Rechtswidrigkeit der
Drohung mit Mandatsniederlegung zum Zweck des Abschlusses einer
Honorarvereinbarung, Zweck-Mittel-Relation (§ 123 I BGB); dispositiver
Charakter von § 139 BGB; Bedeutung salvatorischer Klauseln
BGH, Urteil vom 4. Februar
2010 - IX ZR 18/09
Fundstelle:
NJW 2010, 1364
für BGHZ vorgesehen
Amtl. Leitsätze:
1. Die aus dem Überschreiten des
fünffachen Satzes der gesetzlichen Gebühren herzuleitende Vermutung der
Unangemessenheit eines vereinbarten Verteidigerhonorars kann durch die
Darlegung entkräftet werden, dass die vereinbarte Vergütung im konkreten
Fall unter Berücksichtigung aller Umstände angemessen ist (Modifikation von
BGHZ 162, 98).
2. Veranlasst der Verteidiger den Mandanten mit dem Hinweis, andernfalls das
Mandat niederzulegen, zum Abschluss einer die gesetzlichen Gebühren
überschreitenden Vergütungsvereinbarung, kann der Mandant seine Erklärung
nur dann wegen widerrechtlicher Drohung anfechten, wenn ihn der Verteidiger
erstmals unmittelbar vor oder in der Hauptverhandlung mit diesem Begehren
konfrontiert.
3. Wird zugunsten des Rechtsanwalts ein Stundenhonorar vereinbart, hat er
die während des abgerechneten Zeitintervalls erbrachten Leistungen konkret
und in nachprüfbarer Weise darzulegen.
Zentrale Probleme:
In der sehr ausführlichen Entscheidung geht es um die
Wirksamkeit einer Gebührenvereinbarung eines Strafverteidigers. Die
Einzelheiten des anwaltlichen Gebührenrechts der - damals noch maßgeblichen
- BRAGO (heute gilt das Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und
Rechtsanwälte, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG) spielen dabei für die
universitäre Ausbildung keine Rolle. Von Interesse ist die Entscheidung aber
insoweit aber für die Problematik der Rechtswidrigkeit der Drohung sowie für
die Frage der Sittenwidrigkeit einer Honorarvereinbarung bei Abweichung von
der gesetzlichen Vergütungsordnung. S. dazu die fett markierten
Passagen. Hier ist weder das Mittel (Kündigung des Mandats)
rechtswidrig, weil der Anwalt dies nach § 627 BGB jederzeit kann, noch der
verfolgte Zweck. Deshalb kommt es für die Frage der Rechtswidrigkeit der
Drohung auf die sog. "Zweck-Mittel-Relation" an (s. dazu z.B. die Anm. zu
BGH
NJW 2005, 2766). Die Entscheidung definiert
schulmäßig die Voraussetzung einer Drohungsanfechtung nach § 123 BGB (bei
Tz. 31 ff). Daneben sind weiter die Ausführungen zu § 139
BGB von Bedeutung (bei Tz. 29 f) : Die Vermutung der
Gesamtnichtigkeit bei Teilnichtigkeit gilt nicht, wenn der Vertrag eine sog.
"salvatorische Klausel" enthält, wonach der Vertrag bei Unwirksamkeit
einzelner Bestimmungen im übrigen wirksam bleibt. Dann liegt die Beweislast
für Gesamtnichtigkeit bei demjenigen, der sich darauf beruft. Die
salvatorische Klausel schließt also Gesamtnichtigkeit nicht generell aus, s.
dazu auch
BGH NJW 2003, 347 sowie
BGH NJW 2010, 1660.
©sl 2010
Tatbestand:
1 Die klagende Rechtsanwaltssozietät verlangt von den
Beklagten, einem Ehepaar, Zahlung eines vertraglich vereinbarten
Resthonorars aus der Verteidigung in einem Strafverfahren; die Beklagten
begehren im Wege der Widerklage unter Berufung auf Wirksamkeitsmängel der
Honorarabrede die teilweise Erstattung der von ihnen gezahlten Vergütung.
2 Die Staatsanwaltschaft Schwerin führte gegen die Beklagten ein
Strafverfahren wegen des Vorwurfs des Subventionsbetruges. Am 26./30. März
2001 unterzeichneten die Beklagten gegenüber der Klägerin eine mit
"Beratung/Verteidigung" überschriebene Honorarvereinbarung, durch die sie
sich für die Übernahme ihrer Verteidigung zu einer Vergütung nach
Stundensätzen verpflichteten; für Rechtsanwältin Dr. K. wurde als
Verteidigerin der Beklagten zu 1 ein Stundensatz von 609 DM, für
Rechtsanwalt H. als Verteidiger des Beklagten zu 2 ein Stundensatz vom 987
DM vereinbart.
3 Die Staatsanwaltschaft warf den Beklagten vor, öffentliche Fördermittel in
Höhe von nahezu 8 Mio. DM zum Aufbau eines Unternehmens erhalten,
tatsächlich aber keine ordnungsgemäße Produktion, sondern unter Einsatz
weitgehend wertloser Maschinen eine Scheinproduktion eingerichtet zu haben.
Nach an verschiedenen Orten erfolgten Durchsuchungen wurden die Beklagten
aufgrund eines Haftbefehls am 4. Juli 2001 in der Schweiz festgenommen und
am 6. März 2002 nach Deutschland überstellt. Seitens der Verteidiger am 11.
und 16. Juli 2001 eingelegte Haftbeschwerden sowie am 14. und 22. Januar
2002 gestellte Anträge auf Aufhebung der Haftbefehle blieben ohne Erfolg.
Eine von den Verteidigern gegen die Haftfortdauer am 14. Juni 2002 bei dem
Bundesverfassungsgericht eingereichte Verfassungsbeschwerde wurde
zurückgewiesen.
4 Auf der Grundlage der am 6. Februar 2002 von der Staatsanwaltschaft
erhobenen Anklage fand ab August 2002 die öffentliche Hauptverhandlung gegen
die Beklagten statt. Nach Maßgabe einer am 20./27. August 2002 geschlossenen
schriftlichen Honorarvereinbarung verpflichteten sich die Beklagten, für die
Vertretung in der Hauptverhandlung durch die Rechtsanwälte Dr. K. und H. ein
Pauschalhonorar von jeweils 100.000 € nebst Reisespesen zu bezahlen.
Diese Abrede haben die Beklagten am 25. August 2003 unter Berufung auf eine
widerrechtliche Drohung angefochten. Nach 30 Verhandlungstagen - wobei
Rechtsanwältin Dr. K. an 28 Tagen und Rechtsanwalt H. an 27 Tagen anwesend
war - wurde das Strafverfahren gegen die Beklagte zu 1 nach § 153 StPO und
gegen den Beklagten zu 2 nach § 153a StPO gegen Zahlung einer Geldbuße von
25.000 € eingestellt.
5 Das Land Mecklenburg-Vorpommern erwirkte gegen die Beklagten vor dem
Landgericht Schwerin einen Arrestbeschluss. Die Klägerin legte dagegen für
die Beklagten Beschwerde ein. Der Streitwert dieses Verfahrens wurde auf
2.062.217 € festgesetzt.
6 Die Klägerin hat den Beklagten aus der Honorarvereinbarung vom 26./30.
März 2001 einschließlich Kosten und Auslagen einen Betrag von 599.992,86 €
und aus der Honorarvereinbarung vom August 2002 einschließlich Spesen einen
Betrag von 255.932,68 € in Rechnung gestellt. Die Beklagten haben auf die
Erstforderung eine Zahlung von 526.978,35 € erbracht. Mit ihrer Klage
verlangt die Klägerin aus der Honorarvereinbarung vom 26./30. März 2001
Restzahlung über 73.014,51 € und Begleichung des aus der Honorarver
einbarung vom 20./27. August 2002 offenen Betrages von 255.932,68 €,
insgesamt also 328.947,19 €. Die Beklagten, welche die mit der Klägerin
geschlossenen Honorarvereinbarungen für unwirksam erachten, begehren im Wege
der Widerklage die Rückerstattung von 482.596,12 €.
7 Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage in Höhe von
386.117,23 € stattgegeben. Auf die Berufung der Klägerin hat das
Berufungsgericht der Klage, wobei 5.109,05 € auf die Vereinbarung vom
26./30. März 2001 entfallen, in Höhe von 179.145,57 € und der Widerklage in
Höhe von 238.183,21 € stattgegeben. Mit der von dem Berufungsgericht
zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihre im Berufungsrechtszug
abgewiesenen Anträge weiter; die Klägerin wendet sich mit der
Anschlussrevision gegen die Zurückweisung ihrer im Berufungsrechtszug
geltend gemachten Ansprüche.
Entscheidungsgründe:
8 Revision und Anschlussrevision sind teilweise begründet. Sie führen zur
Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an
das Berufungsgericht. Die angefochtene Entscheidung unterliegt
uneingeschränkt revisionsrechtlicher Kontrolle. Die von dem Berufungsgericht
möglicherweise vorgenommene Beschränkung der Zulassung der Revision auf die
Angemessenheit der Vergütung zielt auf eine einzelne Rechtsfrage ab und ist
deshalb unwirksam (BGH, Urt. v. 21. September 2006 - I ZR 2/04, NJW-RR 2007,
182, 183 Rn. 19 m.w.N.; v. 19. Mai 2009 - IX ZR 43/08, ZIP 2009, 1427 Rn.
9).
I.
9 Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
10 1. Klage
11 Die Klageforderung über 328.947,19 € sei in Höhe von 179.145,57 €
begründet. Die aus der Honorarvereinbarung vom 26./30. März 2001
hergeleiteten Restansprüche von 73.014,51 € stünden der Klägerin nur in
geringem Umfang zu. Die Honorarvereinbarung sei nach § 3 Abs. 1 Satz 1 BRAGO
unwirksam, weil sie mit der Vergütung nicht in Zusammenhang stehende
Regelungen enthalte. Mithin könne der Klägerin ein vertraglicher Anspruch
auf Zahlung weiterer Gebühren nicht zugebilligt werden. Auch die
gesetzlichen Gebühren könne sie nicht verlangen, weil sie durch die von den
Beklagten geleisteten Zahlungen bereits abgegolten seien. Allerdings könne
die Klägerin nach §§ 26 bis 28 BRAGO Erstattung von Auslagen über 5.109,05 €
verlangen; die von der Klägerin vorgelegte Einzelaufstellung hätten die
Beklagten nicht substantiiert bestritten.
12 Für die Tätigkeit innerhalb der Hauptverhandlung belaufe sich der
Vergütungsanspruch der Klägerin auf 174.036,52 €. Die Honorarvereinbarung
über ein Pauschalhonorar von jeweils 100.000 € entspreche der Form des § 3
Abs. 1 Satz 1 BRAGO, weil sie nach ihrer äußerlichen Gestaltung individuell
gefasst sei. Die Abrede sei nicht wegen einer Drohung (§ 123 BGB) wirksam
angefochten worden; das geraume Zeit vor der Hauptverhandlung erfolgte
Inaussicht-stellen der Mandatsbeendigung sei nach Mittel und Zweck nicht als
verwerflich anzusehen. Die Honorarvereinbarung stehe in Einklang mit dem in
§ 146 StPO enthaltenen Verbot der Mehrfachverteidigung, denn Rechtsanwältin
Dr. K. sei allein für die Beklagte zu 1 und Rechtsanwalt H. allein für den
Beklagten zu 2 bestellt worden. Die Wirksamkeit der Honorarabrede scheitere
nicht an § 138 BGB, weil nicht ersichtlich sei, dass das vereinbarte
Pauschalhonorar das für vergleichbare Verfahren vereinbarte Honorar um 100 %
übersteige.
13 Die vereinbarte Vergütung sei aber unangemessen hoch (§ 3 Abs. 3 BRAGO)
und deshalb auf das angemessene Maß herabzusetzen. Liege die vereinbarte
Vergütung im Bereich der Strafverteidigung höher als das Fünffache der
gesetzlichen Gebühren, spreche nach höchstrichterlicher Rechtsprechung eine
tatsächliche Vermutung dafür, dass sie unangemessen hoch und das
Mäßigungsgebot verletzt sei. Die von den Beklagten mit der Klägerin
vereinbarte Pauschalvergütung von 100.000 € für jeden Verteidiger
überschreite die gesetzliche Gebühr um das Achtfache. Die Vergütung sei,
weil keine einzelfallbezogenen Umstände vorgetragen seien, wonach die
Vergütung für den Anwalt nicht auskömmlich sei, nach § 3 Abs. 3 Satz 1 BRAGO
auf den fünffachen Betrag der gesetzlichen Höchstgebühren herabzusetzen,
mithin einen Betrag von insgesamt 144.768 € für beide Verteidiger. Daneben
könne die Klägerin für die Zeit der Hauptverhandlung Auslagen von 29.268,52
€ beanspruchen. Für die sich damit auf 174.036,52 € belaufende
Gesamtforderung hätten beide Beklagten einzustehen, weil nach dem Wortlaut
der Vereinbarungen eine gemeinschaftliche Verpflichtung gewollt sei.
14 Die Vergütungsforderung sei nicht durch Aufrechnung der Beklagten mit
einem aus der Schlechterfüllung des Anwaltsvertrages hergeleiteten
Schadensersatzanspruch über 762.783,29 € untergegangen. Ein solcher Anspruch
sei nicht gegeben, weil nach dem Vortrag der Beklagten keine überwiegende
Wahrscheinlichkeit dafür spreche, dass die Staatsanwaltschaft im Falle des
von den Beklagten als sachgerecht erachteten Vortrags zu einer anderen
Beurteilung des hinreichenden Tatverdachts gelangt wäre. Das Landgericht sei
in seiner Entscheidung über die Einstellung der Strafverfahren auch nach
Vorlage weiterer Bilder und Dokumente sowie dem Inhalt der Aussage des
Beklagten zu 2 weiterhin von einer Schuld der Beklagten ausgegangen. Durch
die vorgelegten Dokumente sei auch nach Auffassung des Senats der Kernpunkt
der Anklage nicht erschüttert worden.
15 2. Widerklage
16 Die Widerklage sei in Höhe von 238.183,21 € begründet. Ein
Rückzahlungsanspruch könne nicht aus einer Sittenwidrigkeit der
Honorarvereinbarung hergeleitet werden. Infolge der freiwilligen Zahlung
durch die Beklagten stehe einer Rückforderung wegen Formunwirksamkeit der
Honorarvereinbarung vom 26./30. März 2001 nach § 3 Abs. 1 Satz 1 BRAGO der
Ausschlusstatbestand des § 3 Abs. 1 Satz 2 BRAGO entgegen. Der
Rückforderungsanspruch sei jedoch teilweise begründet, weil die
Gebührenvereinbarung hinsichtlich der Stundenvergütung auf einen
angemessenen Betrag zu reduzieren sei sowie einzelne Stunden und Auslagen zu
Unrecht berechnet worden seien. Das von der Klägerin beanspruchte
Verteidigerhonorar übersteige die Höchstgebühren innerhalb des
Ermittlungsverfahrens zwar um ein Vielfaches. Gleichwohl sei das Honorar
nicht auf das Fünffache der gesetzlichen Gebühren zu beschränken, weil die
Vergütung ausnahmsweise nicht als unangemessen hoch erscheine. Der fünffache
Betrag der Gebühr sei im Blick auf die von den Verteidigern im
Ermittlungsverfahren entfalteten Tätigkeiten von 1.484 Stunden nicht
auskömmlich. Zur Bestimmung der angemessenen Vergütung sei ein nicht allein
den Maßstäben des Marktes entsprechender Stundensatz festzulegen. Unter
Berücksichtigung der Personal- und Sachkosten, des angemessenen
Unternehmergewinns, der Kosten der Altersvorsorge und der Besonderheiten der
übernommenen Strafverteidigung sei für Rechtsanwalt H. ein Stundensatz von
300 € und für Rechtsanwältin Dr. K. von 225 € angemessen. Soweit Referendare
in die Tätigkeit eingebunden worden seien, ermäßige sich der Stundensatz auf
75 €. Im Blick auf das substantiierte Bestreiten der Beklagten seien
einzelne berechnete Stunden nicht zu berücksichtigen. Der sich danach
ergebende Rückforderungsanspruch von 263.229,93 € ermäßige sich um der
Klägerin für die Vertretung in der Arrestsache zustehende Gebühren von
insgesamt 25.046,72 € auf 238.183,21 €.
II.
17 Die Anschlussrevision der Klägerin ist mangels einer ordnungsgemäßen
Berufungsbegründung unzulässig, soweit aus der Honorarvereinbarung vom
26./30. März 2001 ein Restbetrag in Höhe von 67.905,46 € verlangt wird.
Wegen des Begründungsmangels hat die Revision Erfolg, soweit das
Berufungsgericht der Klägerin auf ihre Berufung aus der Honorarvereinbarung
vom 26./30. März 2001 einen Betrag in Höhe von 5.109,05 € zuerkannt hat.
18 1. Das Landgericht hat die aus der Vereinbarung vom 26./30. März 2001
hergeleitete Restforderung der Klägerin über 73.014,51 € wegen
Nichtbeachtung der Form des § 3 Abs. 1 BRAGO als unbegründet erachtet. Mit
der Berufung hat die Klägerin zwar diese Forderung weiterverfolgt. Die
Berufungsbegründung setzt sich jedoch allein mit der Frage auseinander, ob
die Honoraransprüche in Anwendung von § 3 Abs. 3 BRAGO zu kürzen sind. Auf
die das Ersturteil tragende Erwägung eines Formverstoßes geht die
Berufungsbegründung - was das Berufungsgericht verkannt hat - indessen nicht
ein. Mithin fehlt es an einer ordnungsgemäßen Berufungsbegründung (BGHZ 143,
169, 171); dieser Mangel führt zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels (BGH,
Urt. v. 18. Juni 1998 - IX ZR 389/97, NJW 1998, 3126; Urt. v. 26. Januar
2006 - I ZR 121/03, NJW-RR 2006, 1044, 1046 Rn. 22).
19 2. Die Zulässigkeit der Berufung ist vom Revisionsgericht von Amts wegen
zu überprüfen; denn ein gültiges und rechtswirksames Verfahren vor dem
Revisionsgericht ist nur möglich, solange das Verfahren noch nicht
rechtskräftig beendet ist. Das setzt neben der Zulässigkeit der Revision
voraus, daß das erstinstanzliche Urteil durch eine zulässige Berufung
angegriffen worden und die Rechtskraft dieses Urteils damit zunächst in der
Schwebe gehalten ist (BGHZ 102, 37, 38; BGH, Urt. v. 26. Januar 2006 - I ZR
121/03, aaO S. 1046 Rn. 23). Die danach nicht Bestandteil des
Berufungsverfahrens gewordene Teilforderung kann folglich nicht mit der
Revision weiterverfolgt werden.
20 3. Infolge der teilweisen Unzulässigkeit der Berufung ist das
Berufungsurteil auf die Revision der Beklagten aufzuheben, soweit der
Klägerin aus der Honorarvereinbarung vom 26./30. März 2001 Auslagen in Höhe
von 5.109,05 € zugesprochen wurden.
III.
21 Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält auch im Übrigen nicht in allen
Punkten rechtlicher Prüfung Stand.
22
A. Klage
23 Erfolg hat die Anschlussrevision, soweit das Berufungsgericht das der
Klägerin nach dem Inhalt der Vereinbarung vom 20./27. August 2002 zustehende
Pauschalhonorar gekürzt hat.
I.
24 Die von der Revision gegen die Honorarvereinbarung vom 20./27. August
2002 geltend gemachten Unwirksamkeitsgründe greifen nicht durch.
25 1. Diese Vergütungsabrede steht in Einklang mit den Formanforderungen des
hier noch anzuwendenden § 3 Abs. 1 BRAGO. Danach kann der Rechtsanwalt
eine höhere als die gesetzliche Gebühr nur fordern, wenn die Erklärung des
Auftraggebers schriftlich abgegeben und nicht in der Vollmacht oder einem
Vordruck, der auch andere Erklärungen umfasst, enthalten ist. Zutreffend und
von der Revision unangegriffen ist das Berufungsgericht davon ausgegangen,
dass die Übereinkunft nicht Bestandteil eines Vordrucks ist, weil es sich um
eine individuell ausgestaltete Abrede handelt. Ihrem Inhalt nach befasst
sich die Übereinkunft ausschließlich mit dem konkreten Mandat. Die auf den
Streitfall zugeschnittene Vereinbarung ist nicht geeignet, in anderen Fällen
Anwendung zu finden.
26 2. Ein der Honorarvereinbarung vom 26./30. März 2001 im Blick auf § 3
Abs. 1 BRAGO anhaftender Formmangel greift nicht auf die selbständige
Übereinkunft vom 20./27. August 2002 über.
a) Zu Unrecht meint die Revision, die Honorarvereinbarung vom 20./27. August
2002 beziehe die - wie hier zu unterstellen ist - formunwirksame
Vereinbarung vom 26./30. März 2001 in ihren Regelungsbereich ein. Ein
dahingehendes Verständnis findet - wie das Berufungsgericht
revisionsrechtlich unangreifbar ausführt - bereits im Wortlaut der
Vereinbarung vom 20./27. August 2002 keinen Anhalt. Vielmehr trifft die
Vereinbarung für die Vergütung der Verteidigung der Beklagten in der
Hauptverhandlung eine erschöpfende Regelung, wonach von jeder Partei ein
Pauschalbetrag über 100.000 € nebst Mehrwertsteuer und Reisespesen zu zahlen
ist. Soweit die Vereinbarung darauf verweist, dass bis zum 31. Juli 2002
erbrachte Leistungen auf der Grundlage der Honorarvereinbarung vom 26./30.
März 2001 vergütet werden, handelt es sich um eine rein zeitliche Abgrenzung
des Geltungsbereichs beider Übereinkommen. Durch diese zeitliche
Differenzierung wird gerade die Selbständigkeit der früheren Abrede
verdeutlicht. Etwas anders folgt auch nicht aus dem letzten Satz der
Vereinbarung vom 20./27. August 2002, wonach "die ursprüngliche
Honorarvereinbarung mit dieser nunmehr getroffenen Modifikation
aufrechterhalten" wird. Bleibt die frühere Vereinbarung danach ausdrücklich
weiter in Kraft, wird sie folgerichtig nicht Bestandteil der späteren. Die
Modifikation betrifft ausschließlich den zeitlichen Anwendungsbereich der
Abrede vom 26./30. März 2001, ohne deren weiteren Inhalt zum Gegenstand der
neuen Absprache zu machen. Bei interessengerechter Auslegung dürfte es
bereits an einer Modifikation fehlen, weil sich der zeitliche
Anwendungsbereich der Vereinbarung vom 26./30. März 2001 mittelbar aus der
zeitlichen Geltung der Folgeabrede vom 20./27. August 2002 ergibt und es
deshalb einer Anpassung der zeitlichen Geltung der früheren
Vergütungsvereinbarung eigentlich nicht bedurft hätte.
28 b) Selbst wenn beide Honorarvereinbarungen einen einheitlichen Vertrag
bildeten, würde die Formunwirksamkeit der Abrede vom 26./30. März 2001 unter
dem Gesichtspunkt des § 139 BGB nicht die Gültigkeit der Abrede vom 20./27.
August 2002 berühren.
29 aa) §
139 BGB findet keine Anwendung, wenn sich ein Nichtigkeitsgrund entsprechend
dem Schutzzweck des Gesetzes auf eine unzulässige Klausel beschränkt. Ist
eine Gebührenvereinbarung infolge eines Formverstoßes unbeachtlich, so wird
dadurch die Gültigkeit des Anwaltsvertrags schon im Interesse des Mandanten,
der andernfalls Ansprüche auf Vertragserfüllung und auf Schadensersatz wegen
Schlechtleistung verlieren würde, nicht in Zweifel gezogen (BGHZ 18,
340, 348 f; BGH, Urt. v. 19. Juni 1980 - III ZR 91/79, NJW 1980, 2407,
2408). An die Stelle der unwirksamen Vergütungsabrede tritt die
gesetzliche Gebührenregelung (Gerold/Schmidt/Madert, BRAGO 15. Aufl. § 3
Rn. 6). Bleibt danach trotz einer unwirksamen Gebührenvereinbarung die
Gültigkeit des Anwaltsvertrages erhalten, so folgt daraus zugleich, dass von
dem Wirksamkeitsmangel eine weitere in dem Vertrag enthaltene, für sich
genommen rechtlich unbedenkliche Gebührenabsprache nicht erfasst wird.
30 bb) Die Regelung des § 139 BGB unterliegt überdies grundsätzlich der
Disposition der Parteien und kann durch eine salvatorische Klausel
abbedungen werden (BGH, Urt. v. 29. Juni 1992 - II ZR 284/91, NJW 1992,
2696, 2697; v. 11. Oktober 1995 - VIII ZR 25/94, NJW 1996, 773, 774). Unter
der Überschrift "Teilunwirksamkeit" sieht Nr. 8 der Vereinbarung vom 20./26.
März 2001 ausdrücklich vor, dass die Unwirksamkeit einer einzelnen die
Wirksamkeit weiterer Bestimmungen - was im Falle einer Einbeziehung in
diesen Vertrag auch für die in der Vereinbarung vom 20./27. August 2002
enthaltene Vergütungsregelung zu gelten hätte - unberührt lässt. Eine solche
Klausel schließt freilich nicht generell aus, dass sich die Nichtigkeit
einer Vertragsregelung auf weitere Vertragsbestimmungen oder den ganzen
Vertrag erstreckt. Die salvatorische Klausel begründet lediglich eine
Umkehr der Vermutungsregel des § 139 BGB und damit zugleich der in Anwendung
des § 139 BGB geltenden Darlegungs- und Beweislast (BGH, Urt. v. 11.
Oktober 1995, aaO S. 774). Fehlt eine salvatorische Erhaltensklausel,
trägt die Vertragspartei, die den Vertrag aufrechterhalten will, die
Darlegungs- und Beweislast für diejenigen Umstände, welche zum Fortbestand
des teilnichtigen Geschäfts führen. Ist sie hingegen - wie hier -
vereinbart, trifft die Vertragspartei, die den Vertrag entgegen der Klausel
als Ganzes für nichtig erachtet, die Darlegungs- und Beweislast für die
insoweit geltend gemachten Tatsachen (BGH, Urt. v. 24. September 2002 -
KZR 10/01, NJW 2003, 347 f m.w.N.). Die Beklagten haben indes jede Darlegung
versäumt, warum hier trotz der vereinbarten salvatorischen Klausel auch die
Gebührenabrede vom 20./27. August 2002 nichtig sein sollte.
31 3. Der
Vergütungsvertrag ist entgegen der von der Revision erhobenen Rügen nicht
nach § 142 Abs. 1 BGB wegen der auf eine widerrechtliche Drohung gestützten
Anfechtung (§ 123 BGB) der Beklagten entfallen.
32 a) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung widerrechtlich durch Drohung
bestimmt wurde, kann die Erklärung gemäß § 123 Abs. 1 BGB anfechten.
33 Eine Drohung ist nach der Rechtsprechung in drei Fällen
widerrechtlich: Dies gilt, wenn das angedrohte Verhalten schon für sich
allein widerrechtlich ist (Widerrechtlichkeit des Mittels), wenn der
erstrebte Erfolg - die vom Bedrohten abzugebende Willenserklärung - schon
für sich allein widerrechtlich ist (Widerrechtlichkeit des Zwecks) oder wenn
Mittel und Zweck zwar für sich allein betrachtet nicht widerrechtlich sind,
aber ihre Verbindung - die Benutzung dieses Mittels zu diesem Zweck - gegen
das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt (Inadäquanz
von Mittel und Zweck) BGH, Urt. v. 25. Juni 1965 - V ZR 31/63, WM 1965, 861,
863).
34 b) Im Streitfall ist weder das gewählte Mittel der Mandatsniederlegung
noch der damit bezweckte Erfolg des Abschlusses der Gebührenvereinbarung für
sich genommen als rechtswidrig zu erachten. Auch die Mittel-ZweckRelation
ist nicht zu beanstanden.
35 aa) Unter einer Drohung ist die Ankündigung eines künftigen Übels zu
verstehen, auf dessen Eintritt der Drohende einwirken zu können behauptet.
Die Ankündigung der Mandatsniederlegung enthält danach eine Drohung, weil es
für den Auftraggeber regelmäßig von Nachteil ist, wenn sein
Prozessbevollmächtigter die weitere Interessenwahrnehmung während eines
laufenden Rechtsstreits einstellt. Die Drohung ist aber nicht rechtswidrig,
weil der Rechtsanwalt das Mandat - abgesehen von Fällen der Unzeit -
jederzeit kündigen darf (BGH, Urt. v. 12. Januar 1978 - III ZR 53/76,
AnwBl. 1978, 227, 228).
36 bb) Der mit der in Aussicht gestellten Mandatskündigung angestrebte
Zweck, die Beklagten zum Abschluß einer Vereinbarung über ein die
gesetzlichen Gebühren übersteigendes Honorar zu veranlassen, ist nicht schon
deshalb rechtswidrig, weil der Klägerin kein Anspruch auf den Abschluss
eines solchen Vertrages zustand. Dem mit einer Drohung verfolgten Zweck
fehlt die Rechtswidrigkeit nicht erst, wenn der Drohende die Abgabe der von
ihm angestrebten Erklärung beanspruchen kann, sondern schon dann, wenn der
Drohende ein berechtigtes Interesse an der Abgabe der Erklärung hat
(BGH, aaO S. 228). Der Anwalt kann nicht gezwungen sein, eine
Verteidigung auf der Basis einer von ihm in Relation zu dem
voraussichtlichen Aufwand als unangemessen niedrig erachteten Vergütung
durchzuführen; mit Rücksicht auf sein Recht zur fristlosen Vertragskündigung
(§ 627 Abs. 1 BGB) kann er grundsätzlich die Aufnahme oder Fortsetzung
seiner Tätigkeit vom Abschluss einer Honorarvereinbarung abhängig machen
(vgl. BGH, Urt. v. 4. Juli 2002 - IX ZR 153/01, NJW 2002, 2774, 2775).
37 cc) Aufgrund der Mittel-Zweck-Relation ist freilich eine
widerrechtliche Drohung gegeben, wenn der Verteidiger unmittelbar vor Beginn
der Hauptverhandlung seinen Mandanten mit dem Hinweis, anderenfalls das
Mandat niederzulegen, zur Unterzeichnung einer Gebührenvereinbarung
veranlasst (BGH, Urt. v. 12. Januar 1978, aaO S. 228 f; AnwK-RVG/Rick,
4. Aufl. § 3a Rn. 14; Gerold/Schmidt/Mayer, RVG 18. Aufl. § 3a Rn. 44).
Unter derartigen Gegebenheiten missbraucht der Verteidiger die Zwangslage
seines Mandanten, der sich in der unmittelbar bevorstehenden
Hauptverhandlung seines vertrauten Wahlverteidigers bedienen möchte, in
verwerflicher Weise zur Durchsetzung von Gebühreninteressen.
38 Einer solchen Zwangslage waren die Beklagten indes nicht ausgesetzt. Die
Klägerin hat die Beklagten nach den unangegriffenen Feststellungen des
Berufungsgerichts bereits mit Schreiben vom 26. Juni 2002 und damit lange
vor Beginn der Hauptverhandlung über den Inhalt der von ihr gewünschten
Gebührenvereinbarung als Voraussetzung für die Fortsetzung der weiteren
Verteidigung unterrichtet. Mithin waren die Beklagten ohne weiteres in der
Lage, die ihnen angesonnene Gebührenvereinbarung zurückzuweisen und
rechzeitig vor Beginn der Hauptverhandlung auf der Grundlage einer ihnen
genehmen Gebührenabrede andere Wahlverteidiger einzusetzen.
39 4. Ferner kann der Revision nicht gefolgt werden, soweit sie die
Honorarvereinbarung vom 20./27. August 2002 unter dem Gesichtspunkt der
Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) als unwirksam erachtet.
40 a) Für die Beurteilung, ob ein auffälliges Missverhältnis zwischen der
Leistung des Anwalts und dem vereinbarten Honorar besteht, sind außer den
gesetzlichen Gebühren vor allem Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen
Tätigkeit maßgeblich. Daneben können auch die Bedeutung der Sache für den
Auftraggeber sowie dessen Einkommens- und Vermögenslage bedeutsam sein (BGHZ
144, 343, 346). Bei Vorhandensein einer Gebührenordnung steht nicht nur
die gesetzliche Gebühr in Einklang mit den Sitten, weil sich bei einer
solchen Begrenzung in umfangreichen und schwierigen Sachen vielfach kein
geeigneter Anwalt zur Mandatsübernahme bereit finden würde (BGHZ 77,
250, 253 f). Für die Frage eines auffälligen Missverhältnisses von
Leistung und Gegenleistung sind also nicht ohne weiteres die gesetzlichen
Gebühren gegenüberzustellen, wenn sie den mit der anwaltlichen Tätigkeit
verbundenen Aufwand nicht angemessen abdecken (BGHZ 144, 343, 346; BGH,
Urt. vom 4. Juli 2002, aaO S. 2775). Mithin kann eine anwaltliche
Honorarvereinbarung das Sittengesetz nicht verletzen, wenn sie zu einem
aufwandsangemessenen Honorar führt (BGH, Urt. v. 3. April 2003 - IX ZR
113/02, NJW 2003, 2386, 2387; Beschl. v. 24. Juli 2003 - IX ZR 131/00, NJW
2003, 3486). Das mehrfache Überschreiten der gesetzlichen Gebühren
gestattet also ohne Berücksichtigung des tatsächlichen Aufwands nicht schon
für sich genommen die Schlussfolgerung auf ein Missverhältnis von Leistung
und Gegenleistung (BGHZ 162, 98,105).
41 b) Bei dieser Sachlage kann die Sittenwidrigkeit der Vereinbarung
entgegen der Auffassung der Revision nicht allein aus einem mehrfachen
Überschreiten der gesetzlichen Gebühren hergeleitet werden. Vielmehr lässt
sich unter Berücksichtigung des von der Klägerin tatsächlich geleisteten
Aufwands ein auffälliges Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung nicht
feststellen.
42 Die von der Klägerin eingeschalteten Rechtsanwälte haben die Verteidigung
der Beklagten an 27 bzw. 28 Verhandlungstagen übernommen. Abgesehen von der
Teilnahme an den Verhandlungstagen wurde durch deren Vor- und Nachbereitung
sowie durch die Reisen an den von dem Kanzleisitz weit entfernten
Gerichtsort ein erheblicher Zeitaufwand erbracht, welcher der Annahme einer
Sittenwidrigkeit entgegensteht. Bei einer Vergütung nach Stundenaufwand
hätte sich ersichtlich ein weit höheres Honorar errechnet. Insoweit ist auch
zu berücksichtigen, dass der Vorstand der Rechtsanwaltskammer Frankfurt am
Main durch seine Abteilung für Gebührensachen in seinem Gutachten die
Honorarsätze der Klägerin nicht beanstandet hat. Zu Recht hat das
Berufungsgericht dieses Gutachten, welches die Kontrolle des anwaltlichen
Billigkeitsermessens durch das Prozessgericht unterstützen soll und der
freien richterlichen Würdigung unterliegt (BGH, Urt. v. 11. Dezember 2003 -
IX ZR 109/00, NJW 2004, 1043, 1046), im Rahmen der Anwendung des § 138 BGB
berücksichtigt (vgl. BGH, Urt. v. 4. Juli 2002, aaO S. 2775). Allein die
Tatsache, dass der für die Klägerin tätige Rechtsanwalt Funktionsträger der
Rechtsanwaltskammer Frankfurt am Main ist, vermag mangels Hinzutreten
konkreter Umstände eine Befangenheit der für die Erstellung des Gutachtens
verantwortlichen Rechtsanwälte nicht zu rechtfertigen. Wäre der
gegenteiligen Auffassung des Erstgerichts zu folgen, müsste ein Rechtsanwalt
die Übernahme eines Amtes in der Anwaltskammer wohl bedenken, weil eine ihm
günstige gutachterliche Äußerung stets dem Verdacht der Voreingenommenheit
ausgesetzt wäre.
43 c) Überdies fehlt es an einer verwerflichen Gesinnung der Klägerin.
Die Klägerin hat keine Notlage oder Unterlegenheit der geschäftserfahrenen
Beklagten ausgenutzt, die vor Beginn der Hauptverhandlung ohne weiteres
andere Verteidiger bestellen konnten (vgl. BGHZ 162, 98, 101). Bei
dieser Bewertung der Sittenwidrigkeit ist eine in Aussicht gestellte
Mandatskündigung durch die Klägerin ohne Bedeutung, weil dieser
Gesichtspunkt alleine eine Anfechtung nach § 123 BGB betrifft (BGH, Urt.
v. 4. Juli 2002, aaO S. 2775).
44 5. Zu Unrecht leitet die Revision die Unwirksamkeit der Honorarabrede vom
20./27. August 2002 aus einem Verstoß gegen das Verbot der
Mehrfachverteidigung (§§ 134 BGB, 146 StPO) her.
45 Der Bundesgerichtshof konnte bislang die Frage offenlassen, ob der
Honoraranspruch des Strafverteidigers bei einem Verstoß gegen das Verbot der
Mehrfachverteidigung untergeht (BGH, Urt. v. 31. Januar 1991 - III ZR
150/88, NJW 1991, 3095, 3097). Auch in vorliegender Sache bedarf es keiner
Entscheidung, weil eine Verletzung dieses Verbots nicht vorliegt. § 146 StPO
steht schon seinem Wortlaut nach der Verteidigung mehrerer Beschuldigter
durch Rechtsanwälte einer Sozietät nicht entgegen, wenn jeder der
Rechtsanwälte einen anderen Mitbeschuldigten verteidigt. Der das Verbot der
Mehrfachverteidigung rechtfertigende Interessenkonflikt ist nicht gegeben,
wenn - wie im Streitfall - mehrere auch in einer Sozietät verbundene
Rechtsanwälte verschiedene Personen vertreten (BVerfGE 43, 79, 90 ff; 45,
272, 295 f). Im Blick auf § 146 StPO ist es unschädlich, dass juristische
Mitarbeiter sowohl für Rechtsanwalt H. als auch für Rechtsanwältin Dr. K.
tätig waren (BGH, Urt. v. 31. Januar 1991, aaO). Soweit die Revision die
Unterzeichnung eines Schreibens durch Rechtsanwalt H. in Vertretung von
Rechtsanwältin Dr. K. rügt, liegt in der bloßen Übermittlung einer Nachricht
in Untervollmacht keine Verteidigung (LG Bremen StV 1985, 143; Hk-StPO/Julius,
4. Aufl. § 146 Rn. 4).
II.
46 Die Anschlussrevision hat Erfolg, soweit das Berufungsgericht die
Honorarvereinbarung vom 20./27. August 2002 als unangemessen erachtet und
gemäß § 3 Abs. 3 BRAGO auf das fünffache der gesetzlichen Gebühren
herabgesetzt hat.
47 1. Vereinbart ein Rechtsanwalt bei einer Strafverteidigung eine
Vergütung, die mehr als das Fünffach der gesetzlichen Höchstgebühren
beträgt, spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass sie unangemessen
hoch ist und das Mäßigungsgebot des § 3 Abs. 3 BRAGO verletzt. Diese
Vermutung kann nach bisheriger Rechtsprechung durch den Rechtsanwalt nur
dann entkräftet werden, wenn er ganz ungewöhnliche, geradezu extreme
einzelfallbezogene Umstände darlegt, die es möglich erscheinen lassen, die
Vergütung bei Abwägung aller für § 3 Abs. 3 BRAGO maßgeblichen
Gesichtspunkte nicht als unangemessen hoch anzusehen (BGHZ 162, 98, 107).
Der Senat hat bereits im Urteil vom 12. Februar 2009 (IX ZR 73/08, AnwBl.
2009, 389) darauf hingewiesen, dass Klärungsbedarf hinsichtlich der
Voraussetzungen besteht, unter denen der Anwalt die tatsächliche Vermutung
der Unangemessenheit der vereinbarten Vergütung erschüttern kann, und dass
möglicherweise die sehr hohen Anforderungen der Leitentscheidung BGHZ 162,
98 zu modifizieren sind.
2. Nach abermaliger Prüfung hält der Senat daran fest, dass die mehr als
fünffache Überschreitung der gesetzlichen Höchstgebühren für Verteidiger
eine tatsächliche Vermutung für die Unangemessenheit der vereinbarten
Vergütung bildet. Die Einführung einer solchen Grenze steht in Einklang mit
Art. 12 Abs. 1 GG (BVerfG AnwBl. 2009, 650, 653). Infolge der faktischen
Leitbildfunktion der gesetzlichen Gebührenordnung kann das Vertrauen der
Rechtsuchenden in die Integrität der Anwaltschaft erschüttert werden, wenn
sich der Rechtsanwalt ein Honorar versprechen lässt, dessen Höhe die
gesetzlichen Gebühren um ein Mehrfaches übersteigt (BVerfG aaO, S. 652).
49 3. Andererseits lässt der in einer Gebührenvereinbarung zum Ausdruck
kommende Vertragswille der Parteien auf einen sachgerechten
Interessenausgleich schließen, der grundsätzlich zu respektieren ist.
Deshalb darf die Entkräftung der tatsächlichen Vermutung der
Unangemessenheit nicht von überzogenen Anforderungen abhängig gemacht werden
(BVerfG, aaO). Die bei einem qualifizierten Überschreiten der gesetzlichen
Gebühren eingreifende Vermutung der Unangemessenheit kann nicht nur in
Fällen ganz ungewöhnlicher, geradezu extremer einzelfallbezogener Umstände
widerlegt werden. Vielmehr kann auch in nicht durch derartige tatsächliche
Verhältnisse geprägten Gestaltungen das Vertrauen in die Integrität der
Anwaltschaft im Blick auf die Vergütungshöhe dann nicht beeinträchtigt sein,
wenn dem Anwalt der Nachweis gelingt, dass die vereinbarte Vergütung im
konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände gleichwohl angemessen
ist (BVerfG, aaO S. 653). Als zu berücksichtigende Umstände (vgl. § 12 Abs.
1 BRAGO; jetzt § 14 Abs. 1 RVG) kommen die Schwierigkeit und der Umfang der
Sache, ihre Bedeutung für den Auftraggeber und das Ziel, das der
Auftraggeber mit dem Auftrag angestrebt hat, in Betracht. Außerdem ist zu
berücksichtigen, in welchem Umfang dieses Ziel durch die Tätigkeit des
Rechtsanwalts erreicht worden ist, wie weit also das Ergebnis tatsächlich
und rechtlich als Erfolg des Rechtsanwalts anzusehen ist. Ferner sind die
Stellung des Rechtsanwalts und die Vermögensverhältnisse des Auftraggebers
in die Bewertung einzubeziehen (BGHZ 162, 98, 104).
50 4. Das Berufungsgericht hat noch nach Maßgabe von BGHZ 162, 98, 107
geprüft, ob ganz ungewöhnliche, geradezu extreme einzelfallbezogene Umstände
die Vergütung als angemessen erscheinen lassen. Auf der Grundlage des
vorstehend abgemilderten Maßstabs wird das Berufungsgericht nunmehr zu
untersuchen haben, ob die Vergütung unter Berücksichtigung aller Umstände
des Einzelfalles angemessen ist. Dabei wird das Berufungsgericht zu
berücksichtigen haben, dass es für die Beantwortung der Frage, ob die
vereinbarte Vergütung unangemessen hoch ist, nicht darauf ankommt, was bei
Vertragsschluss vorauszusehen war und bei der Vereinbarung kalkuliert wurde.
Einzubeziehen ist vielmehr auch die spätere Entwicklung (BGHZ 162, 98, 103
f). Bei dieser Sachlage dürfte die Angemessenheit einer Pauschalvergütung
insbesondere davon abhängen, ob damit der ab Beginn der Hauptverhandlung
tatsächlich erbrachte Zeitaufwand des Verteidigers sachgerecht entgolten
wird (vgl. OLG Hamm AGS 2002, 268; Gerold/Schmidt/Mayer, RVG aaO § 3a Rn.
26). Bei der Bemessung des durch die Vereinbarung vom 20./27. August 2002
erfassten Arbeitsaufwands ist zu beachten, dass die Klägerin ihre Leistungen
bis Ende Juli 2002 auf der Grundlage der Vereinbarung vom 26./30. März 2001
abrechnen durfte, weil die Pauschalvereinbarung vom 20./27. August 2002 dies
ausschließlich vorsieht und lediglich die Vertretung in der Hauptverhandlung
betrifft. Mithin regelt die Pauschalvergütung erst den ab 1. August 2002
entstandenen Arbeitsanfall, so dass nicht - wie die Revision rügt -
identische Leistungen doppelt zu vergüten sind.
51 5. Erweist sich die Vergütungsvereinbarung nach den vorstehenden
Ausführungen als wirksam, hat das Berufungsgericht zu beachten, dass die
Klägerin - wie die Revision zu Recht beanstandet - kraft der Vereinbarung
vom 20./27. August 2002 tatsächlich nur Ersatz von "Reisespesen" und nicht
auch sonstiger Auslagen verlangen kann. Diese Auslagen sind im Zweifel in
der für die Hauptverhandlung vereinbarten Pauschalvergütung inbegriffen (AnwK-RVG/Rick,
aaO § 3a Rn. 88).
III.
52 Ohne Erfolg bleiben die Angriffe der Revision gegen die Würdigung des
Berufungsgerichts, dass die Beklagten für eine restliche Vergütungsforderung
als Gesamtschuldner einzustehen haben.
53 Verpflichten sich mehrere durch Vertrag gemeinschaftlich zu einer
teilbaren Leistung, so haften sie gemäß § 427 BGB im Zweifel als
Gesamtschuldner. Die Voraussetzungen dieser Auslegungsregel (Bamberger/Roth/Gehrlein,
BGB 2. Aufl. § 427 Rn. 1) sind gegeben, weil die Beklagten die
Honorarverbindlichkeit als Auftraggeber der Klägerin - nicht der Verteidiger
- gemeinsam eingegangen sind. Eine gesamtschuldnerische Verpflichtung ergibt
sich ferner aus dem Vertragswortlaut, wonach für die Tätigkeit von
Rechtsanwältin Dr. K. 100.000 € und für die Tätigkeit von Rechtsanwalt H.
"weitere 100.000 €" zu zahlen sind. Die Verpflichtung zur Zahlung von
weiteren 100.000 € verdeutlicht, dass die Gesamtvergütung von beiden
Beklagten als Auftraggebern gesamtschuldnerisch zu erbringen ist. Dieser
rechtlichen Würdigung entspricht im Übrigen der Widerklageantrag, nach
dessen Inhalt die Beklagten die Erstattung rechtsgrundlos gezahlten Honorars
als Gesamtgläubiger (§ 428 BGB) beanspruchen.
IV.
54 Eine verbliebene Klageforderung ist nicht - wie die Revision meint -
aufgrund einer von den Beklagten erklärten Aufrechnung (§§ 387, 388, 389
BGB) mit einem Anspruch von 762.783,29 € erloschen. Es bestehen
durchgreifende Bedenken dagegen, dass die Beklagten mit einem auf der
Belastung mit Gebührenforderungen der Klägerin beruhenden
Schadensersatzanspruch gegen die klägerische Gebührenforderung aufrechnen
können.
55 1. Der Auftraggeber eines Rechtsanwalts kann den aus dem
Anwaltsdienstvertrag (§§ 611, 675 BGB) herrührenden anwaltlichen
Vergütungsanspruch mangels im Dienstvertragsrecht enthaltener
Gewährleistungsvorschriften nicht kraft Gesetzes wegen mangelhafter
Dienstleistung kürzen (BGH, Urt. v. 15. Juli 2004 - IX ZR 256/03, NJW 2004,
2817). Eine Minderung der vereinbarten Vergütung wie im Fall des § 634 BGB
ist bei einem Dienstvertrag ausgeschlossen (BGH, Urt. v. 24. Februar 1982 -
IVa ZR 296/80, NJW 1982, 1532; v. 7. März 2002 - III ZR 12/01, NJW 2002,
1571, 1572). Der Rechtsanwalt kann also trotz Schlechterfüllung eines
Anwaltsdienstvertrages grundsätzlich die ihm geschuldeten Gebühren verlangen
(BGH, Urt. v. 15. Juli 2004, aaO).
56 2. Allerdings kann die Verpflichtung des Auftraggebers zur Zahlung der
Gebühren entfallen, wenn die Belastung mit der Honorarverbindlichkeit
Bestandteil des aus einer positiven Vertragsverletzung resultierenden
Schadens ist (BGH, Urt. v. 7. März 2002, aaO, S. 1572; BGH, Urt. v. 15. Juli
2004, aaO, S. 2817 f; Zugehör in Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, Handbuch der
Anwaltshaftung 2. Aufl. Rn. 877).
57 Die Beklagten haben pflichtwidrige Vorgehensweisen der für die Klägerin
tätigen Rechtsanwälte nicht schlüssig vorgetragen. Es fehlt an jeder
konkreten Darlegung, durch Vortrag welcher Umstände die Verteidiger in der
Lage gewesen wären, dem Anfangsverdacht entgegenzuwirken und die Berichte
und Gutachten des Sachverständigen zu "pulverisieren". Die behaupteten
Versäumnisse, entlastendes Material nicht vorgelegt zu haben, entbehren der
gebotenen Konkretisierung. Das Berufungsgericht hat entgegen der Auffassung
der Revision den Sachverhalt nicht auf der Grundlage der Rechtsauffassung
des in dem Vorprozess tätigen Strafgerichts untersucht, sondern die gebotene
(BGHZ 174, 205, 209 Rn. 9) eigene Bewertung vorgenommen, weil es unter
ausdrücklichem Hinweis auf die "Auffassung des Senats" den Tatvorwurf auch
unter Berücksichtigung der vorgelegten Dokumente als im Kern nicht
erschüttert einstuft (BU 19).
V.
58 Fehl geht die Rüge der Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts,
dass die Beklagten mit der Widerklageforderung nicht vorrangig gegen die
Klageforderung aufgerechnet haben. Die Widerklage ist unbedingt erhoben
worden. Ausweislich der Begründung sind die Beklagten davon ausgegangen,
dass der Klägerin weitere Zahlungsbeträge nicht zustehen. Bei dieser
Sachlage bestand für die Vordergerichte keine Veranlassung (§ 139 ZPO), eine
vorrangige Aufrechnung anzuregen.
59 B. Widerklage
60 Der rechtlichen Würdigung des Berufungsgerichts, das den Beklagten wegen
auf die Honorarvereinbarung vom 26./30. März 2001 rechtsgrundlos (§ 812 Abs.
1 Satz 1 Fall 1 BGB) gezahlten Anwaltshonorars einen Erstattungsanspruch in
Höhe von 238.183,21 € zuerkannt hat, kann nicht uneingeschränkt gefolgt
werden.
61 Durch die Zahlungen der Beklagten von 526.978,35 € an die Klägerin ist
der Formmangel der Honorarvereinbarung vom 26./30. März 2001 - was die
Revision vergeblich in Abrede stellt - nach § 3 Abs. 1 Satz 2 BRAGO geheilt
worden.
62 1. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die
Honorarvereinbarung vom 26./30. März 2001 formunwirksam (§ 125 Satz 1 BGB)
ist.
63 a) Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 BRAGO kann der Rechtsanwalt aus einer
Vereinbarung eine höhere als die gesetzliche Vergütung nur fordern, wenn die
Erklärung des Auftraggebers schriftlich abgegeben und nicht in einem
Vordruck, der auch andere Erklärungen umfasst, enthalten ist. Ein
Schriftstück, das sich nach seiner äußeren Aufmachung als Formblatt
(Formular) darstellt, von dem angenommen werden kann, dass es in gleicher
Weise häufiger verwendet wird, ist als Vordruck im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz
1 BRAGO anzusehen; auf die Art der Herstellung kommt es nicht an (BGH, Urt.
v. 8. Juni 2004 - IX ZR 119/03,NJW 2004, 2818, 2819; v. 19. Mai 2009 - IX ZR
174/06, WM 2009, 1379, 1380 Rn. 8 m.w.N.). Unbedenklich ist die Aufnahme
solcher Nebenabreden, die sich ausschließlich und unmittelbar auf die
Honorarabrede beziehen, wie dies etwa bei Bestimmungen über Stundung,
Ratenzahlung, Erfüllungsort und außerdem zu vergütende Nebenleistungen der
Fall ist (BGH, Urt. v. 19. Mai 2009, aaO S. 1380 Rn. 10).
64 b) Die Vordergerichte haben rechtsfehlerfrei angenommen, dass die
Honorarvereinbarung vom 26./30. März 2001 in einem Vordruck enthalten ist,
weil die dort niedergelegten Regelungen allgemeiner Art sind und sich für
eine Vielzahl von Honorarabreden eignen, um das Vergütungsinteresse der
Klägerin durchzusetzen. Die Eigenschaft als Vordruck knüpft darum lediglich
an die Verwendungsfähigkeit der Abrede für unterschiedliche Fallgestaltungen
an. Die Honorarvereinbarung enthält mit Abreden über eine Haftungsbegrenzung
auf den Betrag von 3 bzw. 5 Mio. DM (vgl. BGH, Urt. v. 8. Juni 2004, aaO S.
2819), über das anwendbare Recht und über den maßgeblichen Gerichtsstand für
den gesamten Vertrag und nicht nur die Honorarabrede (OLG München NJW 1993,
3336; AnwKom-BRAGO/Schneider, 3. Aufl. § 3 Rn. 62; Gerold/Schmidt/Madert,
BRAGO aaO § 3 Rn. 5; Fraunholz in Riedel/Sußbauer, BRAGO 8. Aufl. § 3 Rn.
17) weitere nicht mit der Vergütung zusammenhängende Regelungen. Infolge des
Formverstoßes ist die Übereinkunft als unwirksam zu erachten.
65 c) Der Formmangel ist nicht - wie die Anschlussrevision meint - durch den
Abschluss der Honorarvereinbarung vom 20./27. August 2002 geheilt worden.
66 Jene Vereinbarung begegnet für sich genommen im Blick auf § 3 Abs. 1
BRAGO keinen Bedenken, weil es sich dabei ersichtlich um keinen
Vordruck,sondern um eine auf die individuellen Verhältnisse der Beklagten
ausgerichtete Abrede handelt. Im Rahmen dieser Vereinbarung wurde indessen
nicht die formwidrige Übereinkunft vom 20./30. März 2001 bestätigt (§ 141
BGB). Nach dem Inhalt der Vereinbarung vom 20./27. August 2002 sollte die
ursprüngliche Honorarvereinbarung vom 26./30. März 2001 mit Wirkung bis zum
31. Juli 2002 aufrechterhalten bleiben; wegen der allein geregelten
zeitlichen Abgrenzung ist die frühere Regelung nicht Bestandteil des neuen
Vergütungsvertrages geworden. Der Vertragsbestimmung, wonach die bisherige
Tätigkeit auf der Grundlage der Gebührenvereinbarung vom 26./30. März 2001
zu vergüten ist, kommt darum lediglich deklaratorische Bedeutung zu. Die
frühere Abrede wurde mithin nicht im Sinne der Übernahme einer Verpflichtung
in der neuen Übereinkunft bestätigt.
67 2. Die Beklagten sind jedoch - wie die Anschlussrevision zutreffend
ausführt - gehindert, unter Berufung auf den Formmangel Erstattung des von
ihnen gezahlten Honorars zu verlangen. Hat der Auftraggeber freiwillig und
ohne Vorbehalt geleistet, kann er gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 BRAGO das
Geleistete nicht deshalb zurückfordern, weil seine Erklärung der Vorschrift
des Satzes 1 nicht entspricht.
68 a) Freiwilligkeit im Sinne der Vorschrift liegt vor, wenn der
Auftraggeber mehr zahlen will, als er nach dem Gesetz ohne die Vereinbarung
zu zahlen hätte. Er muss also wissen, dass seine Zahlungen die gesetzliche
Vergütung übersteigen; dagegen braucht ihm nicht bekannt zu sein, dass der
Rechtsanwalt auf die höhere Vergütung keinen klagbaren Anspruch hat (BGHZ
152, 153, 161 f; BGH, Urt. v. 8. Juni 2004, aaO S. 2819).
69
b) Nach diesen Maßstäben ist hier Freiwilligkeit gegeben.
70 aa) Die Beklagten waren - wie das Oberlandesgericht zutreffend ausführt -
nach dem Inhalt der Honorarvereinbarung vom 26./30. März 2001 ausdrücklich
darüber unterrichtet, dass das vereinbarte Stundenhonorar die gesetzlichen
Gebühren übersteigt, sich etwaige Gebührenerstattungsansprüche auf die
gesetzlichen Gebühren beschränken und deshalb das darüber hinausgehende
Honorar nicht erstattet wird. Der Umstand, dass die Beklagten Zahlungen
vielfach nur auf dringliche Zahlungsverlangen der Klägerin erbrachten,
belegt, dass ihnen die Überschreitung der gesetzlichen Gebühren durch die
Honorarvereinbarung bewusst war. In Kenntnis der gebührenrechtlichen
Gegebenheit haben sie die Honorarzahlungen an die Klägerin veranlasst.
Insoweit ist es ohne Bedeutung, dass dies während der Haft notgedrungen
durch Einschaltung ihrer Tochter - gleich ob diese über Konten der Beklagten
verfügen konnte oder aus eigenem Vermögen eine Drittleistung (§ 267 BGB)
erbrachte - geschah (Gerold/Schmidt/Madert, BRAGO aaO § 3 Rn. 7; Göttlich/Mümmler/
Rehberg/Xanke, BRAGO 20. Aufl. "Vereinbarung", "2. Freiwillige Leistung").
Soweit die Beklagten Vorschüsse geleistet haben, handelt es sich entgegen
der Auffassung der Revision nicht um eine zur Heilung des Formverstoßes
ungeeignete Zahlung unter Vorbehalt, weil die Vorschüsse nach Abschluss und
mithin zwecks Erfüllung der Honorarvereinbarung entrichtet wurden (OLG
Frankfurt AnwBl. 1983, 513, 514; OLG Hamm, OLGReport 1998, 193, 195;
Gött-lich/Mümmler/Rehberg/Xanke, aaO). Im hier gegebenen Fall einer
Teilleistung tritt die Heilungswirkung im Umfang der erbrachten Zahlung ein
(Ge-rold/Schmidt/Madert, BRAGO aaO § 3 Rn. 8; Rehberg/Xanke, aaO).
71 bb) Zwar mag es sein, dass eine freiwillige Zahlung ausscheidet, wenn
sich der Mandant in Rechtsnot (Riedel/Süßbauer/Fraunholz, aaO § 3 Rn. 22;
Rehberg/Xanke, aaO) befindet, weil etwa der Verteidiger während der
laufenden Hauptverhandlung die Fortsetzung des Mandats von der sofortigen
Zahlung der Vergütung abhängig macht (AnwKom-BRAGO/Schneider, aaO § 3 Rn.
84; Gerold/Schmidt/Madert, BRAGO aaO § 3 Rn. 7). Eine solche Konstellation
war vorliegend nicht gegeben. Die Klägerin hat nicht die weitere Vertretung
in der Hauptverhandlung an die Zahlung des vereinbarten Honorars geknüpft,
sondern innerhalb des Ermittlungsverfahrens darauf hingewiesen, im Falle
fehlender Zahlung nicht weiter tätig zu werden. Damit stand den Beklagten
ein Überlegungszeitraum zur Prüfung offen, ob sie weiter die -
kostenträchtigen -Dienste der Klägerin in Anspruch nehmen oder nach anderen,
zu günstigeren Sätzen tätigen Verteidigern Ausschau halten wollten. Zum
anderen waren die Beklagten anders als in einer Hauptverhandlung im Stadium
des Ermittlungsverfahrens nicht dem Zwang ausgesetzt, umgehend für eine
andere Vertretung Sorge tragen zu müssen. Sie hätten nach einer
Mandatsniederlegung durch die Klägerin binnen kurzem ohne Nachteil für ihre
weitere Verteidigung andere Rechtsanwälte beauftragen können. Mangels
zeitlichen Drucks befanden sich die Beklagten nicht in einer Zwangslage,
welche eine freiwillige Leistung ausschließt.
II.
72 Die Wirksamkeit der Gebührenvereinbarung begegnet im Hinblick auf §§ 134
BGB, 146 StPO und § 138 BGB keinen Bedenken. Insoweit kann auf die obigen
Ausführungen unter A. III. 2. und 3. verwiesen werden. Falls die Klägerin -
wie die Revision rügt - mehr Stunden als tatsächlich geleistet abgerechnet
haben sollte, berührt dies nicht die Wirksamkeit des Vertrages, sondern
allein die Höhe der seitens der Beklagten geschuldeten Vergütung.
III.
73 Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Klägerin "ganz
ungewöhnliche, geradezu extreme einzelfallbezogene Umstände" im Sinne der
Entscheidung BGHZ 162, 98, 107 dargelegt hat, welche die
Gebührenvereinbarung vom 26./30. März 2001 nicht als unangemessen hoch
erscheinen lassen. Auf der Grundlage des nunmehr anzulegenden, gemilderten
Prüfungsmaßstabs dürfte davon erst recht auszugehen sein. Es ist zu
untersuchen, ob die vereinbarte Vergütung im konkreten Fall unter
Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Leistungen und des
Aufwands des Anwalts, aber auch der Einkommens- und Vermögensverhältnisse
des Auftraggebers angemessen ist. Die Vergütung nach Maßgabe eines
Stundenhonorars ist nicht als unangemessen zu beanstanden, wenn diese
Honorarform unter Würdigung der Besonderheiten des Einzelfalls sachgerecht
erscheint und die geltend gemachte Bearbeitungszeit sowie der ausgehandelte
Stundensatz angemessen sind (BVerfG, aaO S. 653; BGH, Urt. v. 3. April 2003
- IX ZR 113/02, NJW 2003, 2386, 2387).
74 1. Angesichts des Umfangs des Ermittlungsverfahrens ist hier die
Vereinbarung eines Stundenhonorars als sachgerecht zu erachten.
75 Dabei ist zu beachten, dass es sich um ein größeres
Wirtschaftsstrafverfahren handelte, in dem eine Fülle von Akten nebst
Anlagen seitens der Verteidiger durchzuarbeiten war. Umfang und
Schwierigkeit der Tätigkeit der Verteidiger werden nicht zuletzt durch die
Dauer der Ermittlungen von rund eineinhalb Jahren und den Umfang der
Anklageschrift von mehr als 250 Seiten unterstrichen. Außerdem waren wegen
der gegen die Beklagten angeordneten Untersuchungshaft von der Verteidigung
nicht nur sich in Haftbeschwerden manifestierende ständige Bemühungen zu
entfalten, auf eine Freilassung der Beklagten hinzuwirken. Auch die
Einlegung von Verfassungsbeschwerden legt eine besondere Beanspruchung der
Verteidiger durch die Beklagten und einen außergewöhnlichen Arbeitsanfall
nahe. Angesichts dieser objektiven Umstände handelt es sich nicht um eine
bloße floskelhafte Wendung (vgl. BGHZ 162, 98, 108), wenn das
Berufungsgericht der Strafsache als einem umfangreichen
Wirtschaftsstrafverfahren einen besonderen rechtlichen und tatsächlichen
Schwierigkeitsgrad beimisst. In einer solchen Gestaltung wird die
Vereinbarung eines Stundenhonorars dem von dem Verteidiger zu erbringenden
Arbeitsaufwand gerecht.
76 2. Nicht gefolgt werden kann indes der Würdigung des Berufungsgerichts,
dass die von der Klägerin abgerechneten 1.484 Stunden Arbeitsaufwand
abgesehen von seitens der Beklagten substantiiert bestrittenen Zeiten
nachgewiesen sind.
a) Soweit die Klägerin Ansprüche aus der Honorarvereinbarung vom 26./30.
März 2001 herleitet, trägt sie die Beweislast dafür, dass die berechnete
Vergütung tatsächlich entstanden ist. Mithin hat sie grundsätzlich den
Nachweis zu führen, dass der geltend gemachte zeitliche Arbeitsaufwand
überhaupt angefallen ist (vgl. BGHZ 162, 98, 107). Bei der Vereinbarung
eines Zeithonorars muss die nahe liegende Gefahr ins Auge gefasst werden,
dass dem Mandanten der tatsächliche zeitliche Aufwand seines Verteidigers
verborgen bleibt und ein unredlicher Anwalt deshalb ihm nicht zustehende
Zahlungen beansprucht (BVerfG, aaO S. 650, 651 f). Deshalb erfordert eine
schlüssige Darlegung der geltend gemachten Stunden, dass über pauschale
Angaben hinaus die während des abgerechneten Zeitintervalls getroffenen
Maßnahmen konkret und in nachprüfbarer Weise dargelegt werden (OLG
Karlsruhe, NJW-RR 2001, 854; OLG Düsseldorf AnwBl. 2006, 770 <LS>; LG
München I NJW 1975, 937, 938 mit Anm. Chemnitz). Eine nähere Substantiierung
ist unverzichtbar, weil die für eine Verteidigung aufgewendete Arbeitszeit
einer tatsächlichen Kontrolle nicht oder allenfalls in geringem Rahmen
zugänglich ist (AnwK-RVG/Rick, aaO § 3a Rn. 63, 67; vgl. BGHZ 180, 235, 250
Rn. 39 betreffend Architektenleistungen).
78 b) Dies bedeutet für den Anwalt keinen unzumutbaren Aufwand. Er kann ohne
weiteres stichwortartig in einer auch im Nachhinein verständlichen Weise
niederlegen, welche konkrete Tätigkeit er innerhalb eines bestimmten
Zeitraums verrichtet hat (vgl. Bischof, RVG 3. Aufl. § 3a Rn. 36).
79 aa) Insoweit ist etwa anzugeben, welche Akten und Schriftstücke einer
Durchsicht unterzogen, welcher Schriftsatz vorbereitet oder verfasst wurde,
zu welcher Rechts- oder Tatfrage welche Literaturrecherchen angestellt oder
zu welchem Thema mit welchem Gesprächspartner wann eine fernmündliche
Unterredung geführt wurde. Nicht genügend sind hingegen allgemeine Hinweise
über Aktenbearbeitung, Literaturrecherche und Telefongespräche, weil sie
jedenfalls bei wiederholter Verwendung inhaltsleer sind und ohne die
Möglichkeit einer wirklichen Kontrolle geradezu beliebig ausgeweitet werden
können (AnwK-RVG/Rick, aaO § 3a Rn. 63, 67). Eine nachvollziehbare und
nachprüfbare Dokumentation ist insbesondere in Gestaltungen wie dem
Streitfall geboten, in dem ausgehend von einer möglichen jährlichen
gebührenerzeugenden Arbeitszeit eines Anwalts von etwa 1430 Stunden
(Chemnitz NJW 1975, 939) die geltend gemachte Zahl von 1484 Stunden die
gesamte Arbeitskraft beider Verteidiger über einen Zeitraum von mehr als
sechs Monaten gebunden haben soll.
80 bb) Ferner ist zu beachten, dass der Verteidiger seiner Darlegungslast
regelmäßig nicht durch die bloße Vorlage von Anlagen genügt, die seine
Tätigkeit ohne die Möglichkeit einer konkreten Nachprüfung lediglich in
allgemeiner Form ausweisen. Vielmehr bedarf es einer konkreten
schriftsätzlichen Darlegung. Anlagen können nur der Erläuterung des
schriftsätzlichen Vorbringens oder dem urkundlichen Beweis von Behauptungen
dienen, schriftsätzliches Vorbringen aber grundsätzlich nicht ersetzen (BGH,
Beschl. v. 27. September 2001 - V ZB 29/01, BGHReport 2003, 257).
81 c) Da die Klägerin infolge ihrer unzureichenden Berufungsbegründung keine
weitergehenden Ansprüche auf Zeithonorar geltend machen kann, sind zwar die
Beklagten für ihren aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB hergeleiteten Anspruch auf
Erstattung gezahlten Honorars grundsätzlich darlegungs- und beweispflichtig.
Dem als Bereicherungsschuldner in Anspruch Genommenen kann jedoch eine -
nach den Umständen des Einzelfalls gegebenenfalls gesteigerte -sekundäre
Behauptungslast obliegen. Dies gilt insbesondere für
Sachverhaltskonstellationen, in denen die darlegungspflichtige Partei
außerhalb des von ihr darzulegenden Geschehensablaufes steht und keine
nähere Kenntnis der maßgeblichen Tatsachen besitzt, während der Gegner über
ein derartiges Wissen verfügt und ihm nähere Angaben zumutbar sind; im
Rahmen des Zumutbaren kann von ihm dann insbesondere das substantiierte
Bestreiten einer negativen Tatsache unter Darlegung der für die positive
Tatsache sprechenden Umstände verlangt werden (BGHZ 154, 5, 9; BGH, Urt. v.
14. Juli 2003 - II ZR 335/00, NJW-RR 2004, 556). Da die Beklagten keinen
Einblick in die interne Arbeitsorganisation der Klägerin haben, kann von
dieser verlangt werden, zum Umfang der von den Verteidigern H. und Dr. K.
tatsächlich aufgewendeten Arbeitszeit substantiiert vorzutragen. Dies gilt
insbesondere vor dem Hintergrund des hier geltend gemachten außerordentlich
hohen Zeitaufwandes.
82 Davon abgesehen gilt die - nach vorstehenden Grundsätzen gemilderte
-Beweislast des Bereicherungsgläubigers nicht uneingeschränkt. Wenn eine
Zahlung lediglich als Abschlag oder Vorauszahlung in Erwartung einer noch
festzustellenden Schuld erfolgt ist, so hat bei einer Rückforderung der
Empfänger das Bestehen der Forderung zu beweisen (BGH, Urt. v. 8. Juli 2004
- III ZR 435/02, NJW 2004, 2897 f; v. 5. Juli 2005 - X ZR 60/04, NJW 2005,
2919, 2922, insoweit in BGHZ 163, 321 nicht abgedruckt). Soweit die
Beklagten Vorschusszahlungen kondizieren, obliegt der Klägerin als
Leistungsempfängerin der Nachweis für den Bestand ihrer Forderung und damit
die geltend gemachten Stunden.
83 d) Dem Berufungsgericht kann nicht gefolgt werden, soweit es der Klägerin
für die Tätigkeit von Referendaren zusätzlich Stunden - nach verminderten
Stundensätzen - zugebilligt hat. Ein Stundenhonorar haben die Beklagten nur
für die Leistungen der Rechtsanwälte Dr. K. und H. versprochen. Neben dem
Honorar schulden die Beklagten lediglich "Kosten und Ausgaben". Bei dieser
Sachlage gestattet eine beiderseits interessengerechte Auslegung (BGHZ 131,
136, 138; 143, 175, 178) nicht die Schlussfolgerung, dass etwaige
Hilfsdienste von Referendaren ebenfalls nach Stunden zu vergüten sind.
Vielmehr ist ein Anspruch auf den vereinbarten Stundensatz nur begründet,
wenn der Anwalt die Leistung persönlich erbringt (KG KGReport 2000, 111;
AnwK-RVG/Rick, aaO § 3a Rn. 77). Wegen der zugunsten der von der Klägerin
eingesetzten Rechtsanwälte vereinbarten hohen Stundensätze ist davon
auszugehen, dass damit auch Unterstützungsleistungen nachgeordneter
juristischer Hilfspersonen abgegolten sind. Angesichts des Wortlauts der
Vereinbarung und der im Geschäftsleben üblichen Gebräuche sind jedoch nicht
nur reine Arbeits-, sondern auch Reisezeiten zu honorieren (OLG Hamm AGS
2002, 268 f). Dies musste den Beklagten bewusst sein, wenn sie sich einer
Verteidigung durch auswärtige Rechtsanwälte bedienen.
84 3. Das Berufungsgericht hat jedoch bislang die gebotene Prüfung versäumt,
ob die - nachgewiesenen - Stunden in einem angemessenen Verhältnis zu Umfang
und Schwierigkeit der Sache stehen.
85 Mit Hilfe einer solchen Kontrolle ist Vorsorge gegen eine unvertretbare
Aufblähung der Arbeitszeit durch den Rechtsanwalt zu Lasten des Mandanten zu
treffen. Dabei geht es nicht darum, dem Rechtsanwalt sozusagen eine bindende
Bearbeitungszeit vorzugeben, die er zur Vermeidung von Honorarnachteilen
nicht überschreiten darf. Da sich die Arbeitsweise von Rechtsanwälten - wie
jeder Mandant weiß - individuell unterschiedlich gestaltet, sind auch
Zeitdifferenzen bei der Dauer der Bearbeitung grundsätzlich hinzunehmen.
Allerdings kann der von dem Rechtsanwalt nachgewiesene Zeitaufwand nur dann
in vollem Umfang berücksichtigt werden, wenn er in einem angemessenen
Verhältnis zu Schwierigkeit, Umfang und Dauer der zu bearbeitenden
Angelegenheit steht. Wird der Rechtsanwalt auf Wunsch des Mandanten, dem
etwa an der Vertretung durch seinen Vertrauensanwalt gelegen ist, in einem
ihm wenig geläufigen Rechtsgebiet tätig, wird der Mandant eine längere
Bearbeitungszeit hinzunehmen haben. Schaltet der Mandant hingegen einen
Spezialisten ein, darf er grundsätzlich davon ausgehen, dass die Sache
innerhalb eines üblichen Zeitrahmens, ohne sich in der Erörterung
rechtlicher Selbstverständlichkeiten oder für den Streitfall von vornherein
unerheblicher Rechtsfragen zu verlieren, erledigt wird. Freilich ist auch
bei der Beauftragung eines Spezialisten zu berücksichtigen, ob es sich um
eine „Routineangelegenheit" oder - was hier nahe liegt - um einen besonders
gelagerten, komplexen und unübersichtlichen Einzelfall handelt, für den,
weil er sich einer zeitlichen Eingrenzung entzieht, keine im einzelnen
konkretisierbaren Bearbeitungszeiten gelten können. Die danach erforderliche
Prüfung obliegt in erster Linie den Tatgerichten. Das Berufungsgericht wird
vor diesem Hintergrund eine überschlägige Schätzung anzustellen haben,
welcher Zeitaufwand für die Durchsicht und Erfassung der Verfahrensakten
sowie ihre rechtliche Durchdringung verhältnismäßig erscheint (OLG Hamm AGS
2007, 550, 551). Entsprechendes gilt für den Zeitaufwand, den im Zuge des
Ermittlungsverfahrens gefertigte schriftsätzliche Stellungnahmen
einschließlich Rechtsmittelschriften etwa in Haftsachen verursacht haben.
86 4. Schließlich kann dem Berufungsgericht nicht gefolgt werden, soweit es
die vertraglich vereinbarten Stundensätze von 609 DM für Rechtsanwältin Dr.
K. und 987 DM für Rechtsanwalt H. auf 225 € und 300 € reduziert hat.
87 a) Schon der historische Gesetzgeber hat darauf hingewiesen, dass nicht
bereits eine den Umständen nicht entsprechende Höhe der Vergütung als
unangemessen zu bewerten ist (Deutscher Reichstag, 4. Legislaturperiode,
Aktenstück Nr. 6 S. 158). Die Frage der Unangemessenheit beurteilt sich
darum unter dem allgemeinen Gesichtspunkt des § 242 BGB, also danach, ob
sich das Festhalten an der getroffenen Vereinbarung unter Berücksichtigung
der gesamten Umstände des Einzelfalls als unzumutbar und als ein
unerträgliches Ergebnis darstellt. Nach dem der Vorschrift des § 3 Abs. 3
BRAGO in Einklang mit § 242 BGB innewohnenden Rechtsgedanken kommt die
Abänderung einer getroffenen Vereinbarung nur dann in Betracht, wenn es
gilt, Auswüchse zu beschneiden. Der Richter ist jedoch nach § 3 Abs. 3 BRAGO
nicht befugt, die vertraglich ausbedungene Leistung durch die billige oder
angemessene zu ersetzen. Folglich ist nicht darauf abzustellen, welches
Honorar im gegebenen Fall als angemessen zu erachten ist, sondern darauf, ob
die zwischen den Parteien getroffene Honorarvereinbarung nach Sachlage als
unangemessen hoch einzustufen ist. Ein vereinbartes Honorar kann nicht mehr
"angemessen" sein, ohne den Tatbestand des § 3 Abs. 3 BRAGO zu erfüllen (OLG
München NJW 1967, 1571, 1572; OLG Köln NJW 1998, 1960, 1962; OLG Hamm AGS
2007, 550, 552; Bischof, RVG 3. Aufl. § 3a Rn. 37). Durch § 3 Abs. 3 BRAGO
sollen also Auswüchse bei vertraglichen Vergütungsregelungen beschnitten
werden (BGH, Urt. v. 15. Mai 1997 - IX ZR 167/96, NJW 1997, 2388, 2389). Für
eine Herabsetzung ist danach nur Raum, wenn es unter Berücksichtigung aller
Umstände unerträglich und mit den Grundsätzen des § 242 BGB unvereinbar
wäre, den Mandanten an seinem Honorarversprechen festzuhalten (Rie-del/Sußbauer/Fraunholz,
BRAGO aaO § 3 Rn. 37; Gerold/Schmidt/Madert, BRAGO aaO § 3 Rn. 20). Es muss
also ein krasses, evidentes, vom Willen des Mandanten offenkundig nicht mehr
abgedecktes Missverhältnis der anwaltlichen Leistung und zu ihrer Vergütung
gegeben sein (Römermann in Hartung/Römermann/Schons, RVG 2. Aufl. § 4 Rn.
107).
88 b) Den danach anzuwendenden Prüfungsmaßstab der Unangemessenheit hat das
Berufungsgericht verfehlt, indem es ausgehend von einem durchschnittlichen
Stundensatz von 220 € für Strafverteidiger zugunsten von Rechtsanwältin Dr.
K. einen Stundensatz von 225 € und zugunsten von Rechtsanwalt H. einen
Stundensatz von 300 € festgelegt hat. Damit hat das Berufungsgericht einen
von ihm als angemessen erachteten Stundensatz gebildet, aber die gebotene
Prüfung versäumt, ob der vereinbarte Stundensatz unerträglich im
vorbezeichneten Sinne ist. Dies ergibt sich bereits aus dem von dem
Berufungsgericht gewählten Ausgangspunkt, ob das Honorar für einen Anwalt
unter Berücksichtigung seiner Personal- und Sachkosten auskömmlich ist und
einen angemessenen Unternehmergewinn sicherstellt. Den danach als angemessen
erachteten Durchschnittssatz hat das Berufungsgericht im Blick auf die
Eigenheiten des Mandats und die jeweilige Berufserfahrung der Verteidiger
erhöht. Damit fehlt es aber an jeglichen Ausführungen, dass die vereinbarten
Honorarsätze unerträglich hoch und mit Treu und Glauben nicht zu vereinbaren
sind.
89 5. Falls sich das von der Klägerin geltend gemachte Honorar als (teils)
unangemessen erweist, scheitert ein Erstattungsanspruch der Beklagten nicht
an dem von der Klägerin erhobenen Einwand der Verwirkung.
90 Die vorbehaltlose und freiwillige Honorarzahlung schließt lediglich einen
auf den Formmangel des § 3 Abs. 1 Satz 1 BRAGO gestützten
Rückzahlungsanspruch des Mandanten aus. Darum ist der Mandant nicht
gehindert, die geleistete Vergütung unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der
Unangemessenheit (§ 3 Abs. 3 BRAGO) auf der Grundlage von § 812 Abs. 1 Satz
1 Fall 1 BGB zurückzufordern (Bischof, aaO § 3a Rn. 46). Mithin kann
entgegen der Ansicht der Anschlussrevision eine Verwirkung dieses Anspruchs
nicht aus der freiwilligen Honorarzahlung der Beklagten hergeleitet werden
(Gerold/Schmidt/Madert, BRAGO aaO § 3 Rn. 31; Riedel/Sußbauer/Fraunholz, aaO
§ 3 Rn. 44; Bischof, aaO § 3a Rn. 46).
91 6. Schließlich ermäßigt sich ein etwaiger Erstattungsanspruch der
Beklagten um die der Klägerin aus dem Arrestverfahren gegen die Beklagten
zustehenden, im Wege der Hilfsaufrechnung geltend gemachten Gebühren von
25.046,72 €. Es kann dahin stehen, ob diese Forderung wegen der
Rechtskraftwirkung des Ersturteils der Nachprüfung durch das
Berufungsgericht verschlossen war. Denn das Berufungsgericht hat
unbeanstandet durch die Revision ausgeführt, dass diese Forderungen
jedenfalls sachlich gerechtfertigt sind.
C.
92 Da beide Revisionen begründet sind, ist das angefochtene Urteil
aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Mangels Entscheidungsreife ist die Sache an
das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), um nach
ergänzendem Sachvortrag der Parteien in eine erneute Prüfung der
Angemessenheit der von der Klägerin geltend gemachten Vergütung einzutreten.
93 Hinsichtlich der von der Klägerin beanspruchten Stundensätze weist der
Senat auf folgendes hin: Die Beklagten haben mit der Klägerin eine
international tätige Großkanzlei beauftragt, die in den verschiedensten
Tätigkeitsbereichen mit angesehenen Spezialisten besetzt ist. Ein gehobenes
Einkommen, wie es erfolgreiche Rechtsanwälte erwarten dürfen, erfordert im
Regelfall ein Zeithonorar von 250 € je Stunde (Bischof, aaO § 3 Rn. 34;
Hk-RVG/Teubel, RVG 4. Aufl. § 3a Rn. 180; Gerold/Schmidt/Mayer, RVG 18.
Aufl. § 3a Rn. 26; vgl. OLG Hamm AGS 2002, 268). Bereits im Jahr 1989 sollen
renommierte Wirtschaftsanwälte Stundenhonorare von 500 bis 750 DM verlangt
haben (vgl. die Nachweise bei Gerold/Schmidt/Madert, aaO § 3 Rn. 9). Für den
hier maßgeblichen Zeitraum wurde ein Stundenhonorar von 500 € seitens des
Senats (BGHZ 174, 186 ff) nicht beanstandet. Vor diesem Hintergrund haben
hoch angesehene Kanzleien im Jahre 2001 Stundenhonorare von 1.300 DM
berechnet (Bischof, aaO § 3a Rn. 33). Freilich verkennt der Senat nicht,
dass auch deutlich geringere Stundensätze in der Praxis durchaus verbreitet
sind (vgl. AnwK-RVG/Rick, aaO § 3a Rn. 65, 66).
94 Die Beurteilung der Unangemessenheit hat an die konkreten Umstände des
Einzelfalls anzuknüpfen, etwa ob ein kaum bekannter, in dem Rechtsgebiet
nicht besonders hervorgetretener Anwalt in einer Standardsache oder ob ein
bundesweit renommierter Anwalt mit dem Hintergrund einer Großkanzlei in
einem besonders schwierigen Mandat tätig werden soll. Erklärt ein Mandant
sein Einverständnis mit in Großkanzleien üblichen Stundensätzen, kann er
nicht nachträglich unter dem Gesichtspunkt der Unangemessenheit eine
Reduzierung auf einen Betrag verlangen, wie er für einen nicht besonders
erfahrenen Einzelanwalt angemessen sein mag. Bei dieser Sachlage dürfte das
zugunsten der Klägerin ausbedungene - für sich genommen hoch erscheinende -
Honorar mit Rücksicht auf die Kanzleistruktur und die Reputation der von der
Klägerin mit der Vertretung der Beklagten betrauten Rechtsanwälte in der
oberen Bandbreite der von in Ballungszentren tätigen Großkanzleien
geforderter Stundensätze liegen, aber nicht bereits ohne weiteres die
Schwelle der Unangemessenheit überschreiten. Dabei geht es nicht darum,
welcher Stundensatz sich am Markt ohne Rücksicht auf rechtliche Bindungen
noch durchsetzen lässt (BGHZ 162, 98, 106), sondern darum, welcher
Stundensatz für besonders ausgewiesene Strafverteidiger unter
Berücksichtigung lauterer Marktgegebenheiten als noch nicht unerträglich
hoch einzustufen ist. Insoweit ist ferner zu berücksichtigen, dass die
Rechtsanwaltskammer Frankfurt am Main, die von dem zutreffenden Maßstab der
Unangemessenheit ausgegangen ist, die geltend gemach ten Stundensätze als
nicht überhöht eingestuft hat. Zwar ist das Berufungsgericht nicht an dieses
Gutachten gebunden; will es davon abweichen, hat es aber triftige Gründe
darzulegen, welche die Einschätzung der Rechtsanwaltskammer entkräften (vgl.
KG NJW 1965, 1602, 1604).
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