Erfüllungsübernahme (§ 329 BGB) als Effekt einer
gescheiterten Vertragsübernahme (analoge Anwendung von § 415 III S. 2 BGB);
Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB), außerordentliche Kündigung aus wichtigem
Grund (§ 314 BGB); Voraussetzung der befreienden Wirkung der Hinterlegung
nach § 372 BGB
BGH, Urteil vom 1. Februar 2012 -
VIII ZR 307/10
Fundstelle:
NJW 2012, 1718
Amtl. Leitsatz:
Scheitert eine
Vertragsübernahme daran, dass der Vertragspartner der ausscheidungswilligen
Partei die hierzu erforderliche Zustimmung verweigert, ist der Übernehmer
entsprechend § 415 Abs. 3 Satz 2 BGB im Zweifel verpflichtet, den
ausscheidungswilligen Vertragspartner von Verbindlichkeiten aus dem mit ihm
fortbestehenden Vertragsverhältnis freizustellen (Erfüllungsübernahme nach §
329 BGB).
Zentrale Probleme:
Ein sehr komplexer Sachverhalt,
der aber - wenn man ihn etwas "herunterbricht" - äußerst lehrreich ist in
Bezug auf grundsätzliche Fragen des allgemeinen Schuldrechts, insbesondere
für das Rechtsinstitut der Vertragsübernahme: Die Bekl. betrieb zur
Wärmeversorgung ihrer eigenen Immobilien ein eigenes Heizkraftwerk. Dazu
bezog sie u.a. Erdgas von der E. GmbH. Sie wollte die Beheizung "outsourcen"
und verkaufte das Heizkraftwerk an die Klägerin und schloss mit ihr zugleich
einen Vertrag über die Lieferung von Wärme für ihre Immobilien. Vereinbart
wurde auch, dass die Klägerin dazu in den Liefervertrag mit der E. GmbH
einsteigen sollte. Diese vereinbarte Vertragsübernahme (die analog §§ 414,
415 BGB behandelt wird), hatte aber die E.-GmbH nicht genehmigt. Die
Klägerin klagt hier vereinbarte Vorauszahlungen aus dem
Wärmelieferungsvertrag ein, die Bekl. wehrt sich u.a. damit, dass dieser
nach § 313 BGB (Wegfall der Geschäftsgrundlage) unwirksam sei, da die
E.-GmbH die Vertragsübernahme nicht genehmigt habe. Weiter wendet sie eine
außerordentliche Kündigung nach § 314 BGB ein. Der Senat verneint zu Recht
den Wegfall bzw. das Fehlen der Geschäftsgrundlage: Denn auch, wenn die
Vertragsübernahme am Einverständnis der E.GmbH gescheitert ist, bleibt eine
Erfüllungsübernahme übrig, d.h. im Innenverhältnis zwischen der Kl. und der
Bekl. ist die Kl. verpflichtet, die Verbindlichkeiten der Bekl. gegenüber
der E.-GmbH zu erfüllen (ohne dass diese einen eigenen Anspruch gegen die
Kl. hätte), § 329 BGB. Das ergibt sich aus der Auslegungsregel des § 415 III
BGB, der zwar nur die Schuldübernahme betrifft, auf die (gesetzlich nicht
geregelte, aber zulässige) Vertragsübernahme entsprechend anwendbar ist (s.
zur Vertragsübernahme auch die Anm. zu
BGH v. 20.4.2005 - XII ZR 29/02).
Damit ist das Festhalten am Vertrag für die Bekl. jedenfalls nicht
unzumutbar, so dass die Tatbestandsvoraussetzungen von § 313 BGB nicht
erfüllt sind.
Zu weiteren Problemen der Vertragsübernahme, insbes. zum Problem der Irrtumsanfechtung s.
BGH
NJW 1998, 531 f. Zum konkludenten Vertragsbeitritt s.
BGH v. 13.7.2005 - VIII ZR 255/04.
©sl 2012
Tatbestand:
1 Die Beklagte ist Eigentümerin
mehrerer Immobilien in T. , die sie jedenfalls bis Ende 2008 mit selbst
erzeugter Wärme versorgte. Zu diesem Zweck betrieb sie ein Heizhaus. Das zur
Wärmeerzeugung benötigte Erdgas bezog sie aufgrund eines am 13. Dezember
1993 mit einer Laufzeit bis zum 30. September 2010 geschlossenen
Liefervertrages von der E. GmbH.
2 Ende 2008 beabsichtigte die Beklagte, das Heizwerk an ein Drittunternehmen
zu übertragen und sich von diesem fortan mit Wärme beliefern zu lassen. Zur
Verwirklichung dieses Vorhabens fand am 24. November 2008 eine
außerordentliche Aufsichtsratssitzung der Beklagten statt, bei der
interessierte Bewerber - darunter auch die Klägerin - ihr
Wärmebelieferungskonzept vorstellten. Im Anschluss daran wurden zwischen den
Parteien Vertragsverhandlungen geführt, bei denen auch die Rechtsanwälte der
Beklagten beteiligt waren.
3 Am 18. Dezember 2008 trafen die Parteien mehrere Vereinbarungen.
Sie schlossen zunächst mit Wirkung zum 1. Januar 2009 einen
Wärmelieferungsvertrag über die Versorgung der Immobilien der Beklagten mit
Wärme durch die Klägerin. Daneben unterzeichneten sie einen Vertrag
über die Vermietung des im Eigentum der Beklagten stehenden Heizraums an die
Klägerin sowie einen Kaufvertrag zur Veräußerung der dazu gehörenden
Infrastruktur (Gaskessel etc.). Ferner trafen sie eine
"Eintrittsvereinbarung", die vorsieht, dass die Klägerin anstelle der
Beklagten in die dort bezeichneten Verträge zwischen der Beklagten und
Dritten eintreten soll; von dieser Vereinbarung ist auch der
Erdgasversorgungsvertrag zwischen der Beklagten und der E. GmbH erfasst.
Der Wärmelieferungsvertrag und der Mietvertrag sehen jeweils eine
Vertragsdauer von 15 Jahren vor; der Kaufvertrag enthält eine Regelung, nach
der der Kaufpreis von 300.000 € in 180 Monatsraten zu zahlen ist.
4 Bei Abschluss sämtlicher Verträge wurde die Beklagte von ihrem zum
damaligen Zeitpunkt im Handelsregister eingetragenen
alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer G. G. vertreten. Die Beklagte
ist der Ansicht, ihr Geschäftsführer habe sie bei den Vertragsabschlüssen
nicht wirksam vertreten, weil "außergewöhnliche Geschäfte" - hierzu seien
die abgeschlossenen Verträge zu zählen - nach § 17 Abs. 2 Buchst. i des
Gesellschaftsvertrags der Beklagten der - hier nicht erteilten - Zustimmung
des Aufsichtsrats bedürften.
5 Nach der vom Berufungsgericht für maßgebend erachteten
übereinstimmenden Rechtsauffassung der Parteien hat die Klägerin ihre
Verpflichtung, anstelle der Beklagten in den mit der E. GmbH bestehenden
Gaslieferungsvertrag einzutreten, nicht erfüllt. Vielmehr schloss sie am 4.
Februar 2009 einen neuen Erdgaslieferungsvertrag mit der e. AG ab.
Nach dessen Anzeige teilte die E. GmbH der e. AG eine Codenummer zu. Seitdem
streiten die Parteien dieses Rechtsstreits und die E. GmbH darüber, welches
Unternehmen das für das Heizhaus benötigte Erdgas geliefert hat und wem von
ihnen Ansprüche auf Zahlung zustehen. Die Beklagte bestreitet vor allem,
dass die Klägerin Besitz am Heizhaus erlangt und Wärmelieferungen für die
Immobilien der Beklagten erbracht hat.
6 Die E. GmbH richtete ihre Entgeltforderungen für die von ihr
behaupteten Gaslieferungen zunächst an die Klägerin. Als diese Zahlungen
unter Hinweis auf fehlende vertragliche Beziehungen zwischen ihr und der E.
GmbH verweigerte, machte letztere für den Zeitraum Januar 2009 und Februar
2009 zum einen gegenüber der Beklagten eine Forderung in Höhe von 138.295,42
€ geltend und klagte zum anderen den gleichen Betrag gegenüber der hiesigen
Klägerin ein. Die für den Zeitraum März 2009 bis einschließlich
Juni 2009 von der E. GmbH abgerechneten Forderungen in Höhe von 137.519,81 €
hat die Beklagte nach ihrer Behauptung beglichen; eventuelle Ansprüche der
E. GmbH gegen die Klägerin sind an sie abgetreten worden. Ferner hat
die Beklagte zur Erfüllung von Ansprüchen der Klägerin beim Amtsgericht
Stollberg einen Betrag in Höhe von 122.021,52 € unter Verzicht auf das Recht
zur Rücknahme hinterlegt.
7 Hinsichtlich der Wärmelieferungen für die Monate Januar und Februar 2009
hatte die Klägerin von der Beklagten zunächst nicht die in § 7 Abs. 1 Satz 2
und 3 des Wärmelieferungsvertrages vom 18. Dezember 2008 vereinbarten
Vorauszahlungen gefordert, sondern stattdessen nach tatsächlichem Verbrauch
abgerechnet und deshalb einen weitaus höheren Betrag geltend gemacht.
Hierauf kündigte die Beklagte den Wärmelieferungsvertrag mit Schreiben vom
26. März 2009 sowohl außerordentlich als auch ordentlich.
8 Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin von der Beklagten zuletzt die
nach § 7 Abs. 1 Satz 2 und 3 des Wärmelieferungsvertrags vorgesehenen
monatlichen Vorauszahlungen auf die Verbrauchskosten in Höhe von jeweils
23.596,58 € brutto für Januar 2009 bis einschließlich Juni 2009 geltend
gemacht, wobei sie ihre Forderungen mit der von ihr für diesen Zeitraum
geschuldeten monatlichen Miete von jeweils 1.666,67 € und monatlichen
Kaufpreisraten von jeweils 1.666,66 € verrechnet und daher auf insgesamt
121.519,50 € - nebst Zinsen und Rechtsanwaltskosten - verringert hat.
Die Beklagte hat in Höhe des nach ihrer Behauptung an die E. GmbH
geflossenen Betrags von 137.519,81 € die Aufrechnung erklärt und hilfsweise
im Wege der Widerklage Zahlung dieser Geldsumme verlangt.
9 Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist
ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die
Klägerin ihr Zahlungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
10 Die Revision hat Erfolg.
I.
11 Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im
Wesentlichen ausgeführt:
12 Der Klägerin stehe gegen die Beklagte ein Anspruch auf monatliche
Vorauszahlungen gemäß § 7 [Abs. 1 Satz 2 und 3] des zwischen ihnen am 18.
Dezember 2008 geschlossenen Wärmelieferungsvertrages nicht zu.
13 Zwar sei der Wärmelieferungsvertrag entgegen der Ansicht der Beklagten
zunächst wirksam zustande gekommen. Der Abschluss eines solchen Vertrags
liege nicht außerhalb der mit der Verwaltung einer Immobilie regelmäßig
verbundenen Geschäfte und stelle damit kein außergewöhnliches Rechtsgeschäft
dar, das gemäß § 17 Abs. 1 Buchst. i des Gesellschaftsvertrags der Beklagten
der Zustimmung des Aufsichtsrats bedurft hätte. Ungeachtet dessen sei auch
nicht ersichtlich, dass die Klägerin anlässlich der am 24. November 2008
erfolgten Präsentation ihres Konzepts positive Kenntnis von einer intern
beschränkten Vertretungsmacht des Geschäftsführers der Beklagten erlangt
habe. Der Umstand allein, dass sich der Aufsichtsrat mit einer Neuordnung
der Wärmeversorgung bei der Beklagten befasst habe, lasse keinen Rückschluss
darauf zu, dass er sich auch den Abschluss des Wärmelieferungsvertrags habe
vorbehalten wollen.
14 Jedoch sei die Geschäftsgrundlage des Wärmelieferungsvertrages
nachträglich entfallen (§ 313 BGB). Geschäftsgrundlage seien die nicht zum
eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei Vertragsschluss aber zutage
getretenen gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien sowie die der einen
Vertragspartei erkennbaren und von ihr nicht beanstandeten Vorstellungen der
anderen Partei vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser
Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf diesen Vorstellungen
aufbaue. Vorliegend habe es jedenfalls dem bei Vertragsschluss offen zutage
getretenen Willen der Beklagten entsprochen, Zahlungsverpflichtungen
gegenüber der Klägerin nicht losgelöst von dem Eintritt der Klägerin in den
mit der E. GmbH bestehenden Erdgasversorgungsvertrag und der dadurch
bewirkten Entlassung der Beklagten aus diesem Vertrag einzugehen. Dies
ergebe sich schon aus der Präambel der zwischen den Parteien getroffenen
Eintrittsvereinbarung, die einen engen Zusammenhang zwischen allen am 18.
Dezember 2008 geschlossenen Verträgen herstelle. Dort sei ausdrücklich die
Rede davon, dass die Eintrittsvereinbarung zur Ergänzung der weiteren am 18.
Dezember 2008 unterzeichneten Verträge getroffen worden sei. Der von den
Parteien vorausgesetzte Eintritt der Klägerin in den Gasversorgungsvertrag
sei nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien aber nicht erfolgt;
vielmehr bestehe das Vertragsverhältnis zwischen der Beklagten und der E.
GmbH fort.
15 Der Beklagten sei es auch nicht unter dem Gesichtspunkt von Treu und
Glauben verwehrt, sich auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage zu berufen,
denn sie habe den Vertragseintritt nicht vereitelt.
16 Der Wegfall der Geschäftsgrundlage führe dazu, dass die Beklagte an die
Klägerin keine Abschlagszahlungen zu leisten habe. Sie sei lediglich
verpflichtet, die tatsächlich empfangenen Wärmelieferungen zu bezahlen. Dies
setze allerdings voraus, dass die Klägerin die gelieferte Wärme konkret
abrechne. Diese Anforderungen habe die Klägerin trotz eines entsprechenden
gerichtlichen Hinweises nicht erfüllt. Sie könne sich in diesem Zusammenhang
nicht darauf berufen, dass sie mangels Zugangs zu den in den Mietshäusern
der Beklagten befindlichen Wärmezählern zu einer konkreten Abrechnung nicht
im Stande sei. Vielmehr sei sie gehalten, eine für die Abrechnung notwendige
Mitwirkung der Beklagten (etwa Mitteilung der Zählerstände) einzufordern.
II.
17 Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht in jeder Hinsicht
stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein
Zahlungsanspruch der Klägerin nicht verneint werden.
18 1. Zwar ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die
Beklagte bei Abschluss der Verträge am 18. Dezember 2008 von ihrem
Geschäftsführer wirksam vertreten worden ist; die insoweit erhobene
Gegenrüge der Revisionserwiderung bleibt ohne Erfolg.
19 Es bedarf keiner Entscheidung, ob es sich bei den vorliegend
abgeschlossenen Verträgen um außergewöhnliche Geschäfte im Sinne des § 17
Abs. 2 Buchst. i des Gesellschaftsvertrags der Beklagten handelt. Selbst
wenn dies der Fall wäre und demzufolge vor Vertragsunterzeichnung eine
Beschlussfassung des Aufsichtsrats hätte erfolgen müssen, führte dies nach §
37 Abs. 2 GmbHG nicht zu einer Beschränkung der Vertretungsbefugnis des
Geschäftsführers der Beklagten im Außenverhältnis.
20 a) Zwar verweist § 52 GmbHG für die Fälle, in denen nach dem
Gesellschaftsvertrag ein Aufsichtsrat zu bestimmen ist, unter anderem auf §
111 Abs. 4 Satz 2 AktG. Danach hat die Satzung oder der Aufsichtsrat zu
bestimmen, dass bestimmte Arten von Geschäften nur mit der Zustimmung des
Aufsichtsrats vorgenommen werden dürfen. Jedoch handelt es sich bei einem
solchen Zustimmungserfordernis grundsätzlich nur um eine das Innenverhältnis
der Gesellschaft betreffende Maßnahme, so dass Rechtsgeschäfte mit Dritten
auch dann wirksam sind, wenn der Geschäftsführer sie unter Verstoß gegen das
Zustimmungsgebot abschließt (Michalski/Giedinghagen, GmbHG, 2. Aufl., § 52
Rn. 231; Scholz/Uwe H. Schneider, GmbHG, 10. Aufl., § 52 Rn. 145).
21 b) Etwas anderes gilt nur in den Fällen des evidenten
Vollmachtmissbrauchs (Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 6. Aufl., § 52 Rn.
23; Michalski/Giedinghagen, aaO; Scholz/Uwe H. Schneider, aaO). Dies setzt
allerdings voraus, dass der Geschäftspartner entweder weiß oder sich ihm
aufdrängen muss, dass der Geschäftsführer die Grenzen missachtet, die seiner
Vertretungsbefugnis im Innenverhältnis gezogen sind (BGH, Urteile vom 14.
März 1988 - II ZR 211/87, NJW 1988, 2241 unter 2; vom 13. November 1995 - II
ZR 113/94, GmbHR 1996, 111 unter II). Notwendig ist dabei eine sich aus
massiven Verdachtsmomenten ergebende objektive Evidenz des Missbrauchs (BGH,
Urteile vom 19. April 1994 - XI ZR 18/93, NJW 1994, 2082 unter II 2 a; vom
29. Juni 1999 - XI ZR 277/98, NJW 1999, 2883 unter I 2 a; vom 15. Juni 2004
- XI ZR 220/03, NJW 2004, 2517 unter II 2 c), die vorliegend nicht gegeben
ist.
22 Zwar war der Klägerin infolge ihrer Teilnahme an der Aufsichtsratssitzung
vom 24. November 2008 bekannt, dass es bei der Beklagten einen Aufsichtsrat
gab und dass sich dieser mit dem Thema "Ausgliederung der Wärmeversorgung"
beschäftigte. Jedoch lässt diese Tatsache allein - wie das Berufungsgericht
zutreffend ausgeführt hat - nicht den Rückschluss darauf zu, dass die
Klägerin auch wusste oder es sich ihr zumindest aufdrängen musste, dass auch
der Vertragsabschluss selbst der Zustimmung des Aufsichtsrats bedurfte und
dass diese nicht erteilt worden war. Entgegen der Ansicht der Beklagten
bestand auch keine diesbezügliche Erkundigungspflicht der Klägerin; das
Risiko eines Vollmachtmissbrauchs hat grundsätzlich vielmehr der Vertretene
zu tragen (BGH, Urteile vom 19. April 1994 - XI ZR 18/93, aaO; vom 29. Juni
1999 - XI ZR 277/98, aaO; vom 15. Juni 2004 - XI ZR 220/03, aaO).
23 Ein objektiv evidenter Missbrauch der Vertretungsmacht ergibt sich auch
nicht daraus, dass die Verträge zur Ausgliederung der Wärmeversorgung nach
der Darstellung der Beklagten in vielen Teilen für sie ungünstig gewesen
sind (so beispielsweise die sofortige und ungesicherte Eigentumsübertragung
an den Heizkesseln bei einer auf 180 Monatsraten verteilten
Kaufpreiszahlung). Ein entsprechender Missbrauch kann zwar vorliegen, wenn
der Vertreter von seiner Vertretungsmacht in ersichtlich verdächtiger Weise
Gebrauch macht, so dass beim Vertragspartner begründete Zweifel entstehen
müssen, ob nicht ein Treueverstoß des Vertreters gegenüber dem Vertretenen
gegeben ist (BGH, Urteile vom 30. Januar 2002 - IV ZR 23/01, NJW 2002, 1497
unter II 3 c mwN; vom 15. Juni 2004 - XI ZR 220/03, aaO; vom 29. Juni 1999 -
XI ZR 277/98, aaO). In Anbetracht der komplexen und auf langjährige
beiderseitige Bindung angelegten Vertragsverhältnisse kann im Streitfall
jedoch nicht von einem massiven Verdacht auf einen Treueverstoß des
Geschäftsführers ausgegangen werden. Hinzu kommt, dass nicht nur der
Geschäftsführer der Beklagten, sondern auch deren Rechtsanwälte an den dem
Vertragsschluss vorausgegangenen Verhandlungen beteiligt waren.
24 2. Von Rechtsfehlern beeinflusst ist hingegen die Auffassung des
Berufungsgerichts, im vorliegenden Fall seien die - nunmehr in § 313 BGB
kodifizierten - Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage
anzuwenden.
25 a) Das Berufungsgericht ist zunächst noch rechtsfehlerfrei davon
ausgegangen, dass der Wille der Beklagten, nicht losgelöst von ihrer
Entlassung aus dem mit der E. geschlossenen Gasversorgungsvertrag
Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Klägerin einzugehen,
Geschäftsgrundlage des zwischen den Parteien geschlossenen
Wärmelieferungsvertrages war.
26 Geschäftsgrundlage sind die bei Vertragsschluss bestehenden
gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien oder die dem Geschäftsgegner
erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen
Vertragspartei von dem Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser
Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung
aufbaut (st. Rspr.; vgl. Senatsurteil vom 14. Oktober 1992 - VIII
ZR 91/91, BGHZ 120, 10, 23 mwN). Ob ein bestimmter Umstand
Geschäftsgrundlage ist, unterliegt der tatrichterlichen Beurteilung, die für
das Revisionsgericht grundsätzlich bindend ist. Diese Bindung entfällt nur
dann, wenn gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln,
Denkgesetze oder Erfahrungssätze durch das Tatgericht verletzt worden oder
wesentliche Umstände des Sachverhalts unberücksichtigt geblieben sind
(Senatsurteil vom 8. Februar 2006 - VIII ZR 304/04, NJW-RR 2006, 1037 Rn.
8). Letzteres ist hier nicht der Fall. Insbesondere lässt die vom
Berufungsgericht zur Begründung einer Geschäftsgrundlage herangezogene
Auslegung der Präambel der Eintrittsvereinbarung keine Rechtsfehler
erkennen. Die von der Revision darüber hinaus erhobenen zahlreichen
Verfahrensrügen hat der Senat geprüft und nicht für durchgreifend erachtet.
Von einer Begründung wird gemäß § 564 ZPO abgesehen.
27 b) Von Rechtsirrtum beeinflusst ist jedoch die Auffassung des
Berufungsgerichts, die Beklagte sei gemäß § 313 BGB wegen eines Wegfalls der
Geschäftsgrundlage zur Leistung der geltend gemachten Abschlagszahlungen
nicht verpflichtet. Das Berufungsgericht hat hierbei den Regelungsgehalt des
§ 313 BGB grundlegend verkannt.
28 aa) Es ist bereits zweifelhaft, ob - wovon das Berufungsgericht ohne
nähere Prüfung des ihm unterbreiteten Tatsachenstoffes unter Übernahme der
ursprünglich von beiden Parteien vertretenen Rechtsansicht ausgegangen ist
-der geplante Eintritt der Klägerin in den Gaslieferungsvertrag mit der E.
GmbH tatsächlich gescheitert und demzufolge die Geschäftsgrundlage für den
Wärmelieferungsvertrag zwischen den Parteien entfallen ist. Diese Frage
bedarf jedoch letztlich keiner Entscheidung, denn eine Anwendung des § 313
BGB kommt aus weiteren Gründen nicht in Betracht.
29 bb) Die Anwendung des § 313 BGB scheitert vorliegend jedenfalls daran,
dass ein Festhalten am Vertrag für die von einer möglichen Störung der
Geschäftsgrundlage betroffene Beklagte nicht unzumutbar war.
30 (1) Das Berufungsgericht hat verkannt, dass allein der Wegfall der
Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB noch nicht zu einer
Vertragsanpassung berechtigt. Vielmehr muss nach dieser Vorschrift als
weitere Voraussetzung hinzukommen, dass dem betroffenen
Vertragspartner "unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls,
insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das
Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann".
Durch diese Formulierung kommt zum Ausdruck, dass nicht jede einschneidende
Veränderung der bei Vertragsabschluss bestehenden oder gemeinsam erwarteten
Verhältnisse eine Vertragsanpassung oder eine Kündigung (§ 313 Abs. 3 BGB)
rechtfertigt. Hierfür ist vielmehr erforderlich, dass ein Festhalten
an der vereinbarten Regelung für die betroffene Partei zu einem nicht mehr
tragbaren Ergebnis führt (so schon - vor Inkrafttreten des § 313
BGB - BGH, Urteile vom 11. Oktober 1994 - XI ZR 189/93, BGHZ 127, 212, 218;
vom 5. Januar 1995 - IX ZR 85/94, BGHZ 128, 230, 238 f.; vgl. auch
Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl., § 313 Rn. 24).
31 (2) Der nach Ansicht des Berufungsgerichts unterbliebene Eintritt
der Klägerin in den Gaslieferungsvertrag der Beklagten mit der E. GmbH
führte im Hinblick auf die in § 415 Abs. 3 Satz 2 BGB getroffene
Risikoverteilung nicht dazu, dass die Vertragsfortführung für die Beklagte
unzumutbar war.
32 Mit § 415 Abs. 3 Satz 2 BGB hat der Gesetzgeber eine Regelung für
die Fälle des Scheiterns einer zwischen dem Altschuldner und dem
Neuschuldner einer Verbindlichkeit vereinbarten Schuldübernahme wegen
Verweigerung der Zustimmung durch den Gläubiger getroffen. Die genannte
Vorschrift sieht vor, dass bei einer verweigerten Genehmigung der
Schuldübernahme durch den Gläubiger der Übernehmer der Schuld im Zweifel
gegenüber dem Schuldner verpflichtet ist, den Gläubiger rechtzeitig zu
befriedigen. Damit hat der Gesetzgeber die gescheiterte Schuldübernahme als
Erfüllungsübernahme (§ 329 BGB) ausgestaltet. Diese Grundsätze finden auch
hier Anwendung.
33 Zwar ist die von den Parteien vereinbarte Vertragsübernahme
mehr als eine bloße Schuldübernahme im Sinne der §§ 414 f. BGB, da
nicht nur die Übertragung einer einzelnen Verpflichtung vereinbart worden
ist, sondern die Auswechselung einer Vertragspartei in einem
Rechtsverhältnis mit beiderseitigen Rechten und Pflichten. Dies
führt jedoch zu keiner abweichenden rechtlichen Beurteilung. Denn §
415 BGB ist auf den Fall einer Vertragsübernahme entsprechend anwendbar
(OLG Celle, NZM 2000, 93, 94; Palandt/Grüneberg, aaO, § 398 Rn. 44;
Hk-BGB/Schulze, 7. Aufl., § 398 Rn. 30; vgl. auch Senatsurteil vom 10.
November 1960 - VIII ZR 167/59, NJW 1961, 453 unter II 1).
34 Angesichts dieser gesetzlichen Regelung kann nicht von einer
Unzumutbarkeit der Vertragsfortführung für die Beklagte ausgegangen werden.
Zwar bleibt die Beklagte bei einem - hier unterstellten -
Nichteintritt der Klägerin in den Gasversorgungsvertrag mit der E. GmbH
selbst deren Vertragspartnerin und damit Schuldnerin der aus diesem Vertrag
resultierenden Pflichten. Jedoch wird in diesem Fall den Interessen der
Beklagten dadurch angemessen Rechnung getragen, dass die Klägerin
verpflichtet ist, sie von Verbindlichkeiten aus diesem Vertrag
freizustellen, und die Beklagte diesen Freistellungsanspruch im Wege der
Einrede Ansprüchen der Klägerin entgegen halten kann.
35 Hinzu kommt der vom Berufungsgericht nicht berücksichtigte Umstand, dass
der Gasversorgungsvertrag mit der E. GmbH, in den die Klägerin aufgrund der
Vereinbarung vom 18. Dezember 2008 eintreten sollte, lediglich noch bis zum
30. September 2010 lief, wohingegen der zum 1. Januar 2009 zwischen den
Parteien geschlossene Wärmelieferungsvertrag, auf den die Klägerin die
streitgegenständlichen Ansprüche stützt, eine Laufzeit bis 31. Dezember 2023
vorsieht. Eine mögliche Störung der Geschäftsgrundlage betrifft daher
lediglich eine im Vergleich zur Gesamtvertragsdauer kurze Zeitspanne. In
Anbetracht dieser Umstände bedarf die Annahme eines vollständigen Wegfalls
der Geschäftsgrundlage vorliegend besonderer Darlegung in den
Urteilsgründen. Hieran fehlt es.
36 3. Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich auch nicht aus
anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO).
37 a) Insbesondere ist der Wärmelieferungsvertrag nicht durch die seitens
der Beklagten erklärte Kündigung vom 26. März 2009 beendet worden,
weil Gründe für eine außerordentliche Kündigung nicht vorlagen und eine
ordentlichen Kündigung im Hinblick auf die fest vereinbarte Laufzeit von 15
Jahren ausgeschlossen war.
38 aa) Die Beklagte hat ihre außerordentliche Kündigung damit begründet,
dass die Klägerin für die Monate Januar 2009 und Februar 2009 nicht die
vereinbarte monatliche Vorauszahlung von 19.829,06 € netto, sondern das nach
dem tatsächlichen Verbrauch ermittelte, um ein Vielfaches höhere Entgelt in
Rechnung gestellt und für den Fall der Nichtzahlung die Einstellung der
Wärmelieferung angedroht habe. Dieses Verhalten rechtfertigt jedoch im
konkreten Fall noch keine außerordentliche Kündigung.
39 Nach § 314 Abs. 1 Satz 1 BGB kann ein Dauerschuldverhältnis aus
wichtigem Grund gekündigt werden. Ein wichtiger Grund liegt nach § 314 Abs.
1 Satz 2 BGB vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller
Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen
die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung
oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.
Das von der Beklagten zur Rechtfertigung der außerordentlichen Kündigung des
Wärmelieferungsvertrags herangezogene, unstreitige Verhalten der Klägerin
begründet keinen wichtigen Grund in diesem Sinne.
40 § 7 Abs. 1 des zwischen den Parteien geschlossenen
Wärmelieferungsvertrags sieht vor, dass die geschuldeten Vorauszahlungen
(Satz 2) "mit Beginn des ersten Abrechnungsjahres ... im Durchschnitt
19.829,06 € zzgl. MwSt." betragen (Satz 3) und "danach vom Lieferanten nach
billigem Ermessen" festgelegt werden (Satz 4). Damit ist es der Klägerin
nach den vertraglichen Vereinbarungen zwar nicht - wie ursprünglich von ihr
angenommen - erlaubt, anstelle der Vorauszahlungen in periodischen Abständen
ein am tatsächlichen Verbrauch ausgerichtetes Entgelt zu berechnen. Ihr ist
aber die Befugnis eingeräumt worden, durch einseitige Erklärung die Höhe der
Vorauszahlungen zu ändern und diese damit einem dem tatsächlichen Verbrauch
entsprechenden Betrag anzunähern. Unklar ist allerdings, wann eine
einseitige Anpassung der Vorauszahlungen erstmals möglich sein sollte. Die
Parteien haben in § 7 Abs. 1 des Wärmelieferungsvertrags diesen Zeitpunkt
nicht eindeutig bestimmt; die gewählte Formulierung "danach" lässt eine
Bandbreite von Interpretationen zu. In Anbetracht des aufgezeigten
Regelungsgehalts des § 7 Abs. 1 des Wärmelieferungsvertrags und der ihm
anhaftenden Unschärfe wiegt das Verhalten der Klägerin, die zunächst
anstelle der vereinbarten Vorauszahlungen die sich nach dem tatsächlichen
Verbrauch ergebende Vergütung abgerechnet hat (im Verlauf des Prozesses hat
sie ihre Klage auf Leistung der Vorauszahlungen für den Zeitraum von Januar
2009 bis Juni 2009 umgestellt), trotz der darin liegenden Vertragswidrigkeit
nicht so schwer, dass der Beklagten eine Fortsetzung des
Vertragsverhältnisses unzumutbar wäre. Hinzu kommt, dass die
Beklagte entgegen § 314 Abs. 2 Satz 1 BGB die Klägerin vor der Kündigung
nicht abgemahnt hat.
41 bb) Auch die von der Beklagten erklärte ordentliche Kündigung führte
nicht zu einer vorzeitigen Beendigung des Wärmelieferungsvertrags. Denn § 12
Abs. 1 sieht eine feste Vertragslaufzeit bis zum 31. Dezember 2023 und damit
eine Vertragsdauer von 15 Jahren vor. Der Wärmelieferungsvertrag enthält
keine Regelung, die vor Ablauf dieses Zeitraums eine ordentliche Kündigung
zulässt (vgl. § 12 Abs. 2).
42 Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die in § 12 Abs. 1 des
Wärmelieferungsvertrags vorgesehene Vertragsdauer auch nicht wegen Verstoßes
gegen § 32 AVBFernwärmeV nach § 134 BGB unwirksam. Der vorliegend
geschlossene Wärmelieferungsvertrag fällt nicht in den Anwendungsbereich der
Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme.
Dieser ist ausweislich § 1 Abs. 1 Satz 1 AVBFernwärmeV nur eröffnet, soweit
Fernwärmeversorgungsunternehmen für die Versorgung mit Fernwärme
Vertragsmuster oder Vertragsbedingungen verwenden, die für eine Vielzahl von
Verträgen vorformuliert sind. Dass es sich bei dem Wärmelieferungsvertrag
und insbesondere bei der Laufzeitregelung um derartige allgemeine
Versorgungsbedingungen handelt, hat die insofern darlegungs- und
beweisbelastete Beklagte (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 14. Mai 1992 - VII ZR
204/90, BGHZ 118, 229, 238) nicht vorgetragen und ist angesichts der auf den
konkreten Fall zugeschnittenen inhaltlichen Verzahnung der vier von den
Parteien abgeschlossenen Verträge auch nicht ersichtlich.
43 b) Die Beklagte kann dem Anspruch der Klägerin - entgegen der Ansicht der
Revisionserwiderung - auch nicht gemäß § 378 BGB die von ihr beim
Amtsgericht Stollberg bewirkte Hinterlegung von 122.021,52 € entgegenhalten.
Die in § 378 BGB geregelte schuldbefreiende Wirkung der Hinterlegung
tritt nur ein, wenn die Hinterlegung rechtmäßig ist, also die
Voraussetzungen des § 372 BGB erfüllt sind (BGH, Urteile vom 30.
Oktober 1984 - IX ZR 92/83, BGHZ 92, 374, 385; vom 10. Dezember 2004 - V ZR
340/03, NJW-RR 2005, 712 unter II; Senatsurteil vom 17. Januar 2007 - VIII
ZR 171/06, BGHZ 170, 311 Rn. 15). Dies ist vorliegend nicht der Fall.
44 Nach § 372 Satz 2 BGB kann der Schuldner Geld hinterlegen, wenn
er infolge einer nicht auf Fahrlässigkeit beruhenden Ungewissheit über die
Person des Gläubigers seine Verbindlichkeit nicht oder nicht mit Sicherheit
erfüllen kann. Eine Ungewissheit über die Person des Gläubigers in diesem
Sinne liegt nur dann vor, wenn der Schuldner Zweifel darüber haben kann, wem
die zu erfüllende Forderung zusteht. Verlangen mehrere Gläubiger aus
verschiedenen Rechtsgründen vom Schuldner dieselbe Leistung, ist der
Schuldner hingegen selbst dann nicht hinterlegungsberechtigt, wenn er sich
schuldlos darüber im Unklaren ist, welcher der beiden Ansprüche begründet
ist (BGH, Urteile vom 30. Oktober 1984 - IX ZR 92/83, aaO S. 385
f.; vom 12. Februar 2003 - XII ZR 23/00, NJW 2003, 1809 unter 2 a mwN;
Senatsurteil vom 17. Januar 2007 - VIII ZR 171/06, aaO mwN; BAG, NZA 2009,
105, 107).
45 Bezüglich des klagegegenständlichen Anspruchs auf Zahlung der im
Wärmelieferungsvertrag vereinbarten Vorauszahlungen bestand für die Beklagte
keine Ungewissheit über die Person des Gläubigers. Sie wusste, dass ihr
Vertragspartner bei diesem Vertrag die Klägerin war und dass insoweit keine
Abtretungen stattgefunden hatten. Es bestanden aus ihrer Sicht
lediglich Zweifel daran, wer Schuldner der Verbindlichkeiten aus dem
Gaslieferungsvertrag war, den sie ursprünglich mit der E. GmbH geschlossen
hatte und den die Klägerin übernehmen sollte. Eine solche
Unsicherheit begründet jedoch - wie oben ausgeführt - keine
Hinterlegungsberechtigung nach § 372 Satz 2 BGB.
46 c) Der Geltendmachung der Vorauszahlungen für die Monate Januar 2009 bis
einschließlich Juni 2009 steht ferner nicht ohne weiteres entgegen, dass
nach der in § 7 Abs. 1 des Wärmelieferungsvertrags getroffenen Regelung zum
31. Dezember 2009 Abrechnungsreife eingetreten ist.
47 aa) Zwar besteht ein Anspruch auf die Zahlung abrechenbarer
Vorauszahlungen grundsätzlich nicht mehr, wenn Abrechnungsreife eingetreten
ist. Ab diesem Zeitpunkt kann der Gläubiger vom Schuldner nur noch die
Zahlung eines sich aus einer Abrechnung eventuell ergebenden Saldos
verlangen (vgl. zu Betriebskosten Schmidt-Futterer/Langenberg, Mietrecht,
10. Aufl., § 556 BGB Rn. 455).
48 Vorliegend hat die Klägerin allerdings vorgetragen, sie könne eine
Abrechnung nur nach Ablesung der in den jeweiligen Kellergeschossen der
Mietshäuser der Beklagten installierten Wärmezähler erstellen. Eine solche
Ablesung sei ihr jedoch - was sie nach dem Bestreiten der Beklagten auch
unter Beweis gestellt hat - nicht möglich gewesen, da die Beklagte den
Mitarbeitern der Klägerin am 21. April 2009 ein Hausverbot erteilt und
zugleich die Schlösser an den Übergabestationskellern der Mietshäuser
ausgetauscht habe. Im Revisionsverfahren ist dieser Vortrag als richtig zu
unterstellen. Er ist - anders als das Berufungsgericht meint - nicht deshalb
unerheblich, weil die Klägerin eine eventuelle Mitwirkung der Beklagten
nicht eingefordert hat. Zum einen ist angesichts der zahlreichen
Rechtsstreitigkeiten zwischen den Parteien schon nicht gesichert, dass eine
entsprechende Aufforderung der Klägerin überhaupt Erfolg gehabt hätte. Zum
anderen widerspricht die in der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts zum
Ausdruck kommende Risikoverteilung dem Rechtsgedanken des § 20 Abs. 2
AVBFernwärmeV, der vorliegend über die Bezugnahme in § 2 Abs. 1 Satz 2 des
Wärmelieferungsvertrags ergänzend anwendbar ist. Danach darf das
Versorgungsunternehmen den Verbrauch auf der Grundlage der letzten Ablesung
schätzen, solange es die Räume des Kunden nicht zur Ablesung betreten kann.
Dies zeigt, dass bei einer Zutrittsverweigerung nicht zwingend eine konkrete
Abrechnung verlangt werden kann. Nach alledem scheidet im Streitfall, in dem
ein Wärmelieferungsvertrag im Anfangsstadium betroffen ist, eine Abrechnung
auf Basis der vereinbarten Vorauszahlungen auch nach Abrechnungsreife nicht
von vornherein aus.
49 bb) Ungeachtet dessen hat - wie die Revision zu Recht rügt - das
Berufungsgericht übersehen, dass die Klägerin zu Beginn des Verfahrens ihre
Ansprüche für Januar 2009 und Februar 2009 auf den tatsächlichen Verbrauch
der Beklagten gestützt und jedenfalls für diesen Zeitraum entsprechende
Monatsabrechnungen vorgelegt hat. Der geltend gemachte Zahlungsanspruch kann
daher für diese Monate nicht mit der Begründung verneint werden, die
Klägerin sei (im Hinblick auf die zwischenzeitlich eingetretene
Abrechnungsreife) zur Abrechnung der bezogenen Wärmelieferungen
verpflichtet, habe eine solche Abrechnung jedoch nicht vorgenommen.
III.
50 Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben; es ist
aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist, da der Rechtsstreit nicht zur
Endentscheidung reif ist, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit
die erforderlichen Feststellungen getroffen werden können (§ 563 Abs. 1 Satz
1
ZPO).
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