Annahme eines rechtlich vorteilhaften
Angebots, Bestimmtheitsgrundsatz bei der Zession
BGH, Urt. v. 12. 10. 1999- XI ZR 24/99 (Düsseldorf)
Fundstelle:
NJW 2000, 276 ff
Vgl. auch BGH NJW 1997,
2233 und BGH NJW 1999, 2179
Amtl. Leitsätze:
1. Für die Annahme eines lediglich vorteilhaften
Angebots reicht es nach § 151 S. 1 BGB gewöhnlich aus, dass dieses
zugeht und nicht durch eine nach außen erkennbare Willensäußerung
des Begünstigten abgelehnt wird.
2. Zur Bestimmbarkeit der Vorausabtretung nachrangiger
Teile einer Forderung ohne namentliche Benennung der vorrangigen Gläubiger
und ohne betragsmäßige Bezeichnung der an sie abgetretenen Forderungsteile
in der Abtretungsurkunde.
Zentrale Probleme:
Die Parteien führen einen Prätendentenstreit
um die Freigabe eines vom Drittschuldner gem. § 378 BGB mit befreiender
Wirkung hinterlegten Kaufpreises. Anspruchsgrundlage ist in diesem Fall
§ 812 I 1 Alt. 2 BGB (Kondiktion wegen Bereicherung in sonstiger Weise).
Gegenstand der Bereicherung ist die Position als Hinterlegungsbeteiligter,
vgl. dazu BGHZ 35, 165, 170; BGH NJW-RR 1997, 495; BGH NJW 1999, 2588).
Der Verkäufer hatte die Forderung
aus dem Verkauf seiner Arztpraxis im Voraus und jeweils zu unterschiedlichem
Rang, aber ohne namentliche Bezeichnung der vorrangigen Gläubiger
und der an sie abgetretenen Forderungsbeträge, an die Kl. abgetreten.
Die Bekl., welche die streitgegenständliche Forderung nach deren Entstehen
zur Gänze gepfändet hatte, bestreitet die Wirksamkeit der Abtretungen:
Die entsprechenden Abtretungserklärungen des Zedenten seien von den
Zessionaren nicht bzw. erst nach der Pfändung angenommen worden, im
übrigen seien die Abtretungen mangels Bestimmtheit unwirksam.
Bei der Frage der Annahmeerklärung
präzisiert der BGH seine Rechtsprechung zu § 151 S. 1 BGB. Danach
kommt ein Vertrag ohne Zugang der Annahmeerklärung zustande, wenn
eine solche Erklärung "nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist
oder der Antragende auf sie verzichtet hat" (zur Annahmefrist gem. §
151 S. 2 BGB vgl. jüngst BGH NJW 1999, 2179).
Da die Vorschrift nur den Zugang der Willenserklärung, nicht aber
diese selbst ersetzt, muß freilich dennoch der Annahmewille des Angebotsempfängers
irgendwie nach außen zu tage treten, d.h. das Verhalten des Angebotsempfängers
muß auf einen wirklichen Annahmewillen schließen lassen. Mangels
Empfangsbedürftigkeit ist Maßstab dabei alleine § 133 BGB,
auf einen Empfängerhorziont kommt es nicht an. Es liegt in der Konsequenz
seiner bisherigen Rechtsprechung, wenn der BGH in der vorliegenden Entscheidung
die Anforderungen an die Erkennbarkeit des Annahmewillens für einen
objektiven Dritten wegen der rechtlich wie wirtschaftlich ausschließlichen
Vorteilhaftigkeit des Vertrages für den Zessionar in Anlehnung an
den Rechtsgedanken des § 516 II BGB sehr weit zurücknimmt (zur
Bürgschaft vgl. etwa BGH NJW 1997, 2233;
zur Zession vgl. bereits BGH NJW 1999, 2179,
wo die Frage aber noch offengelassen werden konnte): Ein Rückschluß
auf das Vorliegen von Annahmewillen soll bereits dann möglich sein,
wenn der Erklärungsempfänger das für ihn lediglich vorteilhafte
Angebot nicht durch eine nach außen erkennbar Willenserklärung
abgelehnt hat.
Die Abtretung (bestehender oder
künftiger) Forderungen ist nur wirksam, wenn die abgetretene Forderung
eindeutig bestimmt oder zumindest im Augenblick ihres Entstehens nach Gegenstand
und Umfang bestimmbar ist. Im vorliegenden Fall war dies deshalb zweifelhaft,
weil zwar die Forderung eindeutig bestimmt war, die Abtretungserklärungen
aber jeweils nur Teilabtretungen dieser Forderung in einem bestimmten Rangverhältnis
enthielten. Dabei wurde zwar jeweils auf vorrangige Abtretungserklärungen
Bezug genommen, dies jedoch ohne Nennung der Zessionare und des jeweiligen
Betrags ("...nach Zahlung von .... vorrangigen Teilbeträgen an weitere
Gläubiger"). Der BGH bejaht hier die Bestimmbarkeit, weil die jeweils
vorrangigen Abtretungserklärungen im Rahmen der Auslegung der nachrangigen
Abtretungserklärungen berücksichtigt werden dürften. Schutzwürdige
Interessen des Schuldners stünden dem nicht entgegen. Dieser müsse
sich nur sämtlich Abtretungsurkunden vorlegen lassen, um eindeutig
festzustellen zu können, welche Teilbeträge er wem schulde.
3. Der Entscheidung ist in Bezug
auf die Aussage zu § 151 S. 1 BGB uneingeschränkt zuzustimmen.
Es wäre in der Tat eine bloße Schikane, den Zessionar den Nachweis
einer - rechtzeitigen - Annahmeerklärung "im stillen Kämmerlein"
aufzuerlegen. Das bedeutet auch nicht den Verzicht auf eine Erklärung
des Annahmewillens, sondern lediglich eine entsprechende Auslegung des
Gesamtverhaltens im Sinne einer "beredten Untätigkeit" (vgl. dazu
auch BGH NJW 1996, 919 ff). Die Rechtslage
kommt damit vielleicht de facto, nicht aber de iure einer Annahme durch
Schweigen sehr nahe. Wesentlich problematischer ist hingegen die Bejahung
der Bestimmbarkeit der abgetretenen Forderungsteile im konkreten Fall.
Zwar ist eine Teilabtretung mit einer bestimmten Rangfolge möglich
(s. BGH NJW 1991, 2629 f). Ob im konkreten Fall aber tatsächlich schutzwürdige
Interessen des Schuldners der abgetretenen Forderung nicht betroffen sind,
erscheint in hohem Maße fraglich. Auch wenn das Zessionsrecht kein
absolutes Verschlechterungsverbot kennt (vgl. dazu etwa BGHZ 128, 371 ff
in Bezug auf den Verzugsschaden), ist es m.E. im Hinblick auf den Rechtsgedanken
der §§ 407, 409 BGB höchst problematisch, vom Schuldner
zu verlangen, sich sämtliche Abtretungsurkunden auch anderer
Zessionare vorlegen zu lassen, um befreiend an den richtigen (Neu-)Gläubiger
leisten zu können.
©sl 2002
Zum Sachverhalt:
Die Parteien streiten mit Klage und Widerklage
über die Freigabe eines hinterlegten Kaufpreisbetrags von 210 000
DM. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Kl. gewährten nach
ihren Angaben unabhängig voneinander dem Arzt Dr. M mehrere Darlehen.
In vier fast gleichlautenden notariellen Urkunden vom 29. 11. 1995 erkannte
dieser ohne Angabe eines Rechtsgrunds an, den Kl. bestimmte unterschiedliche
Beträge zu schulden. Gleichzeitig unterwarf er sich der sofortigen
Zwangsvollstreckung, ließ den Kl. durch den Notar jeweils eine vollstreckbare
Ausfertigung erteilen und trat zur Sicherung einen dem Schuldanerkenntnis
entsprechenden Teil der Kaufpreisforderung aus dem geplanten Verkauf seiner
Kassenarzt-Praxis an die Kl. ab. Die Abtretung der Forderungsteile erfolgte
dabei jeweils zu einem unterschiedlichen Rang ohne namentliche Bezeichnung
der vorrangigen Gläubiger und der an sie abgetretenen Forderungsteilbeträge.
Nach Abschluss des Kaufvertrags wurde die Kaufpreisforderung von der bekl.
Sparkasse gepfändet. Mit der Klage nehmen die Kl. die Bekl. auf Freigabe
des vom Käufer hinterlegten Kaufpreisbetrags in Höhe von insgesamt
119 500 DM zuzüglich Zinsen in Anspruch. Die Bekl. begehrt im Wege
der Widerklage von den Kl. die Freigabe des gesamten Kaufpreises. Die Bekl.,
die sich im ersten Rechtszug hauptsächlich auf die Unwirksamkeit der
Abtretungsverträge insbesondere wegen fehlender Bestimmbarkeit der
abgetretenen Forderungsteile berufen hat, hat im Berufungsverfahren vorgetragen,
die Abtretungsangebote seien jedenfalls nicht vor der Pfändung der
Kaufpreisforderung angenommen worden.
Das LG hat der Klage Zug um Zug gegen Freigabe
des restlichen hinterlegten Kaufpreisbetrags an die Bekl. stattgegeben
und deren Widerklage abgewiesen. Das BerGer. hat die Klage abgewiesen und
der Widerklage stattgegeben. Die Revision der Kl. war begründet; sie
führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung
der Sache an das BerGer.
Aus den Gründen:
1. Nach Ansicht des BerGer. sind die Kl. den Nachweis
einer vertraglichen Vereinbarung mit dem Zedenten Dr. M über die Abtretung
bestimmter Teile der künftigen Kaufpreisforderung vor deren Pfändung
durch die Bekl. schuldig geblieben. Die notariell beurkundeten Erklärungen
des Dr. M enthielten bloß Abtretungsangebote. Diese genügten
für den Abschluss eines Abtretungsvertrags nicht.
Dazu sei vielmehr die ausdrückliche oder
konkludente Annahme der Angebote erforderlich. Insoweit fehle substantiierter
Vortrag der Kl. Ihr Vorbringen in der Klageschrift, sie hätten die
Abtretungen sämtlich angenommen, reiche ledenfalls nach dem Bestreiten
der Bekl. nicht aus. Ob und wann sie Ausfertigungen der notariellen Urkunden
erhalten hätten, und dass sich daraus gegebenenfalls eine Annahme
der Abtretungsangebote ergebe, hätten die Kl. nicht vorgetragen. Es
lasse sich daher nicht feststellen, dass sie Teile der Forderung aus dem
Verkauf der Praxis vor der Pfändung des Anspruchs durch die Bekl.
erlangt hätten. Die Klage sei deshalb abzuweisen und der Widerklage
der Bekl. auf volle Freigabe des hinterlegten Betrags stattzugeben.
II. Diese Rechtsausführungen halten rechtlicher
Überprüfung nicht stand. Der von den Kl. gegen die Bekl. geltend
gemachte Anspruch aus § 812 BGB auf Einwilligung in die Auszahlung
des hinterlegten Betrags in Höhe von 119500 DM zuzüglich Zinsen
kann nicht mit der Begründung verneint werden, die Kl. hätten
die Abtretungsangebote des Zedenten Dr. M nicht vor der Pfändung der
abgetretenen Forderung durch die Bekl. angenommen.
1. Vom Zustandekommen der Abtretungsverträge
ist allerdings nicht schon deshalb auszugehen, weil die Bekl. das Vorbringen
der Kl., sie hätten die Abtretungen sämtlich angenommen, in erster
Instanz nicht bestritten hat. Entgegen der Ansicht der Revision liegt ein
Geständnis (§ 288 I ZPO), von dem sich die Bekl. in der Berufungsinstanz
nur unter den Voraussetzungen des § 290 ZPO hätte lösen
können, insoweit nicht vor. Ein Geständnis i. S. des § 288
I ZPO erfordert eine Erklärung, dass eine von der Gegenseite behauptete
Tatsache wahr ist (BGH, NJW 1994, 3109 = LM H. 2/1995 § 288 ZPO Nr.
10). Die Erklärung muss nicht ausdrücklich abgegeben werden.
Es genügt auch ein schlüssiges Verhalten, das unter Behauptung
der Gegenseite nicht bestreiten zu wollen. Doch reicht ein Stillschweigen
auf gegnerische Erklärungen nach ständiger Rechtsprechung nicht
aus (BGH, NJW 1987, 1947 [19481 = LM § 288 ZPO Nr. 7; Senat, NJW 1991,
1683 = LM H. 2/1992 § 138 ZPO Nr. 30; BGH, NJW 1999, 579 [580]).
Im vorliegenden Fall fehlt es für die Annahme
eines Geständnisses an einer ausdrücklichen Erklärung der
Bekl., die Annahme der Abtretungsangebote nicht bestreiten zu wollen. Ein
Geständniswille lässt sich ihrem prozessualen Verhalten in erster
Instanz auch nicht im Wege der Auslegung entnehmen. Die Bekl. hat dort
in erster Linie geltend gemacht, dass die Vorausabtretungen nicht hinreichend
bestimmt und darüber hinaus auch aus Gründen der Gläubigerbegünstigung
unwirksam seien. Damit ist sie dem Freigabebegehren der Kl. mit Einwendungen
entgegengetreten, ohne deren Vorbringen zum Abschluss der Abtretungsverträge
zugestehen zu wollen. Es lag daher nur ein Nichtbestreiten vor. Das Bestreiten
konnte nachgeholt werden. Das ist im Berufungsverfahren geschehen.
2. Nicht gefolgt werden kann aber der Ansicht
des BerGer., die Kl. hätten die Annahme der Abtretungsangebote nicht
substantiiert dargelegt. Die Kl. haben vorgetragen, sie hätten die
Abtretungsangebote des Dr. M nach Erteilung von Ausfertigungen der notariellen
Urkunden vom 29.11.1995 "angenommen". Mehr ist zur schlüssigen Darlegung
eines Abtretungsvertrags nach § 398 BGB unter den hier gegebenen Umständen
und Verhältnissen nicht zu verlangen.
a) Nach der Vorschrift des § 151 S. 1 BGB
kommt ein Vertrag durch die Annahme des Antrags zustande, ohne dass die
Annahme gegenüber dem Antragenden erklärt zu werden braucht,
wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten
ist oder der Antragende auf sie ausdrücklich oder stillschweigend
verzichtet hat. Eine derartige Verkehrssitte besteht - nach dem Vorbild
des § 516 II BGB - im Allgemeinen bei unentgeltlichen Zuwendungen
und für den Antragsempfänger lediglich vorteilhaften Rechtsgeschäften.
Nach der gefestigten Rechtsprechung des BGH ist daher etwa für die
Annahme eines selbständigen Garantieversprechens (BGHZ 104, 82 [85]
= NJW 1988, 1726 = LM § 8 AGBG Nr. 12 m. w. Nachw.), eines Schuldbeitritts
(BGH, NJW-RR 1994, 280 = LM H. 4/1994 HOAI Nr. 23 = WM 1994, 303 [305 f.])
oder einer Bürgschaft (BGH, NJW 1997, 2233 = LM H. 10/1997 §
151 BGB Nr. 19 = WM 1997, 1242) eine ausdrückliche oder konkludente
Erklärung gegenüber dem Antragenden nicht erforderlich. Für
das mit einem abstrakten Schuldanerkenntnis verbundene Angebot zur Abtretung
einer Forderung kann nichts anderes gelten.
b) Allerdings bedarf es für das Zustandekommen
des Vertrags auch in den Fällen des § 151 S. 1 BGB der Annahme,
d. h. eines als Willensbetätigung zu wertenden, nach außen hervortretenden
Verhaltens des Angebotsempfängers, aus dem sich dessen Annahmewille
unzweideutig ergibt (BGHZ 74, 352 [356] = NJW 1979, 2143; BGHZ 111, 97
[101] = NJW 1990, 1655 = LM § 151 BGB Nr. 16; BGH, NJW 1997, 2233
= LM H. 10/1997 § 151 BGB Nr. 19 = WM 1997, 1242 m. w. Nachw.). In
welchen Handlungen eine ausreichende Betätigung des Annahmewillens
zu finden ist, kann grundsätzlich nur in Würdigung des konkreten
Einzelfalls entschieden werden. Dabei ist mangels Empfangsbedürftigkeit
der Willensbetätigung nicht auf den Empfängerhorizont (§
157 BGB), sondern darauf abzustellen, ob das Verhalten des Angebotsadressaten
vom Standpunkt eines unbeteiligten objektiven Dritten aufgrund aller äußeren
Indizien auf einen ,,wirklichen Annahmewillen" (§ 133 BGB) schließen
lässt (BGHZ 111, 97 [101] = NJW 1990, 1655 = LM § 151 BGB Nr.
16). Ein solcher Schluss ist entsprechend den Regelungen des § 516
II BGB gewöhnlich gerechtfertigt, wenn der Erklärungsempfänger
das für ihn lediglich vorteilhafte Angebot nicht durch eine nach außen
erkennbare Willensäußerung abgelehnt hat. Dementsprechend hat
der BGH in dem zitierten Urteil vom 6. 5. 1997 (BGH, NJW 1997, 2233 = LM
H. 10/1997 § 151 BGB Nr. 19 = WM 1997, 1242) entschieden, dass es
als Betätigung des endgültigen Annahmewillens in aller Regel
ausreicht, wenn dem abwesenden Gläubiger die Bürgschaftsurkunde
zugeschickt wird und er sie behält. Nichts spricht dafür, die
Rechtslage bei einem den Sicherungsinteressen des Gläubigers dienenden
Angebot des Schuldners zur Abtretung einer offenbar werthaltigen Forderung
anders zu beurteilen.
c) Entgegen der Auffassung des BerGer. ist hier
von einer erkennbaren Betätigung des Annahmewillens der Kl. auszugehen.
Der beurkundende Notar hat ihnen, wie den vorgelegten Urkundenablichtungen
zu entnehmen ist, bereits einen Tag nach der Beurkundung der abstrakten
Schuldanerkenntnisse und der Abtretungsangebote auf Veranlassung von Dr.
M vollstreckbare Ausfertigungen der Urkunden erteilt. Dass diese nicht
zugegangen wären oder die Kl. ihnen widersprochen hätten, hat
auch die Bekl. nicht behauptet. In dem Behalten der vollstreckbaren Ausfertigungen
durch die Kl. liegt danach die Betätigung ihres Annahmewillens auch
hinsichtlich der Abtretungsangebote.
III. Das angefochtene Urteil stellt sich auch
nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 563 ZPO). Mit dem
Einwand, die Vorausabtretungen seien nicht hinreichend bestimmbar und daher
nichtig, vermag die Bekl. nicht durchzudringen. Nach der ständigen
Rechtsprechung des BGH (vgl. etwa BGHZ 7, 365 [368 f.] = NJW 1953, 21 =
LM § 398 BGB Nr. 2; BGH, NJW 1995, 1668 LM H. 8/1995 § 138 [Gb]
BGB Nr. 32 = WM 1995, 995 [996]) ist eine Vorausabtretung künftiger
Forderungen wirksam, wenn die einzelne Forderung spätestens im Zeitpunkt
ihrer Entstehung nach Gegenstand und Umfang genügend bestimmbar ist.
Zur Ausräumung von Zweifeln darf bei der Ermittlung der abgetretenen
Forderungen oder Forderungsteile grundsätzlich auch auf Umstände
außerhalb der gegebenenfalls auslegungsbedürftigen Abtretungsvereinbarungen
zurückgegriffen werden. Gemessen an diesen Grundsätzen legen
die Abtretungsvereinbarungen zwischen Dr. M und den Kl. hinreichend fest,
welche Forderungsteile an dem künftigen Verkaufserlös abgetreten
sein sollten.
Allerdings handelt es sich bei den notariellen
Abtretungserklärungen sämtlich um nachrangige Teilabtretungen
einer bestimmten künftigen Kaufpreisforderung, bei denen die Zessionare
der vorrangigen Teilabtretungen nicht namentlich genannt und die ihnen
abgetretenen Forderungsteile nicht betragsmäßig bezeichnet sind.
Dies steht aber, wie schon das LG zutreffend ausgeführt hat, einer
hinreichenden Bestimmbarkeit nicht entgegen, weil die vorrangigen Abtretungserklärungen
im Rahmen der Auslegung der nachrangigen berücksichtigt werden dürfen.
Hierfür spricht insbesondere, dass die nachrangigen Abtretungserklärungen
des Zedenten Dr. M in allen Urkunden mit dem Satzteil "nach Zahlung von
... (zwei, drei, vier oder fünf) vorrangigen Beträgen an weitere
Gläubiger" auf die vorrangigen verweisen und damit ein unmittelbarer
Bezug zwischen den Vorausabtretungen hergestellt ist. Hinzu kommt, dass
alle Abtretungserklärungen von Dr. M am selben Tag vor demselben Notar
unmittelbar nacheinander (fortlaufende Urk.-Nummern) abgegeben wurden.
Zwar sind bei der Wirksamkeitsprüfung grundsätzlich auch die
schutzwürdigen Interessen des Schuldners in angemessener Weise zu
berücksichtigen (vgl. BGH, NJW 1965 2197 - LM § 398 BGB Nr. 16
= WM 1965, 1049; OLG Dresden, NJW-RR 1997, 1070 [1071] m.w. Nachw.). Dass
sich der Schuldner alle notariellen Urkunden vorlegen lassen muss, um zuverlässig
feststellen zu können, wem er welche Beträge schuldet, ist aber
für ihn mit keinem großen Aufwand verbunden und kann daher nicht
als eine unzumutbare Belastung angesehen werden. Dass ein Teil der Forderungen
der Kl., wegen der die Abtretungen erfolgt sind, zu verzinsen ist, stellt
ebenfalls kein Wirksamkeitshindernis dar, weil die Urkunden sowohl den
Beginn der Zinszahlungsverpflichtung als auch deren Höhe genau bestimmen
und der Schuldner daher im maßgeblichen Zeitpunkt der Entstehung
seiner Verpflichtung in der Lage ist, die Höhe der Zinsforderungen
sowie die abgetretenen Teilforderungen zu ermitteln.
IV. Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben
(§ 564 1 ZPO). Eine abschließende Entscheidung ist dem Senat
nicht möglich, da Feststellungen zum unter Beweis gestellten Vorbringen
der Bekl. fehlen, die Kl. hätten an Dr. M keine Darlehen vergeben,
die Abtretungen seien nur vorgeschoben, um seine Gläubiger in sitten-
und gesetzeswidriger Weise zu schädigen. Dabei wird das BerGer. zu
beachten haben, dass nicht die Kl. für die Vergabe der Darlehen darlegungs-
und beweispflichtig sind, sondern die Bekl. die Nichtigkeit der Abtretungsvereinbarungen
zu beweisen hat.
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