Schutz und Vererbung der vermögenswerten Bestandteile des allgemeinen Persönlichkeitsrechts; verfassungsrechtliche Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung ("Marlene Dietrich - Blauer Engel")


BVerfG, 1 BvR 1168/04 vom 22.8.2006


Fundstelle:

NJW 2006, 3409


(Eigener) Leitsatz:

Die Anerkennung vererblicher vermögenswerter Bestandteile des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch die Rechtsprechung des BGH (BGH NJW 2000, 2001 und BGH NJW 2000, 2195) überschreitet die Grenzen zulässiger richterlicher Rechtsfortblidung nicht.


Zentrale Probleme:

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen BGH NJW 2000, 2001. Die Entscheidung ist nicht nur in Bezug auf den verfassungsrechtlichen Schutz des postmortalen Persönlichkeitsrechts, sondern vor allem methodisch in Bezug auf die richterrechtliche Rechtsfortbildung und deren Grenzen von besonderen Interesse, s. dazu v.a. die fett markierten Passagen. Wichtig ist auch die Aussage, dass die vermögenswerten Bestandteile des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts zwar einfachrechtlich, nicht aber verfassungsrechtlich geschützt sind. Das kann von Bedeutung sein für die Güterabwägung mit der Pressefreiheit, s. dazu BGH, Urteil vom 31. Mai 2012 - I ZR 234/10 (Gunter Sachs/BILD).
Zur zeitlichen Grenze des Schutzes der vermögenswerten Bestandteile des allgemeinen Persönlichkeitsrechts s. auch
BGH v. 5.10.2006 - I ZR 277/03.

©sl 2006


Gründe:

Gegenstand der Verfassungsbeschwerde sind zivilgerichtliche Entscheidungen, durch die die Beschwerdeführerin zur Zahlung von Schadensersatz wegen einer Verletzung des postmortalen Rechts am eigenen Bild an die Rechtsnachfolgerin der Erbin der Verstorbenen verurteilt wurde.

I. 1. Die Beschwerdeführerin vertreibt unter der Marke "T." unter anderem Fotokopiergeräte. Im Jahr 1993 schaltete sie mehrfach eine Zeitungsanzeige für ein Fotokopiergerät, in der unter der Überschrift "Vom Blauen Engel schwärmen, genügt uns nicht" die Umweltfreundlichkeit des Gerätes hervorgehoben wurde. Am Ende des Textes folgte eine Kopie des landläufig als "Blauer Engel" bezeichneten Umweltzeichens. Neben dem Text befand sich eine Fotografie, auf der eine bekannte Szene aus dem Film "Der blaue Engel" mit Marlene Dietrich von einer ähnlich gekleideten Person nachgestellt wurde. Zum Zeitpunkt der Werbekampagne war Marlene Dietrich bereits verstorben. Ihre Alleinerbin ist ihr einziges Kind, Frau R.. Frau R. hatte der Verwendung des Bildes nicht zugestimmt.

2. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Klägerin) verlangte aus von Frau R. abgetretenem Recht im Wege der Stufenklage Auskunft über die Werbekampagne und Zahlung einer angemessenen Lizenzvergütung.
a) Das Landgericht wies die Klage zunächst ab, da ein Anspruch auf Ersatz von Vermögensschäden bei einer Verletzung des postmortalen Persönlichkeitsrechts nicht bestehe. Das Oberlandesgericht wies die Berufung der Klägerin zurück.
b) Der Bundesgerichtshof verurteilte auf die Revision der Klägerin die Beschwerdeführerin zur Auskunftserteilung und verwies die Sache zur Entscheidung über den Zahlungsanspruch an das Landgericht zurück (Urteil vom 1. Dezember 1999 - 1 ZR 226/97 -, NJW 2000, S. 2201 f.).
Das Recht am eigenen Bild sei verletzt. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht und seine besonderen Erscheinungsformen wie das Recht am eigenen Bild schützten nicht nur ideelle, sondern auch kommerzielle Interessen. Die vermögenswerten Bestandteile des Persönlichkeitsrechts seien vererblich und könnten vom Erben jedenfalls in der Zehn-Jahres-Frist des § 22 Satz 3 des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie (im Folgenden: KUG) geltend gemacht werden. Der Erbe habe wegen einer unbefugten kommerziellen Nutzung der Persönlichkeit sowohl einen Abwehranspruch als auch Ansprüche auf Herausgabe der Bereicherung und auf Schadensersatz. Er müsse seine Rechte mit Rücksicht auf den Willen des Verstorbenen ausüben. Den Schadensersatz könne er konkret oder nach der Lizenzanalogie berechnen oder den Verletzergewinn herausverlangen. Auf eine besondere Eingriffsintensität komme es, anders als beim Anspruch auf Ausgleich des immateriellen Schadens, nicht an.
Dieses Ergebnis begründete der Bundesgerichtshof - teilweise durch Bezugnahme auf die am gleichen Tag ergangene Entscheidung in der Sache I ZR 49/97 (BGHZ 143, 214 ff.) - mit den folgenden Erwägungen:
In den Schutzumfang des allgemeinen Persönlichkeitsrechts müsse auch der wirtschaftliche Wert von Persönlichkeitsmerkmalen einbezogen werden. Er folge im Allgemeinen aus der Bekanntheit und dem öffentlichen Ansehen der Person. Eine unerlaubte Verwertung von Persönlichkeitsmerkmalen beeinträchtige häufig weniger ideelle als kommerzielle Interessen.
Die vermögenswerten Bestandteile des Persönlichkeitsrechts müssten auch auf die Erben übergehen. Soweit ideelle Interessen geschützt seien, handele es sich um höchstpersönliche Rechte, die weder übertragbar noch vererblich seien. Dagegen sei ein wirkungsvoller postmortaler Schutz der vermögenswerten Bestandteile nur möglich, wenn der Erbe unter Wahrung der mutmaßlichen Interessen des Verstorbenen gegen eine unbefugte Nutzung vorgehen könne. Dabei sei ein bloßes Abwehrrecht nicht ausreichend. Denn die Rechtsverletzung sei oft bereits beendet, bevor der Berechtigte von ihr Kenntnis erlange. Es sei zudem unbillig, den durch Leistungen des Verstorbenen geschaffenen Vermögenswert dem Zugriff beliebiger Dritter preiszugeben.

Der Charakter eines Rechts in seiner Einschätzung durch die Rechtsordnung könne sich ändern. Auch im Firmen- und Warenzeichenrecht seien reine Persönlichkeits- in Vermögensrechte uminterpretiert worden. Die technischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse hätten sich gewandelt. Persönlichkeitsmerkmale könnten mit verbesserten technischen Möglichkeiten in Bild und Ton festgehalten, vervielfältigt und verbreitet werden und seien aufgrund der Entwicklung der Massenmedien in zuvor nicht gekanntem Ausmaß wirtschaftlich nutzbar geworden.

Die im Schrifttum erhobenen Bedenken dagegen, der zunehmenden Kommerzialisierung der Persönlichkeit Vorschub zu leisten, griffen nicht durch. Der Schutz der Persönlichkeit werde durch die Anerkennung eines eigenständig vererblichen vermögenswerten Bestandteils des Persönlichkeitsrechts gestärkt. Die Rechtsordnung bilde hinsichtlich der Vermarktung rechtlich geschützter Positionen kein starres System, an dem sich die Wirklichkeit orientieren müsste. Das Recht habe auch eine dienende Funktion und müsse einen Ordnungsrahmen für neue Formen der Vermarktung bieten, die im Interesse des Vermarkters und desjenigen lägen, der eine solche Vermarktung seiner Person gestatten wolle. Ein ineffektiver Schutz des Persönlichkeitsrechts stelle kein Mittel gegen eine unerwünschte Vermarktung der Persönlichkeit dar.

c) Nach der Auskunftserteilung verurteilte das Landgericht die Beschwerdeführerin durch das angegriffene Urteil vom 14. Februar 2001 unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 1. Dezember 1999 zur Zahlung einer Lizenzgebühr. Die Berufung der Beschwerdeführerin wurde durch das ebenfalls angegriffene Urteil des Oberlandesgerichts vom 17. Januar 2003 zurückgewiesen. Die gegen die Nichtzulassung der Revision gerichtete anschließende Beschwerde wies der Bundesgerichtshof mit dem gleichfalls angegriffenen Beschluss vom 22. April 2004 zurück.

3. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihres Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG. Der Bundesgerichtshof habe die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung nicht beachtet. Die Entscheidung und die ihr folgenden Entscheidungen auf der zweiten Stufe der Stufenklage enthielten unzulässiges gesetzeskorrigierendes Richterrecht.

Der postmortale Schutz des Rechts am eigenen Bild sei in die Hände der Angehörigen, nicht des Erben gelegt. Es sei eindeutiger Wille des Gesetzgebers, dass nach dem Tod des Abgebildeten keine vermögensrechtlichen Ansprüche entstünden. Die Möglichkeit einer kommerziellen Verwertung von Bildern sei dem historischen Gesetzgeber bekannt gewesen. Die bloße Verbesserung der technischen Möglichkeiten legitimiere nicht die Annahme eines Erbrechts. Die fortschreitende Kommerzialisierung der Persönlichkeit reiche nicht zur Begründung von Ansprüchen. Während es Sache des Marktes sei festzustellen, dass ein Gegenstand Geldwert habe, sei es eine Frage des Rechts, wem die vermögensrechtliche Herrschaft darüber gebühre. Diese Frage könne nur der Gesetzgeber entscheiden.

Der zuerkannte Anspruch sei nicht mit dem Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen zu vergleichen, den das Bundesverfassungsgericht anerkannt habe. Dieser Anspruch sei aufgrund einer Regelungslücke und gerade nicht aufgrund eines eigenen rechtspolitischen Willens der Gerichte ausgebildet worden. Der im vorliegenden Fall zuerkannte Anspruch laufe dem geschriebenen Recht dagegen ausdrücklich zuwider. Die vom Bundesgerichtshof unterstellte Schutzlücke bei abgeschlossenen Verletzungen bestehe wegen der Strafvorschrift des § 33 KUG nicht.

Der Bundesgerichtshof verkenne zudem die Wertungen von Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht wirke nicht über den Tod hinaus. Geschützt seien nur das Andenken an den und die Menschenwürde des Verstorbenen. Das postmortale Persönlichkeitsrecht erfasse nur den Achtungsanspruch des Verstorbenen im sozialen Raum. Es diene nicht dem Erben, sondern der lebzeitigen Entfaltung des Verstorbenen. Hier werde dagegen ein marktgängiges neues Immaterialgüterrecht geschaffen. Das gefährde auch den Rechtsträger, dessen Persönlichkeitsentfaltung geschützt werden solle.

II. Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an, da Annahmegründe nach § 93 a Abs. 2 BVerfGG nicht bestehen. Die Verfassungsbeschwerde ist unbegründet.

1. Die angegriffenen Entscheidungen verstoßen nicht gegen Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG. Sie missachten nicht die Bindung der Gerichte an Gesetz und Recht, da die verfassungsrechtlichen Grenzen einer richterlichen Rechtsfortbildung gewahrt sind.

a) Die Rechtsfortbildung gehört grundsätzlich zu den anerkannten Aufgaben und Befugnissen der Fachgerichte (vgl. BVerfGE 34, 269 [286 ff.]; 49, 304 [318]; 65, 182 [190 f.]; 96, 375 [394]). Es ist Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, die Einhaltung verfassungsrechtlicher Grenzen fachrichterlicher Rechtsfortbildung zu überprüfen, nicht aber die von den Fachgerichten angewandten Methoden der Rechtsfindung auf ihre einfachrechtliche Stichhaltigkeit hin zu kontrollieren. Das Bundesverfassungsgericht klärt lediglich, ob die Fachgerichte bei der Rechtsfortbildung die gesetzgeberische Grundentscheidung respektiert haben und den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung gefolgt sind (vgl.BVerfGE 96, 375 [395]).

Die Gerichte dürfen sich bei der Rechtsfortbildung nicht dem vom Gesetzgeber festgelegten Sinn und Zweck des Gesetzes entziehen. Angesichts des beschleunigten Wandels der gesellschaftlichen Verhältnisse und der begrenzten Reaktionsmöglichkeiten des Gesetzgebers sowie der offenen Formulierungen zahlreicher Normen gehört aber die Anpassung des geltenden Rechts an veränderte Verhältnisse zu den Aufgaben der Dritten Gewalt. Dies gilt insbesondere bei zunehmendem zeitlichen Abstand zwischen Gesetzesbefehl und richterlicher Einzelfallentscheidung (vgl.BVerfGE 96, 375 [394]).

In einer solchen Situation kann das Gesetz seine Fähigkeit verloren haben, für alle Fälle, auf die seine Regelung abzielt, eine gerechte Lösung bereit zu halten. Die Gerichte sind dann befugt und verpflichtet zu prüfen, was unter den veränderten Umständen "Recht" im Sinne des Art. 20 Abs. 3 GG ist (vgl.BVerfGE 82, 6 [12] ). Dabei müssen sie das materielle Recht aus den allgemeinen Rechtsgrundlagen ableiten, die für die betreffende Rechtsbeziehung maßgeblich sind (vgl.BVerfGE 84, 212 [226 f.]).

b) Nach diesen Maßstäben bestehen gegen die richterliche Rechtsfortbildung, die in der Anerkennung vererblicher vermögenswerter Bestandteile des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts liegt, keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

Für diese Rechtsfortbildung lässt sich - jedenfalls mit Bezug auf den vorliegenden Fall - allerdings nicht anführen, dass durch sie verpflichtende Vorgaben der Verfassung konkretisiert werden (vgl. dazu BVerfGE 34, 269 [292]; 65, 182 [193 f.] ). Das Grundgesetz gebietet einen postmortalen Schutz der Persönlichkeit gegen Angriffe auf die Menschenwürde. Einen Schutz vor einer kommerziellen Ausbeutung, die nicht mit einer Menschenwürdeverletzung verbunden ist, kennt das Grundgesetz im Bereich des postmortalen Schutzes nicht. Es steht aber der einfachrechtlichen Anerkennung eines solches Schutzes auch nicht entgegen.

aa) (1) Die in Art. 1 Abs. 1 GG aller staatlichen Gewalt auferlegte Verpflichtung, dem Einzelnen Schutz gegen Angriffe auf seine Menschenwürde zu gewähren, endet nicht mit dem Tod. Ein Verstorbener wird allerdings nicht durch das Grundrecht der freien Entfaltung der Persönlichkeit aus Art. 2 Abs. 1 GG geschützt, weil Träger dieses Grundrechts nur lebende Personen sind (vgl.BVerfGE 30, 173 [194]).

In der Folge sind die Schutzwirkungen des verfassungsrechtlichen postmortalen Persönlichkeitsrechts nicht identisch mit denen, die sich aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG für den Schutz lebender Personen ergeben. Postmortal geschützt wird zum einen der allgemeine Achtungsanspruch, der dem Menschen kraft seines Personseins zusteht, zum anderen der sittliche, personale und soziale Geltungswert, den die Person durch ihre eigene Lebensleistung erworben hat. Steht fest, dass eine Maßnahme in den Schutzbereich des postmortalen Persönlichkeitsrechts eingreift, ist zugleich ihre Rechtswidrigkeit geklärt. Der Schutz kann nicht etwa im Zuge einer Güterabwägung relativiert werden (vgl. BVerfG, 1. Kammer des Ersten Senats, Beschluss vom 25. August 2000 - 1 BvR 2707/95 -, NJW 2001, S. 594 f.; Beschluss vom 5. April 2001 - 1 BvR 932/94 -, NJW 2001, S. 2957 [2958 f.]).

(2) Die kommerzielle Ausbeutung der Persönlichkeit eines Verstorbenen kann die Menschenwürde verletzen, wenn Persönlichkeitsbestandteile kommerziell so ausgenutzt werden, dass der Achtungsanspruch der Person beeinträchtigt wird, etwa durch eine erniedrigende oder entstellende Werbung. In der Folge ergibt sich aus der Garantie der Menschenwürde eine die staatliche Gewalt treffende Schutzpflicht. Um einen solchen Fall ging es indes weder im Ausgangsverfahren noch in der Sache BGHZ 143, 214 ff.

In anderen Fällen tastet die kommerzielle Ausbeutung der Persönlichkeit eines Verstorbenen zu Werbezwecken dessen Menschenwürde regelmäßig nicht an.

Werden Persönlichkeitsmerkmale Verstorbener im Rahmen der Wirtschaftswerbung - wie im Ausgangsverfahren - zu kommerziellen Zwecken genutzt, baut solche Werbung zumeist auf dem durch die Lebensleistung erworbenen Geltungswert des Verstorbenen auf, um ein Produkt attraktiv erscheinen zu lassen. Unter den heutigen sozialen und wirtschaftlichen Gegebenheiten schmälert solche Werbung die Anerkennung grundsätzlich nicht, die der unfreiwillige Werbeträger in der Gesellschaft findet. In solchen Fällen kann aber das Interesse derjenigen Person verletzt sein, die über die wirtschaftliche Verwertung des Persönlichkeitsrechts entscheiden darf. Der davon betroffene Aspekt der Persönlichkeitsentfaltung unterliegt allerdings nicht der Menschenwürdegarantie.

bb) Durch die Verfassung ist aber eine richterliche Weiterentwicklung des einfachen Rechts nicht ausgeschlossen, die zur Anerkennung vererblicher vermögenswerter Bestandteile des Persönlichkeitsrechts führt.

(1) Verfassungsrechtliches und zivilrechtliches Persönlichkeitsrecht sind nicht identisch. Dementsprechend überprüft das Bundesverfassungsgericht zivilgerichtliche Entscheidungen nicht darauf, ob sie die dem Persönlichkeitsschutz dienenden zivilrechtlichen Normen richtig angewandt haben. Die verfassungsgerichtliche Kontrolle beschränkt sich auf die Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Maßgaben für die Interpretation des einfachen Rechts (vgl.BVerfGE 101, 361 [388]; BVerfG, Beschluss vom 25. Oktober 2005 - 1 BvR 1696/98 -, NJW 2006, S. 207 [208]).

Der Bundesgerichtshof hat seine Rechtsprechung zur Anerkennung vererblicher vermögenswerter Bestandteile des zivilrechtlichen Persönlichkeitsrechts insbesondere mit der Notwendigkeit begründet, den Schutz des Persönlichkeitsrechts gegenüber der kommerziellen Nutzung dadurch wirksamer zu gestalten, dass über den häufig praktisch nicht realisierbaren Abwehranspruch hinaus auch ein vermögensrechtlicher Anspruch gewährt wird. Ein ineffektiver, auf Abwehrbefugnisse beschränkter Schutz des Persönlichkeitsrechts sei kein hinreichendes Mittel gegen eine unerwünschte Vermarktung der Persönlichkeit. Gerade dem Interesse, das Lebensbild eines Verstorbenen nicht durch eine uneingeschränkte kommerzielle Nutzung der Merkmale seiner Persönlichkeit zu beeinträchtigen, könne am besten in der Weise gedient werden, dass sich der Erbe als Inhaber der vermögenswerten Bestandteile des Persönlichkeitsrechts gegen eine unbefugte Nutzung zur Wehr setzen könne. Da sich die Befugnisse des Erben vom Träger des Persönlichkeitsrechts ableiteten, könnten sie allerdings nicht gegen dessen mutmaßlichen Willen eingesetzt werden.

(2) Diese Überlegungen halten der verfassungsrechtlichen Prüfung stand. Der Gesetzgeber und die Zivilgerichte sind grundsätzlich nicht daran gehindert, den Schutz des Persönlichkeitsrechts weiter auszubauen als verfassungsrechtlich geboten ist. Sie haben dabei allerdings auch gegenläufige grundrechtliche Positionen Dritter zu wahren.

(a) Die erkennenden Gerichte durften angesichts des gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und technischen Wandels die sich ausdrücklich aus dem Kunsturhebergesetz ergebende Rechtslage für ergänzungsbedürftig halten.

Die Rechtsprechung sieht seit Längerem im Recht am eigenen Bild auch ein vermögenswertes Ausschließlichkeitsrecht (vgl. BGHZ 20, 345 [352 f.]; 81, 75 [80 ff.]; BGH, Urteil vom 14. April 1992 - VI ZR 285/91 -, NJW 1992, S. 2084 [2085]). Das mag der Intention des historischen Gesetzgebers von 1907 widersprechen, da nach damaliger überwiegender Auffassung das Recht am eigenen Bild nur ideelle Interessen schützte (vgl. Götting, Persönlichkeitsrechte als Vermögensrechte, 1995, S. 21). Es ist verfassungsrechtlich jedoch nicht zu beanstanden, dass der Bundesgerichtshof diese Wertung als überholt angesehen und die üblich gewordene Vermarktung des Rechts rechtlich respektiert und zugleich Vorkehrungen zum Schutz des Persönlichkeitsrechts getroffen hat.

Schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die Möglichkeit bekannt, Bestandteile der Persönlichkeit zu kommerzialisieren (vgl. etwa die Entscheidung RGZ 74, 308 ff. aus dem Jahr 1910). Mit verbesserten technischen Mitteln und gesteigerter Bedeutung der Medien hat diese Möglichkeit aber an Vielfalt, Ausmaß und Intensität zugenommen. Heute muss, anders als noch 1956 in der Tatsacheninstanz zu der Entscheidung BGHZ 20, 345, nicht erst ein Sachverständigengutachten eingeholt werden, um festzustellen, dass die Kommerzialisierung des Bildes eines Prominenten zu Werbezwecken üblich ist (vgl. Helle, RabelsZ 60 [1996], S. 448 [460]).

(b) Eine unzulässige Rechtsfortbildung contra legem liegt in der rechtlichen Anerkennung der Möglichkeit zur Kommerzialisierung des Rechts am Bild und zugleich in den Vorkehrungen zur Effektivierung des Schutzes gegen eine unerlaubte Nutzung des Bildes nicht. Auch ist die Annahme des Bundesgerichtshofs verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die vermögenswerten Bestandteile des Rechts am eigenen Bild nach dem Tod des Rechtsträgers auf seine Erben übergehen.

Diese Annahme widerspricht nicht § 22 Satz 3 KUG, demzufolge das Recht zur Einwilligung in die Verwendung des Bildes postmortal den Angehörigen des Abgebildeten zusteht. Diese Norm ist keine nach Wortlaut, Systematik und Sinn abschließende Regelung auch der Frage, wer einen Vermögenswert aus der Verwertung des Bildes geltend machen kann. Die Norm steht historisch in ihrem Bezug auf den Schutz ideeller Interessen. Anlass der Regelung war ein anstoßerregender Vorfall (Fotographie der Leiche Bismarcks, vgl.BVerfGE 101, 361 [387] ). Heute hat sich das Recht am Bild über diese ideelle Schutzposition hinaus entwickelt. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, §§ 22 ff. KUG heute so anzusehen, dass die Norm auch im Dienst von Vermögensinteressen steht.

Insoweit hat der Gesetzgeber nicht geklärt, wem die Vermögensvorteile zustehen sollen und insbesondere, ob dies nur die Einwilligungsberechtigten sein dürfen. Die entsprechende Klärung kann Gegenstand richterlicher Rechtsfortbildung sein. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Bundesgerichtshof dabei berücksichtigt, dass das Recht am eigenen Bild ein Sonderfall des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist, das über Einzelnormierungen hinaus richterrechtlich entwickelt worden ist, ohne dass der Gesetzgeber Anlass genommen hat, seinerseits eine Kodifizierung vorzunehmen. Es liegt grundsätzlich fern, unter Verweis auf die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung den gegenwärtigen Zustand eines richterrechtlichen Rechtsinstituts gegen richterrechtliche Weiterentwicklungen abzuschirmen.

Im Übrigen widerspricht die hier zu beurteilende richterrechtliche Rechtsfortbildung den bisher entwickelten Grundsätzen nicht, sondern ergänzt sie. Die Angehörigen haben gemäß § 22 Satz 3 KUG ein Wahrnehmungsrecht hinsichtlich der ideellen Interessen, ohne Inhaber des Persönlichkeitsrechts zu sein (vgl. zu den hierzu vertretenen Auffassungen J. Hager, in: Staudinger, BGB, 13. Aufl. [1999], § 823 Rn. C 38 ff., m.w.N.). Daran haben die angegriffenen Entscheidungen nichts geändert. Es wurde allerdings im Interesse der Wirksamkeit des Schutzes dem der ideellen Interessen ein ideell gebundener Schutz von Vermögensinteressen hinzugefügt. Insoweit entspricht es den Grundgedanken des bürgerlichen Rechts, die Wahrnehmung solcher Vermögensinteressen den Erben zuzugestehen.

2. Die angegriffenen Entscheidungen stehen auch materiell mit dem Grundgesetz in Einklang.

a) Die in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistete Meinungsfreiheit der Beschwerdeführerin ist nicht verletzt. Die Vorschriften über das Recht am eigenen Bild, die allgemeine Gesetze im Sinne des Art. 5 Abs. 2 GG sind, schränken die Meinungsfreiheit wirksam ein. Die Auslegung und Anwendung dieser Normen durch die erkennenden Gerichte ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Das gilt auch insoweit, als die Beschwerdeführerin zur Zahlung einer Lizenzgebühr verurteilt wurde. Der dieser Verurteilung zugrunde liegende Gedanke, die unbefugte Ausbeutung des fremden postmortalen Persönlichkeitsrechts durch ein simuliertes Verhandlungsergebnis zu kompensieren, begegnet keinen Bedenken aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG.

b) Die in den angegriffenen Entscheidungen herangezogene Rechtsfortbildung verstößt auch nicht gegen das grundrechtlich gewährleistete Persönlichkeitsrecht desjenigen, dessen Persönlichkeit kommerziell ausgebeutet wird.

In ihrem unmittelbaren Anwendungsbereich, dem postmortalen Persönlichkeitsschutz, befindet sich die Rechtsfortbildung weitgehend außerhalb der Reichweite des grundrechtlichen Persönlichkeitsschutzes. Demgegenüber hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich offen gelassen, ob die vermögenswerten Bestandteile des allgemeinen Persönlichkeitsrechts unter Lebenden übertragen werden können (vgl. BGHZ 143, 214 [221 f.]). Das Gericht hat aber klargestellt, dass Persönlichkeitsrechte insofern unverzichtbar und unveräußerlich sind, als sie dem Schutz ideeller Interessen dienen (vgl. BGHZ 143, 214 [220]). Damit verbleibt zumindest der verfassungsrechtlich gewährleistete Kern der Persönlichkeitsentfaltung beim Rechtsträger. Das Ob und die konkrete Ausgestaltung einer Übertragung im Übrigen ist eine Frage des einfachen Rechts.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.