Voraussetzungen der Schutzwirkungen eines
Anwaltsvertrags zugunsten Dritter (hier: Keine Schutzwirkung zug. des
Vertreters des Mandanten - Fall Mappus)
BGH, Urteil vom 21. Juli 2016 - IX ZR
252/15 - OLG Stuttgart
Fundstelle:
noch nicht bekannt
für BGHZ vorgesehen
Amtl. Leitsatz:
Ist Gegenstand des mit einem
Anwalt geschlossenen Beratungsvertrags die Beratung für Entscheidungen des
Mandanten, hat der Anwaltsvertrag im allgemeinen keine Schutzwirkungen
zugunsten des (gesetzlichen) Vertreters des Mandanten für Vermögenseinbußen
des Vertreters, die darauf zurückzuführen sind, dass dem Vertreter im
Zusammenhang mit dem Gegenstand der anwaltlichen Beratung zu Recht oder zu
Unrecht eigene Pflichtverletzungen vorgeworfen werden.
Zentrale Probleme:
Ein Fall aus der Politik, der das politische Ende des
baden-württembergischen Ministerpräsidenten Mappus bedeutete, mit
grundsätzlichen Ausführungen zum Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten
Dritter. Kernaussage: Ein Anwaltsvertrag zwischen einem Anwalt und einem
Mandanten hat in aller Regel keine Schutzwirkung zugunsten des Vertreters
des Mandanten in Bezug auf dessen Pflichtverletzung gegenüber dem Mandanten.
Es fehlt nicht nur an der Leistungsnähe, sondern insbesondere an der
Gläubigernähe: Sind sowohl der Vertreter als auch der Berater des Mandanten
verpflichtet, das Interesse des Mandanten zu schützen, ist der Mandant daran
interessiert, dass der Vertreter sich für die ihn aus seinem
Rechtsverhältnis zum Mandanten treffenden Pflichten nicht allein auf das
Beratungsergebnis verlässt. Lesen!
©sl 2016
Tatbestand:
1 Der Kläger war von Februar 2010 bis
Mai 2011 Ministerpräsident des Landes (fortan: Land). Er beabsichtigte, das
Land
45,01 v.H. der Aktien der börsennotierten E. AG (fortan: E. ) von der F.
S.A. (fortan: F) erwerben zu lassen. Im November 2010 ließ der Kläger den
mit ihm befreundeten Dr. N. , der zu diesem Zeitpunkt Vorstandsvorsitzender
der M. AG, der deutschen Tochtergesellschaft der M. & Co. LLC, war, bei der
Beklagten zu 1 anfragen, ob diese bereit sei, das Land "bei einer
Transaktion mit E. / F auf der anderen Seite" zu vertreten. Der Beklagte zu
2 ist Partner der Beklagten zu 1; er erklärte am 25. November 2010 gegenüber
Dr. N. , dass die Beklagte zu 1 das Mandat übernehmen werde.
2 Am 26. November 2010 führten der Kläger, der Beklagte zu 2, Dr. N. und P.
, zu dieser Zeit Präsident des conseil d'administration (Verwaltungsrat) der
E. , eine Telefonkonferenz durch. Sie vereinbarten, dass der Kläger am 6.
Dezember 2010, 9.00 Uhr, der F ein Angebot machen werde, die Aktien der E.
von der F zu übernehmen, welches nur unter dem Vorbehalt der
Kabinettszustimmung stehen und im Übrigen unbedingt sein sollte.
3 Die Beklagte zu 1 prüfte im Folgenden unter anderem, ob das Land die
Aktien der E. ohne eine vorherige Befassung des Landtages von erwerben
könne. Dabei verfasste einer der Partner der Beklagten zu 1 am 29. November
2010 eine fünfseitige Stellungnahme, in der er darauf hinwies, dass nach
Art. 81 der Landesverfassung (fortan: LV) der Finanzminister nur im Falle
eines unvorhergesehenen und unabweisbaren Bedürfnisses die Zustimmung für
über- und außerplanmäßige Ausgaben erteilen dürfe. Die Beklagten suchten
noch am 29. November 2010 zudem nach alternativen Lösungen.
4 Am 30. November 2010 erstellte der Haushaltsreferent im Staatsministerium
des Landes einen zweiseitigen Vermerk zu der fiktiven Vorgabe, unter welchen
Voraussetzungen das Land Aktien der D. AG erwerben könne. Diesen Vermerk
leitete Dr. N. am selben Tag um 8:53 Uhr an den Beklagten zu 2 mit dem
Bemerken "Wir haben die Lösung" weiter und fragte an, ob die Beklagte zu 1
eine "legal opinion" erstellen könne. Es folgte ein Austausch von E-Mails
und Telefonaten. Mit Mail vom 30. November 2010, 14:52 Uhr teilte der
Beklagte zu 2 Dr. N. mit, "unsere Verfassungsrechtler haben den telefonisch
besprochenen Weg abgesegnet. Wir lösen das über Art. 81 LV, das heißt die
Zustimmung des Finanzministers. Also kein Parlamentsvorbehalt, wir können am
6.12. ohne Bedingungen (außer Fusionskontrolle) abschließen." Am 1. Dezember
2010 abends trafen sich der Kläger und der Beklagte zu 2. Am 2. Dezember
2010 schloss die Beklagte zu 1 mit dem Land und mit der vom Land erworbenen
N. GmbH gleichlautende Mandats- und Vergütungsvereinbarungen über
anwaltliche Beratungsleistungen.
5 Am 5. Dezember 2010 zwischen 23 und 24 Uhr informierte der Kläger in
Anwesenheit des Beklagten zu 2 den Finanzminister des Landes über den
geplanten Kauf der Aktien der E. und die erforderliche Zustimmungserklärung
nach Art. 81 LV. Dieser unterzeichnete die Zustimmungserklärung nach Art. 81
LV unter dem 6. Dezember 2010. Am 6. Dezember 2010 stimmte das Kabinett des
Landes dem Erwerb der Aktien der E. zu. Am selben Tag schloss die vom Land
zu diesem Zweck erworbene N. GmbH mit der die Aktien haltende
Tochtergesellschaft der F den Aktienkaufvertrag. Das Land übernahm eine
Garantie für die Verpflichtungen der N. GmbH aus diesem Kaufvertrag. Am 15.
Dezember 2010 genehmigte der Landtag den erforderlichen Nachtragshaushalt.
Nach Genehmigung durch die Kartellbehörde wurde der Kauf am 17. Februar 2011
vollzogen.
6 Im August 2011 legte der Kläger sein Landtagsmandat nieder und
nahm eine Tätigkeit für die M. KGaA auf. Dieses Dienstverhältnis
endete im November 2011. Der Staatsgerichtshof für das Land stellte
mit Urteil vom 6. Oktober 2011 fest, dass die Landesregierung das Recht des
Landtags aus Art. 79 LV verletzt habe, weil sie es unterlassen habe, für die
im Aktienkaufvertrag zwischen F und N. GmbH enthaltene Garantieübernahme des
Landes die vorherige Ermächtigung des Landtages einzuholen. Auf
Art. 81 LV habe sich die Regierung nicht stützen können. Der Landtag
richtete im Dezember 2011 einen Untersuchungsausschuss ein. Im Juli
2012 leitete die Staatsanwaltschaft S. ein Ermittlungsverfahren gegen den
Kläger wegen des Verdachts der Untreue ein, das die Staatsanwaltschaft am
29. Oktober 2014 gemäß § 170 Abs. 2 StPO einstellte.
7 Der Kläger macht geltend, die Beklagten hätten ihn falsch beraten.
Insbesondere hätten sie nicht hinreichend über die Risiken im Zusammenhang
mit dem Notbewilligungsrecht gemäß Art. 81 LV belehrt. Weiter
hätten die Beklagten auf §§ 7, 65 LHO hinweisen und die Wertermittlung
prüfen müssen. Hierdurch sei ihm ein Schaden entstanden, für den die
Beklagten einzustehen hätten, weil der mit dem Land abgeschlossene
Anwaltsvertrag Schutzwirkung für Dritte entfalte. Der Schaden bestehe
insbesondere in den Prozesskosten für die Verteidigung im strafrechtlichen
Ermittlungsverfahren sowie in Vermögenseinbußen aufgrund der Beendigung
seines Dienstverhältnisses bei der M. KGaA.
8 Der Kläger hat Klage auf Feststellung erhoben, dass die Beklagten
verpflichtet seien, ihm alle Schäden zu ersetzen, die er durch die
Verletzung des Beratungsvertrags betreffend den Erwerb des E. -Aktienpakets
erlitten habe. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das
Oberlandesgericht die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner vom
Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren
weiter.
Entscheidungsgründe:
9 Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
10 Das Berufungsgericht hat ausgeführt, ein Anspruch des Klägers komme nur
unter dem Gesichtspunkt eines Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter
in Betracht. Der Anwaltsvertrag baue auf dem Vertrauensverhältnis zwischen
Mandant und Anwalt auf und sei vom Inhalt her streng zweiseitig ohne
Außenwirkung angelegt. Daher erlaube ein Anwaltsvertrag nur in seltenen
Fällen eine unmittelbar schadensersatzauslösende Einbeziehung Dritter in die
aus dem Vertrag entstehenden Pflichten.
11 Eine ausdrückliche Abrede über die Einbeziehung des Klägers in den
Schutzbereich des Vertrags sei nicht getroffen worden. Auch eine ergänzende
Vertragsauslegung führe nicht dazu, dass der Kläger in den Schutzbereich des
Anwaltsvertrags zwischen dem Land und der Beklagten zu 1 einbezogen sei. Es
fehle bereits an einer ausreichenden Leistungsnähe des Klägers. Dies richte
sich letztlich danach, ob ein spezifischer Risikozusammenhang zwischen der
vertraglich geschuldeten Leistung und den Interessen des Dritten bestehe.
Eine mittelbare Betroffenheit reiche nicht aus.
12 Eine haftungsrechtliche Inanspruchnahme des Ministerpräsidenten sei keine
typische Begleiterscheinung einer unzutreffenden rechtlichen Beratung des
Landes. § 48 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) gelte nicht für den
Ministerpräsidenten. Aus Art. 57 LV folgten keine Schadensersatzansprüche. §
1 des Ministergesetzes (MinG) begründe keine Fürsorgepflicht des Landes. Die
Kosten der Rechtsverteidigung in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren
und eine Beeinträchtigung des beruflichen Fortkommens stellten lediglich
mittelbare Folgen dar. Sie gingen nicht über die allgemeine Gefahr hinaus,
die regelmäßig für jeden Bürger oder Beamten bestehe.
13 Art. 81 LV betreffe nur den Finanzminister, nicht den Kläger als
Ministerpräsidenten. Ein Hinweis auf §§ 7, 65 Landeshaushaltsordnung (LHO)
sei entbehrlich gewesen, weil der Inhalt dieser Normen dem Kläger bekannt
gewesen sei. Eine Parallele zu den Fällen einer Schutzwirkung zugunsten
eines Geschäftsführers oder Gesellschafters könne nicht gezogen werden.
Ebensowenig sei der Fall mit dem Drittschutz bei der Gutachterhaftung zu
vergleichen; die Beklagte zu 1 habe kein Gutachten erstattet, sondern
beraten. Der Kläger habe die Leistungen nicht als Dritter, sondern als
Vertreter des Landes entgegengenommen.
II.
14 Das hält rechtlicher Überprüfung stand.
15 1. Zutreffend und von der Revision nicht angegriffen hat das
Berufungsgericht eine ausdrückliche Regelung über eine Einbeziehung des
Klägers in den Schutzbereich des zwischen der Beklagten zu 1 und dem Land
geschlossenen Anwaltsvertrags verneint.
16 2. Eine solche Regelung ergibt sich auch nicht aus einer
ergänzenden Vertragsauslegung.
17 a) Ein Anwaltsvertrag hat auch ohne ausdrückliche Regelung
Schutzwirkungen zugunsten eines Dritten, sofern sich dies aus einer
maßgeblich durch das Prinzip von Treu und Glauben geprägten ergänzenden
Auslegung des Beratervertrags ergibt (BGH, Urteil vom 10. Dezember
2015 - IX ZR 56/15, ZIP 2016, 371 Rn. 26 mwN). Hierzu müssen nach
ständiger Rechtsprechung folgende Kriterien erfüllt sein: Der
Dritte muss mit der Hauptleistung des Rechtsanwalts bestimmungsgemäß
in Berührung kommen. Der Gläubiger muss ein schutzwürdiges
Interesse an der Einbeziehung des Dritten in den Schutzbereich des
Beratungsvertrags haben. Die Einbeziehung Dritter muss dem
schutzpflichtigen Berater bekannt oder für ihn zumindest erkennbar sein.
Ausgeschlossen ist ein zusätzlicher Drittschutz regelmäßig dann, wenn der
Dritte wegen des verfahrensgegenständlichen Sachverhalts bereits
über einen inhaltsgleichen vertraglichen Anspruch verfügt (jüngst
etwa BGH, aaO mwN).
18 Ob ein bestimmter Dritter im Einzelfall aufgrund dieser Kriterien in den
Schutzbereich eines Vertrages einbezogen ist, ist zunächst eine Frage der
Auslegung und insoweit vom Tatrichter zu entscheiden (BGH, Urteil vom 2.
November 1983 - IVa ZR 20/82, NJW 1984, 355, 356; vom 19. November 2009 - IX
ZR 12/09, ZIP 2010, 124 Rn. 10 f). Das Revisionsgericht prüft insoweit nur,
ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder
Erfahrungssätze verletzt sind oder wesentlicher Auslegungsstoff außer acht
gelassen wurde (BGH, Urteil vom 20. April 2004 - X ZR 250/02, BGHZ 159, 1, 6
mwN). Diesen Maßstäben hält die Auslegung des Berufungsgerichts stand.
19 b) Der zwischen dem Land und der Beklagten zu 1 geschlossene
Anwaltsvertrag hat keine Schutzwirkung zugunsten des Klägers, weil es sowohl
an einem ausreichenden Näheverhältnis als auch an einem schutzwürdigen
Interesse des Landes fehlt, den Kläger in den Schutzbereich des
Beratungsvertrags einzubeziehen. Das Berufungsgericht ist
zutreffend davon ausgegangen, dass eine generelle Haftung des Anwalts für
Vermögensschäden von Vertretungsorganen des vom Anwalt beratenen Mandanten,
die auf die rechtliche Beratung zurückzuführen sind, mit dem engen
Anwendungsbereich des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter nicht
vereinbar ist. Vielmehr setzt dies voraus, dass nach dem Inhalt des
abgeschlossenen Beratungsvertrags der Mandant die Beratung auch deshalb sich
vertraglich ausbedungen hat, um dem Vertretungsorgan eigene
Schadensersatzansprüche zu verschaffen. Daher müssen, wenn Dritte in die
Schutzwirkungen eines Vertrags einbezogen werden sollen, diese
bestimmungsgemäß mit der Hauptleistung in Berührung kommen, der Gläubiger
muss an deren Schutz ein besonderes Interesse haben und Inhalt und Zweck des
Vertrags müssen erkennen lassen, dass diesen Interessen Rechnung getragen
werden soll (BGH, Urteil vom 7. März 2013 - IX ZR 64/12, WM 2013, 802 Rn. 25
mwN; vom 24. April 2014 -
III ZR 156/13, WM 2014, 935 Rn. 11 mwN).
20 aa) Das erforderliche Näheverhältnis liegt nur vor, wenn die Leistung des
Rechtsanwalts bestimmte Rechtsgüter des Dritten nach der objektiven
Interessenlage im Einzelfall mit Rücksicht auf den Vertragszweck
bestimmungsgemäß, typischerweise beeinträchtigen kann (D. Fischer in G.
Fischer/Vill/D. Fischer/ Rinkler/Chab, Handbuch der Anwaltshaftung, 4.
Aufl., § 10 Rn. 10). Entscheidend für eine Ersatzpflicht
hinsichtlich von Vermögensschäden des Dritten ist, ob die vom Anwalt zu
erbringende Leistung nach objektivem Empfängerhorizont auch dazu bestimmt
ist, dem Dritten Schutz vor möglichen Vermögensschäden zu vermitteln.
Der Auftraggeber muss ein entscheidendes Eigeninteresse an der Wahrung der
Drittinteressen haben (Vollkommer/Greger/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, 4.
Aufl. § 5 Rn. 18). Inwieweit dieses Näheverhältnis besteht, hängt
entscheidend von Ausprägung und Inhalt des anwaltlichen Beratungsvertrags
ab. Hierzu lassen sich bei anwaltlichen oder steuerlichen
Beratungsleistungen insbesondere zwei Fallgruppen unterscheiden.
21 (1) Kennzeichnend für die eine Fallgruppe ist, dass die vom
Anwalt oder Steuerberater zu erbringende Leistung nach objektivem
Empfängerhorizont auch dazu bestimmt ist, dass ein Dritter die
Beratungsleistung als Grundlage für Dispositionen über sein eigenes Vermögen
verwenden oder auf ihrer Grundlage dem Dritten ein Vermögensvorteil
zugewendet werden soll. Hierzu zählt etwa die Haftung des Beraters
gegenüber Gesellschaftern der von ihm beratenen Gesellschaft, weil die
Gesellschafter durch Vermögensdispositionen Schäden erleiden (vgl. BGH,
Urteil vom 29. September 1982 - IVa ZR 309/80, WM 1983, 35 - verdeckte
Gewinnausschüttung; vom 3. Dezember 1992 - IX ZR 61/92, NJW 1993, 1139 -
verdeckte Sacheinlage; vom 2. Dezember 1999 - IX ZR 415/98, ZIP 2000, 72 -
Sacheinlage statt Bareinlage; vom 13. Februar 2003 - IX ZR 62/02, ZIP 2003,
806 - stille Beteiligung; vom 19. Mai 2009 - IX ZR 43/08, WM 2009, 1376 -
verdeckte Sacheinlage; vom
14. Juni 2012 - IX ZR 145/11, BGHZ 193, 297 Rn. 24, 44 -
unerkannte Insolvenz der Gesellschaft; vom 10. Dezember 2015 - IX ZR 56/15,
ZIP 2016, 371 - steuerliche Optimierung), weiter die Haftung bei vom
Mandanten erstrebten Vermögenszuwendungen an den Dritten (vgl. BGH,
Urteil vom 6. Juli 1965 - VI ZR 47/64, NJW 1965, 1955 - entgangener Erbteil;
vom 11. Januar 1977 - VI ZR 261/75, NJW 1977, 2073 - entgangenes
Miteigentum; vom 13. Juli 1994 - IV ZR 294/93, NJW 1995, 51 - Verringerung
des Erbteils; vom 13. Juni 1995 - IX ZR 121/94, WM 1995, 1504 - Verlust des
Gesellschaftsanteils) oder auch bei zugunsten des Dritten zu
sichernden Vermögenspositionen (vgl. BGH, Urteil vom 1. Oktober
1987 - IX ZR 117/86, NJW 1988, 200 - Versorgungsansprüche der Ehefrau; vom
19. November 2009 - IX ZR 12/09, ZIP 2010, 124 - Erhaltung zedierter
Forderung) oder zum Vermögensstand des Dritten (BGH, Urteil
vom 10. Oktober 1985 - IX ZR 153/84, ZIP 1985, 1495 - Haftung nach § 25
HGB). Der eine Teil dieser Fälle zeichnet sich dadurch aus, dass der
Mandant einen Vermögenszuwachs beim Dritten erstrebt. Den übrigen Fällen ist
gemeinsam, dass die Beratungsleistung in erster Linie oder jedenfalls in
gleichem Maße wie gegenüber dem Mandanten dazu dient, dem Dritten
selbstbestimmte Einwirkungen auf sein eigenes Vermögen zu ermöglichen, sei
es, dass er Rechte erwerben soll, sei es, dass Verluste vermieden werden.
22 (2) Demgegenüber besteht die Besonderheit der anderen Fallgruppe
darin, dass die Leistung des Anwalts nach objektivem Empfängerhorizont
(auch) dazu bestimmt ist, dass der Dritte konkret feststehende
Handlungsgebote, die ihn persönlich - neben dem Mandanten oder allein -
treffen, einhalten und so eine - regelmäßig neben die des Mandanten tretende
- persönliche Haftung vermeiden kann. Daher ergibt sich bei einer
steuerlichen Beratung der GmbH eine Leistungsnähe zugunsten des
Geschäftsführers aus § 34 Abs. 1 AO, wonach er kraft gesetzlicher Anordnung
die steuerlichen Pflichten der Gesellschaft zu erfüllen hat, und aus § 69
AO, wonach der Geschäftsführer unter bestimmten Voraussetzungen persönlich
neben der Gesellschaft für deren Steuerschulden haftet (BGH, Urteil vom 13.
Oktober 2011 - IX ZR 193/10, WM 2011, 2334 Rn. 7, 10).
23 In vergleichbarer Art und Weise gilt dies, wenn der Auftrag auf ein
Gutachten zur Insolvenzreife der GmbH gerichtet ist. Ein solches Gutachten
hat gerade eine Frage zum Gegenstand, bei der nur für den Geschäftsführer
eine gesetzliche Handlungspflicht besteht (BGH, Urteil vom 14. Juni 2012 -
IX ZR 145/11, BGHZ 193, 297 Rn. 28); missachtet der Geschäftsführer die
Insolvenzantragspflicht, drohen ihm persönlich Haftungsfolgen aus § 823 Abs.
2 BGB, § 15a Abs. 1 InsO, § 64 Abs. 1 GmbHG aF oder aus § 64 Satz 1 und 3
GmbHG, § 64 Abs. 2 GmbHG aF (BGH, Urteil vom 14. Juni 2012, aaO Rn. 29).
In dieser Fallgruppe ist den Handlungspflichten des Dritten und den
beim Dritten eintretenden Haftungsfolgen, die die drittschützende Wirkung
begründen, gemeinsam, dass sie im Fremdinteresse angeordnet sind, nicht aber
im Interesse des Mandanten. §§ 34, 69 AO verschaffen dem Finanzamt
einen weiteren Steuerschuldner; die Haftung des Geschäftsführers bei
Insolvenzverschleppung dient dem Interesse der Gläubiger (vgl. BGH, Urteil
vom 20. September 2010 - II ZR 78/09, BGHZ 187, 60 Rn. 14; vom 15. März 2011
- II ZR 204/09, NJW 2011, 2427 Rn. 20 mwN). Dabei tritt die den Dritten
treffende (Außen-) Haftung gesamtschuldnerisch oder jedenfalls in einer der
Gesamtschuld vergleichbaren Art und Weise neben die des Mandanten. Zwar
regelt § 64 Satz 1 GmbHG formal nur eine Binnenhaftung gegenüber der
Gesellschaft. Jedoch handelt es sich dabei - anders als die Revision in der
mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat - materiell um eine Haftung im
Interesse der Gesamtheit ihrer Gläubiger, um die verteilungsfähige
Vermögensmasse der insolvenzreifen Gesellschaft zu erhalten und eine zum
Nachteil der Gesamtheit der Gläubiger gehende, bevorzugte Befriedigung
einzelner Gläubiger zu verhindern (BGH, Urteil vom 15. März 2011, aaO).
24 bb) Mit diesen Fallgestaltungen ist der Streitfall nicht vergleichbar.
Ein zwischen Mandant und Anwalt geschlossener Beratungsvertrag hat
im allgemeinen keine Schutzwirkungen zugunsten des Vertreters des Mandanten
für Vermögenseinbußen des Vertreters, soweit Gegenstand des Anwaltsvertrags
die Beratung für Entscheidungen des Mandanten ist und für den Vertreter die
Gefahr besteht, auf der Grundlage der anwaltlichen Beratung seinerseits
seine gegenüber dem Mandanten bestehenden Pflichten zu verletzen.
Die Leistungen des Anwalts weisen in einem solchen Fall weder ein
besonderes Näheverhältnis zu den Pflichten des Vertreters auf, noch hat der
Mandant - ohne besondere Anhaltspunkte - ein eigenes Interesse an der
Einbeziehung seines Vertreters in den Schutzbereich dieses Anwaltsvertrags.
Der Schutz des Vertreters vor vermögensrechtlichen Nachteilen, die sich aus
dem - begründeten oder unbegründeten - Verdacht einer Pflichtverletzung
gegenüber dem Mandanten ergeben können, obliegt vielmehr regelmäßig dem
Vertreter selbst.
25 (1) Zunächst dient die vom Anwalt zu erbringende Leistung in diesen
Fällen nach dem Inhalt des Vertrags entsprechend dem objektiven
Empfängerhorizont weder eigenen vermögensrechtlichen Dispositionen des
Vertreters noch soll sie den Vertreter vor einer Haftung gegenüber
Außenstehenden aufgrund eigener Handlungspflichten des Vertreters bewahren,
die im Interesse Außenstehender liegen. Die Beratung erfolgt in
solchen Fällen vielmehr typischerweise zur Vorbereitung einer Entscheidung
des Mandanten.
26 (a) Es entspricht feststehender Rechtsprechung, dass eine
drittschützende Wirkung ausscheidet, wenn die vertraglich geschuldete
Leistung weder für Vermögensdispositionen des Dritten noch zum Schutz des
Vermögens des Dritten dient, sondern der Vorbereitung einer Entscheidung des
Mandanten. Dies hat der Bundesgerichtshof etwa für ein Gutachten
entschieden, das nicht als Entscheidungsgrundlage für
Vermögensdispositionen, sondern allein der Vorbereitung eines behördlichen
Vorgehens dient. Dritte, die von den behördlichen Maßnahmen betroffen
werden, sind nicht in den Schutzbereich des Gutachtenvertrags einbezogen
(BGH, Urteil vom 26. Juni 2001 - X ZR 231/99, WM 2001, 1428, 1430). In
ähnlicher Weise hat ein Vertrag zwischen einem Versicherer und einem
Gutachter, mit dem die Voraussetzungen für eine Geldleistungspflicht des
Versicherers geklärt werden sollen, keine Schutzwirkungen für den
Versicherungsnehmer. Ein Schutz des Dritten käme allenfalls dann in
Betracht, wenn die Stellungnahme des Gutachters auch aus dessen Sicht als
Grundlage für Dispositionen auch des Dritten mit insbesondere
vermögensrechtlichen Folgen dient und der Dritte im Vertrauen auf das
Gutachten solche Dispositionen getroffen hat. Für einen darüber
hinausgehenden Schutz des Dritten ist ein Bedarf nicht zu erkennen (BGH,
Urteil vom 17. September 2002 - X ZR 237/01, NJW 2002, 3625 unter 2.b.). In
gleicher Weise fehlen einem Vertrag, mit dem die Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht ein Wirtschaftsprüfungsunternehmen mit der
Durchführung einer Sonderprüfung gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 KWG beauftragt,
Schutzwirkungen für Dritte. Insbesondere ist kein objektives Interesse einer
Behörde erkennbar, bei der Einschaltung anderer Personen und Einrichtungen
zur Wahrnehmung ihrer Verwaltungsaufgaben denjenigen, die damit in Berührung
kommen, Haftungsmöglichkeiten gegenüber diesen Dritten zu verschaffen (BGH,
Urteil vom 7. Mai 2009 - III ZR 277/08, BGHZ 181, 12 Rn. 24).
27 (b) Diese Wertungen treffen auch auf das Handeln des Vertreters aufgrund
einer dem Mandanten vom Anwalt oder Steuerberater erteilten Beratung zu.
Auch hier dient die Beratung der Vorbereitung der Entscheidung des
Mandanten. Dies gilt sowohl für die materiell-rechtlichen
Voraussetzungen als auch für die formalen Anforderungen. Soweit der
Vertreter die dem Mandanten erteilte Beratung seinem Handeln für den
Mandanten zugrunde legt, hat die Beratungsleistung des Anwalts nur
reflexartige Haftungsauswirkungen auf das Vermögen des Vertreters. Denn der
Dritte handelt nicht für sich selbst, sondern als - organschaftlicher oder
rechtsgeschäftlicher - Vertreter für den Mandanten; erst dieses
Vertreterhandeln führt zu Haftungsfolgen beim Dritten, sofern dieser seine
Pflichten gegenüber dem Mandanten verletzt oder - ausnahmsweise -eine
Eigenhaftung des Vertreters besteht.
28 Die Gefahr einer Binnenhaftung des Dritten als Vertreter
gegenüber dem von ihm vertretenen Mandanten begründet ohne Hinzutreten
besonderer Umstände regelmäßig kein Näheverhältnis, das zu einer
Schutzwirkung des Beratungsvertrags zugunsten des den Mandanten vertretenden
Dritten führen könnte. Dass der Vertreter auf der Grundlage der dem
Mandaten erteilten Beratung handelt, reicht für das erforderliche
Näheverhältnis nicht aus, weil und soweit die Beratung auf
Vermögensdispositionen des Mandanten zielt und für eine Binnenhaftung des
Vertreters stets ein eigener Pflichtverstoß des Vertreters hinzutreten muss;
der Vertreter muss also zumindest fahrlässig verkannt haben, dass
die anwaltliche Beratung pflichtwidrig war. Dass eine pflichtgemäße
Beratung hinsichtlich der vom Mandanten beabsichtigten eigenen
Vermögensdispositionen die Gefahr einer Binnenhaftung des Vertreters
verringert, ist nur Reflexwirkung der Beratung.
29 Darin liegt der entscheidende Unterschied zu den vom Senat entschiedenen
Fällen, in denen die Beratung sich auf Handlungsgebote des Vertreters bezog,
die im Interesse Außenstehender liegen, und hieraus
die Gefahr einer - neben die Haftung des Mandanten tretenden - Außenhaftung
des Vertreters gegenüber Außenstehenden entstand. In welchen Fällen
dies für die Gefahr einer Eigenhaftung des Vertreters im Außenverhältnis im
allgemeinen anders zu beurteilen ist, kann dahinstehen; der Kläger zeigt
weder auf, dass eine solche Gefahr bestand, noch macht er darauf beruhende
Schäden geltend.
30 (2) Es fehlt auch an einem Einbeziehungsinteresse des Mandanten. Der
Vertreter handelt für den Mandanten und hat dabei die gegenüber dem
Mandanten bestehenden Pflichten einzuhalten. Aus Sicht des Mandanten besteht
für diese Fälle im Allgemeinen kein besonderes Bedürfnis, seinen Vertreter
für aufgrund der Gefahr einer Binnenhaftung entstehende Vermögensschäden
durch eigene Haftungsansprüche gegen den Berater zu schützen. Hierfür
sprechen verschiedene Gründe.
31 (a) Die Haftung des Vertreters aufgrund von Pflichtverletzungen besteht
zugunsten des Mandanten. Sie setzt einen Schadenseintritt beim Mandanten
voraus und steht - sofern die anwaltliche Beratung des Mandanten ebenfalls
pflichtwidrig war - neben der Haftung des Beraters. Erleidet der
Mandant aufgrund dieser Pflichtverletzungen einen Schaden, kommt eine
gesamtschuldnerische Haftung des Vertreters und des Beraters gegenüber dem
Mandanten in Betracht (vgl. zur Gesamtschuld mehrerer Schädiger aus
vertraglichen Verpflichtungen BGH, Beschluss vom 1. Februar 1965 - GSZ 1/64,
BGHZ 43, 230). Ist dies der Fall, ergibt sich zwischen dem Vertreter
und dem Anwalt ein Gesamtschuldnerausgleich gemäß § 426 BGB, der es
ermöglicht, die Haftung entsprechend der Verantwortungsanteile zwischen
Vertreter und Anwalt zu verteilen. Schon deshalb besteht im Regelfall kein
Interesse des Mandanten, auf seine Kosten einem von mehreren ihm haftenden
Schuldnern zusätzlich einen eigenen Anspruch gegen andere Schuldner zu
verschaffen. Im Gegenteil entstünde dadurch die Gefahr
eines Haftungswettlaufs zwischen Mandant und Vertreter, sofern die Ansprüche
gegen den Berater wirtschaftlich nicht genügen, um den gesamten durch die
anwaltliche Pflichtverletzung in zurechenbarer Weise verursachten Schaden
des Mandanten und des Vertreters abzudecken. Dies gilt umso mehr,
als die beim Mandanten und beim Vertreter eintretenden Schäden - wie die vom
Kläger im Streitfall behaupteten Schäden zeigen - nicht deckungsgleich sein
müssen.
32 (b) Hat der Mandant Rechtsrat zu einer bestimmen Angelegenheit eingeholt,
führt schon dieser Rechtsrat zu einer Verbesserung der Position des
Vertreters. Befolgt der Dritte als Vertreter des Mandanten den dem Mandanten
erteilten Rat, mindert dies das Haftungsrisiko des Vertreters. Der
dem Mandanten erteilte Rat kann sogar ein Verschulden des Vertreters
ausschließen, sofern auf der Grundlage des Rats ein unverschuldeter
Rechtsirrtum beim Vertreter bestand (vgl. etwa zur Entlastung eines
Vorstands BGH, Urteil vom 20. September 2011 - II ZR 234/09, ZIP 2011, 2097
Rn. 16, 18; vom 28. April 2015 - II ZR 63/14, ZIP 2015, 1220 Rn. 28;
allgemein zum unverschuldeten Rechtsirrtum BGH, Urteil vom 30. April 2014 -
VIII ZR 103/13, BGHZ 201, 91
Rn. 23).
33 (c) Die Interessen von Mandant und Vertreter an Maßstab und Inhalt der
Beratung sind nicht notwendig deckungsgleich. Die Interessen des Mandanten,
der für einen Gegenstand um rechtliche Beratung nachsucht, zielen vor allem
auf eine rechtlich erfolgreiche Vertretung in der jeweiligen Sache; die
Interessen des Vertreters richten sich hingegen darauf, vor einer möglichen
Binnenhaftung gegenüber dem Mandanten geschützt zu werden. Sofern der
Beratungsvertrag auch drittschützende Wirkung zugunsten des Dritten für
Pflichtverletzungen haben sollte, die der Dritte gegenüber dem von ihm
vertretenen Mandanten begeht, befände sich der Berater mithin in einem
latenten Interessenkonflikt. Die darin liegende Gegenläufigkeit der
Interessen spricht gegen den Drittschutz (vgl. BGH, Urteil vom 17.
Mai 1990 - IX ZR 85/89, WM 1990, 1554, 1555).
34 (d) Es kommt hinzu, dass im Regelfall keine besonderen Schutzpflichten
des Mandanten zugunsten seines Vertreters für dessen jeweiliges
rechtsgeschäftliches Handeln in Vertretung des Mandanten bestehen. Vielmehr
ist es in den Vertretungsfällen gerade anders: Hier hat der Mandant
ein Interesse daran, vor Fehlern und Pflichtverletzungen des Vertreters
geschützt zu werden. Handelt für den Mandanten ein Vertreter, hat im
konkreten Vertretungsfall nicht der Mandant die Vermögensinteressen des ihn
vertretenden Dritten zu schützen, sondern der Dritte die Vermögensinteressen
des Mandanten. Vorbehaltlich besonderer Schutzpflichten aufgrund
des der Vertretung zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses zwischen Mandant
und Vertreter, gewährt der Mandant dem Vertreter schon dadurch ausreichenden
Schutz, dass es dem Vertreter gestattet ist, auch für die Angelegenheiten,
die der Vertreter für den Mandanten zu besorgen hat, Beratungsverträge für
den Mandanten auf dessen Kosten abzuschließen und auf diese Weise für
rechtssicheres Verhalten zu sorgen. Zu einem Schutz des Vertreters auch
durch Schadensersatzansprüche gegen den Berater ist der Mandant im
Allgemeinen nicht verpflichtet.
35 Beauftragt der Mandant einen Berater, hat der Mandant in allen Fällen, in
denen ein Vertreter für ihn handelt, ein vorrangiges Interesse an einer
doppelten und voneinander unabhängigen Kontrolle, ob die beabsichtigten
Maßnahmen in seinem Interesse sind. Sind sowohl der Vertreter als
auch der Berater des Mandanten verpflichtet, das Interesse des Mandanten zu
schützen, ist der Mandant daran interessiert, dass der Vertreter sich für
die ihn aus seinem Rechtsverhältnis zum Mandanten treffenden Pflichten nicht
allein auf das Beratungsergebnis verlässt. Hierzu kann der
Vertreter aber geneigt sein, wenn bei jeder Beratung des Mandanten der dem
Mandanten erteilte Rechtsrat zugleich Schutzwirkung zugunsten des Dritten
hat. Denn in diesem Fall hätte der Vertreter - obwohl er seinen Pflichten
nicht schon dadurch genügt, dass er den Rat befolgt - stets einen seinen
Schaden abdeckenden Ersatzanspruch gegen den Berater. Es ist aber - ohne
Besonderheiten des Falles - nicht Aufgabe des Mandanten, seinem Vertreter
eine Beratung hinsichtlich der Pflichten zu besorgen, die den Vertreter
selbst treffen. Vielmehr ist es umgekehrt gerade das Interesse des
Mandanten, der sich zu einer bestimmten Angelegenheit Rechtsrat einholt,
eine Prüfung dieser Angelegenheit nicht nur durch den Rechtsanwalt zu
erhalten, sondern auch den Vertreter zu einer eigenständigen Prüfung
anzuhalten.
36 (e) Sollte der Mandant gleichwohl auch in den Fällen, die nicht die
Einhaltung von Handlungsgeboten des Vertreters und die Gefahr einer
Außenhaftung des Vertreters neben dem Mandanten betreffen, eine Einbeziehung
seines Vertreters in den Schutzbereich des Beratungsvertrags wünschen, steht
ihm frei, eine entsprechende Vereinbarung zu treffen. Gleiches gilt für den
Vertreter, wenn auch er für die Folgen möglicher Pflichtverletzungen
gegenüber dem Mandanten eine vertragliche Haftung eines Beraters wünscht.
Der Abschluss eines eigenen Beratungsvertrags ist für den Vertreter bei
möglichen Interessenkonflikten zwingend. Er ist - entgegen der in der
mündlichen Verhandlung geäußerten Ansicht der Revision - auch im Übrigen
zumutbar.
37 (3) Der Streitfall weist keine von den typischen Vertretungsfällen
abweichenden Besonderheiten auf.
38 (a) Der zwischen dem Land und der Beklagten zu 1 geschlossene
Anwaltsvertrag diente nach den Feststellungen des Berufungsgerichts dazu,
das Land hinsichtlich des geplanten und später umgesetzten Kaufs von 45,01
v.H. der E. -Aktien aus dem Bestand der F zu beraten. Gegenstand dieser
Beratung war unstreitig die Frage, ob für die mit diesem Kauf verbundenen
Ausgaben des Landes eine Zustimmung des Finanzministers nach Art. 81 LV
ausreichend oder eine vorherige Befassung des Landtages erforderlich war.
Selbst wenn man die Behauptung des Klägers zugrunde legt, dass Gegenstand
des Anwaltsvertrags weiter eine Beratung zu den rechtlichen Anforderungen an
die pflichtgemäße Prüfung und Bewertung der zu erwerbenden Aktien,
insbesondere eine ordnungsgemäße Vorbereitung des Anteilserwerbs, eine
Prüfung des wichtigen Landesinteresses nach §§ 7, 65 LHO und des nach der
Landeshaushaltsordnung und der Landesverfassung einzuhaltenden Verfahrens
beim Vertragsabschluss gewesen sein sollte, betraf diese Beratung die
Entscheidung des Landes. Das Beratungsergebnis sollte einen rechtmäßigen und
rechtssicheren Weg zeigen, die E. -Aktien für das Land zu erwerben.
Handlungsgebote, die dem Kläger im Interesse Außenstehender oblagen, und
deren Verletzung die Gefahr einer Außenhaftung des Klägers mit sich
brachten, bestanden nicht. Dass der Kläger - weil er gemäß Art. 50 LV das
Land nach außen vertrat und als Ministerpräsident die Verantwortung für
Entscheidungen trug, die in seine Richtlinienkompetenz gemäß Art. 49 LV
fielen -nach seiner Behauptung auf der Grundlage des Beratungsergebnisses
für das Land handelte, genügt für sich genommen nicht, damit Schutzwirkungen
des Anwaltsvertrags zugunsten des Klägers entstehen. Besondere Bestimmungen,
die ein Interesse des Landes an der Einbeziehung des Klägers in den
Schutzbereich des Beratungsvertrags für Verletzungen von Pflichten begründen
könnten, die der Kläger in Ausübung seines Amtes als Ministerpräsident bei
dem Erwerb der E. -Aktien begehen könnte, hat das Berufungsgericht in
revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise verneint.
39 (b) Entgegen der Revision kam der Kläger nicht deshalb
bestimmungsgemäß mit den dem Land zu erbringenden Beratungsleistungen der
Beklagten in Berührung, weil die Entscheidung über den
Aktienkaufvertrag insoweit als ein Risikogeschäft anzusehen wäre, als das
rechtsgeschäftliche Handeln das Risiko eines Vermögensverlustes für das Land
enthielt. Die von der Revision auf dieser Grundlage geltend gemachte Gefahr
einer Haftung des Klägers nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266 StGB
oder aufgrund von § 48 BeamtStG betrifft nur die Binnenhaftung des Klägers
als Vertreter des Landes. Sie käme nur in Betracht, wenn der Kläger ihn
selbst treffende Pflichten gegenüber dem Land verletzt hätte und dabei
entweder zumindest grob fahrlässig (§ 48 Satz 1 BeamtStG) oder bedingt
vorsätzlich (§ 823 Abs. 2 BGB iVm § 266 StGB) gehandelt hätte. Solche
Gefahren begründen kein Näheverhältnis des Vertreters zu der vom Anwalt
gegenüber dem Mandanten erbrachten Beratungsleistung.
40 Auch ergeben sich entgegen der Auffassung der Revision weder aus § 48
BeamtStG noch aus der Möglichkeit der Ministeranklage nach Art. 57 Abs. 1 LV
oder der Gefahr für den Kläger, wegen der Entscheidung strafrechtlichen
Ermittlungen ausgesetzt zu werden oder nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung
mit § 266 StGB gegenüber dem Land zu haften, Schutzpflichten oder ein
Einbeziehungsinteresse des Landes. Sämtliche dieser Bestimmungen setzen
voraus, dass der Kläger ihn selbst treffende Pflichten verletzt hat, die -
wie in den Fällen einer Vertretung des Mandanten üblich - in erster Linie im
Interesse und zum Schutz des Vertretenen bestehen. Daraus folgt regelmäßig
kein Schutzinteresse des Mandanten an einer Einbeziehung seines Vertreters
in den Schutzbereich des Anwaltsvertrags. Im Gegenteil begrenzen bereits die
vom Kläger im Streitfall geltend gemachten Normen die Haftung des handelnden
Vertreters zu seinem Schutz. § 48 BeamtStG und Art. 57 Abs. 1 LV setzen als
Schuldform mindestens grobe Fahrlässigkeit voraus, eine Haftung aus § 823
Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266 StGB sogar bedingten Vorsatz. Dass das
Land bei einer derart beschränkten Binnenhaftung des Vertreters gleichwohl
ein Interesse gehabt hat, dem Kläger auch bei grob fahrlässigem oder sogar
bedingt vorsätzlichem Verhalten einen eigenen vertraglichen
Schadensersatzanspruch gegenüber der Beklagten zu 1 als dem Land vertraglich
zur Beratung verpflichteten Rechtsanwalt zu verschaffen, ist - wie das
Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise
entschieden hat - nicht ersichtlich.
41 Ebenso wenig begründen §§ 1, 14 des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse
der Mitglieder der Regierung (fortan: MinG) ein Einbeziehungsinteresse des
Landes. Nach § 1 MinG stehen die Mitglieder der Regierung zum Land in einem
öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis. § 14 MinG regelt die Versorgung der
hauptamtlichen Mitglieder der Regierung und ihrer Hinterbliebenen. Beides
führt - entgegen der Revision - zu keinen Schutzpflichten des Landes für
vermögensrechtliche Schäden einzelner Regierungsmitglieder, die diesen aus
Pflichtverletzungen gegenüber dem Land entstehen (können).
42 (c) Der Streitfall ist - entgegen der Ansicht der Revision - mit den vom
Senat entschiedenen Fällen einer Schutzwirkung zugunsten eines
Geschäftsführers (BGH, Urteil vom 13. Oktober 2011 - IX ZR 193/10, WM 2011,
2334 Rn. 7, 10; vom 14. Juni 2012 - IX ZR 145/11, BGHZ 193, 297 Rn. 28)
nicht vergleichbar. Dort ging es um die Einhaltung von Handlungspflichten
des Dritten und die beim Dritten eintretenden Haftungsfolgen, die im
Fremdinteresse angeordnet sind, nicht aber im Interesse des Mandanten; die
den Geschäftsführer treffende Haftung trat in einer jedenfalls der
Gesamtschuld vergleichbaren Art und Weise neben die des Mandanten. Im
Streitfall bestanden keine Handlungspflichten des Klägers zum Erwerb der
Aktien und steht lediglich die Gefahr einer Binnenhaftung des Klägers
gegenüber dem von ihm vertretenen Land im Raum.
43 cc) Soweit der Kläger schließlich geltend macht, eine Leistungsnähe folge
aus dem erforderlichen Schutz seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts,
begründet dies keine Haftung der Beklagten aus einem Vertrag mit
Schutzwirkungen zugunsten Dritter. Gegenstand des Beratungsvertrags waren
nach der Behauptung des Klägers die für die Entscheidung des Landes über den
Kauf der E. -Aktien relevanten Aspekte. Eine Schutzwirkung zugunsten Dritter
reicht aber nicht weiter als die dem Berater gegenüber seiner eigentlichen
Vertragspartei obliegenden Beratungs-, Warn- und Hinweispflichten (BGH,
Urteil vom 7. März 2013 - IX ZR 64/12, WM 2013, 802 Rn. 27). Es ist
nicht ersichtlich, dass der Beratungsvertrag auch Fragen des allgemeinen
Persönlichkeitsrechts zum Gegenstand hatte. Vermögenseinbußen, die
der Vertreter unabhängig von einer von ihm selbst möglicherweise begangenen
haftungsbegründenden Pflichtverletzung erleidet, fallen von vornherein nicht
unter den Schutzbereich eines Beratungsvertrags, der allein
vermögensrechtliche Entscheidungen des Mandanten betrifft. Der Schutz des
allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist daher für sich genommen nicht
geeignet, Schutzwirkungen eines auf die vermögensrechtliche Entscheidung des
Mandanten gerichteten Beratungsvertrags zugunsten des Vertreters zu
begründen.
44 3. Sonstige Ansprüche des Klägers gegen die Beklagten kommen - wie das
Berufungsgericht von der Revision nicht angegriffen angenommen hat -nicht in
Betracht.
|