Ersatz von Aus- und Wiedereinbaukosten nach § 439
III BGB bei nicht abgeschlossenem Einbau (Vorfertigung)
BGH, Urteil vom 21. Juni 2023 - VIII ZR 105/22 - OLG Köln
Fundstelle:
noch nicht bekannt für
BGHZ vorgesehen
Amtl. Leitsatz:
a) Der Anwendungsbereich des
Aufwendungsersatzanspruchs gemäß § 439 Abs. 3 BGB ist unter dem
Gesichtspunkt des Einbaus der mangelhaften Kaufsache in eine andere Sache
auch dann eröffnet, wenn sich ein Sachmangel der Kaufsache bereits im Rahmen
eines - ihrer Art und ihrem Verwendungszweck entsprechenden -
Vorfertigungsprozesses zeigt und es deshalb nicht mehr zum Abschluss des
Einbauvorgangs kommt. b) Sofern die Kaufsache nicht untrennbar mit einer
anderen Sache verbunden wird, sondern in ihrer ursprünglichen
Sacheigenschaft noch vorhanden ist, steht es dem Aufwendungsersatzanspruch
gemäß § 439 Abs. 3 BGB nicht entgegen, dass durch den Einbauvorgang eine
neue Sache hergestellt wird.
Zentrale Probleme:
Im Rahmen eines Vorfertigungsprozesses von gekauften
Rohren, die in ein Schiff eingebaut werden sollen, stellt sich deren
Mangelhaftigkeit heraus. Im Rahmen dieses Vorfertigungsprozesses wurden die
Rohre in sog. Pools zusammengebaut und verbunden. Der Kläger verlangt Ersatz
für die Kosten des Ausaneinerbaus und des erneuten Zusammenbaus mangelfreier
Rohre. In der (sehr langen) Entscheidung stellt der Senat zutreffend fest,
dass § 439 III nicht verlangt , dass dass die Kaufsache unselbständiger
Bestandteil der anderen Sache wird. Es sei außerdem vom Zufall abhängig, ob
ein Sachmangel während der Vorfertigung, d.h. der Vorbereitung des Einbaus
in eine andere Sache oder erst nach vollendetem Einbau entdeckt werde. Da
die Vorfertigung Bestandteil des Einbaus ist, sind diese Kosten damit nach §
439 III BGB zu ersetzen. Die Entscheidung äußert sich dabei grundsätzlich
zu vielen methodischen Fragen, insbesondere zur richtlinienorientierten
(historischen) Auslegung bei überschießender Umsetzung von Richtlinien (s.
dazu bei Rn. 43 ff). Die Entscheidung betrifft § 439
III BGB idF vor dem 1.1.2022. Inder Sache hat sich aber insoweit nichts
geändert. Lediglich in Bezug auf eine richtlinienorientierte Auslegung wäre
heute nicht mehr die Verbrauchsgüterkauf-Rl., sondern die Warenkauf-Rl.
maßgeblich.
©sl 2023
Tatbestand:
1 Die Klägerin bestellte am 27. Juli 2018
bei der Beklagten zu einem Gesamtpreis von 785.038,64 € Edelstahlrohre mit
einem maritimen Konformitätszertifikat, welches unter anderem die Verwendung
der Rohre für den Schiffsbau gestattet. Die Klägerin benötigte die Rohre, um
diese in zwei Kreuzfahrtschiffen ihrer Auftraggeberin als
Rohrleitungssysteme zum Transport von LNG-Gas zu montieren. Nach der
Lieferung der Rohre durch den indischen Hersteller zeigte die Klägerin der
Beklagten - vor der (letztlich nicht durchgeführten) Montage in den
Schiffskörpern - angebliche Materialfehler an und forderte diese zur
Lieferung mangelfreier Rohre auf. Die Beklagte lieferte der Klägerin
daraufhin neue Rohre.
2 Die Klägerin behauptet,
bereits vor der Entdeckung der Materialfehler habe sie mit der Vorfertigung
der Rohrleitungssysteme begonnen. Die Vorfertigung bestehe im
Wesentlichen darin, die Rohre zu sogenannten Rohrleitungsspools
zusammenzuschweißen beziehungsweise -zubauen. Aufgrund der bereits vor der
Montage in den Schiffskörpern entdeckten Materialfehler der Rohre habe sie
die Vorfertigung eingestellt und die Rohrleitungsspools wieder
auseinandergebaut, um nach dem Austausch der Rohre die übrigen von ihr
benutzten Bauteile (Rohrleitungsfittinge und Messstutzen) im Rahmen der
erneuten Vorfertigung mit den nachgelieferten Rohren wiederverwenden zu
können.
3 Mit der Klage hat die Klägerin Ersatz der Kosten
verlangt, die nach ihrer Behauptung durch das Auseinanderbauen der
im Rahmen der ersten Vorfertigung erstellten Rohrleitungsspools sowie durch
die Aufbereitung der Fittinge und Messstutzen entstanden seien. Ferner hat
sie Ersatz der von ihr behaupteten Kosten für die erneute Vorfertigung bis
zum Erreichen des Leistungsstands der ersten Vorfertigung begehrt.
4 Die zuletzt auf Zahlung von 1.372.516,82 € nebst Zinsen gerichtete
Klage hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. Mit der vom
Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr
Zahlungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
5 Die Revision hat Erfolg.
I.
6 Das Berufungsgericht
(OLG Köln, ZIP 2022, 1160) hat zur Begründung seiner Entscheidung im
Wesentlichen ausgeführt:
7 Zutreffend und von der Berufung
unbeanstandet habe das Landgericht einen Schadensersatzanspruch der Klägerin
gemäß § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1 BGB verneint, weil die Beklagte etwaige
Mängel der von ihr selbst nicht hergestellten Rohre jedenfalls nicht zu
vertreten habe.
8 Auch ein verschuldensunabhängiger
Aufwendungsersatzanspruch aus § 439 Abs. 3 BGB aF stehe der Klägerin nicht
zu. Der gegebene Fall werde vom Wortlaut der Vorschrift nicht erfasst.
Weder habe die Klägerin die von der Beklagten gekauften Rohre in
eine andere Sache eingebaut noch an eine andere Sache angebracht. Nach der
Verkehrsanschauung liege ein Einbau nur dann vor, wenn die Kaufsache mit
einer anderen Sache in der Weise körperlich verbunden werde, dass sie
unselbständiger Bestandteil dieser anderen Sache werde.
Unter Anbringen sei eine Verbindung der mangelhaften Sache mit einer
anderen Sache zu verstehen, die dem Einbau vergleichbar sei.
Gemeint seien insbesondere Fälle, in denen die mangelhafte Sache nicht in
den Korpus einer anderen Sache integriert, sondern lediglich außen an dieser
angebracht werde.
9 Im Streitfall habe die Klägerin die von der
Beklagten gekauften Rohre nicht in der Weise mit einer anderen Sache
körperlich verbunden, dass die Rohre unselbstständige Bestandteile einer
anderen Sache geworden seien. Vielmehr habe die Klägerin die Rohre
miteinander verbunden, indem sie diese zu Rohrlei-tungsspools zusammengebaut
beziehungsweise -geschweißt habe. Eine andere Beurteilung sei auch nicht
deshalb gerechtfertigt, weil die Klägerin dabei Verbindungselemente
(Rohrleitungsfittinge) verwendet habe, die sie offenbar nicht bei der
Beklagten erworben habe. Denn die Rohre seien ersichtlich keine
unselbstständigen Bestandteile der Verbindungselemente geworden.
Entsprechendes gelte für den Einbau der Messstutzen. Ein Einbau der
Rohrleitungsspools in die Kreuzfahrtschiffe sei unstreitig nicht erfolgt, so
dass es dahinstehen könne, ob dadurch entstandene Kosten ersatzfähig seien.
10 Weder das Gebot richtlinienkonformer Auslegung noch der Wille des
nationalen Gesetzgebers erforderten es, die Vorschrift des § 439 Abs. 3 Satz
1 BGB aF über ihren Wortlaut hinaus dahingehend auszulegen, dass sie die
hier zu beurteilende Vorfertigung von Rohrleitungsspools erfasse. Jedenfalls
sei die Bestimmung nicht auf eine Vorfertigung von Rohrleitungsspools durch
einen Unternehmer anzuwenden.
11 Die Gesetzesmaterialien belegten,
dass der Gesetzgeber einen Aufwendungsersatzanspruch nicht für alle Fälle
habe vorsehen wollen, in denen der Käufer die mangelhafte Sache gemäß ihrer
nach dem Vertrag vorausgesetzten Verwendung verändere. Dem Gesetzgeber habe
eine so weitgehende Ausdehnung der kaufrechtlichen Nachlieferungspflicht
nicht vor Augen gestanden, dass davon auch Fälle erfasst wären, in denen die
mangelhafte Kaufsache nicht nur unwesentlich verändert, sondern eine neue -
andere - Sache hergestellt werde. Sollte die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie
es gebieten, den Aufwendungsersatzanspruch bei Verträgen über
Verbrauchsgüter auf solche Fälle zu erstrecken, könne § 439 Abs. 3 Satz 1
BGB aF jedenfalls auf (dem Anwendungsbereich der Richtlinie nicht
unterfallende) Kaufverträge zwischen Unternehmern nicht ausgedehnt werden.
12 Zwar habe die Bundesregierung darauf hingewiesen, dass die Bestimmung
auslegungsfähig und auslegungsbedürftig sei und ihre Ausfüllung und
Konkretisierung der Rechtsprechung überlassen werden könne, welche auch zu
berücksichtigen habe, dass die Regelung auf die
Verbrauchsgüterkaufrichtlinie zurückgehe. Dies habe die Bundesregierung aber
wieder relativiert, denn sie habe ausgeführt, dass der Anwendungsbereich der
Vorschrift eine Grenze finden dürfte, wenn die Kaufsache in ihrer
ursprünglichen Sacheigenschaft nicht mehr vorhanden sei.
13 Aufgrund
dessen könne nicht davon ausgegangen werden, dass dem Gesetzgeber eine so
weite Ausdehnung der Nachlieferungspflicht vor Augen gestanden habe, dass
diese auch Fälle erfasse, in denen die mangelhafte Kaufsache nicht nur
unwesentlich verändert, sondern durch eine Verbindung mit einem anderen
Material und/oder durch Arbeitsleistung eine neue - andere - Sache
hergestellt werde. Diese Beurteilung sei sachlich begründet, denn die
Entscheidung des Käufers, mit Hilfe der Kaufsache eine neue Sache
herzustellen, sei so gewichtig, dass es angemessen erscheine, ihm das damit
verbundene Risiko aufzubürden.
14 Danach scheide im Streitfall ein
Aufwendungsersatzanspruch aus. Das Landgericht habe zu Recht angenommen,
dass die Klägerin durch die Verarbeitung und Verbindung der gelieferten
Rohre noch vor deren Einbau in die Kreuzfahrtschiffe neue Sachen - die
Rohrleitungsspools - geschaffen habe. Der Vorfertigungsprozess könne deshalb
nicht als bloße Vorbereitung des Einbaus der Rohre in die Kreuzfahrtschiffe
angesehen werden.
15 Diese Wertung sei vor allem aufgrund der
erheblichen Leistungen gerechtfertigt, die die Klägerin im Rahmen der
Vorfertigung habe erbringen müssen und deren Umfang sich in der Höhe der den
Kaufpreis weit übersteigenden Klageforderung spiegele. Die Klägerin habe
zudem vorgetragen, die Rohre zusammengebaut beziehungsweise an von ihr
vorbereiteten Nähten zusammengeschweißt zu haben. Anschließend habe sie die
Rohre zu Reinigungszwecken beizen und anstreichen müssen. Dabei habe sie
nach ihrem Vortrag nach Plänen gearbeitet, die jedenfalls nicht von der
Beklagten stammten. Dies zeige, dass die Rohrleitungsspools offenbar auf die
"konkreten Bedürfnisse der Kreuzfahrtschiffe" ausgelegt gewesen seien und
somit ein neuer Funktionszweck geschaffen worden sei. Jedenfalls seien die
Möglichkeiten, die Rohre zu verwenden, durch die Vorfertigung deutlich
eingeschränkt worden. Ein Auseinanderbauen sei zwar nicht unmöglich, habe
aber einen erheblichen Aufwand erfordert.
II.
16 Diese
Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
17 1.
Rechtsfehlerfrei und von der Revision unbeanstandet hat das Berufungsgericht
allerdings einen Schadensersatzanspruch der Klägerin gemäß § 437 Nr. 3, §
280 Abs. 1 BGB verneint, weil die Beklagte den behaupteten Sachmangel der
gekauften Rohre jedenfalls nicht zu vertreten habe und ihr ein etwaiges
Verschulden des Herstellers nicht gemäß § 278 BGB zurechenbar sei
(vgl. nur Senatsurteile vom 2. April 2014 - VIII
ZR 46/13, BGHZ 200, 337 Rn. 31 mwN; vom 24.
Oktober 2018 - VIII ZR 66/17, BGHZ 220, 134 Rn. 97).
18 2.
Jedoch kann mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung ein
verschuldensunabhängiger Aufwendungsersatzanspruch der Klägerin gemäß § 439
Abs. 3 Satz 1 BGB in der gemäß Art. 229 §§ 39, 58 EGBGB
maßgeblichen, vom 1. Januar 2018 bis zum 31. Dezember 2021 geltenden Fassung
(im Folgenden: aF) nicht verneint werden. Nach
dieser Vorschrift ist der Verkäufer im Rahmen der Nacherfüllung
verpflichtet, dem Käufer die erforderlichen Aufwendungen für das Entfernen
der mangelhaften und den Einbau oder das Anbringen der nachgebesserten oder
gelieferten mangelfreien Sache zu ersetzen, wenn der Käufer die mangelhafte
Sache gemäß ihrer Art und ihrem Verwendungszweck in eine andere Sache
eingebaut oder an eine andere Sache angebracht hat.
19 Nach
dem in der Revisionsinstanz zu unterstellenden Tatsachenvortrag der Klägerin
wiesen die ursprünglich gelieferten Rohre Sachmängel auf und hat die
Klägerin diese bereits vor der Fertigstellung des bestimmungsgemäßen Einbaus
in die Kreuzfahrtschiffe im Rahmen eines vorgelagerten
Vorfertigungsprozesses bei der Herstellung von - seitens des
Landgerichts als komplexes Rohrleitungssystem bezeichneten -
Rohrleitungsspools festgestellt.
20 Anders als das Berufungsgericht
gemeint hat, ist auch dieser Fall vom Tatbestandsmerkmal des Einbaus der
Kaufsache in eine andere Sache im Sinne von § 439 Abs. 3 Satz 1 BGB aF
erfasst und ist - entgegen der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat
geäußerten Auffassung der Revisionserwiderung -mit der Herstellung der
Rohrleitungsspools eine für die Beurteilung des Aufwendungsersatzanspruchs
der Klägerin aus § 439 Abs. 3 BGB aF maßgebliche Zäsur nicht verbunden.
Denn der Vorfertigungsprozess war Bestandteil des - der Art und dem
Verwendungszweck der Rohre entsprechenden - Einbaus in die Kreuzfahrtschiffe
(dazu nachfolgend unter a). Zu Unrecht hat das Berufungsgericht in
diesem Zusammenhang angenommen, dem Aufwendungsersatzanspruch der Klägerin
stehe entgegen, dass sie im Rahmen der Vorfertigung eine neue Sache
hergestellt habe (dazu nachfolgend unter b).
21 a) In Anbetracht des
Gesetzeswortlauts, der Gesetzeshistorie und -begründung sowie des
Regelungszwecks der Vorschrift unterfällt - wie die Revision zu Recht
geltend macht - bereits die von der Klägerin vorgenommene
Vorfertigung der Rohre zu Rohrleitungsspools zum Zweck des
bestimmungsgemäßen Einbaus in Kreuzfahrtschiffe dem Tatbestandsmerkmal des
Einbaus der Kaufsache in eine andere Sache, obwohl die Rohrleitungsspools
bei Entdeckung der Sachmängel noch nicht in die Schiffskörper integriert
worden waren.
22 Auf den von der Revision ergänzend
angeführten Gesichtspunkt, jedenfalls sei das - auf Anregung des Ausschusses
für Recht und Verbraucherschutz (BT-Drucks. 18/11437, S. 40) als
Verdeutlichung in das Gesetz eingefügte - Tatbestandsmerkmal des Anbringens
der Kaufsache an eine andere Sache erfüllt, kommt es somit nicht an.
Es bedarf im Streitfall auch keiner Entscheidung, ob über den Wortlaut des §
439 Abs. 3 Satz 1 BGB aF hinaus bei dem Einbau in eine andere Sache oder dem
Anbringen an eine andere Sache vergleichbaren, dem Verwendungszweck der
Kaufsache entsprechenden Veränderungen eine analoge Anwendung der Vorschrift
geboten ist (siehe dazu BeckOK-BGB/Faust, Stand: 1. Mai 2023, § 439
Rn. 114 ff.; BeckOGK-BGB/Höpfner, Stand: 1. April 2023, § 439 Rn 69 ff.;
jeweils mwN).
23 aa) Entgegen der von der Revisionserwiderung
geteilten Sichtweise des Berufungsgerichts ist es mit dem Gesetzeswortlaut
vereinbar, bereits die - der Art und ihrem Verwendungszweck entsprechende -
Verbindung gekaufter Rohre zu Rohrleitungsspools zum Zwecke des Einbaus in
Kreuzfahrtschiffe als vom Tatbestandsmerkmal des Einbaus der Kaufsache in
eine andere Sache umfasst zu beurteilen, auch wenn die Rohrleitungsspools
noch nicht in den Schiffskörper integriert worden sind.
24 (1) Im
Ausgangspunkt zutreffend hat das Berufungsgericht darauf abgestellt,
dass ein Einbau der Kaufsache in eine andere Sache nach dem allgemeinen
Sprachgebrauch - unbeschadet der hier nicht entscheidungserheblichen Frage,
wie andere vergleichbare Veränderungen der Kaufsache zu beurteilen sind -
jedenfalls bei einer körperlichen Verbindung der Kaufsache mit einer anderen
Sache gegeben ist (vgl. etwa BeckOGK-BGB/Höpfner, Stand: 1.
April 2023, § 439 Rn. 67; jurisPK-BGB/Pammler, Stand: 1. Februar 2023, §
439 Rn. 153; Dauner-Lieb, BauR 2018, 305, 309; Bleckat, VuR 2019, 254, 255).
Das Berufungsgericht hat einen Einbau "in eine andere Sache" in Anbetracht
dessen verneint, dass die zu Spools zusammengefügten Rohre bei der
Entdeckung ihrer Mangelhaftigkeit noch nicht in die Schiffskörper integriert
gewesen seien; das bloße Zusammenfügen der Rohre mit Verbindungselementen
rechtfertige keine andere Bewertung, weil die Rohre nicht unselbständige
Bestandteile der Verbindungselemente geworden seien.
25 (2) Diese
Sichtweise geht fehl. Das Berufungsgericht hat sich von einem zu
engen Verständnis des Merkmals des Einbaus der Kaufsache in eine
andere Sache leiten lassen.
26 (a) Das Berufungsgericht hat
seinen Blickwinkel bereits insoweit in unzulässiger Weise verengt, als es -
ohne Begründung - angenommen hat, es komme darauf an, dass die Kaufsache
unselbständiger Bestandteil der anderen Sache werde (eine solche
Einschränkung ebenfalls befürwortend: Höpfner/Fallmann, NJW 2017, 3745;
BeckOGK-BGB/Höpfner, Stand: 1. April 2023, § 439 Rn. 66; distanzierend aber
BeckOGK-BGB/Höpfner, aaO, § 439 Rn. 67 Fn. 375). Für ein solches
restriktives Verständnis, den Aufwendungsersatzanspruch aus § 439 Abs. 3
Satz 1 BGB aF darauf zu beschränken, dass die Kaufsache beim
Einbau unselbständiger Bestandteil der anderen Sache wird, sind
Anhaltspunkte im Gesetzeswortlaut jedoch nicht zu erkennen (vgl.
Erman/Grunewald, BGB, 17. Aufl., § 439 Rn. 9, unter Hinweis darauf, das wohl
dem § 93 BGB entlehnte Kriterium diene der Klärung sachenrechtlicher
Fragestellungen, die im Rahmen der Nacherfüllungspflicht des Verkäufers
nicht von Belang seien).
27 (b) Ein "Einbau" der (zu
Rohrleitungsspools zusammengefügten) Rohre ist auch nicht deshalb zu
verneinen, weil die Klägerin die Sachmängel bereits bei einer der Endmontage
in den Schiffskörpern vorgelagerten Verarbeitungsstufe entdeckt hat.
28 (aa) Nach der dem Berufungsurteil zugrunde liegenden Sichtweise wäre ein
Einbau der Kaufsache in eine andere Sache erst mit der (abschließenden)
Einbauphase, hier mit der Endmontage in die Schiffskörper, gegeben.
Dies übersieht jedoch, dass der Einbauvorgang nicht auf seine Schlussphase
reduziert werden kann. Der Einbau einer Sache kann sich auch in mehreren
Stufen vollziehen. Der Haupt- beziehungsweise Endfertigung können
(der Art und dem Verwendungszweck der Kaufsache entsprechende) weitere
Stufen der Ver- beziehungsweise Bearbeitung vorausgehen, bei denen Bauteile
zusammengefügt und für die Endmontage vorbereitet werden. Mit dem
Gesetzeswortlaut lässt sich auch die Gesamtheit eines mehrstufigen
Einbauvorgangs vereinbaren, einschließlich der Art und dem Verwendungszweck
der Kaufsache entsprechenden Ver- oder Bearbeitungsstufen.
29 (bb) Hiernach ist ein Einbau der ursprünglich gelieferten Rohre im Sinne
des § 439 Abs. 3 Satz 1 BGB aF auch im gegebenen Fall zu bejahen. Zwar waren
die Rohre noch nicht - ihrem abschließenden Verwendungszweck entsprechend -
in die Schiffskörper integriert. Die Vorfertigung in Gestalt der
Verbindung der Rohre mit Fittingen und Messstutzen zu Rohrleitungsspools
diente jedoch dazu, die Haupt- beziehungsweise Endfertigung
vorzubereiten. Die Vorfertigung war mithin - jedenfalls nach dem in
der Revisionsinstanz zu unterstellenden Sachvortrag der Klägerin -
ein der Art und dem Verwendungszweck der Rohre entsprechender Bestandteil
des Einbauvorgangs.
30 bb) Dieses Verständnis des
Gesetzeswortlauts steht im Einklang sowohl mit der Gesetzeshistorie als auch
mit der Gesetzesbegründung.
31 (1) § 439 Abs. 3 Satz 1 BGB aF wurde
durch Art. 1 Nr. 7 des Gesetzes zur Reform des Bauvertragsrechts, zur
Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung, zur Stärkung des
zivilprozessualen Rechtsschutzes und zum maschinellen Siegel im Grundbuch-
und Schiffsregisterverfahren vom 28. April 2017 (BGBl. I S. 969) mit Wirkung
zum 1. Januar 2018 eingeführt.
32 (2) Der Referentenentwurf des
Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz sah - worauf das
Berufungsgericht zu Recht hingewiesen hat -ursprünglich vor, die Vorschrift
nicht nur auf den Einbau der Kaufsache zu begrenzen, sondern auf alle Fälle
zu erstrecken, in denen "der Käufer die mangelhafte Sache gemäß ihrer nach
dem Vertrag vorausgesetzten Verwendung verändert" hat (RefE, S. 6, 40 f.).
Zwar wurde dies in den Regierungsentwurf - insoweit ohne Begründung - nicht
übernommen; die Vorschrift wurde (zunächst) auf Einbaufälle beschränkt
(BT-Drucks. 18/8486, S. 9, 39). Zwar hat die Bundesregierung auf die vom
Bundesrat in diesem Zusammenhang geäußerten Bedenken, sachgerecht erscheine
eine Anwendung auf alle Kaufsachen, die der Käufer in irgendeiner Form mit
anderen Sachen verbinde (Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drucks., aaO S.
83), in ihrer Gegenäußerung erklärt, sie werde das Anliegen des Bundesrates
prüfen (BT-Drucks., aaO S. 95). Im weiteren Gesetzgebungsverfahren wurde der
Wortlaut der Vorschrift allerdings insoweit letztlich nicht geändert.
33 Jedoch kann daraus nicht hergeleitet werden, dass
Vorfertigungsvorgänge - wie sie hier in Rede stehen - nicht als Bestandteil
des Einbaus im Sinne der Vorschrift des § 439 Abs. 3 Satz 1 BGB aF gewertet
werden können. Denn die Bundesregierung hat in ihrer Gegenäußerung
ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der im Gesetz nicht näher
bestimmte Begriff des Einbaus der Kaufsache in eine andere Sache
auslegungsfähig und auslegungsbedürftig sei und dass die Ausfüllung und
Konkretisierung dieses Rechtsbegriffs der Rechtsprechung überlassen werden
könne (BT-Drucks., aaO). Darüber hinaus hat sie deutlich
gemacht, dass ein Einbau einer Kaufsache gemäß deren Art und
Verwendungszweck in eine andere Sache und der Ausbau in vielerlei Varianten
erfolgen könne, zum Beispiel durch Ein- und Ausschrauben, Nieten und Bohren,
Schweißen und Heraus- oder Abtrennen (BT-Drucks., aaO).
34
(3) Bereits vor diesem Hintergrund ist es naheliegend, das
Tatbestandsmerkmal des Einbaus der Kaufsache in eine andere Sache weder auf
eine einzelne Variante noch - wie das Berufungsgericht möglicherweise
gemeint hat - auf eine einzelne Fallgruppe zu beschränken, in der die
Kaufsache ohne weitere (vorbereitende) Arbeitsvorgänge unmittelbar in eine
andere Sache eingebaut werden kann. Vielmehr ist es mit Rücksicht
auf die Entstehungsgeschichte der Vorschrift sachgerecht, einen - der Art
und dem Verwendungszweck der Kaufsache entsprechenden - Vorfertigungsprozess
als Bestandteil des Einbauvorgangs zu werten.
35 cc) Diese
Bewertung wird vom Gesetzeszweck des § 439 Abs. 3 Satz 1 BGB aF gefordert.
36 (1) Zentrales Anliegen des Gesetzgebers war eine Entlastung
der Handwerker und anderer Werkunternehmer. Zwar stand ihm dabei in erster
Linie die Baubranche vor Augen (vgl. BT-Drucks. 18/8486, S. 1),
jedoch ist der Gesetzeszweck nicht auf Bauhandwerker einzuengen,
sondern auf alle Werkunternehmer zu erstrecken, die mangelhaftes
(Bau-)Material erworben haben (BT-Drucks., aaO S. 2). Diese
sollten den Verkäufer des mangelhaften Materials auch dann wegen der Aus-
und Einbauleistungen in Anspruch nehmen können, wenn er die Mangelhaftigkeit
nicht zu vertreten hat und ein Schadensersatzanspruch nach § 437 Nr. 2, §
280 BGB daher nicht gegeben ist (vgl. BT-Drucks., aaO S. 39).
37 Zuvor hatte der Gerichtshof der Europäischen Union durch
Urteil vom 16. Juni 2011 (EuGH, C-65/09 und C-87/09, Slg. 2011, I-5257 Rn.
59, 62 - Gebr. Weber und Putz) Art. 3 Abs. 2 und 3 der - vor dem 1.
Januar 2022 noch maßgeblichen - Richtlinie 1999/44/EG vom 25. Mai 1999 zu
bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für
Verbrauchsgüter (Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, ABl. EG Nr. L 171, S. 12)
dahin ausgelegt, dass der Verkäufer einer beweglichen Sache im Rahmen einer
Nacherfüllung gegenüber dem Verbraucher verpflichtet sein kann, die bereits
in eine andere Sache eingebaute mangelhafte Kaufsache auszubauen und die
Ersatzsache einzubauen oder die Kosten für beides zu tragen.
38 Der
Senat hat daraufhin entschieden, § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB sei
richtlinienkonform dahin auszulegen, dass die Nacherfüllungsvariante
"Lieferung einer mangelfreien Sache" neben dem Ausbau und Abtransport der
mangelhaften Kaufsache auch den Einbau der als Ersatz gelieferten Sache
erfasst (Urteile vom 21. Dezember 2011 -
VIII ZR 70/08, BGHZ 192, 148 Rn. 25 ff.; vom
17. Oktober 2012 - VIII ZR 226/11, BGHZ 195, 135 Rn. 16). Diese
richtlinienkonforme Auslegung der genannten Vorschrift war jedoch auf den
Verbrauchsgüterkauf (§ 474 BGB aF) zu beschränken und nicht auf Kaufverträge
außerhalb des Verbrauchsgüterkaufs, also auf Kaufverträge zwischen
Unternehmern oder zwischen Verbrauchern, zu erstrecken (Senatsurteile
vom 17. Oktober 2012 - VIII ZR 226/11, aaO
Rn. 17 ff.; vom 2. April 2014 - VIII ZR 46/13, BGHZ 200, 337 Rn. 27;
Senatsbeschlüsse vom 16. April 2013 - VIII ZR 375/11 und VIII ZR 67/12,
jeweils juris Rn. 3).
39 Dies bedeutete für einen Werkunternehmer,
der mangelhaftes Material gekauft und es in Unkenntnis des Mangels bei einem
Dritten verbaut hat, dass er diesem aus dem geschlossenen Werkvertrag zum
Ausbau des mangelhaften und zum Einbau von mangelfreiem Material
verpflichtet war. Von dem Verkäufer konnte er dagegen nach der damals
geltenden Rechtslage nur die Lieferung des dafür benötigten neuen Materials
verlangen, während er die Kosten des Aus- und Einbaus - von den Fällen einer
schuldhaften Pflichtverletzung des Verkäufers abgesehen - selbst zu tragen
hatte (vgl. BT-Drucks. 18/8486, S. 1 f., 39). Dem Gesetzgeber war in
Anbetracht dessen besonders daran gelegen, die Rechtslage der
Werkunternehmer zu verbessern, weil die vorbezeichnete restriktive
Handhabung des Nacherfüllungsanspruchs vor allem zu deren Lasten gehe
(vgl. BT-Drucks., aaO S. 2).
40 (2) Mit dieser
bezweckten Entlastung des Werkunternehmers wäre es nicht zu vereinbaren, ihm
einen Aufwendungsersatzanspruch nach § 439 Abs. 3 Satz 1 BGB aF gegen den
Verkäufer mangelhaften Materials zu versagen, wenn die Kaufsache
entsprechend ihrer Art und ihrem Verwendungszweck in eine andere Sache
eingebaut werden soll, der Mangel jedoch bereits im Rahmen
eines Vorfertigungsprozesses vor Abschluss der Endfertigung offenbar wird.
Denn die Entstehung eines Aufwendungsersatzanspruchs wäre andernfalls -
worauf die Revision zu Recht hinweist - nicht selten von dem Zufall
abhängig, wann im Rahmen eines solchen der Art und dem Verwendungszweck der
Kaufsache entsprechenden Prozesses ein Sachmangel offenbar wird.
Dies leuchtet wertungsmäßig nicht ein. Ohne Erfolg wendet die
Revisionserwiderung hiergegen ein, dass selbst dann, wenn der Einbau direkt
in das Schiff erfolgt wäre, nur die Kosten für das bloße Heraustrennen der
Rohrleitungsspools mit den mangelhaften Rohren und den Einbau neuer
Rohrleitungsspools mit mangelfreien Rohren in das Schiff gemäß § 439 Abs. 3
Satz 1 BGB aF zu ersetzen wären. Diese Sichtweise lässt außer Acht, dass bei
einem solchen Normverständnis die vom Gesetzgeber bezweckte Entlastung der
Werkunternehmer nicht im gebotenen Umfang erreicht würde.
41 (3)
Ebenso rechtfertigt der Umstand, dass die Klägerin ihrer Auftraggeberin
nicht das Entfernen mangelhafter Rohre aus den Schiffen schuldete, weil
die vorgefertigten Rohrleitungsspools noch nicht in diese integriert worden
waren, keine andere Beurteilung. Denn entscheidend kommt es darauf an, dass
der Klägerin durch die Mangelhaftigkeit der ursprünglich gelieferten Rohre
ein zusätzlicher Aufwand entstanden ist. Der Gesetzgeber wollte
gerade dafür sorgen, "dass Handwerker und andere Unternehmer nicht pauschal
auf den Folgekosten von Produktmängeln sitzen bleiben, die der Lieferant
oder Hersteller zu verantworten hat" (so BT-Drucks. 18/8486, S.
25). Folgekosten von Produktmängeln können jedoch, wie der vorliegende Fall
deutlich macht, bereits dann entstehen, wenn der Einbauvorgang noch
nicht abgeschlossen ist (vgl. hierzu auch die in den
Gesetzesmaterialien gewählte Formulierung "regelmäßig" [BT-Drucks., aaO S.
39] im Zusammenhang mit der sogenannten "Haftungsfalle" [BT-Drucks., aaO S.
93]).
42 Den Interessen der Letztverkäufer und
Zwischenhändler, wie hier der Beklagten, hat der Gesetzgeber dabei Rechnung
getragen, indem er zum Ausgleich der ausgeweiteten kaufrechtlichen
Mängelhaftung darauf hingewirkt hat, dass sie Aufwendungen, die ihnen bei
der Erfüllung ihrer kaufrechtlichen Nacherfüllungspflicht entstehen, über
Regressvorschriften in der Lieferkette möglichst bis zum Verursacher des
Mangels weiterreichen können (vgl. BT-Drucks. 18/8486, S. 41).
43 dd) Neben den vorbezeichneten Auslegungskriterien
sind schließlich auch unionsrechtliche Vorgaben zu berücksichtigen. Die
Gesetzesmaterialien heben hinsichtlich der Auslegung des Tatbestandsmerkmals
des Einbaus in eine andere Sache insbesondere hervor, dass die Regelung des
§ 439 Abs. 3 Satz 1 BGB aF auf die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie (RL
1999/44/EG) zurückgeht (BT-Drucks. 18/8486, S. 95 f.).
44 (1) Zwar
wird der hier gegebene Fall eines Kaufvertrags zwischen Unternehmern von der
Verbrauchsgüterkaufrichtlinie nicht erfasst. Allerdings kann eine
richtlinienkonforme Auslegung für das nationale Recht auch über den
Geltungsbereich einer Richtlinie hinaus Bedeutung erlangen, wenn eine
überschießende Umsetzung einer Richtlinie in das nationale Recht erfolgt
ist. Eine Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung
richtlinienfreien Rechts ergibt sich bei einer solchen
richtlinienüberschießenden Umsetzung zwar nicht aus dem Gemeinschaftsrecht.
Sie kann sich aber aus nationalem Recht, das heißt aus einem entsprechenden
Willen des nationalen Gesetzgebers ergeben (vgl.
BGH, Urteile vom 17. Oktober 2012 - VIII ZR
226/11, BGHZ 195, 135 Rn. 20; vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, BGHZ 201,
101 Rn. 29; vom 5. Oktober 2016 - VIII ZR 222/15, BGHZ 212, 140 Rn. 32 ff.;
Beschluss vom 16. Februar 2021 - II ZB 25/17, ZIP 2021, 566 Rn. 13).
45 (a) Eine überschießende Umsetzung der Richtlinie ist hier gegeben. Denn
der Gesetzgeber hat die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben hinsichtlich
des Entfernens einer mangelhaften und den Einbau oder das Anbringen der
nachgebesserten oder einer gelieferten mangelfreien Sache im Rahmen der
kaufrechtlichen Nacherfüllung in das deutsche Recht nicht in die
Sonderregelungen für den Verbrauchsgüterkauf (§§ 474 ff. BGB), sondern in
die für alle Kaufverträge geltenden Bestimmungen der §§ 433 ff. BGB
eingefügt (vgl. Senatsurteil vom 17. Oktober 2012 - VIII ZR 226/11, aaO Rn.
21).
46 (b) Die Erstreckung der Nacherfüllungspflicht
hinsichtlich der Aufwendungen des Käufers für das Entfernen mangelhafter
Kaufsachen und den Einbau oder das Anbringen mangelfreier Sachen auch auf
Kaufverträge zwischen Unternehmern entspricht auch dem Willen des
Gesetzgebers (zu diesem Kriterium siehe Senatsurteil
vom 17. Oktober 2012 - VIII ZR 226/11, aaO
Rn. 22 ff.), denn ihm war - wie ausgeführt - in besonderer Weise daran
gelegen, Werkunternehmer zu entlasten, die mangelhaftes Material erworben
haben. Dementsprechend heißt es in den Gesetzesmaterialien, der in § 439 BGB
neu einzufügende Anspruch des Käufers auf Ersatz der hierfür erforderlichen
Aufwendungen solle "nicht nur für B2C-Geschäfte, sondern für alle
Kaufverträge und damit auch für B2B-Geschäfte gelten" (BT-Drucks. 18/8486,
S. 27).
47 (2) Nach Maßgabe der somit heranzuziehenden
unionsrechtlichen Vorgaben ist eine Erstreckung des
Aufwendungsersatzanspruchs für die Kosten des Entfernens mangelhafter und
den Einbau oder das Anbringen nachgebesserter oder gelieferter mangelfreier
Sachen auf die der Endmontage in den Schiffskörpern der Kreuzfahrtschiffe
vorgelagerte Rohrvorfertigung geboten.
48 Nach Art. 3 Abs. 3 Satz 3
der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie muss die Nachbesserung oder die
Ersatzlieferung für den Verbraucher ohne erhebliche Unannehmlichkeiten
erfolgen. Dazu hat der Gerichtshof ausgesprochen, der Umstand, dass der
Verkäufer das vertragswidrige Verbrauchsgut nicht ausbaue und das als Ersatz
gelieferte Verbrauchsgut nicht einbaue, stelle zweifellos eine erhebliche
Unannehmlichkeit für den Verbraucher dar, insbesondere in Fällen, in denen
das als Ersatz gelieferte Verbrauchsgut, um seiner üblichen
Bestimmung entsprechend verwendet werden zu können, zunächst eingebaut
werden müsse, was den vorherigen Ausbau des vertragswidrigen Verbrauchsguts
erforderlich mache ( Urteil vom 16. Juni 2011
(EuGH, C-65/09 und C-87/09, Slg. 2011, I-5257 Rn. 59, 62 - Gebr. Weber und
Putz). Dieser Gesichtspunkt, den die Gesetzesmaterialien besonders
betonen (BT-Drucks. 18/8486, S. 95 f.), ist auf Kaufverträge zwischen
Unternehmern übertragbar (Hübner, ZfPW 2018, 227, 237 f.). Soweit die
Bundesregierung ein "relativ" enges Verständnis des Nacherfüllungsanspruchs
hat anklingen lassen, erfolgte dies ersichtlich zur Abgrenzung von dem oben
(unter 2 a bb (2)) bereits erwähnten weiter gefassten Vorschlag des
Bundesrats (so BT-Drucks. 18/8486, S. 95 f.).
49 b) Das
Berufungsgericht hat entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung
rechtsfehlerhaft - möglicherweise in Anlehnung an den Begriff der
Verarbeitung im Sinne von § 950 BGB - angenommen, der geltend gemachte
Aufwendungsersatzanspruch sei letztlich bereits deshalb ausgeschlossen, weil
die Klägerin durch die Verbindung der gekauften Rohre zu Rohrleitungsspools
neue Sachen hergestellt habe (für die Heranziehung der im Rahmen
des § 950 BGB entwickelten Grundsätze auch die vom Berufungsgericht
angeführte Kommentierung BeckOK-BGB/Faust, Stand: 1. Mai 2023, § 439 Rn.
117).
50 aa) Nach den Gesetzesmaterialien soll die Regelung
des § 439 Abs. 3 Satz 1 BGB aF erst dort eine Grenze finden, wo die
Kaufsache in ihrer ursprünglichen Form nicht mehr vorhanden ist.
Beispielhaft sind Fälle der untrennbaren Vermengung und Vermischung, etwa
bei Flüssigkeiten, Chemikalien oder bei der Stahlverarbeitung angeführt
(so BT-Drucks. 18/8486, S. 96). Eine solche Fallgestaltung ist nach den
Feststellungen des Berufungsgerichts hier nicht gegeben. Die Rohre sind -
wie letztlich auch die Revisionserwiderung mit ihrem in der mündlichen
Verhandlung vor dem Senat unterbreiteten Argument, die Rohre seien nur mit
erheblichem Aufwand trennbar, nicht in Abrede stellt - nicht
untrennbar mit anderen Sachen verbunden worden. Eine Demontage war nach den
vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht unmöglich (§ 275 Abs.
1 BGB).
51 bb) Das Berufungsgericht hat jedoch gemeint, ein
Aufwendungsersatzanspruch der Klägerin sei gleichwohl nicht gegeben, weil
sie bei der Vorfertigung der Rohre zu Rohrleitungsspools eine neue Sache
hergestellt habe.
52(1) Dies trifft nicht zu.
53 (a)
Nach dem in der Revisionsinstanz zu unterstellenden Sachvortrag der Klägerin
entsprach die Vorfertigung zu Rohrleitungsspools der Art und dem
Verwendungszweck der gekauften Rohre. Gegenteilige Feststellungen
hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Der Aufwendungsersatzanspruch der
Klägerin darf deshalb nicht mit der Begründung versagt werden, die
Rohrleitungsspools seien "offenbar auf die konkreten Bedürfnisse der
Kreuzfahrtschiffe" ausgelegt gewesen und die Verwendungsmöglichkeiten der
Rohre seien "durch die Vorfertigung deutlich eingeschränkt" worden, denn
gerade dies entsprach dem bestimmungsgemäßen Verwendungszweck der gekauften
Rohre. Auch hat der wesentliche wirtschaftliche Funktionszweck der Rohre
sich durch die Vorfertigung entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht
geändert. Sowohl die gekauften Rohre als auch die zu Rohrleitungsspools
verbundenen Rohre sollten der Durchleitung von Substanzen, hier LNG-Gas,
dienen.
54 (b) Anders als das Berufungsgericht gemeint hat,
ist auch der mit der Rohrvorfertigung und der Demontage verbundene, den
Kaufpreis übersteigende Aufwand nicht ohne Weiteres geeignet, den
Aufwendungsersatzanspruch zu versagen. Dem Gesetzgeber war bewusst, dass die
Ansprüche des Käufers einen erheblichen Umfang haben können
(BT-Drucks. 18/8486, S. 41), weil die Kosten für das Entfernen
mangelhafter Kaufsachen und den Einbau neuer Sachen sehr hoch sein können
(BT-Drucks., aaO S. 39). Gerade deshalb war dem Gesetzgeber indes
an einer Entlastung der Werkunternehmer (in ihrer Eigenschaft als Käufer)
gelegen.
55 Abgesehen davon, dass der Aufwendungsersatzanspruch durch
das einschränkende Kriterium des Einbaus entsprechend der Art und dem
Verwendungszweck der Kaufsache begrenzt wird, ist der Verkäufer zudem vor
einer - seitens der Revisionserwiderung befürchteten - übermäßigen
Inanspruchnahme dadurch geschützt, dass der Käufer nur Ersatz der
erforderlichen Aufwendungen verlangen kann. Überdies ist es
dem Verkäufer - hier der Beklagten - gegebenenfalls unbenommen, die
Nacherfüllung zu verweigern, sofern diese nur mit unverhältnismäßigen Kosten
möglich wäre (§ 439 Abs. 4 BGB). Dahingehende Feststellungen hat
das Berufungsgericht jedoch nicht getroffen.
56 (2)
Ungeachtet dessen ist das - an die Vorschrift des § 950 BGB angelehnte -
Kriterium der Herstellung einer neuen Sache auch nicht geeignet, einen
Aufwendungsersatzanspruch des Käufers gemäß § 439 Abs. 3 Satz 1 BGB aF zu
verneinen. Solange der Einbau der Kaufsache gemäß ihrer Art und
ihrem Verwendungszweck erfolgt, erschließt sich nicht, aus welchem
Grund individualisierende Veränderungen der Kaufsache im Rahmen eines Be-
oder Verarbeitungsprozesses zum Ausschluss des Aufwendungsersatzanspruchs
führen sollten, sofern der Einbau revidierbar ist. Nach den
Gesetzesmaterialien soll der Aufwendungsersatzanspruch eine Grenze (erst)
dort finden, "wo die Kaufsache in ihrer ursprünglichen Sacheigenschaft nicht
mehr vorhanden ist" (BT-Drucks. 18/8486, S. 96).
57 Die vom
Berufungsgericht demgegenüber in der Sache vertretene
anspruchseinschränkende Sichtweise, wonach nur Veränderungen, die unterhalb
der Schwelle der Verarbeitung (im Sinne von § 950 BGB) bleiben, in den
Risikobereich des Verkäufers fallen sollen, während bei darüber
hinausgehenden Veränderungen die Entscheidung des Käufers zur Vornahme der
Veränderung so gewichtig sei, dass er auf eigenes Risiko handele, war im
Gesetzgebungsverfahren bekannt (vgl. Faust, Wer trägt die Kosten
mangelhafter Baumaterialien? - Umfang der Mängelhaftung und Regress,
Tagungsband des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz,
2015, S. 33, 38). Sie hat jedoch weder im Gesetz noch in den
Gesetzesmaterialien einen Niederschlag gefunden.
III.
58 Nach
alledem kann das Urteil des Berufungsgerichts keinen Bestand haben; es ist
aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht entscheidungsreif und
daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das
Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die gebotenen Feststellungen
treffen kann (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
|