1. Bei der interessengerechten Auslegung ist das Interesse der Parteien
zum Zeitpunkt der Abgabe der Willenserklärungen, nicht zum Zeitpunkt
der richterlichen Entscheidung maßgeblich; eine zwischenzeitlich
überholte Rechtsprechung kann daher für den objektiven Wert der
abgegebenen Erklärungen bestimmend sein.
2. Das Revisionsgericht prüft, ohne daß es hierzu einer
Rüge bedarf, nach, ob das Berufungsgericht bei der Auslegung einer
Willenserklärung aus unzutreffender rechtlicher Sicht Tatsachen (Auslegungsstoff)
unberücksichtigt gelassen hat, deren Vortrag sich aus dem Inhalt des
Sitzungsprotokolls oder dem Tatbestand des Berufungsurteils ergibt.
3. Macht der Verkäufer von einem ihm im Vertrag eingeräumten
Rücktrittsrecht Gebrauch, so entfällt sein Anspruch auf Ersatz
der Zinsen, die er zufolge des Verzugs des Käufers nicht erwirtschaftet
oder nicht erspart hat.
NJW 1998, 3268 ff
Seit BGHZ 88, 46 ff ist in Rechtsprechung
und Literatur streitig, ob eine Vertragspartei, die nach § 326 I BGB
vom Vertrag zurücktritt, weiterhin den bereits eingetretenen Verzugsschaden
nach § 286 I BGB verlangen kann. Der BGH hat dies früher bejaht,
was zu Recht auf Kritik gestoßen ist. Insbesondere wurde eingewendet,
daß eine Leistung, auf die keine Anspruch mehr besteht und die, wäre
sie schon erbracht worden, einschließlich der Nutzungen zurückerstattet
werden muß (§§ 327 I, 346, 347 S. 2, 3, 987 BGB). Der Gläubiger
könne daher damit nach dem Rücktritt deshalb keine Verzugszinsen
für den Zeitraum vor dem Rücktritt erlangen, weil er den Gebrauchsvorteil,
dessen Verlust er ja geltend macht, nach Rücktritt ohnehin zurückerstatten
müßte (vgl. Larenz, SchuldR I S. 404 Fn. 6).
Der BGH schließt sich dieser Argumentation jetzt für den
Fall eines vertraglichen Rücktrittsrechts grundsätzlich an, läßt
aber offen, ob gleiches auch beim gesetzlichen Rücktrittsrecht anzunehmen
wäre. Das Abrücken von BGHZ 88, 46 ff ist dennoch deutlich.
Im Ergebnis kommt der BGH durch einen "Kunstgriff" dennoch zur Ersatzfähigkeit
des bereits eingetretenen Verzugsschadens: Er gründet diese auf die
Abrede der Parteien, die sich bei der Vereinbarung des Rücktrittsrechts
(und seiner Folgen) an der bisherigen Rspr. orientiert hätten.
Beachte: Tritt der Gl. nicht zurück, sondern verlangt er nach
§ 326 I BGB Schadensersatz wegen Nichterfüllung, so bleibt der
bis zum Ablauf der Nachfrist bereits eingetretene Verzugsschaden erstattungsfähig.
Str. ist, ob man das weiter auf § 286 I BGB stützt oder den Schaden
in den Nichterfüllungsschaden nach § 326 I BGB einbezieht.
Daraus folgt: Rücktritt ist i.d.R. der wirtschaftlich ungünstigere
Rechtsbehelf!
Zum Sachverhalt:
Die Kl. verkauften der Bekl. und einer Treuhandgesellschaft mbH als Gesellschaftern bürgerlichen Rechts mit notariellem Vertrag vom 10.11.1992 30 Eigentumswohnungen und das Teileigentum an 29 Garagen-Stellplätzen. Die Finanzierung des Kaufpreises war durch Treugeber vorgesehen, auf deren Rechnung die Treuhandgesellschaft Anteile an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts erwerben sollte. Die einzeln ausgewiesenen Kaufpreise sollten nach Vorlage verschiedener Voraussetzungen, nicht aber vor dem 31.3.1993, fällig werden. Ab dem 31. Tag nach Fälligkeit war die Zahlung eines Verzugszinses von 10% jährlich vereinbart (vertraglicher Verzugszins). In Abschnitt XIV war ein "besonderes Rücktrittsrecht beider Vertragsteile" vorgesehen, das ab 1.4.1993 ausgeübt werden konnte und auf die Einheiten beschränkt war, für die bis dahin der Kaufpreis nicht entrichtet wurde. Mit Nachtrag vom 10.2.1994 trafen die Vertragsparteien, was den Zeitpunkt der Ausübung des Rücktrittsrechts angeht, eine abändernde Vereinbarung. Ein zweiter Vertragsnachtrag vom 9.11.1994 beschränkte den Vertragsgegenstand auf vier Eigentumswohnungen und drei Stellplätze, für die nur noch eine Restsumme von 51888.- DM zu entrichten war. Die Kl. haben aus einem Teil der ursprünglich vereinbarten Kaufpreise vertraglichen Verzugszins in Höhe von 1 057 079,13 DM für die Zeit vom 31.3.1993 bis 9.11.1994 sowie Zahlung des Restkaufpreises verlangt. Das LG hat die Bekl. gemäß ihrem Anerkenntnis zur Zahlung eines Teiles des Restkaufpreises (nebst hierauf entfallenden Zinsen) und durch Schlußurteil zur Zahlung vertraglicher Verzugszinsen, allerdings nur in Höhe von 689 463,21 DM (sowie weiterer Zinsen auf den Kaufpreisrest) verurteilt. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Bekl. hat das OLG vertraglichen Verzugszins nur im Umfang des zweiten Vertragsnachtrags, nämlich in Hohe von 27766,16 DM. zuerkannt, ihn im übrigen aber abgesprochen. Hiergegen richtet sich die Revision der Kl., mit der sie die Wiederherstellung des Urteils des LG anstreben. Sie beantragen, gegen die in der Revisionsinstanz nicht vertretene Bekl. durch Versäumnisurteil zu erkennen. Die Revision war erfolgreich.
Aus den Gründen:
I. Das BerGer. stellt fest, die Preise für die ursprünglich
verkauften Wohnungs- und Teileigentumseinheiten seien am 1.9.1993 fällig
geworden. Schuldnerverzug sei am 1.10.1993 eingetreten. Der Anspruch auf
den vertraglichen Verzugszins beschränke sich indessen auf die nach
dem zweiten Vertragsnachtrag noch bestehenden Kaufpreisforderungen. Zwar
habe der Nachtrag nicht zur Aufhebung des ursprünglichen Kaufs, sondern
nur zu dessen Abänderung geführt. Aufgrund der Abänderung
hätten sich indessen die beiderseitigen Pflichten von Anfang an auf
den Bestand von vier Eigentumswohnungen und drei Stellplätzen beschränkt.
Hierbei stützt sich das BerGer. auf die Überlegung, daß
die Käufer ohnehin in der Lage gewesen seien, den Anspruch auf Verzugszins
durch den in Abschnitt XIV des Kaufvertrags vereinbarten Rücktritt
zum Erlöschen zu bringen. Ob die Ausübung des gesetzlichen Rücktrittsrechts
nach § 326 BGB den Anspruch auf Verzugszinsen, wie der BGH entschieden
habe (BGHZ 88,46 = NJW 1984,42 = LM § 286 BGB Nr. 20 [L]), unberührt
lasse, könne dahinstehen. Bei einem vertraglichen Rücktrittsrecht,
wie es in Abschnitt XIV gegeben sei, gelte dies jedenfalls nicht. Trete
der Gläubiger zurück, könne er nicht Schadensersatz wegen
Verzugs mit einer Leistung verlangen, die er nicht mehr wolle. Der Schuldner
habe mit dem Rücktritt von seinem Recht Gebrauch gemacht, sich von
seiner Pflicht zur Erfüllung zu lösen. Im Streitfalle sei es
danach ausgeschlossen, daß die Käufer beim zweiten Vertragsnachtrag
die Verpflichtung zur Zahlung von Verzugszinsen auf den Kaufpreis, der
nicht mehr Vertragsgegenstand gewesen sei, hätten aufrechterhalten
wollen. Andernfalls hätten sie den Vorteil, die verbliebenen Einheiten
für insgesamt 922 705 DM zu erwerben, mit der Aufrechterhaltung eines
nach der Berechnung der Kl. diesen Betrag übersteigenden Verzugszinses
erkauft.
Die Revision hat Erfolg. Aufgrund der Säumnis der Bekl.
ist durch Versäumnisurteil zu erkennen, obwohl die Entscheidung inhaltlich
nicht auf einer Säumnisfolge beruht (BGHZ 37, 79 [82] = NJW 1962,
1149 = LM § 331 ZPO Nr. 2).
II. Entgegen der Auffassung der Revision hat das BerGer. allerdings bei der Auslegung des zweiten Vertragsnachtrags die von der Rechtsprechung entwickelte Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit der über das Rechtsgeschäft aufgenommenen Urkunden nicht außer acht gelassen. Das Berufungsurteil ist, was der Beurteilung des RevGer. unterliegt (BGHZ 32,60 [63] =NJW 1960,959 = LM § 1967 BGB Nr. 1; BGH, WM 1981, 362 f.), rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, daß der Vertragsnachtrag in dem streitigen Punkte nicht eindeutig ist. Die beurkundete Einigkeit der Vertragsparteien darüber, daß "Kaufgegenstand der Haupturkunde (scil. Kaufvertrag vom 10.11.1992) nicht mehr die gesamten dort näher beschriebenen Sondereinheiten sind", sowie die weiter getroffene Bestimmung, "Nrn. V bis XI der Haupturkunde (mithin auch der die Verzugsfolgen regelnde Abschnitt IX) soll(t)en bestehen bleiben und hierher wiederholt" werden, läßt auch die Deutung zu, die vertraglichen Verzugszinsen beschränkten sich auf die Kaufpreise, die weiterhin geschuldet werden. Dem BerGer. war mithin die Möglichkeit eröffnet, das Vereinbarte durch Auslegung (§§ 133, 157 BGB) zu ermitteln (BGHZ 25, 318 [319] = NJW 1957, 1873 = LM § 765 BGB Nr. 2; BGHZ 80, 246 [249 f.] = NJW 1981, 1736 = LM § 133BGBNr. 45 [L]).Gegenstand der Richtigkeitsvermutung ist der Vertragsinhalt, von dem sich das Gericht auf diese Weise überzeugt hat (BGH, NJW 1980, 1680 = LM § 286 [A] ZPO Nr. 33). Das war hier die Abbedingung des Verzugszinses.
III. Die Auslegung selbst hält indessen der rechtlichen Überprüfung
nicht in jedem Punkt stand.
1. Allerdings ist das BerGer. bei der Würdigung der Interessenlage
der Parteien im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, daß die Ausübung
des vertraglichen Rücktrittsrechts nach Abschnitt XIV des Kaufs den
Zinsanspruch zu Fall gebracht hätte.
a) In seiner - zum gesetzlichen Rücktrittsrecht nach §§
326, 327 BGB ergangenen - Entscheidung vom 24.6.1983 (BGHZ 88,46= NJW 1984,42
= LM § 286 BGB Nr. 20 [L]) hatte der Senat noch offen gelassen, ob
die Rücktrittserklärung, wie es das RG vertreten hatte (RGZ 50,226
f.; 75,201), zur rückwirkenden Aufhebung des Vertragsverhältnisses
führt. Die dem zugrunde liegende Sicht, wonach an die Stelle der erloschenen
Leistungspflichten ein gesetzliches Schuldverhältnis mit dem Inhalt
der §§ 346 ff. BGB tritt, das durch die Vorschriften über
die ungerechtfertigte Bereicherung ergänzt wird, ist indessen überholt.
Nach der im Schrifttum annähernd einhellig vertretenen Meinung besteht
der Vertrag in umgewandelter Form mit der sich aus §§ 346, 347
BGB ergebenden Grundregel fort, daß die noch ausstehenden Leistungen
nicht erbracht und die bereits bewirkten Leistungen zu rückgewährt
werden müssen (Janßen, in: MünchKomm, 3. Aufl., Vorb. §
346 Rdnr. 46; Palandt/ Heinrichs, BGB, 57. Aufl., Vorb. § 346 Rdnr.
2; Soergel/Hadding, BGB, 12. Aufl., Vorb. § 346 Rdnr. 4; Staudinger/Kaiser,
BGB, 13. Bearb., Vorb. §§ 346 ff. Rdnr. 53, jew. m. w. Nachw.;
a. A. Canaris, NJW 1982, 305 [310]). Daß der Senat dieser Vorstellung
den Vorzug gab, hat er schon in der Entscheidung vom 24.6.1983 zum Ausdruck
gebracht. Von ihr ist er auch im folgenden ausgegangen (BGH, NJW 1990,
2068 [2069]; NJW 1994, 1161 [1162] = LM H. 7/1994 § 767 ZPO Nr. 91).
Sie hat zur Folge, daß die Ausübung des Rücktrittsrechts
dem bis dahin bestehenden Schadensersatzanspruch wegen Verzugs nicht deshalb
die Grundlage entzieht, weil die Begründung der Leistungspflicht,
ihre Fälligkeit und der Verzugseintritt nunmehr mit begrifflicher
Zwangsläufigkeit entfallen wären. Mit dieser Auffassung, die
die Möglichkeit, Verzugsschaden auch im Rücktrittsfalle zu liquidieren,
offen hält, befindet sich der Senat in Übereinstimmung mit der
herrschenden Meinung im Schrifttum (Janßen, in: MünchKomm, Vorb.
§ 346 Rdnrn. 51 ff.; Palandt/Heinrichs, Vorb. § 346 Rdnr. 2;
Soerge!/Hadding, Vorb. § 346 Rdnr. 4; Staudinger/Kaiser, Vorb. §§
346 ff. Rdnrn. 57 ff.; Hagen/Brambring, Der Grundstückskauf; Huber,
JZ 1984, 409; Mischeler, AcP 187, 343 [384]; Tiedtke, NJW 1984, 767; a.
A. Wunner, NJW 1985, 825). Ein Unterschied zwischen vertraglichem und gesetzlichem
Rücktrittsrecht besteht insoweit nicht.
b) In der Entscheidung vom 24.6.1983 ist der Senat davon ausgegangen,
daß der Rücktritt auf den einmal entstandenen Anspruch auf Ersatz
des Verzugsschadens ohne Einfluß bleibt. Dies ist auf Kritik gestoßen
(Huber, JZ 1984, 409; Tiedtke, NJW 1984, 767; Wunner, NJW 1985, 825; Frhr.
v. Spiegel, MDR 1985, 114; vermittelnd: Hagen/Brambring, Der Grundstückskauf,
6. Aufl. [1994], Rdnr. 240). Ob der Senat an seiner Rechtsprechung für
den Fall des gesetzlichen Rücktritts festhält, braucht hier nicht
entschieden zu werden. Für den Fall des vertraglichen Rücktritts läßt er sich von folgenden Überlegungen leiten: Ob und
inwieweit der Rücktritt dem Schadensersatzanspruch aus § 286
I BGB entgegensteht, ist nicht aus der Sicht des Schadensersatzrechts,
etwa mit der begrifflichen Erwägung, die Ansprüche aus §
286 I und § 326 erwüchsen aus derselben Verletzung des Erfüllungsanspruchs
(Wunner, NJW 1985, 827), zu klären. Die maßgeblichen Wertungen,
ob ein durch den Rücktritt ausgeschlossenes Erfüllungsinteresse
vorliegt, sind vielmehr den Anordnungen zu entnehmen, die § 346 und
§ 347 BGB für den Fall des Rücktritts selbst treffen. Diese
unterscheiden, wie die Vorschriften über die Störung der ursprünglich
geschuldeten Leistung, zwischen dem Empfang der Leistung an sich und dem
Zeitpunkt, zu dem dieser geschieht. Die erste Frage behandelt § 346
BGB. Danach sind die Parteien verpflichtet, einander die empfangenen Leistungen
zurückzugewähren. Ein Schadensersatzanspruch, der das Interesse
an der Leistung selbst abgilt. ist hiermit nicht zu vereinbaren. An den
Leistungszeitpunkt knüpfen § 347 S. 2 und 3 BGB an. Nach Satz
2 ist der Rückgewährschuldner vom Empfang des Leistungsgegenstandes
an wie ein verklagter unberechtigter Besitzer gem. § 987 I BGB zur
Herausgabe gezogener und aufgrund § 987 II BGB zum Ersatz schuldhaft
nicht gezogener Nutzungen verpflichtet. Hat der Geldgläubiger, im
Streitfalle die Kl. als Inhaber der Kaufpreisforderungen, die Leistung
empfangen, hat er von diesem Zeitpunkt an die tatsächlich gezogenen
Zinsen herauszugeben und, wenn er die Zinsziehung sorgfaltswidrig unterlassen
hat, Ersatz zu leisten (Senat, NJW 1983, 929 [930] = LM § 346 BGB
Nr. 10; Staudinger/Kaiser, § 347 Rdnr. 82). § 347 S. 3,wonach
eine Geldsumme von der Zeit des Empfanges an (in gesetzlicher Höhe,
§ 246 BGB) zu verzinsen ist, legt hierfür eine Mindestpauschale
fest (Huber, JZ 1984, 490 [411]); dies knüpft an die einer verklagten
Partei gleichgestellte Haftung des Rückgewährschuldners an, §
291 BGB.
aa) Mit der Entscheidung. dem Schuldner der ursprünglichen Leistung
als Rückgewährgläubiger die Nutzungen der erbrachten Leistung
(wieder) zuzuordnen, ist es nicht zu vereinbaren, ihn weiterhin für
die Nutzungen. haften zu lassen, die dem Gläubiger zufolge der verzögerten
Tilgung der Ursprungsschuld entgangen sind. Anderenfalls würden dem
Gläubiger Ansprüche wegen der Vorenthaltung von Nutzungen eingeräumt,
die ihm nach dem Rücktrittsrecht nicht gebühren, die er mithin,
wenn er sie rechtzeitig empfangen hätte, nach § 347 S.
2 und 3 BGB herausgeben müßte. Für den Verkäufer;
hier die Kl., bedeutet dies, daß er für den wegen des Schuldnerverzugs
entgangenen Gewinn aus der Wiederanlage des Kaufpreises keinen Ersatz fordern
kann. Denn dieser ist aus der Sicht des Rücktrittsrechts den herauszugebenden
Nutzungen (§ 987 I BGB) zuzuordnen.
bb) Nichts anderes gilt für die bei rechtzeitiger Tilgung der
Kaufpreisschuld ersparten Zinsen des Verkäufers, um die es, nach allerdings
streitigem Parteivortrag, hier geht. Der Senat hat für den Fall der
ungerechtfertigten Bereicherung entschieden, daß der Schuldner, der
das erlangte Geld zur Tilgung von Verbindlichkeiten verwandt hat, die dadurch
ersparten Zinszahlungen an den Gläubiger herauszugeben hat (BGH, NJW
1998, 2354, für BGHZ bestimmt). Er hat dies aus einer entsprechenden
Anwendung des § 818 I BGB hergeleitet. Wenn die Kondiktion die ganze
Bereicherung abschöpfen solle, habe sie sich auch auf die Vorteile
zu erstrecken, die im Vermögendes Bereicherten als Folge der Bereicherung
und deren zweckgerechter Verwendung eingetreten sind. Die ersparten Zinsen
seien danach wie ein Gebrauchsvorteil herauszugeben. Diese Überlegungen
treffen im Ergebnis auch auf die Herausgabepflicht nach § 987 I BGB
im Falle der Ausübung des vertraglichen Rücktrittsrechts zu.
Die Pflicht der Parteien, einander die empfangenen Leistungen zurückzugewähren,
erstreckt sich auch auf die bei zweckgerechter Verwendung der Geldleistung
beim Verkäufer eingetretene Zinsentlastung. Sie ist, wenn man den
Überlegungen Flumes (Gedächtnisschrift f. Knobbe-Keuk, 1997,
S. 128 [129]), denen sich der Senat in der Entscheidung vom 6.3.1998 angenähert
hat, folgt, "aus dem Geleisteten erworben". Jedenfalls ist die Einbuße
der Zinsentlastung eine gemeinsame Folge beider rechtlicher Ausgangspunkte,
der Abschöpfung der Bereicherung und der Rückgewähr des
Empfangenen. Aus dieser Sicht kommt der in § 987 II BGB getroffenen
Anordnung, daß nicht gezogene Nutzungen nur unter eingeschränkten
Voraussetzungen zu erstatten sind, keine Bedeutung zu. Sie hat, wovon der
Senat auch für den Bereicherungsfall (§ 818 IV i. V. mit §§
292, 987 II BGB) ausgegangen ist, einen anderen Gegenstand.
2. Die Vertragsauslegung hält der rechtlichen Überprüfung
aber aus anderen Gründen nicht stand. Das BerGer. hat Auslegungsstoff,
der für den Auslegungsgesichtspunkt des Parteiinteresses beachtlich
ist, in seiner rechtlichen Bedeutung verkannt.
a) Es hat unberücksichtigt gelassen, daß der Vertrag vom
10.11.1992 neben dem von einem Vertragsverstoß unabhängigen
Rücktrittsrecht beider Seiten (Abschnitt XIV) ein weiteres Rücktrittsrecht
enthält, das allein den Verkäufern zustand. Nach Abschnitt VIII
des Vertrags waren diese zum Rücktritt berechtigt, wenn der Kaufpreis
nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit bezahlt wurde. Hiermit
knüpfte der Vertrag an das gesetzliche Rücktrittsrecht im Falle
des Schuldnerverzugs nach 326 BGB an, denn Verzug trat gemäß
Abschnitt IX des Vertrags nach Ablauf der Tilgungsfrist ein. Das gesetzliche
Rücktrittsrecht wurde nur insofern modifiziert, als von einer Nachfristsetzung
mit Ablehnungsandrohung abgesehen wurde. Bei der Interessenabwägung
konnte mithin, anders als das BerGer. meint, nicht von den Folgen der Ausübung
des Rücktrittsrechtes nach § 326 BGB auf bis dahin entstandene
Verzugszinsen abgesehen werden. Die an der Senatsentscheidung vom 24.6.1983
(BGHZ 88,46 = NJW 1984,42 = LM § 286 BGB Nr. 20 [L]) geübte Kritik
(vgl. oben 1 b) hat deren Bedeutung für die Ermittlung des Parteiinteresses
nicht entfallen lassen. Bei der interessengerechten Auslegung von Willenserklärungen
geht es nicht darum, dem Rechtsgeschäft zu dem Inhalt zu verhelfen,
der dem Richter im Entscheidungszeitpunkt als interessengemäß
erscheint. Maßgeblich ist vielmehr der Einfluß, den das Interesse
der Parteien auf den objektiven Erklärungswert ihrer Äußerungen
bei deren Abgabe hatte (vgl. BGH, NJW 1990, 3206 LM § 19 BNotO Nr.
47 = WM 1990, 1549 [1551]). Für das Verständnis der Erklärung
der Kl. im zweiten Vertragsnachtrag war mithin deren durch die Rechtsprechung
des obersten Fachgerichts gestütztes Interesse, des Zinsanspruches
im Rücktrittsfalle nicht verloren zu gehen, zu beachten. Dies gilt
zumal die Entscheidung des Senats auch auf Zustimmung gestoßen war
(vgl. Fikentscher, SchuldR, 7. Aufl., § 48 II 2; Medicus, SchuldR
I, 5. Aufl., 48 111; Muscheler, AcP 187 [1987], 342, 384ff.; auch
Staudinger/Otto, BGB, 12. Aufl., § 327 Rdnr. 19).
b) Der Auslegungsfehler unterliegt, auch ohne daß die Revision
ihn gerügt hätte, der Überprüfungsbefugnis des Senats
(Senat, NJW 1995, 45 = LM H. 3/1 995 § 133 [A] BGB Nr. 24 = WM 1995,
263 [264 f.]). Das BerGer. hat bei der Anwendung des sachlichen Rechts,
nämlich der Subsumtion des Parteivortrags unter einen nach §§
133, 157 BGB herangezogenen Auslegungsgesichtspunkt (Parteiinteresse),
einen hierfür maßgeblichen Umstand aus rechtlich verkürzter
Sicht nicht gewürdigt. Bei Verstößen gegen das sachliche
Recht ist das RevGer. an die geltend gemachten Revisionsgründe aber
nicht gebunden (§ 559 II ZPO). Allerdings setzt die Überprüfung
voraus, daß das für unerheblich erachtete Vorbringen aus dem
Tatbestand des Berufungsurteils oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich
ist, denn nur dann unterliegt es nach § 561 I 1 ZPO der Beurteilung
des RevGer. Das ist hier aber der Fall.
Das Berufungsurteil gibt den Wortlaut des Kaufvertrags vom 10.11.1992
und seines ersten Nachtrags zwar nur auszugsweise wieder. Sein Tatbestand
verweist indessen auf die von den Parteien vorgelegten Urkunden, deren
Kernbestand der Kaufvertrag mit seinen Nachträgen bildet. Eine Wiedergabe
des Rücktrirrsrechrs der Verkäufer im Tatbestand war nach §
543 II ZPO nicht geboten, denn die Bezugnahme auf Vortrag, der nach Auffassung
des BerGer. nicht entscheidungserheblich war, konnte aus dessen, für
die Beachtung der Verfahrensvorschrift maßgeblicher Sicht, die Beurteilung
durch das RevGer. nicht erschweren.
IV. Das Berufungsurteil hat nicht unter dem Gesichtspunkt Bestand, daß
die Kaufparteien, was der Auslegung vorginge (BGHZ 71, 75 [77] = NJW 1978,
1050 = LM ,§ 398 BGB Nr. 33; BGH, WM 1985, 876 [878]), beim zweiten
Vertragsnachtrag übereinstimmend die Freiheit der Käufer von
der streitigen Zinsforderung gewollt hätten. Nach den von der Revision
als ihr günstig nicht angegriffenen Feststellungen des BerGer. waren
die von den Kl. verlangten Verzugszinsen aufgrund des Kaufvertrags in seiner
ursprünglichen Fassung geschuldet. Den Erlaß oder die sonstige
Aufhebung des Zinsanspruchs durch den zweiten Nachtrag, mithin den Tatbestand
einer rechtsvernichtenden Einwendung, hatten die Bekl. zu beweisen. Das
BerGer. hält nach Zeugenvernehmung die Behauptung der Kl., "beim Abschluß
des dritten Vertrages sei allen Beteiligten klar gewesen, daß eine
Verpflichtung der Zahlung von Verzugszinsen aus dem ersten Vertrag habe
weiterbestehen sollen, hierüber sei bei der Protokollierung des dritten
Vertrags auch ausdrücklich gesprochen worden", nicht für bewiesen.
Mithin geht das BerGer. von der Möglichkeit aus, daß dem doch
so gewesen sei. Dies reicht für den von den Kl. als nicht beweisbelasteter
Partei zu führenden Gegenbeweis, nicht aber für den Hauptbeweis
aus, der der Bekl. obliegt.
V. Bei der erneuten Verhandlung und Entscheidung (§§ 564
I,565 I ZPO) hat das BerGer. die Auswirkungen beider Rücktrittsrechte
auf die Interessenlage der Vertragsparteien beim zweiten Vertragsnachtrag
zu berücksichtigen. Die konkurrierenden Rücktrittsrechte können,
was zu klären in erster Linie Sache des Tatrichters ist, gleichgewichtig
oder auch mit unterschiedlicher Gewichtung die Interessenlage der Vertragsparteien
bestimmt haben. Das BerGer. wird jedoch zu berücksichtigen haben,
daß das Rücktrittsrecht nach Abschnitt XIV des Kaufvertrags,
jedenfalls nach dem Wortlaut des ersten Vertragsnachtrags nicht, wovon
das Berufungsurteil ausgeht, bis zum 31.12.1994 fortbestehen sollte, sondern
künftig erst ab 1.1.1995 ausgeübt werden konnte. Der zweite Vertragsnachtrag,
der Gegenstand der Auslegung ist, wurde vor diesem Zeitpunkt beurkundet.