Zustandekommen einer Bürgschaft "auf erstes Anfordern"  

BGH, Urteil v. 05.07.1990 - IX ZR 294/89  

Amtlicher Leitsatz

1. Die Übernahme einer Bürgschaft mit der Verpflichtung, auf erstes Anfordern zu zahlen, ist den Kreditinstituten vorbehalten.
2. Hatte der Bürge für Forderungen eines Kreditinstituts aus einer beendeten bankmäßigen Geschäftsverbindung einzustehen und begründen das Kreditinstitut und der Hauptschuldner eine neue Geschäftsverbindung mit neuen Forderungen, so ist der Bürgschaftsgläubiger darlegungs- und beweispflichtig dafür, daß nicht abgewickelte Schulden aus der alten Geschäftsverbindung in bestimmter Höhe noch zu tilgen sind.



Fundstellen:

NJW-RR 1990, 1265
LM § 765 BGB Nr. 71
MDR 1990, 998
BB 1990, 1863
DB 1990, 1964
WM 1990, 1410
ZIP 1990, 1186



Zentralproblem:

Vgl. Anm. zu BGH NJW 1992, 1446 sowie BGH NJW 1998, 2280.
Achtung: Die Entscheidung ist überholt (vgl. den Leitsatz von BGH NJW 1998, 2280).



Zum Sachverhalt:

Der Bekl. übernahm am 29. 3. 1977 gegenüber der kl. Bank für deren Ansprüche aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung gegen die H-GmbH (künftig: GmbH oder Hauptschuldnerin) die selbstschuldnerische Bürgschaft. Die Bürgschaftsurkunde enthält in Nr. 4 folgende Regelung: "Zahlungen haben aufgrund Ihrer (der kl. Bank) Anforderungen zu erfolgen. Als Nachweis Ihrer jeweiligen Ansprüche gegen den Hauptschuldner genügt Ihr Buchauszug." Am 20. 2. 1979 gewährte die Kl. der GmbH, deren Geschäftsführer der an ihr beteiligte Bekl. bis 22. 6. 1981 und wieder ab 6. 10. 1983 war, zur Lagerfinanzierung auf dem Konto Nr. 915 einen Barkredit von 500000 DM und zur Exportfinanzierung auf dem Konto Nr. 122 einen Kreditrahmen von 1,2 Mio DM, jeweils ohne Rückzahlungsvereinbarungen und zu 6,75 % Jahreszinsen. Entsprechend einer Abrede im Kreditvertrag überwies die Kl. einen Betrag von 200000 DM vom Kreditkonto Nr. 915 auf das Girokonto Nr. 8647. Am 26. 8. 1981 kündigte die Kl. das Kreditengagement und bat die GmbH, die Kreditsalden bis spätestens 30. 11. 1981 auszugleichen. Laut Kontoauszügen der Kl. wiesen die Konten am 26. 8. 1981 folgende Sollsalden aus:
Nr. 915 500000,-- DM
Nr. 122 1108812, 67 DM
Nr. 8647 133658,14 DM
_____________
zusammen 1742470,81 DM
Dabei ist nicht ein im Jahre 1973 zugesagter und weiter als Schuld verbuchter Avalkredit von 5000 DM (Zollbürgschaft) berücksichtigt, weil er erst im November 1984 für eine im Februar 1984 entstandene Zollschuld in Anspruch genommen worden ist. Nach den Angaben der Kl. wies das Girokonto Nr. 8647 am 5. 11. 1981 einen Habensaldo von 147205,05 DM aus; er wurde nicht zur Minderung des Kredits auf Konto Nr. 915 verwendet. Das Girokonto wies vielmehr am 14. 12. 1981 wieder einen Sollbetrag von 45387,06 DM aus. Am 15. 1. 1982 waren auf dem Konto Nr. 915 weiter die Darlehensschuld von 500000,-- DM und auf dem Konto Nr. 122 der auf 545000,-- DM verringerte Exportförderungskredit verbucht. Am 27. 9. 1982 räumte die Kl. der GmbH und der H-GmbH einen "Rahmenbarkredit" auf Konto Nr. 915 von 500000,-- DM und auf Konto Nr. 122 einen "Exportvorfinanzierungsrahmenkredit" von 400000,-- DM ein. Die Hauptschuldner stellten Sicherheiten; der Bekl. verbürgte sich für diesen Kredit jedoch nicht. Am 12. 10. 1982 erklärten die GmbH, die H und H GmbH & Co. KG sowie die H & H Import und Export GmbH gegenüber der Kl., die Schulden jeweils der beiden anderen Gesellschaften mitzuübernehmen. Für den Zeitpunkt der Eröffnung des Vergleichsverfahrens über das Vermögen der GmbH (10. 6. 1983) bezifferte die Klägerin ihre Forderungen gegen die GmbH auf dem Konto Nr. 8687 mit 260816,37 DM, auf dem Konto Nr. 915 mit 500000,-- DM und auf dem Konto Nr. 122 mit 197000,-- DM. Am 8. Mai 1984 wurde das Anschlußkonkursverfahren eröffnet. Später sind der Kl. zugeflossen aus der Verwertung von Sicherungsgegenständen 420042,99 DM, 68400,-- DM, 73294,-- DM, im ersten Rechtszug noch unstreitige 86400,-- DM sowie als Zinsen aus einer Festgeldanlage 156090,68 DM. Die Kl. verrechnete die eingegangenen Tilgungsleistungen zuerst auf die Zinsen und Kosten und dann auf die Hauptsumme des als fortbestehend erachteten Kreditverhältnisses und gelangte so zu seiner Restforderung per 30. 7. 1988 von 514042,15 DM, berühmte sich aber noch in der Berufungsinstanz eines Anspruchs in Höhe von 610735,16 DM. Die Kl. trat am 6. 8. 1987 100000,-- DM des "Warenvorschußkredits" auf Konto Nr. 915, für den der Bekl. bürge, an die Widerbekl. zu 2 ab. Der Klage auf Zahlung eines Teilbetrags von 100000,-- DM nebst Zinsen gab das LG statt. Das OLG wies auf die Berufung des Bekl. die Klage ab. Entsprechend den im zweiten Rechtszug erhobenen Widerklageanträgen stellte es fest, daß der Kl. und der Widerbekl. zu 2 keine Ansprüche aus der Bürgschaft vom 29. 3. 1977 zustehen, und verurteilte die Kl, die Bürgschaftsurkunde herauszugeben, und die Widerbekl. zu 2, in diese Herausgabe einzuwilligen. Im Revisionsrechtszug beantragt die Kl., das Urteil des LG wiederherzustellen und die Widerklage abzuweisen. Die Widerbekl. zu 2 bittet, die gegen sie gerichtete Widerklage abzuweisen. Die Revision der Kl. hatte im Gegensatz zu der des Widerbekl. keinen Erfolg.

Aus den Gründen:

I. Revision der Kl.: 1. Das Vorliegen einer Bürgschaft auf erstes Anfordern, die zur Verurteilung des Bekl. ohne Prüfung der verbürgten Hauptschuld und der weiteren Voraussetzungen des Bürgschaftsanspruchs hätte führen müssen (vgl. Senat, NJW-RR 1989, 1324 = LM § 765 BGB Nr. 69 = ZIP 1989, 1108), hat das BerGer. zu Recht verneint.
a) Der BGH hat die Verpflichtung, aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern zu zahlen, immer nur dann anerkannt, wenn sich ein Kreditinstitut (Bank, Sparkasse oder Versicherung) in dieser Art verbürgt hatte (vgl. BGHZ 74, 244 = NJW 1979, 1500 = LM § 765 BGB Nr. 27 und Senat, NJW 1984, 923 = LM § 765 BGB Nr. 34; Senat, NJW 1985, 1694 = LM § 765 BGB Nr. 39 = ZIP 1985, 470; BGHZ 95, 375 = NJW 1986, 310 = LM § 638 BGB Nr. 56; BGH, NJW-RR 1987, 683 = LM § 765 BGB Nr. 48; BGH, NJW 1987, 2075 = LM § 401 BGB Nr. 11 = ZIP 1987, 624; BGH, NJW 1988, 2610 = LM § 765 BGB Nr. 58; BGH, NJW 1989, 1606 = LM § 282 ZPO Nr. 65 - Beweislast = WM 1989, 709 u. Senat, NJW-RR 1989, 1324 = LM § 765 BGB Nr. 69). Wegen der Begründung der unbedingten vorläufigen Zahlungspflicht ist die Bürgschaft auf erstes Anfordern ein äußerst risikoreiches Rechtsgeschäft, das zum Mißbrauch verleitet (vgl. BGHZ 95, 375 (387) = NJW 1986, 310 = LM § 638 BGB Nr. 56). Personen, auch Kaufleute im Sinne des Gesetzes, die keine Bankgeschäfte betreiben, sind in aller Regel nicht in der Lage, diese besonderen Risiken einer solchen Bürgschaft, die einer Garantieübernahme für fremde Schuld fast gleichsteht, zu erkennen und abzuschätzen. Davon geht auch das Gesetz aus. Das Garantiegeschäft, also die Übernahme von Garantien und die Übernahme von diesen vergleichbaren Bürgschaften auf erstes Anfordern, gehört zu den Bankgeschäften, die grundsätzlich nur von den der öffentlichrechtlichen Aufsicht unterliegenden Kreditinstituten betrieben werden (§ 1 II Nr. 4 HGB; § 1 I 2 Nr. 8 KWG). Das Eingehen der Verpflichtung, auf erste Anforderung sofort ohne Rücksicht auf Einwendungen die Bürgschaftssumme zu zahlen, soll deshalb den Kreditinstituten vorbehalten bleiben.
b) Nr. 4 der Bürgschaftsurkunde vom 29. 3. 1977, die der Senat wegen der überregionalen Verbreitung des verwendeten Vordrucks selbst auslegen kann (vgl. Senat, NJW 1989, 27 = LM § 767 BGB Nr. 23 = ZIP 1988, 1167), begründet bei strikter Anwendung eine Leistungspflicht, wie wenn der Bekl. Zahlung auf erstes Anfordern versprochen hätte. Die Klausel im Bürgschaftsvertrag enthält zwar nicht die stereotype Formel, mit der Kreditinstitute die Zahlung der Bürgschaftssumme "auf erstes (schriftliches) Anfordern" zusagen. Der Bekl. muß aber nach dem Wortlaut der Klausel schon aufgrund der Aufforderung der Bank zahlen, wenn diese einen die Hauptschuld betreffenden Buchauszug beifügt. Würde ein solcher Kontoauszug als Nachweis der verbürgten Schuld genügen, könnte die Kl. den Bürgschaftsanspruch im Urkundenprozeß (§§ 592 ff. ZPO) durchsetzen, wie wenn der Bekl. sich zur Zahlung auf erstes Anfordern für den Fall verpflichtet hätte, daß die Gläubigerin mitteilt, der Hauptschuldner habe seine Verpflichtungen nicht erfüllt.
c) Diese formularmäßige Klausel im Bürgschaftsvertrag vom 29. 3. 1977 hält der Inhaltskontrolle wegen unzumutbarer Belastung des Bürgen (§ 242 BGB; vgl. BGHZ 78, 137 (141) = NJW 1981, 748 = LM § 776 BGB Nr. 2) nicht stand. Denn die von der kl. Bank vorformulierte Bürgschaftsbedingung verfolgt einseitig die Interessen der Kl. Sie weicht von der gesetzlichen Regelung, daß der Gläubiger das Entstehen und die Fälligkeit der verbürgten Hauptschuld darlegen und beweisen muß (Senat, NJW 1988, 906 = LM § 765 BGB Nr. 57 = ZIP 1988, 224), ab und ermöglicht die Durchsetzung des Bürgschaftsanspruchs ohne weitere Prüfung seiner Voraussetzungen und der vom Bürgen darzulegenden Einwendungen und Einreden. Eine solche Regelung würde den Bekl. unangemessen benachteiligen (vgl. §§ 9 I, II Nr. 1, 11 Nr. 15 a AGB-Gesetz, die hier allerdings nicht unmittelbar Anwendung finden können).
2. Das BerGer. geht davon aus, daß zur Zeit der Kündigung des Kreditengagements am 26. 8. 1981 die Verbindlichkeiten der Hauptschuldnerin auf den Konten Nrn. 8647, 915 und 122 1747054,98 DM, richtig 1742470,81 DM, erreichten. Die Kl. habe aber nicht beweisen können, daß noch eine Restschuld offenstehe, nachdem das Konto Nr. 8647 im November 1981 ein Guthaben von 147205,05 DM und das Konto Nr. 122 am 30. 6. 1983 nur einen Sollstand von 197000,-- DM ausgewiesen habe. Ferner sei zu berücksichtigen, daß das Kreditengagement am 27. 9. 1982 mit einem zusätzlichen Kreditnehmer, verändertem Limit für Lagerfinanzierung und Exportvorfinanzierung auch formell erneuert worden sei. Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision haben im Ergebnis keinen Erfolg.
a) Wie das BerGer. richtig sieht, hat die Kündigung vom 26. 8. 1981 die Geschäftsverbindung der Kl. zur GmbH als Hauptschuldnerin beendet; der Bankvertrag trat in das Stadium der Abwicklung. Die GmbH hatte ihre Verbindlichkeiten bis spätestens 30. 11. 1981 auszugleichen. Soweit nach Aufhebung der Geschäftsverbindung andere Schulden der GmbH begründet worden sind, geschah das aufgrund einer neu vereinbarten Geschäftsverbindung. Der Bürge hat aber nur für Verbindlichkeiten aus der aufgehobenen Geschäftsverbindung einzustehen (Senat, NJW 1989, 27 = LM § 767 BGB Nr. 23 = ZIP 1988, 1167).
b) Zur Abwicklung des Kreditengagements hat die Kl. eingeräumt, daß das Girokonto Nr. 8647 am 5. 11. 1981 einen Habensaldo von 147205,05 DM aufwies. Da nach dem Kreditvertrag vom 20. 2. 1979 auf dieses Konto Valuta in Höhe von 200000 DM zu Lasten des dann mit 500000,-- DM unverändert bleibenden Darlehenskontos Nr. 915 übertragen und auf dem Girokonto auch die Kosten und die Zinsen des Darlehens abgerechnet wurden, war die Kl. zum Zwecke der Abwicklung des Kreditverhältnisses gehalten, mit den Gutschriften und dem sich daraus ergebenden Guthaben des Girokontos die auf dem Darlehenskonto verbuchte Schuld zurückzuführen. Für Erweiterungen des Kreditengangements, die neue Vereinbarungen zwischen Gläubigerin und Hauptschuldnerin voraussetzen, hatte der Bekl. nicht mehr einzustehen (§ 767 I 3 BGB). Danach ist davon auszugehen, daß die Darlehensverbindlichkeiten auf Konto Nr. 915 im November 1981 allenfalls noch 352794,95 DM und die Darlehensschuld auf Konto Nr. 122 laut dem von der Kl. vorgelegten Monatskontrollblatt im Januar 1982 noch 545000,-- DM betrugen. Dafür waren Verzugszinsen zu entrichten, die nach den in den Urteilen des BGH, NJW 1988, 1967 = LM § 252 BGB Nr. 39 = ZIP 1988, 759; NJW-RR 1989, 752 = LM § 765 BGB Nr. 65 = ZIP 1989, 359 dargelegten Grundsätzen hätten berechnet werden müssen. Wie die Kredite weiter bis zum neuen Kreditvertrag abgewickelt worden sind, hat die Kl. nicht dargelegt, insbesondere nicht vorgetragen, welche Gutschriften eingegangen sind und welche neuen Belastungen sie zugelassen hat.
c) Für die durch den Kreditvertrag vom 27. 9. 1982 begründeten Verbindlichkeiten der GmbH und der H & H-GmbH haftet der Bekl. nicht. Denn die Kredite zur Finanzierung auf Lager befindlicher Maschinen über 500000 DM auf Konto Nr. 915 und zum Ankauf von Maschinen zwecks Überarbeitung und Weiterverkauf in Höhe von 400000 DM auf Konto Nr. 122 mit einem Zinssatz von jeweils 13 % wurden aufgrund einer neu vereinbarten Geschäftsverbindung gewährt, auf die sich die Bürgschaft vom 29. 3. 1977 nicht erstreckt. Den Kreditinstituten, die Bürgschaften für alle Ansprüche aus ihrer Geschäftsverbindung mit dem Hauptschuldner verlangen, ist zuzumuten, die alte Geschäftsverbindung in ihrem Interesse und auch dem des Bürgen abzuwickeln, bevor weitere Forderungen gegen den Hauptschuldner begründet werden, oder zumindest die neue Geschäftsverbindung so zu vereinbaren, daß sie die Ansprüche aus der alten nicht erfaßt, sondern diese zum Zwecke der Abwicklung fortbestehen läßt. Eine solche Klarstellung erfordert schon der Grundsatz, daß die Bürgschaftsschuld, insbesondere der Schuldgrund, gerade auch im Falle der weit erstreckten Haftung für alle Ansprüche aus einer bankmäßigen Geschäftsverbindung, noch bestimmbar bleiben muß (Senat, NJW 1990, 1909 = ZIP 1990, 708 m. w. Nachw.). Dem wird die hier vereinbarte neue Geschäftsverbindung nicht gerecht, weil etwa noch bestehende alte und die neuen Schulden nicht getrennt ausgewiesen sind. Zudem haben die bisherige Hauptschuldnerin, die H & H-KG und die H & H-GmbH in der Erklärung vom 12. 10. 1982 die Schulden jeweils der anderen Gesellschaften gegenüber der Kl. übernommen, so daß der Bürge Gefahr laufen würde, nicht nur mit der GmbH neu gewährten Krediten, sondern auch den Schulden der beiden anderen Gesellschaften belastet zu werden.
d) Die Kl. kann ihre Ansprüche nur darauf stützen, daß der Bekl. sich mit seiner Erklärung vom 29. 3. 1977 auch für die im Kreditvertrag vom 27. 9. 1982 bezeichneten und daraus erwachsenen, mithin später begründeten Ansprüche verbürgt habe. Das trifft, wie dargelegt, nicht zu, weil diese aufgrund der Verträge vom 27. 9. 1982 und 12. 10. 1982, die die Vermutung der Vollständigkeit für sich haben, der neuen Geschäftsverbindung zugeordnet sind und damit auf einem anderen Rechtsgrund beruhen als die verbürgten Forderungen. Die Kl. und die Hauptschuldnerin haben damit ihre Rechtsbeziehungen so verändert und neu gestaltet, daß die Umschreibung der Hauptschuld im Bürgschaftsvertrag, nämlich Ansprüche aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung, nicht mehr ausreicht, den Umfang der noch abzuwickelnden Restschuld aus dieser beendeten Geschäftsverbindung zu bestimmen. Diese nicht vom Bürgen zu verantwortende Unklarheit muß wie eine sich aus der Fassung der Bürgschaftsurkunde ergebende (vgl. BGHZ 76, 187 = NJW 1980, 1449 = LM § 765 BGB Nr. 30) zu Lasten der Gläubigerin gehen. Danach ist die Kl. darlegungs- und beweispflichtig dafür, außerhalb oder auch im Rahmen der neuen Geschäftsverbindung, also bei der Darlehensgewährung vom 27. 9. 1982 und der Schuldmitübernahme vom 12. 10. 1982, vereinbart zu haben, daß nicht abgewickelte Schulden aus der alten Geschäftsverbindung in bestimmter Höhe noch vorhanden und noch zu tilgen sind. Dazu hat sie nichts vorgetragen, obwohl der Bekl. auf die "Novation" durch die neue Geschäftsverbindung und den Kreditvertrag vom 27. 9. 1982, aber auch darauf hingewiesen hatte, daß er für die Schulden aus der neuen Geschäftsverbindung nicht einzustehen habe. Die Kl. hat ihrer Darlegungslast nicht genügt. Das Weiterbestehen eines Anspruchs gegen die GmbH aus der beendeten Geschäftsverbindung über den 27. 9. 1982 hinaus ist nicht dargetan. Danach kann der Kl. kein Anspruch aus der Bürgschaft zuerkannt werden (§§ 765 I, 767 I 1 BGB).
3. Nach alledem hat das BerGer. zu Recht festgestellt, daß der Kl. kein Anspruch mehr aus der Bürgschaft vom 29. 3. 1977 zusteht. Neben dieser Feststellung ist der Anspruch auf Herausgabe der Bürgschaftsurkunde gem. § 371 S. 1 BGB begründet.
II. Revision der Widerbekl. zu 2: Mit der Berufungsbegründung hat der Bekl. gegen die bisher am Prozeß nicht beteiligte Widerbekl. zu 2 Klage erhoben und beantragt festzustellen, daß auch ihr keine Ansprüche aus der Bürgschaft vom 29. 3. 1977 zustehen, und sie zu verurteilen, der Herausgabe der Urkunden an den Bekl. zuzustimmen. Die Widerbekl. zu 2 hat der Zulassung der Widerklage widersprochen. Dennoch hat sie das BerGer. für zulässig erachtet. Dagegen wendet sich die Revision des Widerbekl. zu 2 mit Recht. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH ist eine Parteiänderung auf der Beklagtenseite in der Berufungsinstanz nur dann zulässig, wenn der neue Bekl. zustimmt. Seine Zustimmung ist nur dann entbehrlich, wenn ihre Verweigerung sich als Prozeßmißbrauch darstellt. Ein solcher Mißbrauch wird im allgemeinen dann zu bejahen sein, wenn ein schutzwürdiges Interesse des neuen Bekl. an der Weigerung nicht anzuerkennen und ihm nach der ganzen Sachlage zuzumuten ist, in den Rechtsstreit einzutreten, obgleich dieser bereits in der Berufungsinstanz schwebt. Es kommt mithin nicht darauf an, ob die Parteiänderung objektiv sachdienlich ist, sondern es ist entscheidend darauf abzustellen, ob die Belange des neuen Bekl. dadurch beeinträchtigt werden, daß er erst in der Berufungsinstanz in einen Rechtsstreit hineingezogen wird, an dem er bisher nicht beteiligt gewesen ist. Dabei sind alle Umstände des Falls zu berücksichtigen und insbesondere in Betracht zu ziehen, daß der erst in der Berufungsinstanz eintretende Bekl. eine Tatsacheninstanz verliert (BGHZ 90, 17 (19) = NJW 1984, 1169 = LM Art. 14 (Cd) GrundG Nr. 25; vgl. auch BGH, NJW 1987, 1946 = LM § 263 ZPO 1976 Nr. 11). Davon geht im Ansatz das BerGer. auch aus. Es beschränkt sich aber auf die Erwägung, die Einbeziehung der Widerbekl. zu 2 sei zulässig, weil stichhaltige Argumente für eine Beeinträchtigung der Belange der Widerbekl. zu 2 nicht vorgetragen und bei ihr auch nicht zu erkennen seien. Damit hat das BerGer. einen Rechtsmißbrauch bejaht, ohne zugunsten der Widerbekl. zu 2 sprechende Umstände zu berücksichtigen. Es hätte beachten müssen, daß es sich um einen nicht gerade einfachen Prozeß handelt. Der Widerbekl. zu 2 ist erst etwa zwei Monate vor der mündlichen Verhandlung vor dem BerGer. nur die Berufungsbegründung mit Anlagen zugestellt worden. Für die Widerbekl. zu 2 war die Beschaffung der Information schwieriger als für die Kl. Der Bekl. hat keine die Annahme eines Mißbrauchs stützende Umstände vorgetragen. Jedenfalls vom Standpunkt der Widerbekl. zu 2 erscheint es nicht rechtsmißbräuchlich, daß sie die Zustimmung zu ihrer Einbeziehung in das Berufungsverfahren verweigert hat. Danach ist die Widerklage gegen die Widerbekl. zu 2 als unzulässig abzuweisen.  



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