Bereicherungsausgleich in Mehrpersonenverhältnissen (Anweisungslage): "Empfängerhorizont contra Zurechnung" Kondiktion bei nicht zurechenbarem Rechtsschein einer Anweisung, keine Anwendung von § 817 BGB auf die Nichtleistungskondiktion; Auskunfts- und Rechnungslegungspflicht des Kondiktionsschuldners

BGH, Urteil vom 5. November 2002 - XI ZR 381/01 - LG München II


Fundstelle:

NJW 2003, 582
LMK 2003, 23 (Anm. Lorenz)
BGHZ 152, 307
s. dazu auch die Anm. zu BGHZ 147, 269 ff sowie die gleichgelagerte Problematik in OLG Frankfurt/M. NJOZ 2003, 346. Zur Abgrenzung zum Lastschriftverfahren s.
BGH v. 11.4.2006 - XI ZR 220/05.  S. auch BGH v. 21.1.2010 - IX ZR 226/08.


Amtl. Leitsatz:

Liegt der Zahlung eine bloße "Scheinanweisung" des vermeintlichen Darlehensnehmers zugrunde, so ist ein bereicherungsrechtlicher Ausgleich zwischen Zahlendem und Zuwendungsempfänger nach den Regeln der Nichtleistungskondiktion (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB) vorzunehmen, und zwar auch dann, wenn dieser von einer Zahlung seines vermeintlichen Schuldners ausging (Ergänzung zu
BGHZ 147, 145 ff.).


Zentrale Probleme:

Im Mittelpunkt der Entscheidung steht der Bereicherungsausgleich in Mehrpersonenverhältnissen in sog. „Anweisungslagen“ i.w.S. und damit die Lehre von der Subsidiarität der Nichtleistungskondiktion. Zum wiederholten Male innerhalb kürzester Zeit hatte der BGH Gelegenheit, seine bisherige Rechtsprechung zu bestätigen und zu präzisieren (s. zuletzt BGHZ 147, 269 ff; BGH NJW 2001, 1855 sowie BGH NJW 2002, 2871). Das Urteil, das wiederum einen Ausnahmefall der nur scheinbar vorliegenden Anweisung (s. dazu zuletzt BGH NJW 2001, 1855) betrifft, bewegt sich im Spannungsfeld zwischen bereicherungsrechtlichem Leistungsbegriff, dessen Definition aus dem Empfängerhorizont und dem Erfordernis der Zurechenbarkeit von Rechtsscheintatbeständen.
Der Sachverhalt geht auf einen Finanzskandal zurück, der seinerzeit wegen der Verwicklung von über 330 Landkreisen und Gemeinden mit einem Schaden von über 35 Mio € bundesweit Schlagzeilen machte (s. dazu etwa die Neuen Osnabrücker Zeitung vom 6.11.2002).

Das Problem des vorliegenden Rechtsstreits läßt sich folgt kurz darstellen: Die Kl. hielt sich - aufgrund der Täuschung eines Finanzmaklers - für den Darlehnsgeber der Stadt P. und überwies die vermeintlich geschuldete Darlehnssumme auf eine (vom Finanzmakler ebenfalls vorgetäuschte) Weisung der Stadt P. an den Bekl. Dieser wiederum hielt diese Überweisung (aufgrund des Vermerks „Ablöse Stadt P.“) für eine Rückzahlung eines vermeintlich der Stadt P. gewährten Darlehens. Tatsächlich bestand weder ein Darlehnsvertrag zwischen dem Bekl. und der Stadt P. noch ein solcher zwischen der Kl. und der Stadt P. Der Fall ist damit eine „klassische“ Anweisungslage i.w.S.: Der (vermeintlich) Angewiesene (hier: die Kl.) wendet aufgrund der Weisung des (vermeintlich) Anweisenden (hier: Stadt P.) dem Anweisungsempfänger (hier: dem Bekl.) einen Vermögensvorteil zu.

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Bereicherungsrechtlich liegen in intakten Anweisungsfällen zwei „Leistungen“ i.S. der hergebrachten Definition der „bewußten und zweckgerichteten Vermehrung fremden Vermögens“ vor: Der Angewiesene erbringt eine Leistung im sog. „Deckungsverhältnis“ zum Anweisenden, gleichzeitig erbringt der Anweisende durch den Angewiesenen als Hilfsperson (Leistungsmittler) eine Leistung im sog. „Valutaverhältnis“ zum Anweisungsempfänger. Im Verhältnis zwischen dem Angewiesenen und dem Anweisungsempfänger liegt hingegen keine „Leistung“ vor, weil ersterer durch seine Zuwendung (erkennbar) keinen eigenen Leistungszweck gegenüber dem Anweisungsempfänger verfolgt (wie dies etwa im in casu zu recht verneinten Fall der Drittleistung nach § 267 Abs. 1 BGB der Fall sein kann, s. dazu etwa BGHZ 137, 89, 95). Zweck dieser Konstruktion ist es, i.V.m. der Lehre vom Vorrang der Leistungsbeziehung bei der Fehlerhaftigkeit einer oder beider Rechtsbeziehungen den Bereicherungsausgleich grundsätzlich ausschließlich innerhalb der jeweiligen Leistungsbeziehung stattfinden zu lassen: Bei einer fehlerhaften Deckungsbeziehung hat der Angewiesene i.d.R. keinen Anspruch gegen den Anweisungsempfänger, weil dieser den Gegenstand der Zuwendung nicht durch eine „Leistung“ des Angewiesenen, sondern durch eine solche des Anweisenden erhalten hat. Er kann damit nicht zugleich auf Kosten des Angewiesenen „in sonstiger Weise“ rechtsgrundlos bereichert sein kann. Letzterer ist vielmehr auf eine Leistungskonditkion gegen den Anweisenden beschränkt. Dem zugrunde liegt der Vertrauensschutz des Zuwendungsempfängers: Wer einen Gegenstand durch „Leistung“ erworben hat, soll sich grundsätzlich darauf verlassen dürfen, im Falle der Wirksamkeit seiner Leistungsbeziehung den Leistungsgegenstand behalten zu dürfen bzw. sich im Falle ihrer Unwirksamkeit ausschließlich mit dem Leistenden auseinandersetzen zu müssen, d.h. einer Kondiktion auch die Einwendungen aus diesem Verhältnis entgegenhalten zu können (s. dazu auch die Anm. zu BGHZ 147, 269 ff).

Diese Grundwertung, das Risiko des Scheiterns einer Rechtsbeziehung innerhalb der jeweiligen Beziehung zu belassen, ist in Rechtsprechung und Literatur allgemein konsentiert. Strittig ist freilich ihre konstruktive Umsetzung. Dreh- und Angelpunkt des dogmatischen Ansatzpunktes des BGH ist der bereicherungsrechtliche Leistungsbegriff. Dieser ist – wiederum aus Vertrauensschutzgründen - von der Lehre vom Empfängerhorizont geprägt, wonach die Zweckbestimmung einer Zuwendung aus dem objektivierten Empfängerhorizont (§ 157 BGB) des Zuwendungsempfängers zu ermitteln.
Liegen damit wie wertungsmäßigen Wurzeln der Subsidiaritätslehre im Vertrauensschutz des Leistungsempfängers, sind damit zugleich die Ausnahmen vorgezeichnet: Vertrauensschutz kann nach allgemeinen Grundsätzen der Rechtsscheinlehre nur dann gewährleistet werden, wenn das Vertrauen auf den Rechtsschein schutzwürdig ist und zugleich der Rechtsschein demjenigen, zu dessen Lasten Vertrauensschutz gewährt wird, zurechenbar ist. Während Fälle der fehlenden Schutzwürdigkeit insbesondere im Zusammenhang mit unentgeltlichen Zuwendungen von Bedeutung sind (s. dazu zuletzt BGHZ 147, 269 ff), besteht weitestgehend Einigkeit darüber, daß trotz des entsprechenden Eindrucks aus dem Empfängerhorizont keine Leistung derjenigen Person vorliegt, die sich aus dem Empfängerhorizont des Zuwendungsempfängers als Leistender darstellt, wenn dieser Eindruck dem nur scheinbar Leistenden nicht zugerechnet werden kann. Eine solche Zurechenbarkeit scheidet aus, wenn eine Weisung gar nicht vorliegt (s. etwa BGH NJW 2002, 2871: Überzahlung des Drittschuldners an den Vollstreckungsgläubiger einer gepfändeten Forderung; BGH NJW-RR 1990, 1200: Gefälschter Überweisungsauftrag;
OLG Frankfurt/M. Urt. v.29. 11. 2002 - 24 U 91/01: Irrtümliche Doppelausführung einer Überweisung ) und/oder der Rechtsschein einer Weisung dem aus der Perspektive des Zuwendungsempfängers Leistenden nicht zuzurechnen ist (BGH NJW 2001, 1855: Vertretungsmangel bei der Weisung; BGHZ 111, 382: Weisung eines Geschäftsunfähigen). Das gilt - wie der BGH erneut zutreffend präzisiert – unabhängig davon, ob das Fehlen einer solchen Weisung für den Zuwendungsempfänger erkennbar war. Zu recht prüft (und verneint) der BGH damit vorliegend auch die Zurechnung einer vom Finanzmakler vorgetäuschten Weisung nach den Grundsätzen der Anscheinsvollmacht.
Die Tatsache, daß die Zuwendung der Kl. an den Bekl. keine „Leistung“ der Stadt P. darstellt, ändert freilich nichts an der Tatsache, daß eine solche auch nicht im Verhältnis der Parteien vorliegt. Die Kondiktion der Kl. gegen den Bekl. ist damit, wie der BGH vollkommen zutreffend darlegt, eine Nichtleistungskondiktion nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB. Vor dieser aber ist der Bekl. deshalb nicht durch eine Leistungsbeziehung geschützt, weil der Bereicherungsgegenstand ihm überhaupt nicht, d.h. von niemandem „geleistet“ wurde und damit eine Leistungsbeziehung gar nicht besteht. Vertrauensschutz auf das „Behaltendürfen“ der Zuwendung wird damit nur im Rahmen von § 818 Abs. 3 BGB gewährt.

©sl 2003


Tatbestand:

Die klagende Gemeinde nimmt den beklagten Landkreis auf Rückzahlung eines überwiesenen Geldbetrages in Anspruch. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Prozeßparteien sowie eine Vielzahl anderer Gemeinden, kommunaler Gesellschaften und Landkreise mit liquiden Mitteln und solcher mit Kreditbedarf nahmen die Dienste des Finanzmaklers K. in Anspruch. Er vermittelte zwischen ihnen den Abschluß von Darlehensverträgen mit kurzer Laufzeit. Die Anlagezinsen lagen über, die Kreditzinsen unter den banküblichen Zinsen. K. sprach die Kommunen und Landkreise jeweils unabhängig voneinander an, ohne daß sie selbst miteinander in unmittelbaren Kontakt traten. Dabei gelang es ihm durch Täuschung, einige der Beteiligten zu Zahlungen an ihn persönlich zu veranlassen und viele Millionen DM zunächst unbemerkt beiseite zu schaffen. Zur Vertuschung dadurch entstandener Lücken spiegelte er in der Folgezeit an einer Kreditvergabe interessierten Kommunen vor, daß der von ihm genannte Vertragsgegner ein Darlehen zu den angegebenen Konditionen aufnehmen wolle. Zum Teil gab er hierbei an, daß die Darlehensvaluta auf Weisung des Darlehensnehmers direkt an dessen - vermeintlichen - Gläubiger zu zahlen sei.

Auf diese Weise hatte K. den Beklagten im Sommer 1996 durch die wahrheitswidrige Benennung der Stadt P. als Darlehensnehmerin veranlaßt, ihr 3,5 Millionen DM zu einem Zinssatz von 3,45% p.a. zur Verfügung zu stellen. Mit Schreiben vom 19. November 1996 kündigte K. dem Beklagten die fristgemäße Rückzahlung der am 21. November 1996 fälligen "Termingeldeinlage" einschließlich angefallener Zinsen an. Den dazu erforderlichen Betrag in Höhe von 3.529.194,55 DM überwies die Klägerin unter Angabe des Verwendungszwecks "Ablösung Stadt P." taggenau auf das Konto des Beklagten, weil K. ihr mit Schreiben ebenfalls vom 19. November 1996 ohne Rücksprache mit den Organen der Stadt P. folgendes mitgeteilt hatte:

"... vereinbarungsgemäß überlassen Sie eine Termingeldeinlage zu folgenden Konditionen:
Geldnehmer:     Stadt P. ...
Betrag:             DM 3.529.194,55
Laufzeit: 5        6 Zinstage, vom 21.11.1996 bis 17.01.1997
Zinssatz:           3,2% p.a.
Die Anschaffung des Betrages veranlassen Sie bitte valutagerecht
zu Gunsten:

LRA W. ...

Verwendungszweck: Ablösung Stadt P."

Die Klägerin ist der Auffassung, der Beklagte müsse die seinem Konto gutgeschriebenen 3.529.194,55 DM mangels Anweisung und Tilgungsbestimmung der Stadt P. nach Bereicherungsrecht an sie zurückzahlen und darüber hinaus die aus der rechtsgrundlosen Kapitalüberlassung
gezogenen Nutzungen oder erlangten Gebrauchsvorteile in Form ersparter Zinsaufwendungen herausgeben.

Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung von 3.529.194,55 DM zuzüglich Verzugszinsen seit dem 3. Mai 2000 sowie zur Auskunft und Rechnungslegung darüber verurteilt, welche Nutzungen er aus dem Hauptbetrag im Zeitraum vom 21. November 1996 bis zum
2. Mai 2000 gezogen oder in welcher Höhe er Zinsaufwendungen erspart habe. Mit der Sprungrevision hat der Beklagte das Urteil insoweit angefochten, als er zur Zahlung eines erstrangigen Teilbetrags von 100.000 DM nebst anteiliger Zinsen und zur Auskunft und Rechnungslegung
über die aus diesem Teilbetrag gezogenen Nutzungen bzw. die deswegen ersparten Zinsaufwendungen verurteilt worden ist.

Entscheidungsgründe:

Die Sprungrevision des Beklagten ist nur zu einem geringen Teil begründet.

I. Das Landgericht hat einen Bereicherungsanspruch der Klägerin bejaht und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:

Bei der Überweisung von 3.529.194,55 DM handele es sich um eine Leistung der Klägerin im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB.
Die Klägerin habe ausschließlich einen eigenen Leistungszweck verfolgt, nämlich die Auszahlung des vermeintlich mit der Stadt P. vereinbarten kurzfristigen Kassenkredits an den ihr als Zahlungsempfänger benannten Beklagten. Daß dieser bei der Zuwendung angenommen habe, ein der Stadt P. gewährtes Darlehen vertragsgemäß zurückzuerhalten, rechtfertige keine andere rechtliche Beurteilung. Zwar werde in bestimmten Fällen von Dreiecksbeziehungen in Zweifelsfällen, wem im bereicherungsrechtlichen Sinne eine Leistung zuzurechnen sei, auf den Horizont des Leistungsempfängers abgestellt. Der Empfängerhorizont könne aber dann nicht mehr maßgebend sein, wenn es an einem Mehrpersonenverhältnis mit verschiedenen Leistungsbeziehungen in Wirklichkeit fehle.

Etwas anderes ergebe sich auch nicht im Hinblick auf die vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fälle, in denen ein Bereicherungsausgleich bei einer von Anfang an fehlenden Anweisung ausnahmsweise im Deckungsverhältnis vorzunehmen sei, wenn der Zuwendungsempfänger das Fehlen einer Anweisung nicht gekannt und sich die Zahlung aus seiner Sicht als eine Leistung des Überweisenden im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB dargestellt habe. Die von K. selbst stammenden Erklärungen seien der Stadt P. nicht zuzurechnen. Bei der Vermittlung der Kreditgeschäfte sei er niemals als Vertreter der Vertragsparteien, sondern immer als selbständiger Finanzmakler aufgetreten. Auf seinen Eindruck, die Stadt P. sei Leistende, könne sich der Beklagte nicht berufen. Nach einem in der Rechtsscheinslehre allgemein anerkannten Grundsatz werde der gutgläubige Vertragsgegner bei fehlender Zurechenbarkeit des Rechtsscheins nicht geschützt. Entgegen der Auffassung des Beklagten habe die Klägerin auch nicht als Dritte im Sinne des § 267 BGB gezahlt, da sie nicht eine fremde, sondern eine eigene Verbindlichkeit habe erfüllen wollen.

Der Beklagte könne sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, die Klägerin sei nicht entreichert, weil sie später von anderen Kommunen die    aufgrund nicht wirksamer Verträge hingegebenen Darlehen zurückerhalten habe. Dieser Umstand beseitige die Unmittelbarkeit der Vermögensverschiebung nicht. Der Bereicherungsanspruch setze zudem keinen Schaden voraus.

Neben der Hauptforderung stehe der Klägerin gemäß § 818 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Herausgabe von Kapitalnutzungen zu. Da der Klägerin nicht bekannt sei, ob und inwieweit der Beklagte aus der Kapitalüberlassung tatsächlich Nutzen gezogen oder durch sie Zinsaufwendungen erspart habe, sei er sowohl zur Auskunftserteilung als auch zur Rechnungslegung verpflichtet.

II. Diese Ausführungen halten - bis auf die Annahme eines Anspruchs der Klägerin auf Rechnungslegung - der rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.

1. Das Landgericht hat zu Recht einen Bereicherungsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten bejaht. Der Bereicherungsausgleich ist jedoch nicht im Wege der Leistungskondiktion (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB), sondern der Nichtleistungskondiktion (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB) vorzunehmen.

a) In den Fällen der Leistung kraft Anweisung vollzieht sich der Bereicherungsausgleich grundsätzlich innerhalb des jeweiligen Leistungsverhältnisses, also zum einen zwischen dem Anweisenden und dem Angewiesenen im sogenannten Deckungsverhältnis und zum anderen zwischen dem Anweisenden und dem Anweisungsempfänger im sogenannten Valutaverhältnis. Nach dem bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff bewirkt der Angewiesene, der von ihm getroffenen, allseits richtig verstandenen Zweckbestimmung entsprechend, mit seiner Zuwendung an den Anweisungsempfänger zunächst eine eigene Leistung an den Anweisenden und zugleich eine Leistung des Anweisenden an den Anweisungsempfänger (st.Rspr., siehe BGHZ 40, 272, 276; 61, 289, 291; 66, 362, 363; 66, 372, 374; 67, 75, 77; 87, 393, 395; 88, 232, 234; 102, 152, 157; 147, 145, 149 ff.; 147, 269, 273).

b) Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht ausnahmslos. So entspricht es gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, daß dem Angewiesenen jedenfalls dann ein unmittelbarer Bereicherungsanspruch gegen den Anweisungsempfänger als Nichtleistungskondiktion gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB zusteht, wenn dem Anweisungsempfänger das Fehlen einer Anweisung und damit einer Tilgungsbestimmung bei Empfang des Leistungsgegenstandes bekannt ist (vgl. BGHZ 66, 362, 364 f.; 66, 372, 374 f.; 67, 75, 78; 87, 393, 397 f.; 147, 269, 274).
Aber auch in den Fällen, in denen der Zahlungsempfänger das Fehlen einer wirksamen Anweisung im Zeitpunkt der Zuwendung nicht kannte, steht dem vermeintlich Angewiesenen ein unmittelbarer bereicherungsrechtlicher Anspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB zu (
BGHZ 111, 382, 386 f.; Senat BGHZ 147, 145, 151 m.w.Nachw.; vgl. auch BGHZ 147, 269, 274). Denn ohne eine gültige Anweisung kann die Zahlung dem - vermeintlich - Anweisenden nicht als seine Leistung zugerechnet werden. Eine andere Betrachtungsweise ließe - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - den in der Rechtsscheinslehre allgemein anerkannten Grundsatz außer acht, daß der gutgläubige Vertragsgegner nur dann geschützt werden kann, wenn der andere Vertragsteil den Rechtsschein in zurechenbarer Weise hervorgerufen hat. Der sogenannte Empfängerhorizont des Zahlungsempfängers vermag deshalb die fehlende Tilgungs- und Zweckbestimmung des - vermeintlich - Anweisenden auch dann nicht zu ersetzen, wenn dieser den gezahlten Betrag dem Zuwendungsempfänger tatsächlich in vollem Umfang schuldete. Außerdem wird der auf eine wirksame Anweisung und Tilgungsbestimmung vertrauende Zahlungsempfänger durch die in § 818 Abs. 3 BGB normierten Regeln über den Wegfall der Bereicherung vor den rechtlichen Folgen einer Direktkondiktion des Angewiesenen im allgemeinen hinreichend geschützt (Senat BGHZ 147, 145, 151 m.w.Nachw.). Diese Grundsätze kommen auch hier zum Tragen.

c) Nach den Feststellungen des Landgerichts wollte die Klägerin mit der Überweisung von 3.529.194,55 DM an den Beklagten ihren vermeintlich mit der Stadt P. geschlossenen Darlehensvertrag erfüllen und den Kassenkredit auf eine angebliche Weisung der Stadt P. an den vermeintlich empfangsberechtigten Beklagten auszahlen, also eine Leistung an die Stadt P. erbringen. Es handelt sich daher um den Fall einer Zahlung ohne bereicherungsrechtliche Anweisung, so daß die Klägerin als vermeintlich Angewiesene einen unmittelbaren Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB (Nichtleistungskondiktion) gegen den Beklagten hat. Auf dessen Sicht als Zahlungsempfänger kommt es mangels einer Tilgungsbestimmung der Stadt P. als vermeintlicher Schuldnerin und Anweisenden von vornherein nicht an. Erst eine tatsächlich getroffene Tilgungsbestimmung schafft die Grundlage für eine Auslegung aus dem Blickwinkel eines vernünftigen Zahlungsempfängers, wenn über die Person des Leistenden unterschiedliche Ansichten bestehen. Die bloßen Vorstellungen des Beklagten als Zahlungsempfänger reichen allein nicht aus, ein Leistungsverhältnis oder einen Rechtsgrund zu begründen. Auf den durch K. geschaffenen Rechtsschein einer Leistung der Stadt P. kann sich der Beklagte nicht berufen. Weder der Kläger noch die Stadt P. haben diesen Rechtsschein in zurechenbarer Weise veranlaßt.

aa) Der Einwand der Revision, die Klägerin habe als Dritte im Sinne des § 267 Abs. 1 BGB geleistet, um die Stadt P., wenn auch nicht von einer Darlehensschuld, so aber doch von dem dem Beklagten zustehenden bereicherungsrechtlichen Rückzahlungsanspruch zu befreien, ist mit den Feststellungen des Landgerichts unvereinbar. Danach wollte die Klägerin eine eigene Verbindlichkeit aus einem vermeintlichen Darlehensvertrag mit der Stadt P. erfüllen. Es fehlt daher der erforderliche Wille, eine fremde Schuld gemäß § 267 Abs. 1 BGB zu tilgen (vgl. BGHZ 75, 299, 303; 137, 89, 95). Daß es nach dieser Vorschrift nicht auf die innere Vorstellung des Dritten ankommt, sondern darauf, wie der Zahlungsempfänger sein Verhalten vernünftigerweise verstehen durfte (st.Rspr., siehe z.B. BGHZ 72, 246, 248 f.; 13, 89, 95; BGH, Urteil vom 26. September 1994 - II ZR 166/93, WM 1994, 2286), rechtfertigt keine andere rechtliche Beurteilung. Angesichts des bei der Überweisung angegebenen Verwendungszwecks "Ablösung Stadt P." spricht nichts dafür, daß der Beklagte die Klägerin zum Zeitpunkt der Zuwendung für eine Dritte im Sinne des § 267 Abs. 1 BGB und nicht für eine von der Stadt P. Angewiesene gehalten hat bzw. halten durfte.

bb) Die Zahlungsanweisung des Finanzmaklers K. an die Klägerin ist der Stadt P. entgegen der Ansicht der Revision weder nach den Grundsätzen der Duldungs- und Anscheinsvollmacht noch unter einem anderen Gesichtspunkt zuzurechnen.

(1) Wie sich aus den Feststellungen des Landgerichts ergibt, ist K. bei der jahrelangen Vermittlung der Kreditgeschäfte niemals als Vertreter der beteiligten Kommunen und Landkreise gemäß § 164 Abs. 1 BGB, sondern immer als selbständiger Finanzmakler aufgetreten. Für eine Anwendung der Regeln über die Duldungs- und Anscheinsvollmacht fehlt daher jede Grundlage. Bei der Anweisung an die Klägerin, 3.529.194,55 DM mit dem Verwendungszweck "Ablösung Stadt P." an den Beklagten zu überweisen, kann K. allenfalls als Scheinbote der Stadt P. angesehen werden. Die von ihm eigenmächtig abgegebene rechtsgeschäftliche
Erklärung bindet die Stadt P. nicht, ohne daß es einer Anfechtung nach § 120 BGB bedarf.

(2) Daß die Stadt P. viele "Dreiecksgeschäfte" getätigt und sich niemals bei den beteiligten Kommunen und Landkreisen nach dem konkreten Anlaß der "Drittleistung" erkundigt hat, rechtfertigt es entgegen der Auffassung der Revision nicht, ihren Einwand, die von K. eigenmächtig und in Täuschungsabsicht abgegebenen Erklärungen gingen sie nichts an, als ein widersprüchliches Verhalten zu werten. Zwar ist den Organen der Stadt P. ebenso wie denen der Parteien im Zusammenhang mit den Täuschungen von K. Leichtfertigkeit vorzuwerfen. Dies rechtfertigt es aber nicht, die Stadt P. nach dem Grundsatz von Treu und Glauben im Ergebnis so zu behandeln, als habe sie die deliktischen Handlungen von K. bewußt geduldet.

cc) Entgegen der Auffassung der Revision stehen einer Direktkondiktion der Klägerin gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB auch keine anderen Hinderungsgründe entgegen.

(1) Der Beklagte kann sich im Rahmen des Bereicherungsausgleichs nicht auf Vertrauensschutz berufen. Er ist im übrigen nicht wesentlich schutzwürdiger als die Klägerin, die Stadt P. oder andere beteiligte Kommunen und Landkreise. Sie alle haben in blindem Vertrauen auf die Richtigkeit der Angaben von K. davon abgesehen, sich mit ihren vermeintlichen Vertragspartnern in Verbindung zu setzen, und ohne wirksame Verträge Millionenbeträge überwiesen oder entgegengenommen.
Nichts spricht angesichts dessen dafür, den Beklagten von einem Anspruch der Klägerin zu entlasten. Das gilt besonders, da sich der Beklagte wegen der Überlassung von 3,5 Millionen DM am 21. August 1996, die unter Berücksichtigung angefallener Zinsen durch die von K. veranlaßte Überweisung der Klägerin ausgeglichen werden sollte, im Wege der Leistungskondiktion nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB an die Stadt P. als Zahlungsempfängerin halten kann. Mit der Überweisung von 3,5 Millionen DM wollte der Beklagte einen in Wirklichkeit nicht bestehenden Anspruch der Stadt P. auf Auszahlung eines Darlehens erfüllen. Daß sich die Überweisung aus der Sicht der Stadt P. als Erfüllung ihrer Ansprüche auf Rückzahlung von Darlehen darstellte, die sie angeblich dem Klinikum O. und den Städten D. und E. gewährt hatte, ändert an dem Kondiktionsanspruch der Beklagten gegen die Stadt P. aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB nichts. Wie bereits dargelegt, reichen bloße Vorstellungen des Zahlungsempfängers allein nicht aus, ein Leistungsverhältnis oder einen Rechtsgrund zu begründen. Wollte man dies anders sehen, so könnte - abhängig von der Willkür des Finanzmaklers K. - eine Kommune, die weder eine Vermögensverschiebung bewirkt noch eine Tilgungsbestimmung getroffen hat, als Leistende anzusehen sein. Auf den durch K. geschaffenen Rechtsschein von Leistungen des Klinikums O. und der Städte D. und E. kann sich die Stadt P. nicht berufen, da der Beklagte den Rechtsschein nicht in zurechenbarer Weise veranlaßt hat.
(2) Der Revision ist auch nicht zu folgen, soweit sie meint, der Klägerin sei es aufgrund eines Verstoßes gegen § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, § 32 KWG im Hinblick auf § 817 Satz 2 BGB versagt, den Beklagten in Anspruch zu nehmen. Ihrem klaren Wortlaut nach findet die auf Sanktionszwecken beruhende Ausnahmevorschrift des § 817 Satz 2 BGB auf die Nichtleistungskondiktion im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB keine Anwendung (vgl. BGHZ 39, 87, 91; BGH, Urteil vom 25. September 1967 - VII ZR 42/65, WM 1967, 1217, 1218; Staudinger/Lorenz, BGB 13. Bearb. 1999 § 817 Rdn. 10; Erman/H. P. Westermann, BGB 10. Aufl. § 817 Rdn. 3; MünchKomm/Lieb, BGB 3. Aufl. § 817 Rdn. 15). Abgesehen davon handelt es sich bei § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und § 32 KWG nur um gewerberechtliche Ordnungsvorschriften, deren Verletzung nicht zur Nichtigkeit von Kreditgeschäften nach § 134 BGB führt (vgl. BGHZ 76, 119, 126; BGH, Urteil vom 21. April 1972 - V ZR 52/70, WM 1972, 853).
(3) Auch die Ausführungen des Landgerichts zum Einwand der fehlenden Entreicherung der Klägerin lassen entgegen der Ansicht der
Revision keine Rechtsfehler erkennen. Ein Schaden im Sinne der Differenzbetrachtung, nach der sich der Geschädigte mit dem schädigenden Ereignis unmittelbar zusammenhängende Vermögensvorteile mit gewissen Einschränkungen anrechnen lassen muß, ist für einen Bereicherungsanspruch nicht notwendig (vgl. BGHZ 36, 232, 233; BGH, Urteil vom 28. Juni 1967 - VIII ZR 59/65, NJW 1968, 197). Für eine Anrechnung der Vorteile aus von anderen Landkreisen an die Klägerin aufgrund vermeintlicher Darlehensverträge gezahlten Beträgen ist infolgedessen von vornherein kein Raum.

2. Das Landgericht hat den Beklagten zu Recht zur Auskunft über die gemäß § 818 Abs. 1 BGB herauszugebenden Nutzungen oder erstattungsfähigen Gebrauchsvorteile verurteilt.
Ein Anspruch auf Auskunft besteht nach dem Grundsatz von Treu und Glauben, wenn der Berechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und er sich die zur Vorbereitung und Durchsetzung seines Anspruchs notwendigen Auskünfte nicht auf zumutbare Weise selbst beschaffen kann, während der Verpflichtete sie unschwer, d.h. ohne unbillig belastet zu sein, zu geben vermag. Zwischen den Beteiligten muß eine besondere rechtliche Beziehung bestehen, wobei ein gesetzliches Schuldverhältnis genügt (st.Rspr., siehe etwa BGHZ 81, 21, 24; 95, 285, 287; 126, 109, 113).
Diese Anspruchsvoraussetzungen sind nach den zutreffenden und von der Revision nicht angegriffenen Ausführungen des Landgerichts sämtlich erfüllt.

3. Dem Landgericht kann jedoch nicht gefolgt werden, soweit es darüber hinaus auch einen Anspruch der Klägerin auf Rechnungslegung
bejaht hat.
Eine Rechnungslegung ist eine besonders genaue Art der Auskunft (vgl. BGHZ 93, 327, 329), die nach § 259 Abs. 1 BGB eine geordnete, in sich verständliche Zusammenstellung von Einnahmen und Ausgaben erfordert und den Betroffenen zur Vorlage von Belegen, soweit solche erteilt zu werden pflegen, verpflichtet (BGH, Urteil vom 16. April 1962 - VII ZR 252/60, WM 1962, 706, 707). Eine solche weitgehende Pflicht trifft im allgemeinen nur Personen, die fremde Angelegenheiten besorgen (vgl. etwa BGHZ 10, 385, 386 f.; BGH, Urteil vom 6. Dezember 1978 - VIII ZR 273/77, WM 1979, 472, 474). Ferner kann ein rechtswidriger Eingriff in fremde Rechte - wie etwa bei der Verletzung von Urheberrechten und Rechten aus Arbeitnehmererfindungen - unter bestimmten Umständen eine Rechnungslegungspflicht des Betroffenen begründen (vgl. BGHZ 126, 109, 113; BGH, Urteil vom 6. Mai 1997 - KZR 42/95, WM 1997, 2007, 2010). Dagegen führt der Kondiktionsschuldner gewöhnlich keine fremden Geschäfte und ist bei wertender Betrachtung auch nicht mit einem in fremde Rechte eingreifenden Schuldner zu vergleichen. Von ihm kann daher in aller Regel nicht nach Treu und Glauben erwartet werden, daß er Belege oder sonstige Urkunden aufhebt, um sie dem Kondiktionsgläubiger später gegebenenfalls vorlegen zu können.
Für die Annahme einer Rechnungslegungspflicht bei der auf § 818 Abs. 1 BGB beruhenden Verpflichtung zur Herausgabe von Nutzungen
oder anderen geldwerten Vorteilen fehlt infolgedessen die notwendige Rechtsgrundlage (RGZ 137, 206, 212; vgl. ferner BGHZ 19, 51, 68).

III. Die Sprungrevision des Beklagten war daher abgesehen von der Verurteilung zur Rechnungslegung zurückzuweisen.