Bereicherungsrechtliche Mehrpersonenverhältnisse:
Bereicherungsanspruch bei Drittzahlung an den Zessionar
BGH, Urteil v. 28.11.1990 - XII ZR 130/89
Fundstellen:
BGHZ 113, 62
NJW 1991, 919
JZ 1991, 410
DB 1991, 858
WM 1991, 639
ZIP 1991, 595
Zentrale Probleme:
In der Entscheidung stecken zwei
zu trennende Probleme des Mehrpersonenverhältnisses:
1. Wer kann im Falle der Zahlung
des Haftpflichtversicherers an den (nur vermeintlich) Geschädigten
das Gezahlte herausverlangen? Vgl. dazu die Anm. zu BGH
NJW 2000, 1718 sowie
BGH NJW 2002, 3772.
2. Von wem kondiziert der Bereicherungsgläubiger,
wenn er nicht an seinen (vermeintlichen) Gläubiger, sondern an einen
Zessionar des Gläubigers gezahlt hat? Hier ist richtigerweise in Parallele
zu den Anweisungsfällen eine Kondiktion nur gegen den Zedenten gegeben:
Außerdem wird die Zession häufig nur gewählt, um die Stellung
des Zessionars gegenüber einem Anweisungsempfänger zu verstärken.
Dies ist aber nicht der Fall, wenn der Zessionar einer Direktkondiktion
des Zahlenden ausgesetzt ist, was er als Anweisungsempfänger nicht
wäre. Zudem dürfen dem Zedenten seine Einwendungen gegen den
eigentlichen Schuldner nicht abgeschnitten werden, denn das ursprüngliche
Kausalverhältnis (z.B. ein [nichtiger] Vertrag) bestand ja zwischen
Schuldner und Gläubiger und wird durch die Zession eines daraus herrührenden
Anspruches nicht berührt (BGHZ 105, 365
= NJW 1989, 900 = JuS 1989, 576; Larenz/Canaris SR II/2 § 70 V
1 a). Schließlich wird nur so vermieden, den Schuldner, der sich
den Zessionar ja als Vertragspartner nicht ausgesucht hat, mit dessen Insolvenzrisiko
zu belasten. Zu diesem wertenden Argument s.
insbes. BGH, Urteil vom 19. Januar 2005 - VIII ZR
173/03. Ebenso im Falle eines Anspruchs aus einem gesetzlichen
Schuldverhältnis BGH v. 6.7.2012 - V
ZR 268/11.
Zur Problematik der scheinbaren (d.h. unwirksamen) Abtretung einer existierenden
Forderung s. BGH NJW 2003, 3193, zur scheinbaren
Abtretung einer nicht existenten Forderung s.
BGH v. 20.4.2004 - XI ZR 171/03; s. auch BGH NJW
2006, 1731.
(c)
sl2000
Amtl. Leitsätze:
a) Hat ein Haftpflichtversicherer die Entschädigung
an den Gläubiger seines Versicherungsnehmers ausgezahlt, um dessen
Verpflichtung zu erfüllen, so kann er seine Leistung grundsätzlich
bei dem Gläubiger kondizieren, wenn diesem in Wahrheit kein Anspruch
zustand.
b) Wer in der irrigen Annahme, eine Forderung
sei durch Abtretung oder in anderer Weise übergegangen, an den vermeintlichen
Erwerber der Forderung leistet, kann das Geleistete bei diesem kondizieren.
Sachverhalt:
Der Kl., Berufshaftpflichtversicherer des früheren
Zweitbekl., eines Architekten, verlangt vom Bekl. die Rückzahlung
einer Versicherungsleistung, die er diesem zur Tilgung einer vermeintlichen
Haftpflichtschuld seines Versicherungsnehmers ausgezahlt hat. Die W-GmbH,
zu deren Gesellschaftern der Bekl. gehörte, beauftragte das Architekturbüro
A mit Architektenleistungen für die Modernisierung eines größeren
Wohnhauses. Das Architekturbüro, dessen Mitglieder der frühere
Zweitbekl. und zwei weitere Architekten (K und R) waren, erteilte namens
der W-GmbH der Firma L-GmbH den Auftrag zur Durchführung der erforderlichen
Handwerkerarbeiten. Die Arbeiten sollten nach Aufmaß abgerechnet,
Abschlagszahlungen bis zu 90 % des auf rund 275000 DM veranschlagten Werklohns
nach Vorlage prüffähiger Massen angewiesen werden. Die Prüfung
eingereichter Rechnungen oblag zunächst dem Mitarbeiter E des Architekturbüros;
nach dessen Entlassung übernahm am 1. 3. 1982 der Architekt K diese
Aufgabe. Er kürzte nachträglich mehrere von E zuvor freigegebene
Rechnungen der Firma L-GmbH mit der Begründung, es seien geringere
als die berechneten Massen erbracht worden; die W-GmbH habe deshalb Überzahlungen
in Höhe von 45258,71 DM an die L-GmbH geleistet. Rückzahlungen
darauf erfolgten nicht; die L-GmbH fiel in Konkurs. Die W-GmbH geriet ebenfalls
in Vermögensverfall. Ihr Geschäftsführer legte am 21. 3.
1983 sein Amt nieder; ein neuer Geschäftsführer wurde nicht bestellt.
Später wurde die Gesellschaft im Handelsregister gelöscht. Mit
Schreiben vom 4. 6. 1983 forderte der Bekl. als "persönlich haftender
Gesellschafter" der W-GmbH den früheren Zweitbekl., der Ende April
1983 im Unfrieden aus dem Architekturbüro ausgeschieden war, auf,
den durch seine Tätigkeit als Architekt bei dem Bauvorhaben
entstandenen Schaden in Höhe von 45258,71 DM auszugleichen. Dieser
gab die Zahlungsaufforderung an den Kl. weiter und bemerkte dazu, nach
Überprüfung müsse er feststellen, daß die Schadensersatzforderung
zu Recht bestehe und aufgrund der vorliegenden Dokumente sowie möglicher
Zeugenaussagen in einem Rechtsstreit kaum abzuwenden sei. Der Kl. erbat
von dem Bekl. den Nachweis, daß er zum Empfang des verlangten Betrages
berechtigt sei. Dem Vernehmen nach habe die W-GmbH Konkurs angemeldet;
wenn dies zutreffe, möge der Konkursverwalter benannt werden. Der
Bekl. antwortete, die W-GmbH befinde sich nicht in Konkurs. Im übrigen
mache er die Forderung persönlich geltend, weil er der W-GmbH den
Schadensbetrag verauslagt habe. Er sei nicht länger bereit, über
die Frage seiner Anspruchsberechtigung zu diskutieren. Der frühere
Zweitbekl. habe den Schaden verursacht und er, der Bekl., sei persönlich
dafür eingetreten. Er setzte dem Kl. eine Zahlungsfrist und drohte
ein rechtliches Vorgehen gegen den früheren Zweitbekl. an. In einem
dieser Antwort beigefügten Schreiben der Geschäftsbank der W-GmbH
wird bestätigt, daß der Bekl. als schuldrechtlich Mitverpflichteter
für die Rückzahlung der der W-GmbH gewährten Kredite in
Anspruch genommen worden sei. Daraufhin überwies der Kl. dem Bekl.
nach Abzug eines Selbstbehalts den Betrag von 44456,26 DM. Später
teilte der Architekt K, durch eine Verringerung des Schadensfreiheitsrabatts
auf den Versicherungsvorgang aufmerksam geworden, dem Kl. mit, die Arbeiten
der Firma L-GmbH seien in Wahrheit nicht überzahlt worden. Das Architekturbüro
habe die Rechnungen vielmehr willkürlich gekürzt, um das Bauunternehmen,
das seine Arbeiten mangels Zahlung der W-GmbH bereits habe einstellen wollen,
zur Weiterarbeit zu bewegen. Aufgrund dieser Mitteilung hat der Kl. den
Bekl. und den früheren Zweitbekl. auf Rückzahlung der Versicherungsleistung
in Anspruch genommen, weil sie den Versicherungsfall vorgetäuscht
und ihn dadurch betrogen hätten. Der Bekl. müsse den Betrag auch
wegen ungerechtfertigter Bereicherung zurückerstatten, weil die W-GmbH
ihm den Anspruch nicht abgetreten habe und er deshalb zur Entgegennahme
des Geldes nicht befugt gewesen sei.
Das LG hat die Klage abgewiesen, weil dem Bekl.
nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme die Kenntnis willkürlicher Kürzung
der Rechnungen der Firma L-GmbH nicht nachgewiesen werden könne. Der
Bereicherungsanspruch scheitere daran, daß der Kl. die zur Begründung
der Empfangsberechtigung des Bekl. vorgebrachten Umstände gekannt
habe. Die Berufung des Kl. ist ohne Erfolg geblieben, soweit er mit ihr
die Klage gegen den früheren Zweitbekl. weiterverfolgt hat. Hingegen
hat das OLG den Bekl auf die Berufung antragsgemäß verurteilt.
Dessen Revision hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen:
I. Das BerGer. hat im Ergebnis zu Recht einen Bereicherungsanspruch
des Kl. gegen den Bekl. in Höhe der Klageforderung angenommen. Der
Anspruch ergibt sich aus § 812 I 1 BGB (Leistungskondiktion). Er ist
in der Person des Kl. entstanden.
1. Bei der Überweisung der 44456,26 DM handelt
es sich um eine Leistung des Kl. an den Bekl. Das BerGer. hat angenommen,
nicht der Kl., sondern der frühere Zweitbekl. sei als Leistender anzusehen;
er habe sich des Kl. als seines "Anweisungsempfängers" bedient. Dem
kann indessen nicht gefolgt werden. Ein sogenannter Anweisungsfall (vgl.
dazu zuletzt Senat, NJW 1990, 3194) liegt nicht vor.
Nach der rechtsfehlerfrei getroffenen und unangegriffenen
Feststellung des BerGer. wollte der Kl. durch die Zahlung eine Haftpflichtschuld
des früheren Zweitbekl. gegenüber der W-GmbH erfüllen. Zu
dieser Freistellung seines Versicherungsnehmers glaubte er sich aufgrund
des fehlerfreien Deckungsverhältnisses (Versicherungsvertrag mit den
Architekten) verpflichtet. Damit leistete er - wie Haftpflichtversicherer
bei Zahlung an den Gläubiger regelmäßig - nicht auf eigene
Schuld, sondern auf die Schuld des Versicherungsnehmers. Eine Leistung
des Haftpflichtversicherers auf eigene Schuld kommt nur ausnahmsweise in
Betracht, so gemäß dem Pflichtversicherungsgesetz oder nach
einem den Versicherer selbst verpflichtenden Vergleich (vgl. Prölss-Martin-Voit,
VVG, 24. Aufl., § 149 Anm. 9 A a, § 156 Anm. 5d). Ein solcher
Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Das bedeutet aber entgegen der Ansicht
des BerGer. nicht, daß der Kl. auf Anweisung des früheren Zweitbekl.
gezahlt hat. Dieser hatte ihm nur mitgeteilt, daß er von dem Bekl.
auf Schadensersatz in Anspruch genommen werde, also den Versicherungsfall
gemeldet, und die Ansicht geäußert, das Verlangen sei berechtigt.
Darin liegt keine Anweisung, nicht einmal im weiteren Sinne eine Weisung.
Eine solche steht dem Versicherungsnehmer auch nicht zu, und der Haftpflichtversicherer
würde sie nicht zu befolgen brauchen. Vielmehr prüft der Versicherer,
ehe er eine Zahlung an den Gläubiger leistet, außer dem Versicherungsvertrag
(Deckungsverhältnis) auch die Berechtigung der Forderung des Gläubigers
gegen den Versicherungsnehmer. Erst wenn diese Prüfung des Valutaverhältnisses
zu dem Ergebnis führt, daß dem Gläubiger die erhobene
Forderung zusteht, zahlt der Versicherer auf die Schuld seines Versicherungsnehmers.
Dem entspricht die Handhabung im vorliegenden Fall. Als der frühere
Zweitbekl. mitteilte, der Bekl. mache ihn haftpflichtig, hat der Kl. geprüft,
ob der Anspruch bestand. Dabei sind ihm Zweifel an der Sachbefugnis des
Bekl. gekommen. Diese hat der Kl. nach weiteren Angaben des Bekl. für
ausgeräumt gehalten, sich deshalb zur Zahlung auf die vermeintliche
Schuld des früheren Zweitbekl. entschlossen und an den Bekl. gezahlt.
2. Der Bekl. hat die Leistung ohne rechtlichen
Grund erlangt. Bei der Prüfung dieses Tatbestandsmerkmals hat das
BerGer. offen gelassen, ob der W-GmbH ein Schadensersatzanspruch gegen
den früheren Zweitbekl. zustand. Das begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
Denn die Leistung an den Bekl. ist jedenfalls rechtsgrundlos erfolgt, ob
nun der W-GmbH ein Schadensersatzanspruch zustand oder nicht. Der Kl. hat
die Leistung nach der Feststellung des BerGer. zur Erfüllung der Haftpflichtschuld
des früheren Zweitbekl. erbracht. Dieser Erfolg konnte nicht eintreten,
wenn der frühere Zweitbekl. der W-GmbH nicht zum Schadensersatz verpflichtet
war, und bei Bestehen der Schuld nur dann, wenn der von dem Bekl. geltend
gemachte Rechtsübergang auf ihn stattgefunden hatte, er also anstelle
der W-GmbH Gläubiger des Anspruchs geworden war oder jedenfalls ein
Recht zur Einziehung im eigenen Namen erworben hatte. Das aber ist nach
seinem eigenen Vorbringen nicht der Fall:
a) Wenn ein Gesellschafter einer in wirtschaftliche
Schwierigkeiten geratenen GmbH aufgrund schuldrechtlicher Mitverpflichtung
zur Deckung von Bankverbindlichkeiten der Gesellschaft herangezogen wird,
gehen damit nicht kraft Gesetzes Forderungen der Gesellschaft gegen Dritte
auf ihn über. Die W-GmbH hat ihre Schadensersatzforderung auch nicht
rechtsgeschäftlich an den Bekl. abgetreten oder ihm eine Ermächtigung
zur Einziehung im eigenen Namen erteilt. Das hätte die W-GmbH, wie
das BerGer. zutreffend ausgeführt hat, nur durch ihren Geschäftsführer
als ihren Vertreter (§ 35I GmbHG) tun können; daran fehlt es.
Nachdem der bisherige Geschäftsführer sein Amt niedergelegt hatte,
verfügte die GmbH über kein Vertretungsorgan mehr, das die Forderung
hätte abtreten oder eine Einziehungsermächtigung hätte erteilen
können. Der Bekl. konnte als Gesellschafter die Vertretung der GmbH
im Rechtsverkehr nicht an sich ziehen (vgl. Baumbach-Hueck-Zöllner,
GmbHG, 15. Aufl., § 35 Rdnr. 2; Fischer-Lutter-Hommelhoff, GmbHG,
12. Aufl., § 6 Rndr. 7; Scholz-Schneider, GmbHG, 7. Aufl., §
6 Rdnr. 39). Vielmehr wäre für Rechtsgeschäfte der Gesellschaft,
auch zu solchen mit einem ihrer Gesellschafter (Baumbach-Hueck-Zöllner,
§ 35 Rdnr. 42; Scholz-Schneider, § 35 Rdnr. 25), die Bestellung
eines Geschäftsführers oder im Falle ihrer Auflösung die
Einsetzung eines Liquidators erforderlich gewesen.
b) Das verkennt die Revision an sich nicht. Sie
macht jedoch geltend, die Zahlung an den Bekl. habe gleichwohl die Haftpflichtschuld
des früheren Zweitbekl. gegenüber der W-GmbH "faktisch" zum Erlöschen
gebracht. Zum einen sei ein Schadensersatzanspruch der W-GmbH verjährt.
Zum anderen könne die W-GmbH den Anspruch zumindest nach Rechtsscheinsgrundsätzen
nicht mehr durchsetzen, nachdem der Bekl. als ihr Gesellschafter ihn eingezogen
habe. Zu beachten sei auch, daß für die gelöschte Gesellschaft
in der seither vergangenen Zeit kein Antrag auf Bestellung eines Liquidators
gestellt worden sei. Nach allem habe der Kl. entgegen der Ansicht des BerGer.
den mit der Zahlung verfolgten Zweck, nämlich die Erfüllung der
Haftpflichtschuld des früheren Zweitbekl. gegenüber der W-GmbH,
doch erreicht.
Damit kann die Revision nicht durchdringen. Verjährung
wäre nicht durch die Leistung des Kl. an den Bekl., sondern durch
Zeitablauf eingetreten. Sie hätte zudem nicht zum Erlöschen des
Anspruchs geführt, es vielmehr der Entscheidung des Schuldners überlassen,
ihn noch zu erfüllen oder die Leistung zu verweigern (§ 222 I
BGB).
Ebensowenig läßt sich, wie die Revisionserwiderung
zutreffend hervorhebt, gegen den Fortbestand eines gegen den früheren
Zweitbekl. gerichteten Schadensersatzanspruchs der W-GmbH ins Feld führen,
die GmbH sei an dessen Durchsetzung gehindert, weil sie den Rechtsschein
einer wirksamen Ermächtigung des Bekl. zum Einzug der Forderung gesetzt
habe. Durch ihr zuzurechnendes Vertreterhandeln hat sie einen solchen Schein
nicht hervorgerufen. Als der Bekl. den Haftpflichtanspruch geltend machte,
war sie ohne Geschäftsführer und daher handlungsunfähig.
Wenn der Bekl. als ihr Gesellschafter diese Lage ausgenutzt hat, vermag
dies einen Verlust des der GmbH etwa zustehenden Schadensersatzanspruchs
nicht zu bewirken. Die Gesellschaft kann vielmehr den Anspruch, auch wenn
das bisher unterblieben ist, nach der Bestellung eines Liquidators in Zukunft
noch geltend machen.
Wie das BerGer. zutreffend angenommen hat, ist
somit durch die Zahlung des Kl. an den Bekl. die damit bezweckte Erfüllung
einer Schadensersatzforderung der W-GmbH nicht eingetreten, sei es, weil
eine solche Forderung nicht bestand, sei es, weil sie nicht dem Bekl. zustand.
Dieser hat also die Leistung jedenfalls ohne rechtlichen Grund erlangt.
3. Damit sind die Voraussetzungen eines Bereicherungsanspruchs
des Kl. gegen den Bekl. aus § 812 I 1 BGB erfüllt. Die Ansicht
des BerGer., der Bereicherungsanspruch sei in der Person des früheren
Zweitbekl. entstanden, vermag der Senat nach dem Ausgeführten nicht
zu teilen. Deshalb braucht der Auffassung, der Anspruch sei gem. §
67 VVG auf den Kl. übergegangen, nicht mehr nachgegangen zu werden.
Weil es an einer Anweisung fehlt (s. o. 1), vollzieht
sich die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung nicht nach den für
die Anweisungsfälle entwickelten Regeln, sondern nach denen, die für
die andersartige Fallgruppe der Drittzahlung (Leistung eines Dritten) gelten.
Während bei Leistung durch einen Angewiesenen die Tilgungsbestimmung,
daß die Leistung die zwischen Gläubiger und Schuldner bestehende
Forderung zum Erlöschen bringen soll, vom anweisenden Schuldner ausgeht,
trifft sie hier der zahlende Dritte. Damit leistet er selbst.
Eine Drittzahlung, vom Gesetz in § 267 BGB
geregelt, liegt auch dann vor, wenn derjenige, der auf eine fremde Verbindlichkeit
leistet, dem Schuldner dazu verpflichtet zu sein glaubt (Lieb, in: MünchKomm,
2. Aufl., § 812 Rdnr. 100). Auch dann wird - wie hier durch den Haftpflichtversicherer
- solvendi causa auf die Valutaschuld geleistet (vgl. Staudinger-Lorenz,
BGB, 12. Aufl., § 812 Rdnr. 45). Der Haftpflichtversicherer tilgt
durch die Zahlung an den Gläubiger, wenn auch in Erfüllung seiner
Freistellungspflicht gegenüber dem Versicherungsnehmer (Deckungsverhältnis),
regelmäßig eine fremde Schuld, nämlich die Haftpflichtschuld
seines Versicherungsnehmers gegenüber dem Gläubiger (Haftpflicht-/Valutaverhältnis;
s. BGH, NJW 1970, 134 = LM § 812 BGB Nr. 87). Dabei handelt es sich
um einen der praktisch bedeutsamen Fälle der Drittzahlung auf fremde
Schuld (Lorenz, JuS 1968, 441 (446 f.)).
Für die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung
in Fällen der Drittzahlung gilt nach heute ganz überwiegend vertretener
Auffassung der Grundsatz, daß der Zahlende direkt vom Scheingläubiger
kondizieren kann, wenn die zu tilgende Verbindlichkeit nicht bestand (vgl.
Beyer, JuS 1990, 883 (885); v. Caemmerer, JZ 1962, 385 (386); Erman-H.
P. Westermann, BGB, 8. Aufl., § 812 Rdnr. 28; Lorenz, JuS 1968, 441
(445 f.); Lieb, in: MüchKomm, § 812 Rdnr. 100, 108; Staudinger-Lorenz,
§ 812 Rdnr. 45; Weitnauer, in: Festschr. f. v. Caemmerer, 1978, S.
255 (277 f); im Ergebnis ebenso nunmehr Esser-Weyers, SchuldR, II, BT,
6. Aufl., § 48 III 4a (2)). Dies gilt jedenfalls unter der - hier
vorliegenden - Voraussetzung, daß der vermeintliche Schuldner den
Zahlenden nicht oder nicht zurechenbar zu der Leistung veranlaßt
hat (vgl. Staudinger-Lorenz, § 812 Rdnr. 43; Canaris, in: Festschr.
f. Larenz, 1973, S. 799 (847-849); Reuter-Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung,
S. 468 f.). Dieser Beurteilung folgt der Senat. Wer auf fremde Schuld leistet,
kann direkt vom Empfänger kondizieren, wenn und soweit die Schuld
nicht besteht. Bei einer nicht auf einer Weisung des vermeintlichen Schuldners
beruhenden Leistung ist kein hinreichender Zurechnungsgrund dafür
ersichtlich, diesen statt des Zahlenden als Leistenden anzusehen. Daher
besteht keine Veranlassung, ihn in die Rückabwicklung einzubeziehen
(so zutr. insb. Staudinger-Lorenz, § 812 Rdnr. 43; Lieb, in: MünchKomm,
§ 812 Rdnr. 100). Hätte der Kl. also auf eine nicht bestehende
Schadensersatzforderung der W-GmbH an diese geleistet, könnte er von
ihr - direkt - kondizieren.
Allerdings hat er nicht an die W-GmbH, sondern
an den Bekl. geleistet. Ihn hat der Kl. für den Inhaber des Schadensersatzanspruchs
gehalten, weil er angenommen hat, der Anspruch sei auf ihn übergegangen.
Das war, wie oben zu 2 a) dargelegt, nicht der Fall. Bei irrig angenommener
Zession kann indessen die dem vermeintlichen Zessionar erbrachte Leistung
bei diesem kondiziert werden (vgl. etwa Lieb, in: MünchKomm, §
812 Rdnr. 123).
II. Der Bereicherungsanspruch scheitert nicht
an § 814 BGB, wonach das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit
Geleistete nicht zurückgefordert werden kann, wenn der Leistende gewußt
hat, daß er zur Leistung nicht verpflichtet war. Dieser Kondiktionsausschluß
greift erst ein, wenn der Leistende nicht nur die Tatumstände kennt,
aus denen sich ergibt, daß er nicht verpflichtet ist, sondern auch
weiß, daß er nach der Rechtslage nichts schuldet (st. Rspr.;
s. etwa BGH, NJW 1969, 1165 (1167) = LM § 255 BGB Nr. 5). So liegt
der Streitfall nicht. Vielmehr hat der Kl. nach der rechtlich unbedenklich
getroffenen Feststellung des BerGer. aus den Angaben des Bekl. rechtsirrig
den Schluß gezogen, der Schadensersatzanspruch stehe nunmehr diesem
zu.
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