Störerhaftung des Betreibers eine W-Lan-Anschlusses
für Urheberrechtverletzungen im Internet; Beweislast bei
Urheberrechtsverletzungen im Internet - sekundäre Behauptungslast des
Anschlussbetreibers; Voraussetzungen der Störerhaftung; keine umfassende
Störerhaftung für volljährige Familienangehörige ("Bearshare")
BGH, Urteil vom 8. Januar 2014 - I ZR
169/12 - OLG Köln
Fundstelle:
NJW 2014, 2360
BGHZ 200, 76
Amtl. Leitsatz:
a) Der Inhaber eines Internetanschlusses haftet
grundsätzlich nicht als Störer auf Unterlassung, wenn volljährige
Familienangehörige den ihnen zur Nutzung überlassenen Anschluss für
Rechtsverletzungen missbrauchen. Erst wenn der Anschlussinhaber konkrete
Anhaltspunkte für einen solchen Missbrauch hat, muss er die zur Verhinderung
von Rechtsverletzungen erforderlichen Maßnahmen ergreifen.
b) Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, ist
eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers nicht
begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen
diesen Anschluss benutzen konnten. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn
der Internetanschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung nicht hinreichend
gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde
(Anschluss an BGH, Urteil vom 12. Mai 2010 - I ZR
121/08, BGHZ 185, 330 - Sommer unseres Lebens;
Urteil vom 15. November 2012 - I ZR 74/12, GRUR 2013, 511 = WRP 2013, 799
- Morpheus).
c) Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, trägt
der Anschlussinhaber eine sekundäre Darlegungslast. Dieser entspricht er
dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche
anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und
als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. Insoweit ist der
Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen
verpflichtet (Fortführung von BGH, Urteil vom 12.
Mai 2010 - I ZR 121/08, BGHZ 185, 330 - Sommer unseres Lebens;
Urteil vom 15. November 2012 - I ZR 74/12, GRUR 2013,
511 = WRP 2013, 799 - Morpheus).
Zentrale Probleme:
S. dazu die Anm. zu
BGH v. 15.11.2012 - I ZR 74/12.
©sl 2014
Tatbestand:
1 Die Klägerinnen sind vier führende
deutsche Tonträgerhersteller. Der Beklagte ist Inhaber eines
Internetzugangs. In seinem Haushalt leben auch seine Ehefrau und deren
volljähriger Sohn.
2 Die Klägerinnen ließen den Beklagten durch Anwaltsschreiben vom 30. Januar
2007 abmahnen; sie behaupteten, am 12. Juni 2006 seien über seinen
Internetanschluss 3.749 Musikaufnahmen, an denen sie die ausschließlichen
urheberrechtlichen Nutzungsrechte besäßen, in einer Internettauschbörse zum
Herunterladen verfügbar gemacht worden. Der Beklagte gab ohne Anerkennung
einer Rechtspflicht eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Er
weigerte sich jedoch, die geltend gemachten Abmahnkosten zu bezahlen. Der
Stiefsohn des Beklagten hat im Rahmen seiner Beschuldigtenvernehmung
gegenüber der Polizei eingeräumt, er habe mit dem Tauschbörsenprogramm „BearShare"
Musik auf seinen Computer heruntergeladen.
3 Die Klägerinnen haben den Beklagten - soweit noch von Bedeutung - auf
Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 3.454,60 € nebst Zinsen in Anspruch
genommen.
4 Der Beklagte hat vorgetragen, er sei für die behaupteten
Rechtsverletzungen nicht verantwortlich. Sein damals 20-jähriger Stiefsohn
habe die Musikdateien über den Internetanschluss zugänglich gemacht.
5 Das Landgericht hat der Klage stattgegeben (LG Köln, ZUM-RD 2011, 111).
Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht unter Zurückweisung
der Berufung im Übrigen das landgerichtliche Urteil teilweise abgeändert und
den Beklagten unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an die
Klägerinnen 2.841 € zu zahlen (OLG Köln, ZUM 2012, 583). Auf die
Verfassungsbeschwerde des Beklagten hat das Bundesverfassungsgericht das
Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht
zurückverwiesen (BVerfG, GRUR 2012, 601 = WRP 2012, 702). Das
Berufungsgericht hat den Beklagten erneut zur Zahlung von 2.841 € verurteilt
(OLG Köln, Urteil vom 17. August 2012 - 6 U 208/10, juris). Mit seiner vom
Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerinnen
beantragen, verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
6 I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der von den Klägerinnen erhobene
Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten sei unter dem Gesichtspunkt der
Geschäftsführung ohne Auftrag in Höhe von 2.841 € nebst Zinsen begründet.
Dazu hat es ausgeführt:
7 Die Klägerinnen seien berechtigt gewesen, den mit der Abmahnung verfolgten
Unterlassungsanspruch geltend zu machen. Sie hätten hinreichende
Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass sie Inhaber der ausschließlichen
urheberrechtlichen Nutzungsrechte an den in Rede stehenden Musiktiteln
seien.
8 Der Beklagte sei für die Verletzung der urheberrechtlich geschützten
Rechte an den Musiktiteln verantwortlich. Er hafte zwar nicht als Täter. Die
Klägerinnen hätten keinen Beweis für ihre Behauptung erbracht, der Beklagte
selbst habe die Musikdateien zum Herunterladen angeboten. Er hafte
jedoch als Störer. Er habe dadurch, dass er seinem 20-jährigen Stiefsohn den
Internetanschluss zur Verfügung gestellt habe, die Gefahr geschaffen, dass
dieser an urheberrechtsverletzenden Musiktauschbörsen teilnehme. Es sei ihm
daher zumutbar gewesen, seinen Stiefsohn auch ohne konkrete Anhaltspunkte
für eine bereits begangene oder bevorstehende Urheberrechtsverletzung über
die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Tauschbörsen aufzuklären und ihm die
rechtswidrige Nutzung entsprechender Programme zu untersagen. Dem stehe
nicht entgegen, dass sein Stiefsohn bereits volljährig gewesen sei. Der
Beklagte habe diese Verpflichtung verletzt, weil er seinen Stiefsohn nicht -
jedenfalls nicht hinreichend - belehrt habe.
9 Dem Anspruch der Klägerinnen stehe nicht entgegen, dass sie in der
Abmahnung allein auf die Haftung des Beklagten als Täter und nicht auch als
Störer abgestellt hätten. Auch die Einrede der Verjährung und der Einwand
des Rechtsmissbrauchs hätten keinen Erfolg. Die Klageforderung sei
allerdings nur in Höhe von 2.841 € begründet, weil lediglich ein Streitwert
von 280.000 € zugrunde gelegt werden könne und daher nur eine 1,3-fachen
Geschäftsgebühr von 2.821 € zuzüglich Kostenpauschale von 20 € geschuldet
sei.
10 II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision des Beklagten hat
Erfolg. Der von den Klägerinnen erhobene Anspruch auf Erstattung von
Abmahnkosten ist nicht begründet.
11 1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass
ein Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Abmahnung einer
Urheberrechtsverletzung unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne
Auftrag (§§ 677, 683 Satz 1, § 670 BGB) gegeben sein kann (BGH,
Urteil vom 17. Juli 2008 - I ZR 219/05, GRUR 2008, 996 Rn. 10 = WRP 2008,
1449 - Clone-CD). Der Anspruch auf Erstattung der Kosten für Abmahnungen,
die auf Grundlage des Urheberrechtsgesetzes ausgesprochen werden, ist zwar
mittlerweile durch die am 1. September 2008 in Kraft getretene und mit
Wirkung zum 9. Oktober 2013 geänderte Regelung des § 97a UrhG ausdrücklich
im Urheberrechtsgesetz geregelt. Diese Regelung ist jedoch auf die hier zu
beurteilende Abmahnung vom 30. Januar 2007 nicht anwendbar.
12 2. Ein auf die Grundsätze der Geschäftsführung ohne Auftrag gestützter
Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten setzt voraus, dass die Abmahnung
berechtigt war und dem Abmahnenden gegenüber dem Abgemahnten zum Zeitpunkt
der Abmahnung ein Unterlassungsanspruch zustand. Diese Voraussetzung ist
hier nicht erfüllt. Der Beklagte haftet den Klägerinnen nicht nach § 97 Abs.
1 Satz 1 UrhG auf Unterlassung, weil er für eine Verletzung urheberrechtlich
geschützter Rechte an den in Rede stehenden Musikaufnahmen nicht
verantwortlich ist.
13 a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass
der Beklagte nicht als Täter haftet.
14 aa) Die Klägerinnen tragen nach allgemeinen Grundsätzen als
Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die
Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Erstattung von
Abmahnkosten erfüllt sind. Danach ist es grundsätzlich ihre Sache,
darzulegen und nachzuweisen, dass der Beklagte für die von ihnen behauptete
Urheberechtsverletzung als Täter verantwortlich ist (vgl.
Urteil vom 15. November 2012 - I ZR 74/12, GRUR 2013,
511 Rn. 32 = WRP 2013, 799 - Morpheus).
15 bb) Im Streitfall spricht keine tatsächliche Vermutung für eine
Täterschaft des Beklagten. Wird über einen Internetanschluss eine
Rechtsverletzung begangen, ist eine tatsächliche Vermutung für eine
Täterschaft des Anschlussinhabers nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der
Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten.
Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Internetanschluss zum
Zeitpunkt der Rechtsverletzung nicht hinreichend gesichert war
(vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2010 - I ZR 121/08,
BGHZ 185, 330 Rn. 12 und 13 - Sommer unseres Lebens) oder - wie hier -
bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde (BGH,
GRUR 2013, 511 Rn. 33 f. - Morpheus).
16 cc) Den Beklagten trifft als Inhaber des Internetanschlusses
allerdings eine sekundäre Darlegungslast (vgl.
BGHZ 185, 330 Rn. 12 - Sommer unseres Lebens);
dieser hat er jedoch entsprochen.
17 (1) Den Prozessgegner der primär darlegungsbelasteten Partei
trifft in der Regel eine sekundäre Darlegungslast, wenn die primär
darlegungsbelastete Partei keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Umstände
und auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachverhaltsaufklärung hat, während
dem Prozessgegner nähere Angaben dazu ohne weiteres möglich und zumutbar
sind (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 2011 - I ZR 140/10, GRUR
2012, 602 Rn. 23 = WRP 2012, 721 - Vorschaubilder II, mwN). Diese
Voraussetzung ist im Verhältnis zwischen den primär darlegungsbelasteten
Klägerinnen und dem Beklagten als Anschlussinhaber im Blick auf die Nutzung
seines Internetanschlusses erfüllt.
18 (2) Die sekundäre Darlegungslast führt weder zu einer Umkehr der
Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und
Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des
Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg
benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt
seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob andere
Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu
seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in
Betracht kommen (vgl. OLG Hamm, MMR 2012, 40 f.; Beschluss vom 4.
November 2013 - 22 W 60/13, juris Rn. 7; OLG Köln, GRUR-RR 2012, 329, 330;
OLG Frankfurt am Main, GRUR-RR 2013, 246; LG Köln, ZUM 2013, 67, 68; LG
München I, MMR 2013, 396). In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im
Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet (vgl. zur
Recherchepflicht beim Verlust oder einer Beschädigung von Transportgut BGH,
Urteil vom 11. April 2013 - I ZR 61/12, TranspR 2013, 437 Rn. 31; insoweit
aA OLG Hamm, MMR 2012, 40 f.; OLG Köln, GRUR-RR 2012, 329, 330; LG München
I, MMR 2013, 396).
19 (3) Der Beklagte hat seiner sekundären Darlegungslast dadurch
entsprochen, dass er vorgetragen hat, der in seinem Haushalt lebende
20-jährige Sohn seiner Ehefrau habe die Dateien von dem in seinem Zimmer
stehenden Computer zum Herunterladen bereitgehalten.
20 dd) Unter diesen Umständen ist es wieder Sache der Klägerinnen als
Anspruchsteller, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer
Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen
(BGH, GRUR 2013, 511 Rn. 35 - Morpheus). Das Berufungsgericht hat
angenommen, nach den von den Klägerinnen aufgezeigten Umständen könne nicht
mit hinreichender Gewissheit davon ausgegangen werden, dass der Beklagte
selbst die Musikaufnahmen zum Herunterladen angeboten habe. Diese
tatrichterliche Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
21 b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts haftet der Beklagte aber
auch nicht als Störer wegen von seinem Stiefsohn begangener
Urheberrechtsverletzungen auf Unterlassung.
22 aa) Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf
Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer
zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung
des geschützten Rechts beiträgt. Dabei kann als Beitrag auch die
Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich
handelnden Dritten genügen, sofern der Inanspruchgenommene die rechtliche
und tatsächliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte.
Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden
darf, die weder als Täter noch als Teilnehmer für die begangene
Urheberrechtsverletzung in Anspruch genommen werden können, setzt
die Haftung als Störer nach der Rechtsprechung des Senats die Verletzung
zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfungspflichten, voraus.
Ob und inwieweit dem als Störer Inanspruchgenommenen eine Verhinderung der
Verletzungshandlung des Dritten zuzumuten ist, richtet sich nach den
jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner Funktion
und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen,
der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat
(BGHZ 185, 330 Rn. 19 - Sommer unseres Lebens;
BGH, GRUR 2013, 511 Rn. 41 - Morpheus; BGH,
Urteil vom 16. Mai 2013 - I ZR 216/11, GRUR 2013, 1229 Rn. 34 = WRP 2013,
1612 - Kinderhochstühle im Internet II, mwN).
23 bb) Das Berufungsgericht hat angenommen, der Beklagte habe dadurch, dass
er seinem 20-jährigen Stiefsohn den Internetanschluss zur ungestörten
Nutzung über einen in dessen Zimmer stehenden Computer zur Verfügung
gestellt habe, die nicht fernliegende Gefahr geschaffen, dass dieser an
urheberrechtsverletzenden Musiktauschbörsen teilnimmt. Dem Beklagten sei es
daher zumutbar gewesen, seinen Stiefsohn auch ohne konkrete Anhaltspunkte
für eine bereits begangene oder bevorstehende Urheberrechtsverletzung
unmissverständlich und eindringlich über die Rechtswidrigkeit einer
Teilnahme an Tauschbörsen aufzuklären und ihm die rechtswidrige Nutzung
entsprechender Programme zu untersagen. Dem stehe nicht entgegen, dass sein
Stiefsohn bereits volljährig gewesen sei. Der Beklagte habe nicht ohne
Weiteres annehmen können, seinem Stiefsohn sei während der etwa zwei Jahre
seiner Volljährigkeit anderweitig bekannt geworden, dass die Bereitstellung
von Musikdateien zum Herunterladen urheberrechtswidrig sei. Der Beklagte
habe diese Verpflichtung verletzt, weil er seinen Stiefsohn nicht -
jedenfalls nicht hinreichend - belehrt habe. Er habe in erster Instanz
lediglich auf die mangelnde Möglichkeit der Kontrolle des Rechners seines
Stiefsohnes verwiesen. Sein Vorbringen in der Berufungsbegründung, man habe
in der Familie über die Rechtswidrigkeit der Teilnahme an Tauschbörsen
gesprochen und deutlich gemacht, dass die illegale Nutzung solcher
Tauschbörsen unterbleiben müsse, sei verspätet gewesen und daher nicht zu
berücksichtigen; im Übrigen lasse sich diesem pauschalen Vorbringen nicht
entnehmen, dass der Beklagte seinem Stiefsohn die rechtswidrige Teilnahme an
Tauschbörsen mit der nötigen Unmissverständlichkeit und Eindringlichkeit
untersagt habe.
24 cc) Dieser Beurteilung kann nicht zugestimmt werden. Entgegen der
Ansicht des Berufungsgerichts war es dem Beklagten nicht zuzumuten, seinen
volljährigen Stiefsohn ohne konkrete Anhaltspunkte für eine bereits
begangene oder bevorstehende Urheberrechtsverletzung über die
Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Tauschbörsen aufzuklären und ihm die
rechtswidrige Nutzung entsprechender Programme zu untersagen. Der Inhaber
eines Internetanschlusses ist grundsätzlich nicht verpflichtet, volljährige
Familienangehörige über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an
Internettauschbörsen oder von sonstigen Rechtsverletzungen im Internet zu
belehren und ihnen die Nutzung des Internetanschlusses zur rechtswidrigen
Teilnahme an Internettauschbörsen oder zu sonstigen Rechtsverletzungen im
Internet zu verbieten, wenn keine konkreten Anhaltspunkte für eine solche
Nutzung bestehen. Da der Beklagte nach den vom Berufungsgericht
getroffenen Feststellungen keine Anhaltspunkte dafür hatte, dass sein
volljähriger Stiefsohn den Internetanschluss zur rechtswidrigen Teilnahme an
Tauschbörsen missbraucht, haftet er auch dann nicht als Störer für
Urheberrechtsverletzungen seines Stiefsohnes auf Unterlassung, wenn er ihn
nicht oder nicht hinreichend belehrt haben sollte.
25 (1) Der Senat hat zwar entschieden, dass der Inhaber eines
ungesicherten WLAN-Anschlusses als Störer auf Unterlassung haftet, wenn
außenstehende Dritte diesen Anschluss missbräuchlich nutzen, um
urheberrechtlich geschützte Musiktitel in Internettauschbörsen einzustellen
(vgl. BGHZ 185, 330 Rn. 20 bis 24 - Sommer
unseres Lebens). Diese Entscheidung ist entgegen der Ansicht der
Revisionserwiderung aber nicht auf die hier vorliegende Fallgestaltung
übertragbar, bei der der Anschlussinhaber seinen Internetanschluss einem
Familienangehörigen zur Verfügung stellt (vgl.
BGH, GRUR 2013, 511 Rn. 42 - Morpheus).
26 (2) Der Senat hat ferner entschieden, dass Eltern ihrer Aufsichtspflicht
über ein normal entwickeltes 13-jähriges Kind, das ihre grundlegenden Gebote
und Verbote befolgt, regelmäßig bereits dadurch genügen, dass sie das Kind
über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen belehren
und ihm eine Teilnahme daran verbieten. Eine Verpflichtung der Eltern, die
Nutzung des Internets durch das Kind zu überwachen, den Computer des Kindes
zu überprüfen oder dem Kind den Zugang zum Internet (teilweise) zu
versperren, besteht grundsätzlich nicht. Zu derartigen Maßnahmen sind Eltern
erst verpflichtet, wenn sie konkrete Anhaltspunkte dafür haben, dass das
Kind dem Verbot zuwiderhandelt (BGH, GRUR 2013, 511
Rn. 24 - Morpheus). Auch diese Entscheidung ist nicht auf die hier
vorliegende Fallgestaltung übertragbar, bei der der Anschlussinhaber seinen
Internetanschluss einem Familienmitglied zur Verfügung stellt, über das er
nicht kraft Gesetzes zur Führung der Aufsicht verpflichtet ist und das auch
nicht wegen Minderjährigkeit der Beaufsichtigung bedarf.
27 (3) Ob und inwieweit dem als Störer Inanspruchgenommenen eine
Verhinderung der Verletzungshandlung des Dritten zuzumuten ist, richtet sich
nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner
Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung
desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar
vorgenommen hat (hierzu Rn. 22). Danach ist bei der
Überlassung eines Internetanschlusses an volljährige Familienangehörige zu
berücksichtigen, dass zum einen die Überlassung durch den Anschlussinhaber
auf familiärer Verbundenheit beruht und zum anderen Volljährige für ihre
Handlungen selbst verantwortlich sind. Im Blick auf das - auch
grundrechtlich geschützte (Art. 6 Abs. 1 GG) - besondere
Vertrauensverhältnis zwischen Familienangehörigen und die Eigenverantwortung
von Volljährigen, darf der Anschlussinhaber einem volljährigen
Familienangehörigen seinen Internetanschluss überlassen, ohne diesen
belehren oder überwachen zu müssen; erst wenn der Anschlussinhaber - etwa
aufgrund einer Abmahnung - konkreten Anlass für die Befürchtung haben muss,
dass der volljährige Familienangehörige den Internetanschluss für
Rechtsverletzungen missbraucht, hat er die zur Verhinderung von
Rechtsverletzungen erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen.
28 Diese Grundsätze gelten nicht nur für die Überlassung des
Internetanschlusses durch einen Ehepartner an den anderen Ehepartner
(OLG Frankfurt am Main, GRUR-RR 2008, 73, 74; GRUR-RR 2013, 246;
OLG Köln, WRP 2011, 781; OLG Köln, GRUR-RR 2012, 329, 331; OLG Düsseldorf,
Urteil vom 5. März 2013 - 20 U 63/12, juris Rn. 29; LG Mannheim, MMR 2007,
267, 268; Rathsack, jurisPR-ITR 25/2012 Anm. 4 unter D; ders., jurisPR-ITR
12/2013 Anm. 5 unter D; ders., jurisPR-ITR 19/2013 Anm. 2 unter C; Härting
in Internetrecht, 5. Aufl., Rn. 2255). Sie gelten vielmehr auch für
die - hier in Rede stehende - Überlassung des Internetanschlusses durch
Eltern oder Stiefeltern an ihre volljährigen Kinder oder Stiefkinder
(OLG Frankfurt am Main, GRUR-RR 2008, 73, 74; OLG Düsseldorf, Urteil vom 5.
März 2013 - 20 U 63/12, juris Rn. 29; LG Mannheim, MMR 2007, 267, 268; LG
Hamburg, Verfügung vom 21. Juni 2012 - 308 O 495/11, juris Rn. 4; Rathsack,
jurisPR-ITR 19/2013 Anm. 2 unter C; Solmecke, MMR 2012, 617, 618; Harting in
Internetrecht aaO Rn. 2256; aA OLG Köln, GRUR-RR 2012, 329, 331; WRP 2012,
1148; MMR 2012, 184, 185; vgl. auch Rauer/Pfuhl, K&R 2012, 532, 533).
Ob und inwieweit diese Grundsätze bei einer Überlassung des
Internetanschlusses durch den Anschlussinhaber an andere ihm nahestehende
volljährige Personen wie etwa Freunde oder Mitbewohner entsprechend gelten,
kann hier offenbleiben (für eine entsprechende Anwendung OLG
Frankfurt am Main, GRUR-RR 2008, 73, 74; OLG Düsseldorf, Urteil vom 5. März
2013 - 20 U 63/12, juris Rn. 29; Härting in Internetrecht, 5. Aufl., Rn.
2256; aA OLG Köln, GRUR-RR 2012, 329, 331; LG Düsseldorf, ZUM-RD 2010, 396,
398).
29 Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die ausschließlichen
urheberrechtlichen Nutzungsrechte der Klägerinnen der Eigentumsgarantie nach
Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG unterfallen und die Klägerinnen einen Anspruch auf
effektiven Rechtsschutz haben (Art. 19 Abs. 4 GG). Diese Grundrechte, die
nach Art. 19 Abs. 3 GG auch den Klägerinnen als inländischen juristischen
Personen zustehen, sind nicht dadurch verletzt, dass den Beklagten im
Zusammenhang mit Verletzungshandlungen eines volljährigen Familienmitglieds
im Streitfall keine Haftung als Täter, Teilnehmer oder Störer trifft.
30 Gesichtspunkte, die ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der
Europäischen Union nach Art. 267 AEUV rechtfertigen könnten, sind von den
Parteien nicht geltend gemacht und auch sonst nicht ersichtlich.
31 III. Danach ist das Berufungsurteil auf die Revision des Beklagten
aufzuheben, soweit das Berufungsgericht zum Nachteil des Beklagten erkannt
hat. Im Umfang der Aufhebung ist auf die Berufung des Beklagten das
landgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen. Die
Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 100 Abs. 1 ZPO.
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