1. Auch bei einer Höchstbetragsbürgschaft
ist eine formularmäßige Erstreckung der Bürgenhaftung über
diejenigen Forderungen hinaus, die Anlaß zur Verbürgung gaben,
auf zukünftige Ansprüche des Gläubigers unwirksam.
2. Bei einer Höchstbetragsbürgschaft
verstößt eine formularmäßige Erstreckung der Bürgenhaftung
über diejenigen Forderungen hinaus, die Anlaß zur Verbürgung
gaben, auf alle gegenwärtig bestehenden Ansprüche aus der Geschäftsverbindung
des Gläubigers mit dem Hauptschuldner regelmäßig nicht
gegen § 9 AGBG. Sie kann aber überraschend i.S. von § 3
AGBG sein.
NJW 1996, 1470
LM H. 8/1996 § 767 BGB Nr. 31/32
MDR 1996, 809
BB 1996, 868
DB 1996, 1081
WM 1996, 766
ZIP 1996, 702
FamRZ 1996, 789
Vgl. Anm. zu BGHZ 130, 19 sowie zu BGH NJW 1998, 3708 ff.
Der Ehemann der Bekl. war Gesellschafter der B-m.b.H. (nachfolgend: GmbH oder Hauptschuldnerin). Diese stand in Geschäftsbeziehungen zur kl. Sparkasse. Am 4. 6. 1986 übernahm die damals 48- oder 49jährige Bekl. - zusammen mit ihrem Ehemann - gegenüber der Kl. eine selbstschuldnerische Bürgschaft bis zum Betrage von 500000 DM "zur Sicherung aller bestehenden und künftigen, auch bedingten oder befristeten Forderungen" der Kl. gegen die Hauptschuldnerin aus ihrer Geschäftsbeziehung. Am 30. 6. 1986 unterzeichnete die Bekl. eine weitere gleichartige Bürgschaftsurkunde bis zum Betrage von 150000 DM. In der Folgezeit wurde ein gegen die GmbH eingeleitetes Konkursverfahren mangels Masse eingestellt. Die Kl. kündigte die Kredite im Jahre 1991. Sie nimmt die Bekl. als Bürgin wegen eines verbliebenen Schuldsaldos von 215505,49 DM aus einem Kredit in Anspruch, der im Dezember 1986 gewährt wurde. Außerdem verlangt sie von der Bekl. die Freistellung von einer Avalverpflichtung, welche die Kl. im Dezember 1981 für die GmbH gegenüber der Bundesrepublik Deutschland eingegangen war; die Kl. stand damit für die Erfüllung eines Bauauftrags ein und wurde im Jahre 1991 von der Werkbestellerin auf Zahlung von 257992,16 DM in Anspruch genommen. Die auf die Bürgschaften vom Juni 1986 gestützte Klage hatte in beiden Vorinstanzen Erfolg. Die Revision der Bekl. hatte Erfolg und führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.
Aus den Gründen:
I. Das BerGer. hat allerdings mit Recht die von
der Bekl. übernommenen Bürgschaften für wirksam gehalten.
1. Es hat insbesondere einen Verstoß der
Bürgschaften gegen § 138 I BGB mit folgender Begründung
verneint: Es fehle ein grobes Mißverhältnis zwischen der bei
Vertragsschluß vorliegenden und zu erwartenden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit
der Bekl. und der Höhe der Bürgschaftsschuld. Dies gelte sogar
dann, wenn die Bekl. gemäß ihrer - bestrittenen - Behauptung
schon 1984 eine weitere Bürgschaft bis zum Betrage von 250000 DM übernommen
habe. Die Bekl. habe bei Abgabe der Bürgschaftserklärungen im
Juni 1986 in einem festen Arbeitsverhältnis als Bürokraft mit
einem Monatseinkommen von 2300 DM gestanden. Darüber hinaus sei sie
unstreitig hälftige Miteigentümerin zweier Grundstücke mit
einem Verkehrswert von zusammen mindestens 1,15 Mio. DM gewesen. Darauf
seien zwar Grundschulden von zusammen 1,075 Mio. DM zugunsten der D-Bank
eingetragen gewesen, doch habe die Bekl. nichts zur tatsächlichen
Valutierung der Grundpfandrechte vorgetragen. Soweit die Bekl. sich auf
weitere jetzige Verpflichtungen von mehr als 10 Mio. DM gegenüber
der D-Bank berufe, sei nicht dargetan, inwieweit diese schon im Juli 1986
bestanden hätten. Darüber hinaus sei die Bekl. nicht unerfahren
gewesen. Sie habe auch mittelbar ein Eigeninteresse an der Gewährung
des verbürgten Darlehens gehabt, weil die GmbH die wirtschaftliche
Grundlage der gemeinsamen ehelichen Lebensführung gebildet habe. Endlich
habe die Kl. nicht in unzulässiger Weise auf die freie Willensentschließung
der Bekl. eingewirkt. Nach ihren eigenen Angaben sei die Bekl. von einem
Mitarbeiter der Hauptschuldnerin - nicht der Kl. - zur Abgabe der Bürgschaftserklärungen
aufgefordert worden; für eine Kenntnis der Kl. hiervon sei nichts
dargetan. Soweit deren Angestellte gegenüber der Bekl. nach deren
Behauptung erklärt haben, mit der Bürgschaft werde das immer
so gehandhabt, die Bekl. brauche sich hierzu keine Gedanken zu machen,
könne das die nicht geschäftsunerfahrene Bekl. nicht zur Unterzeichnung
der eindeutigen Bürgschaftstexte veranlaßt haben.
2. Das hält den Angriffen der Revision im
Ergebnis stand.
a) Der Umstand allein, daß eine Ehefrau
für ihren Ehemann eine Bürgschaft übernimmt, die sie nicht
voll erfüllen kann, macht dieses Rechtsgeschäft noch nicht sittenwidrig.
Der Verstoß gegen § 138 I BGB setzt vielmehr stets weitergehende
Umstände voraus. Solche Umstände können einmal in der Art
liegen, wie auf die Entschließung des Bürgen eingewirkt wurde;
zum anderen kann ein Rechtsgeschäft sittenwidrig sein, durch das der
Schuldner gegenwärtig und für die Zukunft in eine wirtschaftlich
aussichtslose Lage gebracht wird, wenn der Gläubiger sich dieses Umstandes
bewußt ist und zusätzliche erschwerende Umstände hinzukommen.
Für die Frage, ob eine Ehegattenbürgschaft allein wegen offenkundiger,
krasser Überforderung des Bürgen sittenwidrig ist, sind alle
bei Vertragsschluß erkennbaren Umstände einschließlich
der voraussichtlichen Leistungsfähigkeit des Hauptschuldners zu berücksichtigen
(Senat, NJW 1996, 1274 m.w.Nachw., für BGHZ vorgesehen).
b) Eine unzulässige Einflußnahme auf
die Entscheidungsfreiheit einer bürgenden Ehefrau ergibt sich - entgegen
der Auffassung der Revision - nicht schon allein aus dem Umstand, daß
Kreditinstitute bei Geschäftskrediten an mittelständische Unternehmer
üblicherweise Mitverpflichtungen von deren Ehefrau forderten. Die
Revision beruft sich in anderem Zusammenhang selbst auf den Vortrag der
Kl., die Kreditgewährung hier nicht von einer Mitverpflichtung der
Bekl. abhängig gemacht zu haben. Die Bekl. bestreitet auch nicht,
daß die GmbH im Juni 1986 noch ein "gesundes Unternehmen" war, so
daß eine entsprechende Äußerung des damaligen Vorstands
der Kl. nicht irreführend oder verharmlosend gewesen wäre. Dem
steht nicht die Behauptung der Bekl. entgegen, die GmbH habe das Geld damals
"dringend zur Bewältigung eines Liquiditätsengpasses" benötigt;
denn derartige Lagen können auch bei wirtschaftlich gesunden Unternehmen
vorübergehend auftreten. Das BerGer. hat ferner unanfechtbar ausgeschlossen,
daß die - im Betriebe der GmbH selbst tätige - Bekl. sich von
verharmlosenden Äußerungen habe beeinflussen lassen, daß
sie sich also über das Risiko einer Bürgschaft nicht klar gewesen
wäre. Wenn die Kl. die Bürgschaft hier erst nach der Auszahlung
des Darlehens gefordert hat, so hat sie damit die Bekl. ebenfalls nicht
in unzulässiger Weise unter Druck gesetzt. Die Grundsätze des
Senatsurteils vom 2. 11. 1995 (NJW 1996, 513 = LM H. 4/1996 § 138
(Bc) BGB Nr. 85 = ZIP 1996, 65 (66f.)) greifen nicht ein. Zum einen ist
die Kl. mit der sofortigen Auszahlung der Darlehensvaluta - vor Abschluß
aller formalen Voraussetzungen - nur dem dringenden Bedürfnis der
GmbH nach Überwindung des Liquiditätsengpasses entgegengekommen.
Zum anderen ist nicht dargetan, daß die GmbH im Sommer 1986 nicht
zu einer Umschuldung in der Lage gewesen wäre, wenn die Bekl. die
Bürgschaft verweigert und die Kl. daraufhin den bereits ausbezahlten
Kredit wieder gekündigt hätte. Nach dem eigenen Vorbringen der
Bekl. sollten die Kredite der Kl. lediglich diejenigen der D-Bank ergänzen.
Darüber hinaus ist nicht einmal behauptet, daß die Kl. mit einer
Kreditkündigung für den Fall gedroht hätte, daß die
Bekl. keine Bürgschaft übernehmen würde. Auf die Verpflichtungen
der Bekl. gegenüber der D-Bank kommt es hier nicht entscheidend an.
Weitere Verbindlichkeiten des in Aussicht genommenen Bürgen braucht
jeder Kreditgeber allenfalls dann in Betracht zu ziehen, wenn er sie kennt
oder sie sich ihm aufdrängen. Dafür ist im vorliegenden Fall
nichts dargetan. Die Behauptung der Bekl., der Vorstand der Kl. habe Verbindlichkeiten
der Hauptschuldnerin gegenüber der D-Bank in Höhe von 3,5 Mio.
DM gekannt, reicht nicht aus. Es steht schon nicht fest, daß es allgemeine
Übung von Kreditgebern ist, die an mittelständische Unternehmer
ausgereichten Darlehen durch Bürgschaften von deren Ehefrauen sichern
zu lassen. Im Gegenteil beruft sich die D-Bank in ihrem - von der Bekl.
vorgelegten - Schreiben vom 1. 7. 1991 auf eine Bürgschaft, welche
die Bekl. am 28. 1. 1988 übernommen hat, also erst nach dem hier maßgeblichen
Zeitpunkt. Zudem war die D-Bank, im Gegensatz zur Kl., durch erstrangige
Grundschulden von mehr als 1 Mio. DM an den im Miteigentum der Bekl. stehenden
Grundstücken gesichert. Eine darüber hinausgehende persönliche
Verpflichtung der Bekl. schon im Juni 1986 drängte sich für die
Kl. nicht auf. Ferner läßt sich nicht einmal jetzt der objektiv
rechtswirksame Umfang der Bürgenschuld der Bekl. gegenüber der
D-Bank zuverlässig übersehen. Aus dem Schreiben der Rechtsanwälte
der D-Bank vom 15. 7. 1991 ergibt sich, daß die Bürgschaft der
Bekl. "betragsmäßig unbegrenzt" war. Eine solche Verpflichtung
wäre allenfalls im Umfange derjenigen Darlehen wirksam, deren Gewährung
Anlaß zur Bürgschaftsübernahme war (s. unten II 1a); dazu
ist nichts vorgetragen. Der Senat braucht deshalb nicht zu entscheiden,
ob eine Bürgschaft der Bekl. in der von der D-Bank geltend gemachten
Höhe gem. § 138 I BGB nichtig wäre. Die gegenüber der
Kl. eingegangenen Bürgschaften überforderten die Bekl. nach den
im Juni 1986 erkennbaren Umständen nicht in einer Weise, daß
die Bekl. bei Inanspruchnahme dadurch offensichtlich in eine ausweglose
wirtschaftliche Lage gebracht werden würde. Auf die von der Revision
angegriffene Annahme des BerGer., von der Bekl. sei notfalls eine Vollzeitarbeit
zu erwarten gewesen, kommt es insoweit nicht entscheidend an. Im Gegensatz
zur D-Bank war die Kl. nicht durch Grundpfandrechte am Miteigentum der
Bekl. gesichert. Sie durfte deshalb bei wirtschaftlichem Denken eine Verpflichtung
der Bekl. auch in einer Höhe fordern, die notfalls einen Zugriff auf
den Wert ihrer Miteigentumshälfte an den beiden Grundstücken
ermöglichte. Entgegen der Auffassung der Revision kommt es insoweit
nicht auf die genaue Höhe der eingetragenen Belastungen einschließlich
der Grundschuldzinsen an: Die Bürgschaft wurde für die Zukunft
angefordert. Die künftige Entwicklung der Grundstücksbelastungen
war aber nicht abzusehen. Die Grundpfandgläubigerin konnte möglicherweise
abgefunden werden. Für die Kl. war allein entscheidend, daß
der Bekl. ein potentiell erheblicher Vermögenswert gehörte, der
in die Haftung einbezogen werden konnte. Auf der anderen Seite kommt es
- entgegen der Auffassung des BerGer. und der Revision - aus Rechtsgründen
nicht entscheidend auf die Bürgschaft von 250000 DM an, welche die
Bekl. nach ihrer Behauptung schon am 19. 9. 1984 gegenüber der Kl.
übernommen hat. Denn es ist nicht dargetan, daß dieses akzessorische
(§ 767 I 1 BGB) Sicherungsmittel noch im Juni 1986 wirksam war. Die
Kl. beruft sich darauf nicht. Aus Anlaß welcher Kreditgewährung
die Bürgschaft übernommen wurde, ist nicht dargetan, erst recht
nicht, daß der gesicherte Kredit im Juni 1986 noch offenstand. Soweit
die formularmäßige Bürgschaft auch für künftige
Verbindlichkeiten übernommen worden sein soll, wäre sie in diesem
Umfange gem. § 9 AGBG unwirksam gewesen (s. unten II 1). Soweit sie
andererseits möglicherweise noch andere ältere Verbindlichkeiten
- insbesondere die von der Kl. übernommene Avalbürgschaft (s.
unten II 2) - absicherte, ging eine solche Wirkung keinesfalls über
diejenige der im Juni 1986 übernommenen Bürgschaften hinaus.
Durch Bürgschaften über zusammen 650000 DM wird die halbtags
erwerbstätige Ehefrau eines mittelständischen Unternehmers, der
ein Grundvermögen im Wert von mindestens 575000 DM (ohne die eingetragenen
Belastungen) gehört, nicht offenkundig hoffnungslos überfordert.
II. Es ist aber bisher nicht dargetan, daß
der Kl. gegen die Hauptschuldnerin Forderungen zustehen, die durch die
Bürgschaften der Bekl. gesichert werden (§ 767 I 1 BGB).
1. Die Bekl. ist ihre Verpflichtungen im Juni
1986 eingegangen. Demgegenüber stützt die Kl. ihren Zahlungsantrag
ausdrücklich auf ein im Dezember 1986 gewährtes Darlehen. Dieses
könnte selbständig von den Bürgschaften nur gesichert werden,
wenn die darin enthaltenen formularmäßigen Erklärungen,
die Verpflichtung werde auch für künftige Forderungen der Kl.
übernommen, wirksam wäre. Das ist nicht der Fall.
a) Wird dem Hauptschuldner ein betragsmäßig
begrenzter Kontokorrentkredit gewährt, verstößt die formularmäßige
Ausdehnung der Bürgschaft über das Kreditlimit hinaus gegen §
9 II Nr. 1 und 2 AGBG (Senat, BGHZ 130, 19 = NJW 1995, 2553 = LM H. 11/1995
§ 765 BGB Nr. 99/100/101 = WM 1995, 1397 (1401f.); vgl. auch BGH,
NJW 1996, 249 = LM H. 3/1996 § 607 BGB Nr. 156 = WM 1995, 2180 (2181)).
Eine Formularklausel, welche die Bürgenhaftung über die Forderungen
hinaus, die den Anlaß zur Verbürgung bildeten, auf alle zukünftigen
Ansprüche aus der Geschäftsverbindung des Gläubigers mit
dem Hauptschuldner ausdehnt, ist insoweit unwirksam (Senat, NJW 1996, 924
= LM H. 6/1996 § 765 BGB Nr. 105, z. Veröff. in BGHZ bestimmt),
weil sie mit dem Leitbild des § 767 I 3 BGB nicht vereinbar ist. Dies
gilt unabhängig davon, ob die Bürgschaft - wie hier - auf einen
Höchstbetrag begrenzt ist oder nicht. Denn die gesetzliche Leitentscheidung
des § 767 I 3 BGB gilt für beide Fälle gleichermaßen
(§ 9 II Nr. 1 AGBG). Zudem werden vertragswesentliche Rechte des Bürgen
nicht nur dadurch ausgehöhlt (§ 9 II Nr. 2 AGBG), daß er
für einen höheren Betrag haftet, als es dem Anlaß seiner
Bürgschaftsübernahme entspricht, sondern auch dadurch, daß
er für andere als die veranlaßten Verbindlichkeiten einzustehen
hat: Deren Tilgungsdauer oder zusätzliche Besicherung kann ebenso
abweichen wie der Zweck einschließlich des damit verbundenen Ausfallrisikos.
Zudem kann sich die Bonität des Hauptschuldners in der Zeit nach Übernahme
der Bürgschaft verschlechtern. Das aktuelle Sicherungsbedürfnis
des Gläubigers bei Übernahme der Bürgschaft bildet deshalb
grundsätzlich die Obergrenze der Bürgschaftsverbindlichkeit.
Diese beschränkte Wirksamkeit der den Haftungsumfang betreffenden
Formularklausel gilt bereits im Streitfall, obwohl der Senat die Bestimmung
früher in weiterem Umfang als gültig angesehen hat. Der mit der
Entscheidung verbundenen Rückwirkung auf einen in der Vergangenheit
liegenden, noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt stehen verfassungsrechtliche
Gründe nicht entgegen (vgl. Senat, NJW 1996, 924 = LM H. 6/1996 §
765 BGB Nr. 105; NJW 1996, 1467 (in diesem Heft), jew. f. BGHZ bestimmt).
Das Zivilgericht entscheidet über die widerstreitenden Interessen
von Privatpersonen in Einzelfällen. Dabei ist das Vertrauen der einen
Partei auf Fortbestand einer ihr günstigen Rechtsprechung nicht grundsätzlich
schutzwürdiger als das Vertrauen der anderen Partei darauf, ihr Interesse
aufgrund der nunmehr als richtig erkannten Rechtslage in dem durch den
Streitgegenstand begrenzten Umfang durchsetzen zu können. Daß
die Entscheidung möglicherweise auch Auswirkungen auf weitere Rechtsbeziehungen
der unterliegenden Partei zu Dritten hat, rechtfertigt es - von Fällen
des § 242 BGB abgesehen - regelmäßig nicht, die Belange
der sich objektiv im Recht befindlichen Einzelpartei zurücktreten
zu lassen. Erst recht gilt dies, wenn um die Unwirksamkeit von Formularklauseln
aufgrund des AGB-Gesetzes gestritten wird. Insoweit hat der Gesetzgeber
das Risiko gezielt dem Verwender auferlegt.
b) Die Parteien tragen nicht vor, aus welchem
Anlaß die Bekl. die Bürgschaft in Höhe von 150000 DM am
30. 6. 1986 übernommen hat. Zu dieser Zeit soll das am Monatsanfang
verbürgte Darlehen von 500000 DM schon ausgezahlt gewesen sein. Die
Unklarheit über das verbürgte Risiko gereicht der Kl. zum Nachteil.
Denn der Gläubiger, der den Bürgen in Anspruch nimmt, hat im
Hinblick auf § 767 I 1 BGB darzutun und zu beweisen, daß die
(akzessorische) Bürgschaft sich gerade auf die geltend gemachte Hauptschuld
erstreckt.
c) Andererseits behauptet die Revisionserwiderung
- im Anschluß an die geänderte Senatsrechtsprechung (s.o. II
1a) -, die Bürgschaft der Bekl. vom 4. 6. 1986 über 500000 DM
sei an demselben Tage unterschrieben worden, an dem die Kl. der GmbH einen
Kontokorrentkredit von 500000 DM auf das Konto gewährt habe. Dies
sei der Anlaß für die Bürgschaftsübernahme gewesen.
Auf demselben Konto sei am 22. 12. 1986 der Kredit auf einen Höchstbetrag
von 1 Mio. DM erhöht worden. Der Restbetrag aus diesem Kontokorrentkredit
werde mit der Klage geltend gemacht. Trifft das zu, so stünde noch
dieselbe Darlehensverbindlichkeit offen, für die sich die Bekl. -
wenngleich nicht in der vollen Höhe zum Jahresende 1986 - verbürgt
hat. In diesem Falle wirkt die summenmäßig begrenzte Bürgschaft
wie eine für eine einheitliche Hauptschuld erteilte Höchstbetragsbürgschaft.
Denn auf zukünftige Kredite erstreckt sich die Verpflichtung des Bürgen,
soweit jene Forderungen schon den Anlaß für die Haftungsübernahme
bildeten und zu diesem Zeitpunkt bereits - auch für den Bürgen
erkennbar - nach Gegenstand und Umfang hinreichend bestimmt waren (vgl.
Senat, BGHZ 130, 19 = NJW 1995, 2553 = LM H. 11/1995 § 765 BGB Nr.
99/100/101 = WM 1995, 1397 (1402); NJW 1996, 924 = LM H. 6/1996 §
765 BGB Nr. 105). Im vorliegenden Fall ist die Bürgschaft nicht für
einen Einzelkredit gegeben worden, welcher vereinbarungsgemäß
beständig zu tilgen war; eine solche Bürgschaft würde allerdings
eine spätere Erhöhung nicht sichern. Statt dessen hat die Bekl.
die Bürgschaft nach dem Vortrag der Kl. gerade für einen Kontokorrentkredit
bis zur Höhe von 500000 DM übernommen. Dessen offenkundiger Zweck
ist es, durch ständige teilweise Rückführung und erneute
Inanspruchnahme immer wieder verändert zu werden. Dieses Risiko begrenzt
der Bürge durch den festgesetzten Höchstbetrag. Der von der Kl.
hier als offenstehend eingeklagte Restbetrag ist niedriger als die Bürgschaftssumme.
Sofern die Kontobeziehung nicht zwischenzeitlich beendet worden ist - was
die Bekl. darzutun hätte -, muß diese für den Restbetrag
des geltend gemachten Darlehens einstehen.
2. Den Freistellungsantrag stützt die Kl.
auf eine eigene Avalverpflichtung, die sie bereits im Jahre 1981 eingegangen
war. Es handelte sich also im Zeitpunkt der Übernahme beider Bürgschaften
durch die Bekl. (Juni 1986) um eine schon als möglich bestehende Rückgriffsforderung
der Kl. gegen die Hauptschuldnerin. Daß diese Forderung noch durch
die Inanspruchnahme von seiten des Auftraggebers bedingt war, steht nicht
nur nach dem Inhalt der Bürgschaftsurkunde, sondern auch gem. §
765 II BGB nicht entgegen.
a) Es verstößt nicht gegen § 9
AGBG, wenn die Kl. die Bekl. auch wegen dieser Hauptschuld aus den Bürgschaften
in Anspruch nimmt. Insoweit fällt hier schon ins Gewicht, daß
beide Bürgschaften von Anfang an auf Höchstbeträge begrenzt
waren. Die Vereinbarung eines Höchstbetrags der Haftung beschränkt
das Risiko des Bürgen bereits in erheblichem Maße und läßt
ihn hinsichtlich einer Eingrenzung auch der gesicherten Forderungen als
weniger schutzbedürftig erscheinen (Horn, in: Festschr. f. Merz, S.
217 (218f., 227)). Ein Verstoß gegen § 767 I 3 BGB kommt der
Sache nach nicht in Betracht. Zudem erstreckt sich die Haftung des Bürgen
nur auf solche Hauptschulden, die er im Zeitpunkt der Abgabe seiner Bürgschaftserklärungen
aufgrund von Erkundigungen erfahren konnte. Danach kann es hier offen bleiben,
ob eine summenmäßig nicht begrenzte formularmäßige
Bürgschaft, die alle bestehenden Hauptschulden sichern soll, trotz
§ 767 I 1 BGB und § 9 AGBG auch solche Verbindlichkeiten erfaßt,
die nicht Anlaß zur Verbürgung waren.
b) Eine Schranke setzt aber in jedem Falle §
3 AGBG. Eine formularmäßige Bürgschaftserklärung,
mit der die Haftung auf alle bestehenden (und künftigen) Verbindlichkeiten
des Hauptschuldners aus einer bankmäßigen Geschäftsbeziehung
erweitert wird, kann allgemein überraschend sein und deshalb nicht
Vertragsbestandteil werden, wenn die Bürgschaft aus Anlaß der
Gewährung eines bestimmten Kontokorrentkredits übernommen wird
(Senat, BGHZ 130, 19 = NJW 1995, 2553 = LM H. 11/1995 § 765 BGB Nr.
99/100/101 = WM 1995, 1397 (1398f.); vgl. zur Grundschuld auch BGH, NJW
1996, 191 = LM H. 3/1996 HWiG Nr. 21 = WM 1995, 2133 (2134)). Eine summenmäßige
Begrenzung der Bürgschaft ändert daran nichts (ebenso OLG Rostock,
WM 1995, 1533 (1535)): Wer für einen Kontokorrentkredit bis zu einem
bestimmten Betrage bürgen will, kann trotz Einhaltung dieses Limits
überrascht werden, wenn er für einen Kredit einstehen soll, der
aus anderem Anlaß gewährt wurde. Die unterschiedlichen Bedingungen
des weiteren Kredits können den Bürgen zudem stärker oder
anders belasten. Nach dem Vortrag der Bekl. ist sie zur Bürgschaftsübernahme
aufgefordert worden, um der GmbH aus einem drängenden Liquiditätsengpaß
zu helfen. Dies könnte dafür sprechen, daß sich die Bekl.
bestimmte Vorstellungen vom Zweck ihrer Interzession gemacht hat. Mit einer
beabsichtigten Hilfe aus einer kurzfristigen Notlage wäre es kaum
zu vereinbaren, die Bekl. auch für eine seit fünf Jahren bestehende
und auf zehn Jahre befristete Avalbürgschaft einstehen zu lassen,
aus der eine Inanspruchnahme im Jahre 1986 noch nicht abzusehen war.
III. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend
entscheiden (§ 565 ZPO). Die Klage ist derzeit aufgrund einer Änderung
der Senatsrechtsprechung nicht (mehr) schlüssig, die erst nach Erlaß
des Berufungsurteils eingetreten ist (s. o. II). Der neue Vortrag der Kl.
hierzu (o. II 1c) kann im Revisionsrechtszug nicht berücksichtigt
werden. Ihr ist aber gem. § 139 ZPO Gelegenheit zu geben, ihren Vortrag
umfassend auf die Rechtslage, wie sie sich nunmehr richtigerweise darstellt,
einzurichten. Zu diesem Zweck und für die dadurch möglicherweise
nötig werdende Tatsachenfeststellung ist der Rechtsstreit an das BerGer.
zurückzuverweisen. Diesem wird die Kl. auch darzulegen haben, aus
welchen der beiden fraglichen Bürgschaften sie jeweils Forderungen
herleitet.
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