Sachmangelbegriff im Kaufrecht; Begriff der "nach
dem Vertrag vorausgesetzten Verwendung" (§ 434 I 2 Nr. 1 BGB); Abgrenzung
zur Beschaffenheitsvereinbarung
BGH, Urteil vom 26. April 2017 - VIII
ZR 80/16 - OLG Schleswig
Fundstelle:
NJW 2017, 2817
Amtl. Leitsatz:
a) Vertraglich vorausgesetzt im Sinne des § 434 Abs. 1
Satz 2 Nr.1 BGB ist die zwar nicht vereinbarte, aber von beiden
Vertragsparteien unterstellte Verwendung der Kaufsache, die von der
gewöhnlichen Verwendung abweichen kann (Bestätigung von
BGH, Urteil vom 16. März 2012 - V ZR 18/11, NJW-RR 2012, 1078).
b) Die Eignung einer Sache für eine bestimmte Verwendung ist nicht erst zu
verneinen, wenn die Tauglichkeit der Kaufsache zu diesem Gebrauch ganz
aufgehoben ist, sondern bereits dann, wenn sie lediglich gemindert ist (st.
Rspr; zuletzt BGH, Urteil vom 26. Oktober 2016 -
VIII ZR 240/15, NJW 2017, 153 Rn. 15). So ist die Eignung der Kaufsache
für deren nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung grundsätzlich in den
Fällen gemindert oder ganz aufgehoben, wenn mit dieser Verwendung erhebliche
Gesundheitsgefahren oder das Risiko eines großen wirtschaftlichen Schadens
verbunden sind.
Zentrale Probleme:
Im Zentrum der Entscheidung steht der Begriff des
Sachmangels i.Sv. § 434 BGB. Konkret geht es um einen Mangel i.S.v. § 434 I
2 Nr. 1, wenn sich die Sache nicht für die "nach dem Vertrag vorausgesetzte
Verwendung eignet", s. dazu die Leitsätze sowie
BGH v. 6.12.2017 - VIII ZR 219/16 und
BGH v. 18.10.2017 -
VIII ZR 32/16.
©sl 2018
Tatbestand:
1 Die Klägerin ist Inhaberin eines
Landwirtschaftsbetriebs, in dem sie Zuchtferkel produziert. Zur Besamung
ihrer Zuchtsauen benötigt sie Ebersperma, welches sie in der Vergangenheit
bereits mehrfach von der Beklagten bezogen hatte, die eine Besamungsstation
mit Ebern betreibt. Die Beklagte warb im Januar 2012 für ihren Betrieb unter
anderem damit, ihr Eberbestand führe den Status "PRRS-unverdächtig". Die
Abkürzung PRRS steht für die Infektionskrankheit mit dem Namen "Porzines
Reproduktives und Respiratorisches Syndrom". Eine Infektion hiermit führt
bei erwachsenen Zuchtschweinen zu Fruchtbarkeitsstörungen mit der Folge,
dass es zu Aborten, Frühgeburten sowie der Geburt toter mumifizierter oder
lebensschwacher Ferkel kommt. Bei jüngeren, infizierten Tieren treten
Atemwegserkrankungen, Fressunlust, Fieber, Husten und herabgesetzte
Gewichtszunahme auf. Der Status "PRRS-unverdächtig" weist darauf hin, dass
der sich so selbst bezeichnende Betrieb ein regelmäßiges, freiwilliges
Monitoring mittels Blutproben auf den PRRS-Erreger durchführt und ein
positiver Befund "derzeit nicht" vorliegt. Aufgrund unvermeidbarer
diagnostischer Lücken bei den Kontrolluntersuchungen kann hierdurch eine
Belastung von Ebersperma mit dem PRRS-Virus jedoch zu keinem Zeitpunkt mit
hundertprozentiger Sicherheit ausgeschlossen werden.
2 Am frühen Morgen des 30. Januar 2012 lieferte die Beklagte aufgrund einer
kurzfristig vorausgegangenen telefonischen Bestellung entsprechende
Spermaportionen, welche die Klägerin unmittelbar nach Erhalt zur Befruchtung
ihrer Sauen einsetzte. Der genaue Zeitpunkt, zu dem die Beklagte erstmals
von Testergebnissen mit dem Inhalt Kenntnis erhielt, ihr Bestand sei
PRRS-verseucht, ist zwischen den Parteien ebenso streitig wie der Zeitpunkt,
zu dem die nach Kenntniserlangung vom positiven Befund veranlasste Warnung
die Klägerin erreichte. Die Klägerin führte, nachdem sie von der Infektion
im Bestand der Beklagten erfahren hatte, Blutuntersuchungen ihrer Sauen
durch. Im Rahmen der zweiten Untersuchung wurde das PRRS-Virus, das nach der
Behauptung der Klägerin mit dem in den von der Beklagten gelieferten
Spermaportionen nachgewiesenen Erreger identisch ist, auch in ihrem Bestand
festgestellt.
3 Mit der Klage begehrt die Klägerin von der Beklagten Ersatz des durch die
Infektion verursachten Schadens, den sie mit 634.990,40 € beziffert, sowie
die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, ihr auch alle weiteren
Schäden zu ersetzen. Die Klage hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr
Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
4 Die Revision hat Erfolg.
I.
5 Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für
das Revisionsverfahren von Interesse, ausgeführt:
6 Der Klägerin stehe gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch
aus § 433 Abs. 1, § 434, § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1 BGB nicht zu.
Das von der Beklagten gelieferte Ebersperma sei nicht mangelhaft,
auch wenn es mit dem PRRS-Virus belastet gewesen sei.
7 Eine PRRS-freie Beschaffenheit des Eberspermas sei zwischen den Parteien
nicht vereinbart worden. Selbst wenn man davon ausginge, die Parteien hätten
aufgrund der Werbung der Beklagten, der von ihr geführte Betrieb sei
"PRRS-unverdächtig", konkludent eine Beschaffenheitsvereinbarung
geschlossen, richtete sich diese nur darauf, dass das Ebersperma aufgrund
von regelmäßigen, standardisierten Kontrollen unverdächtig sei. Solche
Kontrollen hätten aber stattgefunden. Das habe die Beklagte in der
mündlichen Verhandlung im Einzelnen geschildert und sei auch durch die
vorgelegten Testergebnisse belegt.
8 PRRS-belastetes Sperma eigne sich zudem für die vom Vertrag
vorausgesetzte Verwendung (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB), da es zur
Besamung von Sauen geeignet gewesen sei. Selbst wenn sich der
Verwendungszweck hierin nicht erschöpfte, sondern dieser auch die Erzeugung
von Mastferkeln erfasste, wäre ein Sachmangel nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1
BGB zu verneinen. Denn auch das sei mit dem infizierten Sperma möglich, wenn
auch möglicherweise nicht in dem gewünschten Umfang.
9 Schließlich weise PRRS-belastetes Ebersperma eine Beschaffenheit auf, die
bei Sachen der gleichen Art üblich sei und der Käufer nach Art der Sache
erwarten könne. Denn der Käufer könne - was der gerichtlich bestellte
Sachverständige ausgeführt habe - auch von einem als "PRRS-unverdächtig"
bezeichneten Betrieb nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit erwarten,
dass das Ebersperma nicht infiziert sei. Dieses sei nur in der Regel nicht
mit dem PRRS-Virus belastet. Dem Käufer sei jedoch klar, dass eine
hundertprozentige Gewissheit nicht zu erreichen sei. Ein Mangel des Spermas
sei daher im Hinblick auf dessen zu erwartende Beschaffenheit zu verneinen.
10 Auch ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 BGB im Hinblick
auf eine von der Klägerin geltend gemachte
Aufklärungspflichtverletzung bestehe nicht. Zwar sei die Beklagte
gehalten gewesen, jeden Verdacht auf eine PRRS-Verseuchung ihres Betriebs
unverzüglich nach eigener Kenntnis an die Klägerin weiterzugeben. Dies sei
indes, wie sich aus der persönlichen Anhörung des Geschäftsführers der
Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 15.
Februar 2016 ergeben habe, auch geschehen. Danach habe die Beklagte selbst
erst am Vormittag des 30. Januar 2012 von den PRRS-positiven
ELISA-Testergebnissen erfahren. Selbst wenn, was zwischen den Parteien
streitig sei, die Warnung die Klägerin bereits unmittelbar danach, am
Vormittag des 30. Januar 2012, erreicht hätte, hätte sich das Risiko einer
Infektion der Sauen der Klägerin bereits durch die erste Belegung der Sauen
in den frühen Morgenstunden des 30. Januar 2012 verwirklicht. Damit fehle es
jedenfalls an der notwendigen Kausalität zwischen der
Aufklärungspflichtverletzung und dem eingetretenen Schaden.
II.
11 Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom
Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Anspruch der Klägerin auf
Schadensersatz nach § 437 Nr. 3, § 434 Abs. 1, § 280 Abs. 1 BGB nicht
verneint werden. Denn anders als das Berufungsgericht meint, ist Ebersperma,
das mit dem PRRS-Virus infiziert ist, nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB
mangelhaft.
12 1. Zutreffend und von der Revision unbeanstandet geht das
Berufungsgericht allerdings davon aus, dass die Parteien eine
Beschaffenheitsvereinbarung über die Lieferung PRRS-freien Eberspermas nicht
getroffen haben.
13 a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats setzt eine
Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB voraus,
dass der Verkäufer in vertragsgemäß bindender Weise die Gewähr für das
Vorhandensein einer Eigenschaft der Kaufsache übernimmt und damit seine
Bereitschaft zu erkennen gibt, für alle Folgen des Fehlens dieser
Eigenschaft einzustehen (Senatsurteile vom 4. Juni 1997 - VIII ZR
243/96, BGHZ 135, 393, 396 [zu § 459 Abs. 2 BGB aF]; vom 12. März 2008 -
VIII ZR 253/05, NJW 2008, 1517 Rn. 13; vom 29. Juni 2016 - VIII ZR 191/15,
NJW 2016, 3015 Rn. 34). Eine solche Vereinbarung kann ausdrücklich
oder - was im Streitfall allein in Betracht kommt - durch schlüssiges
Verhalten getroffen werden (Senatsurteile vom 29. Juni 2016 - VIII
ZR 191/15, aaO Rn. 18; vom 4. Juni 1997 - VIII ZR 243/96, aaO). Die
Annahme einer konkludenten Beschaffenheitsvereinbarung kommt dabei nicht "im
Zweifel", sondern nur in einem eindeutigen Fall in Betracht
(Senatsurteile vom 29. Juni 2016 - VIII ZR 191/15, aaO Rn. 35; vom 12. März
2008 - VIII ZR 253/05, aaO; Senatsbeschluss vom 2. November 2010 - VIII ZR
287/09, DAR 2011, 520 Rn. 4). Ob im Einzelfall in dieser Weise eine
Beschaffenheitsvereinbarung zu bejahen ist, ist eine Frage der in erster
Linie dem Tatrichter obliegenden Vertragsauslegung (Senatsurteile vom 29.
Juni 2016 - VIII ZR 191/15, aaO Rn. 18; vom 4. Juni 1997 - VIII ZR 243/96,
aaO).
14 b) Gemessen an diesem Maßstab hat das Berufungsgericht eine
Beschaffenheitsvereinbarung, dass PRRS-freier Samen zu liefern sei,
rechtsfehlerfrei verneint. Allein die Bezeichnung des Betriebs der
Beklagten als "PRRS-unverdächtig" sowie die Lieferung von PRRS-freiem
Ebersperma in der Vergangenheit bieten keine ausreichende Grundlage für die
Annahme, die Beklagte habe damit stillschweigend die Gewähr für unbelastetes
Sperma übernehmen und für alle Folgen einer Virusbelastung einstehen wollen.
15 2. Von Rechtsirrtum beeinflusst ist indes die Wertung des
Berufungsgerichts, auch mit dem PRRS-Virus verseuchtes Ebersperma eigne sich
im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB für die nach dem Vertrag
vorausgesetzte Verwendung.
16 a) Vertraglich vorausgesetzt im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr.
1 BGB ist die zwar nicht vereinbarte, aber von beiden Vertragsparteien
übereinstimmend unterstellte Verwendung der Kaufsache, die von der
gewöhnlichen Verwendung abweichen kann (BGH,
Urteil vom 16. März 2012 - V ZR 18/11, NJW-RR 2012, 1078 Rn. 16;
Palandt-Weidenkaff, BGB, 76. Aufl., § 434 Rn. 22; vgl. auch BT-Drucks.
14/4060 S. 213). Frei von Rechtsfehlern hat das Berufungsgericht insoweit
angenommen, die Parteien hätten in diesem Sinne eine Verwendung des von der
Zuchtstation der Beklagten an den Zuchtbetrieb der Klägerin gelieferten
Ebersamens zum Zweck der Besamung der Zuchtsauen - was hier gleichzeitig der
gewöhnlichen Verwendung entsprach - vorausgesetzt.
17 b) Rechtsfehlerhaft ist jedoch die weitere Beurteilung des
Berufungsgerichts, der infizierte Ebersamen sei für die vorgesehene
Verwendung geeignet, weil es möglich sei, die Zuchtsauen damit zu besamen.
18 Denn die Eignung einer Sache für eine bestimmte Verwendung ist
nicht erst zu verneinen, wenn die Tauglichkeit der Kaufsache zu diesem
Gebrauch ganz aufgehoben ist, sondern - was das Berufungsgericht verkennt -
bereits dann, wenn sie lediglich gemindert ist (vgl. BGH, Urteile
vom 16. Januar 1985 - VIII ZR 317/83, NJW 1985, 1769 unter II 1 a;
vom 10. März 2009 - VIII ZR 34/08, NJW 2009, 1588
Rn. 12; vom 27. März 2009 - V ZR 30/08, BGHZ 180, 205
Rn. 7; vom 26. Oktober 2016 - VIII ZR 240/15,
NJW 2017, 153 Rn. 15). Die Eignung einer Sache zur gewöhnlichen
Verwendung ist beispielsweise gemindert oder aufgehoben, wenn mit der
üblichen Nutzung des Kaufobjekts erhebliche Gesundheitsgefahren oder das
Risiko eines großen wirtschaftlichen Schadens verbunden sind (vgl.
BGH, Urteile vom 16. Januar 1985 - VIII ZR 317/83, aaO; vom
26. Oktober 2016 - VIII ZR 240/15, aaO Rn. 16; vom
27. März 2009 - V ZR 30/08, aaO Rn. 9). Für die Eignung einer
Sache für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung gilt im Grundsatz
nichts anderes.
19 c) Bei Anlegung dieses Maßstabes eignen sich Spermalieferungen, die mit
dem PRRS-Virus belastet sind, nicht zur (gefahrlosen) Besamung von
Zuchtsauen und sind daher mangelhaft im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1
BGB. Denn nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts kann
die Infizierung mit dem PRRS-Virus bei jüngeren Tieren namentlich zu
Atemwegserkrankungen, Fressunlust und herabgesetzter Gewichtszunahme sowie
bei erwachsenen Zuchtschweinen zu Fruchtbarkeitsstörungen, Spät-, Früh- und
Totgeburten sowie der Geburt lebensschwacher Ferkel führen. Mit der
Verwendung des PRRS-belasteten Samens ist folglich eine erhebliche, über die
normale mit der Trächtigkeit verbundene gesundheitliche Gefährdung der zu
belegenden Sauen verbunden. Zudem liegt es auf der Hand, dass damit negative
Folgen für die Rentabilität einer Schweinezucht, wie sie die Klägerin
betreibt, einhergehen.
20 Der Hinweis des Berufungsgerichts, wegen des nicht völlig
auszuschließenden Infektionsrisikos habe die Klägerin nicht erwarten können,
unbelastetes Ebersperma zu erwerben, liegt neben der Sache. Aus der
- nie auszuschließenden - Möglichkeit, dass sich bei einem Gattungskauf die
tatsächlich gelieferte Ware als für die vertraglich vorausgesetzte
Verwendung ungeeignet erweist, kann nicht gefolgert werden, der Käufer habe
nichts anderes erwarten können und die ungeeignete Sache sei schon deshalb
nicht mangelhaft; dies liefe auf einen Zirkelschluss hinaus. Die
verfehlte Sichtweise des Berufungsgerichts hätte im Übrigen zur Konsequenz,
dass die Klägerin selbst PRRS-verseuchtes und damit für die nachfolgende
Verwendungsabsicht untaugliches Ebersperma, das vor der Auslieferung als
solches erkannt worden wäre, als vertragsgemäß hätte abnehmen und bezahlen
müssen.
21 Soweit die Revisionserwiderung unter Verweis auf das
Senatsurteil vom 7. Februar 2007 (VIII ZR 266/06,
NJW 2007, 1351 Rn. 19) meint, nach der Rechtsprechung des Senats könne
der Käufer bei dem Ankauf eines Lebewesens oder Produkten eines Lebewesens
einen Idealzustand nicht erwarten, übersieht sie, dass Ebersperma, das mit
PRRS-Viren verseucht ist, nicht etwa von einer physiologischen Idealnorm
abweicht, sondern einen pathologischen Zustand aufweist.
22 3. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus
anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
23 Allerdings stünde der Klägerin der geltend gemachte
Schadensersatzanspruch nicht zu, wenn die Beklagte die in der
Lieferung mangelhaften Ebersamen liegende Pflichtverletzung nicht zu
vertreten hätte (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB). Hierzu hat das
Berufungsgericht - vor dem Hintergrund seiner Rechtsauffassung folgerichtig
- keine ausreichenden Feststellungen getroffen.
24 Zwar führt das Berufungsgericht - allerdings im Zusammenhang mit der
Frage einer möglichen Beschaffenheitsvereinbarung - aus, es hätten
"regelmäßige standardisierte Kontrollen" stattgefunden; dies habe die
Beklagte in der Berufungsverhandlung geschildert und durch die vorgelegten
Testergebnisse belegt. Diese rudimentären Feststellungen erlauben indes
nicht die Beurteilung der hier entscheidenden Frage, ob sich die Beklagte
entlastet und somit die in der mangelhaften Lieferung liegende
Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Es ist dem Berufungsurteil schon
nicht zu entnehmen, welche konkreten Schutz-und Kontrollmaßnahmen zur
Verhinderung einer Infizierung ihres Bestandes beziehungsweise der Lieferung
verseuchten Spermas die Beklagte im Einzelnen ergriffen haben will. Mit der
- gegebenenfalls mit sachverständiger Hilfe zu beantwortenden - Frage, ob
vorgetragene Maßnahmen zur Entlastung der Klägerin angesichts der eigenen
Betriebsbezeichnung als "PRRS-unverdächtig" ausreichten, hat sich das
Berufungsgericht vor dem Hintergrund seiner Rechtsauffassung zur
Mangelfreiheit des verseuchten Eberspermas nicht befasst, so dass es auch in
dieser Hinsicht weiterer Feststellungen bedarf.
25 4. Soweit das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch nach § 280
Abs. 1 BGB unter dem rechtlichen Gesichtspunkt einer unterbliebenen
Aufklärung über den PRRS-Befall ihres Bestandes verneint hat, ist dies
allerdings - entgegen der Auffassung der Revision - aus Rechtsgründen nicht
zu beanstanden.
26 Denn ein solcher Anspruch setzt voraus, dass die Beklagte von dem Befall
so rechtzeitig erfahren hat, dass eine unverzügliche Mitteilung an die
Klägerin den Schaden noch hätte verhindern können. Dass die Klägerin, die
die Beweislast für eine derartige rechtzeitige Kenntnis der Beklagten trägt,
für ihre Behauptung, die Beklagte habe schon im Dezember 2011 von dem Befall
erfahren, Beweis angetreten hätte, lässt sich dem Berufungsurteil indes
nicht entnehmen. Die Revision macht auch nicht geltend, dass das
Berufungsgericht Beweisangebote der Klägerin übergangen hätte. Unter diesen
Umständen ist es nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht die
Darstellung des Geschäftsführers der Beklagten, er habe erst am 30. Januar
2012 von dem PRRS-Befall seines Bestandes erfahren, seiner rechtlichen
Würdigung zugrunde gelegt und angenommen hat, dass zu diesem Zeitpunkt der
Schaden angesichts der bereits in den frühen Morgenstunden dieses Tages
vorgenommenen Besamung nicht mehr verhindert werden konnte. Die in diesem
Zusammenhang von der Klägerin erhobenen Verfahrensrügen hat der Senat
geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet; von einer näheren Begründung
wird gemäß § 564 Satz 1 ZPO abgesehen.
III.
27 Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben; es
ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist, da der Rechtsstreit
nicht zur Endentscheidung reif ist, zur erneuten Verhandlung und
Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1
ZPO), damit das Berufungsgericht - gegebenenfalls nach ergänzendem
Sachvortrag der Parteien zu einer etwaigen Entlastung der Beklagten - die
noch erforderlichen Feststellungen zu dem von der Klägerin geltend gemachten
Schadensersatzanspruch wegen Lieferung mangelhaften Eberspermas treffen
kann.
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