Wiederaufleben der Forderung nach Inanspruchnahme
des PayPal Käuferschutzes; Gefahrtragung beim Versendungskauf (§ 447 BGB)
BGH, Urteil vom 22. November 2017 -
VIII ZR 83/16 - LG Essen
Fundstelle:
noch nicht bekannt
für BGHZ vorgesehen
Amtl. Leitsatz:
1. Wird der Kaufpreis vereinbarungsgemäß unter
Verwendung des Online-Zahlungsdienstes PayPal entrichtet, ist die
geschuldete Leistung bewirkt, wenn der vom Käufer geschuldete Betrag dem
PayPal-Konto des Verkäufers vorhaltlos gutgeschrieben wird, so dass dieser
den Zahlbetrag endgültig zur freien Verfügung erhält.
2. Eine - gegebenenfalls stillschweigende - Wiederbegründung einer getilgten
Forderung kann bei entsprechendem Willen der Parteien, die frei darin sind,
unter bestimmten Voraussetzungen das Wiederaufleben der ursprünglichen
Schuld zu vereinbaren, bei einem nicht formgebundenen Vertrag bereits mit
Vertragsabschluss und für den Fall getroffen werden, dass zukünftig eine
Rückgabe oder Rückbuchung des bereits gezahlten Schuldbetrags erfolgt.
a) Der Erklärungsgehalt der mit Abschluss des Kaufvertrags als Nebenabrede
getroffenen Vereinbarung, zur Tilgung der Kaufpreisschuld den Zahlungsdienst
PayPal zu verwenden, richtet sich neben den Auslegungsregeln der §§ 133, 157
BGB grundsätzlich nach den Bestimmungen der von PayPal verwendeten
Allgemeinen Geschäftsbedingungen, unter anderem der
PayPal-Käuferschutzrichtlinie, denen die Kaufvertragsparteien vor der
Inanspruchnahme des Zahlungsdienstes zugestimmt haben (Fortführung der
Senatsurteile vom 24. August 2016 - VIII ZR
100/15, BGHZ 211, 331 Rn. 19; vom 15. Februar
2017 - VIII ZR 59/16, NJW 2017, 1660 Rn. 12; jeweils mwN).
b) Wird der Kaufpreis vereinbarungsgemäß unter Verwendung des
Zahlungsdienstes PayPal entrichtet, vereinbaren die Kaufvertragsparteien -
bei Fehlen gegenteiliger Anhaltspunkte - zugleich stillschweigend, dass die
getilgte Kaufpreisforderung wiederbegründet wird, wenn das PayPal-Konto des
Verkäufers nach einem erfolgreichen Antrag des Käufers auf Käuferschutz nach
Maßgabe der PayPal-Käuferschutzrichtlinie rückbelastet und der Kaufpreis dem
PayPal-Konto des Käufers wieder gutgeschrieben wird.
Zentrale Probleme:
Eine an sich recht einfache Fallkonstellation: Ein K äufer
kauft einen Gegenstand über eine Internetplattform und vereinbart mit dem
Verkäufer eine Zahlung des Kaufpreises über den Bezahldienst PAYPAL. Der
Verkäufer versendet die Kaufsache, die aber auf dem Transport verloren geht.
Nimmt man die besondere Problematik des Bezahldienstes
heraus, liegt ein einfacher Fall der Gefahrtragung beim Versendungsverkauf (§
447 BGB) vor. Mit der Absendung trägt der Käufer die Gegenleistungsgefahr,
so dass seine Kaufpreiszahlungsverpflichtung nach § 447 BGB (als Ausnahme
von § 326 Abs. 1 BGB) aufrechterhalten bleibt. Da der Käufer kein
Verbraucher im Sinne von § 13 BGB war, ist die Anwendung von § 447 BGB auch
nicht gemäß § 474 Abs. 4 BGB (ab 1.1.2018: § 475 Abs. 2 BGB) ausgeschlossen,
da der Anwendungsbereich der §§ 474 ff BGB nicht eröffnet ist.
Die Besonderheit bestand hier darin dass der Käufer den Kaufpreis zwar
bereits über den PAYPAL bezahlt hatte, diese Zahlungen aber über den sog.
„Käuferschutz“ von PAYPAL hatte zurückbuchen lassen. Der Verkäufer klagte
daraufhin auf Zahlung.
Ähnlich wie in den in der Entscheidung zitierten eBay-Fällen greift der BGH
in Bezug auf den Inhalt der Zahlungsvereinbarung über PAYPAL auf dessen
Allgemeine Geschäftsbedingungen zurück. Im Wege der Auslegung kommt er zum
Ergebnis, dass sich aus der Vereinbarung der Parteien, über PAYPAL zu
bezahlen, ergibt, dass die ursprüngliche Forderung wieder entstehen soll,
wenn der Käufer den "Käuferschutz" in Anspruch nimmt und der Verkäufer damit
den Kaufpreis wieder verliert. S. dazu auch
BGH v. 1.4.2020 - VIII ZR 18/19.
©sl 2018
Tatbestand:
1 Der Kläger bot Anfang August 2014 auf der
Internet-Plattform eBay ein Mobiltelefon zum Kaufpreis von 617 € nebst
Versandkosten an. Die Beklagte zu 1, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts,
die ein Ladenlokal nebst Online-Versandhandel betreibt, erwarb das Gerät am
3. August 2014.
2 Die Parteien vereinbarten einen unversicherten Päckchenversand; der
Kaufpreis sollte über den Online-Zahlungsdienst PayPal, der von der PayPal
(Europe) S.ä.r.l. et Cie, S.C.A. (im Folgenden: PayPal) in Luxemburg
betrieben wird, entrichtet werden. Für die Geschäftsbeziehung zu PayPal
akzeptierten die Parteien die Geltung der von PayPal formularmäßig
verwendeten Nutzungsbedingungen sowie der sogenannten
PayPal-Käuferschutzrichtlinie und der PayPal-Verkäuferschutzrichtlinie. Die
PayPal-Käuferschutzrichtlinie bestimmt in der hier maßgeblichen Fassung
unter anderem:
"1. Allgemeines
Der PayPal-Käuferschutz schützt den Käufer, falls ein gekaufter Artikel
nicht versandt wurde oder der gelieferte Artikel erheblich von der
Artikelbeschreibung des Verkäufers abweicht, siehe hierzu Ziffer 4.
[...]
2. Auszahlung
Wenn ein Antrag auf PayPal-Käuferschutz erfolgreich ist, erstattet PayPal
Ihnen den geleisteten Betrag inklusive Versandkosten. [...]
Die Auszahlung erfolgt unabhängig davon, ob PayPal den Erstattungsbetrag von
dem Zahlungsempfänger zurückfordern kann.
[...]
3. Anspruchsberechtigung
Um den PayPal-Käuferschutz in Anspruch nehmen zu können, müssen die
folgenden Bedingungen erfüllt sein:
3.8. [...] Der Käufer meldet den Konflikt innerhalb von 180 Tagen nach
Vertragsschluss über die gekauften Waren und versucht, diesen unter
Verwendung der hierfür durch PayPal bereit gestellten Hilfsmittel zu klären.
[...] Falls eine Klärung hierdurch nicht erreicht wird, kann der Käufer
innerhalb von 20 Tagen nach Einleitung der Konfliktlösung einen Antrag auf
PayPal-Käuferschutz stellen. [...]
4. Welche Fälle sind abgesichert?
Der Käufer hat PayPal-Käuferschutz in den folgenden Fällen:
4.1. Der Artikel wurde bei einem vereinbarten Versand durch den Verkäufer
nicht versendet oder nachfolgend in dieser Ziffer
4.1. beschriebene sonstige Verpflichtungen des Verkäufers wurden nicht
eingehalten.
Der PayPal-Käuferschutz wegen nicht versandter Artikel gilt nicht für
Artikel, die während des Versands verloren gehen. Falls der Verkäufer in der
geschuldeten Weise einen gültigen Versandbeleg (wie im Detail in der PayPal-Verkäuferschutzrichtlinie
beschrieben) oder ein entsprechendes, zwischen Verkäufer und PayPal
vereinbartes Äquivalent vorlegt, welches Versand beziehungsweise Empfang
nachweist, so lehnt PayPal den Antrag auf PayPal-Käuferschutz ab.
[...]
4.5. Die Entscheidung über den Antrag auf PayPal-Käuferschutz ist endgültig.
Der Rechtsweg gegenüber PayPal wegen dieser Entscheidung ist ausgeschlossen.
[...]
6. Schlussbestimmungen
6.1. Abtretung des Rückzahlungsanspruchs. Der Käufer tritt mit dem Empfang
der Auszahlung des PayPal-Käuferschutzes alle gegenüber dem Verkäufer
bestehenden Ansprüche aus dem dem Antrag auf PayPal-Käuferschutz zugrunde
liegenden Kaufvertrag in Höhe des Auszahlungsbetrages an PayPal ab. Es wird
klargestellt, dass PayPal im Fall einer vollständigen Befriedigung aus
solchen abgetretenen Rechten den Verkäufer aufgrund der Nutzungsbedingungen
nicht doppelt in Anspruch nehmen wird.
6.2. Verfügbarkeit des PayPal-Käuferschutzes. PayPal behält sich das Recht
vor, jederzeit im eigenen Ermessen und ohne Angabe von Gründen den
PayPal-Käuferschutz zu ändern oder zu streichen. [...]
6.5. Gesetzliche Rechte und Rechte unter Ihrem Kaufvertrag. Die
PayPal-Käuferschutzrichtlinie berührt die gesetzlichen und vertraglichen
Rechte zwischen Käufer und Verkäufer nicht und ist separat von diesen zu
betrachten. PayPal tritt nicht als Vertreter von Käufer, Verkäufer oder
Zahlungsempfänger auf. PayPal entscheidet lediglich über den Antrag auf
PayPal-
Käuferschutz. [...]."
3 Am 4. August 2014 benachrichtigte PayPal den Kläger, der
Kaufpreis sei auf sein PayPal-Konto überwiesen worden. Daraufhin versandte
der Kläger, wie in zweiter Instanz unstreitig geworden ist, das Mobiltelefon
in einem Päckchen per Post an die Beklagte zu 1. Die Beklagten behaupten, es
nicht erhalten zu haben. Am 12. August 2014 wandte sich der Beklagte zu 2,
der ebenso wie der Beklagte zu 3 geschäftsführender Gesellschafter der
Beklagten zu 1 ist, an den Kläger und teilte mit, die Sendungsverfolgung
"funktioniere nicht". Ein Nachforschungsauftrag des Klägers bei dem von ihm
beauftragten Versanddienstleister blieb erfolglos.
4 Die Beklagte zu 1 beantragte daraufhin Käuferschutz nach Maßgabe der
PayPal-Käuferschutzrichtlinie. Am 10. September 2014 teilte PayPal dem
Kläger mit, es sei zu Gunsten der Käuferin entschieden worden, weil er
keinen Nachweis über den Versand des Mobiltelefons vorgelegt habe. PayPal
schrieb den Kaufpreis nebst Versandkosten dem PayPal-Konto der Beklagten zu
1 wieder gut; in entsprechender Höhe wurde das PayPal-Konto des Klägers
belastet.
5 Der Kläger forderte die Beklagten mit Anwaltsschreiben vom 12. März 2015
vergeblich zur Zahlung des Kaufpreises auf. Die Klage hat in erster Instanz
keinen Erfolg gehabt. Auf die Berufung des Klägers hat das Landgericht die
Beklagten - unter Klageabweisung im Übrigen - verurteilt, an den Kläger 617
€ nebst Zinsen zu zahlen.
6 Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehren die Beklagten
die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
7
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
8 Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im
Wesentlichen ausgeführt:
9 Der Anspruch des Klägers auf Zahlung des Kaufpreises sei
begründet. Die Parteien hätten einen Versendungskauf vereinbart. Daher sei
die (Preis-) Gefahr gemäß § 447 Abs. 1 BGB mit der Aufgabe des Mobiltelefons
bei der Post auf die Beklagte zu 1 übergegangen. Sollte sie die Ware, wie
von ihr behauptet, nicht erhalten haben, bliebe sie gleichwohl grundsätzlich
zur Zahlung des Kaufpreises verpflichtet.
10 Mit der Zahlung über PayPal hätten die Parteien weder ausdrücklich noch
konkludent vereinbart, dass die Stattgabe eines Antrags auf Gewährung von
PayPal-Käuferschutz über den Geldtransfer hinaus auch die Zahlungspflicht
der Beklagten zu 1 betreffen solle. Die Vereinbarung erfülle auch dann einen
relevanten Zweck, wenn die Leistungsverpflichtungen der Parteien hiervon
unberührt blieben, denn PayPal übernehme einen erheblichen Teil des
Vorleistungsrisikos. Zwar sei die Beklagte zu 1 zur Vorleistung verpflichtet
gewesen, habe diese jedoch von PayPal zurückfordern können. Damit habe
PayPal das Risiko der Insolvenz des Klägers übernommen; zudem habe sich das
Risiko eines Zivilprozesses auf diesen verlagert.
11 Es sei nicht ersichtlich, dass PayPal über die reine
Zahlungsabwicklung hinaus endgültig entscheide, ob der Kaufpreis dem Kläger
materiell-rechtlich zustehe. Gemäß Ziffer 6.5. Satz 1 der
PayPal-Käuferschutzrichtlinie blieben die gesetzlichen und vertraglichen
Rechte zwischen Käufer und Verkäufer - wie hier das Recht des Verkäufers,
den Kaufpreis zu fordern - unberührt.
12 Zwar habe die Beklagte zu 1 die geschuldete Leistung durch die Anweisung
an PayPal, dem Kläger den Kaufpreis auf seinem PayPal-Konto gutzuschreiben,
zunächst erbracht, diese jedoch wegen der Möglichkeit zur
Rückgängigmachung (durch den PayPal-Käuferschutz) noch nicht endgültig
bewirkt. Die Leistung habe daher unter der auflösenden Bedingung
der Inanspruchnahme der Rückbuchungsmöglichkeit gestanden. Da diese
Bedingung eingetreten sei, sei die Erfüllung - wie der Bundesgerichtshof für
das insoweit vergleichbare SEPA-Basis-Lastschriftverfahren entschieden habe
- rückwirkend entfallen.
II.
13 Diese Beurteilung hält rechtlicher Überprüfung im Ergebnis, nicht aber in
der Begründung stand.
14 Zwar ist der Anspruch des Klägers gegen die Beklagte zu 1 auf Zahlung des
Kaufpreises (§ 433 Abs. 2 BGB), für den auch die Beklagten zu 2 und 3 haften
(§ 128 Satz 1 HGB analog), erloschen, indem der von der Beklagten zu 1
entrichtete Kaufpreis, wie von den Vertragsparteien vereinbart, unter
Verwendung des Bezahlsystems PayPal dem PayPal-Konto des Klägers
vorbehaltlos gutgeschrieben worden ist. Die Erfüllungswirkung ist jedoch,
anders als das Berufungsgericht gemeint hat, nicht rückwirkend durch
Eintritt einer auflösenden Bedingung (§ 158 Abs. 2, § 159 BGB) entfallen.
Mit der einverständlichen Verwendung des Bezahlsystems PayPal haben
die Kaufvertragsparteien die Kaufpreisforderung aber für den Fall
stillschweigend wieder begründet (§ 311 Abs. 1 BGB), dass das PayPal-Konto
des Klägers aufgrund eines erfolgreichen Antrags der Beklagten zu 1 auf
Käuferschutz nach Maßgabe der PayPal-Käuferschutzrichtlinie rückbelastet
wird. Dem Anspruch des Klägers auf Kaufpreiszahlung steht auch der
von den Beklagten geltend gemachte zufällige Untergang der Kaufsache auf dem
Transportweg nicht entgegen, denn diese Gefahr ist gemäß § 447 Abs.
1 BGB der Käuferin, der Beklagten zu 1, zugewiesen.
15 1. Ohne Rechtsfehler ist das Berufungsgericht davon ausgegangen,
dass der Kaufpreisanspruch (§ 433 Abs. 2 BGB) des Klägers durch die
vorbehaltlose Gutschrift des geschuldeten Betrages auf seinem virtuellen
PayPal-Konto erloschen ist.
16 a) Die Vertragsparteien haben mit Abschluss des Kaufvertrags als
Nebenabrede vereinbart, den Kaufpreis unter Verwendung des vom
Zahlungsdienstleister PayPal betriebenen gleichnamigen Bezahlsystems zu
entrichten. Dabei schreibt PayPal dem virtuellen PayPal-Konto des Verkäufers
E-Geld (§ 1a Abs. 3 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes - ZAG) gut und
belastet die vom Käufer angegebene Zahlungsquelle. Ab dem Zeitpunkt
der Gutschrift kann der Verkäufer über das Guthaben verfügen, indem er es
etwa auf sein bei PayPal hinterlegtes Bankkonto abbuchen lässt oder
seinerseits für Zahlungen mittels PayPal verwendet.
17 b) Bei diesem Zahlungsvorgang erlischt der Kaufpreisanspruch, wie
das Berufungsgericht seinen Ausführungen zu Recht - und insoweit
unangegriffen -zugrunde gelegt hat, indem der geschuldete Betrag dem
virtuellen PayPal-Konto des Verkäufers vorbehaltlos gutgeschrieben worden
ist.
18 aa) Dabei bedarf es vorliegend keiner Entscheidung, ob es sich bei der
(vereinbarten) Tilgung einer Geldschuld mittels PayPal unmittelbar um die
Bewirkung der geschuldeten Leistung im Sinne des § 362 Abs. 1 BGB handelt
(Staudinger/Omlor, BGB, Neubearb. 2016, Vorbemerkungen zu §§ 244-248 Rn. B
100) oder - weil die Befriedigung des Leistungsinteresses des Gläubigers
nicht bereits mit der Übermittlung elektronischer Werteinheiten, sondern
erst mit der vorbehaltslosen Gutschrift auf seinem virtuellen Konto eintritt
- um eine Leistung erfüllungshalber (§ 364 Abs. 2 BGB;
siehe Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl., § 362 Rn. 12; Jauernig/Stürner,
BGB, 16. Aufl., Anmerkungen zu den §§ 364, 365 Rn. 9; Erman/Buck-Heeb, BGB,
15. Aufl., § 364 Rn. 10; Pfeiffer in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 12.
Aufl., § 364 Rn. 19). Ebenso wenig kommt es - wie vereinzelt angenommen wird
- darauf an, ob eine Leistung an Erfüllungs statt (§ 364 Abs. 1 BGB)
erbracht wird (vgl. Knops/Wahlers, BKR 2013, 240, 243, ohne Begründung).
19 bb) Unbeschadet dessen tritt Erfüllung des Kaufpreisanspruchs -
ebenso wie bei Zahlungen im Lastschriftverfahren und bei Banküberweisungen
(BGH, Urteile vom 20. Juli 2010 - XI ZR 236/07, BGHZ 186, 269 Rn.
22 f.; vom 5. Oktober 2016 - VIII ZR 222/15, BGHZ 212, 140 Rn. 23; EuGH,
Urteil vom 3. April 2008 - C-306/06, Slg. 2008 I-1923 Rn. 23 - 01051 Telecom
GmbH/Deutsche Telekom AG; siehe auch Palandt/Grüneberg, aaO Rn. 10 f.;
MünchKommBGB/Fetzer, BGB, 7. Aufl., § 362 Rn. 21, 25a; jeweils mwN) -
ein, wenn der geschuldete Betrag dem PayPal-Konto des Verkäufers
vorbehaltlos gutgeschrieben wird, so dass dieser den Zahlbetrag endgültig
zur freien Verfügung erhält. Dies entspricht der nahezu einhelligen
Ansicht des Schrifttums zum Bezahlsystem PayPal (BeckOGK-BGB/Looschelders,
Stand: 1. Juli 2017, § 362 Rn. 177; Palandt/Grüneberg, aaO Rn. 12;
Staudinger/Omlor, aaO; Erman/Buck-Heeb, aaO, § 362 Rn. 12; Jauernig/Stürner,
aaO; BeckOK-BGB/Dennhardt, Stand: 15. Juni 2017, § 362 Rn. 41; jurisPK-BGB/Kerwer,
8. Aufl., § 362 BGB Rn. 48; Martens, JuS 2014, 200, 202; zu einem ähnlichen
Bezahlsystem ebenso Knops/Wahlers, aaO; allgemein zu elektronischen
Zahlungssystemen, bei denen durch Übermittlung elektronischer Werteinheiten
Buchungen auf ein virtuelles Konto veranlasst werden: NK-BGB/Avenarius, 3.
Aufl., § 362 Rn. 19 und MünchKommBGB/Fetzer, aaO Rn. 18).
20 cc) Abweichend hiervon wird vereinzelt im Schrifttum vertreten, bei
derartigen Bezahlsystemen komme erst der Weiterüberweisung vom PayPal-Konto
auf das Bankkonto des Gläubigers Erfüllungswirkung zu (Pfeiffer in Prüt-ting/Wegen/Weinreich,
aaO). Diese Ansicht verkennt, dass die Überweisung auf das Bankkonto
des Zahlungsempfängers bei einer vereinbarungsgemäß mittels PayPal
geleisteten Zahlung nicht zum Pflichtenkreis des Zahlers gehört.
Bereits die vorbehaltlose Gutschrift auf dem PayPal-Konto, die (innerhalb
des Bezahlsystems PayPal) auch zu Zahlungszwecken einsetzbar ist, steht dem
Zahlungsempfänger zur freien Verfügung und führt nach dem insoweit
maßgeblichen Willen der Kaufvertragsparteien zur Befriedigung des
Leistungsinteresses des Zahlungsempfängers. Träte Erfüllungswirkung erst bei
einer Weiterüberweisung vom PayPal-Konto auf das Bankkonto des
Zahlungsempfängers ein, hätte dieser es in der Hand, den Eintritt der
Erfüllungswirkung nach Belieben zu verzögern, indem er den ihm
gutgeschriebenen Betrag auf seinem virtuellen Konto beließe (vgl.
Staudinger/Omlor, aaO).
21 dd) Allerdings ist der Verkäufer gemäß Ziffer 3.8. der
PayPal-Käuferschutzrichtlinie innerhalb der dort bestimmten Fristen dem
Risiko einer Rückbuchung durch PayPal ausgesetzt, weil der Käufer in diesem
Zeitraum einen Antrag auf PayPal-Käuferschutz stellen kann.
Die Rückbelastungsmöglichkeit rechtfertigt jedoch nicht die Annahme, der
insoweit maßgebliche Wille der Kaufvertragsparteien gehe dahin, dass der
geschuldete Leistungserfolg erst nach Ablauf der Schwebephase eintreten
solle. Ebenso wie bei Zahlungen im Kreditkarten- oder
Lastschriftverfahren würde dies dem Umstand nicht gerecht, dass
entsprechende Zahlungen in der Regel Bestand haben und nur ausnahmsweise
eine Rückbelastung erfolgt (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 2010 - XI ZR
236/07, aaO Rn. 24).
22 2. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch angenommen, die
Erfüllungswirkung sei rückwirkend entfallen, indem PayPal den gezahlten
Betrag aufgrund des erfolgreichen Käuferschutzantrags der Beklagten zu 1
zurückgebucht und ihrem PayPal-Konto wieder gutgeschrieben hat. Nach
Auffassung des Berufungsgerichts ist durch die Rückbuchung eine zuvor von
den Vertragsparteien nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts vereinbarte
auflösende Bedingung eingetreten (§ 158 Abs. 2, § 159 BGB). Dies trifft
nicht zu.
23 a) Die Erfüllungswirkung, die durch die vorbehaltlose Gutschrift
der Kaufpreisforderung auf dem PayPal-Konto des Käufers eingetreten ist,
entfällt nicht rückwirkend, wenn PayPal den Kaufpreis aufgrund eines
erfolgreichen Antrags auf Käuferschutz zurückbucht und dem PayPal-Konto des
Käufers wieder gutschreibt (vgl. BeckOGK-BGB/Looschelders, aaO;
Staudinger/Omlor, aaO, Stand: 13. April 2017, Rn. B 100.1; jurisPK-BGB/Kerwer,
aaO). Ein vereinbarter Vorbehalt der Rückforderung - hier in Gestalt
erfolgreicher Inanspruchnahme des PayPal-Käuferschutzes - stünde der
Erfüllungswirkung schon von Anfang an entgegen, weil diese nicht nur
vorläufig eintreten kann (BGH, Urteil vom 27. Juni 2008 - V ZR
83/07, WM 2008, 1703 Rn. 26; MünchKommBGB/Fetzer, aaO Rn. 25a; Hadding, WM
2014, 97 f.; jeweils mwN), sondern regelmäßig als objektive Folge
der Leistungsbewirkung (Theorie der realen Leistungsbewirkung), ohne dass es
weiterer Umstände bedarf (vgl. BGH, Urteile vom 21. April 2015 - XI
ZR 234/14, BGHZ 205, 90 Rn. 13; vom 21. November 2013 - IX ZR 52/13, NJW
2014, 547 Rn. 21; vom 20. Juli 2010 - XI ZR 236/07, aaO Rn. 25).
24 b) Zwar hat, was das Berufungsgericht zur Begründung der von ihm
vertretenen Rechtsansicht heranziehen möchte, der XI. Zivilsenat des
Bundesgerichtshofs für das SEPA-Basis-Lastschriftverfahren angenommen, eine
rechtsgeschäftliche Erfüllungsvereinbarung, die erforderlich sei, weil im
Fall des Einzugs einer Forderung mittels Lastschrift eine "andere Leistung"
als die originär geschuldete (Bar-)Geldzahlung erbracht werde (§ 364 Abs. 1
BGB), könne unter der auflösenden Bedingung eines Erstattungsverlangens des
Zahlers (siehe § 675x Abs. 2 BGB) stehen, so dass die Rechtsfolge der
Erfüllung im Fall des Bedingungseintritts rückwirkend (§ 159 BGB) entfalle
(vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 2010 - XI ZR 236/07, aaO).
25 Diese Rechtsprechung lässt sich jedoch nicht auf den Fall einer
Rückbuchung des Kaufpreises durch PayPal aufgrund eines Antrags auf
PayPal-Käuferschutz übertragen (so auch BeckOGK-BGB/Looschelders, aaO;
Staudinger/Omlor, aaO; jurisPK-BGB/Kerwer, aaO), weil sie maßgeblich auf der
Besonderheit des SEPA-Basis-Lastschriftverfahrens beruht, dass der Zahler
innerhalb von acht Wochen (§ 675x Abs. 4 BGB) nach der Belastungsbuchung von
seiner Bank ohne Angabe von Gründen Erstattung des Zahlbetrages verlangen
kann (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 2010 - XI ZR 236/07, aaO).
26 Bei einer Zahlung mittels PayPal wird dem Käufer hingegen nicht
das Recht eingeräumt, diese von sich aus rückgängig zu machen. Die
Erstattung des Kaufpreises nach Gewährung von PayPal-Käuferschutz gründet
sich vielmehr auf eine besondere Dienstleistungsabrede zwischen PayPal und
dem Käufer. Dabei ist nicht dem Käufer, sondern allein PayPal die
Befugnis einräumt, eigenständig zu entscheiden, ob der Kaufpreis erstattet
wird oder nicht (vgl. Ziff. 4.5. der PayPal-Käuferschutzrichtlinie in der
hier maßgeblichen Fassung).
27 Soweit PayPal in entsprechender Höhe das PayPal-Konto des
Verkäufers belastet, beruht dies auf dem gesondert zu betrachtenden
Rechtsverhältnis von PayPal zum Verkäufer; dementsprechend bestimmt die
PayPal-Käuferschutzrichtlinie, die Erstattung des Kaufpreises sei unabhängig
davon, ob PayPal den erstatteten Betrag vom Zahlungsempfänger zurückfordern
kann (Ziff. 2 Abs. 2 der PayPal-Käuferschutzrichtlinie).
Die Entscheidung über die Rückbuchung des Kaufpreises erfolgt nicht
- wie beim Erstattungsanspruch des Zahlers gegen seinen
Zahlungsdienstleister im SEPA-Basis-Lastschrift-verfahren - im Verhältnis
zwischen Käufer und Verkäufer, sondern beruht jeweils auf den
gesonderten Rechtsbeziehungen zwischen PayPal und dem Käufer einerseits
sowie PayPal und dem Verkäufer andererseits, innerhalb derer jeweils PayPal
die Entscheidung obliegt, ob die Rückerstattung erfolgt.
28 3. Allerdings stellt sich die Entscheidung des Berufungsgerichts aus
anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Denn mit der bei
Abschluss des Kaufvertrags getroffenen Nebenabrede, den Zahlungsdienst
PayPal zu verwenden, haben die Vertragsparteien gleichzeitig stillschweigend
vereinbart, dass die getilgte Kaufpreisforderung wiederbegründet wird, wenn
- wie vorliegend geschehen - das PayPal-Konto des Klägers nach einem
erfolgreichen Antrag auf Käuferschutz nach Maßgabe der
PayPal-Käuferschutzrichtlinie rückbelastet wird (§ 311 Abs. 1 BGB).
29 a) Es ist anerkannt, dass eine stillschweigende Wiederbegründung
einer getilgten Schuld bei einem - wie hier - nicht formgebundenen Vertrag
bei entsprechendem Parteiwillen in der Rückgabe oder Rückbelastung eines
bereits getilgten Schuldbetrags liegen kann (BAG, DB 1972, 782
unter 2 a; MünchKommBGB/Fetzer, aaO Rn. 25a; Palandt/Grüneberg, aaO, Vor §
362 Rn. 1; jurisPK-BGB/Kerwer, aaO Rn. 11; Jungmann, WM 2007, 1633, 1639;
siehe auch Erman/Buck-Heeb, aaO, Vor § 362 Rn. 2; Jauernig/Stürner, aaO, Vor
§ 362 Rn. 4). Die Parteien sind frei darin, das Wiederaufleben der
ursprünglichen Schuld zu vereinbaren (Ellenberger in
Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 5. Aufl., § 57 Rn. 49 mwN;
siehe auch MünchKommBGB/Fetzer, aaO). Eine solche Vereinbarung kann
nach dem Grundsatz der Privatautonomie auch bereits im Vorfeld - mit
Vertragsabschluss - und für den Fall getroffen werden, dass künftig eine
Rückbuchung des gezahlten Kaufpreises erfolgt.
30 b) So ist es hier. Dies ergibt sich nach Maßgabe der gebotenen -
dem Senat selbst möglichen - nach beiden Seiten hin interessengerechten
Vertragsauslegung (zu diesem Auslegungsgrundsatz BGH, Urteile vom
22. Februar 2012 - VIII ZR 34/11, NJW-RR 2012, 690 Rn. 25; vom 5. März 2015
- IX ZR 133/14, BGHZ 204, 231 Rn. 21; vom 13. April 2016 - VIII ZR 198/15,
WuM 2016, 350 Rn. 22; jeweils mwN).
31 Der Erklärungsgehalt der bei Abschluss des Kaufvertrags
getroffenen Nebenabrede, zur Begleichung der Kaufpreisschuld den
Zahlungsdienst PayPal zu verwenden, richtet sich dabei neben den sich aus §§
133, 157 BGB ergebenden Auslegungsregeln grundsätzlich nach den Bestimmungen
in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von PayPal, denen die Parteien vor
der Inanspruchnahme des Zahlungsdienstes PayPal zugestimmt haben
(vgl. Senatsurteile vom
24. August 2016 - VIII ZR 100/15, BGHZ 211, 331 Rn. 19;
vom 15. Februar 2017 - VIII
ZR 59/16, NJW 2017, 1660 Rn. 12; jeweils mwN, zu den
eBay-AGB). Der Aussagegehalt der von PayPal verwendeten Allgemeinen
Geschäftsbedingungen, namentlich der PayPal-Käuferschutzrichtlinie, ist
daher, da die Erklärungen der Parteien des Kaufvertrages auslegungsbedürftig
sind, entsprechend in die Auslegung der von ihnen abgegebenen
Willenserklärungen einzubeziehen.
32 aa) Hiernach bestand zwischen den Parteien mangels gegenteiliger
Anhaltspunkte bereits bei Vertragsschluss Einigkeit darüber, dass
auch im Falle eines Antrags auf Käuferschutz die gesetzlichen und
vertraglichen Rechte beider Parteien unabhängig von der Entscheidung über
die Gewährung von Käuferschutz Bestand haben sollten.
33 Nach Ziffer 6.5. Satz 1 der PayPal-Käuferschutzrichtlinie
"berührt" diese "die gesetzlichen und vertraglichen Rechte zwischen Käufer
und Verkäufer nicht und ist separat von diesen zu betrachten".
Bereits nach ihrem Wortlaut bestimmt die Klausel, dass die
PayPal-Käuferschutzrichtlinie die gesetzlichen und vertraglichen Rechte der
Kaufvertragsparteien nicht beeinträchtigen ("berührt [...] nicht") und
unabhängig davon sein soll ("separat"). Entgegen der Ansicht der Revision
ist Ziffer 6.5. Satz 1 nicht dahingehend zu verstehen, dass die gesetzlichen
und vertraglichen Rechte "zwischen" Käufer und Verkäufer (nur) insoweit
unberührt blieben, als die PayPal-Käuferschutzrichtlinie keine abweichende
Regelung enthält. Eine solche Einschränkung sieht die Klausel nicht vor.
Dies wird durch deren Satz 3 bestätigt. Danach entscheidet PayPal
"lediglich" über den Antrag auf PayPal-Käuferschutz. Daraus folgt, dass
weitergehende Rechte der Kaufvertragsparteien unabhängig von der
Entscheidung über den Antrag auf PayPal-Käuferschutz zu beurteilen sind.
34 Etwas anderes ergibt sich - entgegen der Auffassung der Revision - auch
nicht aus Ziffer 6.1. der PayPal-Käuferschutzrichtlinie. Trotz des weit
gefassten Wortlauts der formularmäßigen Abtretungsklausel ("alle [...]
Ansprüche aus dem [...] Kaufvertrag"), sind keinerlei Anhaltspunkte dafür
erkennbar, dass PayPal hiermit - über die Sicherung des eigenen
Rückerstattungsanspruchs gegenüber dem Verkäufer hinaus - entgegen der
ausdrücklichen Erklärung, "lediglich" über den Antrag auf Käuferschutz
entscheiden zu wollen, den Käufer durch die Übertragung seiner Ansprüche aus
dem Kaufvertrag (in Höhe des Auszahlungsbetrags) - so die Revision -
"vollständig rechtlos" zu stellen beabsichtigt und dem Verkäufer deshalb
umgekehrt kein Anspruch auf Kaufpreiszahlung mehr zustehen dürfe. Die
Revision verkennt insoweit, dass auch Formularbestimmungen stets unter
Berücksichtigung des gesamten Vertragsinhalts auszulegen sind (Senatsurteile
vom 26. April 2017 - VIII ZR 233/15, NJW 2017, 3292 Rn. 18; vom 15. Februar
2017 - VIII ZR 59/16, aaO Rn. 15; vom 29. November 2009 - VIII ZR 92/06,
BGHZ 170, 86 Rn. 30), hier insbesondere Ziffer 6.5., wonach die
PayPal-Käuferschutzrichtlinie die gesetzlichen und vertraglichen Rechte der
Kaufvertragsparteien aber ausdrücklich nicht "berührt" und "separat" von
diesen zu betrachten ist (zur Auslegung von Ziff. 6.1. der
PayPal-Käuferschutzrichtlinie siehe im Übrigen Senatsurteil vom heutigen
Tage - VIII ZR 213/16 unter III, zur Veröffentlichung bestimmt).
35 bb) Es widerspräche auch den berechtigten Interessen der am Kaufvertrag
Beteiligten, eine Kaufvertragspartei durch Ausschluss oder Einschränkung
gesetzlicher oder vertraglicher Rechte unangemessen zu begünstigen.
So besteht kein Zweifel, dass es dem Käufer unbenommen bleibt, nach einem
erfolglosen Käuferschutzantrag die staatlichen Gerichte in Anspruch zu
nehmen, um etwa im Fall einer vom Verkäufer nicht erbrachten Leistung seinen
Anspruch auf Rückgewähr des vorgeleisteten Kaufpreises unter den
gesetzlichen Voraussetzungen durchzusetzen. Deshalb ist es zur
Vermeidung eines nach objektiven Maßstäben nicht tragbaren vertraglichen
Ungleichgewichts allein interessengerecht, dass der Verkäufer nach
einem erfolgreichen Antrag des Käufers auf PayPal-Käuferschutz wieder
berechtigt ist, auf die Kaufpreisforderung zurückzugreifen und zu ihrer
Durchsetzung gegebenenfalls die staatlichen Gerichte anzurufen.
36 cc) Durch die Wiederbegründung der Kaufpreisforderung werden auch
berechtigte Erwartungen des Käufers nicht beeinträchtigt. Bereits nach
Ziffer 6.2. Satz 1 der PayPal-Käuferschutzrichtlinie behält PayPal sich das
Recht vor, "jederzeit im eigenen Ermessen und ohne Angabe von Gründen den
PayPal-Käuferschutz zu ändern oder zu streichen." Angesichts der dem
PayPal-Käuferschutz damit ohnehin innewohnenden Unwägbarkeiten wäre ein
Verständnis der Vertragserklärungen der Parteien des Kaufvertrages nicht
sachgemäß, welches es verhinderte, ihre gegebenenfalls gegeneinander
bestehenden Ansprüche unabhängig von der Gewährung von PayPal-Käuferschutz
weiterzuverfolgen.
37 dd) Für eine stillschweigend vereinbarte Wiederbegründung der
Kaufpreisforderung spricht auch, dass PayPal im Fall eines
Käuferschutzantrags nur einen vereinfachten Prüfungsmaßstab anlegt. Der
Erfolg eines Antrags des Käufers auf PayPal-Käuferschutz hängt bei einem -
wie hier - nicht versandten Artikel maßgeblich davon ab, ob der Verkäufer
einen Versandbeleg vorlegen kann (Ziff. 4.1 Satz 2 der
PayPal-Käuferschutzrichtlinie). In einem staatlichen Gerichtsverfahren
könnte der Verkäufer den Nachweis für den Versand jedoch auch auf andere
Weise als durch eine solche Urkunde erbringen, etwa durch den Antritt von
Zeugenbeweis. Der Versand der Ware könnte in einem Rechtsstreit sogar nicht
beweisbedürftig sein, nämlich dann, wenn er unstreitig ist oder wird.
38 So ist es auch hier. Zwar hat der Kläger während des
Käuferschutzverfahrens keinen Versandbeleg hochgeladen, jedoch hat er im
Rechtsstreit Zeugenbeweis für den Versand angetreten. Die Beklagten haben
den Versand der Ware daraufhin nicht mehr bestritten. Mit Rücksicht darauf
erscheint es nicht sachgemäß, dass der Verkäufer einen Käuferschutzantrag
wegen eines nicht versandten Artikels abwehren könnte, indem er PayPal den
Versandbeleg vorlegt, der Verkäufer seinen Anspruch auf Kaufpreiszahlung
aber verlieren soll, obwohl der Versand der Sache unstreitig wird. Der
Umstand, dass der anfangs streitige Versand der Ware im hier gegebenen Fall
erst nach Gewährung von PayPal-Käuferschutz unstreitig geworden ist,
rechtfertigt keine andere Bewertung. Der Käufer kann ohnehin nur
eingeschränkt auf den Bestand des ihm gewährten PayPal-Käuferschutzes
vertrauen, denn nach Ziffer 6.2. Satz 1 der Käuferschutzrichtlinie behält
PayPal sich - wie ausgeführt - "das Recht vor, jederzeit im eigenen Ermessen
und ohne Angabe von Gründen den PayPal-Käuferschutz zu ändern oder zu
streichen".
39 ee) Entgegen der Ansicht der Revision ergibt sich aus Ziffer 2 Abs. 2 der
PayPal-Käuferschutzrichtlinie nichts anderes. Danach erfolgt die Auszahlung
an den Käufer unabhängig davon, ob PayPal den Erstattungsbetrag von dem
Zahlungsempfänger zurückfordern kann. Diese Klauselbestimmung betrifft, wie
bereits ausgeführt, nur das Rechtsverhältnis von PayPal zum Käufer, besagt
jedoch nichts über das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien des
Kaufvertrages.
40 ff) Durch das Recht des Verkäufers, gemäß Ziffer 6.5. der
PayPal-Käuferschutzrichtlinie nach Rückbelastung seines PayPal-Kontos auf
die Kaufpreisforderung zurückgreifen zu können, wird der PayPal-Käuferschutz
entgegen der Auffassung der Revision nicht obsolet, sondern bleibt für den
Käufer vorteilhaft.
41 Auch wenn der Zahlungsanspruch des Verkäufers nach der Rückbelastung
seines PayPal-Kontos wieder begründet wird, ist ein erfolgreicher
Käuferschutzantrag für den Käufer, der mit der Zahlung des Kaufpreises
vereinbarungsgemäß in Vorleistung getreten ist, die Kaufsache aber nicht
erhalten hat, von beträchtlichem Vorteil (vgl. Meder/Grabe, BKR 2005, 467,
475 f.). Bereits die Prozessführungslast ändert sich. Hat der Käufer mit
einem Antrag auf PayPal-Käuferschutz nach Maßgabe von Ziffer 4.1. der
PayPal-Käuferschutzrichtlinie Erfolg, erlangt er seine Vorleistung zurück,
ohne zur Überprüfung der Gerichte stellen zu müssen, ob ihm ein
Rückgewähranspruch zusteht, und diesen gegebenenfalls im Wege der
Zwangsvollstreckung durchzusetzen.
42 gg) Der Käufer ist nach Wiederbegründung der Kaufpreisforderung entgegen
der Auffassung der Revision auch nicht rechtlos gestellt, wenn die verkaufte
Sache - wie von den Beklagten geltend gemacht - auf dem Transportweg
verloren geht und der Verkäufer Zahlung des Kaufpreises verlangt.
43 (1) Geht die verkaufte Sache auf dem Versandweg verloren, ist die
Gefahrtragungsregel des § 447 Abs. 1 BGB, die dem Käufer die
Versendungsgefahr zuweist, für den Bereich von Kaufverträgen ausgeschlossen,
bei denen ein Verbraucher (§ 13 BGB) als Käufer eine bewegliche Sache von
einem Unternehmer (§ 14 Abs. 1 BGB) erwirbt (Verbrauchsgüterkauf, § 474 Abs.
1 Satz 1 BGB). Denn gemäß § 474 Abs. 4 BGB (in der vom 13. Juni 2014 bis zum
31. Dezember 2017 geltenden Fassung; ab dem 1. Januar 2018: § 475 Abs. 2
BGB, siehe BGBl. I 2017, 969, 970) ist § 447 Abs. 1 BGB mit der Maßgabe auf
Verbrauchsgüterkäufe anzuwenden, dass die Gefahr des zufälligen Untergangs
und der zufälligen Verschlechterung nur dann auf den Käufer übergeht, wenn
dieser die zur Ausführung der Versendung bestimmte Person beauftragt hat,
und der Verkäufer dem Käufer diese Person nicht zuvor benannt hat.
44 (2) Außerhalb des Verbrauchsgüterkaufs ist der Käufer ebenfalls
nicht rechtlos gestellt, sondern kann gemäß § 285 BGB Abtretung der
Ansprüche verlangen, die dem Verkäufer zustehen, etwa gegen seinen
Versicherer oder gegen den Beförderer (MünchKommBGB/Westermann,
aaO, § 447 Rn. 26; Palandt/Weidenkaff, aaO, § 447 Rn. 18; Reinicke/Tiedtke,
Kaufrecht, 8. Aufl., Rn. 173; siehe auch BT-Drucks. 14/6040, S. 244). Im
Streitfall hat der Kläger die Ware zwar unversichert versandt. Dies beruht
nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des
erstinstanzlichen Urteils aber auf einer Vereinbarung der
Kaufvertragsparteien.
45 hh) Schließlich ist es auch sachgerecht, Streitigkeiten über
Leistungsstörungen abschließend im Verhältnis der Kaufvertragsparteien zu
klären und nicht eine Partei, hier den Verkäufer, gegebenenfalls auf einen
Rechtsstreit gegen den Zahlungsdienstleister PayPal zu verweisen.
46 Dies wird zusätzlich anhand von Ziffer 4.5. der
PayPal-Käuferschutzrichtlinie deutlich. Danach soll die Entscheidung über
den Antrag auf PayPal-Käuferschutz "endgültig" und der Rechtsweg gegenüber
PayPal wegen der Entscheidung über den Käuferschutz ausgeschlossen sein.
Zwar spricht alles dafür, dass PayPal einen derart weitgehenden Ausschluss
von Rechten im Vertragsverhältnis zu seinen Kunden formularvertraglich nicht
wirksam vereinbaren kann (zur Unwirksamkeit von Formularbestimmungen, die
den Zugang zu den Gerichten vollends ausschließen siehe Hau in
Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGBRecht, 6. Aufl., Klauseln Rn. P 66; vgl. auch
Pfeiffer in Wolf/Lindacher/Pfeiffer, aaO, Anhang zur Richtlinie 93/13 EWG
Rn. 142). Dies ist hier jedoch nicht entscheidungserheblich, denn jedenfalls
unterstreicht auch diese Bestimmung das Anliegen von PayPal, selbst nicht
Partei von Rechtsstreitigkeiten über Leistungsstörungen zu werden, sondern
dies dem Käufer und Verkäufer zu überlassen.
47 4. Dem Kaufpreisanspruch steht nicht entgegen, dass die Beklagten das
erworbene Mobiltelefon nach ihrer Behauptung nicht erhalten haben.
48 a) Trotz des behaupteten Untergangs der Kaufsache behält der
Kläger gemäß § 447 Abs. 1 BGB, bei dem es sich um eine kaufrechtliche
Sondervorschrift zu der allgemeinen Regel des § 326 Abs. 1 BGB handelt
(Palandt/ Grüneberg, aaO, § 326 Rn. 3; Staudinger/Schwarze, aaO,
Neubearb. 2013, § 326 Rn. A 31; Staudinger/Beckmann, aaO, § 447 Rn. 2;
Erman/Grunewald, aaO, § 447 Rn. 1; MünchKommBGB/Westermann, aaO, § 447 Rn.
1; NK-BGB/Büdenbender, aaO, § 447 Rn. 1), den Kaufpreisanspruch, weil die
Gegenleistungsgefahr auf die Beklagte zu 1, der auch die Einrede des nicht
erfüllten Vertrags (§ 320 Abs. 1 BGB) nicht zustünde, übergegangen ist,
indem der Kläger das Mobiltelefon dem zur Ausführung der Versendung
bestimmten Versanddienstleister ausgeliefert hat.
49 b) Die Parteien haben die Anwendung des § 447 Abs. 1 BGB entgegen
der Ansicht der Revision nicht abbedungen. Vielmehr haben sie ausdrücklich
einen Versendungskauf vereinbart; es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass
der Kläger die mit der Versendung verbundene Verlustgefahr übernommen hat.
50 c) Die Beklagte zu 1 ist auch nicht gemäß § 474 Abs. 2, 4 BGB von dem mit
der Versendung verbundenen Risiko des zufälligen Untergangs der Sache
befreit. Ein Verbrauchsgüterkauf (§ 474 Abs. 1 BGB) ist nicht gegeben. Das
Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass der Kläger Unternehmer und die
Beklagte zu 1 Verbraucherin ist. Dabei stellt sich im Streitfall die Frage
nicht, ob eine als Außengesellschaft (teil-)rechtsfähige Gesellschaft
bürgerlichen Rechts, deren Gesellschafter natürliche Personen sind, als
natürliche Person im Sinne von § 13 BGB zu behandeln ist (vgl. BGH, Urteil
vom 23. Oktober 2001 - XI ZR 63/01, BGHZ 149, 80, 83 f., noch zum
Verbraucherkreditgesetz; siehe auch BGH, Urteil vom 30. März 2017 - VII ZR
269/15, NJW 2017, 2752 Rn. 24 ff.). Dies setzte jedenfalls voraus, dass der
streitgegenständliche Kauf weder einer gewerblichen noch einer selbständigen
beruflichen Tätigkeit der Beklagten zu 1 diente (dazu Senatsurteil vom 25.
März 2015 - VIII ZR 243/13, BGHZ 204, 325 Rn. 30, 49 ff.). Dafür ist jedoch
nichts ersichtlich, zumal die Beklagte zu 1 ein Ladenlokal nebst
Online-Versandhandel betreibt. Auch die Revision rügt nicht, dass das
Berufungsgericht entsprechenden Tatsachenvortrag unter Verstoß gegen § 286
Abs. 1 ZPO übergangen habe.
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