Eine Bürgschaft mit einem im bankgeschäftlichen Verkehr für die Bürgschaft auf erstes Anfordern typischen Wortlaut ist außerhalb dieses Bereichs als einfache Bürgschaft auszulegen, wenn der Gläubiger den Text der Bürgschaft gewählt hat und nicht erwarten konnte, der Bürge verstehe ihn im banküblichen Sinne.
NJW 1992, 1446
LM § 765 BGB Nr. 81
MDR 1992, 961
BB 1992, 878
DB 1992, 1234
WM 1992, 854
ZIP 1992, 684
Die Bürgschaft auf erstes Anforderung ist
wegen der mit ihr verbundenen Lockerung der Akzessorietät für
den Bürgen sehr riskant. Im vorliegenden Fall geht es um die Auslegung
einer solchen Bürgschaft, wenn der (private) Bürge eine solche
Bürgschaftserklärung abgibt. Während der BGH daher früher
apodiktisch und ohne nähere Begründung behauptet hatte, die Übernahme
einer solchen Bürgschaft sei "den Kreditinstituten vorbehalten" (NJW-RR
1990, 1265), stellt er nun klar, daß es die Vertragsfreiheit
grundsätzlich jedermann erlaubt, eine solche Verpflichtung einzugehen.
Privatpersonen werden aber dennoch vor der Eingehung einer Bürgschaft
auf erstes Anfordern geschützt (vgl. auch - unter ausdrücklicher
Klarstellung - BGH NJW 1998, 2280). Im Rahmen
von AGB wird man dies entweder über die Einbeziehungskontrolle des
§ 3 AGBG oder aber wegen der Leitbildfunktion von § 768 über
die Inhaltskontrolle nach § 9 II Nr. 1 AGBG erreichen. Bei einer Individualvereinbarung
wird man bei Beteiligung von geschäftsunerfahrenen Personen i.d.R.
über den in der vorliegenden Entscheidung gewählten Weg der Auslegung
der jeweiligen Willenserklärungen zur Vereinbarung lediglich einer
"gewöhnlichen" Bürgschaft kommen: Der Gläubiger darf die
Willenserklärung eines geschäftsunerfahrenen Bürgen, welche
objektiv auf eine Bürgschaft auf erstes Anfordern gerichtet ist, nur
dann als eine solche verstehen, wenn er sich (etwa durch entsprechende
Aufklärung) vergewissert hat, daß dies auch dem wirklichen Willen
des Erklärenden entspricht. Hat der Gläubiger den Bürgschaftstext
gewählt und durfte er nicht voraussetzen, sein Vertragspartner werde
den Begriff der Bürgschaft auf erstes Anfordern im banküblichen
Sinne verstehen, ist der Vertrag demzufolge als einfache Bürgschaft
auszulegen.
Vgl. zum ganzen Lorenz, Innenverhältnis
und Leistungsbeziehungen bei der Bürgschaft, JuS 1999, Heft 12.
Die Kl. nimmt die Bekl. aus einer Bürgschaftserklärung auf Zahlung von 200000 DM nebst Zinsen in Anspruch. L und H, der Ehemann der Bekl., hatten eine geschäftliche Zusammenarbeit verabredet. Zu diesen Zweck war die Kl. gegründet worden, die sich mit der Vermarktung von Geschäftszentren und SB-Warenhäusern befassen sollte. Die Anteile wurden von L und seinem Bruder D sowie von der zur "H-Gruppe" zählenden Firma B-GmbH gehalten. Die Vermittlung geeigneter Grundstücke hatte die Firma G-Beteiligungsgesellschaft mbH übernommen, die ebenfalls zur "H-Gruppe" gehörte. Nachdem es zwischen den Gesellschaftern der Kl. zu Auseinandersetzungen gekommen war, einigten sich der Geschäftsführer der Kl. und H, dieser handelnd für B und G, in einer privatschriftlichen Urkunde vom 23. 6. 1987 unter anderem darüber, daß der Dienstleistungsvertrag zwischen der Kl. und G aufgelöst wird, diese eine bereits erhaltene Vorauszahlung in Höhe von 500000 DM mit Zinsen in Raten an die Kl. zurückzahlt, H für die Rückzahlungsverpflichtung eine "persönliche selbstschuldnerische Bürgschaft" übernimmt und B ihren Geschäftsanteil an L veräußert. In einem Nachtrag vom 23. 7. 1987 legten die Beteiligten fest, daß die selbstschuldnerische Bürgschaft durch die Bekl. gestellt wird; die entsprechende Verpflichtung des Ehemanns H entfiel. Durch notariellen Vertrag vom gleichen Tage trat B ihren Geschäftsanteil an der Kl. an die zur "L-Gruppe" gehörende L GmbH & Co. Beteiligungs KG ab. Die Bekl. unterzeichnete am 27. 7. 1987 eine von der Kl. formulierte Urkunde, in der es auszugsweise heißt: "Für die Erfüllung der Rückzahlungen der G zum
31. 3. 1988 | 100000 DM |
31.12.1988 | 100000 DM |
30. 9. 1989 | 100000 DM |
Aus den Gründen:
I. Das BerGer. hat ausgeführt, die Bekl. habe
im Wege einer Individualvereinbarung eine Bürgschaft auf erstes Anfordern
übernommen. Personen, die nicht im Kreditgewerbe tätig seien,
könnten ein derartiges Geschäft aber wegen seiner unüberschaubaren
Risiken und der unzumutbaren Belastung für den Bürgen nicht wirksam
abschließen. Die Bekl. hafte auch nicht als selbstschuldnerische
Bürgin, weil die Hauptschuld nicht entstanden sei. Das Versprechen
der G, das Dienstleistungshonorar an die Kl. zurückzuzahlen, sei Teil
einer Auseinandersetzungsvereinbarung gewesen, zu der auch die Übertragung
von GmbH-Anteilen gehört habe und die deshalb insgesamt der notariellen
Beurkundung bedurft hätte. Daß die Rückzahlungsverpflichtung
notfalls auch allein - ohne die Übertragung des Gesellschaftsanteils
- vereinbart woren wäre, habe die Kl. nicht bewiesen. Eine Heilung
der formnichtigen Vereinbarung durch die Abtretung des Gesellschaftsanteils
sei nicht eingetreten, weil für die Abtretung die Genehmigung aller
Gesellschafter erforderlich gewesen sei und die Kl. nicht dargetan habe,
daß alle Gesellschafter genehmigt hätten.
II. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen
Überprüfung nicht stand.
1. Der Bürge, der sich zur Zahlung auf erstes
Anfordern verpflichtet, muß sofort zahlen und kann Einwendungen oder
Einreden aus dem Haftschuldverhältnis erst in einem Rückforderungsprozeß
geltend machen (BGHZ 74, 244 (247 f.) = NJW 1979, 1500 = LM § 765
BGB Nr. 27). Ob jemand, der nicht im Kreditgewerbe tägig ist, im Wege
einer Individualvereinbarung eine derartige Verpflichtung übernehmen
kann, hat der Senat bislang nicht entschieden. Das BerGer. bezieht sich
für seine ablehnende Haltung zu Unrecht auf das Urteil vom 5. 7. 1990
(NJW-RR 1990, 1265 = LM § 765 BGB Nr. 71 = WM 1990, 1410 = WuB I F
1 a. Bürgschaft 13.90 m. Anm. Schäfer = ZIP 1990, 1186 = EWiR
§ 765 BGB 3/90, 981 m. Anm. v. Stebut). Der dort zugrundeliegende
Sachverhalt war dadurch gekennzeichnet, daß ein Nichtkaufmann (vor
Inkrafttreten des AGB-Gesetzes) eine von einer Bank vorformulierte und
AGB-mäßig verwendete Bürgschaft auf erstes Anfordern übernommen
hatte. Auf einen Individualvertrag - wie er hier vorliegt - ist die Entscheidung
nicht ohne weiteres übertragbar. Auch der Streitfall gibt keine Veranlassung,
diese Frage zu beantworten. Denn die Parteien haben keine Bürgschaft
auf erstes Anfordern, sondern eine schlichte selbstschuldnerische Bürgschaft
vereinbart.
a) Das BerGer. hat bei der Auslegung der Bürgschaftserklärung
vom 27. 7. 1987 gegen §§ 133, 157 BGB, § 286 ZPO verstoßen.
Die Auslegung einer Individualvereinbarung unterliegt der revisionsgerichtlichen
Überprüfung darauf, ob anerkannte Auslegungsgrundsätze,
gesetzliche Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt
sind und ob wesentlicher Auslegungsstoff übersehen wurde (st. Rspr.;
vgl. BGH, WM 1978, 266; NJW-RR 1990, 455 = LM § 133 (C) BGB Nr. 66
= BGHRZPOO § 559 Abs. 2 - Auslegungsgrundsätze 1). Das LG hatte
die Bestimmung über die sofortige Zahlbarkeit "auf Anforderung" dahin
verstanden, daß sie lediglich eine deklaratorische Fälligkeitsabrede
darstelle. Dem ist das BerGer. nicht gefolgt. Zur Begründung hat es
ausgeführt, die Formulierung, daß die Teilbeträge auf Anforderung
"zahlbar", nicht dagegen "zu zahlen" seien, spreche nicht gegen eine Bürgschaft
auf erstes Anfordern. Es handele sich um eine bei Bankgarantien im Außenhandel
gängige Klausel, die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung
auch für Bürgschaft verwendet werde. Der Zusatz, daß Zahlungen
nicht vor den genannten Fälligkeitsterminen verlangt werden könnten,
sei wegen der Ratenzahlungsvereinbarung hinsichtlich der Hauptverbindlichkeit
erforderlich gewesen. Damit hat sich das BerGer. darauf beschränkt
darzulegen, was nicht gegen die Übernahme einer Bürgschaft auf
erstes Anfordern spreche, und für die Auslegung wesentliche Tatsachen
unbeachtet gelassen. Der Senat kann die fehlende Auslegung nachholen, weil
der Sachverhalt hinreichend geklärt ist (BGH, LM § 27 VerglO
Nr. 2 = ZIP 1984, 193 (194) m. w. Nachw.). b) Die Auslegung hat sich danach
auszurichten, was als Wille für denjenigen erkennbar geworden ist,
für den die Erklärung bestimmt war (BGHZ 36, 30 (33) = NJW 1961,
2252 = LM § 179 BGB Nr. 4; BGHZ 47, 75 (78) = NJW 1967, 673 = LM §
1357 BGB Nr. 3; BGHZ 103, 275 (280) = NJW 1988, 1378 = LM § 459 BGB
Nr. 90; BGH, NJW 1990, 3206 = LM § 19 BNotO Nr. 47 = BGHRBGBB §
133 - Wille 7). Dieser für empfangsbedürftige Willenserklärungen
geltende Grundsatz ist auch auf die Bürgschaft als einseitig verpflichtenden
Vertrag anzuwenden (BGH, NJW 1986, 1681 (1683) = LM § 125 BGB Nr.
43 = ZIP 1986, 702 (705); NJW-RR 1987, 1138 = LM § 133 (A) BGB Nr.
21 = BGHRBGBB § 765 Abs. 1 - Hauptschuld 1). Da die Bürgschaftserklärung
für den Gläubiger bestimmt ist, kommt es also darauf an, wie
dieser sie nach Treu und Glauben und nach der Verkehrsanschauung verstehen
mußte (BGH, aaO; vgl. auch Staudinger-Horn, BGB, 12. Aufl., §
765 Rdnr. 19). Maßgeblich für die Auslegung ist in erster Linie
der Inhalt der Bürgschaftsurkunde (BGHZ 76, 187 (189) = NJW 1980,
1449 = LM § 765 BGB Nr. 30; BGH, NJW 1988, 907 = LM § 765 BGB
Nr. 56 = ZIP 1988, 222 (224); NJW 1989, 1856 = LM § 777 BGB Nr. 10
= BGHRBGBB § 765 Abs. 1 - Hauptschuld 2). Selbst wenn die Kl. bei
ihrer Formulierung mit Bedacht einen Text gewählt haben sollte, den
die Banken ständig für die Bürgschaft auf erstes Anfordern
verwenden, konnte sie allein deshalb beim Empfang der Bürgschaftserklärung
noch nicht davon ausgehen, die Bekl. habe eine solche Bürgschaft auf
erstes Anfordern auch übernehmen wollen. Aus der Sicht des Gläubigers,
der die Bürgschaftserklärung veranlaßt und formuliert hat,
kann der Bürge seinen Willen nur so erklärt haben, wie er seinerseits
den ihm vorgegebenen Text verstehen konnte. Deshalb muß die Kl. die
Bürgschaftserklärung so gegen sich gelten lassen, wie sie bei
Berücksichtigung der für sie erkennbaren Umstände objektiv
zu verstehen ist (vgl. BGH, NJW 1983, 1903 (1904) = LM § 404 BGB Nr.
20). Allerdings entspricht der Wortlaut der fraglichen Abrede ("Der verbürgte
Betrag ist auf Anforderung bzw. bei erster Vorlage dieser Urkunde sofort
zahlbar ...") dem Vertragsmuster, wie es sich im bankgeschäftlichen
Verkehr für die Bürgschaft auf erstes Anfordern eingebürgert
hat. Solche außerhalb des Erklärungsakts liegenden Begleitumstände
können in die Auslegung einbezogen werden, soweit sie für den
Erklärungsempfänger einen Schluß auf den Sinngehalt der
Erklärung zulassen (BGH, WM 1971, 39 (42); NJW 1984, 721 = LM §
133 (B) BGB Nr. 22; NJW 1987, 2437 = LM § 15 GmbHG Nr. 22 = BGHRBGBB
§ 133 - Wille 1). Das trifft hier nicht zu, denn die Kl. konnte nicht
davon ausgehen, daß der Bekl. der dem Wortlaut der Abrede im Bankenverkehr
beigemessene Sinn bekannt oder erkennbar war. Die Bürgschaft auf erstes
Anfordern ist - einem Bedürfnis der exportorientierten Wirtschaft
Rechnung tragend - erst seit dem Ende der 70er Jahre richterlich anerkannt
und kommt hauptsächlich als Sicherungsmittel im Außenhandelsverkehr
vor. Im Inlandsgeschäft hat sie praktische Bedeutung vor allem im
Rahmen der Konzernfinanzierung gewonnen (Heinsius, in: Festschr. f. Merz,
1992, S. 177, 181). Die Bürgschaft auf erstes Anfordern ist ein typisches
Bankgeschäft. Außerhalb des Bankverkehrs ist sie weitgehend
unbekannt. Daß die Bekl. über Erfahrungen auf dem Gebiet der
Kreditsicherheiten im allgemeinen und in den Bereichen, in denen die Bürgschaft
auf erstes Anfordern anzutreffen ist, im besonderen verfügte oder
daß sie vor Eingehung der Bürgschaftsverpflichtung über
die Eigenarten der Bürgschaft auf erstes Anfordern aufgeklärt
worden wäre, hat die Kl. nicht vorgetragen. Wer nicht über besondere
Kenntnisse auf dem Gebiet der Kreditsicherung verfügt und insbesondere
die Rechtsfigur der Bürgschaft auf erstes Anfordern nicht kennt, kann
der Abrede nicht entnehmen, daß den Erklärenden eine vorläufige
Zahlungspflicht treffen soll, die keine Einwendungen oder Einreden aus
dem Hauptschuldverhältnis zuläßt. Für ihn zielt namentlich
die Verknüpfung der Zahlungspflicht mit den für die Hauptschuld
vereinbarten Zahlungsterminen eher in die Richtung einer Fälligkeitsabrede.
Daß die Bekl. der Meinung sein konnte, sie übernehme eine "normale"
selbstschuldnerische Bürgschaft, wenn sie den ihr von der Kl. vorgelegten
Text unterschreibe, wird durch die Entstehungsgeschichte der Bürgschaft
bekräftigt. Nach den tatrichterlichen Feststellungen war zwischen
der Kl. und dem Ehemann der Bekl. am 23. 6. 1987 vereinbart worden, daß
dieser zur Sicherung der ihn treffenden Rückzahlungsverpflichtung
eine "persönliche selbstschuldnerische Bürgschaft" übernehmen
solle. Als sich später die Bekl. bereit erklärte, statt ihres
Ehemannes zu bürgen, konnte sie ebenfalls davon ausgehen, daß
die Kl. eine "normale" BGB-Bürgschaft von ihr erwartete. Denn noch
in dem Nachtrag vom 23. 7. 1987, in dem der Eintritt der Bekl. anstelle
ihres Ehemannes festgelegt wurde, ist nur von einer "selbstschuldnerischen
Bürgschaft" die Rede. Schließlich geben auch der mit der Bürgschaft
von Seiten der Kl. verfolgte Zweck und die Interessenlage keinen Anhaltspunkt
dafür, daß die Bekl. etwas anderes als eine selbstschuldnerische
Bürgschaft hat übernehmen wollen. Indem die Bürgschaft auf
erstes Anfordern alle Einwendungen und Einrede vorübergehend ausschaltet,
dient sie der Sicherung der Liquidität des Bürgschaftsgläubigers
(BGHZ 74, 244 (247 f.) = NJW 1979, 1500 = LM § 765 BGB Nr. 27; BGH,
NJW 1989, 1606 = LM § 282 ZPO (Beweislast) Nr. 65 = BGHRBGBB §
765 - erstes Anfordern 3; NJW-RR 1989, 1324 = LM § 765 BGB Nr. 69
= BGHRBGBB § 765 - erstes Anfordern 5). Daß für die Kl.
ein dahingehendes Bedürfnis bestand, ist nicht festgestellt und von
der Kl. nicht einmal vorgetragen worden.
2. Die Annahme des BerGer., daß der gegen
die Hauptschuld erhobene Einwand der Formnichtigkeit durchgreife - weshalb
die Kl. aus der selbstschuldnerischen Bürgschaft keinen Anspruch herleiten
könne -, beruht auf Verfahrensfehlern.
a) Aus Rechtsgründen ist es allerdings nicht
zu beanstanden, daß das BerGer. die verbürgte Schuld der G,
den auf das Dienstleistungshonorar erhaltenen Vorschuß an die Kl.
zurückzuzahlen, als untrennbaren Bestandteil der am 23. 6. 1987 getroffenen
Absprachen betrachtet hat. Da zu diesen Absprachen weiterhin die Verpflichtung
der B zur Übertragung ihres Geschäftsanteils an die Kl. gehörte,
deren Begründung gem. § 15 IV 1 GmbHG der notariellen Form bedurfte,
waren zunächst einmal alle Vereinbarungen - weil nur privatschriftlich
abgeschlossen - gem. § 125 S. 1 BGB formnichtig (Hachenburg-Zutt,
GmbHG, 8. Aufl., § 15 Rdnrn. 18 ff.; Scholz-Winter, GmbHG, 7. Aufl.,
§ 15 Rdnr. 54; Baumbach-Hueck, GmbHG, 15. Aufl., § 15 Rdnr. 32).
b) Zu Unrecht hat das BerGer. indessen eine Heilung
des ursprünglichen Formmangels verneint. Gem. § 15 IV 2 GmbHG
wird eine nicht in notarieller Form getroffene Vereinbarung, durch welche
die Verpflichtung eines GmbH-Gesellschafters zur Abtretung eines Geschäftsanteils
begründet wird, durch den seinerseits in notarieller Form abgeschlossenen
Abtretungsvertrag gültig. Das hat das BerGer. nicht verkannt. Es hat
auch richtig gesehen, daß die Abtretung, um die heilende Wirkung
auszulösen, nicht notwendig an den Gläubiger des obligatorischen
Vertrages erfolgen muß; Abtretungsempfänger kann auch ein Dritter
sein, wenn der Verpflichtete an ihn leisten durfte und zum Zwecke der Vertragserfüllung
an ihn geleistet hat (Scholz-Winter, § 15 Rdnr. 72). Diese Voraussetzungen
hat das BerGer. hier rechtsfehlerfrei für gegeben erachtet. Die Unwirksamkeit
der Abtretung an die L-GmbH & Co. Beteiligung KG entnimmt das BerGer.
allein daraus, daß sie nicht von allen Gesellschaftern der Kl. genehmigt
worden sei. Nach § 10 des Gesellschaftsvertrages (i. V. mit §
15 V GmbHG) sei dies aber Wirksamkeitsvoraussetzung gewesen. Diese Annahme
beruht auf einem Verfahrensfehler. Die Bekl. hatte mit Schriftsatz vom
17. 4. 1990 vorgetragen, neben L sei nur noch sein Bruder D Gesellschafter
der Kl. Daß der eine oder der andere die Abtretung des Geschäftsanteils
der B an die L-GmbH & Co. Beteiligungs KG etwa nicht genehmigt habe,
hatte die Bekl. nicht geltend gemacht. Gleichwohl hat das BerGer. die Kl.
unter dem 1. 2. 1991 darauf hingewiesen, daß sich "die Zustimmungserklärung
des Herrn DL ... nicht in den Gerichtsakten befindet". Daraufhin hat die
Kl. in der mündlichen Verhandlung vom 21. 3. 1991 eine undatierte
Erklärung der "Gesellschafter der EEZ", O und D, vorgelegt, mit welcher
der Abtretung vom 23. 7. 1987 zugestimmt wurde. Mit nachgelassenem Schriftsatz
vom 2. 4. 1991 hat die Bekl. behauptet, daß die Zustimmungserklärungen
erst im Laufe des Rechtsstreits abgegeben worden seien, und bestritten,
daß O und/oder D bei Abgabe der Zustimmungserklärungen noch
"materiell Berechtigte" gewesen seien. Dies hat das BerGer. im folgenden,
"da dem Vorbringen der Kl. Abweichendes nicht zu entnehmen" sei, als "zugestanden"
(§ 138 III ZPO) zugrunde gelegt. Das rügt die Revision mit Recht.
Irgendwelche Anhaltspunkte dafür, daß entweder O oder D zum
Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung nicht mehr Gesellschafter
der Kl. waren, hatte die Bekl. nicht vorgetragen. Zudem spielte der Zeitpunkt
der Abgabe der "Zustimmungs"-Erklärungen bei fortbestehender materieller
Berechtigung der Erklärenden keine Rolle. Deshalb war der Vortrag
neu und durch den Schriftsatznachlaß (§ 283 ZPO) nicht gedeckt.
Nur eine Erwiderung auf verspäteten Sachvortrag des Gegners darf berücksichtigt
werden, nicht jedoch neuer Sachvortrag, der über eine Replik hinausgeht
(BGH, NJW 1965, 297 (298) = LM § 272a ZPO Nr. 4; NJW 1966, 1657 (1658
= LM § 272a ZPO Nr. 5; Stein-Jonas-Leipold, ZPO, 20. Aufl., §
283 Rdnr. 26; Zöller-Stephan, ZPO, 17. Aufl., § 283 Rdnr. 5).
Da bis dahin nicht streitig gewesen war, daß O und D Gesellschafter
der Kl. waren und sind, und auch deren Zustimmung nicht in Zweifel gezogen
worden war, durfte das BerGer. den abweichenden Vortrag in dem nachgereichten
Schriftsatz ohne Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht
berücksichtigen.
3. Da es bereits wegen der rechtsirrtümlich
bejahten Formnichtigkeit der Vereinbarung gemeint hat, die Hauptschuld
sei nicht entstanden, ist das BerGer. auf die weiteren Einwände der
Bekl. - die Vereinbarung vom 23. 6. 1987 sei wegen Irrtums angefochten,
jedenfalls sei die Geschäftsgrundlage später weggefallen - nicht
mehr eingegangen. Auch insofern ist die Sache für eine abschließende
Entscheidung durch den Senat nicht hinreichend aufgeklärt.