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	Bereicherungsausgleich im Mehrpersonenverhältnis: Zahlung auf eine 
	nichtbestehende Forderung an den Scheinzessionar, Leistungskondiktion gegen 
	den Zedenten 
 BGH, Urteil 
	vom 19. Januar 2005 - VIII ZR 173/03  
 Fundstelle:
 NJW 2005, 1369
 
 Amtl. Leitsatz: Zur bereicherungsrechtlichen 
	Rückabwicklung bei einer Zahlung des Schuldners auf eine in Wahrheit nicht 
	bestehende, aufgrund eines Factoringvertrages abgetretene Forderung (im 
	Anschluß an BGHZ 105, 365 und BGHZ 122, 46). 
 Zentrale Probleme: Es geht - einmal mehr - um den 
	Bereicherungsausgleich in einem Zessionsfall. Im Mittelpunkt steht die 
	Frage, ob der Schuldner, der an den (Schein)Zessionar einer nicht 
	existierenden, abgesehen davon aber "wirksam" abgetretenen Forderung 
	(tatsächlich ist sie nicht wirksam abgetreten, weil man eine nicht existente 
	Forderung nicht abtreten kann, gemeint ist, dass die Abtretung nur aus diesem 
	Grund unwirksam ist, d.h. der Abtretungsvertrag i.S.v. § 398 S. 1BGB im 
	übrigen wirksam ist) zahlt, vom Zedenten oder vom Zessionar kondiziert. Der 
	BGH bejaht zu recht ersteres (s. dazu bereits die Anm. zu BGHZ 113,
62 ff sowie  
	BGHZ 105, 365.   Ebenso im Falle 
	eines Anspruchs aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis 
	BGH v. 6.7.2012 - V ZR 268/11.). Interessant ist, dass der Senat dabei argumentativ 
	nicht ein einziges Wort zum Leistungsbegriff und zur "Anweisungslage" (s. 
	dazu die eingehende Anm. zu 
          BGHZ 147, 269) 
	verliert (so aber  BGHZ 113,
62 ff und  BGHZ 105, 
	365 sowie zuletzt  
	BGH NJW 2005, 60), sondern ausschließlich mit (sachlich vollkommen zutreffenden) 
	wertenden Argumenten.Anders kann die Problematik übrigens in den Fällen zu beurteilen sein, in 
	welchen (auch) der Zessionsakt als solcher unwirksam bzw. nichtexistent war, 
	s. dazu die Anm. zu 
BGH v. 20.4.2004 - XI ZR 171/03 sowie zu
	BGH NJW 2003, 3193 
	(vermeintliche Legalzession) bzw. die Zahlung an den Zessionar dem vermeintl. 
	Zedenten nicht zurechenbar ist (BGH NJW 
	2006, 1731)oder aber trotz der Zession ein weiterer 
	Rechtsgrund im Verhältnis zwischen Zessionar 
	und Schuldner vorliegt, der die Zahlung zu einer "Leistung" auch in diesem 
	Verhältnis macht, s. dazu BGH v. 10.2.2005 - VII ZR 184/04.
 Zum Bereicherungsausgleich in Mehrpersonenverhältnissen s. eingehend 
      Lorenz JuS 2003, 729 ff; 839 ff.
 
	©sl 2005 
 Tatbestand:
 Die Klägerin, die ein Versandhandelsunternehmen betreibt, stand aufgrund 
	eines im Jahr 1993 geschlossenen Rahmenvertrages in jahrelanger 
	Geschäftsbeziehung mit der F.  GmbH (im folgenden: F. -GmbH), von der sie 
	Gartenzubehör bezog. Die F. -GmbH erstellte unter dem 25. Januar 2000 und 
	dem 7. Februar 2000 "gemäß Vereinbarung" zwei an die Klägerin gerichtete 
	Rechnungen über die Lieferung von Gartenzubehör. Sie übergab diese 
	Rechnungen der Beklagten, an die sie ihre Forderungen gegen die Klägerin 
	aufgrund eines Factoring-Vertrages abgetreten hatte. Die Beklagte legte der 
	Klägerin die Rechnungen vor und bat um deren Begleichung mit dem Hinweis, 
	daß die Zahlung der Klägerin an sie mit schuldbefreiender Wirkung erfolge. 
	Die Klägerin zahlte auf beide Rechnungen unter Abzug von Skonti und Boni am 
	9. März 2000 insgesamt 1.982.428,57 DM an die Beklagte.
 In einem vor dem Landgericht Nürnberg/Fürth geführten Rechtsstreit nahm die 
	Klägerin zunächst die F. -GmbH - unter Berücksichtigung einer Gegenforderung 
	der F. -GmbH - auf Rückerstattung der auf die Rechnungen gezahlten Beträge 
	mit der Begründung in Anspruch, die Forderung habe nicht bestanden, weil den 
	Rechnungen keine Leistungen der F. -GmbH gegenüber gestanden hätten. Die 
	Klage hatte Erfolg. Am 27. Oktober 2000 erging ein rechtskräftig gewordenes 
	Versäumnisurteil gegen die F. -GmbH.
 Am 1. Dezember 2000 wurde über das Vermögen der F. -GmbH das 
	Insolvenzverfahren eröffnet. Daraufhin nimmt die Klägerin nunmehr die 
	Beklagte auf Rückzahlung des gezahlten Betrages von 1.982.428,57 DM (= 
	1.013.599,63 €) nebst Zinsen in Anspruch. Das Landgericht hat die Klage 
	abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin 
	zurückgewiesen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die 
	Klägerin ihren Klageanspruch weiter.
 
 Entscheidungsgründe:
 
	 I. Das Berufungsgericht hat, soweit für das 
	Revisionsverfahren von Interesse, ausgeführt:
 Ein bereicherungsrechtlicher Rückzahlungsanspruch der Klägerin bestehe 
	gegenüber der Beklagten auch dann nicht, wenn zugunsten der Klägerin 
	unterstellt werde, daß die an die Beklagte abgetretenen Forderungen der F. 
	-GmbH gegen die Klägerin nicht existierten. Nach der Rechtsprechung des 
	Bundesgerichtshofs zur Rückforderung ungerechtfertigt gezahlter 
	Versicherungsleistungen in Zessionsfällen (BGHZ 
	105, 365; 122, 46) richte sich der bereicherungsrechtliche 
	Rückzahlungsanspruch des Schuldners, der auf eine abgetretene, in Wahrheit 
	nicht bestehende Forderung leiste, in der Regel - sofern nicht im Einzelfall 
	besondere Umstände vorlägen - gegen den Zedenten. Diese Grundsätze seien 
	auch im Streitfall heranzuziehen. Danach könne sich die Klägerin auch auf 
	der bereicherungsrechtlichen Ebene nur an die F. -GmbH als ihre 
	Vertragspartnerin und nicht an die Beklagte halten. Denn bei der im 
	Bereicherungsrecht gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise liege hier 
	eine - vermeintlich geschuldete - Leistung der Klägerin an ihre 
	Vertragspartnerin, die F. -GmbH, vor. Ein Bereicherungsanspruch der Klägerin 
	gegen die Beklagte scheide deshalb aus.
 
 II. Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten rechtlicher Nachprüfung 
	stand, so daß die Revision zurückzuweisen ist.
 
 Das Berufungsgericht unterstellt zugunsten der Klägerin, daß die von der F. 
	-GmbH an die Beklagte aufgrund eines Factoring-Vertrages abgetretenen und 
	von der Klägerin an die Beklagte bezahlten Forderungen aus den Rechnungen 
	vom 25. Januar und 7. Februar 2000 nicht bestanden. Von dieser der Klägerin 
	günstigen Unterstellung ist auch im Revisionsverfahren auszugehen. Auf 
	dieser Grundlage hat das Berufungsgericht einen Bereicherungsanspruch der 
	Klägerin gegen die Beklagte aus § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB 
	(Leistungskondiktion) zu Recht verneint.
 
 1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur 
	bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung ungerechtfertigt gezahlter 
	Versicherungsleistungen muß der Versicherer, der auf eine in Wahrheit nicht 
	bestehende Forderung aus dem Versicherungsverhältnis an einen 
	Abtretungsempfänger (Zessionar) zahlt, wegen der Rückforderung grundsätzlich 
	den Versicherungsnehmer (Zedent) als seinen Vertragspartner in Anspruch 
	nehmen, sofern nicht besondere Gründe vorliegen, die es rechtfertigen, daß 
	er sich ausnahmsweise - im Wege einer sogenannten Durchgriffskondiktion - 
	unmittelbar an den Zessionar halten kann (BGHZ 
	105, 365, 368 ff. m.w.Nachw.; BGHZ 122, 46, 50). Der sachliche Grund 
	für die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung im Verhältnis zwischen dem 
	(vermeintlichen) Schuldner und dem Zedenten liegt darin, daß in dem Vertrag 
	zwischen dem Schuldner und dem Zedenten der angenommene Rechtsgrund für die 
	vermeintlich geschuldete Zahlung zu sehen ist; dies legt nach den hierfür 
	maßgeblichen Gesichtspunkten der Risikoverteilung und des Vertrauensschutzes
	(BGHZ 105, 365, 370; 122, 46, 51) eine 
	Leistungskondiktion in diesem Vertragsverhältnis nahe, sofern nicht 
	besondere Umstände eine andere Risikoverteilung gebieten. Insbesondere 
	spricht das für den Schuldner bei der Rückforderung bestehende Risiko der 
	Insolvenz auf der Gläubigerseite - im Regelfall -für eine Inanspruchnahme 
	des Zedenten. Zahlt der Schuldner an den Zessionar im Vertrauen darauf, daß 
	die Angaben seines Vertragspartners (des Zedenten) über die geltend gemachte 
	Forderung zutreffend sind, so ist es gerechtfertigt, ihm auch das Risiko der 
	Insolvenz seines Vertragspartners aufzubürden, wenn sich später 
	herausstellt, daß das Vertrauen nicht gerechtfertigt war (BGHZ 122, 46, 51). 
	An der Risikozuordnung kann und darf sich durch die Abtretung der 
	behaupteten Forderung nichts ändern; es besteht kein Grund, die 
	Rechtsstellung des Schuldners hinsichtlich der Rückforderung aufgrund der 
	Abtretung, auf die der Schuldner keinen Einfluß hat, zu verbessern oder auch 
	- arg. § 404 BGB - zu verschlechtern (vgl. 
	BGHZ 105, 365, 371).
 Diese Rechtsprechung, die mit der damals bereits herrschenden Auffassung im 
	rechtswissenschaftlichen Schrifttum zum Bereicherungsausgleich in 
	Zessionsfällen (Nachweise in BGH, Urteil vom 8. Juni 1988 - IVb ZR 51/87, 
	NJW 1989, 161 unter 2 a) übereinstimmte, hat überwiegend Zustimmung gefunden 
	(Nachweise in BGHZ 122, 46, 50; MünchKommBGB/Lieb, 4. Aufl., § 812 Rdnr. 141 
	ff. m.w.Nachw.; Staudinger/Lorenz, BGB (1999), § 812 Rdnr. 41 m.w.Nachw.; 
	kritisch demgegenüber Flume, AcP 199 (1999), 1, 18 ff.). Ihre Grundgedanken 
	sind über die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung zu Unrecht gezahlter 
	Versicherungsleistungen hinaus auch auf andere Zessionsfälle übertragbar 
	(vgl. MünchKomm, aaO; Staudinger/Lorenz aaO); dies gilt jedenfalls dann, 
	wenn der abgetretene Scheinanspruch - wie bei einem bestehenden 
	Versicherungsverhältnis - aus einem grundsätzlich intakten Rechtsverhältnis 
	zwischen dem Scheinschuldner und dem Zedenten stammen soll (vgl. dazu
	BGH, Urteil vom 20. April 2004 - XI ZR 171/03, WM 
	2004, 1230 unter B II 2 d bb).
 2. Der vorliegende Fall gibt keine Veranlassung, von den dargelegten 
	Grundsätzen zum Bereicherungsausgleich in Zessionsfällen abzuweichen. Sie 
	führen auch hier zu einer sachgerechten Risikoverteilung. Ein intaktes 
	Rechtsverhältnis als Grundlage der (vermeintlichen) Abtretungsforderung 
	bestand zwischen der Klägerin und der F. -GmbH aufgrund des die 
	kaufvertragliche Geschäftsbeziehung regelnden, seit 1993 bestehenden 
	Rahmenvertrages. Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, daß 
	die Klägerin die in Rechnung gestellten Beträge im Vertrauen auf die 
	Richtigkeit der Rechnungslegung ihres langjährigen Vertragspartners gezahlt 
	hat. Die Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes und der Risikoverteilung 
	lassen es deshalb als interessengerecht erscheinen, der Klägerin auch das 
	Risiko der Insolvenz ihres Vertragspartners aufzubürden, wenn sich später 
	herausstellte, daß das Vertrauen auf die Richtigkeit der von ihrem 
	Vertragspartner gestellten Rechnungen nicht gerechtfertigt war. Die 
	Notwendigkeit der Kondiktion gegenüber der F. -GmbH beläßt damit die Risiken 
	dort, wo sie von Anfang an lagen, nämlich in der Rechtsbeziehung zwischen 
	der Klägerin und ihrer Lieferantin, in welcher der Fehler aufgetreten ist 
	(vgl. BGHZ 122, 46, 51). So hat es auch die Klägerin selbst gesehen und - 
	zunächst - einen rechtskräftigen Titel gegen die F. -GmbH erwirkt.
 Darüber hinaus spricht bei abgetretenen Zahlungsansprüchen, die - wie im 
	vorliegenden Fall - aus einer vertraglichen Lieferbeziehung stammen sollen 
	und sich als nicht bestehend erweisen, ein weiterer Gesichtspunkt für den 
	bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch des Schuldners gegen seinen 
	Vertragspartner und nicht gegen den Zessionar, an den der Schuldner gezahlt 
	hat. Es ist in einem solchen Fall sachgerecht, eine etwaige vertragliche und 
	eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung der Zahlung in ein und demselben 
	Rechtsverhältnis vorzunehmen und nicht die vertragliche Rückabwicklung 
	innerhalb der fortbestehenden Vertragsbeziehung zum Zedenten anzusiedeln, 
	die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung dagegen im Rechtsverhältnis zum 
	Zessionar (vgl. Staudinger/Lorenz, aaO m.w.Nachw.).
 Schließlich ist der vorliegende Fall nach den rechtsfehlerfrei getroffenen 
	Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts auch nicht vergleichbar mit 
	den Sachverhaltsgestaltungen, die dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 8. 
	Juni 1988 (IVb ZR 51/87, NJW 1989, 161) und dem Senatsurteil vom 25. 
	September 1996 (VIII ZR 76/95, NJW 1997, 461) zugrunde lagen, in denen - vom 
	Senat als Ausnahmefall bezeichnet (aaO unter III 2) - ein 
	Bereicherungsanspruch gegen den Zessionar in Betracht kam.
 3. Das Factoring-Verhältnis zwischen der F. -GmbH und der Beklagten 
	rechtfertigt, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, keine andere 
	Beurteilung. Die Revision vermag keine Gesichtspunkte aufzuzeigen, die eine 
	Abweichung von den dargelegten Grundsätzen zum Bereicherungsausgleich in 
	Zessionsfällen deshalb rechtfertigen, weil die F. -GmbH ihre vermeintliche 
	Forderung gegen die Klägerin aufgrund eines Factoring-Vertrages an die 
	Beklagte abgetreten hatte.
 Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, daß die Beklagte 
	durch den Factoringvertrag, der ein Finanzierungsmittel ist, nicht in die 
	laufende Geschäftsbeziehung und das fortbestehende Vertragsverhältnis 
	zwischen der Klägerin und der F. -GmbH eingetreten ist. Zu Recht hat das 
	Berufungsgericht deshalb im Anschluß an die in 
	BGHZ 105, 365 (372 f.) und BGHZ 122, 46 (52) veröffentlichten 
	Entscheidungen die wirtschaftliche Nähe auch des Factoring zu den Fällen 
	betont, in denen der Gläubiger den Schuldner anweist, die Zahlung auf ein 
	Konto bei der kreditgewährenden Bank zu leisten. Auch bei einer Anweisung 
	ist der Bereicherungsausgleich bei Fehlern im Deckungsverhältnis zwischen 
	Anweisendem und Angewiesenem in diesem Verhältnis vorzunehmen (BGHZ 122, 46, 
	52), sofern - wie im vorliegenden Fall - ein grundsätzlich intaktes 
	Deckungsverhältnis besteht, aus dem Ansprüche abgetreten werden können (vgl.
	BGH, Urteil vom 20. April 2004, aaO). Diese 
	Grundsätze sind auch für den hier zu beurteilenden Bereicherungsausgleich 
	bei einer Zahlung des Schuldners an den Zessionar aufgrund einer Abtretung 
	im Rahmen eines Factoringvertrages weiterhin interessengerecht.
 
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