Bereicherungsausgleich in
Mehrpersonenverhältnissen (Anweisungslage bei nicht zurechenbarer Anweisung
eines Geschäftsunfähigen); IPR: Abgrenzung von Bereicherungsstatut,
Personalstatut (Geschäftsfähigkeit), Gesellschaftsstatut (ges. Vertretung)
und Vollmachtstatut
BGH, Urteil vom 3. Februar 2004 - XI ZR
125/03
Fundstelle:
NJW 2004, 1315
BGHZ 158, 1
Amtl. Leitsätze:
a) Ein Kreditinstitut hat nach der Einlösung eines Schecks einen
unmittelbaren Bereicherungsanspruch gegen den Scheckbegünstigten, wenn der
Scheck von einem Mitarbeiter einer juristischen Person ausgestellt worden
ist, dessen Kontovollmacht von einem geschäftsunfähigen Vertreter der
juristischen Person erteilt worden und deshalb nichtig ist. Dies gilt auch
dann, wenn die juristische Person den gezahlten Betrag dem
Scheckbegünstigten tatsächlich schuldete und dieser den Gültigkeitsmangel
nicht kannte (Bestätigung von BGHZ 147, 145 ff.;
152, 307 ff.).
b) Ein zivilrechtlicher Bereicherungsanspruch gegen den Steuerfiskus ist
grundsätzlich nicht gemäß § 818 Abs. 1 BGB zu verzinsen.
Zentrale Probleme:
S. die Anm. zu
BGHZ 147, 269. Zur
Abgrenzung zum Lastschriftverfahren s. BGH
v. 11.4.2006 - XI ZR 220/05.
Tatbestand:
Die klagende Sparkasse nimmt das beklagte Land als Steuerfiskus auf
Rückzahlung eines Betrages in Anspruch, den sie zur Einlösung eines Schecks
aufgewandt hat.
Am 21. Dezember 1993 eröffnete ein die deutsche Staatsangehörigkeit
besitzender, alleinvertretungsberechtigter Direktor der in D. ansässigen P.
AG, einer schweizerischen Aktiengesellschaft, für diese ein Girokonto bei
der Klägerin und erteilte einem Mitarbeiter Kontovollmacht. Am selben Tag
erwarb der Direktor für die P. AG mehrere Grundstücke in Deutschland zum
Preis von circa 13 Mio. DM. Der bevollmächtigte Mitarbeiter stellte am 18.
Januar 1994 einen Scheck in Höhe von 260.000 DM aus und übergab ihn dem
zuständigen Finanzamt zur Bezahlung der Grunderwerbsteuer, die durch
Bescheid vom selben Tag festgesetzt worden war. Die Klägerin löste den
Scheck zu Lasten des Girokontos der P. AG ein.
Die Klägerin hat behauptet, der Direktor der P. AG sei bei Eröffnung des
Kontos, Erteilung der Vollmacht und Erwerb der Grundstücke geschäftsunfähig
gewesen. Sie nimmt den Beklagten auf Zahlung von 132.935,89 € (= 260.000 DM)
nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 1996 in Anspruch.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat gemäß §
17a GVG den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für zulässig erklärt.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Beklagten hat der Senat
zurückgewiesen (WM 2002, 2503). Sodann hat das Berufungsgericht der Klage in
Höhe von 132.935,89 € seit dem 1. Januar 1996 stattgegeben. Mit der
zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des
landgerichtlichen Urteils.
Die Klägerin verfolgt mit der Anschlußrevision ihre weitergehende
Zinsforderung in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2000
weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision des Beklagten ist bis auf einen Teil der Zinsforderung
unbegründet. Die Anschlußrevision der Klägerin ist zulässig, aber
unbegründet.
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im
wesentlichen ausgeführt:
Die mit der Klage verfolgte Hauptforderung sei gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1
Alt. 2 BGB begründet. § 37 Abs. 2 Satz 1 AO, wonach nur derjenige die
Erstattung einer ohne Rechtsgrund gezahlten Steuer verlangen könne, auf
dessen Rechnung die Zahlung erfolgt sei, stehe nicht entgegen. Die Klägerin
habe keine eigene Verpflichtung aus einem Steuerrechtsverhältnis, sondern
eine Verpflichtung aus einem Girovertrag erfüllen wollen, und mache keinen
Erstattungsanspruch gemäß § 37 Abs. 2 AO, sondern einen zivilrechtlichen
Bereicherungsanspruch geltend. Die Klägerin habe einen unmittelbaren
Bereicherungsanspruch gegen den Beklagten als Zahlungsempfänger, weil sie
aufgrund einer von vornherein unwirksamen Scheckanweisung gezahlt habe. Der
Girovertrag vom 21. Dezember 1993 und die Kontovollmacht für den Mitarbeiter
der P. AG, der den Scheck ausgestellt habe, seien unwirksam. Dies folge zwar
nicht daraus, daß der die P. AG vertretende Direktor im Zeitpunkt des
Vertragsschlusses und der Vollmachterteilung noch nicht im Handelsregister
eingetragen war. Die Eintragung habe nach schweizerischem Recht keine
konstitutive Bedeutung. Der Direktor sei aber infolge einer Geisteskrankheit
unfähig gewesen, vernunftgemäß zu handeln. Dies ergebe sich aus zwei in
anderen gerichtlichen Verfahren erhobenen und im vorliegenden Rechtsstreit
im Wege des Urkundenbeweises verwerteten Sachverständigengutachten. Die
Rechtsfolgen der Handlungs- bzw. Geschäftsunfähigkeit richteten sich nach
deutschem Recht. Gemäß § 105 Abs. 1 BGB seien die auf Abschluß des
Girovertrages und Erteilung der Kontovollmacht gerichteten
Willenserklärungen nichtig.
Die Rückabwicklung unterliege nach Internationalem Privatrecht deutschem
Recht. Danach könne die Klägerin den Beklagten unmittelbar in Anspruch
nehmen, weil ihre Zahlung der P. AG mangels wirksamer Scheckanweisung nicht
zugerechnet werden könne. Daß der Beklagte die Unwirksamkeit der Anweisung
nicht gekannt und einen Anspruch gegen die P. AG auf Zahlung gehabt habe,
rechtfertige keine andere Beurteilung.
Der Beklagte berufe sich ohne Erfolg auf den Wegfall der Bereicherung (§ 818
Abs. 3 BGB). Sein Vortrag, über die Einnahme sei im Rahmen der
haushaltsmäßigen Ausgaben verfügt worden, lasse nicht erkennen, daß Ausgaben
getätigt worden seien, die ohne die Zahlung der Klägerin unterblieben wären.
Der Beklagte schulde gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1, § 818 Abs. 1 BGB 6% Zinsen
für die Zeit vom 1. Januar 1996 bis zum 30. Juni 2000, weil er das
empfangene Geld unter Beachtung des Haushaltsrechts anlegen oder zur
Kredittilgung und Einsparung von Schuldzinsen habe verwenden können. Die
Höhe der Zinsen sei gemäß § 287 Abs. 2 ZPO in Anlehnung an § 238 AO auf 6%
zu schätzen. Zur Zahlung höherer Zinsen sei der Beklagte auch aufgrund des
am 1. Juli 2000 eingetretenen Verzuges nicht verpflichtet. § 288 Abs. 1 BGB
in der Fassung des Gesetzes zur Beschleunigung fälliger Zahlungen vom 30.
März 2000 (BGBl. I S. 330) sei gemäß Art. 229 § 1 Abs. 1 Satz 3 EGBGB nicht
anwendbar, weil die Klageforderung vor dem 1. Mai 2000 fällig geworden sei.
Einen weitergehenden Schaden im Sinne des § 288 Abs. 2 BGB a.F. habe die
Klägerin nicht schlüssig begründet, weil sie ihren durchschnittlichen
Bruttosollzinssatz nicht dargelegt habe.
II. A. Revision des Beklagten
1. Soweit das Berufungsgericht der Klage stattgegeben hat, halten seine
Ausführungen bis auf einen Teil der Begründung der Zinsentscheidung
rechtlicher Überprüfung stand.
a) Die Hauptforderung auf Zahlung von 132.935,89 € ist gemäß § 812 Abs. 1
Satz 1 Alt. 2 BGB (Nichtleistungskondiktion) begründet.
aa) Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, daß die
Klägerin einen zivilrechtlichen Bereicherungsanspruch und keinen
öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch gemäß § 37 Abs. 2 AO, der nur dem
zusteht, auf dessen Rechnung eine Steuer gezahlt worden ist, geltend macht.
Ein Anspruch gemäß § 37 Abs. 2 AO kann nur dem Beteiligten eines
Steuerrechtsverhältnisses zustehen, der mit seiner Zahlung eine eigene
Steuerpflicht erfüllen will (vgl. BGH, Urteil vom 1. Dezember 1983 - III ZR
149/82, ZIP 1984, 312, 314; Boeker, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO 10.
Aufl. § 37 Rdn. 24). Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin nicht, weil
sie mit ihrer Zahlung an den Beklagten - wie dieser wußte - ihre
Vertragspflicht gegenüber der P. AG zur Einlösung des Schecks, aber keine
eigene Steuerschuld erfüllen wollte. Sie kann deshalb nur einen
zivilrechtlichen Bereicherungsanspruch geltend machen (vgl. BFH, Urteil vom
18. August 1983 - V R 23/78, UStR 1983, 210, 211; vgl. auch FG Dessau EFG
1998, 1023; Seer, in: Tipke/Kruse, AO 16. Aufl. § 33 FGO, Rdn. 17-18).
bb) Der Bereicherungsanspruch unterliegt, wie das Berufungsgericht
zutreffend erkannt hat, deutschem Recht. Dies folgt zwar nicht unmittelbar
aus dem erst am 1. Juni 1999 in Kraft getretenen Art. 38 Abs. 3 EGBGB. Diese
Vorschrift fixiert aber im wesentlichen die zuvor geltenden
Anknüpfungsregeln (Heldrich, in: Palandt, BGB 63. Aufl. Vorb. v. Art. 38
EGBGB Rdn. 1). Danach unterliegen Bereicherungsansprüche, die weder
Leistungs- noch Eingriffskondiktionen sind, dem Recht des Staates, in dem
die Bereicherung eingetreten ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn
Bereicherungsgläubiger und -schuldner wie im vorliegenden Fall ihren Sitz im
gleichen Staat haben (Lüderitz, in: Soergel, BGB 12. Aufl. EGBGB Art. 38
Anh. I Rdn. 46). Danach ist deutsches Recht anzuwenden, zumal dieses auch
für das Deckungs- und das Valutaverhältnis, d.h. die Rechtsbeziehungen der
P. AG sowohl zur Klägerin (Art. 28 Abs. 1 und 2 EGBGB) als auch zum
Beklagten gilt.
cc) Die Voraussetzungen einer Nichtleistungskondiktion gemäß § 812 Abs. 1
Satz 1 Alt. 2 BGB hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei bejaht.
(1) Der Bereicherungsausgleich vollzieht sich zwar in Fällen der Leistung
kraft Anweisung grundsätzlich innerhalb des jeweiligen
Leistungsverhältnisses, also zum einen zwischen dem Anweisenden und dem
Angewiesenen und zum anderen zwischen dem Anweisenden und dem
Anweisungsempfänger (st. Rspr., siehe BGHZ 147, 269,
273, m.w.Nachw.). Dies gilt aber nicht ausnahmslos. Der Angewiesene hat
einen unmittelbaren Bereicherungsanspruch gegen den Anweisungsempfänger,
wenn eine wirksame Anweisung fehlt. Dies gilt nicht nur, wenn der
Anweisungsempfänger das Fehlen einer wirksamen Anweisung im Zeitpunkt der
Zuwendung kannte (vgl. hierzu BGHZ 66, 362, 364 f.; 66, 372, 374 f.; 67, 75,
78; 147, 269, 274), sondern auch ohne diese
Kenntnis (BGHZ 111, 382, 386 f.; Senat BGHZ 147,
145, 151 und 152, 307, 311 f.). Ohne gültige
Anweisung kann die Zahlung dem vermeintlich Anweisenden nicht als seine
Leistung zugerechnet werden. Da der gutgläubige Vertragsgegner nur geschützt
werden kann, wenn der andere Vertragsteil in zurechenbarer Weise einen
Rechtsschein hervorgerufen hat, vermag der sogenannte Empfängerhorizont des
Zahlungsempfängers die fehlende Tilgungs- und Zweckbestimmung des
vermeintlich Anweisenden selbst dann nicht zu ersetzen, wenn dieser den
gezahlten Betrag dem Zahlungsempfänger tatsächlich schuldete (Senat
BGHZ 147, 145, 151 und
152, 307, 312).
Daß der Senat einen unmittelbaren Bereicherungsanspruch unabhängig davon
bejaht, ob der Zahlungsempfänger das Fehlen einer wirksamen Anweisung
kannte, macht entgegen der Ansicht der Revision eine Vorlage an den Großen
Senat für Zivilsachen gemäß § 132 Abs. 2 GVG nicht erforderlich. Der Senat
weicht nicht von der Entscheidung eines anderen Zivilsenats ab (vgl. bereits
Senat BGHZ 147, 145, 151). Dies gilt auch für
die Urteile des VII. Zivilsenats vom 31. Mai 1976 - VII ZR 218/74, BGHZ 66,
362, 365 und des VI. Zivilsenats vom 31. Mai 1994 - VI ZR 12/94, WM 1994,
1420, 1421, die, anders als die Revision meint, nicht auf der Rechtsansicht
beruhen, daß ein unmittelbarer Bereicherungsanspruch die Kenntnis des
Zahlungsempfängers vom Fehlen einer wirksamen Anweisung voraussetzt.
(2) Im vorliegenden Fall hat die Klägerin einen unmittelbaren
Bereicherungsanspruch gegen den Beklagten, weil der P. AG die mit dem Scheck
erteilte Anweisung nicht zurechenbar ist.
(a) Der Mitarbeiter, der den Scheck namens der P. AG ausgestellt hat,
handelte ohne Vertretungsmacht, weil ihn der Direktor der P. AG aufgrund
seiner Geschäftsunfähigkeit nicht wirksam bevollmächtigt hat.
(aa) Die Wirksamkeit der Vollmacht, die der Direktor der P. AG als deren
Organ dem Mitarbeiter erteilt hat, unterliegt, anders als die Revision
meint, nicht dem Personalstatut der Gesellschaft. Dieses gilt zwar für die
Vertretungsbefugnis des Direktors, nicht aber für die von ihm erteilte
Vollmacht. Die Vollmacht ist gesondert anzuknüpfen. Für sie gilt das Recht
des Staates, in dem sie Wirkung entfalten soll (BGHZ 64, 183, 192; 128, 41,
47; BGH, Urteile vom 13. Mai 1982 - III ZR 1/80, WM 1982, 1132, 1133 und vom
26. April 1990 - VII ZR 218/89, WM 1990, 1847, 1848). Dies ist hier
deutsches Recht, weil der Mitarbeiter aufgrund der Kontovollmacht einen auf
eine deutsche Sparkasse gezogenen Scheck zur Bezahlung einer deutschen
Steuer ausgestellt hat. Nach § 105 Abs. 1, § 165 BGB ist die
Willenserklärung eines Geschäftsunfähigen selbst dann nichtig, wenn er sie
als Vertreter abgibt (BGHZ 53, 210, 215). Dies gilt auch für Organe
juristischer Personen (BGHZ 115, 78, 80 f.).
(bb) Die Geschäftsfähigkeit des Direktors unterliegt gemäß Art. 7 Abs. 1
Satz 1 EGBGB deutschem Recht, weil er deutscher Staatsangehöriger ist. Er
war gemäß § 104 Nr. 2 BGB geschäftsunfähig, weil er sich nach den
Feststellungen des Berufungsgerichts bei Erteilung der Vollmacht aufgrund
einer psychischen Erkrankung in einem die freie Willensbestimmung
ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befand und
dieser Zustand nicht nur vorübergehender Natur war. Die Verfahrensrügen, die
die Revision gegen diese Feststellung erhebt, hat der Senat geprüft, aber
nicht für durchgreifend erachtet (§ 564 Satz 1 ZPO).
(b) Die Scheckanweisung ist der P. AG auch nicht unter
Rechtsscheingesichtspunkten zurechenbar. Maßgeblich hierfür ist das Recht
des Ortes, an dem ein Rechtsschein entstanden sein und sich ausgewirkt haben
könnte BGHZ 43, 21, 27), mithin deutsches Recht.
(aa) Die P. AG muß die dem Scheck ausstellenden Mitarbeiter erteilte
Vollmacht nicht gemäß § 171 Abs. 1 BGB gegen sich gelten lassen. Ihr
Direktor hat die - unwirksame - Kontovollmacht zwar gegenüber der Klägerin
auf einem von ihr zur Verfügung gestellten Formular erteilt. Darin liegt
aber bereits deshalb keine besondere Mitteilung im Sinne des § 171 Abs. 1
BGB, weil der Direktor geschäftsunfähig war (vgl. MünchKomm/Schramm, BGB 4.
Aufl. § 171 Rdn. 5; Erman/Palm, BGB 10. Aufl. § 171 Rdn. 3).
(bb) Die Voraussetzungen einer Duldungs- oder Anscheinsvollmacht sind den
Feststellungen des Berufungsgerichts und dem Sachvortrag der Parteien nicht
zu entnehmen.
(cc) Ob eine Zurechnung kraft schuldhaft verursachten Rechtsscheins in
Betracht käme, wenn die P. AG die Handelsregistereintragung des Direktors
hätte fortbestehen lassen, obwohl der Eintritt seiner Geschäftsunfähigkeit
für sie erkennbar war (vgl. hierzu BGHZ 115, 78, 83), bedarf keiner
Entscheidung, weil der Direktor im Zeitpunkt der Erteilung der
Kontovollmacht nicht im Handelsregister eingetragen war.
(3) Der Direktkondiktion der Klägerin gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB
stehen auch keine anderen Hinderungsgründe entgegen. Der Beklagte kann sich
im Rahmen des Bereicherungsausgleichs nicht auf Vertrauensschutz berufen
(vgl. hierzu Senat BGHZ 152, 307, 314).
Die Revision macht ohne Erfolg geltend, der Beklagte könne Scheckzahlungen
und Überweisungen auf unstreitige Steuerschulden nicht mehr risikolos
entgegennehmen, wenn er aufgrund für ihn nicht erkennbarer Mängel der
Scheckanweisung oder des Überweisungsauftrags zur Rückzahlung verpflichtet
sei. Es sei nicht gerechtfertigt, ihn mit der Gefahr von Störungen des
Deckungsverhältnisses zwischen der P. AG als Steuerschuldnerin und der
Klägerin zu belasten. Diese Argumente überzeugen nicht. Das vom Beklagten zu
tragende Risiko, daß die vom Steuerschuldner veranlaßte Zahlung diesem
infolge Geschäftsunfähigkeit nicht zurechenbar ist, besteht bei einer
unmittelbaren Barzahlung in gleicher Weise. Es kann im bargeldlosen
Zahlungsverkehr nicht auf das Kreditinstitut des Steuerschuldners abgewälzt
werden. Daß die Unwirksamkeit der Scheckanweisung nicht auf der
Geschäftsunfähigkeit des Steuerschuldners selbst, sondern auf der seines
Vertreters beruht, ändert nichts, weil durch die Unwirksamkeit des
Vertretergeschäfts eines Geschäftsunfähigen (§ 105 Abs. 1, § 165 BGB) auch
der Vertretene vor dem Handeln des Geschäftsunfähigen geschützt wird. Eine
andere Beurteilung ist auch nicht deshalb geboten, weil der
Bereicherungsanspruch sich gegen den Steuerfiskus richtet. Dieser unterliegt
dem Gebot der Gesetzmäßigkeit des Verwaltungshandelns (vgl. Tipke/Kruse,
Steuerrecht 17. Aufl. Rdn. 150 ff., 161 ff.) und ist ebenso wie andere
Personen zur Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet.
(4) Die Direktkondiktion der Klägerin ist nicht durch einen Wegfall der
Bereicherung des Beklagten ausgeschlossen. Ob der Beklagte sich gegenüber
zivilrechtlichen Bereicherungsansprüchen überhaupt auf § 818 Abs. 3 BGB
berufen kann (verneinend für öffentlich-rechtliche Erstattungsansprüche
gegen die öffentliche Hand: BVerwGE 107, 304, 312), bedarf keiner
Entscheidung. Das Berufungsgericht hat jedenfalls rechtsfehlerfrei
angenommen, daß der Vortrag des Beklagten, über die Zahlung der Klägerin sei
im Rahmen der haushaltsmäßigen Ausgaben disponiert worden, zur Darlegung
einer Entreicherung nicht ausreicht. Ausgaben, die ohne die Zahlung der
Klägerin unterblieben wären, hat der Beklagte nicht geltend gemacht. Er hat
in den Tatsacheninstanzen auch nicht schlüssig vorgetragen, daß er im
Vertrauen darauf, die Zahlung behalten zu können, von weiteren
Beitreibungsmaßnahmen abgesehen hat und deshalb nunmehr mit seiner
Steuerforderung ausfällt.
b) Rechtsfehlerhaft ist hingegen die Begründung, mit der das
Berufungsgericht den Beklagten gemäß § 818 Abs. 1 BGB zur Zahlung von Zinsen
verurteilt hat. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
(BVerwGE 107, 304, 308; BVerwG, Urteil vom 30. April 2003 - 6 C 5/02, NVwZ
2003, 1385, 1387) kommt bei einem öffentlichrechtlichen Erstattungsanspruch
gegen eine Behörde eine Verzinsung wegen tatsächlich gezogener Nutzungen
grundsätzlich nicht in Betracht, weil der Staat öffentlich-rechtlich
erlangte Einnahmen in der Regel nicht gewinnbringend anlegt, sondern über
die ihm zur Verfügung stehenden Mittel im Interesse der Allgemeinheit
verfügt. Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an. Sie gilt auch für
den vorliegenden zivilrechtlichen Bereicherungsanspruch gegen den
Steuerfiskus, weil die Zahlung der Klägerin wie eine Steuereinnahme im
Interesse der Allgemeinheit verwandt werden sollte.
Der Beklagte schuldet auch keine Verzugszinsen gemäß § 286 Abs. 1, § 288
Abs. 1 BGB. Er ist zwar seit dem 1. Juli 2000 unstreitig in Verzug. Als
Bereicherungsschuldner kann er aber vor Eintritt der Rechtshängigkeit nur
unter den Voraussetzungen des § 819 Abs. 1 BGB wegen Verzuges in Anspruch
genommen werden (Staudinger/Werner Lorenz, BGB Neubearbeitung 1999 § 818 Rdn.
51). Hierzu hat die Klägerin nicht substantiiert vorgetragen. Der Beklagte
schuldet deshalb nur Prozeßzinsen gemäß § 818 Abs. 4, § 291 BGB seit dem
Eintritt der Rechtshängigkeit am 29. Dezember 2000. Da der
Bereicherungsanspruch bereits vor dem 1. Mai 2000 fällig war, betragen die
Zinsen gemäß § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB in der vor Inkrafttreten des Gesetzes
zur Beschleunigung fälliger Zahlungen vom 30. März 2000 (BGBl. I S. 330)
geltenden Fassung 4% (Art. 229 § 1 Abs. 1 Satz 3, § 5 Satz 1 EGBGB). Ob der
Klägerin tatsächlich ein höherer Schaden entstanden ist, und wie dieser
gegebenenfalls zu berechnen wäre (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 12. Mai 1998
- XI ZR 79/97, WM 1998, 1325, 1326 f.), ist unerheblich, weil der Ersatz
eines solchen Schadens unter dem hier allein maßgeblichen Gesichtspunkt der
Rechtshängigkeit nicht gefordert werden kann. § 291 Satz 2 BGB a.F. verweist
nur auf § 288 Abs. 1 BGB, nicht dessen Absatz 2.
2. Das Berufungsurteil war daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO), soweit das
Berufungsgericht den Beklagten zur Zahlung von mehr als 4% Zinsen seit dem
29. Dezember 2000 verurteilt hat. Da weitere Feststellungen
nicht zu treffen sind, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden (§
563 Abs. 3 ZPO) und die Zinsforderung in diesem Umfang abweisen. Die
weitergehende Revision war als unbegründet zurückzuweisen.
B. Anschlußrevision der Klägerin
1. Die Anschlußrevision ist zulässig.
a) Dies gilt unabhängig davon, ob das Berufungsgericht die Revision nur für
den Beklagten oder auch für die Klägerin zugelassen hat. Die
Anschlußrevision ist gemäß § 554 Abs. 2 Satz 1 ZPO auch dann statthaft, wenn
die Revision nicht zugelassen worden ist (vgl. auch Begr.RegE ZPO-RG,
BT-Drucks. 14/4722, S. 107 f.; BGH, Urteil vom 24. Juni 2003 - KZR 32/02, WM
2003, 2020, 2021, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen; Senat, Urteil vom
30. September 2003 - XI ZR 232/02, WM 2003, 2286, 2287). Sie muß auch nicht
denselben Streitstoff betreffen, auf den sich die Zulassung der Revision des
Beklagten bezieht (BGH, Urteil vom 24. Juni 2003 - KZR 32/02, WM 2003, 2020,
2021, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen; Senat, Urteil vom 30.
September 2003 - XI ZR 232/02, WM 2003, 2286, 2287).
b) Ob eine Anschlußrevision nur zulässig ist, wenn zwischen ihrem
Streitgegenstand und dem der Hauptrevision ein rechtlicher oder
wirtschaftlicher Zusammenhang besteht (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 24. Juni
2003 - KZR 32/02, WM 2003, 2020, 2021, zur Veröffentlichung in BGHZ
vorgesehen), bedarf keiner Entscheidung. Ein solcher Zusammenhang ist im
vorliegenden Fall gegeben. Die Anschlußrevision betrifft ebenso wie ein Teil
der Revision die Zinsentscheidung des Berufungsgerichts.
2. Die Anschlußrevision, mit der die Zinsforderung in Höhe von 5% über dem
jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2000 weiterverfolgt wird, ist
unbegründet. Die Zinsforderung ist - wie dargelegt - nur in der vom
Berufungsgericht bereits zugesprochenen Höhe von 4% seit dem 29. Dezember
2000 begründet.
3. Die Anschlußrevision war daher als unbegründet zurückzuweisen.
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