Das Verbraucherkreditgesetz ist auf den Schuldbeitritt zu einem Existenzgründungskredit, nicht aber auf die Bestellung eines diesen Kredit sichernden Grundpfandrechts durch den Beitretenden oder einen Dritten entsprechend anwendbar.
Fundstellen:
NJW 1997, 1442
WM 1997, 663
ZIP 1997, 643
DB 1997, 824
BB 1997, 807
MDR 1997, 438
JABl 1997, 737
Vgl. auch BGHZ 133, 71
Zentrale Probleme:
s. Anm. zu BGH
NJW 2000, 3496
Die Kl. zu 2 wendet sich mit der Vollstreckungsabwehrklage gegen die Zwangsvollstreckung aus einer notariellen Grundschuldbestellungsurkunde; außerdem begehrt sie die Feststellung, daß der Bekl. gegen sie keine Ansprüche aus einer Schuldmitverpflichtung zustehen, die sie für einen Darlehensrückzahlungsanspruch des Kl. zu 1 übernommen hat, und daß die Grundschuldbestellung unwirksam ist. Der Kl. zu 1 schloß mit der Bekl. am 17. 11. 1991 einen Ratenkreditvertrag über 225282 DM. Mit dem Kredit wollte er einen Sattelzug für ein zu gründendes Fuhrunternehmen kaufen. Die Kl. zu 2 übernahm im Kreditvertrag die gesamtschuldnerische Haftung. Als Sicherheit für den Kredit übereignete der Kl. zu 1 den gekauften Sattelzug und trat einen Anspruch auf Mehrwertsteuerrückvergütung an die Bekl. ab; die Kl. zu 2 bestellte am 19. 11. 1991 an ihrem Grundstück eine Grundschuld in Höhe von 40000 DM und unterwarf sich der Zwangsvollstreckung daraus. Da der Kredit trotz mehrfacher Mahnung ab Mitte 1992 nicht mehr bedient wurde, kündigte ihn die Bekl. am 14. 7. 1993, verwertete den Sattelzug und zog den Mehrwertsteuerrückvergütungsanspruch ein. Der Kredit war danach noch in Höhe von 173374,08 DM offen. Zur Einleitung der Zwangsvollstreckung hat die Bekl. die vollstreckbare Grundschuldbestellungsurkunde zustellen lassen. Die Kl. zu 2 hält ihren Schuldbeitritt im Kreditvertrag wegen Verstoßes gegen das Verbraucherkreditgesetz sowie wegen Sittenwidrigkeit - infolgedessen auch die Grundschuldbestellung - für unwirksam. Das BerGer. hat dem Begehren des Kl. zu 1, die Unwirksamkeit der Grundschuldbestellung festzustellen, und seiner Vollstreckungsabwehrklage stattgegeben, weil die vom Kl. zu 1 als Nichteigentümer des Grundstücks im Zusammenhang mit der Grundschuldbestellung abgegebenen Erklärungen "ins Leere" gegangen seien; im übrigen hat das BerGer. das klageabweisende Urteil des LG bestätigt. Die dagegen gerichtete Revision des Kl. zu 1 hat der erkennende Senat nicht angenommen. Die Kl. zu 2 ver- folgte mit der Revision ihr Klagebegehren weiter und hatte damit zum überwiegenden Teil Erfolg.
Aus den Gründen:
1. Das BerGer. hält den Schuldbeitritt der
Kl. zu 2 zu der sich aus einem Existenzgründungsdarlehen ergebenden
Rückzahlungsverpflichtung des Kl. zu 1 für wirksam: Auf den Kreditvertrag
sei das Verbraucherkreditgesetz nicht anwendbar (§ 3 I Nr. 2 VerbrKrG).
Da dieser Vertrag - auch bezüglich des Schuldbeitritts - "nach einheitlichen
rechtlichen Kriterien" zu beurteilen sei, könne die Kl. zu 2 sich
nicht auf Formmängel (§ 6 VerbrKrG) berufen. Ihre auf Feststellung
der Nichtigkeit der Grundschuldbestellung gerichtete Klage sei unzulässig,
weil sie die Löschung der Grundschuld durch Leistungsklage begehren
könne. Da sie gegen die Vollstreckbarkeit des notariellen Titels keine
Einwendungen erheben könne, sei ihre Vollstreckungsabwehrklage unbegründet.
2. Diese Begründung hält rechtlicher
Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Entgegen der
Auffassung des BerGer. ist der Kreditvertrag im Hinblick auf die Mitverpflichtung
der Kl. zu 2 wegen Formmangels unwirksam (§§ 4 I 2 Nr. 1, 6 I
VerbrKrG i.d.F. vom 17. 12. 1990). Das BerGer. geht irrig davon aus, daß
im vorliegenden Fall das Verbraucherkreditgesetz nicht auf den Schuldbeitritt
anwendbar sei, weil die Beurteilung nach "einheitlichen rechtlichen Kriterien",
also eine Gesamtbetrachtung, ergebe, daß es sich auch im Verhältnis
zur Kl. zu 2 um ein Existenzgründungsdarlehen i.S. von § 3 I
Nr. 2 VerbrKrG handele. Für den Schuldbeitritt zu einem gewerblichen
Kredit hat der BGH bereits entschieden, daß im Wege der Einzelbetrachtung
auf das Verhältnis des Kreditgebers zu dem jeweiligen Mitverpflichteten
abzustellen ist, die - entsprechende - Anwendbarkeit des Verbraucherkreditgesetzes
auf die Mitverpflichtung also nicht ausgeschlossen ist, wenn der Kreditnehmer,
dem die Kreditmittel zur Verfügung gestellt werden, diese zu gewerblichen
Zwecken einsetzt. Entscheidend ist, ob in der Person des Mitverpflichteten
die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Verbraucherkreditgesetzes
erfüllt sind (vgl. BGHZ 133, 71 = NJW
1996, 2156 = LM H. 10/1996 § 1 VerbrKrG Nr. 5 = WM 1996, 1258; NJW
1996, 2865 = LM H. 1/1997 § 1 VerbrKrG Nr. 6 = WM 1996, 1781; Senat,
NJW 1997, 654 = LM H. 4/1997 § 1 VerbrKrG Nr. 7 = ZIP 1997, 158 -
z. Veröff. in BGHZ vorgesehen). Für den Fall eines Existenzgründungsdarlehens
kann schon im Interesse einer Vermeidung von Wertungswidersprüchen
nichts anderes gelten. Auch hier ist darauf abzustellen, ob der Mitverpflichtete
als Verbraucher im Sinne des Verbraucherkreditgesetzes anzusehen ist. Da
in der Person der Kl. zu 2 die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit
des Verbraucherkreditgesetzes vorliegen, ist für die Beurteilung der
Wirksamkeit ihrer Schuldmitverpflichtung von § 4 I 2 VerbrKrG in der
im Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung auszugehen. Nach dieser
Vorschrift müssen im Kreditvertrag Angaben zur Höhe des Nettokredits,
zum Zinssatz und zu den sonstigen, im einzelnen zu bezeichnenden Kosten
enthalten sein. Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Die Höhe des
Nettokredits ist nicht genannt; außerdem ist das sich erst aus einem
Tilgungsplan vom 16. 12. 1991 ergebende Aufgeld von insgesamt 2199,32 DM
nicht aufgeführt. Der Vertrag ist deshalb in entsprechender Anwendung
des § 6 I VerbrKrG a.F. unwirksam. Er ist auch nicht im Hinblick auf
die Mitverpflichtung der Kl. zu 2 nach § 6 II VerbrKrG a.F. gültig
geworden, weil der Kredit nicht an die Kl. zu 2, sondern dem Kl. zu 1 durch
auftragsgemäße Überweisung an den Verkäufer des Sattelzugs
zur Verfügung gestellt worden ist, also nur er Empfänger des
Darlehens i.S. von § 6 II VerbrKrG a.F. ist (vgl. dazu Senat, NJW
1997, 654 = LM H. 4/1997 § 1 VerbrKrG Nr. 7). Der Antrag der Kl. zu
2 festzustellen, daß die Bekl. aus dem Schuldbeitritt keine Ansprüche
gegen sie hat, erweist sich somit als begründet.
3. Das BerGer. hat die Klage auf Feststellung
der Unwirksamkeit der Grundschuldbestellung durch die Kl. zu 2 als unzulässig
angesehen, weil sie in der Lage sei, durch Leistungsklage die Löschung
der Grundschuld zu verlangen. Dieser Auffassung liegt eine Verkennung des
Klagebegehrens zugrunde. Die Kl. zu 2 macht nicht einen Rückgewähranspruch
mit dem Ziel der Löschung geltend, sondern will die Unwirksamkeit
ihrer rechtsgeschäftlichen Erklärungen bei der Grundschuldbestellung
festgestellt haben. Eine Klage mit diesem Ziel ist nicht unzulässig;
sie hat aber in der Sache keinen Erfolg, so daß das Berufungsurteil
insoweit im Ergebnis zutreffend ist. Die Kl. zu 2 hat die Grundschuld zur
Sicherung des an den Kl. zu 1 gewährten Kredits bestellt. Gründe
dafür, daß dieses Geschäft, bei dem sie als Dritte ein
Grundpfandrecht als Sicherungsmittel zur Verfügung stellt, unwirksam
ist, sind nicht ersichtlich. Es handelt sich dabei insbesondere nicht um
einen Kreditvertrag i.S. von § 1 II VerbrKrG oder ein einem solchen
Vertrag gleichstehendes Geschäft; die grundpfandrechtliche Absicherung
durch Dritte und die damit verbundene Zweckabrede werden von Zweck des
Verbraucherkreditgesetzes nicht erfaßt. Die Gesichtspunkte, die zur
Anwendbarkeit des Haustürgeschäftewiderrufsgesetzes auch auf
derartige Geschäfte führen, spielen hier keine Rolle.
4. Das BerGer. hat zutreffend angenommen, daß
die Kl. zu 2 gegen die Vollstreckung aus der notariellen Urkunde keine
Einwendungen erheben kann und deshalb ihre Vollstreckungsabwehrklage unbegründet
ist. Nach der konkludenten Zweckerklärung sichert die Grundschuld
das an den Kl. zu 1 ausgezahlte Darlehen. Daß der Bekl. gegen den
Kl. zu 1 ein Darlehensrückzahlungsanspruch in Höhe von 173374,08
DM zusteht, ist durch Abweisung seiner negativen Feststellungsklage zwischen
diesen Parteien rechtskräftig festgestellt. Die Kl. zu 2 hat sich
zur Begründung ihrer Vollstreckungsabwehrklage nur auf dieselben,
im Berufungsurteil zutreffend abgehandelten Argumente berufen, auf die
der Kl. zu 1 seine negative Feststellungsklage gestützt hat; die Ausführungen,
die ihre eigene - schon in Analogie zu § 6 I VerbrKrG unwirksame -
schuldrechtliche Verpflichtung betreffen, sind im vorliegenden Zusammenhang
ohne entscheidende Bedeutung.