Dienste des Maklers gefallen läßt (RG, Warn Rspr 1910, 318; RG, JW 1938, 456; BGH, NJW 1970, 700 = LM § 653 BGB Nr. 3; BGH, WM 1971, 904). An diesem Grundsatz hat auch der Senat festgehalten (BGHZ 95, 393 (395) = NJW 1986, 177 = LM § 653 BGB Nr. 9). Wenn die Rspr. gleichwohl vom Makler ein ausdrückliches Provisionsverlangen fordert, so liegt dem folgende Überlegung zugrunde: Es liegt im Wesen der Maklertätigkeit, daß sie beiden Kontrahenten zugute kommt, obwohl der Makler nach dem gesetzlichen Leitbild (§§ 652, 654 BGB) nur mit einem Teil in vertraglichen Beziehungen steht. Aus der Tatsache, daß eine Partei sich die Mitwirkung eines Maklers gefallen läßt, folgt daher noch nicht notwendigerweise, daß sie mit dem Makler in Vertragsbeziehungen treten will. Sache des Maklers ist es, in dieser Hinsicht für klare Verhältnisse zu sorgen. Wenn den Umständen nach mit der Möglichkeit zu rechnen ist, daß der Kaufinteressent ihn für den Makler des Verkäufers halten könnte, muß er eindeutig zum Ausdruck bringen, daß er (auch) Makler des Käufers sein will (BGH, WM 1981, 495; NJW 1986, 1165). Das geeignete Mittel hierzu ist ein ausdrückliches Provisionsverlangen. Welche Anforderungen an die Deutlichkeit des Provisionsverlangens zu stellen sind, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab; der Makler muß sich jedenfalls so klar ausdrücken, daß bei dem Interessenten kein Mißverständnis entsteht. Nach den tatsächlichen Feststellungen des BerGer. hat der Bekl. die an sich wenig deutliche Äußerung des Zeugen K nicht nur richtig verstanden; er hat dies ihm gegenüber auch zum Ausdruck gebracht. In einem solchen Fall sind weitere erläuternde Hinweise des Maklers (oder seines Bevollmächtigten) nicht erforderlich. (vgl. dazu BGH, WM 1981, 495).

II. Das BerGer. geht auch mit Recht davon aus, daß ein Kaufinteressent, der nach Bekanntgabe des Provisionsverlangens des Maklers dessen Dienste weiterhin in Anspruch nimmt, damit in der Regel in schlüssiger Weise den im Provisionsverlangen liegenden Antrag auf Abschluß eines Maklervertrages annimmt. Eine stillschweigende Willenserklärung kann nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen jedoch dann nicht angenommen werden, wenn zwar die Handlungsweise der betreffenden Person an sich den Schluß auf einen bestimmten rechtsgeschäftlichen Willen zulassen würde, wenn aber diese Person ausdrücklich erklärt, daß ihr dieser rechtsgeschäftliche Wille fehle (sogenannte Protestation, vgl. Enneccerus-Nipperdey, BGB AT, 15. Aufl., § 153 V, Palandt-Heinrichs, BGB, 45. Aufl., Einf. 3d vor § 116; Krüger=Nieland-Zöller, in: RGRK, Vorb. § 116 Rdnr. 15; BGH, NJW 1965, 387 unt. II 2 a). Wirkungslos ist die Protestation nur dann, wenn aus dem Verhalten der Person notwendigerweise auf einen bestimmten rechtsgeschäftlichen Willen geschlossen werden muß, wenn also seine Handlungsweise eine andere Deutung nicht zuläßt (sogenannte protestatio facto contraria). Ein solcher Fall liegt jedoch dann nicht vor, wenn ein Kaufinteressent es ablehnt, einem Makler Provision zu zahlen, gleichwohl aber bereit ist, mit ihm weiter über den Abschluß eines Hauptvertrages zu verhandeln; denn dies läßt auch die Deutung zu, daß er ihn als Makler des Verkäufers ansieht.

Im vorliegenden Falle hätte es einer tatrichterlichen Prüfung bedurft, ob in der Erklärung des Bekl., man könne die Bemühungen des Kl. dadurch honorieren, daß ihm der Verkauf der zu erstellenden Häuser übertragen werde, nicht eine Ablehnung des Provisionsverlangens zu sehen ist. Es ist möglich, die Bemerkung dahin zu verstehen, daß die Übertragung des Verkaufs ein Ausgleich dafür sein soll, daß der Kl. vom Bekl. keine Käuferprovision erhält. Da das Provisionsverlangen - wie das BerGer. zutreffend bemerkt - nicht besonders deutlich formuliert war, können auch an die Deutlichkeit der Ablehnungserklärung keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden. Das BerGer. hat das Beweisergebnis unter diesen Gesichtspunkten nicht gewürdigt. Es ist nicht auszuschließen, daß es von der falschen rechtlichen Annahme ausgegangen ist, die Inanspruchnahme der Vermittlungsleistungen des Kl. nach dem Provisionsverlangen begründe zwingend eine Provisionspflicht, der Bekl. habe deshalb nur darauf hoffen können, daß der Kl. auf die Provision verzichten werde. Dann hat es die Möglichkeit, daß der Bekl. durch seine Äußerung eine Provisionspflicht ausschließen wollte, überhaupt nicht in den Kreis seiner Betrachtungen einbezogen. Damit dies nachgeholt werden kann, muß die Sache an das BerGer. zurückverwiesen werden.