Ticketkaufvertrag mit einer Vorverkaufstelle als
Rechtskauf; Eintrittskarte als kleines Inhaberpapier (§ 807 BGB); keine
Haftung des Ticketverkäufers; kein Widerrufsrecht beim Ticketkauf (§ 312g
Abs. 2 Nr. 9 BGB); Rechtsfolgen der unterlassenen Belehrung über das
Nichtbestehen eines Widerrufsrechts (Art. 246a Abs. 3 Nr. 1 EGBGB); Wegfall
der Geschäftsgrundlage und Gutscheinlösung nach Art. 240 § 5 EGBGB
BGH, Urteil vom 13. Juli 2022 - VIII ZR 317/21 - LG
Bremen
Fundstelle:
noch nicht bekannt für
BGHZ vorgesehen
Amtl. Leitsatz:
a) Bei dem Vertrieb von Eintrittskarten über eine
Vorverkaufsstelle, die als Kommissionärin des Veranstalters handelt, wird
zwischen dieser und dem Käufer ein Rechtskaufvertrag abgeschlossen.
Kaufgegenstand ist das Recht auf Teilnahme an der von dem Veranstalter
durchzuführenden Veranstaltung, das durch die Eintrittskarte als kleines
Inhaberpapier (§ 807 BGB) verbrieft ist und durch deren Übereignung (§§ 929
ff. BGB) übertragen wird. b) Auf diesen Rechtskaufvertrag ist § 312g Abs.
2 Nr. 9 BGB anzuwenden. Ein Widerrufsrecht nach § 312g Abs. 1 BGB besteht
hierfür deshalb auch dann nicht, wenn ein Fernabsatzvertrag vorliegt. c)
Mit der Übereignung der Eintrittskarte hat die Vorverkaufsstelle ihre
Verpflichtung aus dem Rechtskaufvertrag vollständig erfüllt. Für eine
nachträgliche Absage der Veranstaltung haftet sie dem Käufer gegenüber
grundsätzlich nicht. Dies gilt auch dann, wenn die Veranstaltung wegen eines
auf Grund der COVID-19-Pandemie erlassenen Veranstaltungsverbots abgesagt
werden muss. d) Der Käufer kann von der Vorverkaufsstelle bei einer
pandemiebedingten Absage einer Veranstaltung die Rückzahlung des
Ticketpreises nicht wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage verlangen, wenn
ihm der Veranstalter als Ersatz für den Ausfall einen Wertgutschein nach
Art. 240 § 5 EGBGB angeboten hat. Dessen Annahme ist dem Käufer in der Regel
zumutbar.
Zentrale Probleme:
Eine gehaltvolle und lehrreiche, wenngleich etwas weit
ausschweifende Entscheidung. Es geht um die Frage, ob der Käufer einer
Konzert- oder Theaterkarte von der (mit dem Veranstalter nicht identischen)
Vorverkaufsstelle den Ticketpreis zurückverlangen kann, wenn die
Veranstaltung nicht stattfindet. Zunächst qualifiziert der Senat den
Vertrag zutreffend als Rechtskauf (heute: § 453 Abs. 1 S. 1 BGB), der durch
Übereignung der Eintrittskarte als kleines Inhaberpapier (§ 807 BGB) erfüllt
wird. Da dieses Recht (auf Teilnahme an der Veranstaltung) tatsächlich
existierte, war dieses Recht zumindest zum maßgeblichen Zeitpunkt des
Rechtserwerbs auch existent, so dass eine Rechtsmängelhaftung für die
Existenz des verkauften Rechts (sog. Veritätshaftung) nicht in Betracht kam.
Dei Vornahme der Veranstaltung selbst schuldete de Vorverkaufsstelle nicht.
Daher war ein Rücktrittsrecht nach §§ 453 Abs. 1 S. 1, 437 Nr. 2, 323 BGB
ausgeschlossen. Auch hatte die Vorverkaufsstelle keine vertragliche Garantie
dafür gegeben, dass die Veranstaltung nicht stattfindet. Auch ein
Widerrufsrecht bzgl. des im Fernabsatz geschlossenen Vertrags kam nicht in
Betracht, da § 312g Abs. 2 Nr. 9 BGB ein solches ausschließt. Allerdings
hätte die Vorverkaufsstelle gem. Art. 246a § 1 Abs. 3 Nr. 1
EGBGB über die Nichtexistenz des Widerrufsrechts belehren müssen. Diese
Unterlassung führt aber nicht zum Entstehen eines Widerufsrechts. Sie stellt
aber eine Pflichtverletzung nach § 280 Abs. 1 BGB dar und hätte gem. § 249
Abs. 1 BGB dazu führen können, dass der Kläger einen Anspruch auf Befreiung
vom Vertrag, also letztlich auf Rückzahlung des Ticketpreises haben könnte.
Dazu müsste er aber darlegen und beweisen, dass er bei zutreffender
Belehrung den Vertrag nicht geschlossen hätte (Kausalität der
Pflichtverletzung), was er offenbar nicht getan hatte. Schließlich hat
der Kläger auch kein Rücktrittsrecht aus § 313 Abs. 3 BGB
(Geschäftsgrundlage). Er hat nämlich gegen den Veranstalter Ansprüche, u.a.
einen solchen auf einen Gutschein nach Art. 240 § 5 EGBGB, den er nach dem
1.1.2022 in Geld hätte umtauschen können (und der auch die
Vorverkaufsgebühren erfasst). Damit ist das Festhalten am Vertrag mit der
Vorverkaufs jedenfalls nicht unzumutbar. Die Ausführungen hierzu sind
lehrbuchartig und daher für die Ausbildung interessant, ob man dafür in
einem Urteil wirklich 34 Randnummern braucht (Rn. 52 - 86) ist aber fraglich
...
©sl 2022
Tatbestand:
1 Die Parteien streiten um die Rückerstattung des
Entgelts für Eintrittskarten zu einer Veranstaltung, die auf Grund der
COVID-19-Pandemie abgesagt wurde.
2 Die Beklagte, eine
Ticketsystemdienstleisterin (im Folgenden auch: Vorverkaufsstelle),
betreibt ein Internetportal, über das Eintrittskarten für eine Vielzahl von
Veranstaltungen erhältlich sind. In den auf ihrer Internetseite abrufbaren
Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist einleitend ausgeführt:
"Die C. AG & Co. KGaA (nachfolgend C.
genannt) ist nicht selbst Veranstalter der angebotenen Veranstaltungen.
Diese werden durch den jeweiligen Veranstalter durchgeführt, der
auch Aussteller des Tickets ist. Durch den Erwerb der
Eintrittskarte kommen vertragliche Beziehungen im Hinblick auf den
Veranstaltungsbesuch ausschließlich zwischen dem Karteninhaber (Kunden) und
dem jeweiligen Veranstalter zustande. Möglicherweise gelten für
diese rechtlichen Beziehungen eigene Allgemeine Geschäftsbedingungen
des Veranstalters. Die C. vertreibt die Tickets im Auftrag des jeweiligen
Veranstalters als Vermittlerin oder als Kommissionärin, es sei denn, sie ist
im Einzelfall ausdrücklich selbst als Veranstalter ausgewiesen. (...)"
3 Am 16. Dezember 2019 erwarb der Kläger
über die Internetseite der Beklagten vier Eintrittskarten zum Preis von
insgesamt 756,46 € für eine Musicalaufführung, die am 18. April 2020 in
Hamburg stattfinden sollte. Deren Veranstalterin war die S. mbH. Die
gebuchte Veranstaltung wurde auf Grund der COVID-19-Pandemie abgesagt. Der
Kläger begehrte deshalb von der Beklagten die Erstattung des
Ticketpreises, was diese ablehnte. Ihm von der Veranstalterin angebotene
Wertgutscheine lehnte der Kläger seinerseits ab.
4 Die auf
Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 756,46 € nebst Zinsen sowie auf
Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten gerichtete Klage hat in erster
Instanz Erfolg gehabt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht
die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision
begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
5 Die Revision hat keinen
Erfolg.
I.
6 Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner
Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im
Wesentlichen ausgeführt:
7 Zwischen den Parteien sei ein
Rechtskaufvertrag gemäß § 453 Abs. 1, §§ 433 ff. BGB zustande gekommen,
wobei die Beklagte als Kommissionärin der Veranstalterin im eigenen Namen
und auf deren Rechnung gehandelt habe. Vertragliche Leistungspflicht sei
allerdings nicht die Durchführung der Veranstaltung, sondern lediglich die
Verschaffung des Besitzes und des Eigentums an der Eintrittskarte, die das
Recht des Kunden auf Zutritt zu der Veranstaltung als sogenanntes kleines
Inhaberpapier im Sinne des § 807 BGB verbriefe. Die ihr allein obliegende
Verpflichtung zur Übergabe und Übereignung der Eintrittskarten habe die
Beklagte erfüllt. Für die Unmöglichkeit der Durchführung der Veranstaltung
hafte nicht die Beklagte, sondern nur die Veranstalterin. Die Beklagte habe
das Risiko für den Fortbestand des Rechts nicht übernommen. Sie treffe keine
Gewährleistung für die Einbringlichkeit und Durchsetzbarkeit des verkauften
Rechts und hafte nicht für die tatsächliche Durchführbarkeit der
Veranstaltung. Es komme hierbei nicht darauf an, ob die Beklagte - wie der
Kläger vortrage - allenfalls versteckte Hinweise darauf erteilt habe, dass
sie nicht Veranstalterin sei. Denn dies sei für den
durchschnittlichen Kunden angesichts der Vielzahl und Bandbreite der
Veranstaltungen, für die die Beklagte Karten vertreibe, offenkundig.
8 Eine Haftung der Beklagten ergebe sich auch nicht daraus, dass sie
sich nach der Absage der Veranstaltung um die Übersendung von
Wertgutscheinen der Veranstalterin gekümmert habe. Eine (nachträgliche)
Erweiterung ihrer Vertragspflichten sei hierdurch nicht eingetreten.
9 Die sogenannte Gutscheinlösung des Art. 240 § 5 EGBGB sei auf
das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien zwar ohne unmittelbaren
Einfluss. Sie bestätige indes die Ablehnung einer Rückzahlungspflicht der
Beklagten insofern, als die Bejahung einer solchen - mit der Folge eines
Anspruchs der Beklagten gegen die Veranstalterin auf Erstattung des
aufgewandten Betrags - im Ergebnis doch zu einer Geldzahlungspflicht der
Veranstalterin führte, die der Gesetzgeber durch die Gutscheinlösung gerade
vorübergehend habe verhindern wollen.
10 Aus einer unterlassenen
Widerrufsbelehrung könne der Kläger ebenfalls keine Rechte herleiten. Ein
Widerrufsrecht des Klägers habe auf Grund der Vorschrift des § 312g Abs. 2
Nr. 9 BGB, die auch auf den vorliegenden Vertrag anzuwenden sei, nicht
bestanden. Zwar sei nach Art. 246a § 1 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB auch über das
Nichtbestehen eines Widerrufsrechts zu belehren, jedoch führe das
Unterlassen der Belehrung hierüber nicht zum Entstehen
eines Widerrufsrechts. Es sei auch nicht dargetan, dass sich der Kläger
bei ordnungsgemäßer Belehrung über dessen Nichtbestehen anders verhalten,
die Eintrittskarten mithin nicht erworben hätte.
11 Der geltend
gemachte Anspruch ergebe sich auch nicht aus den Bestimmungen über den
Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB). Es sei bereits zweifelhaft, ob
sich ein Umstand, der zur Grundlage des Vertrags zwischen den Parteien
geworden sei, schwerwiegend verändert habe, da die Beklagte nicht die
Durchführung der Veranstaltung an sich schulde. Jedenfalls aber fehle es an
der Unzumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag, denn der Kläger habe gegen
die Veranstalterin einen Anspruch auf Erstattung des Eintrittspreises
zunächst in Form eines Gutscheins und mit Ablauf des 31. Dezember 2021
voraussichtlich in Form einer Auszahlung des Werts des Gutscheins und damit
einer Rückzahlung des Ticketpreises.
II.
12 Diese
Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand. Die Revision ist
daher zurückzuweisen.
13 Das Berufungsgericht hat
rechtsfehlerfrei entschieden, dass dem Kläger gegen die Beklagte der geltend
gemachte Anspruch auf Rückzahlung des Ticketpreises in Höhe von 756,46 €
nebst Zinsen nicht zusteht. Zutreffend ist
das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass sich ein solcher Anspruch weder
auf Grund eines Rücktritts von dem zwischen den Parteien geschlossenen
Vertrag über den Kauf von Rechten (§ 453 Abs. 1 in der bis zum 31.
Dezember 2021 geltenden Fassung [im Folgenden: aF], § 437 Nr. 2 Alt. 1, §
323 Abs. 1, § 346 Abs. 1 BGB) noch auf Grund eines Widerrufs dieses
Vertrags (§ 312g Abs. 1, § 355 Abs. 1, 3 Satz 1, § 357 Abs. 1 BGB)
ergibt. Zu Recht hat das Berufungsgericht auch einen Anspruch des
Klägers wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 Abs. 1, 3 BGB)
verneint.
14 1. Ein Anspruch des Klägers auf
Rückzahlung des Ticketpreises aus § 453 Abs. 1 aF, § 437 Nr. 2 Alt. 1, § 323
Abs. 1, § 346 Abs. 1 BGB besteht nicht. Entgegen der Auffassung der
Revision war der Kläger nicht zum Rücktritt von dem zwischen den
Parteien bestehenden Kaufvertrag berechtigt.
15 a)
Das Berufungsgericht ist ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass die
Beklagte im eigenen Namen mit dem Kläger einen Kaufvertrag im Sinne von §
453 BGB abgeschlossen hat, aus dem sie verpflichtet war, ihm das - durch
die von der Veranstalterin ausgegebenen Eintrittskarten verkörperte - Recht
auf Teilnahme an der von der Veranstalterin durchzuführenden Veranstaltung
am 18. April 2020 in Hamburg zu verschaffen.
16 aa)
Die Beklagte war nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des
Berufungsgerichts nicht selbst Veranstalterin, sondern nur als
Vorverkaufsstelle mit dem Vertrieb der Eintrittskarten befasst.
Veranstalterin war unstreitig die S. mbH.
17 Eine
Vorverkaufsstelle kann bei der Vermarktung von Eintrittskarten entweder im
eigenen Namen oder als Stellvertreterin für den Veranstalter auftreten. Im
ersten Fall liegt regelmäßig ein Kommissionsgeschäft vor, bei dem die
Vorverkaufsstelle im eigenen Namen für Rechnung des Veranstalters handelt (§
383 HGB). In der zweiten Konstellation wird sie dagegen in der Regel
als Handelsvertreterin (§ 84 HGB) für diesen tätig (vgl. BGH,
Urteile vom 23. August 2018 - III ZR 192/17, NJW 2019, 47 Rn. 13; vom 21.
Juli 2016 - I ZR 229/15, NJW 2017, 475 Rn. 12 mwN). Dem entsprechend ist in
der Einleitung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten
ausgeführt, dass sie die Tickets im Auftrag des jeweiligen Veranstalters als
Vermittlerin oder als Kommissionärin vertreibt, sofern sie nicht im
Einzelfall ausdrücklich selbst als Veranstalter ausgewiesen ist.
18
Ob die Vorverkaufsstelle im eigenen Namen aufgetreten und selbst
vertragliche Beziehungen zum Kunden eingegangen ist oder ob sie
als Vertreterin des Veranstalters nur diesen vertraglich verpflichtet hat,
ist jeweils nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zu entscheiden. Die
Feststellung des Berufungsgerichts, dass die Beklagte hier im eigenen Namen
- mithin als Kommissionärin - handelte, ist revisionsrechtlich nicht zu
beanstanden und wird von den Parteien im Revisionsverfahren auch nicht
angegriffen.
19 bb) Zutreffend und in Übereinstimmung mit der
Auffassung der Parteien hat das Berufungsgericht den zwischen diesen
abgeschlossenen Vertrag als Rechtskauf im Sinne von § 453 BGB angesehen.
20 (1) Zwar ist im allgemeinen Sprachgebrauch regelmäßig von
einem "Erwerb" oder "Kauf" von Eintrittskarten die Rede. Rechtlich
handelt es sich hierbei jedoch grundsätzlich nicht um einen Sachkauf der
Karten. Kaufgegenstand ist vielmehr das Recht auf Teilnahme an der vom
Veranstalter durchzuführenden Veranstaltung, das durch die - nicht
personalisierte -Eintrittskarte als sogenanntes kleines Inhaberpapier im
Sinne von § 807 BGB verkörpert ist (vgl. OLG Hamm, NJOZ 2009, 4173,
4175; AG Bremen, COVuR 2021, 24 Rn. 22; AG Freiburg, Urteil vom 9. März 2021
- 7 C 1083/20, juris Rn. 12; AG Singen, Urteil vom 5. Mai 2020 - 1 C 33/20,
juris Rn. 6; Großmann/Deranco, COVuR 2021, 263, 264; Bergmann, WM 2021,
1209; wegen der Untrennbarkeit von Recht und Papier von dem Kauf eines
sonstigen Gegenstands im Sinne von § 453 Abs. 1 BGB ausgehend:
BeckOGK-BGB/Wilhelmi, Stand: 1. April 2022, § 453 Rn. 216 f. und
Staudinger/Beckmann, BGB, Neubearb. 2013, § 453 Rn. 76; zusätzlich einen
Sachkauf bezüglich des Papiers annehmend: OLG Köln, NJW-RR 1994, 687;
jurisPK-BGB/Leible/Müller, 9. Aufl., Stand: 17. Dezember 2021, § 453 Rn. 8
und Grüneberg/Weidenkaff, BGB, 81. Aufl., § 453 Rn. 10 und 27 [primär
Rechtskauf]).
21 (2) Hauptleistungspflicht der Beklagten aus
dem mit dem Kläger geschlossenen Vertrag war die Verschaffung des Rechts auf
Teilnahme an der von der Veranstalterin durchzuführenden Veranstaltung durch
Übertragung des Eigentums und des Besitzes an der dieses Recht verbriefenden
Eintrittskarte (vgl. BGH, Urteile vom 23. August 2018 - III ZR
192/17, NJW 2019, 47 Rn. 18 f.; vom 14. Mai 2013 - XI ZR 160/12, NZG 2013,
903 Rn. 14, 17; OLG Hamm, NJOZ 2009, 4173, 4175; BeckOGK-BGB/Wilhelmi,
Stand: 1. April 2022, § 453 Rn. 248; Staudinger/Marburger, BGB, Neubearb.
2015, § 807 Rn. 7; Grüneberg/Sprau, BGB, 81. Aufl., § 793 Rn. 9).
22
(3) Zu Recht hat das Berufungsgericht die Beklagte hingegen nicht
für verpflichtet gehalten, ihrerseits die Veranstaltung durchzuführen.
23 (a) Die Durchführung der Veranstaltung ist keine
Leistungspflicht aus dem vorliegenden Rechtskaufvertrag. Auch eine
Verpflichtung der Beklagten hierzu aus anderem Rechtsgrund bestand nicht.
Die Parteien haben - wovon auch die Revision ausgeht - miteinander lediglich
einen Rechtskaufvertrag geschlossen.
24 (b) Vor diesem Hintergrund
kommt es nicht darauf an, ob - was die Revision in Frage stellt - im Rahmen
des von dem Kläger durchgeführten Bestellvorgangs auf der Internetseite
Hinweise auf die Veranstalterin erfolgten. Denn unabhängig davon war
- wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - das Angebot der
Beklagten als Vorverkaufsstelle, die Eintrittskarten für eine Vielzahl von
Veranstaltungen vertreibt, nach objektivem Empfängerhorizont nicht so zu
verstehen, dass sie sich selbst zur Durchführung des Musicals, für das
der Kläger Eintrittskarten bestellte, verpflichten wollte.
Dementsprechend macht der Kläger gegen die Beklagte auch nicht Ansprüche
wegen Unmöglichkeit oder Verletzung der Pflicht zur Durchführung der
Veranstaltung geltend, sondern beruft sich auf die mangelhafte
Erfüllung der Pflicht zur Verschaffung des Teilnahmerechts.
25 (c) Bestätigt wird dies durch die oben genannte Regelung in
den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten, wonach diese - sofern
sie nicht im Einzelfall ausdrücklich selbst als Veranstalterin ausgewiesen
ist - nicht Veranstalterin ist und durch den Erwerb der Eintrittskarte
vertragliche Beziehungen im Hinblick auf den Veranstaltungsbesuch
ausschließlich zwischen dem Karteninhaber und dem jeweiligen Veranstalter
zustande kommen. Diese Klausel ist - entgegen der Auffassung der
Revision - nicht überraschend im Sinne von § 305c Abs. 1 BGB, sondern
entspricht den berechtigten Interessen und Erwartungen der Vertragsparteien
und zeichnet die sich auch ohne entsprechende Regelung gemäß den obigen
Ausführungen ergebende vertragliche Lage, wonach im Falle eines - hier
vorliegenden -Kommissionsgeschäfts ein Rechtskaufvertrag abgeschlossen wird,
nach.
26 b) Zutreffend ist das Berufungsgericht
davon ausgegangen, dass die Beklagte den Kaufvertrag durch Übereignung der
Eintrittskarten an den Kläger vollständig erfüllt hat und sie für die
nachträgliche Absage der Veranstaltung nicht haftet. Weder war das von ihr
verkaufte Recht bei dessen Übertragung mangelhaft noch hat die Beklagte
vertraglich eine Haftung für die künftige Durchführung der Veranstaltung
übernommen.
27 aa) Durch die Übereignung der
Eintrittskarten hat die Beklagte dem Kläger das Recht auf Teilnahme an der
von der Veranstalterin durchzuführenden Veranstaltung verschafft und damit
den Kaufvertrag vollständig erfüllt (vgl. OLG Hamm, NJOZ 2009,
4173, 4175; LG Freiburg, Urteil vom 3. Februar 2022 - 3 S 45/21, juris Rn.
52 f.; AG Brandenburg, Urteil vom 18. Mai 2021 - 31 C 131/20, juris Rn. 24
f.; BeckOGK-BGB/Preisser, Stand: 1. April 2022, Art. 240 § 5 EGBGB Rn. 21;
BeckOGK-BGB/Martens, Stand: 1. April 2022, § 313 Rn. 229.1).
Die Veranstalterin als Ausstellerin der Karten war ab diesem Zeitpunkt
verpflichtet, die von dem Kläger gebuchte Veranstaltung durchzuführen und
ihm hierzu die Teilnahme zu gewähren (§§ 807, 793 Abs. 1 Satz 1 BGB).
28 (1) Zum Zeitpunkt der Übertragung des Rechts durch Übereignung
der Eintrittskarten war die Durchführung der Veranstaltung vorgesehen und
dem Kläger stand das - künftig auszuübende - Recht auf Teilnahme hieran zu.
Mängel des übertragenen Rechts, die eine Haftung der Beklagten
begründen könnten, bestanden nicht.
29 (2) Die spätere
Absage der Veranstaltung auf Grund der COVID-19-Pandemie führt schon deshalb
nicht zu Mängelgewährleistungsrechten des Klägers gegenüber der Beklagten,
weil dieser Umstand nach der bereits erfolgten mangelfreien
Übertragung des Rechts eintrat. Der Verkäufer schuldet
indes grundsätzlich nur die Mangelfreiheit in diesem Zeitpunkt, nicht jedoch
deren Fortbestand nach Erfüllung (vgl. Grüneberg/Weidenkaff, BGB,
81. Aufl., § 453 Rn. 29; BeckOGK-BGB/Wilhelmi, Stand: 1. April 2022, § 453
Rn. 54; MünchKommBGB/Westermann, 8. Aufl., § 453 Rn. 12 und § 435 Rn.
6; Großmann/Deranco, COVuR 2021, 263, 268).
30 (3) Im
Hinblick auf die mangelfreie Erfüllung der kaufvertraglichen Verpflichtung
durch die Beklagte kommt es nicht auf die von den Parteien diskutierte Frage
an, ob die pandemiebedingte Absage der Veranstaltung den Bestand des Rechts
(Verität) oder dessen Durchsetzbarkeit (Bonität) betrifft (vgl. zum
Umfang der Haftung des Verkäufers eines Rechts: Senatsurteil vom
26. September 2018 - VIII ZR 187/17, BGHZ 220, 19 Rn. 32 mwN). Denn
für diesen erst nach der Rechtsübertragung entstandenen Umstand scheiden
gesetzliche Gewährleistungsansprüche - wie ausgeführt - ohnehin aus.
31 bb) Entgegen der Auffassung der Revision folgt eine
Haftung der Beklagten für die nachträgliche Absage der Veranstaltung nicht
daraus, dass sie lediglich ein künftiges Recht übertragen hätte. Denn der
vorliegende Kaufvertrag bezog sich weder auf ein künftiges Recht noch wurde
lediglich ein solches übertragen (vgl. AG Bremen, COVuR 2021, 24
Rn. 27; aA AG Freiburg, Urteil vom 9. März 2021 - 7 C 1083/20, juris Rn. 12;
Bergmann, WM 2021, 1209, 1211). Vielmehr bestand das Recht auf
Teilnahme an der von der Veranstalterin durchzuführenden Veranstaltung
bereits im Zeitpunkt der Übertragung, auch wenn es sich auf eine erst
künftig stattfindende Veranstaltung bezog.
32 Das in
einer Eintrittskarte verkörperte Recht auf Teilnahme an der vom Veranstalter
durchzuführenden Veranstaltung entsteht mit der Errichtung des kleinen
Inhaberpapiers durch den Veranstalter und dem Abschluss
des Begebungsvertrags, mit dem die verbriefte Forderung schuldrechtlich
begründet wird (vgl. Grüneberg/Sprau, BGB, 81. Aufl., § 793 Rn. 8;
Staudinger/Marburger, BGB, Neubearb. 2015, § 807 Rn. 4, 7). Die Entstehung
des Rechts ist ab Ausgabe der Eintrittskarten nicht von weiteren, erst
zukünftig eintretenden Umständen abhängig. Vielmehr ist der
jeweilige Inhaber ab diesem Zeitpunkt berechtigt, von dem Aussteller die
Teilnahme an der von letzterem zu dem auf der Eintrittskarte angegebenen
Zeitpunkt durchzuführenden Veranstaltung zu fordern. Der Umstand,
dass das Teilnahmerecht von dem Karteninhaber erst am Veranstaltungstag vor
Ort ausgeübt werden kann, führt nicht dazu, dass das in der Eintrittskarte
verbriefte Recht erst zukünftig - etwa im Zeitpunkt der Öffnung des Zugangs
am Veranstaltungstag, des Eintrittsverlangens oder des Veranstaltungsbeginns
- entsteht. Denn der Aussteller einer Eintrittskarte ist bereits ab
der Ausgabe der Eintrittskarte rechtlich gebunden und demnach verpflichtet,
die künftige Veranstaltung durchzuführen und für den jeweiligen Inhaber
einer Eintrittskarte eine Zugangsmöglichkeit vorzuhalten, insbesondere nicht
mehr Karten auszugeben als Teilnehmer zugelassen werden können.
Es steht bereits ab diesem Zeitpunkt nicht mehr in seinem Belieben,
die Veranstaltung abzusagen oder Inhabern von Eintrittskarten zu Gunsten
anderer Personen das Teilnahmerecht zu verweigern.
33 cc) Eine
Haftung der Beklagten für die Durchführung der Veranstaltung folgt - wie das
Berufungsgericht zutreffend entschieden hat - auch nicht daraus, dass
sie über die gesetzlich bestehenden Pflichten hinaus eine Garantie
dafür übernommen hätte, dass die Veranstaltung stattfinden wird
(vgl. [zu den Voraussetzungen der Übernahme der Bonitätshaftung]
Senatsurteil vom 26. September 2018 - VIII ZR 187/17, BGHZ 220, 19 Rn. 32;
AG Bremen, COVuR 2021, 24 Rn. 31; MünchKommBGB/Westermann, 8. Aufl., § 453
Rn. 10 ff.).
34 (1) Weder der Korrespondenz im Rahmen des
Bestellvorgangs noch den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten
lässt sich eine derartige ausdrückliche Garantievereinbarung entnehmen.
35 (2) Eine solche ergibt sich auch nicht bei einer - vom
Berufungsgericht der Sache nach zutreffend vorgenommenen - nach beiden
Seiten interessengerechten Auslegung der auf den Kaufvertragsabschluss
gerichteten Willenserklärungen der Parteien, bei der neben allen Umständen
des Einzelfalls auch die Gebote von Treu und Glauben zu berücksichtigen
sind (§§ 133, 157 BGB; vgl. Senatsurteile vom 27. April 2022 - VIII ZR
304/21, NJW 2022, 2030 Rn. 19 mwN, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt;
vom 21. Juli 2021 - VIII ZR 254/20, BGHZ 230, 296 Rn. 68).
36 (a) Die
Beklagte als Vorverkaufsstelle hat - was auch einem
verständigen durchschnittlichen Erwerber bekannt ist - auf die Durchführung
der Veranstaltung keinen Einfluss. Nach den rechtsfehlerfreien
Feststellungen des Berufungsgerichts war die Beklagte nicht Veranstalterin.
Sie war für die Durchführung der Veranstaltung auch ansonsten weder
verantwortlich noch lag es in ihrer Entscheidungskompetenz, ob und unter
welchen Umständen diese stattfinden würde. Unabhängig von der rechtlichen
Konstruktion, mittels derer sie die Karten vertreibt (Eigengeschäft als
Kommissionärin oder Fremdgeschäft als Handelsvertreterin), war ihre
Rolle ersichtlich auf den Vertrieb der Eintrittskarten und die hiermit
zusammenhängende Organisation beschränkt. Ohne Bedeutung war dabei,
ob die Veranstalterin bereits im Bestellvorgang namentlich und
an herausgehobener Stelle benannt war oder nicht. Denn bereits die
allgemein bekannte und auf der Internetseite der Beklagten auch eindeutig
ersichtliche Funktion als Vorverkaufsstelle für eine Vielzahl von
verschiedenen Veranstaltungen vermittelte dem redlichen, durchschnittlichen
Käufer den zutreffenden Eindruck, dass die Beklagte grundsätzlich nur für
den Vertrieb der Karten und die damit zusammenhängende Organisation
verantwortlich war. Dieser Vorgang ist auch aus Sicht eines
durchschnittlichen Käufers mit dem Erhalt der Eintrittskarte abgeschlossen.
Es besteht dann die berechtigte und zutreffende Erwartung, dass der Inhaber
der Karte durch deren Vorzeigen von dem jeweiligen Veranstalter den Zutritt
verlangen kann; davon, dass die nicht als Veranstalterin auftretende
Vorverkaufsstelle selbst die Gewährung des Zutritts ermöglichen kann und
muss, geht ein redlicher und verständiger Erwerber hingegen nicht aus.
Zugleich besteht aus dessen Sicht jedoch die Erwartung, dass derjenige, der
als Veranstalter Eintrittskarten ausstellt, verpflichtet ist,
die Veranstaltung auch durchzuführen und - sollte diese ausfallen - den
Ticketpreis zu erstatten.
37 Vor diesem Hintergrund kann ein
verständiger, redlicher Käufer nicht berechtigt erwarten, dass die
Vorverkaufsstelle, die auch aus seiner Sicht ihre geschuldete Leistung durch
Übereignung der Eintrittskarten - häufig lange vor dem Veranstaltungstermin
- erbracht hat, über die Pflichten eines Verkäufers hinaus bis zum Tag der
Veranstaltung für deren von dem Veranstalter geschuldete Durchführung
einstehen will.
38 (b) Die Übernahme einer Garantie lässt
sich auch nicht daraus entnehmen, dass ein Käufer sich ansonsten bei Absage
der Veranstaltung mit dem Veranstalter auseinandersetzen muss, mit dem er
auf Grund des Erwerbs über die Vorverkaufsstelle bis zu diesem Zeitpunkt
keinen direkten Kontakt hatte. Dies ist eine notwendige und auch für einen
Käufer vorhersehbare Folge dessen, dass wegen des Verkaufs über eine
Vorverkaufsstelle und des Auseinanderfallens von Verkäufer und Veranstalter
eine rechtliche Beziehung zwischen mehreren Parteien besteht. Ein Käufer,
der zu Recht erwartet, dass der Veranstalter die gebuchte Veranstaltung
durchführt und ihm Zugang gewährt, kann - entgegen der Auffassung der
Revision - nicht zugleich davon ausgehen, dass er sich bei einer Absage der
gebuchten Veranstaltung nicht mit dem Veranstalter, sondern nur mit der
Vorverkaufsstelle auseinandersetzen muss.
39 (c) Etwas anderes ergibt
sich auch nicht daraus, dass ein durchschnittlicher Käufer - wie die
Revision vorbringt - meinen dürfte, dass er sich im Falle der Verlegung der
Veranstaltung an die Vorverkaufsstelle wenden könne und diese die weitere
Abwicklung vornehme. Denn selbst wenn diese Erwartung für die
Vorverkaufsstelle erkennbar wäre, ließe sich hieraus nicht darauf schließen,
dass diese eine Garantie für die Durchführung der Veranstaltung übernehmen
wollte. Die Abwicklung nach Absage der Veranstaltung hat die Beklagte hier
überdies - wie dies häufig der Fall sein dürfte - im Auftrag der
Veranstalterin übernommen, so dass der Kläger nicht einmal auf eine
Kommunikation mit dieser angewiesen war.
40 (d) Nicht erheblich wäre
es auch, wenn - wie die Revision geltend macht -die Vorverkaufsstelle im
Zuge des Rechtskaufs als einzige Vertragspartnerin des Klägers aufgetreten
sein sollte und Hinweise auf die Veranstalterin gefehlt haben sollten. Zum
einen sind Vertragspartner des Rechtskaufvertrags allein die Beklagte und
der Kläger, so dass insoweit kein unzutreffender oder irreführender Eindruck
vermittelt worden wäre. Zum anderen könnte er auch daraus nicht
die berechtigte Erwartung ableiten, dass die Vorverkaufsstelle nicht nur den
Verkauf durchführen und abwickeln, sondern nach dem Abschluss des
Kaufvertrags und der Übereignung der Eintrittskarten bis zum Tag der
Veranstaltung für deren Durchführung einstehen wollte. Dem kann nicht
entgegengehalten werden, dass eine Rückabwicklung im Rahmen der jeweiligen
Vertragsverhältnisse und damit zwischen dem jeweiligen Käufer und der
Vorverkaufsstelle zu erfolgen habe. Denn im Zuge des Erwerbs eines
verbrieften Rechts gegen den Aussteller entstehen nicht nur kaufrechtliche
Beziehungen zwischen dem Käufer und der Vorverkaufsstelle, sondern gerade
auch Rechtsbeziehungen zwischen diesem und dem Veranstalter als Aussteller
der Eintrittskarten.
41 (e) Letztlich spricht es auch nicht für die
Übernahme einer Garantie durch die Vorverkaufsstelle, dass diese selbst
vertraglich mit dem jeweiligen Veranstalter verbunden ist. Dies ist logische
Folge der bei einer solchen Fallgestaltung gegebenen Beteiligung mehrerer
Parteien mit unterschiedlichen Rechtsbeziehungen zueinander und besagt über
die im Verhältnis zwischen einem Käufer und einer Vorverkaufsstelle
bestehenden Pflichten nichts. Insbesondere ergibt sich aus dem
Rechtskaufvertrag - entgegen der Auffassung der Revision - regelmäßig nicht
die Verpflichtung der Vorverkaufsstelle, eine Auswahl zuverlässiger
Veranstalter vorzunehmen. Dafür, dass die Beklagte eine solche Verpflichtung
hier ausnahmsweise hätte übernehmen wollen, bestehen keine Anhaltspunkte.
Ohnehin spräche selbst dies nicht dafür, dass sie darüber hinaus auch für
die Durchführung der Veranstaltung hätte haften wollen. Die Beklagte
erweckte durch das Angebot von Eintrittskarten für eine Vielzahl
von Veranstaltungen nach dem objektiven Empfängerhorizont insbesondere
nicht den Eindruck, für die Zuverlässigkeit oder Solvenz aller Veranstalter
einstehen zu wollen und deshalb die Durchführung jeder Veranstaltung zu
garantieren.
42 2. Der geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung des
Kaufpreises ergibt sich auch nicht aus § 312g Abs. 1, § 355 Abs. 1, 3 Satz
1, § 357 Abs. 1 BGB wegen eines Widerrufs seitens des Klägers. Denn ihm
stand ein Widerrufsrecht nicht zu.
43 a) Zwar lag ein
Fernabsatzvertrag im Sinne von § 312 c Abs. 1 BGB vor. Ein Widerrufsrecht
bestand jedoch gemäß § 312g Abs. 2 Nr. 9 BGB nicht. Diese Vorschrift, die
eine Ausnahme vom Widerrufsrecht unter anderem für Verträge zur Erbringung
von Dienstleistungen im Zusammenhang mit Freizeitbetätigungen enthält, wenn
der Vertrag für die Erbringung einen spezifischen Termin vorsieht, findet
auch auf den vorliegenden Rechtskaufvertrag Anwendung.
44
aa) § 312g Abs. 2 Nr. 9 BGB setzt Art. 16 Buchst. l der Richtlinie
2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober
2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie
93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen
Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des
Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates
(ABl. 2011, L 304, S. 64; im Folgenden: Verbraucherrechterichtlinie)
um und ist demnach richtlinienkonform auszulegen. Dies führt zu einer
Anwendbarkeit dieser Vorschrift auf den hier vorliegenden, in Ausführung
eines Kommissionsgeschäfts abgeschlossenen Kaufvertrag betreffend das Recht
auf Teilnahme an der von der Veranstalterin durchzuführenden Veranstaltung.
45 Der Gerichtshof der Europäischen Union (im Folgenden: Gerichtshof)
hat auf Vorlage des Amtsgerichts Bremen (K&R 2021, 214) in einem Verfahren,
in dem ebenfalls gegen die als Kommissionärin handelnde Beklagte ein
Anspruch auf Rückzahlung des Ticketpreises nach pandemiebedingter Absage
eines Konzerts geltend gemacht worden war, entschieden, dass die in
Art. 16 Buchst. l der Verbraucherrechterichtlinie vorgesehene Ausnahme vom
Widerrufsrecht einem Verbraucher entgegengehalten werden kann, der mit einem
Vermittler, der im eigenen Namen, aber für Rechnung des Veranstalters einer
Freizeitbetätigung handelt, einen Fernabsatzvertrag über den Erwerb eines
Zutrittsrechts zu dieser Betätigung geschlossen hat, sofern zum einen das
Erlöschen der Verpflichtung gegenüber dem Verbraucher zur Erfüllung des
Vertrags im Wege des Widerrufs gemäß Art. 12 Buchst. a der Richtlinie dem
Veranstalter der betreffenden Betätigung das Risiko in Verbindung mit der
Bereitstellung der hierdurch frei gewordenen Kapazitäten auferlegen würde
und zum anderen die Freizeitbetätigung, zu der dieses Recht Zutritt gewährt,
zu einem bestimmten Zeitpunkt oder in einem bestimmten Zeitraum stattfinden
soll (EuGH, C-96/21, WRP 2022, 590).
46 bb) Diese
Voraussetzungen liegen hier vor. Der im eigenen Namen für Rechnung der
Veranstalterin geschlossene Kaufvertrag zwischen der Beklagten und dem
Kläger hat das Zugangsrecht zu einer auf einen bestimmten
Zeitpunkt terminierten Freizeitbetätigung - einem Musical - zum Gegenstand
und ist somit als Dienstleistungsvertrag im Sinne von Art. 16
Buchst. l der Verbraucherrechterichtlinie und dementsprechend als von § 312g
Abs. 2 Nr. 9 BGB erfasst anzusehen (vgl. EuGH, aaO Rn. 34).
Ein Widerruf des Vertrags gegenüber der Beklagten hätte zur Folge gehabt,
dass der Veranstalterin das Risiko bezüglich der frei gewordenen Kapazitäten
auferlegt worden wäre. Denn die Veranstalterin trug als Kommittentin, für
deren Rechnung der Vertrag abgeschlossen wurde und die deshalb dem
Kommissionär Erstattung - etwa für eine eventuelle Rückzahlung des
Kaufpreises an den Käufer - schulden würde (vgl. BGH, Urteil vom
16. Dezember 1952 - I ZR 29/52, BGHZ 8, 222, 228; LG Baden-Baden, NJW 2003,
3714; Oetker/Bergmann, HGB, 7. Aufl., § 396 Rn. 16; Hopt/Kumpan, HGB, 41.
Aufl., § 396 Rn. 5), wirtschaftlich das Risiko des Widerrufs und
war damit der Gefahr ausgesetzt, dass Kapazitäten, die im Hinblick auf die
an den Kläger ausgegebenen Eintrittskarten freigehalten wurden, nach dem
Widerruf des Rechtskaufvertrags nicht anderweitig hätten genutzt werden
können. Dass vorliegend im Vertragsverhältnis zwischen der
Beklagten und der Veranstalterin etwas Abweichendes vereinbart worden wäre,
lässt sich den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht entnehmen.
Insoweit übergangenes Vorbringen zeigt die Revision nicht auf.
47 b)
Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der
Kläger ein Widerrufsrecht auch dann nicht hätte, wenn die Beklagte ihn
entgegen Art. 246a § 1 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB nicht darüber informiert hätte,
dass ihm ein Widerrufsrecht nicht zusteht. Die fehlende Information über ein
nicht bestehendes Widerrufsrecht führt - entgegen der Auffassung der
Revision - nicht zum Entstehen eines Widerrufsrechts. Dies
widerspräche dem Willen des Gesetzgebers, der für diese spezielle
Konstellation ein Widerrufsrecht gerade nicht für angezeigt hielt.
Dementsprechend ist eine solche Rechtsfolge weder im nationalen Recht
vorgesehen noch enthält die Verbraucherrechterichtlinie, deren Art. 6 Abs. 1
Buchst. k durch Art. 246a § 1 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB umgesetzt wurde, hierzu
Vorgaben.
48 Es bedarf der Begründung eines
Widerrufsrechts wegen fehlender Information über dessen Nichtbestehen auch
nicht zum Schutz eines Verbrauchers, dem durch diese Information allein vor
Augen geführt werden soll, dass er - anders als im Regelfall bei
Fernabsatzverträgen - den Vertrag nicht widerrufen kann, sondern durch die
Abgabe seiner Willenserklärung eine unwiderrufliche Bindung an den Vertrag
entsteht. Denn das Unterlassen einer Information hierüber
stellte eine Pflichtverletzung dar, die - sofern die
weiteren Voraussetzungen hierfür vorlägen - einen Schadensersatzanspruch
begründen könnte.
49 Etwas anderes ergibt sich - entgegen
der Auffassung der Revision - nicht aus § 356 Abs. 3 BGB. Diese Vorschrift
regelt in Umsetzung von Art. 10 der Verbraucherrechterichtlinie die
Verlängerung der Widerrufsfrist für den Fall, dass der Unternehmer den
Verbraucher nicht ordnungsgemäß über ein bestehendes Widerrufsrecht belehrt
hat. Für die hier vorliegende Konstellation einer
fehlenden Belehrung über ein nicht bestehendes Widerrufsrecht trifft § 356
Abs. 3 BGB hingegen - ebenso wie Art. 10 der Verbraucherrechterichtlinie -
keine Regelung.
50 Eine Vorlage an den Gerichtshof im Wege
eines Vorabentscheidungsersuchens nach Art. 267 AEUV ist - entgegen der
Auffassung der Revision - insoweit nicht veranlasst. Das Vorbringen der
Revision, dass wegen der Frage vorzulegen sei, ob Art. 6 Abs. 1 Buchst. k
der Verbraucherrechterichtlinie (und dementsprechend Art. 246a § 1 Abs. 3
Nr. 1 EGBGB) auch für Fälle gelte, in denen eine Widerrufsbelehrung fehle
und die Tätigkeit des Unternehmers insgesamt unter einen der
Ausnahmetatbestände nach Art. 16 dieser Richtlinie falle, geht fehl.
Art. 6 Abs. 1 Buchst. k der Richtlinie regelt die Informationspflicht gerade
für den Fall, dass ein Widerrufsrecht nach Art. 16 der
Verbraucherrechterichtlinie nicht besteht. Anders als bei
fehlender Belehrung über ein bestehendes Widerrufsrecht sieht die
Verbraucherrechterichtlinie indes eine Sanktion für die unterlassene
Information hierüber nicht vor. Eine klärungsbedürftige Frage zur Auslegung
der Richtlinie stellt sich deshalb nicht.
51 Eine
Verletzung der Pflicht zur Information über das Nichtbestehen des
Widerrufsrechts führt mithin nicht zu dessen Entstehen. Ein
allenfalls in Betracht kommender Schadensersatzanspruch wegen einer
pflichtwidrig unterlassenen Information ist bereits nicht
streitgegenständlich. Ohnehin hat der Kläger nach den
unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts auch
nicht vorgetragen, dass er den Rechtskaufvertrag nicht abgeschlossen hätte,
wenn er zutreffend darüber belehrt worden wäre, dass ein Widerrufsrecht
nicht besteht. Dies wäre indes Voraussetzung eines etwaigen
Schadensersatzanspruchs.
52 3. Rechtsfehlerfrei hat das
Berufungsgericht auch einen Anspruch des Klägers auf Rückzahlung des
Kaufpreises aus § 313 Abs. 1, 3 BGB wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage
des Rechtskaufvertrags abgelehnt.
53 Nach § 313 Abs. 1 BGB kann eine
Anpassung des Vertrags verlangt werden, wenn sich Umstände, die zur
Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend
verändert haben und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt
geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten. Dabei
kommt eine Anpassung nur insoweit in Betracht, als einem Teil das Festhalten
am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Gemäß § 313 Abs. 2 BGB
steht es einer Veränderung der Umstände gleich, wenn sich wesentliche
Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, als falsch
herausstellen. Ein Rücktrittsrecht des benachteiligten Teils entsteht nur
dann, wenn eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder diesem nicht
zumutbar ist (§ 313 Abs. 3 BGB).
54 Diese Voraussetzungen liegen im
Streitfall nicht vor. Zwar dürfte von der schwerwiegenden Änderung eines zur
Vertragsgrundlage gewordenen Umstands auszugehen sein. Zutreffend hat das
Berufungsgericht eine Anpassung des zwischen den Parteien bestehenden
Vertrags nach § 313 Abs. 1 BGB jedoch deshalb abgelehnt, weil dem Kläger das
Festhalten am unveränderten Vertrag nicht unzumutbar ist. Da bereits die
Voraussetzungen des § 313 Abs. 1 BGB für eine Vertragsanpassung nicht
vorliegen, scheidet auch ein Rücktrittsrecht nach § 313 Abs. 3 BGB aus.
55 a) Die Geschäftsgrundlage eines Vertrags wird durch die bei
Vertragsschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen der Parteien oder
die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht
beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei vom Vorhandensein oder
dem künftigen Eintritt gewisser Umstände gebildet, sofern der Geschäftswille
der Parteien auf dieser Vorstellung aufbaut (st. Rspr.; vgl. nur
BGH, Urteile vom 11. Dezember 2019 - VIII ZR 234/18, NJW-RR 2020, 523 Rn.
21; vom 12. Januar 2022 - XII ZR 8/21, NJW 2022, 1370 Rn. 44; jeweils mwN).
56 Dem Vertrag der Parteien dürfte die beidseitige und nachträglich
schwerwiegend gestörte Erwartung zu Grunde gelegen haben, dass sich bis zu
dem geplanten Veranstaltungstermin die grundlegenden politischen,
wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen, unter
denen Großveranstaltungen grundsätzlich zulässig waren, nicht etwa auf Grund
einer Pandemie ändern würden mit der Folge von hoheitlichen Verboten
solcher Veranstaltungen (sogenannte große Geschäftsgrundlage; vgl. BGH,
Urteil vom 12. Januar 2022 - XII ZR 8/21, aaO Rn. 46 mwN; vom 2. März 2022 -
XII ZR 36/21, NJW 2022, 1382 Rn. 30; MünchKommBGB/Finkenauer, 9. Aufl., §
313 Rn. 324; Großmann/Deranco, COVuR 2021, 263, 269). Der vorliegende
Vertrag war insoweit zukunftsgerichtet, als die gebuchte Veranstaltung erst
zu einem zukünftigen Zeitpunkt stattfinden sollte und der Kläger damit
bestimmungsgemäß von dem ihm übertragenen Teilnahmerecht erst nach
Vertragserfüllung Gebrauch machen konnte, weshalb dem Vertrag die damals
noch nahezu selbstverständliche Erwartung zu Grunde gelegen haben dürfte,
dass Veranstaltungen dieser Art grundsätzlich erlaubt bleiben. Ob sich die
Parteien dabei konkrete Vorstellungen über die Fortdauer der diesbezüglich
relevanten Rahmenbedingungen und das Ausbleiben
pandemiebedingter Veranstaltungsverbote gemacht haben, ist unerheblich.
Es genügt, wenn sie diese Umstände als selbstverständlich ansahen,
ohne sich diese bewusst zu machen (vgl. BGH, Urteil vom 24.
November 1995 - V ZR 164/94, BGHZ 131, 209, 215; MünchKommBGB/Finkenauer,
aaO Rn. 10 und Rn. 324; auf die ein subjektives Element nicht erfordernde
objektive Geschäftsgrundlage abstellend: Grüneberg/Grüneberg, BGB, 81.
Aufl., § 313 Rn. 4).
57 b) Selbst wenn die vorstehend genannte
Erwartung - was das Berufungsgericht offengelassen hat - Vertragsgrundlage
geworden sein sollte und die Parteien den Vertrag in Kenntnis der
zukünftigen Entwicklung nicht mit diesem Inhalt abgeschlossen hätten,
bestünde ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Rückzahlung des
Ticketpreises wegen Wegfalls dieser Geschäftsgrundlage nicht.
58 Zwar
scheitert eine Anwendbarkeit der Grundsätze des Wegfalls der
Geschäftsgrundlage hier - entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung -
weder an dem Vorrang des Mängelgewährleistungsrechts noch daran, dass
der zwischen den Parteien geschlossene Rechtskaufvertrag bereits erfüllt
war, als die staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie
die Durchführung der Veranstaltung unmöglich machten. Ein Anspruch
des Klägers auf Vertragsanpassung oder gar ein Rücktrittsrecht nach § 313
Abs. 3 BGB besteht aber deshalb nicht, weil ihm das Festhalten an dem
Vertrag nicht unzumutbar im Sinne von § 313 Abs. 1 BGB ist.
59 aa) Eine Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 1, 2 BGB scheidet hier nicht
bereits wegen des Vorrangs des Gewährleistungsrechts aus. Zwar kann § 313
BGB im Anwendungsbereich der kaufrechtlichen Sach- und Rechtsmängelhaftung
grundsätzlich nicht herangezogen werden, da andernfalls die den Bestimmungen
der §§ 434 ff. BGB zugrundeliegende Risikoverteilung durch die Annahme einer
Störung der Geschäftsgrundlage verändert werden würde (vgl. Senatsurteil vom
26. September 2018 - VIII ZR 187/17, BGHZ 220, 19 Rn. 16 mwN).
Allerdings besteht dieser Vorrang des Gewährleistungsrechts nur insoweit,
als der maßgebliche Umstand überhaupt geeignet ist, entsprechende
Mängelansprüche auszulösen (vgl. Senatsurteil vom 26. September
2018 - VIII ZR 187/17, aaO Rn. 17 mwN). Voraussetzung für
den Vorrang der Gewährleistungsregeln ist darüber hinaus, dass dieser
Umstand nach dem Vertragsinhalt bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs
vorhanden sein soll (vgl. BGH, Urteile vom 7. Februar 1992 - V ZR
246/90, NJW 1992, 1384 unter II 2; vom 15. Oktober 1976 - V ZR 245/74, MDR
1977, 298). Eine Fehlvorstellung über künftige Gegebenheiten kann dagegen
dem Grunde nach zu einer Anwendbarkeit des § 313 BGB führen (vgl.
MünchKommBGB/ Finkenauer, 9. Aufl., § 313 Rn. 169).
60 Vor diesem
Hintergrund scheidet ein Vorrang des Gewährleistungsrechts hier aus. Denn
die dem Vertrag als selbstverständlich zu Grunde gelegte Erwartung, dass
sich bis zu dem geplanten Veranstaltungstermin die grundlegenden
politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen, unter denen
Großveranstaltungen grundsätzlich zulässig waren, nicht etwa auf Grund einer
Pandemie ändern und zu hoheitlichen Verboten solcher Veranstaltungen führen
würden, stellt zum einen keine Eigenschaft des übertragenen Rechts dar, die
Mängelansprüche auslösen könnte. Sie war zum anderen von vornherein
zukunftsgerichtet, nämlich auf den geplanten Veranstaltungstermin und damit
auf die Zeit nach Erfüllung des Kaufvertrags.
61 bb) Der Anwendung
des § 313 BGB steht auch nicht entgegen, dass der Vertrag zum Zeitpunkt der
Verhängung des Veranstaltungsverbots und der Absage der Veranstaltung
bereits vollständig erfüllt war. Zwar kommt eine Vertragsanpassung
nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage regelmäßig nicht in
Betracht, wenn alle vertraglichen Pflichten beiderseits vollständig erfüllt
sind (vgl. BGH, Urteile vom 15. November 2000 - VIII ZR 324/99, NJW
2001, 1204 unter II 1 e; vom 24. November 1995 - V ZR 164/94, BGHZ 131, 209,
216; BeckOGK-BGB/Martens, Stand: 1. April 2022, § 313 Rn. 38;
MünchKommBGB/Finkenauer, 9. Aufl., § 313 Rn. 48). Von diesem
Grundsatz kommen indes Ausnahmen in Betracht, etwa dann, wenn die Parteien
gemeinsam die Vorstellung von dem Eintritt eines künftigen
Ereignisses hatten, die sich später nicht verwirklicht hat (vgl.
BGH, Urteile vom 15. November 2000 - VIII ZR 324/99, aaO; vom 1. Juni 1979 -
V ZR 80/77, BGHZ 74, 370, 373 [Kauf von Bauerwartungsland]; vgl. auch Urteil
vom 24. November 1995 - V ZR 164/94, aaO; BeckOGK-BGB/Martens, aaO Rn. 39;
MünchKommBGB/ Finkenauer, aaO).
62 Auch in der hier vorliegenden
Konstellation, in der zwar der Vertrag beidseitig vollständig erfüllt war,
das übertragene Recht auf Teilnahme an einer zukünftigen Veranstaltung
bestimmungsgemäß aber erst am Veranstaltungstermin ausgeübt werden konnte
und sich die dem Vertrag zu Grunde liegende Vorstellung auf diesen künftigen
Zeitpunkt richtete, schließt der Umstand der beidseitigen Erfüllung des
Vertrags die Anwendung des § 313 BGB nicht grundsätzlich aus (vgl.
Großmann/Deranco, COVuR 2021, 263, 268; aA BeckOGK-BGB/Martens, Stand: 1.
April 2022, § 313 Rn. 229.1).
63 cc) Allein eine Störung der
Geschäftsgrundlage berechtigt für sich genommen jedoch nicht zu einer
Vertragsanpassung oder gar einem Rücktritt. Vielmehr verlangt § 313
Abs. 1 BGB als weitere Voraussetzung hierfür, dass dem betroffenen
Vertragspartner unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls,
insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung das
Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.
Durch diese Formulierung kommt zum Ausdruck, dass nicht jede
einschneidende Veränderung der bei Vertragsabschluss bestehenden oder
gemeinsam erwarteten Verhältnisse eine Vertragsanpassung rechtfertigt.
Hierfür ist vielmehr erforderlich, dass ein Festhalten an dem
Vertrag für die betroffene Person zu einem nicht mehr tragbaren Ergebnis
führen würde (vgl. BGH, Urteile vom 1.
Februar 2012 - VIII ZR 307/10, NJW 2012, 1718 Rn. 30;
vom 12. Januar 2022 - XII ZR 8/21, NJW 2022, 1370
Rn. 53 mwN; vom 2. März 2022 - XII ZR 36/21, NJW 2022, 1382 Rn. 31). Dies
ist hier nicht der Fall.
64 (1) Das Festhalten am Vertrag ist
dem Kläger hier zwar nicht bereits deshalb zuzumuten, weil er das Risiko der
Verwendung der Eintrittskarten trägt (zur Bedeutung der
Risikozuweisung vgl. BGH, Urteile vom 12. Januar 2022 - XII ZR 8/21, aaO Rn.
49 ff.; vom 2. März 2022 - XII ZR 36/21, aaO Rn. 32; vom 14. Oktober 1992 -
VIII ZR 91/91, BGHZ 120, 10, 24; vom 1. Juni 1979 - V ZR 80/77, BGHZ 74,
370, 373; OLG Köln, NJW-RR 2021, 1218 Rn. 29 f.; Großmann/Deranco, CoVuR
2021, 263, 269). Denn im Verhältnis zwischen der Beklagten und dem
Kläger ist das Risiko eines pandemiebedingten Veranstaltungsverbots und
einer hieraus folgenden Absage der Veranstaltung nicht allein dem Kläger
zuzuweisen.
65 (a) Zwar trägt grundsätzlich ein
Käufer das Risiko, dass er den Kaufgegenstand nicht wie von ihm beabsichtigt
verwenden kann, weil sich diesbezüglich relevante Umstände nach Erfüllung
des Kaufvertrags ändern (vgl. BGH, Urteile vom 16. Januar 2004 - V
ZR 166/03, juris Rn. 21; vom 1. Juni 1979 - V ZR 80/77, BGHZ 74, 370, 374;
Grüneberg/Grüneberg, BGB, 81. Aufl., § 313 Rn. 29 und 36 mwN;
MünchKommBGB/Finkenauer, 9. Aufl., § 313 Rn. 254 f.; Großmann/Deranco, CoVuR
2021, 263, 269). Im Verhältnis zwischen einer Vorverkaufsstelle und
einem Käufer liegt es dementsprechend in der Regel in dessen Risikosphäre,
dass er das in der Eintrittskarte verbriefte Recht auf Teilnahme an der vom
Veranstalter durchzuführenden Veranstaltung auch ausüben und durchsetzen
kann, die Veranstaltung mithin tatsächlich durchgeführt wird (vgl.
OLG Hamm, NJOZ 2009, 4173, 4175; LG Freiburg, Urteil vom 3. Februar 2022 - 3
S 45/21, juris Rn. 60; Großmann/Deranco, COVuR 2021, 263, 269). Die Absage
einer Veranstaltung betrifft grundsätzlich nur die Rechtsbeziehungen
zwischen dem als Aussteller der Eintrittskarte verpflichteten Veranstalter
und deren hieraus berechtigten Inhaber. Eine Anpassung
des Rechtskaufvertrags zwischen einer Vorverkaufsstelle und einem Käufer
wegen Absage einer Veranstaltung durch den Veranstalter dürfte deshalb im
Regelfall ausscheiden.
66 (b) Beruht die Absage der Veranstaltung
indes - wie hier - auf einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der
COVID-19-Pandemie wie einem Veranstaltungsverbot, geht dies über das
gewöhnliche Verwendungsrisiko eines Käufers hinaus. Denn die fehlende
Nutzbarkeit des Teilnahmerechts zum geplanten Veranstaltungstermin beruht in
diesem Fall nicht auf Umständen, die dem Einflussbereich des Käufers oder
des Veranstalters unterliegen und damit im Verhältnis zwischen einem Käufer
und einer Vorverkaufsstelle der Risikosphäre des Käufers zugewiesen sind.
Vielmehr ist dies Folge umfangreicher staatlicher Eingriffe in das
wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben zur Bekämpfung der
COVID-19-Pandemie, für die weder der Veranstalter noch einer der
Kaufvertragsparteien verantwortlich gemacht werden kann. Letztlich hat sich
durch die COVID-19-Pandemie ein Risiko verwirklicht, das von der
kaufvertraglichen Risikoverteilung nicht umfasst ist (vgl.
Grüneberg/ Grüneberg, BGB, 81. Aufl., § 313 Rn. 29, 37a;
MünchKommBGB/Finkenauer, 9. Aufl., § 313 Rn. 306, 334; jurisPK-BGB/Pfeiffer,
9. Aufl., Stand: 31. Mai 2021, § 313 Rn. 13.5; Großmann/Deranco, COVuR 2021,
263, 269; siehe auch BGH, Urteile vom 12. Januar
2022 - XII ZR 8/21, NJW 2022, 1370 Rn. 55 [für die Gewerberaummiete];
vom 2. März 2022 - XII ZR 36/21, NJW 2022, 1382 Rn. 32 [für die Anmietung
von Räumen zur Hochzeitsfeier]; OLG Köln, NJW-RR 2021, 1218 Rn. 30 [für die
Buchung eines Hotelzimmers]).
67 (2) Das Festhalten an dem
unveränderten Rechtskaufvertrag mit der Beklagten ist dem Kläger hier aber
dennoch schon deshalb nicht unzumutbar, weil die Veranstalterin als
Ausstellerin der Eintrittskarten bereit war, für die Absage der
Veranstaltung einzustehen und ihm als Ersatz hierfür Wertgutscheine
auszustellen (vgl. MünchKommBGB/Finkenauer, 9. Aufl., § 313 Rn.
334; Großmann/Deranco, COVuR 2021, 263, 270 [anders für den Aufpreis bei
einem Weiterverkauf durch eine Privatperson]). Deren Annahme war
dem Kläger zumutbar.
68 (a) Die Auffassung des
Berufungsgerichts, dass dem Kläger gegen die Veranstalterin ein Anspruch auf
Erstattung des Eintrittspreises zunächst in Form eines Gutscheins und mit
Ablauf des 31. Dezember 2021 voraussichtlich auf Auszahlung des Werts des
Gutscheins zustehe, wird im Revisionsverfahren nicht angegriffen.
Die Möglichkeit der Veranstalterin, anstelle der Erstattung
des Eintrittspreises einen - den Eintrittspreis einschließlich etwaiger
Vorverkaufsgebühren umfassenden (Art. 240 § 5 Abs. 3 Satz 1 EGBGB) -
Gutschein zu übergeben, ergibt sich hierbei aus Art. 240 § 5 Abs. 1 EGBGB.
Der Inhaber des Gutscheins kann die Auszahlung des Wertes gemäß Art. 240 § 5
Abs. 5 Nr. 2 EGBGB grundsätzlich erst nach dem 31. Dezember 2021 verlangen,
sofern nicht der Verweis auf einen Gutschein für ihn angesichts seiner
persönlichen Lebensumstände unzumutbar ist (Art. 240 § 5 Abs. 5 Nr.
1 EGBGB).
69 Unstreitig wurden dem Kläger Wertgutscheine der
Veranstalterin zugesandt; die dem entsprechende Feststellung des
Berufungsgerichts, dass die Beklagte sich nach Absage der Veranstaltung um
die Übersendung von Wertgutscheinen der Veranstalterin an die Kunden
gekümmert hat, wird im Revisionsverfahren nicht angegriffen.
70 (b)
Dem Kläger stand damit eine ihm zumutbare Möglichkeit zur Verfügung,
unabhängig von dem hier geltend gemachten Anspruch im Ergebnis vollständig -
wenn auch vorübergehend nur in Form eines Wertgutscheins - für den Ausfall
der Veranstaltung entschädigt zu werden. Vor diesem Hintergrund war ihm das
Festhalten an dem unveränderten Rechtskaufvertrag mit der Beklagten nicht
unzumutbar, auch wenn er die Eintrittskarten nicht mehr für den vorgesehenen
Termin verwenden konnte.
71 (aa) Der Umstand, dass dem Kläger
zunächst der gesetzlichen Regelung entsprechend nur ein Gutschein angeboten
wurde, aus dem er gemäß Art. 240 § 5 Abs. 5 Nr. 2 EGBGB die Auszahlung
grundsätzlich erst nach dem 31. Dezember 2021 verlangen konnte, führt nicht
dazu, dass ihm die Annahme dieses Angebots unzumutbar war.
72 Der Gesetzgeber hat mit der Einführung des Art. 240 § 5 EGBGB durch das
Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie
im Veranstaltungsvertragsrecht und im Recht der Europäischen Gesellschaft
(SE) und der Europäischen Genossenschaft (SCE) vom 15. Mai 2020 (BGBl. I S.
948) auf die weitreichenden Folgen der COVID-19-Pandemie für
die Veranstaltungsbranche reagiert und zu deren Stärkung - unter
Berücksichtigung auch der Interessen der Inhaber von Eintrittskarten - die
Gutscheinlösung eingeführt, um zu verhindern, dass viele Anbieter auf Grund
der großen Zahl coronabedingter Erstattungsansprüche insolvent würden und
die Besucher mit ihrem Anspruch dann im Ergebnis auch ausfielen
(Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 19/18697, S. 5 und 8). Um die
Verhältnismäßigkeit der Regelung auch in besonderen Situationen
sicherzustellen, hat der Gesetzgeber dabei mit Art. 240 § 5 Abs. 5 Nr. 1
EGBGB dem Inhaber eines Gutscheins einen Anspruch auf Auszahlung des Werts
dann zugestanden, wenn der Verweis auf einen Gutschein für ihn angesichts
seiner persönlichen Lebensumstände unzumutbar ist. Nach der
Gesetzesbegründung soll dies etwa dann der Fall sein, wenn der Inhaber einer
Eintrittskarte die Veranstaltung im Rahmen einer Urlaubsreise besuchen
wollte und einen Nachholtermin nur unter Aufwendung hoher Reisekosten
wahrnehmen könnte, oder wenn er ohne die Auszahlung des Gutscheinwerts nicht
in der Lage wäre, existenziell wichtige Lebenshaltungskosten wie Miet- oder
Energierechnungen zu begleichen (BT-Drucks. 19/18697, S. 8).
73 Durch
diese Gutscheinlösung hat der Gesetzgeber unter Berücksichtigung der
Interessen sowohl der Kunden als auch der Unternehmer
im Veranstaltungsbereich eine abschließende Regelung getroffen, um
die Auswirkungen der Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie
im Veranstaltungs- und Freizeitbereich aufzufangen. Eine
Vertragsanpassung nach den Grundsätzen über die Störung der
Geschäftsgrundlage ist im Geltungsbereich dieser Norm ausgeschlossen
(vgl. BGH, Urteil vom 4. Mai 2022 - XII ZR 64/21, ZIP 2022, 1277,
Rn. 35 ff. mwN).
74 Zwar gilt die vorstehend genannte Gutscheinlösung
für den Rechtskaufvertrag zwischen einer Vorverkaufsstelle und einem Käufer
nicht, da sie in ihrem Anwendungsbereich auf Veranstalter beschränkt ist
(vgl. BeckOGK-BGB/Preisser, Stand: 1. April 2022, Art. 240 § 5 EGBGB Rn.
21; MünchKommBGB/Finkenauer, 9. Aufl., § 313 Rn. 334; aA Bergmann, WM
2021, 1209, 1211 f.). Dies ist insoweit folgerichtig, als eine
Vorverkaufsstelle - wie oben ausgeführt - auch im Falle eines
Kommissionsgeschäfts grundsätzlich nicht für die Absage der Veranstaltung
haftet, so dass ein Bedarf für eine Gutscheinlösung zu Gunsten der
Vorverkaufsstelle von vornherein nicht bestand. Der Gesetzgeber ist
dementsprechend ersichtlich auch davon ausgegangen, dass die Berechtigung
zur Ausgabe eines Gutscheins durch den Veranstalter die pandemiebedingte
Problematik auch bei Beteiligung einer Vorverkaufsstelle löst. So
muss der Wert des Gutscheins nach Art. 240 § 5 Abs. 2 Satz 1 EGBGB
auch etwaige Vorverkaufsgebühren umfassen, die üblicherweise bei einem
Verkauf über Vorverkaufsstellen anfallen. Der Gesetzgeber ging
zudem davon aus, dass der Veranstalter seine Pflicht zur Übergabe des
Gutscheins unter anderem durch dessen Aushändigung seitens der
Vorverkaufsstelle erfüllen kann (vgl. BT-Drucks. 19/18697, S. 7). Dies
impliziert, dass die Gutscheinlösung nach dem Willen des Gesetzgebers gerade
auch bei dem Verkauf über Vorverkaufsstellen zur Anwendung kommen soll.
75 Es liefe der Intention des Gesetzgebers zuwider, wenn ein Käufer von
einer als Kommissionärin handelnden Vorverkaufsstelle bei einer
pandemiebedingten Absage der Veranstaltung wegen Wegfalls der
Geschäftsgrundlage die Rückzahlung des Ticketpreises verlangen könnte.
Denn in diesem Fall könnte die Vorverkaufsstelle sich bei dem Veranstalter,
für dessen Rechnung sie den Rechtskaufvertrag abgeschlossen hat, schadlos
halten, so dass dieser im Ergebnis die wirtschaftlichen Folgen der Absage
unmittelbar zu tragen hätte. Dies aber sollte durch das Gesetz zur
Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie gerade verhindert werden.
76 Es ist zudem auch nicht ersichtlich, warum einem Käufer bei dem
Erwerb über eine Vorverkaufsstelle die Annahme eines Gutscheins für
einen vorübergehenden Zeitraum nicht zumutbar sein soll, während derjenige,
der sein Veranstaltungsticket direkt von dem Veranstalter erhält,
entsprechend der gesetzgeberischen Wertung auf die Gutscheinlösung verwiesen
werden kann. In beiden Fällen stellt sich die Situation für einen Käufer
unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit identisch dar, so dass eine
Differenzierung nicht sachgerecht wäre und zu einer unterschiedlichen
Risikozuweisung führte, die nicht zu rechtfertigen wäre.
77 Hierbei
spielt es - entgegen der Auffassung der Revision - keine Rolle, dass Art.
240 § 5 EGBGB erst nach Abschluss des vorliegenden Vertrags in
Kraft getreten ist. Denn es geht bei der Zumutbarkeitsprüfung nach § 313
Abs. 1 BGB nicht darum, die vertraglichen Leistungspflichten bezogen auf den
Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu bestimmen. Vielmehr ist nach den
Umständen des Einzelfalls zu prüfen, ob durch nachträgliche Umstände das
weitere Festhalten an dem Vertrag für den Kläger unzumutbar wurde. Hierbei
ist zu berücksichtigen, ob und in welchem Umfang er anderweitig Ersatz
erhalten kann oder ihm ein solcher - wie hier - bereits angeboten wurde. In
diesem Rahmen ist deshalb auch die nach Vertragsschluss gesetzlich
geschaffene Möglichkeit der Veranstalter, anstelle der Erstattung des
Ticketpreises einen Wertgutschein auszustellen, zu beachten.
78 Auf
die vereinzelt in Zweifel gezogene Verfassungsmäßigkeit des Art. 240 § 5
EGBGB (vgl. Vorlagebeschluss des AG Frankfurt, COVuR 2020, 874) kommt es
vorliegend nicht an, da diese Vorschrift hier nicht unmittelbar zur
Anwendung kommt und unabhängig von deren Verfassungsmäßigkeit bereits das
hier vorliegende Angebot eines dieser Vorschrift
entsprechenden Wertgutscheins durch die Veranstalterin dazu führt, dass das
unveränderte Festhalten an dem Rechtskaufvertrag für den Kläger nicht
unzumutbar ist. Sollte ihm gegen die Veranstalterin über einen ab 1. Januar
2022 auszahlbaren Wertgutschein hinaus etwa wegen Verfassungswidrigkeit
dieser Norm ein Anspruch auf sofortige Erstattung des Ticketpreises
zugestanden haben, würde dies umso mehr die Zumutbarkeit des Festhaltens an
dem Rechtskaufvertrag bewirken, da der Kläger dann unmittelbar und
vollständig für die Absage der Veranstaltung entschädigt wäre.
79
(bb) Es bedarf eines Rückgriffs auf die Vorverkaufsstelle auch nicht, um
etwaige dem Kläger durch die Gutscheinlösung entstehende unbillige
finanzielle Härten auszugleichen. Sofern ihm - wie er geltend macht - der
Verweis auf einen Gutschein unzumutbar gewesen wäre, hätte er von der
Veranstalterin nach Art. 240 § 5 Abs. 5 Nr. 1 EGBGB die Auszahlung des Werts
des Gutscheins verlangen können. Hierdurch ist etwaigen berechtigten
Interessen des Klägers an der sofortigen Auszahlung ausreichend Rechnung
getragen. Das Vorbringen des Klägers dazu, dass er auf Grund seiner
finanziellen Situation auf die Auszahlung des für die Tickets entrichteten
Betrags angewiesen ist, ist mithin - unabhängig davon, ob diese
geschäftsfremden Erwägungen bei der Zumutbarkeitsprüfung nach § 313 Abs. 1
BGB überhaupt Berücksichtigung finden könnten (vgl. hierzu OLG Celle, Urteil
vom 26. November 2019 - 13 U 127/18, juris Rn. 65; MünchKommBGB/Finkenauer,
9. Aufl., § 313 Rn. 77) - im Rahmen des gegen die Beklagte als
Vorverkaufsstelle geltend gemachten Anspruchs nicht erheblich. Darin, dass
das Berufungsgericht diesen Vortrag nicht erwähnt hat, liegt bereits deshalb
- entgegen der Auffassung der Revision - kein entscheidungserheblicher
Gehörsverstoß des Berufungsgerichts.
80 (cc) Etwas anderes ergibt
sich nicht daraus, dass der Kläger seine Ansprüche wegen der Absage der
Veranstaltung gegenüber der Veranstalterin geltend machen muss, obwohl er
den Rechtskaufvertrag mit der Beklagten geschlossen hat. Wie ausgeführt
entstehen im Hinblick darauf, dass die Beklagte nicht selbst Veranstalterin
und Ausstellerin des Tickets ist, notwendigerweise zwischen dem Kläger und
der Veranstalterin ebenfalls Rechtsbeziehungen. Vor diesem Hintergrund ist
es ihm zumutbar, sich bei Absage der Veranstaltung mit der Veranstalterin
auseinandersetzen zu müssen. Ohnehin hat die Beklagte hier die Abwicklung
für die Veranstalterin übernommen, so dass der Kläger nicht einmal direkt
mit dieser Kontakt aufnehmen musste, sondern sich an die ihm aus dem
Erwerbsvorgang bekannte Beklagte wenden konnte.
81 (dd) Der Umstand,
dass der Kläger bei Zahlungsunfähigkeit der Veranstalterin - wofür hier
ohnehin keine Anhaltspunkte bestehen - den ab 1. Januar 2022 bestehenden
Anspruch auf Auszahlung des Gutscheinwerts nicht mehr durchsetzen könnte, er
also bei der Ausstellung eines Wertgutscheins durch die Veranstalterin das
Risiko von deren Insolvenz trägt, während er bei einem Anspruch gegen die
Vorverkaufsstelle nur deren Insolvenzrisiko zu tragen hätte, führt nicht zu
einer anderen Beurteilung. Insoweit verwirklichte sich nur ein Risiko, das
im Verhältnis von Vorverkaufsstelle und Karteninhaber letzterem zugewiesen
ist und das dieser auch ansonsten und unabhängig von dem Grund einer
Veranstaltungsabsage zu tragen hat. Denn eine Vorverkaufsstelle
haftet grundsätzlich nicht für nach Erfüllung eintretende Umstände aus
dem Einflussbereich des Veranstalters, die eine Nutzung der Eintrittskarten
oder die Rückerstattung des Ticketpreises durch den Veranstalter verhindern.
82 Abgesehen davon hat der Gesetzgeber dieses Risiko durch die in Art.
240 § 5 EGBGB eingeführte Gutscheinlösung minimiert, es im verbleibenden
Umfang aber im Verhältnis von Veranstalter und Karteninhaber letzterem
zugewiesen. Insoweit liegt - entgegen der Auffassung der Revision - keine
einseitige Risikoverlagerung zu Lasten des Karteninhabers vor. Vielmehr ist
das keinem der beteiligten Parteien allein zuzuweisende Risiko eines
pandemiebedingten Veranstaltungsverbots insoweit verteilt, als der
Veranstalter zwar im Ergebnis für den Ausfall der Veranstaltung haftet, die
Regelung des Art. 240 § 5 EGBGB aber eine Stundung des Rückzahlungsanspruchs
bewirkt (BT-Drucks. 19/18697, S. 9) und eine Auszahlung damit zeitlich nach
hinten verschoben ist. Vor diesem Hintergrund ist es auch demjenigen, der
die Karten über eine Vorverkaufsstelle erhalten hat, nicht unzumutbar,
dieses Risiko zu tragen.
83 (ee) Im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung
nach § 313 Abs. 1 BGB nicht relevant ist das Vorbringen der Revision, wonach
es sich hier um eine hochpreisige Musical-Veranstaltung handele, die
regelmäßig nur für einen gewissen Zeitraum angeboten werde, es dem Kläger
aber nicht zumutbar sei, sich auf eine andere Veranstaltung einzulassen.
Durch die Gutscheinlösung wird der Kläger - was die Revision nicht
hinreichend berücksichtigt - nicht gezwungen, eine andere Veranstaltung zu
besuchen. Bei Annahme eines Wertgutscheins hätte er nach dem 31. Dezember
2021 vielmehr Wertersatz verlangen können. Im Ergebnis hätte er mithin -
sofern von ihm gewünscht - die Rückerstattung des von ihm bezahlten Betrags
erhalten; die Auszahlung wäre lediglich zeitlich hinausgeschoben gewesen.
84 (ff) Ob und in welchem Umfang die Beklagte - wie die Revision geltend
macht - staatliche Leistungen zum Ausgleich pandemiebedingter
Nachteile erhalten hat, ob sie sich gegen das Risiko von Umsatzausfällen auf
Grund unvorhersehbarer Umstände versichert hat oder hätte versichern können
und ob sie den erhaltenen Kaufpreis bereits an den Veranstalter
weitergeleitet hat und - falls ja - diesen vom Veranstalter zurückfordern
kann, ist vorliegend nicht erheblich, weil dem Kläger das Festhalten am
unveränderten Vertrag nicht unzumutbar ist und schon deshalb dessen
Anpassung oder gar ein Rücktrittsrecht nach § 313 Abs. 3 BGB ausscheidet.
85 Die vorgenannten Rechte kommen von vornherein nicht in Betracht, wenn
die Fortführung des Vertrags für die Partei, die sich auf den Wegfall
der Geschäftsgrundlage beruft, schon nicht zu unzumutbaren Nachteilen führt,
sei es, weil die entstehenden Nachteile nicht gravierend sind, diese durch
Vorteile ausgeglichen oder auf ein hinnehmbares Maß abgemildert werden oder
weil die Partei hiergegen zumutbare Maßnahmen ergreifen kann oder hätte
ergreifen können. Darauf, ob eine Vertragsanpassung für die Gegenseite mit
erheblichen Nachteilen verbunden ist oder sie diese hätte verhindern können,
kommt es in diesem Fall nicht an, auch wenn grundsätzlich bei der nach § 313
BGB gebotenen Abwägung auch die Interessen des Vertragspartners in den Blick
zu nehmen sind (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 2022
- XII ZR 8/21, NJW 2022, 1370 Rn. 60). Denn Ziel einer Vertragsanpassung
ist allein die Herstellung eines zumutbaren Zustands für die benachteiligte
Partei (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Dezember 2014 - XII ZB 181/13, NJW 2015,
1014 Rn. 24), was von vornherein ausscheidet, wenn der Wegfall der
Geschäftsgrundlage ohnehin nicht zu unzumutbaren Nachteilen für sie geführt
hat. Deshalb sind primär die ihr bei unverändertem Fortbestand des Vertrags
entstehenden Nachteile sowie auch etwaige ihr entstehende Vorteile zu
bewerten (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 2022 - XII ZR 8/21, aaO Rn. 57
ff.). Dabei ist auch zu berücksichtigen, welche Maßnahmen sie ergriffen hat
oder ergreifen konnte, um die Nachteile zu verhindern oder zumindest zu
mildern (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 2022 - XII ZR 8/21, aaO Rn. 58).
86 (c) Nach alledem kommt hier die von dem Kläger begehrte Rückzahlung
des Kaufpreises wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage des Rechtskaufvertrags
schon deshalb nicht in Betracht, weil ihm die Annahme des Angebots
des Veranstalters auf Ersatz in Form eines - später auszahlbaren
-Wertgutscheins zumutbar war (vgl. zur Zumutbarkeit der Verlegung
eines Termins für eine Hochzeitsfeier: BGH, Urteil vom 2. März 2022 - XII ZR
36/21, NJW 2022, 1382 Rn. 43; zur Zumutbarkeit der Fortzahlung einer
vertraglich erhöhten Miete: Senatsurteil vom 11. Dezember 2019 - VIII ZR
234/18, NJW-RR 2020, 523 Rn. 23) und deshalb für ihn auch bei unverändertem
Fortbestand des Rechtskaufvertrags keine untragbaren Nachteile entstanden.
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