Begriff der "Garantieerklärung" i.S.v. § 477 BGB;
§ 477 BGB als Marktverhaltensregelung
i.S.v. § 4 Nr. 11 UWG
BGH, Urteil vom 14. April 2011 - I ZR 133/09
Fundstelle:
noch nicht bekannt
Amtl. Leitsatz:
a) Unter den Begriff der Garantieerklärung im
Sinne des § 477 Abs. 1 Satz 1 BGB fällt nur die zum Abschluss eines
Kaufvertrages oder eines eigenständigen Garantievertrages führende
Willenserklärung, nicht dagegen die Werbung, mit der eine Garantie im
Zusammenhang mit Verkaufsangeboten noch nicht rechtsverbindlich versprochen
wird, sondern die den Verbraucher lediglich zur Bestellung auffordert.
b) Wirbt ein Unternehmer für den Verkauf eines Verbrauchsguts mit einer
Garantie, müssen die in § 477 Abs. 1 Satz 2 BGB geforderten Angaben (Hinweis
auf die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers sowie darauf, dass sie durch
die Garantie nicht eingeschränkt werden; Inhalt der Garantie und alle
wesentlichen Angaben, die für die Geltendmachung der Garantie erforderlich
sind) nicht bereits in der Werbung gemacht werden. Aus Art. 6 Abs. 2 der
Richtlinie 1999/44/EG, deren Umsetzung § 477 Abs. 1 Satz 2 BGB dient, ergibt
sich nichts anderes.
Zentrale Probleme:
Im Zusammenhang mit einem Unterlassungsanspruch nach §
8 Abs. 1 UWG befasst sich der Senat mit dem Begriff der "Garantieerklärung"
i.S.v. § 477 BGB. Eine Vorlage zum EuGH nach Art. 267 AEUV erfolgt nicht, da
der Senat die Frage für eindeutige hält ("acte clair-Doktrin, s. dazu zB
auch BGH NJW 2010, 148). S. zum Themengebiet
auch die im Urteil zitierte Entscheidung
BGH NJW 2007, 1346.
©sl 2011
Tatbestand:
1 Die Parteien handeln mit Tintenpatronen und Tonerkartuschen für
Computerdrucker, die sie über das Internet im Wege des Versandhandels
vertreiben.
2 Am 16. Oktober 2008 bot der Beklagte auf seiner Internetseite
Druckerpatronen und Kartuschen als Ersatz für Originalerzeugnisse von
Markenherstellern an. Weiter fand sich auf der Seite unter der Überschrift
„HQ-Patronen Garantie" grafisch hervorgehoben die Angabe: „3 Jahre
Garantie". Unmittelbar darunter hieß es: „HQ-Patronen gewährt auf alle
Produkte 3 Jahre Garantie".
3 Die Klägerin hat diese Werbung in drei verschiedenen Punkten als
wettbewerbswidrig beanstandet. Für die Revisionsinstanz von Bedeutung ist
nur noch ein Punkt, mit dem die Klägerin geltend gemacht hat, dass
der Beklagte in der Werbung nicht angegeben hat, wie sich die Bedingungen
des Eintritts des Garantiefalls darstellen und unter welchen Umständen der
Verbraucher die Garantie in Anspruch nehmen kann.
4 Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat geltend gemacht, das
Gesetz sehe für die Werbung mit einer Garantie keine Pflicht zur Angabe der
Garantiebedingungen im Einzelnen vor.
5 Das Landgericht hat die Klage - soweit in der Revisionsinstanz noch von
Bedeutung - abgewiesen und die Kosten im Hinblick darauf, dass die Klage nur
in einem Punkt Erfolg hatte, zu zwei Dritteln der Klägerin und zu einem
Drittel dem Beklagten auferlegt. Das Berufungsgericht hat den Beklagten mit
Urteil vom 13. August 2009 unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel
verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen
Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs im Internet gegenüber Verbrauchern den
Abschluss von entgeltlichen Verträgen über Druckerzubehör, insbesondere
Tintenstrahldruckerpatronen und Lasertonerkartuschen, mit der Aussage „3
Jahre Garantie" zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, ohne den
Verbraucher ordnungsgemäß auf seine gesetzlichen Rechte hinzuweisen, zu
erklären, dass dessen Gewährleistungsrechte nicht eingeschränkt werden, den
Inhalt der Garantie zu nennen und alle wesentlichen Angaben, die für die
Geltendmachung der Garantie erforderlich sind, insbesondere über die Dauer,
den räumlichen Geltungsbereich der Garantie und den Namen des
Garantiegebers, aufzuführen, wie geschehen in der Internetwerbung des
Beklagten vom 16.10.2008 gemäß Bl. 62, 63 d.A.
6 Weiterhin hat das Berufungsgericht den Beklagten antragsgemäß zur
Auskunftserteilung und zur Zahlung von weiteren Abmahnkosten verurteilt
sowie seine Schadensersatzverpflichtung festgestellt (OLG Hamm, MMR 2010,
28). Die Kosten der Berufung hat es dem Beklagten auferlegt. Ferner hat es
die Revision gegen dieses Urteil zugelassen.
7 Mit Ergänzungsurteil vom 17. September 2009 hat das Berufungsgericht sein
Urteil vom 13. August 2009 gemäß § 321 ZPO dahin ergänzt, dass die Kosten
des Rechtsstreits erster Instanz zu einem Drittel von der Klägerin und zu
zwei Dritteln von der Beklagten zu tragen sind. Insoweit hat es die Revision
nicht zugelassen.
8 Gegen beide Urteile hat der Beklagte Revision eingelegt; mit den
Revisionen begehrt er die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Die Klägerin beantragt, die Revisionen zurückzuweisen. Der Senat hat die
beiden Verfahren zur gemeinsamen Revisionsverhandlung und -entscheidung
verbunden.
Aus den Gründen:
9 Die Revisionen sind zulässig und haben in der Sache Erfolg.
10 I. Die Revisionen sind gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zulässig (... wird
ausgeführt).
13 II. Das Berufungsgericht hat den Unterlassungsantrag für zulässig und
begründet erachtet. Dazu hat es ausgeführt:
14 In der Werbung des Beklagten liege ein Verstoß gegen § 477 Abs. 1
BGB, einer Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG. Der
Beklagte habe mit einer dreijährigen Garantie für alle HQ-Produkte geworben,
ohne die vom Gesetz geforderten Angaben zu den Garantiebedingungen und den
gesetzlichen Rechten der Verbraucher zu machen. Diese Informationen müssten
nicht nur in der Garantieerklärung, sondern auch in einer Werbung mit einer
Garantie angegeben werden, wenn sich die Werbung - wie hier - auf konkrete
Verkaufsangebote im Internet beziehe.
15 III. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben
Erfolg. Der Klägerin steht der geltend gemachte
Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, § 477 Abs. 1 BGB
nicht zu.
16 1. Die Klägerin hat ihren Unterlassungsanspruch auf Wiederholungsgefahr
gestützt (§ 8 Abs. 1 Satz 1 UWG) und dazu eine Zuwiderhandlung vorgetragen,
die der Beklagte im Oktober 2008 begangen haben soll. Da der
Unterlassungsanspruch auf die Abwehr künftiger Rechtsverstöße gerichtet ist,
ist er nur begründet, wenn auf der Grundlage des zum Zeitpunkt der
Entscheidung geltenden Rechts Unterlassung verlangt werden kann. Zudem muss
die Handlung zum Zeitpunkt ihrer Begehung wettbewerbswidrig gewesen sein,
weil es anderenfalls an der Wiederholungsgefahr fehlt (st. Rspr.; vgl. BGH,
Urteil vom 14. Februar 2008 - I ZR 207/05, BGHZ 175, 238 Rn. 14 - ODDSET;
Urteil vom 29. Juli 2009 - I ZR 166/06, GRUR 2009, 1077 Rn. 18 = WRP 2009,
1380 - Finanz-Sanierung). Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, das
zur Zeit des beanstandeten Verhaltens galt, ist zwar Ende 2008 geändert
worden. Durch diese - der Umsetzung der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere
Geschäftspraktiken dienende - Gesetzesänderung ist allerdings keine für die
Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Änderung der Rechtslage eingetreten,
so dass im Folgenden nicht zwischen dem alten und dem neuen Recht
unterschieden werden muss.
17 a) Die Änderungen in § 2 Abs. 1 Nr. 1 und § 3 UWG sind für den Streitfall
ohne Bedeutung. Das in Rede stehende Verhalten des Beklagten erfüllt die
Voraussetzungen einer Wettbewerbshandlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG 2004 wie
auch einer geschäftlichen Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG 2008.
Der Begriff der geschäftlichen Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG
2008 ist nicht enger als der der Wettbewerbshandlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1
UWG 2004 (BGH, Urteil vom 15. Januar 2009 - I ZR 14/06, GRUR 2009, 881 Rn.
11 = WRP 2009, 1089 - Überregionaler Krankentransport; Urteil vom 29. April
2010 - I ZR 66/08, GRUR 2010, 1142 Rn. 11 = WRP 2010, 1517 - Holzhocker).
Die Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs (§ 8 Abs. 1 und 3 Nr. 1 UWG)
sind gleich geblieben.
18 b) Die den Rechtsbruchtatbestand regelnde Bestimmung des § 4 Nr. 11 UWG
ist durch die UWG-Novelle 2008 in ihrem Wortlaut nicht geändert worden.
Ihrer Anwendung im Streitfall steht auch nicht entgegen, dass nach Art. 1
und 4 der Richtlinie 2005/29/EG diejenigen „Rechts- und
Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über unlautere
Geschäftspraktiken, die die wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher
beeinträchtigen", vollständig harmonisiert werden sollen. Die Richtlinie
2005/29/EG hat in ihrem Anwendungsbereich (Art. 3 der Richtlinie) zu einer
vollständigen Harmonisierung des Lauterkeitsrechts geführt (vgl. Art. 4 der
Richtlinie; EuGH, Urteil vom 14. Januar 2010 - C-304/08, GRUR 2010, 244 Rn.
41 = WRP 2010, 232 - Plus Warenhandelsgesellschaft). Sie regelt die Frage
der Unlauterkeit von Geschäftspraktiken im Geschäftsverkehr zwischen
Unternehmen und Verbrauchern abschließend (EuGH, Urteil vom 23. April 2009 -
C-261/07 und 299/07, Slg. 2009, I-2949 = GRUR 2009, 599 Rn. 51 - VTB/Total
Belgium).
19 Allerdings ergibt sich aus Art. 7 Abs. 5 der Richtlinie 2005/29/EG, dass
eine Durchsetzung von im Unionsrecht festgelegten Informationsanforderungen
in der Werbung geboten ist. Dies gilt zum einen für Informationspflichten,
die ihre unionsrechtliche Grundlage in einer der in Anhang II der Richtlinie
aufgeführten Richtlinien haben (dazu BGH, GRUR 2010, 1142 Rn. 12 -
Holzhocker; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Aufl., § 4 Rn. 11.6b). Die
Liste des Anhangs II ist jedoch gemäß § 7 Abs. 5 der Richtlinie 2005/29/EG
nicht erschöpfend. Dementsprechend kann ein Verstoß gegen nationale
Bestimmungen eine Unlauterkeit nach § 4 Nr. 11 UWG auch dann begründen, wenn
die betreffende Regelung - hier die Bestimmung des § 477 Abs. 1 Satz 2 BGB -
eine Grundlage im Unionsrecht hat (vgl. BGH, Urteil vom 31. März 2010 - I ZR
34/08, GRUR 2010, 1117 Rn. 16 = WRP 2010, 1475 - Gewährleistungsausschluss
im Internet, mit Hinweis auf Erwägungsgrund 15 Satz 2 der Richtlinie
2005/29/EG; vgl. auch Ohly in Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Aufl., § 4 Rn.
11/7). Dies ist bei der Bestimmung des § 477 Abs. 1 Satz 2 BGB der Fall.
20 Die Vorschrift des § 477 Abs. 1 BGB setzt Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie
1999/44/EG vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs
und der Garantien für Verbrauchsgüter in das deutsche Recht um. Sie hat
somit ihre Grundlage im Unionsrecht. Zudem widerspricht eine
Geschäftspraxis, die der in Umsetzung des Unionsrechts erlassenen nationalen
Vorschrift des § 477 Abs. 1 Satz 2 BGB entgegensteht, regelmäßig den
Erfordernissen der beruflichen Sorgfalt (Art. 5 Abs. 2 Buchst. a
der Richtlinie 2005/29/EG). Unter den weiteren Voraussetzungen des Art. 5
Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2005/29/EG ist eine derartige
Geschäftspraxis daher unlauter.
21 2. Der Beklagte hat mit der Ankündigung einer dreijährigen
Garantie im Hinblick auf die von ihm im Internetversandhandel vertriebenen
Druckerpatronen eine geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1
UWG vorgenommen. Er hat mit dem Ziel gehandelt, zugunsten seines
Unternehmens den Absatz von Waren zu fördern, ohne dass es darauf ankommt,
ob sich dieses Verhalten vor, bei oder nach Geschäftsabschluss auswirkt. Die
Gewährung einer Garantie ist geeignet, den Verbraucher gegen alle Mängel der
angebotenen Ware abzusichern, die innerhalb einer bestimmten Frist offenbar
werden können (Erwägungsgrund 21 der Richtlinie 1999/44/EG). Sie
ist damit geeignet, das Vertrauen des Verbrauchers in die Qualität des
Produkts zu erhöhen und dadurch den Absatz der Waren zu fördern.
22 3. Die Bestimmung des § 477 Abs. 1 Satz 2 BGB dient dem Schutz
der Verbraucher und zählt damit zu den Vorschriften, die dazu bestimmt sind,
im Interesse der Marktteilnehmer, insbesondere der Verbraucher, das
Marktverhalten zu regeln (vgl. OLG Hamm, GRUR-RR 2009, 342; OLG
Hamburg, MMR 2010, 400, 401; MünchKomm.BGB/Lorenz, 5. Aufl., § 477 Rn. 15;
Staudinger/ Matusche-Beckmann, BGB, Bearb. 2004, § 477 Rn. 40; vgl. auch
BT-Drucks. 14/6040, S. 247).
23 4. Die Anwendbarkeit des § 4 Nr. 11 UWG ist ferner nicht wegen eines
Vorrangs des § 2 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1 UKlaG ausgeschlossen (BGH,
GRUR 2010, 1117 Rn. 31 = WRP 2010, 1475 - Gewährleistungsausschluss im
Internet, mwN).
24 5. Mit Erfolg wendet sich die Revision aber gegen die Annahme des
Berufungsgerichts, die angegriffene Werbung verstoße gegen §§ 3, 4 Nr. 11
UWG, weil sie nicht den in § 477 Abs. 1 Satz 2 BGB geregelten Anforderungen
entspreche.
25 a) Gemäß § 477 Abs. 1 Satz 2 BGB muss eine Garantieerklärung (§
443 BGB) den Hinweis auf die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers sowie
darauf enthalten, dass diese Rechte durch die Garantie nicht eingeschränkt
werden. Ferner muss die Erklärung den Inhalt der Garantie und alle
wesentlichen Angaben, die für deren Geltendmachung erforderlich sind,
insbesondere die Dauer und den räumlichen Geltungsbereich des
Garantieschutzes sowie Namen und Anschrift des Garantiegebers, enthalten.
Die im Streitfall beanstandete Werbung musste diese Informationen nicht
enthalten, weil sie keine Garantieerklärung darstellt.
26 Unter den Begriff der Garantieerklärung im Sinne des §
477 Abs. 1 BGB fallen nur Willenserklärungen, die zum Abschluss eines
Kaufvertrags (unselbständige Garantie) oder eines eigenständigen
Garantievertrags führen, nicht dagegen die Werbung, die den Verbraucher
lediglich zur Bestellung auffordert und in diesem Zusammenhang eine Garantie
ankündigt, ohne sie bereits rechtsverbindlich zu versprechen
(ebenso OLG Hamburg, MMR 2010, 400, 401; Pfeiffer in Dauner-Lieb/Heidel/Ring,
BGB, Bd. 2/2, Art. 6 Kauf-RL Rn. 6; Vander, K&R 2011, 86, 89 f.; wohl auch
Leible in Gebauer/Wiedmann, Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 2.
Aufl., Kap. 10 Rn. 176; aA OLG Hamm, GRUR-RR 2009, 342; Schlömmer/Dittrich,
K&R 2009, 145, 151).
27 aa) Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 477 Abs. 1
BGB. Das Gesetz nimmt zur Bestimmung der Garantieerklärung auf den
entsprechenden Begriff in § 443 BGB Bezug. In § 443 Abs. 1 BGB wird
ausdrücklich zwischen der „Garantieerklärung" und der „einschlägigen
Werbung" unterschieden.
28 Auch der Unionsgesetzgeber unterscheidet an sich in Art. 1 Abs. 2 Buchst.
e und in Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 1999/44/EG begrifflich zwischen der
Garantieerklärung und der einschlägigen Werbung. Aus dem Umstand, dass sich
in Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 1999/44/EG die durch § 477 Abs. 1 Satz 2 BGB
umgesetzte Regelung über die Informationspflichten nicht auf die
Garantieerklärung, sondern auf „die Garantie" bezieht, ergibt sich nichts
anderes.
29 Unter einer Garantie versteht die Richtlinie zum einen die entsprechende
rechtliche Verpflichtung des Verkäufers oder Herstellers gegenüber dem
Verbraucher (Art. 1 Abs. 2 Buchst. e sowie Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie
1999/44/EG). Zum anderen verwendet die Richtlinie diesen Begriff aber auch
zur Umschreibung der Garantieerklärung als derjenigen Erklärung des
Herstellers oder Händlers, mit der dieser sich gegenüber dem Verbraucher
rechtlich im Sinne der garantierten Inhalte bindet. Diese mehrdeutige
Verwendung des Begriffs der Garantie findet sich nicht nur in der Bestimmung
des Art. 6 Abs. 2, sondern auch in Satz 4 des Erwägungsgrunds 21 sowie in
den weiteren Absätzen des Art. 6 der Richtlinie 1999/44/EG, ohne dass dort
jeweils Zweifel verbleiben, was mit „Garantie" gemeint ist. Wenn es
beispielsweise in Erwägungsgrund 21 heißt, „Garantien (sollten) bestimmte
Informationen enthalten, unter anderem eine Erklärung, dass die Garantie
nicht die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers berührt", wird deutlich, dass
dem Begriff der Garantie hier beide Bedeutungen zugewiesen sind, und zwar
zunächst die Bedeutung der Garantieerklärung und sodann die der rechtlichen
Verpflichtung. In den weiteren Absätzen des Art. 6 der Richtlinie verwendet
der Unionsgesetzgeber den Begriff der Garantie ersichtlich allein im Sinne
der Garantieerklärung: So muss dem Verbraucher „auf Wunsch ... die Garantie
schriftlich zur Verfügung gestellt werden oder auf einem dauerhaften
Datenträger enthalten sein, der dem Verbraucher zur Verfügung steht und ihm
zugänglich ist" (Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie); weiter können „die
Mitgliedstaaten . vorschreiben, dass die Garantie in einer oder in mehreren
Sprachen abzufassen ist ." (Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie). Anhaltspunkte
dafür, dass mit dem Begriff der Garantie nicht nur die Garantieerklärung,
sondern auch die Werbung mit einer Garantie gemeint sein könnte, finden sich
in der Richtlinie dagegen nicht. Zwar wird auch der Inhalt der Werbung zum
Inhalt der rechtsverbindlichen Garantiebedingungen (Art. 6 Abs. 1 der
Richtlinie und § 443 BGB). Die Richtlinie gibt aber keine Hinweise darauf,
dass die Werbung als solche bereits als „Garantie" anzusehen ist (MünchKomm.BGB/H.P.
Westermann, 5. Aufl., § 443 Rn. 12); vielmehr nennt sie die Werbung allein
als Bestandteil der Garantiebestimmungen, nicht jedoch als Entstehungsgrund
der Garantie (Pfeiffer in Dauner-Lieb/Heidel/Ring aaO Art. 1 Kauf-RL Rn.
34).
30 bb) Auch eine am Sinn und Zweck der Richtlinie orientierte Auslegung
führt nicht dazu, dass bereits die auf einen Produktabsatz gerichtete
Werbung mit einer Garantie den gesetzlichen Informationspflichten genügen
muss. Durch die in § 477 Abs. 1 BGB, Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 1999/44/EG
geregelten Hinweise soll der Verbraucher klar erkennen können, dass
die Garantie ein zusätzliches Leistungsversprechen enthält, das über die
gesetzlichen Gewährleistungsrechte hinausgeht, diese aber nicht ersetzt. Es
soll vermieden werden, dass der Verbraucher wegen einer unklaren Fassung der
Garantieerklärung davon abgehalten wird, die ihm zustehenden gesetzlichen
Rechte geltend zu machen (BT-Drucks.
14/6040, S. 246). Nach Erwägungsgrund 21 der Richtlinie müssen die
Mitgliedstaaten sicherstellen, dass Garantien als rechtmäßige
Marketinginstrumente den Verbraucher nicht irreführen. Aus diesem Grunde
sollten „die Garantien bestimmte Informationen enthalten". Auch dieser Zweck
ist erfüllt, wenn der Verbraucher durch die Garantieerklärung entsprechend
aufgeklärt wird. Eine Notwendigkeit, die Verbraucher bereits in der
auf eine Garantie hinweisenden Werbung mit den in Art. 6 Abs. 2 der
Richtlinie und § 477 Abs. 1 Satz 2 BGB aufgeführten Informationen zu
versorgen, besteht nicht. Die Verbraucher sind vielmehr durch das
Lauterkeitsrecht vor irreführender Werbung mit Garantieankündigungen
hinreichend geschützt (Art. 7 Abs. 1 Buchst. g, Art. 7 Abs. 1 und 4
Buchst. d der Richtlinie 2005/29/EG, § 5 Abs. 1 Nr. 7, § 5a Abs. 2, Abs. 3
Nr. 4 UWG; vgl. auch BT-Drucks. 14/6040, S. 247; Vander, K&R 2011, 86, 90).
Hinzu kommt, dass zu weit gefasste Garantieankündigungen in der
Werbung zu einer entsprechenden Erweiterung der Garantieverpflichtung des
Händlers oder Herstellers führen (Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie
1999/44/EG; § 443 BGB).
31 cc) Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union zur Klärung
der Auslegung von Unionsrecht, namentlich zur Auslegung der Richtlinie
1999/44/EG, hat der Senat erwogen. Er geht jedoch davon aus, dass
sich Zweifel, die bei der Lektüre der Richtlinie zunächst im Hinblick auf
die in der Tat mehrdeutige Verwendung des Begriffs der Garantie entstehen
mögen, durch eine sorgfältige, am Sinn und Zweck der Regelung orientierte
Auslegung vollständig ausräumen lassen.
32 b) Die im Streitfall angegriffene Werbung enthält keine
Garantieerklärung im Sinne des § 477 Abs. 1 BGB. Eine solche liegt vor, wenn
der Verkäufer in vertragsmäßig bindender Weise die Gewähr für eine
vereinbarte Beschaffenheit der Kaufsache übernimmt und damit zu erkennen
gibt, dass er für alle Folgen des Fehlens einstehen will (BGH,
Urteil vom 29. November 2006 - VIII ZR 92/06, NJW 2007, 1346 Rn. 20;
Palandt/Weidenkaff, BGB, 70. Aufl., § 443 Rn. 11). Dagegen ist eine
durch das Internet übermittelte Aufforderung zur Bestellung im Zweifel als
bloße invitatio ad offerendum aufzufassen (vgl. Palandt/Grüneberg
aaO § 312b Rn. 4). So liegt der Fall auch hier. Dass der Beklagte
bereits in der zum Gegenstand des Verbotsantrags gemachten Werbung für den
Verkehr erkennbar durch den dort enthaltenen Hinweis auf die Garantie in
vertragsmäßig bindender Weise eine Beschaffenheitsgarantie übernommen hat,
ist vom Berufungsgericht weder festgestellt worden noch sonst ersichtlich.
33 IV. Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich auch
nicht im Ergebnis aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO).
34 1. Die Klage ist nicht unter dem Gesichtspunkt einer irreführenden
Werbung begründet. Ein Verstoß gegen § 5 Abs. 2 Satz 2 UWG 2004, § 5a Abs. 1
UWG 2008 kommt nicht in Betracht. Die Klägerin hat nicht dargetan, dass die
beanstandete Werbung beim angesprochenen Verkehr eine Fehlvorstellung über
die Garantieverpflichtung oder ihre Bedingungen hervorruft. Eine Irreführung
folgt ferner nicht aus dem vom Berufungsgericht offengelassenen
Gesichtspunkt, ob die Werbung mit der Aussage „3 Jahre Garantie" ohne die
weiter erforderlichen Informationen irreführend ist. Ein allgemeines
Informationsgebot ergab sich nicht aus § 5 UWG 2004 (vgl. BGH, Urteil vom
14. Dezember 1995 - I ZR 213/93, GRUR 1996, 367, 368 = WRP 1996, 290 -
Umweltfreundliches Bauen, zu § 3 UWG aF); sie folgt auch nicht aus § 5a Abs.
1 und 2 UWG 2008 (vgl. dazu Bornkamm in Köhler/Bornkamm aaO § 5a Rn. 10;
Sosnitza in Piper/Ohly/Sosnitza aaO § 5a Rn. 7 f., 11). Ebenso ist ein
Verstoß gegen § 5a Abs. 2 Nr. 4 UWG 2008 weder dargetan noch ersichtlich.
Danach gelten Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen als mitzuteilende
wesentliche Informationen, soweit sie von Erfordernissen der fachlichen
Sorgfalt abweichen. Dies setzt regelmäßig eine Abweichung vom Üblichen
voraus, mit denen der Verbraucher nicht ohne weiteres rechnet (Bornkamm in
Köhler/Bornkamm aaO § 5a Rn. 35 mwN). Auch dafür hat die Klägerin keine
hinreichenden Anhaltspunkte vorgetragen. Es entspricht insbesondere nicht
der Lebenserfahrung, dass der Verbraucher - wie von der Klägerin geltend
gemacht - davon ausgeht, dass in der beanstandeten Werbung des Beklagten
alle für den Kaufentschluss wesentlichen Informationen dargestellt sind.
35 2. Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der Klägerin auch keine
Ansprüche auf Auskunft, Feststellung der Schadensersatzpflicht und Zahlung
von Abmahnkosten zustehen.
36 V. Da der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche nicht zustehen, kann
der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Berufung
der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts ist
zurückzuweisen.
37 Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO. |