| Beginn der kurzen Verjährung nach § 548 I BGB 
 BGH, Urteil vom 12. Oktober 2011 - 
	VIII ZR 8/11 
 Fundstelle:
 NJW 2012, 144
 
 Amtl. Leitsatz: Zum Beginn der Verjährung 
	nach § 548 Abs. 1 Satz 2 BGB. 
 Zentrale Probleme:Es geht um die praktisch 
	bedeutende Regelung des § 548 BGB, um die sich einige (auch 
	klausurrelevante) Fragen ranken, s. dazu etwa 
		BGHZ 
61, 227 und
      BGH NJW 2006, 2399 
	(Schutzwirkung für Dritte, Anwendung auf konkurrierende Ansprüche),
    BGH NJW 2005, 739. Die 
	Entscheidung selbst ist (leider) eine Einzelfallentscheidung, da sich der 
	Senat zu den aufgeworfenen Grundsatzfragen, insbesondere der Frage des 
	jederzeitigen Rückgaberechts und des Annahmeverzugs des Vermieters nicht 
	äußert. S. dazu auch BGH v. 
	23.10.2013 - VIII ZR 402/12. 
©sl 2011 
 Tatbestand:
 1 Der Beklagte war 30 Jahre lang - bis zum 30. 
	September 2007 - Mieter einer Wohnung der Klägerin in einem von ihr auch 
	selbst bewohnten Zweifamilienhaus. Nachdem es im Jahr 2007 zwischen den 
	Parteien zu Differenzen gekommen war, räumte der Beklagte die Wohnung Ende 
	Juni 2007. Mit Anwaltsschreiben vom 2. Juli 2007 kündigte er das 
	Mietverhältnis wegen "Vertrauensverlustes" fristlos, hilfsweise ordentlich 
	zum 30. September 2007. Die "offizielle" Abnahme der Wohnung erfolgte 
	aufgrund einer Absprache der Parteien am 1. Oktober 2007.
 
 2 Mit der vorliegenden, durch Einreichung eines Mahnbescheidsantrags am 19. 
	März 2008 eingeleiteten Klage hat die Klägerin Schadensersatz in Höhe von 
	8.695,53 € nebst Zinsen begehrt. Der Beklagte hat die Einrede der Verjährung 
	erhoben und sich darauf berufen, dass er der Klägerin bereits am 30. Juni 
	2007 persönlich die Rückgabe der Schlüssel unter Hinweis auf die bereits 
	geräumte Wohnung angeboten und die Schlüssel anschließend in den Briefkasten 
	neben der Haustür der Klägerin geworfen habe, bei dem es sich, wie die 
	Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht unstreitig 
	gestellt haben, um den Briefkasten des Beklagten handelte.
 
 3 Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landgericht hat die Berufung 
	der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen 
	Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
 
 Entscheidungsgründe:
 
 4 Die Revision hat zum Teil Erfolg.
 I.
 5 Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im 
	Wesentlichen ausgeführt:
 
 6 Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche seien verjährt. Die 
	Verjährungsfrist habe Anfang Juli 2007 zu laufen begonnen, während die 
	Klägerin erst am 19. März 2008 einen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides 
	gestellt habe.
 
 7 Gemäß § 548 Abs. 1 Satz 2 BGB beginne die Verjährung der 
	Schadensersatzansprüche des Vermieters wegen Verschlechterung der Mietsache 
	mit dem Zeitpunkt, in dem er die Mietsache zurückerhalte, also freien Zugang 
	zu ihr habe und somit in die Lage versetzt werde, sie auf Schäden zu 
	untersuchen. Aufgrund der erstinstanzlichen Beweisaufnahme stehe fest, dass 
	der Beklagte die Wohnung spätestens Anfang Juli 2007 geräumt, die Klägerin 
	aber die Annahme der Schlüssel verweigert und dem Beklagten sozusagen die 
	Tür vor der Nase zugeworfen habe.
 
 8 Mit der Ablehnung der Rücknahme der Schlüssel sei die Klägerin in 
	Annahmeverzug geraten und habe die Verjährungsfrist zu laufen begonnen. Denn 
	die Klägerin habe unbeschadet des Umstandes, dass das Mietverhältnis zu 
	diesem Zeitpunkt noch nicht gekündigt gewesen sei, kein Recht gehabt, die 
	Rücknahme der Schlüssel abzulehnen; vielmehr sei der Mieter nach 
	herrschender Meinung berechtigt, die gemietete Sache auch schon vor 
	Beendigung des Mietverhältnisses zurückzugeben.
 
 9 Unabhängig von der Frage der Verjährung sei der Klägerin bezüglich einiger 
	Positionen ohnehin kein Schadensersatzanspruch - jedenfalls nicht in der 
	geltend gemachten Höhe - entstanden. Ein Anspruch auf Entfernung der im 
	Garten lagernden Pflaster- und Kantensteine stehe der Klägerin schon deshalb 
	nicht zu, weil sich die Steine schon bei Beginn des Mietverhältnisses dort 
	befunden hätten. Die Erneuerung der WC-Sitze und die Neulackierung der 
	Innentüren wären nach 30 Jahren Mietzeit auch bei pfleglicher Behandlung 
	durch den Beklagten erforderlich gewesen. Die fachgerechte Erneuerung der 
	vom Beklagten - nach der Behauptung der Klägerin unsachgemäß - installierten 
	Elektroanlage könne die Klägerin nicht verlangen, weil vermieterseits eine 
	Elektroinstalla-tion in der Garage nicht vorhanden gewesen sei.
 
 II.
 
 10 Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung in einem 
	wesentlichen Punkt nicht stand. Schadensersatzansprüche der Klägerin 
	wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache sind nicht 
	verjährt.
 
 11 1. Die unbeschränkt eingelegte Revision ist allerdings bereits 
	unzulässig, soweit sie sich dagegen richtet, dass das Berufungsgericht 
	hinsichtlich der von der Klägerin erhobenen Ansprüche wegen der Entfernung 
	von Steinen im Garten, wegen der Erneuerung von WC-Sitzen und wegen 
	Neulackierung von Innentüren zum Nachteil der Klägerin entschieden hat. 
	Insoweit hat das Berufungsgericht die Zurückweisung der Berufung der 
	Klägerin (auch) damit begründet, dass der Klägerin mangels eines Schadens 
	beziehungsweise mangels einer Pflichtverletzung des Beklagten ein 
	Schadensersatzanspruch nicht zustehe. Es kann dahinstehen, ob die Revision 
	insoweit bereits deshalb unzulässig ist, weil das Berufungsgericht die 
	Revision nur beschränkt auf die Ansprüche zugelassen hat, für die es nach 
	seiner Auffassung auf die Frage der Verjährung ankam. Denn die Revision hat 
	gegen die von der Verjährungsfrage unabhängige, das Berufungsurteil insoweit 
	selbständig tragende Begründung keine Rüge erhoben, so dass es insoweit an 
	der erforderlichen Revisionsbegründung fehlt (vgl. BGH, Urteil vom 11. 
	November 1999 - III ZR 98/99, NJW 2000, 947 unter A) und die Revision 
	jedenfalls aus diesem Grund unzulässig ist.
 
 12 Für den Schadensersatzanspruch wegen Erneuerung der Elektroinstallation 
	in der Garage, die die Klägerin unter Hinweis auf die von ihr behauptete 
	unsachgemäße und deshalb lebensgefährliche Verlegung durch den Beklagten 
	begehrt hatte, gilt dies allerdings nicht, weil das Berufungsgericht 
	insoweit lediglich darauf abstellt, dass dort eine Elektroinstallation vor 
	der Verlegung durch den Beklagten nicht vorhanden war; diese Begründung 
	trägt aber nur die Abweisung der Klage bezüglich etwaiger - vom 
	Berufungsgericht nicht konkret festgestellter - Mehrkosten einer 
	fachgerechten Neuverlegung, nicht aber die mit dem Begehren der Klägerin 
	gleichfalls geltend gemachten Kosten der Beseitigung des nach ihrem 
	Vorbringen gefährlichen Zustands.
 
 13 2. Die vom Beklagten erhobene Einrede der Verjährung greift entgegen der 
	Auffassung des Berufungsgerichts nicht durch.
 
 14 a) Nach § 548 Abs. 1 Satz 1, 2 BGB beginnt die Verjährung der 
	Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen 
	der Mietsache in dem Zeitpunkt, in dem er die Sache zurückerhält. 
	Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt die Rückgabe im Sinne 
	dieser Vorschrift grundsätzlich eine Änderung der Besitzverhältnisse 
	zugunsten des Vermieters voraus, weil er erst durch die unmittelbare 
	Sachherrschaft in die Lage versetzt wird, sich ungestört ein umfassendes 
	Bild von etwaigen Veränderungen oder Verschlechterungen der Sache zu machen
	(Senatsurteil vom 14. Mai 1986 - VIII ZR 99/85, BGHZ 98, 59, 62 
	ff.; BGH, Urteil vom 10. Juli 1991 - XII ZR 105/90, NJW 1991, 2416 unter II 
	5 b bb; st. Rspr.). Die Beendigung des Mietverhältnisses ist 
	hingegen nicht Voraussetzung für den Beginn der kurzen Verjährung 
	(Senatsurteile vom 14. Mai 1986 - VIII ZR 99/85, aaO; Senatsurteil vom 15. 
	März 2006 - VIII ZR 123/05, NJW 2006, 1588 Rn. 9). Von diesen Grundsätzen 
	geht auch das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend aus.
 
 15 b) Die Anwendung dieser Grundsätze im vorliegenden Fall ergibt indes, 
	dass die Verjährung der von der Klägerin erhobenen Ansprüche erst mit dem 
	Ablauf des 1. Oktober 2007 begonnen hat und der Verjährungsablauf deshalb 
	durch die vor Ablauf von sechs Monaten erfolgte gerichtliche Geltendmachung 
	gehemmt worden ist. Denn die Klägerin hat die Wohnung erst am 1. Oktober 
	2007 zurück erhalten und muss sich auch nicht wegen Annahmeverzugs oder mit 
	Rücksicht auf Treu und Glauben so behandeln lassen, als sei dies bereits 
	Anfang Juli 2007 geschehen.
 
 16 aa) Die Klägerin hat die Wohnung nicht schon dadurch im Sinne des § 548 
	Abs. 1 BGB zurück erhalten, dass der Beklagte Ende Juni/Anfang Juli 2007 
	versucht hat, ihr die Wohnungsschlüssel zu übergeben. Die Klägerin ist zu 
	diesem Zeitpunkt nicht in den Besitz der Wohnungsschlüssel gelangt und hat 
	deshalb auch nicht die unmittelbare Sachherrschaft über die an den Beklagten 
	vermietete Wohnung zurück erlangt. Auch dadurch, dass der Beklagte 
	die Schlüssel für die bereits geräumte Wohnung nach der gescheiterten 
	Übergabe in den Briefkasten seiner bisherigen Wohnung geworfen hat, hat die 
	Klägerin nicht die Sachherrschaft über die Wohnung erhalten.
 
 17 bb) Es bedarf keiner Entscheidung, ob - wie das Berufungsgericht meint 
	-der Annahmeverzug des Vermieters mit der Rücknahme grundsätzlich den Beginn 
	der kurzen Verjährungsfrist des § 548 Abs. 2 BGB auslöst. Denn ein solcher 
	Annahmeverzug ist hier nicht eingetreten.
 
 18 Das Berufungsgericht ist der Auffassung, dass die Klägerin durch die 
	Verweigerung der Schlüsselrücknahme Anfang Juli 2007 in Annahmeverzug 
	geraten sei, weil der Mieter das Recht habe, die gemietete Sache auch schon 
	vor der Beendigung des Mietverhältnisses zurückzugeben.
 
 19 Der Senat hat die Frage, ob und gegebenenfalls welchen Umständen der 
	Mieter zu einer Rückgabe der Mietsache vor Beendigung des Mietverhältnisses 
	berechtigt ist, bisher offen gelassen (Senatsurteil vom 15. März 2006 - VIII 
	ZR 123/05, aaO Rn. 14). Diese Frage bedarf auch hier keiner 
	grundsätzlichen Entscheidung. Denn jedenfalls ist der Vermieter 
	nicht verpflichtet, die Mietsache jederzeit - sozusagen "auf Zuruf" - 
	zurückzunehmen. Die Klägerin ist deshalb durch ihre Weigerung, die Schlüssel 
	sofort "an der Haustür" entgegenzunehmen, als sie ihr von dem offenbar 
	kurzfristig ausgezogenen Beklagten angeboten wurden, nicht in Annahmeverzug 
	geraten.
 
 20 cc) Der Klägerin ist es auch nicht mit Rücksicht auf Treu und Glauben 
	verwehrt, sich auf die am 1. Oktober 2007 erfolgte Rückgabe der Mietsache 
	und deshalb noch nicht eingetretene Verjährung seiner Ersatzansprüche zu 
	berufen. Denn die Parteien haben im Anschluss an die vom Beklagten kurz nach 
	der gescheiterten Schlüsselübergabe ausgesprochene Kündigung einvernehmlich 
	einen "offiziellen" Übergabetermin vereinbart und in der Folgezeit auch 
	eingehalten, so dass auch mit Rücksicht auf Treu und Glauben kein Anlass 
	besteht, die Klägerin hinsichtlich der Verjährung ihrer Ersatzansprüche so 
	zu behandeln, als habe sie die für den Verjährungsbeginn grundsätzlich 
	maßgebliche unmittelbare Sachherrschaft über die streitige Wohnung bereits 
	drei Monate vor der am 1. Oktober 2007 erfolgten Übergabe erhalten.
 
 III.
 21 Nach alledem ist die Revision bezüglich der Ansprüche wegen Entfernung 
	von Steinen, Erneuerung von WC-Sitzen und Neulackierung von Türen als 
	unzulässig zu verwerfen. Im Übrigen kann das Berufungsurteil keinen Bestand 
	haben, es ist daher insoweit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist an 
	das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die erforderlichen 
	Feststellungen zur materiellen Berechtigung der von der Klägerin erhobenen 
	Ansprüche getroffen werden können.
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