Sittenwidrigkeit
von Testamenten bei bedingter Erbeinsetzung (Erbausschluß bei nicht
ebenbürtiger Ehe oder Abstammung - Fall Preußen)
BGH, Beschl. v. 2.12.1998 - IV ZB 19/97 (Stuttgart)
Amtl. Leitsätze:
1. Eine letztwillige Verfügung, die geeignet
ist, die grundrechtlich geschützte Eheschließungsfreiheit (Art.
6 I GG) der Abkömmlinge des Erblassers zu beeinträchtigen und
die Abkömmlinge unter Verstoß gegen das Verbot der Diskriminierung
nach Abstammung und Herkunft (Art. 3 III GG) zu benachteiligen, ist jedenfalls
dann nicht sittenwidrig und unwirksam, wenn die letztwillige Verfügung
nicht auf die Beeinträchtigung dieser Grundrechte gerichtet ist, sondern
der Erblasser andere, von der Testierfreiheit (Art. 14 II GG) gedeckte,
mit dem Nachlaß sachlich zusammenhängende Ziele verfolgt.
2. Ein Erblasser, dem aus Gründen der
Familientradition am Rang seiner Familie nach den Anschauungen des Adels
liegt, kann für seinen von der Herkunft der Familie geprägten
Nachlaß letztwillig wirksam anordnen, daß von seinen Abkömmlingen
derjenige nicht sein alleiniger Nacherbe werden kann, der nicht aus einer
ebenbürtigen Ehe stammt oder in einer nicht ebenbürtigen Ehe
lebt (sog. Erbunfähigkeitsklausel).
Fundstelle:
NJW 1999, 566 ff
BGHZ 140, 118
Die Entscheidung wurde durch das BVerfG aufgehoben, s.
BVerfG, Beschl. vom 22.3.2004, 1 BvR 2248/01
s. auch BGH v. 5.12.2007 - IV ZR 275/06
Zum Sachverhalt:
Das vorliegende Erbscheinsverfahren betrifft die
Erbfolge nach dem am 20. 7. 1951 verstorbenen ehemaligen deutschen Kronprinzen
Wilhelm von Preußen (Erblasser), dem ältesten Sohn des 1941
verstorbenen ehemaligen Kaisers Wilhelm II. Der Erblasser hatte sechs Kinder.
Sein ältester Sohn ist 1940 gefallen, die Bet. zu 13 und 14 sind dessen
Kinder. Der zweitälteste Sohn des Erblassers, Louis Ferdinand Prinz
von Preußen (Prinz Louis Ferdinand), ist am 25. 9. 1994 gestorben.
Die Bet. zu 1 bis 3 und 7 bis 12 sind dessen Abkömmlinge. Der Bet.
zu 2 ist sein älteste; der Bet. zu 7 sein zweitältester und der
Bet. zu 3 sein viertältester Sohn. Der dritte Sohn des Prinzen Louis
Ferdinand ist schon 1977 gestorben; der Bet. zu ist dessen Sohn. Die Bet.
zu 16 bis 22 sind Nachkommen der weiteren vier Kinder des Erblassers. Schließlich
sind am Verfahren beteiligt die Testamentsvollstrecker (Bet. zu 4 bis 6)
sowie der Nachlaßpfleger (Bet. zu 15). Der Nachlaß des Erblassers
umfaßt - neben weiterem Vermögen - den wesentlichen Teil des
in Deutschland gelegenen Hausvermögens des früheren preußischen
Königshauses. Das Hausvermögen war durch das Hausgesetz des preußischen
Königshauses von 1920 Eigentum Kaiser Wilhelms II. geworden, der insoweit
die Rechtsstellung eines (teilweise befreiten) Vorerben habe. Im Jahre
1938 schloß der ehemalige Kronprinz als Erblasser mit seinem zweiten
Sohn Prinz Louis Ferdinand unter Beteiligung Wilhelms II. einen notariellen
Erbvertrag, durch den Prinz Louis Ferdinand zum alleinigen Vorerben eingesetzt
wurde. Im Zusammenhang mit dem Erbvertrag verzichtete Wilhelm II. (in dem
in der Vorbemerkung des Erbvertrags klargestellten Umfang) auf die Inhaberschaft
am Hausvermögen zugunsten des Erblassers. Die maßgeblichen Bestimmungen
des Erbvertrags lauten:
§ 1. Der Kronprinz setzt seinen zweiten
Sohn, Prinz Louis Ferdinand, zum alleinigen Erben ein. Er soll Vorerbe
sein. Nacherbe nach ihm sollen die in § 2 genannten weiteren Abkömmlinge
im Mannesstamme des Kronzprinzen sein. Ihre Berufung erfolgt in der dort
angegebenen Reihenfolge mit der Maßgabe, daß immer nur einer
nach den Grundsätzen der Erstgeburtsfolge und der Erbfolge nach Stämmen
Erbe wird. Die Nacherbschaft soll solange dauern, als das Gesetz (§
2109 BGB) es zuläßt. Erbe kann nicht sein (erbunfähig ist),
wer nach den Feststellungen des Schiedsgerichts (§ 10) nicht aus einer
den Grundsätzen der alten Hausverfassung des Brandenburgisch-Preußischen
Hauses entsprechenden Ehe stammt oder in einer nicht hausverfassungsmäßigen
Ehe lebt ...
§ 2. Nacherben nach dem in § 1 eingesetzten
Vorerben sollen seine Mannesstammabkömmmlinge werden. Sollten sie
nicht vorhanden sein, dann sollen Nacherben ... sein ... Die Nacherben
sollen auch Ersatzerben der vor ihnen als Vorerben Berufenen sein. Der
Fall der Nacherbfolge soll eintreten, (a) wenn der Vorerhe stirbt . ..
Die §§ 4 bis 9 enthalten Vorschriften
über die Anordnung der Testamentsvollstreckung. Zu ihrer Dauer bestimmt
§ 8:
§ 8. Die Verwaltung der Testamentsvollstrecker
soll solange bestehen, als es das Gesetz zuläßt (§ 2210
BGB), also mindestens dreißig Jahre nach dem Tode des Kronprinzen,
mindestens bis zum Tode des Erben (Nacherben) und mindestens bis zum Tode
der Testamentsvollstrecker oder ihrer Nachfolger.
§ 11 lautet auszugsweise:
§ 11. Dieser Erbvertrag tritt in vollem
Umfange außer kraft, wenn das in § 10 bezeichnete Schiedsgericht
auf Grund des dort erwähnten Zusatzvertrages 1938 feststellt, daß
die geschlossene Erhaltung des früheren Hausvermögens in einer
Hand, wie sie nach dem Hausgesetz von 1920 und dem Vertragswerk von 1938
gewollt war; infolge wesentlicher Änderung der Verhältnisse unmöglich
oder aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr vertretbar geworden ist.
Schon vor Abschluß dieses Erbvertrags hatte
der älteste Sohn des Erblassers, Wilhelm Prinz von Preußen,
der Vater der Bet. zu 13 und 14, für sich und seine Abkömmlinge
auf das gesetzliche Erb- und Pflichtteilsrecht an dessen Nachlaß
verzichtet. Wilhelm Prinz von Preußen lebte in einer nicht hausverfassungsmäßigen
Ehe. In seinem am 26. 5. 1950 durch Übergabe einer verschlossenen
Schrift errichteten notariellen Testament vom 29. 3. 1950 verfügte
der Erblasser in Nr. 1, daß der Erbvertrag von 1938 aufrechterhalten
werde. Prinz Louis Ferdinand errichtete am 12. 7. 1981 ein eigenhändiges
Testament, in dem er den Bet. zu 1 zum "alleinigen Erben seines gesamten
Vermögens" einsetzte, und zwar auch für den Fall, daß er
- Prinz Louis Ferdinand - Vollerbe des früheren Hausvermögens
sei. Nach dem Tode von Prinz Louis Ferdinand hat das NachlaßG Bremen
dem Bet. zu 1 am 6. 6. 1995 einen Alleinerbschein erteilt. Gemäß
dem Vorbescheid des NachlaßG Bremen vom 5. 5. 1995 erfaßt dieser
Erbschein nur das Privatvermögen von Prinz Louis Ferdinand, während
hinsichtlich der Nachfolge "in das frühere Hausvermögen" auf
das NachlaßG Hechingen verwiesen wird. Der Bet. zu 1 hat beim Notariat
Hechingen als zuständigem NachlaßG die Erteilung eines Erbscheins
beantragt, daß er nach dem Tode des Vorerben Prinz Louis Ferdinand
alleiniger Erbe des früheren Kronprinzen geworden sei, gegebenenfalls
unter Anordnung von Testamentsvollstreckung; hilfsweise hat er beantragt,
unter Einziehung des dem Vorerben am 3. 12. 1951 erteilten Erbscheins einen
neuen Erbschein mit dem Inhalt zu erteilen, daß alleiniger Erbe des
Kronprinzen sein Sohn Prinz Louis Ferdinand sei. Der Bet. zu 1 hat vorgetragen,
er stamme aus einer hausverfassungsgemäßen Ehe; er ist nicht
verheiratet. Er hat geltend gemacht, die Erbunfähigkeitsklausel des
Erbvertrags von 1938 sei wirksam; deshalb seien die älteren, nicht
in einer hausverfassungsgemäßen Ehe lebenden Brüder seines
Vaters, nämlich die Bet. zu 2 und 7, wegen Erbunfähigkeit von
der Erbfolge ausgeschlossen. Damit sei er zum Nacherben berufen.
Der Bet. zu 2 hat ebenfalls die Erteilung eines
Erbscheins als alleiniger Nacherbe des Erblassers beantragt, obwohl er
in notariellen Erklärungen vom 11. 4. 1961, 18. 9. 1967 und 27. 2.
1976 gegenüber Prinz Louis Ferdinand erklärt hat, er verzichte
mit Rücksicht auf die von ihm eingegangenen Ehen zugunsten des nächsten
Folgeberechtigten, der den Bestimmungen der Hausverfassung genügt,
auf seine Rechte. Er hat die Auffassung vertreten, nach der Erbunfähigkeitsklausel
genüge es für seinen Eintritt als Nacherbe, daß er aus
einer hausverfassungsgemäßen Ehe stamme. Die Bet. zu 3 und 7
bis 11 haben die Nichtigkeit der Erbunfähigkeitsklausel geltend gemacht
mit der Folge, daß ihr Vater, Prinz Louis Ferdinand, Vollerbe auch
hinsichtlich des Hausvermögens geworden sei, weshalb ihnen ein "großer
Pflichtteilsanspruch" gegen den Bet. zu 1 als den Alleinerben ihres Vaters
zustehe. Das NachlaßG hat durch Vorbescheid vom 7. 9. 1995 unter
anderem angekündigt, es beabsichtige die Erteilung eines Erbscheins
des Inhalts, daß "Alleinerbe" des Erblassers sein Sohn Prinz Louis
Ferdinand von Preußen sei. Zur Begründung hat es ausgeführt,
die Erbunfähigkeitsklausel in § 1 des Erbvertrags von 1938 sei
nach heutigen Maßstäben wegen Verstoßes gegen die guten
Sitten nach § 138 BGB nichtig. Dies führe zur Nichtigkeit der
angeordneten Nacherbfolge, nicht jedoch zur Unwirksamkeit der Einsetzung
von Prinz Louis Ferdinand als Alleinerben. Gegen diesen Vorbescheid haben
die Bet. zu 1 und zu 2 unter Weiterverfolgung ihrer Anträge Beschwerde
eingelegt. Im Hinblick auf die Anordnung der Testamentsvollstreckung hat
der Bet. zu 1 nunmehr nicht nur hilfsweise beantragt, diese in dem Erbschein
aufzuführen. Die Bet. zu 13 und 14 haben ebenfalls Beschwerde eingelegt.
Sie haben die Auffassung vertreten, die Erbeinsetzung von Prinz Louis Ferdinand
im Erbvertrag von 1938 sei sittenwidrig, weil diese Verfügung des
Erblassers dadurch veranlaßt sei, daß sein erstgeborener Sohn,
Prinz Wilhelm von Preußen, in einer nicht hausverfassungsgemäßen
Ehe gelebt habe. Wenn dem Erblasser die Unwirksamkeit der Erbeinsetzung
bekannt gewesen wäre, hätte er nach Ansicht der Bet. zu 13 und
14 Prinz Wilhelm von Preußen als erstgeborenen Sohn entsprechend
der Familientradition zum Alleinerben eingesetzt. Dann wären die Bet.
zu 13 und 14 Miterben des Erblassers zu je 14 geworden. Zumindest sei gesetzliche
Erbfolge eingetreten; in diesem Falle seien die Beteiligten zu 13 und 14
Miterben zu je 1/12. Das LG hat die Beschwerden als unbegründet zurückgewiesen.
In Übereinstimmung mit dem NachlaßG hat es die Erbunfähigkeitsklausel
wegen Verstoßes gegen § 138 BGB als nichtig angesehen. Im Wege
einer ergänzenden Testamentsauslegung hat es eine alleinige Vollerbeinsetzung
des Prinzen Louis Ferdinand angenommen. Gegen den Beschluß des LG
wenden sich sowohl der Bet. zu 1 als auch der Bet. zu 2 mit der weiteren
Beschwerde unter Verfolgung ihrer Beschwerdeanträge. Der Bet. zu 2
sieht die Erbunfähigkeitsklausel in § 1 des Erbvertrags von 1938
abweichend von seiner früheren Wertung nun als unwirksam an, meint
aber, dadurch entfalle nicht die Anordnung von Vor- und Nacherbschaft,
so daß er als ältester Sohn des Vorerben alleiniger Nacherbe
geworden sei. Das OLG hat durch Beschluß vom 19. 8. 1997 (ZEV 1998,
185 mit Anm. Otte) die Sache dem BGH zur Entscheidung über die weiteren
Beschwerden der Bet. zu 1 und 2 vorgelegt. Es hält die weiteren Beschwerden
für unbegründet; an ihrer Zurückweisung sieht es sich jedoch
durch den Beschluß des BayObLG vom 3. 9. 1996 (BayObLGZ 1996, 204
= ZEV 1997, 119 mit Anm. Otte = FamRZ 1997, 705, mit Bespr. Goebel, FamRZ
1997, 656) gehindert. Der BGH hat die Entscheidung des LG aufgehoben und
die Sache an dieses zurückverwiesen.
Aus den Gründen:
B. 1. Die Vorlage der Beschwerden ist zulässig
(§ 28 II FGG).
1. Der genannte Beschluß des BayObLG und
der Vorlage-beschluß weichen in einer im jeweiligen Erbscheinsverfahren
für die Feststellung der Erbfolge erheblichen Vorfrage voneinander
ab.
a) Das OLG begründet seine Auffassung, der
Berufung auf die Erbunfähigkeitsklausel in § 1 des Erbvertrags
von 1938 stehe der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung aus
§ 242 BGB entgegen, im wesentlichen wie folgt: Erweise sich eine Vereinbarung
zwar nicht im Zeitpunkt ihres Abschlusses, aber im Zeitpunkt ihrer rechtlichen
Wirksamkeit - hier also 1994 beim Nacherbfall - als unvereinbar mit der
geltenden Wert- und Rechtsordnung, dann stelle die Berufung auf die Gültigkeit
dieser Vereinbarung eine unzulässige Rechtsausübung dar. Auf
die Gesinnung der am Erbvertrag Beteiligten komme es dabei nicht an. Die
Erbunfähigkeitsklausel nötige die der Wertordnung des Grundgesetzes
verpflichteten Gerichte, bei der Entscheidung über die Erbfolge zu
prüfen, ob jemand nach den Hausgesetzen eines Adelsgeschlechtes aus
einer ebenbürtigen Ehe abstamme und in einer solchen lebe. Einer derartigen
Klausel sei heute die rechtliche Durchsetzbarkeit zu versagen. Sie stehe
zum einen im Widerspruch zur verfassungsrechtlich geschützten Eheschließungsfreiheit.
Durch die Klausel werde Druck auf die höchstpersönliche Entscheidung
der Partnerwahl ausgeübt, der unter der Geltung des Grundgesetzes
nicht mehr gerechtfertigt werden könne. Die hohen Anforderungen, die
die alte brandenburgisch-preußische Hausverfassung an die Ebenbürtigkeit
stelle, führten zu einer massiven Beschränkung des für eine
Partnerwahl überhaupt in Betracht kommenden Personenkreises. Hinzu
komme, daß die Einschränkung der Eheschließungsfreiheit,
die sich früher unter dem Gesichtspunkt der Thronfolge im Zusammenhang
mit einer ständestaatlichen Rechtsordnung möglicherweise habe
rechtfertigen lassen, heute ihre Funktion verloren habe. Die verfassungsrechtlich
geschützte Testierfreiheit habe in der hier gegebenen Sachverhaltskonstellation
hinter der Eheschließungsfreiheit zurückzutreten. Zum anderen
verstoße die Benachteiligung wegen der Abstammung gegen das aus Art.
1 und 3 GG zu entnehmende Diskriminierungsverbot. Jedenfalls wenn die Beeinträchtigung
der Eheschließungsfreiheit und die verbotene Diskriminierung nach
der Abstammung im Zusammenhang gesehen würden, müsse die Testierfreiheit
zurücktreten und der Erbunfähigkeitsklausel die Wirksamkeit versagt
werden.
b) Das BayObLG hatte zu entscheiden, ob die Klausel
eines 1925 geschlossenen Erbvertrags wirksam ist, wonach die Familienmitglieder
eines Fürstenhauses zu ihrer Vermählung der Einwilligung des
auf den Rang der Familie bedachten Fürsten als Hausherrn bedurften.
Familienmitglieder, die ohne seine Einwilligung eine Ehe eingehen, sollten
von der Erbfolge ausgeschlossen sein. Das BayObLG läßt offen,
ob unter besonderen Umständen die Berufung auf eine solche Heiratsklausel
als unzulässige Rechtsausübung unwirksam sein könne. Denn
von einem ganz besonderen Fall, in dem das Festhalten an einer ursprünglich
zulässigen Klausel zu nunmehr mit den guten Sitten schlechthin unvereinbaren
Ergebnissen führen würde, könne keine Rede sein. Auch unter
der Geltung des Grundgesetzes müsse jedenfalls bei der Beurteilung
einer letztwilligen Verfügung, die lange vor Inkrafttreten des Grundgesetzes
getroffen worden ist und Grundlage für zahlreiche weitere Dispositionen
gewesen sei, der nunmehr gem. Art. 14 1 1, Art. 2 1 GG verfassungsrechtlich
geschützten Testierfreiheit der Vorzug gegenüber de Eheschließungsfreiheit
gegeben werden.
c) Das OLG würde in der Rechtsfrage, ob eine
Klausel in einer Verfügung von Todes wegen unwirksam ist, die die
Erbfolge von der Auswahl eines bestimmten Ehepartners abhängig macht,
von der Entscheidung des BayObLG abweichen.
aa) Beide Gerichte stellen wesentlich darauf ab,
ob die Anwendung der Klausel die nunmehr durch Art. 6 GG verfassungsrechtlich
garantierte Eheschließungsfreiheit der durch die Verfügung Bedachten
auch bei Abwägung mit der durch das Grundgesetz gewährleisteten
Testierfreiheit in rechtlich unzulässiger Weise einschränkt.
Diese Frage beantworten sie unterschiedlich: Das OLG sieht in den Auswirkungen
von Heiratsklauseln auf die freie Wahl des Ehepartners allgemein einen
Tatbestand, der den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung begründe;
das BayObLG stellt demgegenüber an diesen Einwand weitergehende, über
eine mit der Heiratsklausel generell verbundene Beeinflussung der Eheschließungsfreiheit
hinausgehende Anforderungen. Das vorlegende OLG stützt sich zwar zusätzlich
auf eine gem. Art. 1 und 3 GG unzulässige Diskriminierung, hält
die Erbunfähigkeitsklausel aber bereits wegen der Verletzung von Art.
6 GG für unbeachtlich.
bb) Allerdings betrifft das Verfahren des vorlegenden
OLG eine Klausel, nach der das Eingehen einer nicht hausverfassungsgemäßen
Ehe zwingend zum Ausschluß von der Erbfolge führt, während
dem Fall des BayObLG eine sogenannte Konsensklausel zugrundeliegt, die
das Eingehen der Ehe von der Einwilligung des Fürsten abhängig
macht. Das steht der Zulässigkeit der Vorlage nicht entgegen. Die
Vorlagepflicht setzt nicht voraus, daß die frühere Entscheidung
zum gleichen Tatbestand ergangen ist (BGHZ 95, 118 [123] = NJW 1985, 2717
= LM § 16 WohnungseigentumsG Nr. 6; BGH, NJW 1993, 3069 [unter II
1] = LM H. 2/1994 § 28 FGG Nr. 36; Keidel/Winkler/Kuntze, FGG, 13.
Aufl., § 28 Rdnr. 18). Die Abweichung im Tatsächlichen ist hier
nicht so wesentlich, daß sie die Identität der Rechtsfrage ausschließt
(dazu Keidell Winkler/Kuntze, § 28 Rdnr. 18). Vielmehr haben beide
Klauseln praktisch gleiche Auswirkungen auf die Eheschließungsfreiheit
der Erbanwärter. Diese mag bei einer Erbunfähigkeitsklausel zwar
insoweit stärker beeinträchtigt sein, als die Klausel ohne Ausnahme
wirken soll. Dem steht bei einer Konsens-klausel aber die über die
formelle Ebenbürtigkeit des Partners möglicherweise noch hinausgehende
Abhängigkeit von der Entscheidung des Hausherrn gegenüber, mag
diese auch - wie im Falle des BayObLG - durch ein Schiedsgericht auf einen
"hinreichenden Grund" überprüfbar und heute nach den Wertungen
des Grundgesetzes kontrollierbar sein. Insgesamt überwiegen jedenfalls
die Gemeinsamkeiten beider Klauseln.
2. Die Vorlagefrage ist nicht nur für die
weitere Beschwerde des Bet. zu 1 erheblich, der seinen Hauptantrag darauf
stützt, daß die Erbunfähigkeitsklausel wirksam sei und
daher die sonst an seiner Stelle als Erben vorrangig in Betracht kommenden
älteren Brüder seines Vaters, die Bet. zu 2 und 7, nicht Erben
sein könnten. Auch für die weitere Beschwerde des Bet. zu 2,
mit der er sich gegen die Zurückweisung seines Erbscheinsantrags wendet,
ist die Vorlagefrage erheblich, obwohl das OLG seine weitere Beschwerde
in jedem Fall zurückgewiesen hätte, weil er aufgrund der für
rechtsfehlerfrei gehaltenen ergänzenden Auslegung des Erbvertrages
durch das LG selbst dann nicht Erbe hätte werden können, wenn
die Erbunfähigkeitsklausel unwirksam ist. Diese vom OLG gebilligte
Entscheidung des LG hat aber eine andere Tragweite als eine Entscheidung,
die von der Wirksamkeit der streitigen Klausel ausgeht und den Ausschluß
des Bet. zu 2 von der Erbfolge unmittelbar dem Erbvertrag entnimmt. Dann
ist der Tod des Erblassers am 20. 7. 1951 der für eventuelle Pflichtteilsansprüche
des Bet. zu 2 und anderer Bet. sowie deren Verjährung (§ 2332
BGB) maßgebende Erbfall. Bei einer Vollerbfolge des Prinzen Louis
Ferdinand, wie sie das LG wegen Unwirksamkeit der Erbunfähigkeitsklausel
aufgrund ergänzender Auslegung des Erbvertrages angenommen hat, käme
es dagegen auf dessen Tod am 25. 9. 1994 an. Auch dann, wenn die Entscheidung,
die das vorlegende OLG für richtig hält, und die Entscheidung,
die sich aus der zur Vorlage führenden Gegenansicht ergeben würde,
im Ergebnis nicht voneinander abweichen, aber sich in ihrer Tragweite unterschieden,
bleibt die Vorlage zulässig (BGHZ 82, 34 [36 f.] = NJW 1982, 517 =
LM Art. 17 EGBGB [L] Nr. 9; BGHZ 134,230 [233] = NJW 1997, 946 = LM H.
5/1997 BeurkG Nr. 60).
II. Die weiteren Beschwerden der Bet. zu 1 und
2 sind zulässig <§§ 27, 29 FGG). Insbesondere sind beide
Bet. nach §§ 20, 29 IV FGG beschwerdeberechtigt.
III. Der angegriffene Beschluß des LG hat
keinen Bestand, weil er rechtsfehlerhaft davon ausgeht, daß die Erbunfähigkeitsklausel
unwirksam sei. Insoweit und auch mit den zusammenhängenden Bestimmungen
zur Einsetzung des Prinzen Louis Ferdinand als alleinigem Vorerben sowie
der Bevorzugung des jeweils ältesten männlichen Abkömmlings
vor den jüngeren und vor allen weiblichen Abkömmlingen bei der
Nacherbfolge verletzt der Erbvertrag aus dem Jahre 1938 keine damals oder
heute geltenden Gesetze. Diese Regelungen verstoßen weder nach den
Anschauungen zur Zeit ihrer vertraglichen Vereinbarung noch nach heutigen
Wertmaßstäben gegen die guten Sitten. Ihre Anwendung führt
auch nicht zu Auswirkungen, die möglicherweise den Einwand der unzulässigen
Rechtsausübung gem. § 242 BGB begründen könnten (vgl.
BGHZ 20, 71 [75] = NJW 1956, 865 = LM§ 138 [Cd] BGB Nr. 6); ob für
diesen Einwand im Erbscheinsverfahren überhaupt Raum ist, bleibt offen.
Deshalb bedarf es hier keiner Entscheidung der Frage, ob für die Sittenwidrigkeit
auf den Zeitpunkt der Errichtung der Verfügung von Todes wegen (so
BGHZ 20, 71 [73 f.] = NJW 1956, 865 = LM § 138 [Cd] BGB Nr. 6), auf
den Zeitpunkt des (Nach-)Erbfalls als den des Wirksamwerdens der Verfügung
oder aber den der Beurteilung durch das Gericht abzustellen ist (zum Streitstand
vgl. Staudinger/Otte, BGB, 13. Aufl., Vorb. zu §§ 2064 ff. Rdnrn.
179 ff.; Schmoeckel, AcP 197 [1997], 1 ff.). 1. Das Erbrecht des BGB wird
vom Grundsatz der Testierfreiheit beherrscht; dieser Grundsatz steht heute
unter dem Schutz von Art. 14 I 1 GG (BVerfGE 91, 346 [358] = NJW 1995,
2977 = FamRZ 1995, 405 = ZEV 1995, 184; BGHZ 111, 36 [39] = NJW 1990, 2055
= LM § 138 [A] BGB Nr. 9; BGHZ 123, 368 [371] = NJW 1994, 248 = LM
H. 5/1994 § 138 [Ga] BGB Nr. 24). Er gestattet es dem Erblasser, nach
freiem Ermessen über sein Vermögen zu verfügen (BGH, §
138 [Cd] BGB Nr. 5 = FamRZ 1956, 130 =JZ 195,279 [unter II 2]). Die Testierfreiheit
ist freilich nicht unbeschränkt. Das Erbrecht setzt gegen allgemein
als unangemessen empfundene Verfügungen von Todes wegen eine Schranke
mit den Vorschriften des Pflichtteilsrechts. Sie sind sozialstaatlich und
durch Art. 6 GG legitimiert und sichern den nächsten Angehörigen
des Erblassers einen Mindestanteil an seinem Vermögen (BGHZ 111,36
[39] = NJW 1990,2055 = LM § 138 [A] BGB Nr. 9; BGHZ 123, 368 [371]
= NJW 1994, 248 = LM H. 5/1994 § 138 [Ca] BGB Nr. 24), und zwar grundsätzlich
die Hälfte (§ 2303 ff. BGB). Daneben bilden §§ 134,
138 BGB weitere Schranken der Testierfreiheit. Für das Verständnis
dessen, was heute unter "guten Sitten" i. S. von § 138 1 BGB zu verstehen
ist, kommt der Wertordnung des Grundgesetzes, wie sie insbesondere in den
Grundrechten niedergelegt ist, wesentliche Bedeutung zu (BVerfGE 7, 198
[206] = NJW 1958, 257; BVerfGE 89,214 [229] = NJW 1994,36; BGHZ 70,313
[324] = NJW 1978, 943 = LM Art. 3 GrundG [L] Nr. 110; BGH, NJW 1986, 2944
[unter 3a] = LM § 138 [Cf] BGB Nr. 14). § 138 BGB berechtigt
den Richter aber nicht, die Auswirkungen einer vom Erblasser getroffenen
Verfügung von Todes wegen an seinen eigenen Gerechtigkeitsvorstellungen
zu messen und den Willen des Erblassers danach zu korrigieren; Sittenwidrigkeit
und damit Nichtigkeit der Verfügung von Todes wegen kann nur in besonders
schwerwiegenden Ausnahmefällen angenommen werden (BGH, NJW 1983, 674
[unter II] = LM § 138 [Cd] BGB Nr. 22; BGHZ 111, 36 [40] = NJW 1990,
2055 = LM § 138 [A] BGB Nr. 9; zum Meinungsstand vgl. etwa Staudinger/Otte,
Vorb. § 2064 ff. Rdnrn. 154 ff.).
2. Nach diesen Grundsätzen sind zunächst
nicht zu beanstanden die Einsetzung des Prinzen Louis Ferdinand zum alleinigen
Vorerben sowie die Bevorzugung des jeweils ältesten männlichen
Abkömmlings vor den jüngeren und vor allen weiblichen Abkömmlingen
bei der Nacberbfolge. Davon geht auch das OLG zutreffend aus.
a) Die Parteien des Erbvertrags von 1938 verfolgten
- wie sich u. a. aus §§ 1 und 11 des Erbvertrags von 1938 ergibt
- die Absicht, das Hausvermögen als geschlossene Einheit in einer
Hand zu erhalten und entsprechend den traditionellen Regeln der Hausverfassung,
d. h. des Prinzips der Erbfolge im Mannesstamm, des Rechts der Erstgeburt
und der Ebenbürtigkeit zu vererben. Dieses Ziel sollte nach Auflösung
der Familienfideikommisse, der Hausvermögen und sonstiger gebundener
Vermögen durch die Gesetzgebung, die ihren Abschluß in dem Gesetz
über das Erlöschen der Familienfideikommisse und. sonstiger gebundener
Vermögen vom 6. 7. 1938 (FidErlG, RGBI I, 825) fand (vgl. Staudinger/Promberger/Schreiber,
BGB, 12. Aufl., Art. 59 EGBGB Rdnrn. 22 ff.), mit Hilfe, aber in den Grenzen
der Regeln des Erbrechts des Bürgerlichen Gesetzbuches erreicht werden.
Dazu hat der Erblasser u. a. Nacherbfolge angeordnet, der durch §
2109 BGB zeitlich Grenzen gesetzt sind, die in § 1 des Erbvertrags
auch ausdrücklich hingenommen werden. Darin liegt keine Umgehung von
§ 14 I FidErlG; Absatz 3 dieser Vorschrift ließ vielmehr Verfügungen
von Todes wegen unberührt.
b) Die Ungleichbehandlung des ältesten Sohnes
des Erblassers, aber ebenso der übrigen - insbesondere weiblichen
- Familienmitglieder ist Ausdruck der Testierfreiheit des Erblassers und
überschreitet deren Grenzen nicht. Für letztwillige Verfügungen
des Erblassers gilt der Grundsatz der Gleichbehandlung aller Kinder und
das daraus folgende Diskriminierungsverbot, wie es ohne Rücksicht
auf Alter und Geschlecht des Kindes für das gesetzliche Erbrecht in
§ 1924 IV BGB verankert ist, gerade nicht (vgl. BGHZ 70, 313 [324
ff.] = NJW 1978, 943 = LM Art. 3 GrundG [L] Nr. 110; B VerfG, FamRZ 1989,
1047). Das ist vor dem Hintergrund des Pflichtteilsrechts unbedenklich,
das an den gesetzlichen Erbteil anknüpft und jedem Kind die Hälfte
dieses Erbteils sichert (§ 2303 I 2 BGB). Unbedenklich wäre ferner,
wenn sich die Parteien des Erbvertrags von der Vorstellung hätten
leiten lassen, der älteste Sohn des Erblassers scheide trotz Erstgeburt
als Rechtsnachfolger aus, weil er bereits in einer nicht hausverfassungsmäßigen
Ehe lebte. Durch den Erbvertrag konnte jedenfalls kein Druck mehr auf die
Ausübung der Eheschließungsfreiheit ausgeübt werden.
3. Auch die Erbunfähigkeitsklausel in §
1 des Erbvertrags ist wirksam.
a) Das OLG nimmt zwar mit Recht an, daß
der Ausschluß solcher männlicher Abkömmlinge des Vorerben
von der Nacherbfolge, die eine nicht hausverfassungsmäßige Ehe
eingehen, auch unter Berücksichtigung des den ausgeschlossenen Abkömmlingen
verbleibenden Pflichtteilsrechts grundsätzlich geeignet sein kann,
deren Entscheidungsfreiheit bei der Wahl eines Ehepartners zu beeinflussen.
Das läßt sich zumindest aus der Sicht des Jahres 1938, in dem
der Erbvertrag errichtet worden ist, nicht ausschließen. Daraus folgt
hier aber nicht schon die Unwirksamkeit der Klausel. Art. 6 I GG schützt
auch die freie Wahl des Ehepartners (BVerfGE 31, 58 [67] NJW 1971, 1509;
BVerfGE 36, 142 [162] = NJW 1974, 545). Einem schweren Eingriff in diesen
grundrechtlich gesicherten Bereich höchstpersönlicher Entscheidungen
durch eine letztwillige Verfügung, die darauf abzielt, die freie Wahl
des Ehepartners des Bedachten zu beeinträchtigen, kommt demgemäß
für die nach bürgerlichem Recht zu beurteilende Wirksamkeit der
letztwilligen Verfügung grundsätzlich rechtliche Bedeutung zu.
Der vorliegende Fall nötigt aber nicht zu bestimmen, wo die Grenze
verläuft, jenseits derer einer letztwilligen Verfügung wegen
einer solchen Beeinträchtigung ausnahmsweise sittenwidriger Charakter
beigemessen werden muß. Denn jedenfalls ein schwerer Eingriff in
die Eheschließungsfreiheit ist hier noch nicht festzustellen.
Welches Gewicht dem Eingriff zukommen und welche
Bedeutung die Einflußnahme des Erblassers auf die Eheschließungsfreiheit
für die betroffenen Abkömmlinge erlangen kann, ist im vorliegenden
Fall kaum bestimmbar. Es liegt jedenfalls nicht auf der Hand, daß
einer von ihnen bei der Wahl seiner Ehefrau gewissermaßen mit Hilfe
der Erbunfähigkeitsklausel zu ,,kaufen" sein könnte (zu diesem
Kriterium: Otte, JA 1985, 192 [199]). Abgesehen davon beschränkt sich
die Erbunfähigkeitsklausel in ihrem Anwendungsbereich von vornherein
auf den ältesten Sohn des Vorerben und wirkt sich nur bei dessen Erbunfähigkeit
auf den nach der Geburtsfolge im Mannesstamm dann Nächstberufenen
aus. Darüber hinaus kommt es auf den Zeitpunkt der Nacherbfolge an,
hier also den Tod des Vorerben; zu diesem Zeitpunkt muß der in Betracht
kommende Abkömmling noch nicht einmal Heiratspläne haben. Wenn
dagegen im maßgebenden Zeitpunkt keiner der männlichen Abkömmlinge
den Anforderungen der Erbunfähigkeitsklausel genügt, fehlt es
an der Berufung eines Nacherben, so daß der Vorerbe im nachhinein
Vollerbe geworden sein dürfte (dazu vgl. etwa BGHZ 96, 198 [204 f.]
= NJW-RR 1986, 493 = LM § 28 FGG Nr. 28); jedenfalls entfiele die
beeinträchtigende Wirkung der Klausel. Über die Erbfolge beim
Tod des Vorerben hinaus hat die Erbunfähigkeitsklausel aufgrund des
§ 2109 I BGB keine weiter in die Zukunft reichenden Wirkungen.
b) Das vorlegende OLG hat ferner richtig erkannt,
daß die Erbunfähigkeitsklausel zudem zu einer gegen Art. 3 III
GG verstoßenden Diskriminierung nach Abstammung und Herkunft führen
kann. Die Klausel knüpft die Folge der Erbunfähigkeit nicht nur
daran, daß der an sich berufene Abkömmling in einer nicht hausverfassungsmäßigen
Ehe lebt. Sie führt vor allem auch dann zur Erbunfähigkeit, wenn
ein Abkömmling nicht aus einer hausverfassungsmäßigen Ehe
stammt. Dieser Fall kann eintreten, wenn nicht nur Söhne des Vorerben,
sondern auch männliche Enkel als Nacherben in Betracht kommen und
die Enkel aus dem ältesten (oder älteren) Mannes-stamm aus einer
nicht hausverfassungsmäßigen Ehe hervorgegangen sind. Diese
Diskriminierung hat größeres Gewicht als die schwer greifbare
Beeinträchtigung der Eheschließungsfreiheit.
Gleichwohl steht nicht bereits deshalb die Unwirksamkeit
der Klausel fest. Das gilt selbst dann, wenn man mit dem OLG davon ausgeht,
daß das Kriterium der Ebenbürtigkeit seinen Sinn durch die geschichtliche
Entwicklung verloren hat und mit den Prinzipien einer auf Gleichordnung
beruhenden Rechtsordnung in Widerspruch steht. Denn Art. 3 GG ist für
die Beurteilung der zivilrechtlichen Wirksamkeit einer letztwilligen Verfügung
nicht unmittelbar anwendbar. Das Differenzierungsverbot des Art. 3 III
GG ist zwar ein wesentlicher Teil der insbesondere mit den Grundrechten
beschriebenen Wertordnung des Grundgesetzes und insofern bei der Prüfung
etwa von § 138 BGB zu beachten. Auch die Testierfreiheit genießt
aber grundrechtlichen Schutz (Art. 14 11 GG). Selbst wenn der Erblasser
eine willkürliche Differenzierung vornimmt, kann dies Ausdruck seiner
Testierfreiheit sein. Deshalb kann eine den Differenzierungsverboten des
Art. 3 III GG widerstreitende letztwillige Verfügung im Lichte der
Testierfreiheit nur in eng begrenzten Ausnahmefällen sittenwidrig
sein. Ein solcher Ausnahmefall wird grundsätzlich nicht schon dann
in Betracht kommen, wenn der Erblasser zwar in seiner letztwilligen Verfügung
unter Verstoß gegen Art. 3 III GG differenziert, damit aber andere,
von der Testierfreiheit gedeckte Ziele verfolgt wie insbesondere die aus
Anlaß des Erbfalls erforderlich werdende Regelung seiner Vermögensverhältnisse
und damit sachlich zusammenhängende Fragen. Anders kann es dagegen
liegen, wenn die letztwillige Verfügung nach dem festgestellten Willen
des Erblassers und den Umständen des Einzelfalls, insbesondere der
Reichweite und den Auswirkungen des Testaments, darauf gerichtet und auch
objektiv geeignet ist, den Betroffenen wegen des Merkmals, an das die Differenzierung
anknüpft, nachhaltig in seiner Würde herabzusetzen. Legt man
diesen Maßstab zugrunde, ist die Erbunfähigkeitsklausel des
vorliegenden Falls nicht unwirksam. Denn auch die Diskriminierung nach
Abstammung und Herkunft kommt hier nur zum Zuge, wenn im maßgebenden
Zeitpunkt, also beim Tod des Vorerben, überhaupt weitere männliche
Abkömmlinge vorhanden sind, die die Anforderungen der Erbunfähigkeitsklausel
erfüllen. Sonst fehlt es an einer Nacherbenberufung mit der Folge,
daß der Vorerbe Vollerbe würde. Falls die Erbunfähigkeitsklausel
aber zur Diskriminierung eines Enkels aus einem älteren Stamm führt,
nützt dies den jüngeren Mannesstämmen und mindert damit
deren Diskriminierung. In jedem Falle verbleibt den diskriminierten Abkömmlingen
das Pflichtteilsrecht in Höhe der Hälfte ihres gesetzlichen Erbteils
nach Maßgabe der §§ 2303 ff. BGB. Vor allem hat der Erblasser
mit seiner Regelung nicht das Ziel verfolgt, Druck auf die (im Jahre 1938
noch nicht geborenen) Söhne des Vorerben bei der Auswahl ihrer Ehepartner
auszuüben und deren Söhne aus nicht ebenbürtigen Ehen zu
diffamieren. Vielmehr ging es darum, für den mindestens zum Teil aus
früheren Generationen stammenden und durch die Familientradition geprägten
Nachlaß einen Nachfolger zu finden, der die auf Abstammung bedachte
Tradition der Familie repräsentierte und deshalb geeignet erschien,
den Nachlaß im Sinne des Erblassers und seiner Vorfahren fortzuführen.
Einen danach geeigneten Nachfolger sah der Erblasser in dem nach der Erstgeburtsfolge
berufenen männlichen Abkömmling, der aufgrund seiner Abstammung
und - soweit er bereits eine Ehe eingegangen war - mit seiner Heirat den
Vorstellungen des Erblassers vom Rang der Familie entsprach. Dieser an
der Eigenart des Nachlasses und der in ihr verkörperten Familientradition
orientierte Zweck der erbvertraglichen Regelung der Nacherbfolge wird insbesondere
aus § 11 des Erbvertrags deutlich: Danach diente der Erbvertrag der
Erhaltung des früheren Hausvermögens im hergebrachten Sinne,
soweit dies nach Abschaffung der Monarchie und der Standesvorrechte des
Adels in den Grenzen des bürgerlichen Rechts möglich blieb (s.
o. III 2 a). Gerade diesem Anliegen des Erblassers, unter den Abkömmlingen
denjenigen als Erben auszuwählen, der ihm am besten geeignet schien,
den Nachlaß in seinem Sinne fortzuführen, dient von jeher die
verfassungsrechtlich verbürgte Testierfreiheit. Im Hinblick auf den
begrenzten Anwendungsbereich der Erbunfähigkeitsklausel, das den benachteiligten
Abkömmlingen verbleibende Pflichtteilsrecht und den nicht auf Diffamierung,
sondern nachvollziehbar auf die Regelung seines Nachlasses gerichteten
Testierwillen des Erblassers erweisen sich jedenfalls im vorliegenden Fall
die Beeinträchtigungen der Abkömmlinge nicht als so gewichtig,
daß sie nicht um der Testierfreiheit willen hinzunehmen sind. Ein
Verstoß gegen § 138 BGB liegt deshalb nicht vor. IV. Für
eine Entscheidung in der Sache bedarf es weiterer Aufklärung. Zur
Frage der. Ebenbürtigkeit haben die Vorm-stanzen - von ihrem Standpunkt
aus folgerichtig - keine Feststellungen getroffen. Bei eigenständiger
Prüfung des Sachverhalts müßte der Senat auch neu vorgetragene
Tatsachen berücksichtigen <St. Rspr., vgl. etwa BayObLG, FamRZ
1988, 878 [879]; OLG Hamm, FamRZ 1991, 1103 [110sf.]; Keidel/Kuntze, §
27 Rdnrn. S9, 66 m. w. Nachw.). Der Bet. zu 2 hat mit Schriftsatz vom 30.
6. 1998 geltend gemacht, seine jetzige Ehefrau erfülle sämtliche
Voraussetzungen für die Anerkennung der Ebenbürtigkeit, wenn
man in dieser Frage die Kriterien zugrunde lege, die Prinz Louis Ferdinand
in einem Rundschreiben vom Januar 1964 genannt habe. Im Schriftsatz vom
2. 4. 1998 hatte der Bet. zu 2 ausgeführt, seinen Verzichtserklärungen
vom 11. 4. 1961, 18. 9. 1967 und 27. 2. 1976 komme keine Bedeutung zu.
Dem wird das LG, an das der Senat die Sache zurückverwiesen hat, nachzugehen
haben. Sollte sich ergeben, daß der Bet. zu 2 nicht Erbe sein kann,
bleibe zu prüfen, ob seine jüngeren Brüder oder die an ihre
Stelle getretenen Abkömmlinge - zunächst der Bet. zu 2, sodann
der Bet. zu 1 und danach der Bet. zu 3- den Anforderungen der Ebenbürtigkeitsklausel
genügen. Soweit der Bet. zu 2 dem Vortrag des Bet. zu 1 über
die Ebenbürtigkeit seiner Mutter nicht mehr entgegengetreten ist,
kommt eine Anwendung von § 138 III ZPO im Erbscheinsverfahren nicht
in Betracht (§ 12 FGG, dazu OLG Köln, FamRZ 1991, 117 [118];
Keidel/Amelung, § 12 Rdnrn. 21, 90).
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