Störerhaftung des Access-Providers für
Urheberrechtsverletzungen, Pflicht zur "Sperrung" von Webseiten;
mittelbare Wirkung von Grundrechten; Konkurrenz zwischen Grundrechten des GG
und unionsrechtlichen Grundrechten
BGH, Urteil vom 26. November 2015 - I ZR 174/14 - OLG
Köln
Fundstelle:
noch nicht bekannt
für BGHZ vorgesehen
Amtl. Leitsatz:
a) Ein Telekommunikationsunternehmen, das Dritten
den Zugang zum Internet bereitstellt, kann von einem Rechteinhaber als
Störer darauf in Anspruch genommen werden, den Zugang zu Internetseiten zu
unterbinden, auf denen urheberrechtlich geschützte Werke rechtswidrig
öffentlich zugänglich gemacht werden. In die im Rahmen der
Zumutbarkeitsprüfung vorzunehmende Abwägung sind die betroffenen
unionsrechtlichen und nationalen Grundrechte des Eigentumsschutzes der
Urheberrechtsinhaber, der Berufsfreiheit der Telekommunikationsunternehmen
und der Informationsfreiheit und der informationellen Selbstbestimmung der
Internetnutzer einzubeziehen.
b) Eine Störerhaftung des Vermittlers von Internetzugängen kommt nur in
Betracht, wenn der Rechteinhaber zunächst zumutbare Anstrengungen
unternommen hat, gegen diejenigen Beteiligten vorzugehen, die - wie der
Betreiber der Internetseite - die Rechtsverletzung selbst begangen haben
oder - wie der Host-Provider - zur Rechtsverletzung durch die Erbringung von
Dienstleistungen beigetragen haben. Nur wenn die Inanspruchnahme dieser
Beteiligten scheitert oder ihr jede Erfolgsaussicht fehlt und deshalb
andernfalls eine Rechtsschutzlücke entstünde, ist die Inanspruchnahme des
Zugangsvermittlers als Störer zumutbar. Bei der Ermittlung der vorrangig in
Anspruch zu nehmenden Beteiligten hat der Rechteinhaber in zumutbarem Umfang
Nachforschungen anzustellen.
c) Bei der Beurteilung der Effektivität möglicher Sperrmaßnahmen ist auf die
Auswirkungen der Sperren für den Zugriff auf die konkret beanstandete
Internetseite abzustellen. Die aufgrund der technischen Struktur des
Internets bestehenden Umgehungsmöglichkeiten stehen der Zumutbarkeit einer
Sperranordnung nicht entgegen, sofern die Sperren den Zugriff auf
rechtsverletzende Inhalte verhindern oder zumindest erschweren.
d) Eine Sperrung ist nicht nur dann zumutbar, wenn ausschließlich
rechtsverletzende Inhalte auf der Internetseite bereitgehalten werden,
sondern bereits dann, wenn nach dem Gesamtverhältnis rechtmäßige gegenüber
rechtswidrigen Inhalten nicht ins Gewicht fallen. Dass eine Sperre nicht nur
für den klagenden Rechteinhaber, sondern auch für Dritte geschützte
Schutzgegenstände erfasst, zu deren Geltendmachung der Rechteinhaber nicht
ermächtigt ist, steht ihrer Zumutbarkeit nicht entgegen.
Zentrale Probleme:
Es geht um die bislang nicht behandelte Störerhaftung
eines Access-Providers für Urheberrechtsverletzungen, oder kurz: Muss der
Internetprovider, der nur den Zugang zum Internet verschafft, den Zugang zu
Webseiten technisch verhindern, auf welchen unter Verletzung des
Urheberrechts downloads angeboten werden.
©sl 2016
Tatbestand:
1 Die Klägerinnen sind Tonträgerhersteller. Die Beklagte ist ein
Telekommunikationsunternehmen, das ihren Kunden als Access-Provider Zugang
zum Internet vermittelt.
2 Die Klägerinnen sehen sich durch das Angebot von Musikstücken zum
kostenlosen Herunterladen in Internet-Tauschbörsen (Filesharing) und durch
Internet-Dienste, die den Zugang zu solchen Tauschbörsen vermitteln, in
ihren Rechten verletzt. Mit Schreiben vom 15. Februar 2010 forderten sie die
Beklagte auf, die Verletzung ihrer Rechte durch Dritte und Kunden der
Beklagten durch Sperrung des Zugriffs auf die Seite "Goldesel" mit der
IP-Adresse 92.241.168.132 zu beenden.
-
3 Die Klägerinnen haben behauptet, als Tonträgerhersteller Inhaber der
ausschließlichen Nutzungsrechte an den Musikstücken zu sein, die die in den
Klageanträgen genannten Musikalben der Künstler "Depeche Mode", "Michael
Jackson", "Silbermond", "Sportfreunde Stiller", "Rosenstolz" und Jennifer
Rostock enthielten. Die Klägerinnen seien durch entsprechende P- und C-Ver-merke
als Rechteinhaber auf den im Handel erhältlichen Tonträgern ausgewiesen. Bei
dem Internetangebot "Goldesel" handele es sich um eines der größten,
ausschließlich deutschsprachigen Internetportale für die Vermittlung
illegaler Downloads von Musik-, Film-, Buch- und Softwaredateien. Auf der
über die Internet-Adresse
http://goldesel.to,
die URL http://www.goldesel.to und
http://ge-server.to sowie verschiedene
Umleitungsdienste erreichbaren Internetseite werde ein umfangreicher Index
von mehreren tausend editierten Links zu geschützten Dateien angeboten, die
in dem Filesharing-Netzwerk "eDonkey" bereitgestellt würden. Der Nutzer
müsse den jeweiligen Link ("e-Donkey-Link" oder "ed2k-Link") nur anklicken,
um den Download der angeforderten Datei auf seinen eigenen Computer zu
beginnen. Im Januar 2010 hätten Ermittler im Auftrag der Klägerinnen
festgestellt, dass Audiodateien mit Musikstücken aus den in den
Klageanträgen genannten Alben über einen von der Beklagten in Köln
vermittelten Internetzugang abrufbar gewesen seien. Den in Russland
ansässigen Host-Provider hätten die Klägerinnen erfolglos abgemahnt. Eine
wirkungsvolle Rechtsverfolgung sei in Russland praktisch ausgeschlossen.
4 Nach Ansicht der Klägerinnen ist die Beklagte als Störerin zur Sperrung
des Zugangs ihrer Kunden zu dem Internetdienst "Goldesel" verpflichtet. Es
sei ihr technisch möglich und rechtlich zumutbar, durch eine DNS-Sperre oder
IP-Sperre den Zugang zu verhindern.
5 Die Klägerinnen haben beantragt,
(...)
2. es der Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu
verbieten, ihren Kunden über das Internet Zugang zu folgenden
Tonträgeraufnahmen zu vermitteln, soweit sie über den gegenwärtig "Goldesel"
genannten Internet-Dienst abrufbar sind, wie dies über die URL
http://goldesel.to,
http://www.goldesel.to,
http://ge-server.to und
http://www.ge-server.to geschieht,
welche sich der IP-Adresse 192.162.100.33 bedienen, und zwar: ....
[Aufzählung von einzelnen Musiktiteln]
3. hilfsweise, der Beklagten unter Ordnungsmittelandrohung zu verbieten,
ihren Kunden über das Internet Zugang zu folgenden Tonträgeraufnahmen zu
vermitteln, soweit sie über den gegenwärtig "Goldesel" genannten
Internet-Dienst und über die URL
http://goldesel.to,
http://www.goldesel.to,
http://ge-server.to und
http://www.ge-server.to geschieht, welche sich der IP-Adresse
192.162.100.33 bedienen, und zwar bezüglich der nachfolgend genannten oder
andere, künftig von den Klägerinnen mitzuteilende URL oder IP-Adressen,
soweit sich diese auf einen fortbestehenden ed2k-Link beziehen:
zu der Album-Veröffentlichung (.)
[es folgt die im Hauptantrag enthaltene Aufzählung]
4. weiter hilfsweise für den Fall der Erledigung der Hauptsache
festzustellen, dass die Beklagte vor dem erledigenden Ereignis zur
Unterlassung gemäß Antrag 2 verpflichtet war;
5. weiter hilfsweise für den Fall der Erledigung der Hauptsache
festzustellen, dass die Beklagte vor dem erledigenden Ereignis zur
Unterlassung gemäß Antrag 3 verpflichtet war.
6 Das Landgericht hat die Klage abgewiesen (LG Köln, K&R
2011, 674). Die Berufung der Klägerinnen ist ohne Erfolg geblieben
(OLG Köln, GRUR 2014, 1081). Mit ihrer vom Berufungsgericht
zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgen
die Klägerinnen ihre Klageanträge weiter.
Entscheidungsgründe:
A. Das Berufungsgericht hat die Klageanträge als zulässig angesehen.
7 Insbesondere sei der Hilfsantrag 3 hinreichend bestimmt, der zwar neben
den genannten URL auch zukünftig von den Klägerinnen mitzuteilende URL
erfasse, jedoch durch den Verweis auf die weiter genannten "ed2k-Links"
ausreichend begrenzt werde. Die Frage, ob der Beklagten die Erfüllung des
beantragten Verbots unmöglich sei, betreffe nicht die Zulässigkeit, sondern
die Begründetheit der Klage.
8 Das Berufungsgericht hat weiter angenommen, dass den Klägerinnen die
geltend gemachten Ansprüche weder aus Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie
2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der
verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft in unmittelbarer
Anwendung noch unter dem Aspekt des § 97 Abs. 1 UrhG zustünden. Die
Klägerinnen seien zwar aktivlegitimiert, weil die Beklagte der
substantiierten Darlegung der Klägerinnen zur Inhaberschaft an den genannten
Tonträgerrechten nicht hinreichend entgegengetreten sei. Diese Rechte der
Klägerinnen seien auch verletzt worden, weil das Internetangebot "Goldesel"
auf eine urheberrechtswidrige Nutzung der dort angebotenen urheberrechtlich
geschützten Werke abgezielt habe. Es sei ferner davon auszugehen, dass die
streitgegenständlichen Alben über von der Beklagten bereitgestellte
Internetanschlüsse zum Download angeboten worden seien und der Download
unter Nutzung eines Anschlusses der Beklagten möglich gewesen sei.
9 Die Beklagte hafte aber nicht als Störerin. Einer
spezialgesetzlichen Grundlage bedürfe es zwar nicht für die
zivilgerichtliche Anordnung von DNS- oder IP-Sperren, wohl aber für die
einen Eingriff in Art. 10 GG darstellende Maßnahme der URL-Sperre, welche
daher vorliegend nicht in Betracht komme.
Zugangsvermittler wie die Beklagte könnten grundsätzlich als Störer in
Anspruch genommen werden. Vorliegend verletze das Bereitstellen von
elektronischen Verweisen (Links) durch den Dienst "Goldesel", die zu
herunterladbaren Dateien mit den streitgegenständlichen, zugunsten der
Klägerinnen urheberrechtlich geschützten Musikwerken führten und über von
der Beklagten vorgehaltene Internetzugänge erreichbar seien, die Rechte der
Klägerinnen. Das Verhalten der Beklagten sei auch adäquat kausal für diese
Rechtsverletzungen. Die Klägerinnen hätten jedoch nicht dargelegt, dass der
Beklagten zumutbare Maßnahmen zur Verfügung stünden, die den Zugang zu den
rechtsverletzenden Inhalten verhinderten. Selbst wenn wirtschaftlich
zumutbare Maßnahmen existierten, seien die Sperren angesichts der
Betroffenheit legaler Inhalte und mangelnder Effektivität unzumutbar. Sowohl
der Hauptantrag 2 als auch der Hilfsantrag 3 seien daher unbegründet. Eine
Erledigung der Hauptsache sei nicht eingetreten, so dass über die weiteren
Hilfsanträge 4 und 5 nicht zu entscheiden sei.
10 B. Die Revision der Klägerinnen ist nicht begründet. Die
Beurteilung des Berufungsgerichts, für die von den Klägerinnen geltend
gemachten Urheberrechtsverletzungen hafte die Beklagte nicht als
Störer, hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
11 I. Das Berufungsgericht hat den Hauptantrag mit Recht als
zulässig angesehen.
12 1. Der Hauptantrag ist hinreichend bestimmt.
13 a) Die Klägerinnen haben den Gegenstand der begehrten Unterlassung durch
Bezugnahme auf die jeweilige konkrete Verletzungsform umschrieben, indem sie
im Antrag auf die Abrufbarkeit der Tonträgeraufnahmen über den durch die
Angabe von vier URL sowie der IP-Adresse näher bezeichneten Dienst
"Goldesel" Bezug genommen und die einzelnen Musikwerke durch Nennung der
Namen der Künstler und Alben, der Musiktitel und Bestellnummern sowie - mit
der als Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform zu verstehenden Wendung
"und wie geschehen" - durch Angabe der genauen "eDon-key"-Links definiert
haben.
14 b) Der Hauptantrag ist auch in Anbetracht des Umstands hinreichend
bestimmt, dass ihm nicht unmittelbar zu entnehmen ist, welche konkreten
Handlungs- und Prüfpflichten der Beklagten abverlangt werden sollen. Es
reicht aus, wenn sich die zu befolgenden Sorgfalts- und Prüfpflichten aus
der Klagebegründung und den Entscheidungsgründen ergeben (vgl. BGH, Urteil
vom 16. Mai 2013 - I ZR 216/11, GRUR 2013, 1229 Rn. 25 = WRP 2013, 1613 -
Kinderhochstühle im Internet II; Urteil vom 15. August 2013 - I ZR 80/12,
GRUR 2013, 1030 Rn. 21 = WRP 2013, 1348 - File-Hosting-Dienst). Im Übrigen
lassen sich die Grenzen des der Beklagten zumutbaren Verhaltens im
Erkenntnisverfahren nicht präziser bestimmen, weil zukünftige
Verletzungshandlungen nicht konkret abzusehen sind (vgl. BGH, GRUR 2013,
1030 Rn. 21 - FileHosting-Dienst). Die hiermit verbundene Verlagerung eines
Teils des Streits in das Vollstreckungsverfahren ist hinzunehmen, weil
anders effektiver Unterlassungsrechtsschutz nicht gewährleistet werden
könnte (vgl. BGH, Urteil vom 19. April 2007 - I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 Rn.
48 - Internet-Versteigerung II;
BGH, GRUR 2013, 1030 Rn. 21 - File-Hosting-Dienst).
15
2. Die Frage, ob die Klägerinnen von der Beklagten Unmögliches verlangen,
ist - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - nicht im Rahmen
der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit des Klageantrags zu prüfen.
16 II. Der mit dem Hauptantrag verfolgte Unterlassungsanspruch ist nicht
begründet.
17 1. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Klägerinnen Inhaber der
ausschließlichen Nutzungsrechte im Sinne des § 85 UrhG an den im Antrag
genannten Tonträgern sind. Diese den Klägerinnen günstige Annahme lässt
keinen Rechtsfehler erkennen.
18 2. Das Berufungsgericht hat weiter festgestellt, dass die den Klägerinnen
zustehenden Rechte verletzt worden sind, weil über von der Beklagten zur
Verfügung gestellte Internetanschlüsse die Internetseite "Goldesel.to"
erreichbar und die im Antrag genannten Musikwerke herunterladbar waren. Auch
diese den Klägerinnen günstige Annahme ist der weiteren rechtlichen
Nachprüfung zugrunde zu legen.
19 3. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass eine
täterschaftliche Handlung der Beklagten nicht in Betracht kommt.
Die Verantwortlichkeit als Täter oder Teilnehmer geht der Störerhaftung zwar
grundsätzlich vor (BGH, GRUR 2013, 1030 Rn. 28 - File-Hosting-Dienst). Die
Klägerin macht aber weder geltend noch bestehen anderweitige Anhaltspunkte
dafür, dass die Beklagte die beanstandeten Handlungen selbst begangen hat
oder daran etwa als Gehilfin beteiligt war (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar
2009 - I ZR 57/07, GRUR 2009, 841 Rn. 18 = WRP 2009, 1139 - Cybersky).
20 4. Die Annahme des Berufungsgerichts, der unter dem Aspekt der
Störerhaftung verfolgte Unterlassungsanspruch bestehe nicht, hält
der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
21 a) Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf
Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer
zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung
des geschützten Rechtsguts beiträgt. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr
auf Dritte erstreckt werden kann, die die rechtswidrige Beeinträchtigung
nicht selbst vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers nach der
Rechtsprechung des Senats die Verletzung von Prüfpflichten voraus. Deren
Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer
Inanspruchgenommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist
(vgl. BGH, Urteil vom 30. April 2008 - I ZR 73/05, GRUR 2008, 702 Rn. 50 =
WRP 2008, 1104 - Internetversteigerung III; Urteil vom 12. Mai 2010 - I ZR
121/08, BGHZ 185, 330
Rn. 19
- Sommer unseres Lebens; Urteil vom 18. November 2011 - I ZR 155/09, GRUR
2011, 617 Rn. 37 = WRP 2011, 881 - Sedo;
Urteil vom 12. Juli 2012 - I ZR
18/11, BGHZ 194, 339 Rn. 19 - Alone in the Dark; BGH, GRUR 2013, 1030 Rn. 31
- File-Hosting-Dienst). Einer allgemeinen Prüfungspflicht von
Diensteanbietern im Sinne der §§ 8 bis 10 TMG für die von ihnen
übermittelten Dateien steht § 7 Abs. 2 Satz 1 TMG entgegen. Danach sind
Diensteanbieter nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder
gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen,
die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hindeuten. Nach dieser
Vorschrift, die auf Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG über den
elektronischen Geschäftsverkehr beruht, sind Überwachungspflichten
allgemeiner Art ausgeschlossen. Nicht ausgeschlossen sind dagegen
Überwachungspflichten in spezifischen Fällen, die innerstaatliche Behörden
nach innerstaatlichem Recht anordnen (vgl. Erwägungsgrund 47 der Richtlinie
2000/31/EG; BGH, Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, BGHZ 191, 19 Rn.
22 ff. - Stiftparfüm; Urteil vom 5. Februar 2015 - I ZR 240/12, GRUR 2015,
485 Rn. 51 = WRP 2015, 577 - Kinderhochstühle im Internet III).
22 Bei der Beurteilung der Frage, ob und in welchem Umfang einem Provider,
der den Zugang zum Internet vermittelt, Prüf- und Sperrpflichten zugemutet
werden können, ist weiter zu berücksichtigen, dass die Mitgliedstaaten für
den
Bereich des Urheberrechts nach Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG zur
Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten
Schutzrechte in der Informationsgesellschaft sicherzustellen haben, dass die
Inhaber nach der Richtlinie zu schützender Rechte gerichtliche Anordnungen
gegen Vermittler beantragen können, deren Dienste von einem Dritten zur
Verletzung dieser Rechte genutzt werden. Dem liegt die Erwägung zugrunde,
dass die Vermittler oftmals am besten in der Lage sind,
Urheberrechtsverstößen über das Internet ein Ende zu setzen (vgl.
Erwägungsgrund 59 der Richtlinie 2001/29/EG; EuGH, Urteil vom 27. März 2014
- C-314/12, GRUR 2014, 468 Rn. 26 f. = WRP 2014, 540 - UPC Telekabel). Auch
Art. 11 Satz 3 der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des
geistigen Eigentums verpflichtet die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass
die Rechteinhaber eine Anordnung gegen Mittelspersonen beantragen können,
deren Dienste von einem Dritten zwecks Verletzung eines Rechts des geistigen
Eigentums in Anspruch genommen werden. Die Modalitäten dieser Anordnungen
sind im Recht der Mitgliedstaaten zu regeln (vgl. Erwägungsgrund 59 der
Richtlinie 2001/29/EG; EuGH, Urteil vom 12. Juli 2011 - C-324/09, Slg. 2011,
I-6011 = GRUR 2011, 1025 Rn. 135 - L'Oreal/eBay; Urteil vom 24. November
2011 - C-70/10, Slg. 2011, I-11959 = GRUR 2012, 265 Rn. 32 - Scarlet/SABAM;
EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 43 - UPC Telekabel). Die Richtlinie 2000/31/EG über
den elektronischen Geschäftsverkehr steht dem nicht entgegen. Sie lässt
vielmehr nach ihrem Artikel 12 Absatz 3 bezogen auf Diensteanbieter, die als
Vermittler von einem Nutzer eingegebene Informationen in einem
Kommunikationsnetz übermitteln oder den Zugang zu einem Kommunikationsnetz
vermitteln, die Möglichkeit unberührt, nach den Rechtssystemen der
Mitgliedstaaten vom Diensteanbieter zu verlangen, die Rechtsverletzung
abzustellen oder zu verhindern (vgl. auch Erwägungsgrund 45 der Richtlinie
2000/31/EG).
23 b) Von den Grundsätzen der Störerhaftung ist auch im vorliegenden Fall
auszugehen.
24 aa) Die Beklagte ist Diensteanbieterin im Sinne der § 2 Nr. 1, § 8 Abs. 1
Satz 1 TMG. Sie vermittelt den Zugang zu einem Kommunikationsnetz, weil sie
es über die von ihr bereitgestellten Internetzugänge Dritten ermöglicht, von
deren Endgeräten aus auf das Internet zuzugreifen (vgl. Hoffmann in
Spindler/ Schuster, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl., § 8 TMG Rn.
17).
25 bb) Durch die Vermittlung des Zugangs hat die Beklagte nach der
zutreffenden Beurteilung des Berufungsgerichts einen adäquat kausalen
Beitrag zu der vom Berufungsgericht festgestellten Urheberrechtsverletzung
geleistet. Nach dem Erwägungsgrund 59 der Richtlinie 2001/29/EG bezieht sich
der in der Richtlinie verwendete Begriff des "Vermittlers" auf jede Person,
die die Rechtsverletzung eines Dritten in Bezug auf ein geschütztes Werk in
einem Netz überträgt. Zur Rechtsverletzung in diesem Sinne zählt das
öffentliche Zugänglichmachen eines Schutzgegenstands (EuGH, GRUR 2014, 468
Rn. 31
- UPC Telekabel). Da der Anbieter von Internetzugangsdiensten durch die
GeWährung des Netzzugangs die Übertragung einer solchen Rechtsverletzung im
Internet zwischen seinem Kunden und einem Dritten möglich macht, ist der
Diensteanbieter an jeder Übertragung zwingend beteiligt, so dass seine
Zugangsdienste im Sinne des Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG zu einer
Urheberrechtsverletzung genutzt werden (vgl. EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 32, 40
- UPC Telekabel).
26 cc) Die Beklagte betreibt mit der Vermittlung des Zugangs zum Internet
ein von der Rechtsordnung gebilligtes und gesellschaftlich erwünschtes
Geschäftsmodell, das als solches nicht in besonderer Weise die Gefahr von Urheberrechtsverletzungen schafft.
Der vorliegende Fall unterscheidet sich
von der
Konstellation, in der der Gewerbetreibende schon vor Erlangung der Kenntnis
von einer konkreten Verletzung dazu verpflichtet ist, die Gefahr
auszuräumen, weil sein Geschäftsmodell von vornherein auf Rechtsverletzungen
durch die Nutzer angelegt ist oder er solche Rechtsverletzungen durch eigene
Maßnahmen fördert (vgl. BGH, GRUR 2009, 841 Rn. 21 f. - Cybersky).
27 Der Beklagten dürfen bei dieser Sachlage keine Kontrollmaßnahmen
auferlegt werden, die ihr Geschäftsmodell wirtschaftlich gefährden oder ihre
Tätigkeit unverhältnismäßig erschweren (vgl. EuGH, GRUR 2011, 1025 Rn. 139
- L'Oreal/eBay; EuGH, Urteil vom 16. Februar 2012 - C-360/10, GRUR 2012, 382
Rn. 39 = WRP 2012, 429 - SABAM/Netlog; BGH, Urteil vom 11. März 2004
- I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 f. - Internet-Versteigerung I; BGH, GRUR
2013, 1229 Rn. 47 - Kinderhochstühle im Internet II). Die Auferlegung einer
anlasslosen, allgemeinen Überwachungs- oder Nachforschungspflicht kommt
daher vorliegend nicht in Betracht. Eine Prüfpflicht der Beklagten im
Hinblick auf die Vermittlung des Zugangs zu den für die Klägerinnen
geschützten Musikwerken, deren Verletzung die Wiederholungsgefahr begründen
kann, konnte daher erst entstehen, nachdem sie von den Klägerinnen auf eine
klare Rechtsverletzung in Bezug auf die konkreten Musikwerke hingewiesen
worden war (BGHZ 194, 339 Rn. 28 - Alone in the Dark). Die Klägerinnen haben
die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 15. Februar 2010 auf die
Rechtsverletzungen in Bezug auf die im Antrag genannten Werke hingewiesen.
Die Beklagte hat dieser Abmahnung keine Folge geleistet und den unverändert
bestehenden Zugang zu den beanstandeten Download-Links des Internetangebots
"Goldesel" nicht unterbunden.
28 c) Die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagten sei
vorliegend eine anlassbezogene Prüfpflicht nicht zumutbar, die einer bereits
erfolgten Rechtsverletzung nachfolgt und erneuten Rechtsverletzungen vorbeugt, trifft im
Ergebnis zu.
29 aa) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, bei der im Rahmen
der Zumutbarkeit vorzunehmenden Abwägung seien die Grundrechte der Klägerinnen aus
Art. 14 GG zu beachten. Auf Seiten der Beklagten sei zu berücksichtigen,
dass diese ein legitimes und gesellschaftlich erwünschtes Geschäftsmodell
betreibe, das auch nicht - anders als etwa ein Host-Provider, der Werbung
für bei ihm gehostete rechtsverletzende Angebote mache - zu
Rechtsverletzungen anreize. Dass das Geschäftsmodell des "Goldesel"-Angebots
in der Zugänglichmachung überwiegend rechtsverletzender Inhalte bestehe, sei
hingegen für das Ausmaß der Pflichten der Beklagten unerheblich. Die Störerhaftung sei nicht subsidiär, doch müsse im Rahmen der Zumutbarkeit
berücksichtigt werden, dass Dritte - etwa der Betreiber der beanstandeten
Internetseite oder sein Host-Provider -die Rechtsverletzungen effektiver
abstellen könnten. Zugunsten der Klägerinnen sei allerdings zu unterstellen,
dass effektiver Rechtsschutz in Russland, wo der Server stehe, nicht zu
erlangen sei. Zu beachten sei ferner, dass auf der Internetseite "Goldesel"
nicht die geschützten Inhalte angeboten würden, sondern lediglich
elektronische Verweise zu diesen Internetseiten vorhanden seien, und dass
Nutzer auf andere entsprechende Seiten ausweichen könnten. Durch eine
DNS-Sperre oder eine IP-Sperre werde der Zugang zum Dienst "Goldesel"
insgesamt blockiert, so dass der Zugriff auf dort befindliche rechtmäßige
Angebote betroffen sei. Nach der Schätzung der Klägerinnen verweise
"Goldesel" auf ca. 4.000 legal abrufbare Dateien; dies sei eine für sich
genommen und erst recht im Verhältnis zu den 120 streitgegenständlichen
Titeln der Klägerinnen nicht zu vernachlässigende Anzahl. Die für
Host-Provider geltende Erwägung, die Löschung rechtmäßiger Inhalte stehe der
Zumutbarkeit von Prüfpflichten nicht entgegen, treffe auf die reine
Zugangsvermittlung nicht zu. Dasselbe gelte für das im Falle von
Host-Providern angenommene Erfordernis, externe Links
zu kontrollieren. DNS- und IP-Sperren seien nur wenig effektiv; auch sei mit
Gegenmaßnahmen der Angebotsbetreiber zu rechnen. IP-Sperren verhinderten
zudem den Zugriff auf sämtliche unter einer IP-Adresse erreichbare Seiten.
Die Klägerinnen könnten nicht garantieren, dass unter der vorliegend
bezeichneten IP-Adresse zukünftig ausschließlich zum "Goldesel"-Angebot
gehörende Seiten erreichbar seien. Zugunsten der Beklagten sei ihr
Grundrecht auf unternehmerische Freiheit zu beachten. Die Einführung und
Unterhaltung von DNS-Sperren und vor allem von IP-Sperren erfordere
administrativen, technischen und finanziellen Aufwand. IP-Sperren könnten zu
Leistungsverlusten führen, die durch den Einsatz zusätzlicher Hardware
ausgeglichen werden müsse. Die Klägerinnen hätten zum fraglichen Aufwand
lediglich vorgetragen, die Beklagte verfüge bereits über die erforderlichen
Vorrichtungen, und zum operativen und finanziellen Aufwand
Sachverständigenbeweis angeboten. Dies sei mangels Angabe eines ungefähren
Mindestaufwands unzureichend und stelle eine unzulässige Ausforschung dar.
Die Beklagte sei ihrer sekundären Darlegungslast gerecht geworden, indem sie
die gegenwärtige Vorhaltung der entsprechenden Infrastruktur in Abrede
gestellt und die für deren Einführung erforderlichen Kosten auf mindestens 1
Mio. € geschätzt habe. Die Klägerinnen hätten nicht dargelegt, welchen
wirtschaftlichen Vorteil sie durch die begehrten Sperren erlangen würden.
Selbst wenn wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen existierten, seien die
Sperren unzumutbar, weil sie auch legale Inhalte erfassten und nicht
ausreichend effektiv seien.
30 bb) Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung jedenfalls im
Ergebnis stand.
31 (1) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist
bei der Beurteilung, ob eine aufgrund der mitgliedstaatlichen Regelungen
gegen den Zugangsvermittler ergangene Anordnung im Sinne des Art. 8 Abs. 3
der Richtlinie 2001/29/EG mit dem Unionsrecht in Einklang steht, ihre
Vereinbarkeit mit den betroffenen Grundrechten der EU-Grundrechtecharta zu
prüfen (EuGH, GRUR 2012, 265 Rn. 41 - Scarlet/SABAM; GRUR 2012, 382 Rn. 43
- SABAM/Netlog; GRUR 2014, 468 Rn. 45 f. - UPC Telekabel). Die
Mitgliedstaaten haben bei der Umsetzung der Richtlinie 2001/29/EG ferner
darauf zu achten, dass sie ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den durch
die Unionsrechtsordnung geschützten Grundrechten sicherstellen (EuGH, Urteil
vom 29. Januar 2008 - C-275/06, Slg. 2008, I-271 = GRUR 2008, 241 Rn. 68
- Promusicae; EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 46 - UPC Telekabel). Das nationale
Recht ist also unter Beachtung der Grundrechte der Europäischen Union und
des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auszulegen und anzuwenden (EuGH, GRUR
2014, 468 Rn. 45 f. - UPC Telekabel).
32 Die Grundrechte sind auch nach deutschem Grundrechtsverständnis im Rahmen
der Beurteilung der Störerhaftung zu berücksichtigen. Sie sind zwar primär
Abwehrrechte des Bürgers gegenüber dem Staat, die nicht unmittelbar zwischen
Privaten gelten, die jedoch als Verkörperung einer objektiven Wertordnung
auf die Auslegung des Privatrechts - insbesondere seiner Generalklauseln -
ausstrahlen (sog. mittelbare Drittwirkung der Grundrechte; grundlegend
BVerfGE 7, 198, 205 ff. - Lüth-Urteil; vgl. Müller-Franken in Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hennecke,
GG, 13. Aufl., Vorb. v. Art. 1 Rn. 22 mwN). Die betroffenen Grundrechte der
Beteiligten sind mithin bei der umfassenden Interessenabwägung zu
berücksichtigen, die im Rahmen der Störerhaftung bei der lediglich nach Art
einer Generalklausel umschriebenen Bestimmung zumutbarer Prüfungspflichten
vorzunehmen ist (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 837).
33 Weil nach Auffassung des Gerichtshofs der Europäischen Union die
unionsrechtlichen Grundrechte auf den mitgliedstaatlichen Umsetzungsakt
einwirken, ist allerdings fraglich, welcher Raum für eine nationale
Grundrechtsprüfung
verbleibt (vgl. BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 96/10, GRUR 2012,
647 Rn. 39 = WRP 2012, 705 - INJECTIO; Nazari-Khanachayi, GRUR 2015, 115,
119). Das Bundesverfassungsgericht übt seine Gerichtsbarkeit über die
Anwendbarkeit von abgeleitetem Unionsrecht in Deutschland, das als
Rechtsgrundlage für ein Verhalten deutscher Gerichte und Behörden in
Anspruch genommen wird, nicht mehr aus und überprüft dieses Recht mithin
nicht am Maßstab der Grundrechte des Grundgesetzes, solange die Europäische
Union, insbesondere die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen
Union, einen wirksamen Schutz der Grundrechte generell gewährleistet, der
dem vom Grundgesetz jeweils als unabdingbar gebotenen Grundrechtsschutz im
Wesentlichen gleich zu achten ist, insbesondere den Wesensgehalt der
jeweiligen Grundrechte generell verbürgt (vgl. BVerfGE 73, 339, 387; 102,
147, 162 ff.; 118, 79, 95 ff.). Desgleichen misst das
Bundesverfassungsgericht eine innerstaatliche Rechtsvorschrift, die eine
Richtlinie in deutsches Recht umsetzt, insoweit nicht an den Grundrechten
des Grundgesetzes, als das Unionsrecht keinen Umsetzungsspielraum lässt,
sondern zwingende Vorgaben macht (BVerfGE 118, 79, 95 ff.).
34 (2) Zwingend ist im vorliegenden Fall die in Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie
2001/29/EG sowie in Art. 11 Satz 3 der Richtlinie 2004/48/EG zum Ausdruck
kommende unionsrechtliche Vorgabe, im Recht der Mitgliedstaaten die
Möglichkeit einer Anordnung gegen Vermittler bereitzustellen, deren Dienste
für rechtsverletzende Handlungen genutzt werden. Ein Gestaltungsspielraum
verbleibt den Mitgliedstaaten jedoch, soweit sie nach den Richtlinien die
Modalitäten der unionsrechtlich vorgesehenen Anordnung gegen Vermittler
festlegen können (vgl. Erwägungsgrund 59 der Richtlinie 2001/29/EG sowie EuGH, GRUR 2011, 1025 Rn. 135 - L'Oreal/eBay; GRUR 2012, 265 Rn. 32 -
Scarlet/ SABAM; GRUR 2014, 468 Rn. 43 - UPC Telekabel). Besteht ein solcher Gestaltungsspielraum, verbleibt es bei der Anwendbarkeit auch der deutschen
Grundrechte.
35 cc) Zu Recht hat das Berufungsgericht danach angenommen, dass die
Klägerinnen sich als Rechteinhaber bei der Verfolgung eines effektiven
Urheberrechtsschutzes auf die grundrechtliche Gewährleistung des Eigentums
gemäß Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta und Art. 14 Abs. 1 GG berufen
können, die das geistige Eigentum schützen (vgl. EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 47
- UPC Telekabel; Wendt in Sachs, Grundgesetz, 7. Aufl., Art. 14 Rn. 20a, 24
mwN). Auch wenn die Richtlinie 2001/29/EG nach ihrem Erwägungsgrund 9 ein
hohes urheberrechtliches Schutzniveau bezweckt, so ist der durch das
Unionsrecht verbürgte Schutz des geistigen Eigentums weder schranken- noch
bedingungslos gewährleistet, sondern in ein Gleichgewicht mit anderen
Grundrechten zu bringen (vgl. EuGH, GRUR Int. 2012, 153 Rn. 4 f. - Scarlet/SABAM;
GRUR 2014, 468 Rn. 61 - UPC-Telekabel).
36 dd) Im Ausgangspunkt zutreffend ist weiter die Annahme des
Berufungsgerichts, dass auf Seiten des Diensteanbieters die Grundrechte auf
Berufsfreiheit und auf unternehmerische Freiheit zu berücksichtigen sind.
Die Revision rügt mit Recht, das Berufungsgericht habe Vortrag der
Klägerinnen hierzu nicht berücksichtigt.
37 (1) Das Recht auf unternehmerische Freiheit gemäß Art. 16
EU-Grundrechtecharta und das Grundrecht der Berufsfreiheit gemäß Art. 12
Abs. 1 GG erfassen auch die Art und Weise der unternehmerischen Tätigkeit.
Dazu zählt die Freiheit des Unternehmers, über seine wirtschaftlichen,
technischen und finanziellen Ressourcen zu verfügen (EuGH, GRUR 2014, 468
Rn. 47 ff. - UPC Telekabel; Mann in Sachs aaO Art. 12 Rn. 79). Mithin
handelt es sich bei Art und Umfang des vom Zugangsvermittler aufzubringenden
administrativen,
technischen und finanziellen Aufwands für die Durchsetzung einer
Sperranordnung um einen Aspekt, der im Rahmen der umfassenden
Grundrechtsabwägung zu berücksichtigen ist. Dies gilt ungeachtet dessen,
dass der Gerichtshof der Europäischen Union den Wesensgehalt des Rechts auf
unternehmerische Freiheit durch eine Sperranordnung nicht tangiert sieht,
wenn dem Diensteanbieter die Verpflichtung auferlegt wird, seine Ressourcen
für eventuell kostenträchtige Maßnahmen einzusetzen, die beträchtliche
Auswirkungen auf die Ausgestaltung seiner Tätigkeit haben oder schwierige
und komplexe technische Lösungen erfordern (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 49 ff.
- UPC Telekabel).
38 (2) Vor diesem Hintergrund ist die Annahme des Berufungsgerichts, der
Vortrag der Klägerinnen über die wirtschaftliche Zumutbarkeit der von der
Beklagten zu treffenden Maßnahmen sei unzureichend, nicht frei von
Rechtsfehlern.
39 Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Klägerinnen hätten lediglich
vorgetragen, die Beklagte verfüge bereits über die für die Einrichtung von
Sperren erforderlichen technischen Vorrichtungen, und hätten zum operativen
und finanziellen Aufwand Sachverständigenbeweis angeboten. Dies sei mangels
Angabe eines ungefähren Mindestaufwands unzureichend und stelle eine
unzulässige Ausforschung dar. Die Beklagte sei ihrer sekundären
Darlegungslast gerecht geworden, indem sie die gegenwärtige Vorhaltung der
entsprechenden Infrastruktur in Abrede gestellt und die für deren Einführung
erforderlichen Kosten auf mindestens 1 Mio. € geschätzt habe. Diese
Beurteilung durch das Berufungsgericht hält der rechtlichen Nachprüfung
nicht stand.
40 Noch zutreffend ist der Ausgangspunkt der Überlegungen des
Berufungsgerichts, bei der Zumutbarkeit der Sperranordnung handele es sich
um eine anspruchsbegründende Voraussetzung, deren tatsächliche Grundlage der
Anspruchsteller darzulegen habe (BGH, Urteil vom 10. April 2008 - I ZR 227/05,
GRUR 2008, 1097 Rn. 19 = WRP 2008, 1517 - Namensklau im Internet). Hat
dieser keinen Einblick in die technischen Möglichkeiten und kann er von sich
aus nicht erkennen, ob dem in Anspruch genommenen Diensteanbieter der
Einsatz einer bestimmten Maßnahme im Hinblick auf interne Betriebsabläufe
zumutbar ist, so ist der Diensteanbieter im Rahmen der ihn treffenden
sekundären Darlegungslast gehalten, im Einzelnen vorzutragen, welche
Schutzmaßnahmen er ergreifen kann und weshalb ihm - falls diese Maßnahmen
keinen lückenlosen Schutz gewährleisten - weitergehende Maßnahmen nicht
zuzumuten sind. Erst ein solcher Vortrag versetzt den Anspruchsteller in die
Lage, seinerseits die Zumutbarkeit darzulegen (vgl. BGH, GRUR 2008, 1097 Rn.
19 f. - Namensklau im Internet).
41 Nach diesem Maßstab kann der Vortrag der Klägerinnen, wie die Revision zu
Recht rügt, nicht als unbeachtlich angesehen werden.
42 Die Klägerinnen haben vorgetragen, die Beklagte verfüge über ein
technisches System ("Traffic Management"), das in der
Telekommunikationsbranche verbreitet sei und eine Sperrung erlaube. Nach dem
Vortrag der Klägerinnen ist ferner in einer Pressemitteilung der Beklagten
von einer "hoch skalierbaren DNS-Infrastruktur" auf der Basis von Produkten
eines Anbieters von DNS-bezogenen Dienstleistungen die Rede. In einem
Online-Handbuch der Beklagten, so der Vortrag der Klägerinnen weiter, biete
die Beklagte selbst IP-Filter an. Die Klägerinnen haben weiter vorgetragen,
die Beklagte verfüge über neun DNS-Server und sie sei technisch in der Lage,
unkorrekte DNS-Suchanfragen automatisch zu einer unternehmenseigenen
Suchseite umzuleiten. Zum operativen Aufwand der Sperrmaßnahmen haben die
Klägerinnen unter Vorlage eines Parteigutachtens vorgetragen, für eine DNS-
oder IP-Sperre sei die Beschaffung zusätzlicher Hardware zunächst nicht erforderlich, jedoch müsse -
unter bestimmten Umständen - eine Testumgebung eingerichtet werden.
43 Die Klägerinnen haben als Tonträgerunternehmen keinen Einblick in die
wirtschaftlichen und technischen Gegebenheiten eines
Telekommunikationsunternehmens, das sich - wie die Beklagte - mit der
Bereitstellung von Internetzugängen befasst. Mit ihrem vorstehend
dargestellten Vortrag haben die Klägerinnen - wie die Revision zu Recht
geltend macht - daher der ihnen obliegenden Darlegungslast zum
erforderlichen Aufwand für Sperrmaßnahmen genügt. Im Rahmen der sekundären
Darlegungslast hatte nunmehr die Beklagte nicht nur die Existenz eines
solchen Systems zu bestreiten, sondern durch Vortrag zur administrativen und
technischen Ausstattung ihres Unternehmens für die Bereitstellung von
Internetzugängen die Klägerinnen in die Lage zu versetzen, zum
erforderlichen Aufwand von Sperrmaßnahmen näher vorzutragen und Beweis
anzubieten. Auch mit der ohne Angabe einer näheren tatsächlichen Grundlage
geäußerten Kostenschätzung in Höhe von 1 Mio. € ist die Beklagte der ihr
obliegenden sekundären Darlegungslast nicht gerecht geworden.
44 ee) Rechtlich nicht zu beanstanden ist die Annahme des Berufungsgerichts,
dass die Beklagte ein legitimes, gesellschaftlich erwünschtes
Geschäftsmodell betreibt, welches nicht im Sinne der Rechtsprechung des
Senats (vgl. BGH, GRUR 2009, 841 Rn. 21 f. - Cybersky) von vornherein auf
eine urheberrechtsverletzende Nutzung angelegt ist. Hieraus folgt aber
lediglich, dass der Beklagten keine allgemeinen Überwachungs- oder
Nachforschungspflichten auferlegt werden dürfen (s.o. Rn. 27). Solche
verlangen die Klägerinnen auch nicht.
45 ff) Die Annahme des Berufungsgerichts, die nur eingeschränkte
Effektivität der DNS- bzw. IP-Sperren spreche im konkreten Fall gegen die
Zumutbarkeit des begehrten Verbots, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht
stand.
46 (1) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind die in Betracht
kommenden Sperrmaßnahmen der DNS- und IP-Sperre zwar technisch möglich, aber
nur wenig effektiv. Sie beseitigten die Erreichbarkeit der beanstandeten
Webseiten nicht vollständig, sondern erschwerten den Zugriff lediglich, weil
die Webseiten über Umwege erreichbar blieben. Die Nutzer könnten zudem auf
anderweitig im Internet zur Verfügung gestellte "ed2k"-Links ausweichen, die
zumindest teilweise auch redaktionell geprüft und daher aus Sicht der Nutzer
gleichwertig seien. Weil auch der Dienst "eDonkey" selbst über eine -
wenngleich nicht mit Aussagen über den Dateiinhalt versehene - Suchfunktion
verfüge, beeinträchtigte grundsätzlich nicht einmal der völlige Ausfall
sämtlicher Linkseiten die Funktionsfähigkeit des "eDonkey"-Netzwerks. Die
von den Klägerinnen vorgelegten Zahlen aus anderen europäischen Ländern zur
- das Auffinden von Inhalten im BitTorrent-Netzwerk erleichternden - Seite
"The Pirate Bay" zeigten, dass auch nach der Einrichtung von Sperren
signifikante Nutzerzahlen verblieben seien. Maßgeblich für die Interessen
der Klägerinnen seien aber nicht die Zugriffszahlen auf Linkseiten dieser
(auch vorliegenden) Art, sondern der Datenverkehr in den Netzwerken mit
rechtsverletzenden Inhalten, der nach Angaben der Klägerinnen in den Ländern
mit Sperren um lediglich 11% zurückgegangen, hingegen in Ländern ohne
Sperren um 15% gestiegen sei. Es sei auch mit Gegenmaßnahmen der
Seitenbetreiber zu rechnen, die schnell auf andere Domains ausweichen
könnten.
47 (2) Der Gerichtshof der Europäischen Union verlangt, dass die vom
Zugangsvermittler verlangten Sperrmaßnahmen hinreichend effektiv sind, um
einen wirkungsvollen Schutz des Grundrechts auf Eigentum sicherzustellen.
Die
Maßnahmen müssen danach bewirken, dass unerlaubte Zugriffe auf die
Schutzgegenstände verhindert oder zumindest erschwert werden und dass die
Internetnutzer zuverlässig vom Zugriff darauf abgehalten werden (EuGH, GRUR
2014, 468 Rn. 62 f. - UPC Telekabel). Bei der Anwendung dieses Maßstabs ist
entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts für die Frage der Effektivität
der Sperrmaßnahmen nicht auf ihren Einfluss auf die Gesamtheit der Zugriffe
auf im "eDonkey"-Netzwerk vorgehaltene illegale Dateien abzustellen, sondern
auf die Auswirkungen der Sperren für den Zugriff auf die konkret
beanstandeten Webseiten. Das Effizienzkriterium ist maßnahmebezogen zu
verstehen, weil andernfalls die Rechteinhaber gerade im Fall von massenhaft
begangenen Rechtsverletzungen im Internet schutzlos wären. Ebenso wenig wie
der Verletzer eines absoluten Rechts durch den Hinweis auf die Fortdauer
einer von der beanstandeten Handlung unabhängigen Verletzung desselben
Rechts einem Verbot entgehen kann, steht dem Störer die Berufung darauf
offen, dass die gegen ihn begehrte Maßnahme die auf anderem Wege erfolgende
Beeinträchtigung des geschützten Rechts nicht verhindert (vgl. High Court of
Justice, [2014] EWHC 3354 (Ch) Rn. 173). Entgegen der Auffassung des
Berufungsgerichts spricht es ferner nicht gegen die Zumutbarkeit der
Inanspruchnahme eines Internet-Zugangsvermittlers, dass Betreiber illegaler
Internetangebote im Falle von Sperren schnell auf andere Domains ausweichen
könnten, weil auch dies den Rechteinhaber im Ergebnis rechtlos stellte.
48 Die aufgrund der technischen Gegebenheiten des Internets stets
bestehende Umgehungsmöglichkeit (vgl. hierzu Pfitzmann/Köpsell/Kriegelstein,
Sperrverfügungen gegen Access-Provider, Technisches Gutachten, S. 52 ff.)
spricht nicht gegen die Zumutbarkeit einer Sperrung. Nach
Auffassung des Gerichtshofs der Europäischen Union sind Maßnahmen, die
unerlaubte Zugriffe auf die Schutzgegenstände verhindern oder zumindest
erschweren und die Internetnutzer zuverlässig vom Zugriff darauf abhalten,
im Rahmen der Gesamtabwägung auch dann zulässig, wenn sie nicht geeignet sind, die
Rechtsverletzung vollständig abzustellen (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 62 f. -
UPC Telekabel). Im vorliegenden Zusammenhang kann nicht ohne weiteres
angenommen werden, dass eine Vielzahl von Nutzern willens und aufgrund ihres
technischen Wissens in der Lage ist, etwaige Sperren zu umgehen. Erfolglose
Zugriffsversuche dürften vielmehr das Unrechtsbewusstsein der Nutzer
verstärken und deren Bereitschaft, die Sperren zu umgehen, entgegenwirken.
Angesichts des Umstands, dass jedenfalls der zunächst gewählte Zugangsweg zu
den rechtswidrigen Inhalten durch die Sperren unterbunden wird, vermag die
bloße Möglichkeit der Umgehung, deren Wahrnehmung nach Art und Umfang nicht
zu prognostizieren ist, die Annahme hinreichender Effektivität der Sperren
nicht zu erschüttern.
49 Ebenso wenig sprechen etwaige Gegenmaßnahmen der Betreiber der
Internetseiten mit rechtswidrigen Inhalten gegen die Zumutbarkeit einer
Sperrung. Andernfalls wären die Inhaber von Urheber- und anderen
Schutzrechten gegenüber Rechtsverletzungen im Internet schutzlos gestellt.
Der Umstand, dass die Betreiber durch häufigen Wechsel des Host-Providers
oder Verlagerung des Serverstandortes in Länder, in denen eine effektive
gerichtliche Verfolgung erschwert ist, der Rechtsverfolgung zu entgehen
versuchen könnten, stärkt vielmehr die Notwendigkeit, durch Sperrverlangen
auf der Ebene des AccessProviders den Ausweichversuchen der
Webseitenbetreiber zu begegnen.
50 (3) Danach sind auf der Grundlage des vom Berufungsgericht herangezogenen
Vortrags der Klägerinnen sowie bei Anlegung des zutreffenden rechtlichen
Maßstabs sowohl die DNS- als auch die IP-Sperre als hinreichend effektiv
anzusehen, weil nach den von den Klägerinnen angeführten Erfahrungen mit
vergleichbaren Sperren in anderen europäischen Ländern zu erwarten ist, dass
sie die inländischen Zugriffe auf die vorliegend beanstandeten Webseiten
ebenfalls in relevantem Umfang verringern. Zur Effektivität der URL-Sperren hat
das Berufungsgericht keine näheren Feststellungen getroffen, so dass für das
Revisionsverfahren von deren Effektivität auszugehen ist.
51 gg) Das Berufungsgericht hat im Rahmen der Zumutbarkeit im Ausgangspunkt
zu Recht geprüft, inwieweit die von den Klägerinnen begehrten Sperren auch
rechtmäßige Inhalte auf den betroffenen Internetseiten blockieren. Seine
Feststellung, URL-Sperren vermieden eine Blockierung rechtmäßiger Inhalte,
nimmt die Revision als für die Klägerinnen günstig hin. Die weitere
Feststellung des Berufungsgerichts, die vorliegend von DNS- und IP-Sperren
miterfassten rechtmäßigen Inhalte seien nicht vernachlässigenswert und
dieser Umstand spreche gegen die Zumutbarkeit der begehrten Sperranordnung,
hält der rechtlichen Nachprüfung allerdings nicht stand.
52 (1) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass sich auf der Seite
"Goldesel.to" neben rechtswidrigen auch rechtmäßige Angebote befanden. Durch
die Sperren würde den Kunden der Beklagten generell der Zugang auf sämtliche
dort verfügbaren Links verwehrt und somit den Klägerinnen ein weit über ihre
im Rechtsstreit geltend gemachten ausschließlichen Nutzungsrechte
hinausgehender Schutz zugebilligt. Die Klägerinnen seien nicht als zur
Verfolgung der Rechte an urheberrechtlich geschützten Werken Dritter
ermächtigt anzusehen; von einem mutmaßlichen Einverständnis dieser
Rechteinhaber könne nicht ausgegangen werden, weil ein Teil der Werke in
bestimmten Mitgliedstaaten gemeinfrei sein oder von den Urhebern kostenlos
ins Internet eingestellt worden sein könnten. Bei Zugrundelegung der
Schätzung der Klägerinnen verweise "Goldesel" auf etwa 4.000 legal abrufbare
Dateien. Dies sei eine für sich genommen und erst recht im Verhältnis zu den
120 streitgegenständlichen Titeln der Klägerinnen nicht zu vernachlässigende
Anzahl. Zu berücksichtigen sei weiterhin, dass auf der Seite "Goldesel.to"
ein Meinungsforum vorgehalten und Werbung von Drittunternehmen präsentiert werde, wenngleich
jedenfalls Werbetreibende, die Werbung auf einer den Zugang zu überwiegend
rechtsverletzenden Inhalten vermittelnden Seite betrieben, nicht in
besonderem Maße schutzwürdig seien.
53 (2) Im Hinblick auf das Grundrecht der Internetnutzer auf
Informationsfreiheit (Art. 11 Abs. 1 EU-Grundrechtecharta, Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) verlangt
der Gerichtshof der Europäischen Union, dass Sperrmaßnahmen streng
zielorientiert sind, indem sie die Urheberrechtsverletzung beenden, ohne
Internetnutzern die Möglichkeit zu nehmen, rechtmäßig Zugang zu
Informationen zu erlangen (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 56 - UPC Telekabel).
54 (3) Die Problematik der Mitbetroffenheit legaler Inhalte (sog. "Over-blocking")
ist im Hinblick auf die gewählte Sperrmethode zum einen relevant, wenn durch
die Sperrung einer IP-Adresse die Erreichbarkeit weiterer, unter derselben
IP-Adresse vorgehaltener Webseiten unterbunden wird (vgl. Sieber/ Nolde,
Sperrverfügungen im Internet, 2008, S. 50). Zum anderen können sich auf der
jeweiligen Webseite sowohl illegale als auch legale Angebote befinden.
Vorliegend ist nach dem Vortrag der Klägerinnen die im Antrag genannte
IP-Adresse mit vier Webseiten verknüpft, die sämtlich zum "Goldesel"-Angebot
zählten, so dass anderweitige Internet-Seiten mit möglicherweise legalem
Inhalt von einer IP-Sperre nicht betroffen wären.
55 Soll sich der Anbieter eines auf Rechtsverletzungen angelegten
Geschäftsmodells nicht hinter wenigen legalen Angeboten verstecken können,
liegt es auf der Hand, dass eine Sperrung nicht nur dann zulässig sein kann,
wenn ausschließlich rechtswidrige Informationen auf der Webseite
bereitgehalten werden (J.B. Nordemann in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 11.
Aufl., § 97 UrhG Rn. 170; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 105, 108). Im Rahmen
der
Grundrechtsabwägung hat auch der Gerichtshof der Europäischen Union das
Kriterium der strengen Zielorientierung dahingehend formuliert, dass die
ergriffenen Sperrmaßnahmen den Internetnutzern die Möglichkeit, in
rechtmäßiger Weise Zugang zu den verfügbaren Informationen zu erhalten,
"nicht unnötig" vorenthalten dürfen (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 63 - UPC
Telekabel; vgl. Leistner/Grisse, GRUR 2015, 105, 108). In der das
File-Hosting betreffenden Rechtsprechung hat der Senat zudem anerkannt, dass
die Erfüllung von Prüfpflichten im Interesse eines wirksamen Schutzes des
Urheberrechts nicht unzumutbar ist, auch wenn dies im Einzelfall zu einer
Löschung rechtmäßiger Inhalte führt, sofern auf diese Weise die legale
Nutzung des Angebots des Diensteanbieters nur in geringem Umfang
eingeschränkt und dessen Geschäftsmodell dadurch nicht grundlegend in Frage
gestellt wird (BGH, Urteil vom 12. Juli 2007 - I ZR 18/04, BGHZ 173, 188 Rn.
60 - Jugendgefährdende Medien bei eBay; BGHZ 194, 339 Rn. 45 - Alone in the
Dark; BGH, GRUR 2013, 1030 Rn. 62 - File-Hosting-Dienst). Entgegen der
Auffassung des Berufungsgerichts ist deshalb nicht auf eine absolute Zahl
rechtmäßiger Angebote auf der jeweiligen Seite, sondern auf das
Gesamtverhältnis von rechtmäßigen zu rechtswidrigen Inhalten abzustellen und
zu fragen, ob es sich um eine nicht ins Gewicht fallende Größenordnung von
legalen Inhalten handelt (vgl. Leist-ner/Grisse, GRUR 2015, 105, 108 f.).
Dass die Klägerinnen ihre Ansprüche lediglich auf Rechte an 120 Musiktiteln
stützen, eine Sperre jedoch über diese Titel hinaus auch Verweise der
beanstandeten Internetseiten auf urheberrechtlich geschützte Werke Dritter
erfassen würde, zu deren Geltendmachung die Klägerinnen nicht ermächtigt
worden sind, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung.
56 Auf der Grundlage des vom Berufungsgericht herangezogenen Klägervortrags, demzufolge rechtmäßige Inhalte auf der Internetseite "Goldesel.to"
mit einem Anteil von nur 4% vertreten sind, scheitert die Annahme der
Zumutbarkeit
von Sperrmaßnahmen nicht an der Betroffenheit rechtmäßiger Angebote.
57 (4) Für die Rechtmäßigkeit einer Anordnung unter dem Aspekt der
Informationsfreiheit ist nach Auffassung des Gerichtshofs der Europäischen
Union weiter erforderlich, dass die nationalen Verfahrensvorschriften den
Internetnutzern ermöglichen, ihre Rechte nach Bekanntwerden der vom Anbieter
getroffenen Sperrmaßnahmen vor Gericht geltend zu machen (EuGH, GRUR 2014,
468 Rn. 56 - UPC Telekabel). Diesem Erfordernis kann im nationalen Recht
dadurch Rechnung getragen werden, dass Internetnutzer ihre Rechte gegenüber
dem Zugangsprovider auf der Grundlage des zwischen ihnen bestehenden
Vertragsverhältnisses gerichtlich geltend machen können (vgl. öOGH, GRUR
Int. 2014, 1074, 1079; Nordemann, ZUM 2014, 499, 500; Leistner/Grisse, GRUR
2015, 105, 110; aA Spindler, GRUR 2014, 826, 833 f.; Ohly, ZUM 2015,
308, 318).
58 hh) Der rechtlichen Nachprüfung hält auch die Annahme des
Berufungsgerichts nicht stand, die Klägerinnen hätten nicht hinreichend
dargelegt, welchen wirtschaftlichen Vorteil sie durch die begehrten
Sperrmaßnahmen erzielen würden.
59 Die Erlangung eines konkret zu beziffernden wirtschaftlichen Vorteils für
die Klägerinnen ist nicht Voraussetzung für die Zumutbarkeit einer
Sperranordnung gegen Access-Provider. Die Klägerinnen müssen sich auf
wirksame Weise gegen die Verletzung ihrer urheberrechtlich geschützten
Positionen zur Wehr setzen können. Im Rahmen der Zumutbarkeitsbetrachtung
kommt es allein darauf an, ob weitere Rechtsverletzungen auf wirksame Weise
abgestellt oder erschwert werden, ohne dass weitere konkrete wirtschaftliche
Vorteile auf
Seiten der Rechteinhaber hinzutreten müssten (vgl. EuGH, GRUR 2014, 468 Rn.
63 - UPC Telekabel; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 105, 107).
60 ii) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kommt dem
Fernmeldegeheimnis gemäß Art. 10 Abs. 1 GG und dem Grundrecht aus Art. 7
EU-Grundrechtecharta auf Achtung der Kommunikation im Rahmen der Abwägung
keine maßgebliche Bedeutung zu.
61 (1) Für die Beurteilung der Frage, ob die zur Umsetzung des begehrten
Verbots erforderlichen Maßnahmen an Art. 10 Abs. 1 GG und Art. 7
EU-Grundrechtecharta zu messen sind, sind die Feststellungen zugrunde zu
legen, die das Berufungsgericht zu deren technischen Voraussetzungen
getroffen hat. Danach kann das gegenüber der Beklagten begehrte Verbot,
ihren Kunden Zugang zu den über den Internetdienst "Goldesel" abrufbaren
Tonträgern zu vermitteln, durch drei technische Methoden - eine DNS-Sperre,
eine IP-Sperre oder eine URL-Sperre durch Verwendung eines "Zwangs-Proxys" -
umgesetzt werden.
62 Die DNS-Sperre zielt auf das "Domain Name System" (DNS), bei dem - nach
Art eines Telefonbuchs - jeder Domain-Bezeichnung eine numerische IP-Adresse
zugeordnet ist, die bei der Eingabe eines Domainnamens in die Browserzeile
durch den DNS-Server des Zugangsproviders aufgefunden wird, so dass die
Anfrage an den Server mit der entsprechenden IP-Adresse weitergeleitet
werden kann. Die DNS-Sperre besteht darin, dass die Zuordnung von
Domain-Bezeichnung und IP-Adresse auf dem DNS-Server des Zugangsproviders
verhindert wird, so dass die betroffene Domain-Bezeichnung - gleichsam wie
bei einer Löschung eines Telefonbucheintrags - nicht mehr zur entsprechenden
Internetseite führt, die allerdings unter der IP-Adresse weiterhin
erreichbar ist (vgl. Sieber/Nolde aaO S. 50; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 19,
22).
63 Die IP-Sperre setzt bei der IP-Adresse (Internet-Protocol-Adresse) einer
Webseite an, über die diese im Internet aufgefunden wird, indem durch eine
Änderung in der bei dem Zugangsprovider betriebenen Routingtabelle die
Weitersendung von Daten an die Zieladresse, die gesperrt werden soll,
verhindert wird. Sie führt dazu, dass sämtliche unter der IP-Adresse
betriebenen Seiten nicht erreichbar sind (Sieber/Nolde aaO S. 50; Leistner/Grisse,
GRUR 2015, 19,
23 f.).
64 Die URL-Sperre durch Verwendung eines "Zwangs-Proxys" bewirkt, dass der
Zugriff auf durch die URL (Uniform Resource Locator) identifizierbare
einzelne Seiten eines Internetauftritts gesperrt wird. Hierzu wird der
gesamte Datenverkehr über einen gesonderten Server geleitet
("Zwangs-Proxy"), der in der Lage ist, die in die Datenpakete der
Nutzeranfrage eingebettete Information zur URL zu analysieren ("Deep packet
inspection"; vgl. Sieber/Nolde aaO S. 51; Leistner/Grisse, GRUR 2015, 19,
24).
65 (2) Das Grundrecht des Art. 10 Abs. 1 GG gewährleistet den Schutz vor
jeder Kenntnisnahme, Aufzeichnung und Verwertung der Kommunikationsinhalte
oder -daten durch den Staat und begründet zugleich - auch soweit es sich
(wie vorliegend) um von Privaten betriebene Telekommunikationsanlagen
handelt - eine Schutzpflicht des Staates gegen unbefugte Kenntniserlangung
Dritter (Pagenkopf in Sachs aaO Art. 10 Rn. 14; Durner in Maunz/Dürig, GG,
73. Lief., Art. 10 Rn. 112 mwN). Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis
gewährleisten die freie Entfaltung der Persönlichkeit durch einen privaten,
vor der Öffentlichkeit verborgenen Austausch von Nachrichten, Gedanken und
Meinungen als Informationen (vgl. BVerfGE 67, 157, 171; 106, 28, 35 f.; 110,
33, 53; BVerfG, NJW 2007, 351, 352). Anknüpfungspunkt des Schutzes von Art.
10 Abs. 1 GG ist stets der nichtöffentliche Austausch konkreter
Kommunikationsteilnehmer; dagegen unterfällt an die Allgemeinheit gerichtete
Kommunikation nicht dieser
Vorschrift (Durner in Maunz/Dürig aaO Art. 10 Rn. 92; ders, ZUM 2010, 833,
838). Bezogen auf Internetkommunikation hat das Bundesverfassungsgericht
etwa Maildienste, Chatdienste und nichtöffentliche Diskussionsforen als vom
Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG erfasst angesehen (BVerfGE 120, 274,
340; vgl. auch BVerfGE 113, 348, 383). Die bloße Verhinderung von
Kommunikation fällt nicht in den Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG (vgl.
Jarass in Ja-rass/Pieroth, GG, 13. Aufl., Art. 10 Rn. 12; Durner, ZUM 2010,
833, 841).
66 (3) Die Beurteilung der vorliegend in Rede stehenden Sperrmaßnahmen
anhand des Maßstabes des Art. 10 Abs. 1 GG ist umstritten. Stellt man auf
das Kriterium der Öffentlichkeit ab, so ist das an eine unbestimmte Vielzahl
von Adressaten gerichtete Angebot von Links zum Download im Internet keine
vertrauliche Individualkommunikation, sondern als öffentliches Angebot vom
Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG nicht erfasst (vgl. Schenke in
Stern/Becker, Grundrechte-Kommentar, Art. 10 Rn. 41; Jarass in
Jarass/Pieroth aaO Art. 10 Rn. 6; Czychowkski, MMR 2004, 514, 518; Durner,
ZUM 2010, 833, 840 f.; Sankol, MMR 2006, 361, 364; Billmeier, Die
Düsseldorfer Sperrungsverfügung, 2007, S. 182 ff., 273 f.; Kropp, Die
Haftung von Host- und Access-Providern bei Urheberrechtsverletzungen, 2012,
S. 162). Nach anderer Auffassung tangiert zwar nicht die DNS-Sperre, sehr
wohl aber die IP- und die URL-Sperre die durch Art. 10 Abs. 1 GG geschützte
Vertraulichkeit der Kommunikation. Zur Begründung wird angeführt, für die
Unterscheidung zwischen Individual- und Massenkommunikation im Internet sei
eine Auswertung erforderlich, die Rückschlüsse auf Nutzer und
Kommunikationsinhalte zulassen könnte (Hermes in Dreier, Grundgesetz, 3.
Aufl. 2013, Art. 10 Rn. 40; Sieber/Nolde aaO S. 79 ff.; Germann,
Gefahrenabwehr und Strafverfolgung im Internet, 2000, S. 118; Sievers, Der
Schutz der Kommunikation im Internet durch Art. 10 des Grundgesetzes, 2003,
S. 129 f.).
67 (4) Der Senat schließt sich der Auffassung an, dass bei Anwendung der
gebotenen teleologischen Betrachtungsweise sämtliche hier erörterten
Zugangssperren nicht den Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG berühren.
68 Der Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG ist schon deshalb nicht berührt,
weil das öffentliche Angebot von Dateien zum Download und auch der Zugriff
darauf keine von dieser Vorschrift geschützte Individualkommunikation
darstellt. Dass der Zugriff auf ein öffentliches Angebot zum Download
jeweils mittels individueller technischer Kommunikationsverbindungen
erfolgt, rechtfertigt die Einstufung als Kommunikation im Sinne des Art. 10
Abs. 1 GG nicht, weil eine bloße technische Kommunikation nicht die
spezifischen Gefahren für die Privatheit der Kommunikation aufweist, die
diese Vorschrift schützt (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 840 f.). Ein solcher
Zugriff stellt sich vielmehr als öffentliche, der Nutzung von Massenmedien
vergleichbare Kommunikationsform dar, die von anderen Grundrechten -
insbesondere Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG - erfasst wird (vgl. Billmeier aaO S.
183).
69 Der Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG ist, sofern keine weitergehende
Sichtung und Auswertung der Daten erfolgt, auch deshalb nicht eröffnet, weil
die Zugangssperren allein Maßnahmen der Kommunikationsverhinderung sind. In
diesem Fall beschränkt sich die (automatisierte) Kenntnisnahme des Providers
von Umständen der Kommunikation allein auf das zur Unterbrechung der
Kommunikation Erforderliche (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 842; Leistner/
Grisse, GRUR 2015, 19, 22 ff.). Das Bundesverfassungsgericht verneint im
Falle der Erfassung von Fernmeldevorgängen einen Grundrechtseingriff, sofern
diese lediglich technikbedingt erfasst und anonym, spurenlos und ohne
Erkenntnisinteresse für die Behörden umgehend ausgesondert werden (vgl.
BVerfGE 100, 313, 366; 107, 299, 328; Durner, ZUM 2010, 833, 842). Wenn bei
der Durchführung von IP- und URL-Sperren die hierfür notwendigen Daten unmittelbar nach der Erfassung technisch wieder anonym, spurenlos und ohne
weitergehendes Erkenntnisinteresse gelöscht werden, kommt den Maßnahmen die
Qualität eines Eingriffs in Art. 10 Abs. 1 GG nicht zu (vgl. Durner, ZUM
2010, 833, 842). Sofern die Erfassung und Verwendung der für die
Sperrmaßnahmen erforderlichen Daten bei dem Access-Provider ohnehin zur
Herstellung der jeweiligen Verbindung benötigt würde, käme ein solcher
Eingriff schon deshalb nicht in Betracht, weil die Kenntnisnahme von
Umständen, die für die Erbringung des Telekommunikationsdienstes
erforderlich sind, gemäß § 88 Abs. 3 Satz 1 TKG nicht vom Schutzbereich des
Fernmeldegeheimnisses umfasst ist (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 845;
Leistner/Grisse, GRUR 2015, 19, 24 f.).
70 (5) Das Grundrecht auf Achtung der Kommunikation gemäß Art. 7
EU-Grundrechtecharta wird durch die genannten Sperrmaßnahmen ebenfalls nicht
tangiert. Dies gilt ungeachtet des Umstands, dass dieses Grundrecht -
insoweit weitergehend als Art. 10 Abs. 1 GG - auch vor der bloßen
Verhinderung oder Verzögerung der Kommunikation schützt (vgl. Jarass, Charta
der Grundrechte der EU, 2. Aufl., Art. 7 Rn. 50). Schutzzweck des Art. 7
EU-Grundrechtecharta ist gleichfalls die Vertraulichkeit der Kommunikation,
die an bestimmte Adressaten und nicht an die Öffentlichkeit gerichtet ist
(Jarass aaO Art. 7 Rn. 47; Meyer, Charta der Grundrechte der Europäischen
Union, 4. Aufl., Art. 7 Rn. 24). Dieser Schutzzweck wird durch die Sperrung
öffentlicher Angebote zum Download oder des Zugriffs darauf nicht berührt.
Insoweit gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend (Rn. 68).
71 jj) Zu beanstanden ist ferner die Annahme des Berufungsgerichts,
jedenfalls die Anordnung einer URL-Sperre bedürfe als grundrechtsrelevante
Maßnahme nach der sogenannten Wesentlichkeitstheorie einer
spezialgesetzlichen Grundlage.
72 (1) Ausgehend von der Ansicht, der Staat dürfe in Grundrechte des
Bürgers, insbesondere in dessen Freiheit und Eigentum, nur auf Grund eines
Gesetzes eingreifen, hat das Bundesverfassungsgericht den Vorbehalt des
Gesetzes anhand der sogenannten Wesentlichkeitstheorie fortentwickelt.
Danach muss der Gesetzgeber in grundlegenden normativen Bereichen des
Verhältnisses zwischen Staat und Bürgern, vor allem im Bereich der Ausübung
konkurrierender Grundrechte, alle wesentlichen Entscheidungen selbst treffen
(BVerfGE 49, 89, 126; 108, 282, 311; Hofmann in Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke
aaO Art. 20 Rn. 69, Sachs in Sachs aaO Art. 20 Rn. 117). Die Bestimmung
dessen, was jenseits der klassischen Eingriffslage "wesentlich" ist,
unterliegt erheblichen Schwierigkeiten (vgl. Ossenbühl, Handbuch des
Staatsrechts, 3. Aufl., Bd. 5, § 101 Rn. 56). Festzuhalten ist jedoch, dass
die Wesentlichkeitstheorie nur für das Verhältnis zwischen Staat und
Bürgern und nicht zwischen gleichgeordneten Grundrechtsträgern gilt (BVerfG,
NJW 1991, 2549, 2550; NJW 1993, 1379, 1380; Hofmann in Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hennecke
aaO Art. 20 Rn. 69; Jachmann, JA 1994, 399, 400 f.). Mit dem Kriterium der
Wesentlichkeit kann beurteilt werden, ob die in Art. 20 Abs. 3 GG
verankerten Gebote der Demokratie und des Rechtsstaats der Delegation von
Rechtssetzung vom Parlament auf die Exekutive entgegenstehen. Bei einer
Kollision gegenläufiger Grundrechte gleichgeordneter Rechtsträger stellt
sich eine solche Kompetenzfrage nicht, weil der Staat in einen solchen
Konflikt über die Gerichte lediglich als Vermittler eingebunden ist, der
nicht die Zulässigkeit eines hoheitlichen Grundrechtseingriffs prüft,
sondern die betroffenen Belange gegeneinander abwägt (Jachmann, JA 1994,
399, 400 f.; Durner, ZUM 2010, 833, 835).
73 (2) Vorliegend ist nicht das Verhältnis zwischen Staat und Bürgern,
sondern eine zivilrechtliche Haftungsfrage zwischen Rechteinhabern und
Telekommunikationsunternehmen, also zwischen gleichgeordneten
Grundrechtsträgern betroffen. Im Streit zwischen Privaten müssen die
Gerichte aber selbst bei
unzureichenden gesetzlichen Vorgaben das materielle Recht mit den
anerkannten Methoden der Rechtsfindung aus den für das betreffende
Rechtsverhältnis maßgeblichen allgemeinen Rechtsgrundlagen ableiten (vgl.
BVerfGE 84, 212, 226 f.). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts lassen
sich aus den gesetzgeberischen Vorgängen um das zunächst in Kraft getretene,
später wieder aufgehobene Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornographie in
Kommunikationsnetzen (BGBl. 2010 I, S. 78) keine für das Verhältnis zwischen
Privatrechtssubjekten relevanten Schlüsse ziehen. Dieses Gesetz betraf
staatlicherseits angeordnete Sperren oder Zugangserschwerungen für Webseiten
mit kinderpornographischen Inhalten und regelte deshalb einen klassischen
eingriffsrechtlichen Sachverhalt im Verhältnis des Staates zum Bürger.
74 (3) Mit der Störerhaftung, die richterrechtlich aus einer Analogie zu §
1004
BGB abgeleitet wird und im Bereich der Immaterialgüterrechte - absoluter
Rechte im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB - weiter Anwendung findet, ist eine
hinreichende Rechtsgrundlage für die Beurteilung der vorliegenden
Konstellation gegeben (vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 2001 - I ZR 22/99,
GRUR 2002, 618, 619 = WRP 2002, 532 - Meißner Dekor; BGHZ 158, 236, 251 -
Internet-Versteigerung I; Köhler, GRUR 2008, 1, 6; Leistner/Grisse, GRUR
2015, 19 f.; Nordemann, ZUM 2014, 499). Der deutsche Gesetzgeber hat
hinsichtlich einer gegen einen Vermittler gerichteten Verbotsanordnung
angesichts der Regelung des § 97 UrhG in Verbindung mit dem Institut der
Störerhaftung keinen gesonderten Gesetzgebungsbedarf gesehen (vgl.
Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Regelung des
Urheberrechts in der Informationsgesellschaft, BT-Drucks. 15/38, S. 35, 39;
Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der
Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums, BR-Drucks. 64/07, S. 70,
75; vgl. auch BGHZ 172, 119 Rn. 37 - Internet-Versteigerung II).
75 (4) Aus unionsrechtlicher Sicht ist die Frage des Gesetzesvorbehalts
ebenso zu beantworten. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat im
privatrechtlichen Streit zwischen dem Inhaber des Urheberrechts und einem
Diensteanbieter die Vorschrift des Art. 52 Abs. 1 Satz 1
EU-Grundrechtecharta entgegen der Empfehlung des Generalanwalts Villalön
(Schlussanträge vom 14. April 2011 in der Rs. C-70/10 - Scarlet/SABAM Rn. 88
ff., 101 ff.) nicht angewendet (vgl. EuGH, GRUR 2012, 265 Rn. 30 ff. -
Scarlet/SABAM; Spindler, JZ 2012, 311, 312). Nach dieser Bestimmung muss
jede Einschränkung der in der EU-Grundrechtecharta anerkannten Rechte und
Freiheiten gesetzlich geregelt sein. Bereits in der Sache "L'Oreal/eBay"
hatte der Gerichtshof der Europäischen Union den Einwand mangelnder
spezifischer Regelung mit dem Hinweis auf die Pflicht zur
richtlinienkonformen Auslegung nicht durchgreifen lassen (vgl. EuGH, GRUR
2011, 1025 Rn. 137 - L'Oreal/eBay; Rössel, jurisPR-ITR 25/2011 Anm. 2 unter
C 6).
76 kk) Soweit bei der Vornahme der Sperren personenbezogene Daten erfasst
werden, ist in die Zumutbarkeitsbetrachtung auch das Grundrecht der
Internetnutzer auf Schutz ihrer personenbezogenen Daten (Art. 8
EU-Grundrechtecharta) und auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 1
und 2 Abs. 1 GG einzustellen. Diese Grundrechte sprechen nicht gegen die
Zumutbarkeit der Anordnung von Sperren gegen Access-Provider, sofern für
deren Durchführung IP-Adressen der Nutzer lediglich im Einklang mit § 95 TKG
verwendet werden.
77 (1) Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung hat - bezogen auf
Kommunikationsdaten - im Recht des Datenschutzes der §§ 91 ff. TKG seine
einfachgesetzliche Ausprägung gefunden, die die Erhebung und Verwendung
personenbezogener Daten im Bereich der Telekommunikation regeln (vgl. Durner,
ZUM 2010, 833, 843). Personenbezogene Daten im Sinne des § 3 Abs. 1 BDSG
sind unter anderem die IP-Adressen, weil der Access-Provider
einen Bezug zwischen den IP-Adressen und der Person des Nutzers herstellen
kann (vgl. EuGH, GRUR 2012, 265 Rn. 51 - Scarlet/SABAM; Braun in Gep-pert/Schütz,
Beckscher TKG-Komm., 3. Aufl., § 91 Rn. 16; Kropp aaO S. 164). Soweit daher
für die Durchführung der in Betracht kommenden Sperren die IP-Adressen der
Nutzer erfasst und verwendet werden, sind mithin die Datenschutzgrundrechte
aus Art. 8 EU-Grundrechtecharta und Art. 1 und 2 Abs. 1 GG für die Abwägung
relevant. Dies ist für IP- und URL-Sperren der Fall, bei denen die in der
Anfrage des Nutzers angegebene IP-Adresse oder URL der Zielseite zumindest
kurzzeitig verwendet werden (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 844; Kropp aaO S.
164 f.). Hingegen sind DNS-Sperren insoweit schon im Ausgangspunkt
unproblematisch, da hier lediglich - ohne Zugriff auf IP-Adressen -das
Zustandekommen von Verbindungen unterbunden wird (Durner, ZUM
2010, 833, 845; Kropp aaO S. 165).
78 Nach § 95 TKG darf der Diensteanbieter Bestandsdaten - dies sind gemäß
§ 3 Nr. 3 TKG die Daten eines Teilnehmers, die für die Begründung,
inhaltliche Ausgestaltung, Änderung oder Beendigung eines
Vertragsverhältnisses über Telekommunikationsleistungen erhoben werden -
erheben und verwenden, soweit dies für die genannten Zwecke erforderlich
ist. Einer strengeren Regelung unterliegen die Verkehrsdaten, also die bei
der Erbringung des Telekommunikationsdienstes erhobenen, verarbeiteten oder
genutzten Daten (§ 3 Nr. 30 TKG). Gemäß § 96 Abs. 1 TKG darf der
Diensteanbieter die Verkehrsdaten nur für die in der Vorschrift genannten
Zwecke erheben, die das Herstellen und Aufrechterhalten einer
Kommunikationsverbindung betreffen (vgl. Eckhardt in Spindler/ Schuster aaO
§ 96 TKG Rn. 1). Nach § 96 Abs. 1 Satz 2 TKG dürfen die solchermaßen
erhobenen Daten für die in Satz 1 der Vorschrift sowie in anderen
gesetzlichen Vorschriften begründeten Zwecke verwendet werden.
79 (2) IP-Adressen der Nutzer unterfallen als Bestandsdaten dem § 95 Abs. 1
TKG (vgl. BGHZ 185, 330 Rn. 19 - Sommer unseres Lebens). Ihre Erhebung und
Verwendung ist zulässig, wenn dies zum Zwecke der Begründung, inhaltlichen
Ausgestaltung, Änderung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses über
Telekommunikationsleistungen erfolgt. Diesem Zweck entspricht die Nutzung
der Daten zur Wahrnehmung der Rechte und Pflichten des Nutzers aus dem
Vertrag, etwa die Abwicklung des Zahlungsverkehrs, die Störungsbeseitigung
oder Bearbeitung von Kundenbeschwerden (Büttgen in Geppert/Schütz aaO § 95
Rn. 5). Ob die Nutzung der IP-Adresse zur Vermeidung von
Urheberrechtsverletzungen im Internet verwendet werden darf, bestimmt sich
nach dem Inhalt des zwischen dem Access-Provider und dem Nutzer bestehenden
Vertrags. Soweit vertragliche - etwa in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
enthaltene - Generalklauseln zum Umfang und Gegenstand der Pflicht der
Beklagten zur Leistungserbringung dies gestatten, ist im Rahmen der
Vertragsauslegung auf die im Zusammenhang mit Urheberrechtsverletzungen im
Internet relevanten grundrechtlichen Wertungen sowie die unionsrechtliche
Pflicht der Mitgliedstaaten Rücksicht zu nehmen, einen effektiven
Urheberrechtsschutz in Form von Sperranordnungen gegen Access-Provider
bereitzustellen (vgl. Durner, ZUM 2010, 833, 845). Von einer Verwendung der
Daten zur Durchführung des Vertrags ist auch auszugehen, wenn dem Kunden im
Vertrag die Pflicht auferlegt wird, den Abruf rechtswidriger Angebote zu
unterlassen.
80 Feststellungen zum Inhalt des Vertrags zwischen der Beklagten und den
jeweiligen Nutzern sind allerdings vorliegend nicht getroffen. Die fehlenden
Feststellungen wirken sich jedoch nicht zugunsten der Revision aus.
81 d) Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich aus einem anderen
Grunde als richtig (§ 561 ZPO). Das begehrte Verbot ist für die Beklagte
nicht zumutbar, weil die Klägerinnen nicht gegen den Betreiber der Webseite
"Goldesel" vorgegangen sind.
82 aa) Die Störerhaftung ist allerdings gegenüber der Inanspruchnahme des
Täters im Grundsatz nicht subsidiär. Im Falle des Betreibers einer
Internetplattform, in die Nutzer rechtswidrige Angebote eingestellt haben,
bietet die Störerhaftung effektiven Rechtsschutz, weil nicht gegen eine
Vielzahl einzelner Anbieter vorgegangen werden muss (vgl. BGH, Urteil vom
27. März 2007 - VI ZR 101/06, GRUR 2007, 724 Rn. 13 = WRP 2007, 795; BGHZ
173, 188 Rn. 40 - Jugendgefährdende Medien bei eBay). Damit ist der
vorliegende Fall nicht vergleichbar, in dem einem Access-Provider abverlangt
werden soll, den Zugang zu bestimmten Webseiten mit Linksammlungen zu
unterbinden. Hier muss nicht statt des Zugangsvermittlers eine Vielzahl von
Anbietern, sondern lediglich der Betreiber der beanstandeten Webseiten oder
ein Host-Provider in Anspruch genommen werden, über den die beanstandete
Webseite zugänglich gemacht wird.
83 Im Hinblick darauf, dass der Access-Provider ein von der Rechtsordnung
gebilligtes und in Bezug auf Rechtsverletzungen Dritter neutrales
Geschäftsmodell verfolgt, ist es im Rahmen der Prüfung der Zumutbarkeit von
Überwachungs- und Sperrmaßnahmen angemessen, eine vorrangige
Rechtsverfolgung gegenüber denjenigen Beteiligten zu verlangen, die - wie
die Betreiber beanstandeter Webseiten - entweder die Rechtsverletzung selbst
begangen oder zu der Rechtsverletzung - wie der Host-Provider der
beanstandeten Webseiten -durch die Erbringung von Dienstleistungen
beigetragen haben. Dagegen kommt die Geltendmachung von Ansprüchen gegen den
Zugangsvermittler unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit nur in
Betracht, wenn der Inanspruchnahme des Betreibers der Webseite jede
Erfolgsaussicht fehlt und deshalb andernfalls eine Rechtsschutzlücke
entstünde. Für dieses Ergebnis spricht auch
der Umstand, dass der Betreiber der Webseite und sein Host-Provider
wesentlich näher an der Rechtsgutsverletzung sind als derjenige, der nur
allgemein den Zugang zum Internet vermittelt.
84 bb) Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Zumutbarkeit
des von den Klägerinnen begehrten Verbots vorliegend nicht entgegensteht,
dass diese nicht gegen den Host-Provider der Webseite "Goldesel" gerichtlich
vorgegangen sind.
85 Ob die Inanspruchnahme des Host-Providers schon dann als ohne jede
Erfolgsaussicht zu gelten hat, wenn - wie die Revision geltend macht - die
(womöglich mehrfache) Verlagerung des Serverstandorts oder der Wechsel des
Host-Providers in der Vergangenheit darauf schließen lässt, dass die
Inanspruchnahme durch solche Maßnahmen auch zukünftig ineffektiv bleiben
werde, muss vorliegend nicht entschieden werden.
86 Das Berufungsgericht hat zugunsten der Klägerinnen unterstellt, dass sie
gegen den in Russland ansässigen Host-Provider der beanstandeten Webseiten
in seinem Sitzstaat effektiven Rechtsschutz nicht erlangen können. Diese
Annahme ist der rechtlichen Nachprüfung in der Revisionsinstanz zugrunde zu
legen.
87 cc) Die Revision bleibt jedoch ohne Erfolg, weil die Klägerinnen nicht
gegen den Betreiber der Webseiten "Goldesel" vorgegangen sind. Dessen
Inanspruchnahme ist unterblieben, weil dem Vortrag der Klägerinnen zufolge
dem Webauftritt die Identität des Betreibers nicht entnommen werden kann.
Die Klägerinnen haben allerdings nicht vorgetragen, weitere zumutbare
Maßnahmen zur Aufdeckung der Identität des Betreibers der Webseiten
unternommen zu haben. Hier kommt insbesondere die Einschaltung der
staatlichen Ermittlungsbehörden im Wege der Strafanzeige oder auch die Vornahme privater
Ermittlungen etwa durch einen Detektiv oder andere Unternehmen, die
Ermittlungen im Zusammenhang mit rechtswidrigen Angeboten im Internet
durchführen, in Betracht. Ermittlungsansätze könnten sich weiter daraus
ergeben, dass - wie aus der Anlage K 23 hervorgeht - in einem
Parallelverfahren in den Niederlanden der niederländische Rechteinhaber vom
dortigen Host-Provider die paypal-Adresse genannt erhielt, über die der
niederländische Host-Provider von den Betreibern von "Goldesel" bezahlt
wurde. Auch den darin enthaltenen Anhaltspunkten, die eine Firma namens "t.
", eine E-Mail-Adresse "s. @m." und eine "S. " betreffen, sind die Klägerinnen
nicht nachgegangen. Mangels näherer Erkenntnisse zur Identität und zum Sitz
der Betreiber der beanstandeten Webseiten steht nicht fest, dass eine
Rechtsverfolgung gegen den Betreiber der fraglichen Internetseiten nicht
möglich und erfolgversprechend ist.
88 e) Der Senat kann in der Sache entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Anlass
zur Zurückverweisung besteht nicht, weil neuer Sachvortrag nicht zu erwarten
ist. Die Frage der vorrangigen Inanspruchnahme des Betreibers der Webseiten
und des Host-Providers ist im Verfahren zwischen den Parteien kontrovers
erörtert worden. Sie ist auch Gegenstand der Erörterung in der mündlichen
Verhandlung im Revisionsverfahren gewesen. Die Klägerinnen haben hierzu auf
die erfolglose Inanspruchnahme des Host-Providers verwiesen und im Übrigen
vorgetragen, dass für sie der Betreiber ohne Identitätsangabe auf der
Internetseite nicht greifbar gewesen sei. Soweit die Klägerinnen im
Verfahren erster Instanz um einen Hinweis gebeten haben, sofern das Gericht
weiteren Vortrag zur Inanspruchnahme des Host-Service-Providers für
erforderlich halten sollte, wirkt sich ein fehlender Hinweis nicht zum
Nachteil der Klägerinnen aus, weil zu ihren Gunsten zum Host-Provider in der
Revisionsinstanz davon auszugehen ist, dass effektiver Rechtsschutz nicht zu
erlangen ist (s.o. 86). Das rechtliche
Gehör der Klägerinnen ist damit gewahrt. Der Grundsatz des fairen Verfahrens
gebietet es nicht, den Klägerinnen durch eine Zurückverweisung die
Möglichkeit zu verschaffen, bisher unterbliebene Ermittlungsmaßnahmen erst
noch zu veranlassen.
89
III. Aus den vorstehenden Gründen (dazu B II 4) bleibt auch der Hilfsantrag
zu 3 der Klägerinnen ohne Erfolg. Über die Hilfsanträge zu 4 und 5 ist nicht
zu entscheiden, weil keine Erledigung der Hauptsache eingetreten ist.
90 IV. Ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV ist nicht veranlasst. Der Gerichtshof der
Europäischen Union hat die Voraussetzungen einer Inanspruchnahme des
Vermittlers nach Maßgabe des Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG in
einer Reihe von Entscheidungen näher bestimmt (vgl. zuletzt EuGH, GRUR 2014,
468 - UPC Telekabel). Hierbei hat er ausgesprochen, dass die Modalitäten der
von den Mitgliedstaaten nach Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG
vorzusehenden Anordnungen, insbesondere deren Voraussetzungen und das
einzuhaltende Verfahren, dem nationalen Recht zu entnehmen sind (EuGH, GRUR
2014, 468 Rn. 43 - UPC Telekabel). Im Streitfall stellen sich auf der
Grundlage der getroffenen Feststellungen keine Fragen, deren Klärung eine
Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union erforderte.
91 C. Nach den vorstehenden Ausführungen ist die Revision der Klägerinnen
mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
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