Bereicherungsausgleich in
Mehrpersonenfällen: Zahlung an den (vermeintlichen) Legalzessionar einer
(existierenden) Forderung; Unwirksamkeit eines Vergleichs nach § 779 Abs.
1 BGB; keine Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 677 BGB) der
Krankenversicherers für den Schädiger bei Leistungen an das Unfallopfer;
Voraussetzungen des Wegfalls der Bereicherung nach § 818 Abs. 3 BGB;
Einfluß von § 242 BGB auf einen bereicherungsrechtlichen Anspruch
BGH, Urteil vom 8. Juli 2003 - VI ZR
274/02
Fundstellen:
NJW 2003, 3193
für BGHZ vorgesehen
Zentrale Probleme:
Die Entscheidung ist sehr lehrreich, wenn
man sie ihrer sozialrechtlichen Spezialitäten "entkleidet". Der etwas
komplizierte Sachverhalt läßt sich wie folgt vereinfachen: R war Opfer
eines Verkehrsunfalls. Seine Krankenkasse (Bekl. des vorliegenden
Verfahrens) übernahm Heilungskosten. Den Schadensersatzanspruch des R
gegen die Haftpflichtversicherung des Schädigers (Kl. des vorliegenden
Verfahrens) machte sie dann im eigenen Namen geltend, weil dieser Anspruch
(vermeintlich) kraft Gesetzes im Wege der Legalzession nach § 116 SGB X
auf sie übergegangen war. Die Haftpflichtversicherung (Klägerin) zahlte
auch an die Krankenkasse. Tatsächlich aber war der Anspruch des R gegen
die Haftpflichtversicherung gar nicht auf die Krankenkasse übergegangen,
weil es sich um einen Arbeitsunfall handelte, bei welchem die bekl.
Krankenkasse die Heilungskosten gar nicht hätte übernehmen müssen. Dies
war vielmehr Sache der gesetzlichen Unfallversicherung, auf die dann auch
der Anspruch des R gegen die Klägerin (Haftpflichtversicherung)
tatsächlich nach § 116 I SGB X übergegangen war (diese vom SGB X
angeordnete cessio legis - §§ 412, 398 BGB - hängt nicht von einer
tatsächlichen Zahlung ab, sondern tritt gleichsam mit dem Unfalls selbst
ein). Im vorliegenden Verfahren fordert die Haftpflichtversicherung als
Klägerin die an die Krankenkasse gezahlten Beträge zurück.
Sieht man einmal von den - im Pflichtstoff nicht prüfungsrelevanten
sozialrechtlichen Fragen ab, liegt hier folgende Situation vor: Der
Schuldner einer tatsächlich existierenden Forderung zahlt an einen
scheinbaren (Legalzessionar) und fordert diese Zahlung zurück.
Der Anspruch der Kl. ergibt sich aus § 812
Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB (Leistungskondiktion), denn es liegt unzweifelhaft
eine "Leistung" der Kl. an den Bekl. vor. Insoweit unterscheidet
sich die Situation von derjenigen, daß ein Schuldner an den Zessionar
einer nur scheinbar bestehenden Forderung zahlt, d.h. der Mangel nicht in
der Zession, sondern in der zedierten Forderung liegt (zu dieser mit der
Anweisungslage vergleichbaren Situation s. die Anm. zu BGHZ 113,
62 ff in Abgrenzung zu BGH NJW 2006, 1731; zur gesamten Problematik "Bereicherungsausgleich und Zession s. die
Beispielsfälle Lorenz JuS 2003, 839, 842). Diese Leistung war auch
rechtsgrundlos, weil die Bekl. die Forderung des R gar nicht erworben
hatte. Rechtsgrund konnte also nicht §§ 823, 412, 398 BGB sein. Da die
Bekl. aber im Vorfeld der Zahlung mit der Kl. einen Vergleich (§ 779 BGB)
geschlossen hatte, käme dieser als Rechtsgrund der Zahlung in Betracht.
Dies lehnt der BGH unter Hinweis auf die Unwirksamkeit des Vergleichs nach
§ 779 Abs. 1 BGB ab. Auch Geschäftsführung ohne Auftrag wird als
Rechtsgrund der Zahlung ablehnt. Die Krankenkasse hat nämlich, wenn sie
Leistungen an ihr Mitglied erbringt, keinen Fremdgeschäftsführungswillen
für den Schädiger, so daß es am Tatbestand einer GoA (§ 677 I BGB) fehlt.
Es liege zumindest ein objektiv eigenes Geschäft vor, bei welchem
Fremdgeschäftsführungswille nicht vermutet werden könne. Der BGH deutet
dabei auch an, daß ein Rückgriff auf die Grundsätze des "Auch-fremden-Gechäfts"
wohl wegen der abschließenden sozialrechtlichen Regelung nicht in Betracht
kommt.
Die Bekl. muß also die von der Kl. erhaltene Zahlung an diese
zurückerstatten, hat aber - da sie anstelle der gesetzl.
Unfallversicherung die Heilungskosten des R getragen hat - nach §§ 105 ff
SGB X einen Erstattungsanspruch gegen diese. Auf dieser Basis beschäftigt
sich dann der BGH mit der Frage, ob die Bekl. nach § 818 Abs. 3 BGB
entlastet ist, wenn sie diesen Erstattungsanspruch wegen Verfristung nach
SGB X nicht mehr geltend machen kann. Unabhängig davon hält es der BGH für
möglich, daß die Geltendmachung des Bereicherungsanspruchs nach § 242 BGB
treuwidrig sein könnte.
Zum Bereicherungsausgleich in Mehrpersonenverhältnissen s. eingehend Lorenz JuS 2003, 729 ff; 839 ff.
a) Bei einem Arbeitsunfall besteht für
den Verletzten kein Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen
Krankenkasse, sofern sie als Folge des Arbeitsunfalls zu erbringen wären.
Der Anspruch des Verletzten gegen den Schädiger geht deshalb gemäß § 116
Abs. 1 SGB X im Zeitpunkt des Unfalls insgesamt auf den
Unfallversicherungsträger über, soweit dieser aufgrund des
Schadensereignisses Sozialleistungen zu erbringen hat.
b) Leistungen, die die Krankenkasse dem Verletzten tatsächlich erbracht
hat, sind ihr von dem Unfallversicherungsträger nach den §§ 105 ff. SGB X
zu erstatten. Die Krankenkasse wird weder - teilweise - Inhaber des dem
Verletzten gegen den Schädiger zustehenden Schadensersatzanspruchs noch
steht ihr gegen den Schädiger ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne
Auftrag zu.
c) Erbringt der Haftpflichtversicherer des Schädigers in der Annahme, daß
ein Arbeitsunfall nicht vorliege, Ersatzleistungen an die Krankenkasse, so
erfolgen diese regelmäßig ohne Rechtsgrund. Ein unter diesen
Voraussetzungen zwischen dem Haftpflichtversicherer und der Krankenkasse
geschlossener Abfindungsvergleich ist regelmäßig nach § 779 BGB unwirksam.
d) Der Bereicherungsanspruch des Haftpflichtversicherers kann
ausgeschlossen sein, wenn sich die Krankenkasse im Hinblick auf die
Versäumung der Fristen der §§ 111, 113 SGB X erfolgreich auf Entreicherung
berufen kann (§ 818 Abs. 3 BGB) oder wenn der für die Folgen des Unfalls
einstandspflichtige Haftpflichtversicherer durch die gestaffelte
Rückabwicklung hinsichtlich der von der Krankenkasse erbrachten Leistungen
grundlos entlastet würde (§ 242 BGB).
Tatbestand:
Der klagende Haftpflichtversicherer verlangt von der beklagten
Krankenkasse die Rückzahlung von Leistungen, die er in Folge eines
Verkehrsunfalls erbracht hat.
Im Jahr 1994 wurde R. auf dem Weg zur Schule durch ein bei der Klägerin
haftpflichtversichertes Fahrzeug verletzt. R. war bei der Beklagten
gesetzlich krankenversichert. Sie übernahm die unfallbedingten
Heilbehandlungskosten. Die Klägerin erstattete ihr diese aufgrund eines
zwischen den Parteien bestehenden Teilungsabkommens in Höhe von 52.590,44
DM. Am 25. Oktober 1995 schlossen die Parteien einen Abfindungsvergleich,
wonach mit der Zahlung eines Betrages von 65.000 DM sämtliche vergangenen
und zukünftigen Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung
abgegolten sein sollten.
Zuvor hatte R. der Klägerin mitteilen lassen, der
Gemeindeunfallversicherungsverband (Streithelfer der Klägerin) habe durch
Bescheid vom 15. August 1995 Entschädigungsansprüche mangels Vorliegens
eines Arbeitsunfalls abgelehnt. Allerdings hatte R. gegen den ablehnenden
Bescheid des Streithelfers Widerspruch eingelegt und anschließend Klage
vor dem Sozialgericht erhoben; die Kenntnis der Klägerin davon ist
zwischen den Parteien streitig. Am 28. Oktober 1997 erkannte der
Streithelfer den Unfall als entschädigungspflichtigen Wegeunfall im Sinne
der gesetzlichen Unfallversicherung an. Er zeigte der Klägerin den
Übergang der Ansprüche des Geschädigten auf sich an und bat um Bestätigung
ihrer Einstandspflicht. Daraufhin forderte die Klägerin die Beklagte
erfolglos zur Rückzahlung der von ihr gezahlten Beträge auf.
Das Landgericht hat die Beklagte unter dem Gesichtspunkt der
ungerechtfertigten Bereicherung antragsgemäß verurteilt. Auf die Berufung
der Beklagten hat das Berufungsgericht das Urteil dahingehend abgeändert,
daß die Beklagte (auf den von der Beklagten anerkannten Hilfsantrag der
Klägerin) verurteilt werde, an die Klägerin sämtliche Erstattungsansprüche
gegen den Gemeindeunfallversicherungsverband abzutreten, die aus ihren
Aufwendungen für den Geschädigten herrührten; die Zahlungsklage hat es
abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die
Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts,
dessen Urteil in RuS 2002, 460 f. abgedruckt ist (dazu Lemcke, RuS 2002,
441 ff.), hat die Klägerin gegen die Beklagte keinen Zahlungsanspruch,
weil die Beklagte nicht ungerechtfertigt bereichert sei, die Klägerin ihre
Leistungen vielmehr mit Rechtsgrund erbracht habe und der Rechtsgrund auch
nicht später entfallen sei. Der Schadensersatzanspruch des Geschädigten R.
gegen die Klägerin sei gemäß § 116 Abs. 1 SGB X auf die Beklagte
übergegangen.
Zwar sei die Beklagte unzuständiger Sozialleistungsträger gewesen, da
gemäß § 11 Abs. 4 SGB V allein der Gemeindeunfallversicherungsverband zur
Tragung der Heilungskosten verpflichtet gewesen sei. Die Voraussetzungen
für einen Anspruchsübergang auf die Beklagte seien deshalb nach dem
Wortlaut des § 116 Abs. 1 SGB X nicht erfüllt gewesen. Infolgedessen
bestehe auch gemäß § 105 SGB X eine interne Ausgleichspflicht zwischen der
Beklagten und dem Streithelfer.
Doch wirke dies sich nicht auf das Außenverhältnis zwischen der Beklagten
und der Klägerin aus. Es sei kein Grund ersichtlich, warum die
Erstattungspflicht des Haftpflichtversicherers davon abhängen solle, ob
der Krankenversicherer aufgrund eines Kompetenzkonfliktes zwischen ihm und
dem Unfallversicherungsverband nur vorläufig leiste oder aber in einer
rechtlich unklaren Situation irrtümlich die eigene Zuständigkeit annehme.
Daher sei § 116 Abs. 1 SGB X dahin auszulegen, daß ein Anspruchsübergang
auch dann stattfinde, wenn der Sozialleistungsträger in der irrtümlichen
Annahme seiner Zuständigkeit Leistungen aufgrund eines zwar
rechtswidrigen, ihn selbst jedoch bindenden Verwaltungsakts erbringe.
Dadurch werde eine ausreichende Leistungspflicht im Sinne des § 116 Abs. 1
SGB X geschaffen. Dem entspreche es, daß nach § 107 SGB X der Anspruch des
Leistungsberechtigten unabhängig von der Zuständigkeit des leistenden
Trägers als erfüllt gelte. Der Erstattungsanspruch gehe erst im Zeitpunkt
der Anerkennung der Leistungspflicht durch den Unfallversicherungsträger
auf diesen über. Die Beklagte habe von der Klägerin mithin Zahlung
verlangen und auch den Abfindungsvergleich mit ihr schließen können.
II. Dies hält der
revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht
gegebenen Begründung kann ein Anspruch der Klägerin aus
§ 812 Abs. 1 BGB nicht verneint werden.
1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der
Schadensersatzanspruch des Geschädigten gegen die Klägerin nicht auf die
Beklagte
übergegangen.
Nach § 1 Abs. 1 des zwischen den Parteien bestehenden Teilungsabkommens
verzichtet die Klägerin als Haftpflichtversicherer auf die Prüfung der
Haftungsfrage, wenn eine dem Abkommen beigetretene Krankenkasse gegen eine
Person, die bei der Klägerin haftpflichtversichert ist, gemäß § 116 SGB X
Ersatzansprüche aus Schadensfällen ihrer Versicherten geltend machen kann.
Nach § 1 Abs. 5 des Abkommens gilt die Prüfung der Frage, ob ein Anspruch
nach § 116 SGB X vorliegt, nicht als Prüfung der Haftungsfrage im Sinne
des Abkommens. Damit ist klar gestellt, daß eine Zahlungspflicht der
Klägerin den Übergang der Ansprüche des Geschädigten auf die Beklagte nach
§ 116 SGB X voraussetzt. Ein solcher Anspruchsübergang ist nach dem
festgestellten Sachverhalt zu verneinen.
a) Liegen die Voraussetzungen des § 116 Abs. 1 SGB X vor, so geht der
Anspruch des Geschädigten gegen den Schädiger kraft Gesetzes, d.h. ohne
weiteres Zutun des regreßberechtigten Sozialleistungsträgers, auf diesen
über (vgl. Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 11. Aufl., § 116
SGB X S. 971b; Hauck-Haines, SGB X/3, K § 116 Rn. 23; Kater in Kasseler
Kommentar, § 116 SGB X Rn. 141; Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung,
§ 116 SGB X Rn. 3a; Pickel, SGB X, § 116 SGB X Rn. 21; Gitter in
SGB-SozVers-GesKomm, § 116 SGB X Anm. 9; Wannagat-Eichenhofer, SGB X, §
116 Rn. 13). Der Übergang auf einen Sozialversicherungsträger erfolgt dem
Grunde nach bereits im Augenblick des schadensstiftenden Ereignisses, wenn
eine Leistungspflicht des Versicherungsträgers gegenüber dem Verletzten
irgendwie in Betracht kommt, also nicht völlig unwahrscheinlich ist (BGHZ
48, 181, 186 ff.; Senatsurteile BGHZ 127, 120, 125 und vom 17. April 1990
- VI ZR 276/89 - VersR 1990, 1028, 1029 m.w.N.).
b) Eine Leistungspflicht der Beklagten bestand im Streitfall nicht. Auch
das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, daß nicht etwa eine
zunächst bestehende Leistungsverpflichtung der Beklagten aufgrund der
Anerkennung des Unfalls als Wegeunfall nachträglich entfallen ist, sondern
daß sie von Anfang an nicht bestanden hat. § 11 Abs. 4 SGB V begründet
eine ausschließliche Zuständigkeit der Unfallversicherungsträger. Beim
Vorliegen eines Arbeitsunfalls besteht deshalb für den Verletzten kein
Anspruch auf irgendeine Leistung aus der gesetzlichen Krankenkasse, sofern
sie als Folge des Arbeitsunfalls zu erbringen wäre. Dabei kommt es nicht
darauf an, ob der Verletzte Leistungen aus der gesetzlichen
Unfallversicherung auch tatsächlich erhält; aus § 11 Abs. 4 SGB V ergibt
sich, daß bereits ein Anspruch auf Leistungen wegen des Arbeitsunfalls
ausreicht, um die Leistungspflicht der Krankenkasse schlechthin
auszuschließen (BSGE 81, 103, 108).
Diese Leistungspflicht der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung
besteht vom ersten Tag an. Für die Anwendung des § 11 Abs. 4 SGB V ist
allein der Eintritt des Versicherungsfalls und somit die Verpflichtung des
Unfallversicherungsträgers dem Grunde nach maßgebend. Diese Verpflichtung
entsteht nach § 40 Abs. 1 SGB I, sobald ihre im Gesetz oder aufgrund eines
Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen. Verwaltungsakte
(Anerkennungsbescheide) über derart entstandene Ansprüche haben deshalb
nur deklaratorische Bedeutung (vgl. BSGE 81, 103, 108; BSG, SozR 3-1300 §
111 SGB X Nr. 4; USK 89145).
Danach war im Streitfall der zuständige Sozialversicherungsträger nicht
die Beklagte, sondern der Gemeindeunfallversicherungsverband. Mithin
ging der Ersatzanspruch des Geschädigten R. gegen den Schädiger und damit
gegen die Klägerin gemäß § 116 SGB X bereits im Zeitpunkt der
Schadensentstehung nicht auf die Beklagte, sondern auf den Streithelfer
über (ebenso Lemcke, aaO, S. 442).
c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts führt der Umstand, daß
die beklagte Krankenversicherung dem Geschädigten tatsächlich Leistungen
erbracht hat, zu keiner anderen Beurteilung.
Das Berufungsgericht geht selbst nicht davon aus, daß die beklagte
Krankenkasse durch die Leistungsgewährung zum zuständigen Leistungsträger
wurde. Es ist jedoch der Meinung, daß eine für den Anspruchsübergang
ausreichende Leistungspflicht im Sinne des § 116 SGB X dadurch geschaffen
werde, daß der Sozialleistungsträger in der irrtümlichen Annahme seiner
Zuständigkeit Leistungen aufgrund eines zwar rechtswidrigen, ihn selbst
aber bindenden Verwaltungsakts erbringe (ebenso ohne nähere Begründung:
Kater in Kasseler Kommentar, SGB X, § 116 Rn. 159).
Dem kann nicht gefolgt werden. Es kann dahinstehen, ob diese Ansicht
zutraf, solange neben dem Unfallversicherungsträger - subsidiär - auch die
Krankenkassen zuständig waren. Nach Inkrafttreten des § 11 Abs. 4 SGB V
und in Anbetracht der damit eingeführten ausschließlichen Zuständigkeit
des Unfallversicherungsträgers kann hiervon nicht mehr ausgegangen werden.
Wie ausgeführt, hatten sowohl der die Leistungspflicht anerkennende
Bescheid des Unfallversicherungsträgers als auch Übernahmeerklärungen der
beklagten Krankenkasse im Hinblick auf die gesetzliche Regelung des § 11
Abs. 4 SGB V lediglich deklaratorischen Charakter. Sie sind deshalb für
den Anspruchsübergang nach § 116 Abs. 1 SGB X ohne Bedeutung (vgl. auch
Lemcke, aaO, S. 442 f.).
Eine abweichende Betrachtungsweise stünde nicht nur im Widerspruch zu den
vom Gesetz getroffenen Zuständigkeitsregelungen, sondern auch zu den in
den §§ 102 ff. SGB X enthaltenen Ausgleichsregelungen, hier zu der in §
105 SGB X getroffenen Regelung über den Ausgleichsanspruch des
unzuständigen Leistungsträgers, der tatsächlich Leistungen erbracht hat.
Diese Regelungen schließen die Annahme aus, ein unzuständiger
Leistungsträger könne durch eigenes Handeln auf den Anspruchsübergang bzw.
seinen Zeitpunkt Einfluß nehmen mit der Folge, während der Zeit seiner
Inhaberschaft zu Lasten des zuständigen Leistungsträgers über den Anspruch
verfügen zu können, etwa - wie hier - einen wirksamen Abfindungsvergleich
zu schließen.
Die vom Berufungsgericht vertretene Ansicht lässt sich nicht aus einer
ergebnisorientierten Wertung der Sachlage rechtfertigen. Der Fall, daß
nach einem Unfall die Heilbehandlungskosten des Geschädigten von der
Krankenkasse übernommen werden, weil zunächst das Vorliegen eines
Arbeitsunfalls nicht erkannt wird oder streitig ist (vgl. § 43 SGB I),
tritt in der Rechtspraxis durchaus nicht selten auf (vgl. z.B. Marburger,
SozVers 1992, 127 ff.). Für die Lösung dieser Konfliktfälle enthält das
Sozialgesetzbuch klare Regelungen, die eine allein am Ergebnis orientierte
Betrachtung entbehrlich machen.
d) Auch der Hinweis des Berufungsgerichts auf § 107 SGB X, wonach
unabhängig von der Zuständigkeit des leistenden Trägers durch dessen
Leistung der Anspruch des Leistungsberechtigten als erfüllt gilt, soweit
ein Erstattungsanspruch besteht, überzeugt nicht. Mit der
Erfüllungsfiktion in § 107 Abs. 1 SGB X hat der Gesetzgeber sich aus
Gründen der Rechtsklarheit und der Verwaltungsökonomie für eine
unkomplizierte und im Rahmen des Sozialleistungsrechts einheitliche Form
des Ausgleichs von Leistungsbewilligungen entschieden, die eine
Rückabwicklung im Verhältnis zwischen vorleistendem Träger und
Leistungsberechtigtem (§ 50 SGB X) sowie ein Nachholen der Leistung im
Verhältnis zwischen leistungspflichtigem Träger und Leistungsberechtigtem
ausschließen soll; die Regelung ist bindend, d.h., es besteht kein
Wahlrecht des erstattungsberechtigten Trägers, auf seinen
Erstattungsanspruch nach den §§ 102 ff. SGB X und damit auf die
Erfüllungsfiktion zu verzichten und sich statt dessen nach den §§ 45, 48,
50 SGB X an den Versicherten zu halten (vgl. BSG, SozR 3-1300 § 107 SGB X
Nr. 10; SozR 3-2600 § 93 SGB VI Nr. 4; BVerwGE 87, 31, 35; BVerwG,
Buchholz 436.0 § 11 BSHG Nr. 22 S. 28). Für die Frage des
Anspruchsübergangs läßt sich aus § 107 SGB X danach allenfalls herleiten,
daß das Gesetz den Sozialversicherungsträger zwingend auf die
Ausgleichsregelungen der §§ 102 ff. SGB X verweist. Dies spricht aber
gegen die Möglichkeit jeder Manipulation der bestehenden
Zuständigkeitsregelungen und des daran anknüpfenden Anspruchsübergangs
durch die außerhalb der Zuständigkeit erfolgende Erbringung von
Leistungen.
e) Die Auffassung des Berufungsgerichts läßt sich schließlich auch nicht
im Hinblick auf Sinn und Zweck des § 116 Abs. 1 SGB X rechtfertigen. Ziel
der Vorschrift, die es dem Sozialleistungsträger ermöglicht, bei dem
Schädiger Regreß zu nehmen, ist es zu vermeiden, daß der Schädiger durch
die dem Geschädigten zufließenden Sozialleistungen haftungsfrei gestellt
oder aber der Geschädigte doppelt entschädigt (bereichert) wird (so
bereits zu § 1542 RVO: BVerfGE 21, 362, 375 f.; BGHZ 9, 179, 187 ff.; 27,
107, 116; Senatsurteile BGHZ 54, 377, 382; 70, 67, 69; vom 29. Oktober
1968 - VI ZR 280/67 - VersR 1968, 1182, 1185; vom 27. Oktober 1970 - VI ZR
47/69 - VersR 1971, 149, 150; vom 11. Mai 1976 - VI ZR 51/74 - VersR 1976,
756; zum weiteren Zweck der Vorschrift, den Sozialversicherungsträger
wirtschaftlich zu entlasten, vgl. Senatsurteile BGHZ 19, 177, 183; 70, 67,
70 ff.). Dieses Ziel wird durch die gesetzliche Regelung, wonach der
Regreßanspruch dem zuständigen Sozialleistungsträger zusteht und dieser
dem unzuständigen Sozialleistungsträger von diesem erbrachte Leistungen zu
erstatten hat, ohne weiteres erreicht. Die Auffassung des
Berufungsgerichts führt dazu, daß die unzuständige Krankenkasse einerseits
aus übergegangenem Recht den Schädiger in Anspruch nehmen kann, ihr
andererseits aber auch ein Anspruch auf Erstattung gemäß § 105 SGB X gegen
den zuständigen Unfallversicherungsträger zusteht, der sich seinerseits an
den Schädiger halten könnte (vgl. auch Lemcke, aaO, S. 443). Eine solche
Lösung wird durch die beschriebene Zielrichtung des § 116 Abs. 1 SGB X
weder gefordert noch gerechtfertigt, zumal auch nicht ersichtlich ist, daß
sie gegenüber der vom Gesetz vorgezeichneten Art der Abwicklung der in
Frage stehenden Fallgestaltungen nennenswerte rechtliche oder praktische
Vorteile bieten könnte.
2. Der danach nicht aus § 116 SGB X herzuleitende Rechtsgrund ergibt sich
entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht deshalb, weil ein Anspruch
der Beklagten aus Geschäftsführung ohne Auftrag bejaht werden könnte. Die beklagte Krankenkasse hat die Heilbehandlungskosten - jedenfalls in
erster Linie - in Erfüllung der ihr vermeintlich auferlegten Pflicht zu
deren Übernahme gezahlt. Dies schließt es zwar nicht unbedingt aus, daß
sie zugleich auch die privatrechtliche Schuld der Klägerin tilgen und
somit auch deren Geschäfte besorgen wollte (vgl. BGHZ 30, 162, 167 m.w.N).
In Fällen der vorliegenden Art scheidet ein Rückgriff auf die Grundsätze
der Geschäftsführung ohne Auftrag indes aus, weil die Rückgriffsfrage im
Gesetz bereits geordnet ist (vgl. dazu BGHZ 30, 162, 169 ff.; 33, 243,
245 f.; BGH, Urteil vom 23. September 1999 - III ZR 322/98 - NJW 2000, 72
f.). § 116 Abs. 1 SGB X sieht den Übergang der Ansprüche des Geschädigten
gegen den Schädiger auf den zuständigen Sozialleistungsträger vor. Die
Erstattungsansprüche des unzuständigen Sozialleistungsträgers, der
Leistungen erbringt, sind abschließend in § 105 SGB X geregelt. Dem nicht
zuständigen Sozialleistungsträger darüber hinaus einen Anspruch aus
Geschäftsführung ohne Auftrag gegen den Schädiger zuzubilligen, erscheint
als systemwidrig. Darüber hinaus besorgt die Krankenkasse, die dem Geschädigten die
Heilbehandlung in Form von Sachleistungen gewährt (§§ 2, 11 ff., insb. §
13 SGB V), in der Regel kein Geschäft des zum Schadensersatz
verpflichteten Schädigers bzw. seines Haftpflichtversicherers i.S. des §
677 BGB (vgl. auch BGHZ 33, 243, 246). Es handelt sich um ein
objektiv eigenes Geschäft, das seinen Fremdcharakter allenfalls durch den
Willen des Geschäftsführers (auch) zu einer Fremdgeschäftsführung erhält;
dafür besteht grundsätzlich keine tatsächliche Vermutung. Der Wille, ein
solches Geschäft zugleich für einen anderen zu führen, muß hinreichend
nach außen in Erscheinung treten (BGH, Urteil vom 23. September 1999 - III
ZR 322/98 - aaO, S. 73, m.w.N.); diese Voraussetzungen sind im Streitfall
nicht vorgetragen.
3. Danach besteht grundsätzlich ein Anspruch der Klägerin aus § 812 Abs. 1
BGB auf Rückzahlung der aufgrund des Teilungsabkommens geleisteten
Beträge. Ein solcher Anspruch besteht auch hinsichtlich der aufgrund des
Abfindungsvergleichs geleisteten Zahlungen; auch diese hat die Klägerin
ohne Rechtsgrund im Sinne des § 812 Abs. 1 BGB erbracht. Denn der
Vergleich ist gemäß § 779 Abs. 1 BGB unwirksam.
a) Nach § 779 Abs. 1 BGB ist ein Vergleich unwirksam, wenn der nach dem
Inhalt des Vertrages als feststehend zugrundegelegte Sachverhalt der
Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewissheit bei
Kenntnis der Sachlage nicht entstanden wäre. Voraussetzung ist danach, daß
die Parteien sich beim Abschluss über tatsächliche Gegebenheiten geirrt
haben, die sich außerhalb des Streits oder der Ungewissheit befanden (vgl.
BGHZ 25, 390, 394; BGH, Urteil vom 14. Januar 1998 - XII ZR 113/96 - BGHR
§ 779 Abs. 1 BGB "Schiedsgutachtervergleich 1"). Ob darüber hinaus auch
ein Rechtsirrtum zur Unwirksamkeit eines Vergleichs führen kann, ist
umstritten (vgl. MünchKomm/Pecher, BGB, 3. Aufl., § 779 Rn. 64 m.w.N.),
kann im vorliegenden Fall jedoch dahinstehen.
b) Nach dem Inhalt des Vergleichs, wonach mit der Zahlung eines Betrages
von 65.000 DM sämtliche zukünftige Leistungen aus der gesetzlichen
Krankenversicherung abgegolten sein sollten, gingen beide Parteien davon
aus, daß die Beklagte die Klägerin wegen der Ersatzansprüche des
Geschädigten in Anspruch nehmen konnte. Diese Beurteilung betraf nicht
lediglich eine Rechtsfrage, sondern erforderte die umfassende Wertung der
tatsächlichen Umstände. Insbesondere die Frage, ob es sich in Anbetracht
der Umstände des Falls um einen Arbeitsunfall handelte, ist (auch)
tatsächlicher Natur. Das Gleiche gilt für die Vorstellung der Parteien,
hinsichtlich der vergangenen und zukünftigen unfallbedingten
Heilungskosten eine abschließende Regelung treffen zu können (vgl. auch
MünchKomm/Pecher, aaO, Rn. 29, 62 f.). Ihre übereinstimmende Beurteilung
der Sachlage, aus der sich ergab, daß die Beklagte leistungspflichtig und
die Klägerin ersatzpflichtig seien und daß eine über die Vergleichssumme
hinaus gehende Inanspruchnahme der Klägerin wegen der unfallbedingten
Heilungskosten ausgeschlossen sei, haben die Parteien bei Abschluß des
Vergleichs als einen Sachverhalt im Sinne des § 779 BGB zugrunde gelegt.
Dafür, daß sie seinerzeit von einer abweichenden Beurteilung ausgegangen
wären, ist nichts ersichtlich; davon auszugehen, wäre in Anbetracht der
Funktion der Parteien als Haftpflichtversicherer und
Krankenversicherungsträger auch lebensfremd.
c) Die Klägerin hat vorgetragen, bei Abschluss des Abfindungsvergleichs
sei ihr nicht bekannt gewesen, daß das Anerkennungsverfahren durch den
Streithelfer noch schwebte und somit eine Anerkennung als Arbeitsunfall
noch möglich war. Da das Berufungsgericht hierzu keine Feststellungen
getroffen hat, ist das Vorbringen der Klägerin revisionsrechtlich als
richtig zu unterstellen. Demgegenüber hat die Beklagte allerdings
behauptet, die Klägerin habe beim Abschluß des Vergleichs Kenntnis von dem
seitens des Geschädigten durchgeführten Widerspruchsverfahren gehabt.
Dieses Vorbringen ist - worauf im Hinblick auf das weitere Verfahren
hinzuweisen ist - unerheblich. Selbst wenn die für die Klägerin Handelnden
derart informiert gewesen sein sollten, können sie dem keine Bedeutung
beigemessen haben und - in Übereinstimmung mit den für die Beklagte
Handelnden - von der Leistungspflicht der Be-klagten, der Ersatzpflicht
der Klägerin ihr gegenüber und der Wirkung des Vergleichs hinsichtlich
künftiger unfallbedingter Heilungskosten ausgegangen sein. Die
Voraussetzungen des § 779 BGB lägen nur dann nicht vor, wenn die mögliche
Leistungspflicht des Unfallversicherungsträgers (anstelle der Beklagten)
Gegenstand des Streits oder der Ungewißheit war und (auch) dieser Streit
oder diese Ungewissheit durch den Vergleich beseitigt werden sollte. Dafür
gibt der Vortrag der Beklagten indes nichts her.
d) Da es sich, was aufgrund des Anerkenntnisses des Streithelfers
feststeht, bei dem Unfall des Geschädigten R. um einen Arbeitsunfall
gehandelt hat, war die Beklagte nicht der zuständige Leistungsträger und
damit nicht Inhaberin der Schadensersatzansprüche des Geschädigten.
Deshalb wirkt der Vergleich auch nicht zu Lasten des Streithelfers, so daß
die Klägerin von diesem über die vereinbarte und gezahlte Vergleichssumme
hinaus in Anspruch genommen werden kann. Die gemeinsame Vorstellung der
Parteien über die Vergleichsgrundlage erweist sich mithin als irrig, so
daß der Vergleich gemäß § 779 Abs. 1 BGB unwirksam ist.
4. Die Voraussetzungen für einen Anspruch aus § 812 Abs. 1 BGB sind danach
grundsätzlich sowohl hinsichtlich der Leistungen der Klägerin aufgrund des
Teilungsabkommens als auch der Leistungen aufgrund des
Abfindungsvergleichs zu bejahen. Eine abschließende Entscheidung über
den Klageanspruch hängt allerdings davon ab, ob und gegebenenfalls
inwieweit sich die Beklagte zu Recht auf Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB)
beruft. Diese Einrede kann grundsätzlich auch ein in Anspruch
genommener Sozialleistungsträger erheben (BGH, Urteil vom 8. Oktober 1969
- IV ZR 633/68 - VersR 1969, 1141, 1142). Im vorliegenden Fall könnte
sich die Entreicherung der Beklagten daraus ergeben, daß ihr
Erstattungsanspruch gegen den Streithelfer aus § 105 SGB X wegen
Versäumung der einzuhaltenden Fristen (§§ 111, 113 SGB X) ausgeschlossen
ist, wobei möglicherweise die Ursache der Fristversäumung in Betracht
gezogen werden muß (§§ 818 Abs. 4, 819 BGB).
Erheblich ist auch der Einwand der Beklagten, das Rückforderungsverlangen
der Klägerin sei treuwidrig, weil sie, obwohl sie für die Folgen des
Unfalls des R. umfassend einstandspflichtig sei, durch die gestaffelte
Rückabwicklung hinsichtlich der von der Beklagten erbrachten Leistungen
zumindest teilweise grundlos entlastet werde (§ 242 BGB). Dies kann dem
Bereicherungsanspruch der Klägerin je nach den besonderen Umständen des
Falls entgegenstehen. Die Grundsätze von Treu und Glauben beanspruchen
gerade im Bereicherungsrecht unter dem Blickpunkt der Billigkeit in
besonderem Maße Geltung (vgl. etwa BGHZ 132, 198, 215; BGH, Urteil vom
15. März 1978 - IV ZR 77/77 - WM 1978, 708, 711).
Zu diesen Punkten hat das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt
aus folgerichtig - keine Feststellungen getroffen, so daß der erkennende
Senat keine abschließende Entscheidung treffen kann. Insoweit kann auch
der Sachvortrag des Unfallversicherungsträgers, dem erst im
Revisionsverfahren der Streit verkündet worden ist und der dem
Rechtsstreit nun auf Seiten der Klägerin beigetreten ist, weiteren
Aufschluß geben.
III.
Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben und die Sache ist an das
Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit dieses die noch erforderlichen
Feststellungen treffen kann.