Wiederaufleben der Forderung nach Inanspruchnahme
der "Amazon A-z-Garantie"
BGH, Urteil vom 1. April 2020 - VIII
ZR 18/19
Fundstelle:
noch nicht bekannt
Amtl. Leitsatz:
a) Der Erklärungsgehalt der bei Abschluss eines
Kaufvertrags über die Plattform Amazon Marketplace abgegebenen
Willenserklärungen richtet sich auch nach den den Kauf von
Marketplace-Artikel betreffenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen von
Amazon, soweit beide Vertragsparteien deren Geltung bei Vertragsschluss
zugestimmt haben (Fortführung des Senatsurteils
vom 22. November 2017 - VIII ZR 83/16, BGHZ 217, 33 Rn. 31 mwN).
b) Die geschuldete Kaufpreiszahlung ist mit der von Amazon veranlassten
Gutschrift des Kaufpreises auf dem Amazon-Konto des Verkäufers bewirkt, so
dass die Kaufpreisforderung erlischt. Mit der
einverständlichen Vertragsabwicklung über Amazon Marketplace vereinbaren
die Kaufvertragsparteien jedoch zugleich stillschweigend, dass
die Kaufpreisforderung wiederbegründet wird, wenn das Amazon-Konto
des Verkäufers aufgrund eines erfolgreichen
A-bis-z-Garantieantrags rückbelastet wird (Fortführung des
Senatsurteils vom 22. November 2017 -VIII ZR
83/16, BGHZ 217, 33 Rn. 32 ff.).
Zentrale Probleme:
Die Entscheidung führt die Pay-Pal-Entscheidung (BGH
VIII ZR 83/16, BGHZ 217, 33 )
fort und überträgt sie auf die Amazon-Marketplace-Garantie: Nach dem im Wege
der Auslegung (§§ 133, 157 BGB) zu ermittelnden Parteiwillen, in welchen
auch die AGB von Amazon einzubeziehen sind, bedeutet die Rückbuchung des
Kaufpreises zum Käufer infolge der Amazon-Garantie, dass der
Kaufpreisanspruch neu begründet wird. Das ist - wie deutlicht dargelegt -
auch sachgerecht. Amazon hat hier nicht die Rolle eines Schiedsrichters.
©sl 2020
Tatbestand:
1 Die Parteien streiten um
Ansprüche aus einem über die Internet-Plattform Amazon Marketplace
abgeschlossenen Kaufvertrag über einen Kaminofen zum Preis von 1.316 Euro.
2 Für diesen Kaufvertrag galt die sogenannte "Amazon.de
A-bis-z-Garantie". In den hier maßgeblichen Garantiebedingungen hieß es
unter der Überschrift "Voraussetzungen für die Beantragung der Amazon.de
A-bis-z-Garantie" unter anderem:
"Wenn Sie bei Amazon.de eine Bestellung bei
Marketplace-Verkäufern aufgeben, garantieren wir für Zustand, rechtzeitige
Lieferung des Artikels sowie Erstattung in bestimmten Fällen mit der
A-bis-z-Garantie.
Alle nachfolgenden Voraussetzungen müssen für die
Inanspruchnahme der A-bis-z-Garantie erfüllt sein: 1. Sie haben Ihren
Marketplace-Verkäufer bereits über Mein Konto kontaktiert. 2. Sie haben 2
Werktage auf eine Antwort gewartet. 3. Sie geben den
A-bis-z-Garantieantrag binnen 90 Tagen nach dem letztmöglichen
voraussichtlichen Lieferdatum auf. 4. Es trifft mindestens einer der
folgenden Fälle zu:
o [...]
o Sie haben die Ware erhalten,
diese war jedoch beschädigt, defekt, entsprach nicht der vom Verkäufer
angegebenen Beschreibung, es ist keine Reparatur oder Ersatzlieferung
möglich und der Verkäufer hat Ihnen den Kaufpreis oder die Versandkosten für
Hin- und Rücksendung nicht oder nicht vollständig erstattet. [...]
o
[...]"
3 Der Ofen wurde an die Beklagte
ausgeliefert, von dieser installiert und vom Schornsteinfeger abgenommen.
Die Beklagte überwies den Kaufpreis auf ein Konto von Amazon. Der
eingegangene Geldbetrag wurde dem Amazon-Konto der Klägerin gutgeschrieben.
In der Folge gab Amazon einem von der Beklagten gestellten
A-bis-z-Garantieantrag statt, buchte den Kaufpreis vom Konto der Klägerin
wieder ab und überwies diesen der Beklagten zurück.
4 Die
Klägerin hat von der Beklagten die Bezahlung des Kaufpreises in Höhe von
1.316 Euro nebst Zinsen sowie die Erstattung der Kosten außergerichtlicher
Rechtsverfolgung begehrt. Die Beklagte hat ein
Zurückbehaltungsrecht wegen diverser Mängel geltend gemacht. Die
Klage hat in erster Instanz Erfolg gehabt. Auf die Berufung der Beklagten
hat das Landgericht die Klage abgewiesen.
5 Mit der vom
Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die
Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
6 Die Revision hat Erfolg.
I.
7 Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung,
soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
Mit der Annahme des Garantiefalls durch den Plattformbetreiber Amazon sei
für beide Parteien des Kaufvertrags verbindlich entschieden, dass
gegenseitige Ansprüche zur Erfüllung des Kaufvertrags nicht mehr bestünden.
Durch die Nutzung der Plattform und die von Amazon vorgegebenen Bestimmungen
über die Abwicklung des Kaufvertrags hätten sich beide Vertragspartner mit
der Anwendung dieser Regelungen einverstanden erklärt. Demnach komme die von
Amazon der Beklagten als Käuferin gewährte A-bis-z-Garantie zusätzlich zu
den allgemeinen Bestimmungen des Kaufrechts zur Anwendung.
8 Das
Gericht habe davon auszugehen, dass im Rahmen der Vereinbarung zwischen der
Klägerin und Amazon über den Verkauf von Produkten auf der Plattform Amazon
Marketplace eine Regelung dahingehend getroffen worden sei, dass die
Klägerin als Verkäuferin an die Entscheidung von Amazon im Rahmen einer
Garantiegewährung gebunden sei. Zwar sei aus den der Käuferin ersichtlichen
Garantiebedingungen nichts dafür ersichtlich, dass mit der Bejahung des
Garantiefalls zugleich die Erfüllungsansprüche der Verkäuferin untergingen.
Die Bestimmungen enthielten aber auch keinen Vorbehalt dahingehend, dass
sich der Verkäufer der Entscheidung von Amazon anschließen müsse, damit der
bestätigte Garantiefall zu einer Rückabwicklung des Vertrags führe.
Unabhängig von der Vereinbarung zwischen der Klägerin und Amazon im Detail
ließen bereits die dem Käufer bekannten Regelungen über die Garantie keine
Auslegung dahingehend zu, dass damit nur vorläufig über Ansprüche des
Käufers durch Amazon entschieden sei, diese Entscheidung aber den
Kaufvertrag der Parteien nicht berühre und der Käufer erneut durch den
Verkäufer in Anspruch genommen werden könne. Soweit sich die Klägerin gegen
die Annahme eines Garantiefalls durch ihre Vertragspartnerin Amazon wende,
sei - gegebenenfalls - allein Amazon in Anspruch zu nehmen, nicht aber der
Käufer, dem ein Garantiefall bestätigt worden sei.
9 Der Fall sei
nicht mit dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall des
Zahlungsdienstleisters PayPal (Senatsurteil
vom 22. November 2017 - VIII ZR 83/16, BGHZ 217, 33)
vergleichbar. Amazon erbringe neben der bloßen Abwicklung des
Zahlungsverkehrs zugleich eigene weitere Leistungen, die dem Unternehmen
eine gesonderte Stellung innerhalb des Vertragsverhältnisses zwischen den
Parteien des Kaufvertrags zuweise.
II.
10 Diese Beurteilung
hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom
Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Anspruch der Klägerin
auf Kaufpreiszahlung nicht verneint werden. Die von Amazon nach
den Regelungen der A-bis-z-Garantie bewilligte Garantie sowie die auf
dieser Grundlage von Amazon veranlasste Rückerstattung des Kaufpreises an
die Beklagte stehen der Geltendmachung des Anspruchs auf Kaufpreiszahlung
(§ 433 Abs. 2 BGB) nicht entgegen. Dieser ist zwar durch Gutschrift des
Betrags auf dem Amazon-Konto der Klägerin erloschen. Mit der
einverständlichen Vertragsabwicklung über Amazon Marketplace haben die
Parteien die Kaufpreisforderung aber für den Fall wiederbegründet, dass das
Amazon-Konto der Klägerin aufgrund eines erfolgreichen
A-bis-z-Garantieantrags der Beklagten rückbelastet wird.
11
1. Der Kaufpreisanspruch der Klägerin ist durch die
vorbehaltlose Gutschrift des geschuldeten Betrags auf ihrem Amazon-Konto
erloschen. Das Risiko der Rückbuchung bei erfolgreicher
Inanspruchnahme der Amazon A-bis-z-Garantie steht der Erfüllungswirkung
nicht entgegen (vgl.
Senatsurteil vom 22. November 2017
- VIII ZR 83/16, aaO Rn. 15 ff. [zum
insoweit vergleichbaren Bezahlsystem PayPal]).
12
Die Erfüllungswirkung ist durch die Rückbuchung nicht
rückwirkend entfallen. Eine vertraglich vereinbarte
auflösende Bedingung für den Fall der Rückbuchung ist ebensowenig anzunehmen
wie ein vereinbarter Vorbehalt der Rückforderung (vgl.
Senatsurteil vom 22. November 2017
- VIII ZR 83/16, aaO Rn. 23 ff.). Auch insoweit ist die
hier vorliegende Fallgestaltung vergleichbar mit der vom Senat entschiedenen
Konstellation einer Rückbuchung nach der Gewährung des
PayPal-Käuferschutzes. Die Entscheidung über die Rückbuchung des
Kaufpreises bei einem erfolgreichen A-bis-z-Garantieantrag erfolgt auch hier
nicht im Verhältnis zwischen Käufer und Verkäufer, sondern beruht auf einer
besonderen Dienstleistungsabrede zwischen Amazon und dem Käufer, wobei
allein Amazon die Befugnis eingeräumt ist, eigenständig zu entscheiden, ob
der Kaufpreis erstattet wird.
13 2. Mit dem
Abschluss des Kaufvertrags über die Plattform Amazon Marketplace haben die
Vertragsparteien indes bei Vertragsschluss stillschweigend vereinbart, dass
die getilgte Kaufpreisforderung wiederbegründet wird, wenn - wie vorliegend
geschehen - das Amazon-Konto der Klägerin nach einem erfolgreichen
A-bis-z-Garantieantrag rückbelastet wird. Hierbei ist unerheblich,
ob die Voraussetzungen der A-bis-z-Garantie tatsächlich vorlagen. Dies
ergibt sich nach Maßgabe der gebotenen - dem Senat selbst möglichen - nach
beiden Seiten hin interessengerechten Vertragsauslegung.
14 a)
Der Erklärungsgehalt der bei Abschluss des Kaufvertrags über die
Plattform Amazon Marketplace abgegebenen Willenserklärungen (§§ 133, 157
BGB) richtet sich auch nach den den Kauf von
Marketplace-Artikeln betreffenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen von
Amazon, denen - wie das Landgericht von der Revision unbeanstandet
festgestellt hat - die Parteien vor der Nutzung der Internetplattform
zugestimmt haben (vgl. Senatsurteile
vom 22. November 2017 - VIII ZR
83/16, aaO Rn. 31 [zu den PayPal-AGB] und vom 24.
August 2016 - VIII ZR 100/15, BGHZ 211, 331 Rn. 19 [zu
den eBay-AGB]; jeweils mwN). Hierzu gehören insbesondere die unter der
Überschrift "Voraussetzungen für die Beantragung der Amazon
A-bis-z-Garantie" enthaltenen, zwischen Amazon und der Beklagten als
Käuferin geltenden Regelungen. Deren Aussagegehalt ist daher
entsprechend in die Auslegung der von den Vertragsparteien abgegebenen
Willenserklärungen einzubeziehen.
15 b) Hiernach
bestand zwischen den Parteien bei Vertragsschluss Einigkeit darüber, dass
auch im Falle eines erfolgreichen Antrags auf Bewilligung
einer A-bis-z-Garantie und der deshalb von Amazon vorgenommenen
Rückbuchung des Kaufpreises die gesetzlichen und vertraglichen Rechte beider
Parteien unabhängig von der Entscheidung über die Gewährung der Garantie
Bestand haben sollten. Weder aus den beiden
Vertragsparteien bekannten Regelungen über die A-bis-z-Garantie noch aus
sonstigen Umständen ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass die Entscheidung
über den Garantieantrag auch den Verkäufer im Verhältnis zum Käufer binden
sollte und die Vertragsparteien dies zum Inhalt des Kaufvertrags gemacht
haben. Im Gegenteil sprechen die berechtigten Interessen und Erwartungen der
Kaufvertragsparteien gegen eine derartige Bindungswirkung und dafür, dass
das bei Vertragsschluss vereinbarte Recht weiterhin über das Bestehen der
vertraglichen Ansprüche sowie etwaige Leistungsstörungen entscheiden sollte.
Hieraus folgt zugleich, dass nach dem Willen der Parteien im Falle der
Rückbuchung die Kaufpreisforderung wiederbegründet und über deren
Berechtigung nach dem für den Vertrag geltenden Recht entschieden werden
sollte.
16 aa) Auch wenn die zwischen Amazon und der
Käuferin geltenden Regelungen der A-bis-z-Garantie bei der Auslegung der
Willenserklärungen der Kaufvertragsparteien zu berücksichtigen sind,
kann hieraus nicht geschlossen werden, dass diese eine Bindungswirkung der
Garantieentscheidung für die Kaufpreisforderung vereinbaren wollten.
Denn diesen Regelungen ist nicht zu entnehmen, dass deren Gewährung
Auswirkungen auf den Kaufvertrag und die Kaufpreisforderung haben soll. Sie
enthalten hierzu keine Aussage. Geregelt ist hierin lediglich, dass Amazon
dem Käufer diese Garantie gewährt und welche Voraussetzungen hierfür erfüllt
sein müssen.
17 bb) Aus etwaigen Regelungen zwischen Amazon
und der Klägerin als Amazon Marketplace nutzende Verkäuferin ergibt sich
ebenfalls nicht, dass die Parteien eine Bindungswirkung der
Garantieentscheidung für die Rechte aus dem Kaufvertrag vereinbart haben.
18 Nicht entscheidungserheblich ist insoweit, ob die Vermutung des
Landgerichts zutrifft, wonach zwischen Amazon und der Klägerin
als Verkäuferin eine Regelung dahingehend getroffen wurde, dass diese an
die Entscheidung von Amazon gebunden ist, und ob eine solche
Regelung überhaupt zulässig wäre. Denn eine etwaige, der Beklagten
nicht bekannte derartige Regelung wäre für die Auslegung der vertraglichen
Erklärungen der Kaufvertragsparteien nach §§ 133, 157 BGB nicht relevant,
da nur beiden Vertragsparteien bekannte und von ihnen
übereinstimmend in den Vertrag einbezogene Regelungen Einfluss auf den
Aussagegehalt ihrer nach objektivem Empfängerhorizont auszulegenden
Willenserklärungen haben können.
19 cc) Den berechtigten
Interessen der Vertragsparteien entspricht allein die Auslegung, wonach die
Garantieentscheidung sie in ihrem gegenseitigen Verhältnis nicht bindet und
der Verkäufer hierdurch nicht an der Geltendmachung der Kaufpreisforderung
gehindert wird, was zugleich die Wiederbegründung der erloschenen
Kaufpreisforderung bedingt.
20 (1) Es widerspräche
den berechtigten Interessen der am Kaufvertrag Beteiligten, eine
Kaufvertragspartei durch den Ausschluss oder die Einschränkung gesetzlicher
oder vertraglicher Rechte unangemessen zu begünstigen. So besteht kein
Zweifel, dass es dem Käufer unbenommen bleibt, nach einem erfolglosen
Garantieantrag die staatlichen Gerichte in Anspruch zu nehmen, um
Mängelgewährleistungsrechte oder im Fall einer nicht erbrachten Leistung
seinen Anspruch auf Rückgewähr des Kaufpreises unter den gesetzlichen
Voraussetzungen geltend zu machen. Dies ergibt sich
bereits daraus, dass eine Garantie nach dem gesetzlichen Regelungssystem
die kaufrechtlichen Gewährleistungsrechte unberührt lässt (vgl.
Senatsurteil vom 27. September 2017 - VIII ZR 99/16, NJW 2018, 387 Rn. 22,
27) und Abweichendes zwischen den Kaufvertragsparteien nicht
vereinbart ist. Deshalb ist es zur Vermeidung eines nach
objektiven Maßstäben nicht tragbaren vertraglichen Ungleichgewichts allein
interessengerecht, dass der Verkäufer nach einem erfolgreichen
Garantieantrag des Käufers wieder berechtigt ist, auf die Kaufpreisforderung
zurückzugreifen und zu ihrer Durchsetzung gegebenenfalls die staatlichen
Gerichte anzurufen (vgl.
Senatsurteil vom 22. November 2017
- VIII ZR 83/16, BGHZ 217, 33 Rn. 35 [zu den
PayPal-AGB]).
21 (2) Eine Bindung des Verkäufers an die
Garantieentscheidung von Amazon würde überdies zu dem weder tragbaren noch
interessengerechten Ergebnis führen, dass über die verschiedenen Ansprüche
aus dem einheitlichen Vertragsverhältnis nach unterschiedlichen Regelungen
entschieden würde. Der Anspruch des Verkäufers auf Kaufpreiszahlung
würde nach den Garantiebedingungen von Amazon beschieden, während für die
Rechte des Käufers die vertraglichen und gesetzlichen Regelungen gelten
würden. Insoweit bestünde die Gefahr von Wertungswidersprüchen und
gegenläufigen Entscheidungen, was den berechtigten Interessen der
Kaufvertragsparteien an einer fairen Vertragsgestaltung zuwiderliefe.
22 (3) Die berechtigten Erwartungen des Käufers werden durch
die Wiederbegründung der Kaufpreisforderung nicht beeinträchtigt.
Zwar suggeriert der Wortlaut "A-bis-z-Garantie" vordergründig eine
abschließende Regelung zu Gunsten des Käufers, jedoch wird aus den
Richtlinien hierzu deutlich, dass es hierbei nur um ein von Amazon gewährtes
Recht geht. Der verständige, redliche Käufer kann trotz des
Wortlauts nicht erwarten, dass der Verkäufer durch die Entscheidung des am
Kaufvertrag nicht beteiligten Plattformbetreibers seine Rechte ihm gegenüber
verliert. Diesem käme im Falle einer Bindungswirkung die
Rolle eines Schiedsrichters zu, der allerdings in einem weitgehend
ungeregelten Verfahren ohne hinreichende Beteiligung beider Parteien nach
eigenem Ermessen und ohne Bindung an die bestehende Rechtslage entscheiden
könnte. So sehen die Regelungen zur A-bis-z-Garantie nicht vor,
dass Amazon hierbei die bestehende Rechtslage zu berücksichtigen hätte und
seine Entscheidung an den für den Kaufvertrag geltenden gesetzlichen
Vorschriften auszurichten hat. Der von Amazon im Rahmen des Garantieantrags
angewandte Prüfungsmaßstab bleibt unklar. Nicht geregelt ist weiter, dass
und wie der Käufer das Vorliegen der Garantievoraussetzungen nachweisen
muss. Es ist kein Verfahren für den Fall sich widersprechender Meinungen von
Verkäufer und Käufer zum Vorliegen des Garantiefalls vorgegeben und keine
hinreichende Möglichkeit des Verkäufers vorgesehen, die Entscheidung über
die Gewährung der Garantie anzugreifen und eine Rückbuchung zu verhindern.
Eine sach- und interessengerechte ausgewogene Regelung des
Vertragsverhältnisses der Parteien kann demnach durch
die Garantieentscheidung offensichtlich nicht erfolgen. Angesichts dessen
hat der Käufer keinen Grund zu der Annahme, dass der Verkäufer sich dennoch
der Entscheidung von Amazon bindend unterwerfen und damit einen
derartig weitgehenden Eingriff in seine Rechte als Verkäufer zulassen
möchte.
23 (4) Die A-bis-z-Garantie verliert hierdurch nicht
ihren Nutzen. Im Gegenteil verbleiben dem Käufer beträchtliche Vorteile
eines erfolgreichen Garantieantrags. Er erlangt seine Kaufpreiszahlung
zurück, ohne dass er diesen Anspruch einklagen und zur Überprüfung der
Gerichte stellen muss. Eine Durchsetzung im Wege der
Zwangsvollstreckung mit den damit verbundenen Solvenzrisiken bleibt ihm
erspart. Die Prozessführungslast liegt durch die Rückbuchung auf
Seiten des Verkäufers.
24 (5) Schließlich ist es
auch sachgerecht, Streitigkeiten über Leistungsstörungen abschließend im
Verhältnis der Kaufvertragsparteien zu klären und nicht eine Partei, hier
den Verkäufer, gegebenenfalls auf einen Rechtsstreit gegen den
Plattformbetreiber zu verweisen (ebenso für PayPal: Senatsurteil
vom 22. November 2017 - VIII ZR 83/16, BGHZ 217, 33 Rn.
45). Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist dies im Fall von Amazon
nicht anders zu bewerten als bei PayPal. Auch wenn Amazon nicht nur als
Zahlungsdienstleister fungiert, sondern zugleich die Verkaufsplattform zur
Verfügung gestellt und Richtlinien für den Verkauf über Amazon
Marketplace aufgestellt hat, ergibt sich hieraus keine Beteiligung
an dem Vertragsverhältnis zwischen Verkäufer und Käufer und kein Interesse
von Amazon daran, selbst Partei von Rechtsstreitigkeiten über
Leistungsstörungen zu werden.
25 dd) Nur ergänzend weist der
Senat darauf hin, dass diese Auslegung bestätigt wird durch § 12 der auf der
Internetseite von Amazon abrufbaren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Stand:
26. Juni 2019), wonach der Vertrag bei einer Transaktion über Amazon
Marketplace ausschließlich zwischen Käufer und Verkäufer geschlossen wird,
Amazon nicht Vertragspartner ist, für Reklamationen ausschließlich der
Verkäufer zuständig ist und die Amazon A-bis-z-Garantie lediglich zusätzlich
zu den gesetzlichen oder vertraglichen Rechten gewährt wird.
Hieraus ist zu entnehmen, dass deren Ausübung keine Auswirkungen auf den
Kaufvertrag haben soll. Zwar können die Allgemeinen Geschäftsbedingungen mit
aktuellem Stand nicht auf den gegenständlichen Kaufvertrag angewandt und
damit für die Auslegung der Willenserklärungen der Parteien nicht
herangezogen werden und sind die für diesen Vertrag anzuwendenden, bei
Vertragsschluss geltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht bekannt,
jedoch bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass insoweit damals anderweitige
Regelungen galten und Amazon zum damaligen Zeitpunkt seine Rolle noch anders
definiert hat.
26 ee) Aus Vorstehendem ergibt sich weiter,
dass es für die Wiederbegründung der Kaufpreisforderung letztlich
unerheblich ist, ob ein Garantiefall überhaupt vorlag, Amazon die
Voraussetzungen der A-bis-z-Garantie also zu Recht bejaht hat. Entscheidend
ist die Rückbuchung des Kaufpreises nach Stattgabe des Antrags.
Denn diese führt unabhängig von deren Berechtigung dazu, dass dem Verkäufer
der Betrag nicht mehr zur Verfügung steht und er diesen nunmehr geltend
machen muss. Die Berechtigung seines Anspruchs richtet sich nach den für das
Vertragsverhältnis fortgeltenden gesetzlichen und vertraglichen Rechten, was
die Wiederbegründung der Forderung bedingt. Ob die Voraussetzungen
der Amazon A-bis-z-Garantie tatsächlich vorlagen, spielt hierbei keine
Rolle.
III.
27 Nach alledem hat das Berufungsurteil
keinen Bestand; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Rechtsstreit ist
noch nicht zur Endentscheidung reif, da das Berufungsgericht - von seinem
Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - keine hinreichenden Feststellungen dazu
getroffen hat, ob der Beklagten gegen den Kaufpreisanspruch das von ihr
geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht wegen Mängeln des Ofens
zusteht und ob - wie die Klägerin meint - dem die Verletzung der
Rügeobliegenheit nach § 377 HGB entgegensteht. Die Sache ist daher
zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das
Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
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