Haftung einer Spielbank
bei Nichtbeachtung einer vertraglichen Selbstsperre durch den Spieler;
Haftung aus § 280 I (pVV); Einwand des Mitverschuldens
BGH, Urteil vom 15.
Dezember 2005 - III ZR 65/05
Fundstelle:
NJW 2006, 362
BGHZ 165, 276
s. jetzt auch BGH NJW 2008, 840
Amtl. Leitsatz:
a) Eine wunschgemäß
erteilte Spielsperre kann Ansprüche auf Ersatz von Spielverlusten begründen,
wenn die Spielbank die Sperre nicht durch ausreichende Kontrollen
durchsetzt.
b) Eine Spielbank kann bei einer antragsgemäß - im Gegensatz zu einer
einseitig - verhängten Spielsperre Schutzpflichten haben, die auf
Wahrnehmung der Vermögensinteressen ihrer Gäste gerichtet sind (Abweichung
von BGH, Urteil vom 31. Oktober 1995 - XI ZR 6/95 = BGHZ 131, 136).
Zentrale Probleme:
In der für die Veröffentlichung in der amtlichen Sammlung
vorgesehenen Entscheidung geht es um die rechtlichen Folgen der
"Selbstsperre" eines Spielers in einem staatlich lizenzierten Spielkasino.
Der Spieler hatte sich dort durch einen vorformulierten Antrag sperren
lassen, der den Hinweis enthielt, daß die Selbstsperre nur für das sog.
"Große Spiel" im zugangskontrollierten Bereich vorgemerkt werde, für das
Automatenspiel aber mangels Identitätskontrolle beim Zugang zu den
Automatenspielsälen nicht berücksichtigt werden könne. In der Folge verlor
der Spieler beim Automatenspiel insgesamt 10 000.- DM. Das verspielte Geld
hatte er an sog. Telecash-Geräten abgehoben. Bei der Bedienung dieser Geräte
übergibt der Kunde seine Scheckkarte Mitarbeitern der Spielbank, die nach
Eingabe der PIN-Nummer durch den Spieler diesem den gewünschten Betrag
auszahlen. Die Ehefrau des Spielers klagt aus abgetretenem Recht auf
Rückzahlung der verspielten Beträge. Die Klage hatte in allen Instanzen
Erfolg.
Anders als noch BGHZ 131, 136 sieht der Senat in der Selbstsperre eine
Vermögensinteressen des Spielers schützende Vereinbarung und bejaht in dem
noch nach altem Schuldrecht zu beurteilenden Fall eine Haftung aus positiver
Vertragsverletzung (pVV), da die Spielbank durch die Vereinbarung
übernommene Kontrollpflichten schuldhaft verletzt habe. Inhaltlich sei die
von der Beklagten übernommene vertragliche Verpflichtung darauf gerichtet
gewesen, in ihren Betrieben das Zustandekommen von Spielverträgen mit dem
gesperrten Spieler zu verhindern. Diese Verpflichtung bestand allerdings nur
im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren, insoweit aber trotz des Hinweises
auf fehlende Kontrollmöglichkeiten beim Automatenspiel auch für den hier in
Rede stehenden Bereich des Automatenspiels. Der in dem Antrag enthaltene
Hinweis auf mangelnde Überwachungsmöglichkeiten beim Automatenspiel besage
nicht etwa, daß der gesperrte Spieler uneingeschränkt zum Automatenspiel
zugelassen werde. Deshalb stehe die Einschränkung einer Überwachungspflicht
dort nicht entgegen, wo eine solche Überwachung ohne weiteres möglich und
zumutbar war. Hier habe bei den Telecash-Abhebungen des Spielers für die
zuständigen Mitarbeiter der Beklagten die Möglichkeit bestanden, das
Vorliegen einer Sperre zu prüfen. Damit sei der Spieler nach § 249 I BGB so
zu stellen, als sei ein Spielvertrag nicht zustande gekommen, d.h. es
bestehe ein Anspruch auf Rückzahlung der verspielten Beträge. Den
schriftlichen Hinweisen am Eingang der Automatenspielsäle, daß gesperrten
Spielern kein Anspruch auf Rückererstattung verspielter Ansprüche zustehe,
spricht der Senat zu Recht unter Hinweis auf § 9 AGBG (jetzt: § 307 I, II
BGB) Wirkung ab.
Der BGH verneint weiter das Vorliegen einer vertraglichen Vereinbarung, den Spielvertrag als
nichtig zu behandeln und damit einen Anspruch aus § 812 I BGB
(Leistungskondiktion). Eine solche Auslegung der Vereinbarung über die
Selbstsperre sei nicht interessengerecht, da sie auch Fälle erfassen würde,
in welchen es dem "gesperrten" Spieler gelingt, ohne Verschulden seitens der
Spielbank die Sperre zu umgehen. Mit dieser zutreffenden Aussage ist
freilich die bereicherungsrechtliche Problematik des Falles nicht erschöpft.
Angesichts der Tatsache, daß gesperrten Spielern durch deutlich sichtbaren
Aushang am Spielsaal (auch) das Automatenspiel untersagt wurde, ist das
Zustandekommen eines Spielvertrags zwischen der Bank und dem gesperrten
Spieler auch ohne Rückgriff auf die Sperrvereinbarung zu verneinen: Der
Spieler darf das Verhalten der Bank (Bereitstellen der Automaten) nicht als
an ihn gerichtete Willenserklärung zum Abschluß eines Spielvertrags
auffassen (s. KG NJW-RR 2003, 1359, 1360). Einem Bereicherungsanspruch des
Spielers auf Rückzahlung seiner Einsätze (nicht aber einem
Bereicherungsanspruch der Spielbank auf Rückzahlung ausgezahlter Gewinne!)
steht dann freilich § 814 BGB entgegen. Aus diesem Grund kommt als Grundlage
für die Rückzahlung des Spieleinsatzes nur ein Schadensersatzanspruch aus
pVV (jetzt: § 280 I BGB) in Betracht.
In Anbetracht des Zwecks der Sperrvereinbarung, den Spieler vor sich selbst
zu schützen, ist es weiter zutreffend, daß der Senat in der Tatsache, daß
der Spieler selbst gegen die ihn verhängte Sperre verstoßen hat, kein
haftungsbegründendes Mitverschulden i.S.v. § 254 I BGB erkennt. Würde ein
Spieler die Spielbank hingegen aktiv überlisten (vom Senat als
"überschießendes Fehlverhalten" bezeichnet), dürfte es bereits am
Verschulden seitens der Bank fehlen, so daß die Konstellation des
beiderseitigen Mitverschuldens in Fallgestaltungen dieser Art praktisch kaum
vorstellbar ist.
In der klaren Aussage, daß die Zusage einer durch den Spieler beantragten
Selbstsperre (anders als etwa ein einseitig allein im Eigeninteresse
erteiltes "Hausverbot" seitens der Spielbank) angesichts der klar
erkennbaren Interessenlage des Spielers, sich selbst vor den Folgen seiner
Spielleidenschaft zu schützen, mit Rechtsbindungswillen erfolgt und
Schutzpflichten zugunsten des Vermögens des Gesperrten begründet, liegt eine
bewußte und im Grundsatz zutreffende Abkehr von der bisherigen
Rechtsprechung des III. Senats unter dem Eindruck der berechtigten Kritik,
die diese in der Literatur (s. insbesondere Peters JR 2002, 177 ff; Grunsky
EWiR § 157 BGB 1/96, 11) und der instanzgerichtlichen Rechtsprechung (s. OLG
Hamm NJW-RR 2003, 971) erfahren hatte. Eine Vorlage an den Großen Senat bzw.
die einer solchen vorgängigen Anfrage an den Senat, von dessen Entscheidung
abgewichen werden soll (§ 132 III GVG), konnte der Senat wegen einer
zwischenzeitlichen Änderung der Geschäftsverteilung vermeiden.
Der Fall wäre unter neuem Schuldrecht nicht anders zu entscheiden.
Positivrechtlich wäre der Schadensersatzanspruch jetzt auf § 280 I BGB zu
stützen. Nicht unproblematisch ist angesichts der ausdrücklichen
Beschränkung der Sperrvereinbarung auf das "Große Spiel" die Erstreckung der
vertraglichen Sorgfaltspflichten auf die Geldauszahlung beim Automatenspiel.
Wer hierin eine Überdehnung des Parteiwillens sieht, kann die
haftungsauslösende Pflichtverletzung aber auch aus einer Nebenpflicht i.S.v.
§ 241 II BGB herleiten. Im übrigen bleibt in Fällen wie dem vorliegenden
auch stets die Frage der (partiellen) Geschäftsunfähigkeit zu prüfen (zur
partiellen Geschäftsunfähigkeit kraft psychischer Abhängigkeit s. zuletzt
BGH NJW-RR 2002, 1424). In einem solchen Fall
stünde einem Bereicherungsanspruch des Spielers auch nicht § 814 BGB
entgegen. Dies hat nunmehr auch die die vorliegende Entscheidung
bestätigende Entscheidung
BGH v. 22.11.2007 - III ZR 9/07 in Erwägung
gezogen. Zur Haftung bei (oder besser: trotz)
Aufhebung einer Spielsperre s. BGH v.
20.10.2011 - III ZR 251/10.
©sl 2006
Tatbestand:
Die Beklagte betreibt öffentlich-rechtlich konzessionierte Spielcasinos,
unter anderem in Bad Oeynhausen und Dortmund-Hohensyburg. Der Ehemann der
Klägerin, der nach deren Vorbringen spielsüchtig ist und nach eigenen
Angaben im Laufe seiner "Spielerkarriere" insgesamt 100.000 bis 150.000 DM
verloren hat, unterzeichnete am 21. Januar 1997 einen an das Spielcasino Bad
Oeynhausen gerichteten formularmäßigen "Antrag auf Selbstsperre" für
unbefristete Zeit vom 21. Januar 1997 an für das Spielcasino Bad Oeynhausen,
für alle anderen Casinos der Beklagten sowie für alle anderen deutschen und
österreichischen Spielbanken. Der Antrag enthielt folgenden Hinweis: "Mir
ist weiterhin bekannt, dass diese Selbstsperre nur für das 'Große Spiel'
vorgemerkt wird und für das Automatenspiel nicht berücksichtigt werden kann,
weil meine persönlichen Daten im Automatenspiel nicht registriert werden und
damit keine Überwachungsmöglichkeit besteht".
Am 16. Dezember 1997 suchte der Ehemann trotz der Sperre das von der
Beklagten betriebene Spielcasino Dortmund-Hohensyburg auf. Dort befinden
sich neben dem abgesperrten und Personenkontrollen unterliegenden Bereich
des "Großen Spiels" auch Automatenspielsäle ("Kleines Spiel"), die ohne
Personenkontrolle betreten werden können. An den Eingängen zu den Sälen sind
Schilder angebracht, wonach minderjährigen, gesperrten oder nicht zum Spiel
zugelassenen Personen der Zutritt zum Spielsaal/Automatensaal nicht
gestattet ist und im Falle eines Spielverlustes für diese Personen kein
Anspruch auf Rückerstattung der Spieleinsätze, im Falle eines Gewinns weder
ein Anspruch auf Rückerstattung der Spieleinsätze noch auf Auszahlung der
Gewinne besteht. In dem Bereich, der keiner Personenkontrolle unterliegt,
befinden sich sogenannte Telecash-Geräte, mit deren Hilfe Besucher Geld von
ihren Konten abheben können. Die Bedienung der Telecash-Geräte erfolgt in
der Weise, dass den Mitarbeitern der Beklagten eine Scheckkarte übergeben
wird, die sodann nach Eingabe der entsprechenden PIN-Nummer durch den
Spieler den gewünschten Betrag an diesen auszahlen. Der Ehemann der Klägerin
hob am 16. Dezember 1997 von zweien dieser Geräte insgesamt 20 mal je 500 DM
ab, die dem Konto der Klägerin und ihres Ehemanns belastet wurden. Der
Ehemann der Klägerin verspielte den Gesamtbetrag von 10.000 DM an den
aufgestellten Automaten.
Die Klägerin hat aus abgetretenem Recht ihres Ehemanns gegen die Beklagte
einen Rückzahlungsanspruch in Höhe von 9.750 DM (4.985,19 €) nebst Zinsen
gegen die Beklagte geltend gemacht. Das Amtsgericht hat die Beklagte
antragsgemäß verurteilt; deren Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der vom
Landgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren
Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
Die Vorinstanzen haben - in Übereinstimmung mit dem Rechtsstandpunkt der
Klägerin und in Anlehnung an das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm NJW-RR
2003, 971 - die Auffassung vertreten, die Beklagte habe sich durch die
Annahme des Antrags auf Eigensperre vom 21. Januar 1997 gegenüber dem
Ehemann der Klägerin rechtsgeschäftlich verpflichtet, keine wirksamen
Spielverträge mit ihm abzuschließen. Die Automatenspielverträge vom 16.
Dezember 1997 seien daher unwirksam mit der Folge, dass gemäß § 812 Abs. 1
Satz 1 BGB ein Anspruch auf Rückzahlung der Einsätze des Zedenten gegen die
Beklagte bestehe.
Dies hält im Ergebnis der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
1. a) Allerdings hat der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs durch Urteil
vom 31. Oktober 1995 (XI ZR 6/95 = BGHZ 131, 136 = NJW 1996, 248)
entschieden, dass eine wunschgemäß erteilte Spielsperre grundsätzlich keine
Ansprüche auf Ersatz von Spielverlusten begründe, wenn die Spielbank die
Sperre nicht durch ausreichende Kontrollen durchsetze, und dass eine
Spielbank auch bei einer verhängten Spielsperre keine Schutzpflichten habe,
die auf Wahrnehmung der Vermögensinteressen ihrer Gäste gerichtet seien.
Daran hält der erkennende Senat indessen - auch unter dem Eindruck der in
Rechtsprechung (OLG Hamm aaO) und Schrifttum (Peters JR 2002, 177 ff;
Grunsky EWiR § 157 BGB 1/96, 11, 12) geäußerten Kritik - nicht mehr in
vollem Umfang fest.
b) Die Beklagte betreibt ihre Spielbanken und -casinos als
privatwirtschaftliches Unternehmen und tritt deshalb mit Vertragspartnern
auf zivilrechtlicher Grundlage in rechtliche Beziehungen. Der Betrieb einer
Spielbank ist eine an sich unerwünschte Tätigkeit, die der Staat gleichwohl
erlaubt, um das illegale Glücksspiel einzudämmen, dem nicht zu
unterdrückenden Spieltrieb des Menschen staatlich überwachte
Betätigungsmöglichkeiten zu verschaffen und dadurch die natürliche
Spielleidenschaft vor strafbarer Ausbeutung zu schützen (BVerfGE 102, 197,
215 = NVwZ 2001, 790, 793). Deswegen ist das Betreiben einer öffentlichen
Spielbank, solange diese Tätigkeit privaten Unternehmen zugänglich und nicht
gesetzlich verboten ist, Ausübung eines Berufs im Sinne von Art. 12 Abs. 1
GG (BVerfG aaO). Die einzelnen abgeschlossenen Spielverträge unterfallen
daher, soweit sie sich im Bereich des gesetzlich Zulässigen halten, dem
Schutz der Rechtsordnung.
c) Die Betreiberin einer Spielbank unterliegt in Bezug auf den eröffneten
Spielbetrieb keinem Kontrahierungszwang, ist also frei in ihrer
Entscheidung, mit wem sie Spielverträge abschließen will. Sie kann deshalb
auch den Zutritt zu ihren Spielsälen ohne Angabe von Gründen untersagen
(vgl. dazu Senatsurteil vom 7. Juli 1994 - III ZR 137/93 = ZIP 1994, 1274,
1275 f) und bestimmten Personen eine Spielsperre erteilen. Diese -
einseitige - Spielsperre erklärt eine Spielbank im eigenen Interesse, um
Gäste, die den Spielbetrieb stören oder auch charakterlich nicht für eine
Teilnahme daran geeignet sind, vom Spiel fernzuhalten und auf diese Weise
Rufschädigungen zu vermeiden. Dagegen erwachsen dem Betroffenen aus einer
derartigen - einseitigen - Spielsperre keinerlei Rechte (BGHZ 131, 136, 139;
insoweit zustimmend Peters aaO S. 182 bei Fn. 65). Bei dieser rechtlichen
Beurteilung hat es uneingeschränkt zu verbleiben.
d) Wie der XI. Zivilsenat (aaO) weiter ausführt, soll sich daran nichts
dadurch ändern, dass eine Spielbank auf Anregung oder auf ausdrücklichen
Wunsch eines potentiellen Spielers eine Spielsperre ausspricht. In einem
solchen Fall nehme die Spielbank die Anregung, der grundsätzlich keine
rechtsgeschäftliche Bedeutung zukomme, zum Anlass, eine Spielsperre zu
erteilen, die sie ohne diesen Wunsch nicht ausgesprochen hätte. Auch damit
sei nicht die Begründung von Rechten für den Betroffenen verbunden. Die
Spielbank mache lediglich wunschgemäß von ihrem Hausrecht Gebrauch und baue
zur Motivation des Betroffenen strafbewehrte Hürden gegen dessen Verweilen
in den Spielsälen auf. Sie übernehme keinerlei Pflicht zur Betreuung des
Vermögens des Betroffenen und keinerlei Schadensersatzverpflichtung für den
Fall, dass der Betroffene sich trotz der Spielsperre Zugang zu den
Spielsälen verschaffe und beim Spiel Verluste erleide.
e) Der erkennende Senat gewichtet das dem Antrag des Spielers auf
"Eigensperre" zugrunde liegende Interesse anders als der XI. Zivilsenat.
Sinn der Abrede ist der Schutz des Spielers vor sich selbst (Grunsky
aaO). Der Spieler will sich selbst mit Hilfe der Spielbank den für ihn
als gefahrträchtig erkannten Zugang verstellen (OLG Hamm aaO S. 972).
Dem liegt die kritische Selbsterkenntnis eines durch Spielsucht gefährdeten
Spielers in einer Phase zugrunde, in der er zu einer solchen Einschränkung
und Selbstbeurteilung fähig ist. Auf Seiten der Spielbank wird diese
Einsicht des Spielers akzeptiert, indem sie erklärt, ihn vom Spiel
auszuschließen und keine Spielverträge mehr abzuschließen. Der Senat
pflichtet dem Oberlandesgericht Hamm (aaO) darin bei, dass eine in
Kenntnis dieser Interessenlage abgegebene Erklärung der Spielbank, dem
Antrag des Spielers stattzugeben, eine andere rechtliche Qualität haben muss,
als wenn die Spielbank die Sperre einseitig von sich aus verhängt, um einen
unliebsamen Kunden fernzuhalten (Grunsky aaO). Anders als bei einer
einseitigen Sperre geht es bei einer solchen auf Antrag des Spielers nicht
nur um die Geltendmachung des Hausrechts der Spielbank, die lediglich als
Reflex zugunsten des Kunden wirken mag, sondern darum, dass die Spielbank
dem von ihr als berechtigt erkannten Individualinteresse des Spielers
entsprechen will. Die Spielbank geht daher mit der Annahme des Antrags
eine vertragliche Bindung gegenüber dem Antragsteller ein, die auch und
gerade dessen Vermögensinteresse schützt, ihn vor den aufgrund seiner
Spielsucht zu befürchtenden wirtschaftlichen Schäden zu bewahren.
2. Ihrem Inhalt nach war die von der Beklagten übernommene vertragliche
Verpflichtung darauf gerichtet, in ihren Betrieben das Zustandekommen von
Spielverträgen mit dem gesperrten Spieler zu verhindern. Diese Verpflichtung
bestand allerdings nur im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren. In diesem
Sinne ist der im Antrag enthaltene Hinweis auf mangelnde
Überwachungsmöglichkeiten beim Automatenspiel als ein solcher auf diese
Grenzen der von der Beklagten übernommenen Vertragspflichten zu verstehen.
Er besagt dementsprechend nicht etwa, dass der gesperrte Spieler
uneingeschränkt zum Automatenspiel zugelassen werde. Gleiches ergab sich aus
den am Automatenspielsaal aufgestellten Verbotsschildern. Deshalb stand die
Einschränkung einer Überwachungspflicht dort nicht entgegen, wo eine solche
Überwachung ohne Weiteres möglich und zumutbar war.
3. Wird diese Überwachungspflicht schuldhaft verletzt, hat die Bank nach
den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung (jetzt: § 280 Abs. 1 BGB)
Schadensersatz zu leisten.
Die vom Berufungsgericht - im Anschluss an das Urteil des
Oberlandesgerichts Hamm (aaO S. 972, 974) - vertretene Auffassung, der
Vertrag über die Selbstsperre sei so auszulegen, dass die mit einem Spieler,
der sich trotz der bestehenden Sperre den Zugang zur Spielbank verschafft,
geschlossenen Spielverträge als nichtig zu behandeln seien und der Spieler
demzufolge nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen Herausgabe des
verlorenen Spieleinsatzes verlangen könne, wird demgegenüber den
berechtigten Interessen der Bank nicht gerecht. Denn auf der Grundlage
dieses Lösungsansatzes wäre eine Zahlungspflicht der Bank auch dann zu
bejahen, wenn sie ihrer Kontrollpflicht nachgekommen wäre und der gesperrte
Spieler sich etwa unter Verwendung gefälschter Ausweispapiere den Zugang zur
Bank erschlichen hätte. Dass in einem solchen Falle die Bank im Gegenzuge
auch einen etwaigen ausgezahlten Spielgewinn zurückfordern könnte, wäre kein
angemessener Ausgleich; denn es liegt nahe, dass nur der Spieler, der
Verluste erleidet, sich der Bank gegenüber offenbart, während der
Spielgewinner bestrebt sein dürfte, die Spielbank unter Mitnahme des Gewinns
unerkannt zu verlassen. Darüber hinaus wäre ein solch "überschießendes"
Fehlverhalten des Spielers (s. aber unter 5) ein Umstand, den die Bank dem
Spieler jedenfalls nach § 254 BGB entgegenhalten könnte.
4. Die dargestellten Haftungsgrundsätze gelten vorliegend uneingeschränkt
für das Große Spiel. Hier ist eine Personenkontrolle nicht nur möglich und
zumutbar, sondern in § 3 Abs. 1 der für die Beklagte gültigen Spielordnung
(Bekanntmachung des Innenministers vom 19. Juni 1985, MBl. NRW. S. 970,
zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 25. Oktober 2001, MBl. NRW. S.
1391 ) ausdrücklich vorgeschrieben. Ob und inwieweit die Beklagte sich ihrer
für den "Selbstsperrevertrag" essentiellen Vertragspflicht, die Einhaltung
der Sperre im Interesse des Spielers zu überwachen, für den Bereich der
Automatenspiele deswegen entziehen konnte, weil hier unter Abwägung der
berechtigten Interessen beider Vertragspartner die Durchführung einer -
durchaus möglichen (§ 3 Abs. 1 der Spielordnung sieht hier lediglich vor,
dass die Spielbankleitung für den ausschließlichen Zutritt zu dem in
gesonderten Räumen veranstalteten Automatenspiel von einer Personenkontrolle
absehen kann) - Kontrolle nicht zumutbar ist, braucht vorliegend nicht
entschieden zu werden. Denn das Berufungsgericht hat in rechtsfehlerfreier
tatrichterlicher Würdigung festgestellt, dass zumindest bei den hier in Rede
stehenden Telecash-Abhebungen für die zuständigen Mitarbeiter der Beklagten
hinreichender Anlass bestanden hätte, eine Kontrolle durchzuführen, ob der
Ehemann der Klägerin zu den gesperrten Spielern zählte. Auch die technischen
Möglichkeiten hierfür haben, wie das Berufungsgericht weiter feststellt,
bestanden.
5. Aufgrund der übernommenen vertraglichen Schutzpflicht hat die Beklagte
den Zedenten daher so zu stellen, wie wenn diese Kontrolle ordnungsgemäß
durchgeführt und er daraufhin vom Automatenspiel ausgeschlossen worden wäre.
Der Schadensersatzpflicht der Beklagten steht der an den Eingängen zu
den Automatenspielverträgen angebrachte Hinweis, dass für gesperrte Spieler
im Falle eines Spielverlustes kein Anspruch auf Rückerstattung der
Spieleinsätze bestehe, nicht entgegen. Eine solche Aussage könnte allenfalls
als Allgemeine Geschäftsbedingung rechtliche Verbindlichkeit erzeugen. Als
solche wäre sie aber wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG (jetzt: § 307 Abs. 1 und
2 BGB ) unwirksam, da sich die Beklagte, wenn und soweit sie - wie hier -
ihre Kardinalpflicht, die Einhaltung der Spielsperre zu überwachen, verletzt
hat, nicht von ihrer Haftung freizeichnen kann.
Aus der Natur des Selbstsperrevertrags ergibt sich weiter, dass die wegen
Verletzung ihrer Kontrollpflichten haftbare Spielbank dem gesperrten Spieler
nicht dessen "einfaches" Fehlverhalten (s. aber oben 3 a.E.)
haftungsmindernd (§ 254 BGB) entgegenhalten kann, er habe zur Befriedigung
seiner "Spielsucht" das Hausrecht der Bank verletzt (so zutreffend
Peters aaO S. 182).
Dementsprechend ist die Beklagte mit Recht zur Erstattung der mittels
Telecash abgehobenen Geldbeträge verurteilt worden, die der Ehemann bei den
hier in Rede stehenden Spielen verloren hat.
6. Die von der Beklagten in den Vorinstanzen erhobene und im
Revisionsrechtszug weiterverfolgte Einrede der Verjährung ist vom
Landgericht mit zutreffender Begründung zurückgewiesen worden; insoweit
verweist der Senat auf das Berufungsurteil.
7. Einer Vorlage an den Großen Senat für Zivilsachen (§ 132 GVG) bedurfte es
nicht. Zwar weicht der erkennende Senat von der Entscheidung des XI.
Zivilsenats in BGHZ 131, 136 ab. Indessen ist der III. Zivilsenat infolge
der zwischenzeitlichen Änderung der Geschäftsverteilung für das hier in Rede
stehende Rechtsgebiet nunmehr zuständig (vgl. BGHZ 28, 16, 28 ff; Zöller/Gummer,
ZPO 25. Aufl. 2005, § 132 GVG Rn. 4).
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