NJW 1999, 2179
vgl. auch BGH NJW 1997,
2233 sowie BGH NJW 2000, 276
Zur Frage der zeitlichen Bindung an ein Vertragsangebot,
wenn der Antragende auf den Zugang der Annahmeerklärung verzichtet
hat.
Die Kl. nimmt den Bekl. aus abgetretenem Recht auf Kaufpreiszahlung sowie auf Erstattung von Unterbringungs- und Futterkosten für Pferde in Anspruch, die der Bekl. mit Vertrag vom 2.9.1993 von der Firma M-Garten und Landschaftsbau (künftig: Firma M) gekauft haben soll. Die Inhaberin der Firma M, die Zeugin A, übersandte den in F. ansässigen Anwälten der Kl. im Juli 1995 eine schriftliche Abtretungserklärung, die am 17.7.1995 bei den Anwälten der Kl. einging. Darin heißt es, die Zedentin trete ihre Forderung gegen den Bekl. aus Pferdeverkäufen gem. Vertrag vom 2.9.1993 an die Kl. ab und verzichte auf den Zugang der Annahmeerklärung. Die Kl. hat eine Kaufpreisschuld des Bekl. von 87500 DM und zu erstattende Unterbringungs- und Futterkosten von 11600 DM errechnet. Den Gesamtbetrag von 99100 DM hat sie Anfang Januar 1996 eingeklagt.
Das LG hat der Klage stattgegeben, das BerGer. hat sie abgewiesen. Die Revision war erfolgreich und führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.
Aus den Gründen:
I. Das BerGer. hält die Klage für unbegründet, weil das Zustandkommen eines Abtretungsvertrags zwischen der Firma M und der Kl. nicht habe festgestellt werden können. Die Wirksamkeit der Abtretung sei nach deutschem Recht zu beurteilen. Danach bedürfe es eines Vertrags zwischen Zedent und Zessionar, an dem es im Streitfall fehle. Zwar habe die Zeugin M der Kl. einen Antrag auf Abschluß eines Abtretungsvertrags unterbreitet, es fehle jedoch an einer wirksamen Annahme desselben durch die Kl. Auch wenn die Zeugin M auf den Zugang einer Annahmeerklärung wirksam verzichtet habe, bedürfe es nach § 151 BGB einer rechtzeitigen, nach außen hervortretenden Betätigung des Annahmewillens. Eine solche habe die Kl. nicht dargetan. Dafür sei nicht ausreichend, daß die per Telefax übermittelte Abtretungserklärung in der Kanzlei der Anwälte der Kl. mit einem Eingangsstempel versehene worden sei. Andere als Ausdruck der Betätigung eines Annahmewillens in Betracht kommende Umstände habe die Kl. nicht vorgetragen. Ihr Vorbringen, ihre Anwälte hätten die Abtretung für sie angenommen., sei lediglich eine nicht mit Tatsachen unterlegte Rechtsansicht. Die Betätigung eines Annahmewillens sei daher erst für den Zeitpunkt der Klageerhebung feststellbar. Die darin liegende konkludente Annahme des Abtretungsangebots sei jedoch verspätet und daher unwirksam. Der Antragende bleibe, obwohl er auf den Zugang der Annahmeerklärung verzichtet habe , nur bis zu dem Zeitpunkt an seinen Antrag gebunden, in welchem er den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten dürfe. Im Januar 1996, knapp ein halbes Jahr nach Abgabe des Angebots, sei die Annahmefrist jedenfalls abgelaufen gewesen. Dies ergebe sich schon aus Gründen der allgemeinen Rechtssicherheit, aber auch aus der Interessenlage der Abtretenden, die, um Rechtsnachteile wie die Verjährung zu vermeiden, nicht langfristig im unklaren bleiben dürfe, ob sie ihre Ansprüche noch selbst durchsetzen oder an weitere Dritte abtreten könne.
II. Diese Beurteilung hält den Angriffen der
Revision nicht stand.
1. Zu Recht beurteilt des BerGer. allerdings die
Wirksamkeit der Abtretung nach deutschem Recht (Art. 33 II EGBGB). Auch
die Parteien ziehen diesen Ausgangspunkt in der Revisionsinstanz nicht
in Zweifel.
2. Dagegen kann dem BerGer nicht gefolgt werden,
soweit es das Zustandkommen eines Abtretungsvertrags zwischen der Firma
M und der Kl. verneint.
a) Nach § 151 S. 1 BGB kommt der Vertrag
durch die Annahme des Antrags zustande, ohne daß die Annahme dem
Antragenden gegenüber erklärt zu werden braucht, wenn eine solche
Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende
auf sie verzichtet hat. Letzteres ist, wovon auch des BerGer ausgeht, hier
der Fall.
Erforderlich ist aber auch in diesen Fällen
die Annahme als solche, d.h. ein als Willensbetätigung zu wertendes,
nach außen hervortretendes Verhalten des Angebotsempfängers,
aus dem sich dessen Annahmewille unzweideutig ergibt (BGHZ 74, 352 (356)
= NJW 1979, 2143 = LM § 662 BGB Nr. 21 L; BGHZ 111, 97 (101) = NJW
1990, 1655 = LM § 151 BGB Nr. 16; BGH, NJW 1990, 1656 (unter II 2
a). In welchen Handlungen eine Betätigung des Annahmewillens zu finden
ist, läßt sich nur in Würdigung des Eintelfalls entscheiden.
Dabei ist mangels Erklärungsbedürftigkeit der Annahme nicht auf
den Empfängerhorizont (§ 157 BGB) abzustellen. Vielmehr kommt
es darauf an, ob vom Standpunkt eines unbeteiligten objektiven Dritten
aus das Verhalten des Angebotsempfängers aufgrund aller äußeren
Indizien auf einen wirklichen Annahmewillen (§133 BGB) schließen
läßt (BGHZ 111, 97 (101) = NJW 1990, 1655 = LM § 151 BGB
Nr. 16; BGH, NJW 1990, 1656 (unter II 2a).
Als Indiz für einen Annahmewillen kann unter
anderem der Umstand zu bewerten sein, daß der Vertragsschluß
für den Angebotsempfänger objektiv vorteilhaft erscheint (BGH,
NJW 1990, 1656 (unter II 2a)). Es liegt deshalb nicht fern, eine Betätigung
des Annahmewillens der Kl. schon darin zu erblicken, daß sie, handelnd
durch ihre Anwälte, das Abtretungsangebot der Firma M entgegengenommen
und behalten hat (vgl. für den Fall der Übersendung einer Bürgschaftserklärung
BGH, NJW 1997, 2233 = LMH. 10/1997 §
151 BGB Nr. 19 = WM 1997, 1242 [unter II 1b]). Auch der Umstand, daß
die Kl. die Firma M nach Übersendung der Abtretungserklärung
offenbar nicht weiter auf Zahlung des größeren Geldbetrags in
Anspruch genommen hat, den die Firma M der Kl. nach der Aussage der Zeugin
M damals schuldete und zu deren Tilgung die Abtretung bestimmt war, läßt
auf den Willen der Kl. schließen, das Abtretungsangebot anzunehmen.
b) Es bedarf indessen keiner abschließenden
Entscheidung, ob die aufgezeigten Umstände die Betätigung eines
Annahmewillens der Kl. hinreichend deutlich erkennen lassen. Die Kl. hat
das Abtretungsangebot der Firma M jedenfalls dadurch eindeutig - konkludent
- angenommen, daß sie die ihr abgetretene Forderung Anfang Januar
1996 eingeklagt hat. Daß die Kl. mit der Klageerhebung ihren Annahmewillen
konkludent in eindeutiger Weise bekundet hat, zieht auch das BerGer. nicht
in Zweifel. Es verneint das Zustandekommen eines Abtretungsvertrags allein
dehalb, weil es meint, das Abtretungsangebot der Zeugin M sei vor Anfang
Januar 1996 mangels fristgerechter Annahme erloschen. Das ist nicht richtig.
Der Zeitpunkt, in welchem der einer Annahmeerklärung nicht bedürftige
Antrag erlischt, bestimmt sich gem. § 151 S. 2 BGB nach dem aus dem
Antrag oder den Umständen zu entnehmenden Willen des Antragenden.
Zu dem danach maßgeblichen Willen der Zeugin M hat das BerGer. keine
Feststellungen getroffen. Es hat seine Auffassung, ein Zeitraum von knapp
einem halben Jahr sei jedenfalls zu lang, vielmehr mit allgemeinen Erwägungen
begründet, die keinen Bezug zu den Umständen erkennen lassen,
unter denen die Zeugin M das Angebot auf Abschluß eines Abtretungsvertrags
abgegeben hat. Das gilt auch, soweit das BerGer auf die Interessenlage
der Abtretenden abstellt, Rechtsnachteile und langfristige Unsicherheit
darüber zu vermeiden, ob sie ihre Ansprüche selbst noch durchsetzen
oder diese an weitere Dritte abtreten könne. Daß derartige Erwägungen
für die Zeugin eine Rolle gespielt haben könnten, zeigt das BerGer
nicht auf. In Anbetracht der Umstände, die zur Abgabe des Abtretungsangebots
der Firma M geführt haben, ist dies auszuschließen, wie der
Senat selbst feststellen kann. Es bedarf deshalb keines weiteren Eingehens
auf die Frage, ob in dem Fall, daß der Antragende ausdrücklich
auf die Erklärung der Annahme verzichtet hat, für Erwägungen
der Rechtssicherheit, wie sie das BerGer anstellen will, überhaupt
Raum ist.
Die Umstände, unter denen das Abtretungsangebot
abgegeben worden ist, ergeben nichts für einen Willen der Zedentin,
ihre Bindung an den Abtretungsantrag zeitlich zu begrenzen. Nach der Darstellung
der Zeugin M bei ihrer Vernehmung in erster Instanz sah sich die Firma
M deswegen zur Abtretung ihrer Forderung gegen den Bekl. gezwungen, weil
sie der Kl. seit längerer Zeit einen größeren Geldbetrag
schuldete, den sie wegen des Ausfalls der Zahlung eines ihrer Kunden nicht
aufbringen konnte. Das Abtretungsangebot diente mithin als Ersatz für
eine Zahlung, die die Zedentin der Kl. unstreitig schuldete. Aus der Sicht
der Zeugin M stand daher außer Frage, daß die Kl. das Abtretungsangebot
annehmen und daß die abgetretene Forderung damit endgültig aus
dem Vermögen der Firma M ausscheiden würde. Da es zudem weder
auf der Seite der Zedentin noch auf Seiten der Kl. einer Erfüllungshandlung
bedurfte, war aus der Sicht der Zeugin M - wie auch ihren Bekundungen eindeutig
zu entnehmen ist - die Abtretung mit der Übersendung des Abtretungsangebots
unter gleichzeitigem Verzicht auf eine Annahmeerklärung "perfekt".
Unter diesen Umständen spricht nichts für die Annahme, die Zedentin
habe sich nur für eine bestimmte Frist an ihr Abtretungsangebot binden
wollen. Fehlt es aber an Umständen, aus denen sich der Wille des Antragenden
ergeben könnte, eine Annahmefrist zu bestimmen, so bleibt der Antragende
an den Antrag bis zu dessen Ablehnung durch den anderen Teil gebunden.
(Piper, in: RGRK, § 151 Rdnr. 10; Soergel/Wolf, BGB, 12 Aufl., §
151 Rdnr. 28 unter Hinw. auf RG, Recht 1917 Nr. 771).
Nach der Kommentarliteratur soll sich allerdings,
wie das BerGer. zutreffend erwähnt, aus der Interessenlage in der
Regel eine kurze Annahmefrist nach § 151 S. 2 BGB ergeben (Kramer,
in: MünchKomm, 3. Aufl., § 151Rdnr. 56; Erman/Hefermehl, BGB,
9. Aufl., § 151 Rdnr. 7; Palandt/Heinrichs, BGB, 58. Aufl., §
151 Rndr. 5). Das ist schon deshalb zweifelhaft, weil die Dauer der Bindung
an den Antrag von dem Willen des Antragenden abhängt, wie er (dem
Antrag oder) den Umständen des Einzelfalls zu entnehmen ist. Für
die Umstände des Einzelfalls wird sich indessen schwerlich ein Regel-Ausnahme-Verhältnis
feststellen lassen. Aber selbst wenn eine solche Regel anzuerkennen wäre,
könnte sie im Streitfall keine Geltung beanspruchen, weil den hier
gegebenen Umständen zu entnehmen ist, daß die Zedentin weder
den Willen noch ein Interesse daran hatte, ihre Bindung an des Abtretungsangebot
zeitlich zu begrenzen.
Rechtsirrig ist schließlich die Auffassung
des BerGer., der Antragende bleibe auch im Falle eines ausdrücklichen
Verzichts auf eine Annahmeerklärung nur bis zu dem Zeitpunkt gebunden,
in welchem er den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen
bei Berücksichtigung einer nach den Umständen des Einzelfalls
zu bestimmenden Überlegungsfrist erwarten dürfe. Diese in §
147 II BGB niedergelegte zeitliche Grenze für die Annahme eines Antrags
unter Abwesenden ist im Geltungsbereich des § 151 BGB unanwendbar.
Für die nicht zugangsbedürftige Annahme tritt gem. § 151
S. 2 BGB der Wille des Antragenden an die Stelle des objektiven Maßstabs
des § 147 II BGB (RGZ 83, 104 (106); Staudinger/Bork, BGB, 13. Bearb.,
§ 151 Rdnr. 27; Piper, in: RGRK, § 151 Rdnr. 10; Soergel/Wolf,
BGB, 58. Aufl., § 151 Rdnr. 5; Kramer, in: MünchKomm, §
151 Rdnr. 56 Fußn. 168).
III. Das angefochtene Urteil kann somit keinen Bestand haben. Eine abschließende Entscheidung in der Sache kann der Senat nicht treffen, weil es hierzu weiterer tatsächlicher Feststellungen bedarf. Die Sache war daher unter Aufhebung des Berufungsurteils an die Vorinstanz zurückzuverweisen.