Gewährleistung beim Werkvertrag im Verhältnis
Hauptunternehmer/Nachunternehmer: Kein Ausschluss des
Leistungsverweigerungsrechts des Hauptunternehmers gegenüber dem
Nachunternehmer wegen Mängeln des Werks, wenn der Besteller keine
Gewährleistungsansprüche gegen den Hauptunternehmer geltend machen kann.
BGH, Versäumnisurteil vom 1. August
2013 - VII ZR 75/11 - OLG Naumburg
Fundstelle:
NJW 2013, 3297
für BGHZ vorgesehen
Amtl. Leitsatz:
Dem Hauptunternehmer steht
das Leistungsverweigerungsrecht wegen Mängeln der Werkleistung des
Nachunternehmers grundsätzlich unabhängig davon zu, ob er die gleiche
Leistung seinem Besteller versprochen und geleistet hat, und auch unabhängig
davon, ob der Besteller ihm zustehende Ansprüche seinerseits geltend macht.
Zentrale Probleme:
Eine wichtige, klug abwägende und lehrreiche Entscheidung zum
Werkvertragsrecht. Sie erging zwar noch in Anwendung des fr üheren
Werkvertragsrechts, ist aber in der wesentlichen Aussage auch für das
derzeit geltende Werkvertragsrecht von Bedeutung (und daher auch für BGHZ
vorgesehen). Im Kern geht es um die Frage, ob ein Hauptunternehmer, der
Teile des dem Besteller geschuldeten Werks von einem Nachunternehmer hat
errichten lassen, diesem gegenüber den Werklohn auch dann nach § 320 Abs. 1
BGB wegen Mängeln zurückhalten kann, wenn er selbst von seinem Besteller
(dem Bauherren) nicht mehr auf Gewährleistung in Anspruch genommen werden
kann.
Die zentrale Aussage ist, dass anders als im Fall der Geltendmachung eines
Schadensersatzanspruches, bei welchem der Schadenersatzbetrag beim
Hauptunternehmer verbleiben und ihn letztlich unbillig bereichern würde
(s. dazu BGHZ 173, 83),
die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts weiterhin dem Bauherren zugute
kommt. Der Subunternehmer, der in wirtschaftlicher Hinsicht für die
Nacherfüllung verantwortlich ist (der Senat bezeichnet den Hauptunternehmer
insoweit als wirtschaftliche "Durchgangsstation"), kann dieses
Zurückbehaltungsrecht ja dadurch abwenden, dass er gegenüber dem Bauherren
die Mängelbeseitigung erbringt. Sollte der Bauherr dies nicht zulassen, so
ist die Mängelbeseitigung nach § 275 Abs. 1 BGB unmöglich, so dass das
Zurückbehaltungsrecht mangels fälligen Gegenanspruchs entfallen würde.
Gleiches gälte,
wenn der Hauptunternehmer gegenüber dem
Nachunternehmer einen Vorschuss auf die Mängelbeseitigungskosten nach § 637
Abs. 3 BGB geltend machen würde. Denn auch dieser Betrag würde nicht
endgültig bei ihm verbleiben. Er wäre nämlich zurückzuerstatten, wenn die
Mängelbeseitigung nicht in angemessener Frist vorgenommen werden würde (s.
dazu BGH
NJW 2010, 1192). Kurz: Der Hauptunternehmer darf aus einer
solchen Situation nichts "verdienen" (auch nicht durch Minderung), er kann
aber jeden Rechtsbehelf geltend machen, der letztlich dem Besteller zugute
kommt. Dem ist uneingeschränkt zuzustimmen.
Nach derzeit geltendem Recht wäre der
Fall nur leicht modifiziert zu beurteilen: Nach § 641 Abs. 2 Nr. 1 BGB wäre
der Vergütungsanspruch des Subunternehmers fällig, wenn der Hauptunternehmer
von dem Bauherrn die Vergütung erhalten hätte. Ein Zurückbehaltungsrecht
ergäbe sich dann nicht aus § 320 Abs. 1 BGB. Allerdings hätte er nach § 641
Abs. 3 BGB ein Zurückbehaltungsrecht (nur) in Höhe eines angemessenen Teils
der Vergütung, der in der Regel das Doppelte der für die Beseitigung des
mangels erforderlichen Kosten beträgt.
©sl 2013
Tatbestand:
1 Der Kläger verlangt als Verwalter in dem
Insolvenzverfahren über das Vermögen des Bauunternehmens H. GmbH (im
Folgenden: Nachunternehmer) restlichen Werklohn in Höhe von zuletzt noch
239.730,33 € aus Verträgen über die Errichtung von sechs Doppelhaushälften
und fünf Einfamilienhäusern im F.-Weg in L. Die Bauverträge mit der
Beklagten, einer Generalbauunternehmerin (im folgenden: Hauptunternehmer),
datieren aus den Jahren 1998 und 1999. Die Häuser sind im Jahr 2000 von den
Erwerbern übernommen und bezogen worden.
2 Die Beklagte macht - soweit für die Revision noch von Interesse -
wegen Mängeln an den Häusern F.-Weg 2 und 21 und wegen einer nicht
errichteten Pergola (Haus Nr. 2) ein Leistungsverweigerungsrecht wegen
verschiedener Mängel und wegen einer fehlenden Bankbürgschaft geltend und
beruft sich hinsichtlich der übrigen Häuser auf die fehlende Abnahme der
Werkleistungen wegen Mängeln an der Außenbeschichtung der Kellerwände.
3 Der Kläger hat dagegen eingewendet, die Außenbeschichtung sei nicht
mangelhaft, auch soweit sie abweichend von den Baubeschreibungen hergestellt
worden sei. Außerdem hat er geltend gemacht, dass die Erwerber gegen die
Beklagte wegen eingetretener Verjährung keine Mängelbeseitigungsansprüche
mehr geltend machen könnten. Auch habe die Beklagte ihre Ansprüche
auf von den Erwerbern zurückbehaltenen Restwerklohn teilweise verjähren
lassen.
4 Das Landgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben. Das
Berufungsgericht hat die Beklagte - nach Abzug einer verwirkten
Vertragsstrafe - zur Zahlung von 50.557,63 € verurteilt, teilweise unter dem
Vorbehalt einer Sicherheitsleistung durch Bankbürgschaft, teilweise
Zug-um-Zug gegen Errichtung einer Pergola. In Höhe von 181.065,21 € hat es
die Klage mangels Abnahme als derzeit unbegründet abgewiesen. Mit der vom
Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger die Verurteilung der
Beklagten zur (unbedingten) Zahlung in Höhe von jetzt noch 213.714,83 €
weiter.
Entscheidungsgründe:
5 Die Revision ist nicht begründet.
I.
6 Das Berufungsgericht ist - sachverständig beraten - der Ansicht,
dass mit Ausnahme der Häuser mit den Nummern 2 (ohne Keller
errichtet) und 21 die Beschichtung der Kellerwände mit
Zementschlämme und Delta-MS-Folie durch den Nachunternehmer einen Mangel
seines Werkes darstelle, weil dies nicht der vertraglich vereinbarten
Beschaffenheit entspreche. Es sei eine Bitumendickbeschichtung und
die Anbringung von Pordrainplatten vereinbart worden. Beim Haus 21 sei dies
hingegen nicht vereinbart worden. Die Beschichtung mit Zementschlämme und
Delta-MS-Folie dort stelle keinen Fehler dar.
7 Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der Einwand des Klägers, die
Beklagte könne sich wegen Verjährung der Gewährleistungsansprüche der
Erwerber nicht mehr auf Mängelbeseitigungsansprüche berufen, schließe ein
Zurückbehaltungsrecht der Beklagten nach § 641 Abs. 3 BGB ebenso wenig aus
wie die Berechtigung der Beklagten zur Verweigerung der Abnahme. Die
Durchsetzbarkeit des Mängelbeseitigungsanspruchs durch den Hauptunternehmer
gegen den Nachunternehmer setze nicht voraus, dass der Hauptunternehmer
gegenüber seinem Besteller seinerseits zur Mängelbeseitigung verpflichtet
sei oder dass ihm aus der Mangelhaftigkeit des Werkes finanzielle Nachteile
entstünden.
II.
8 Das hält der rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.
9 Auf das Schuldverhältnis ist das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung
anzuwenden, die für bis zum 31. Dezember 2001 geschlossene Verträge gilt
(Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB). § 641 BGB ist in der Fassung anzuwenden, die
für bis zum 30. April 2000 geschlossene Verträge gilt mit Ausnahme des § 641
Abs. 3 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Beschleunigung fälliger
Zahlungen, der auch für vorher geschlossene Verträge anwendbar ist (Art. 229
§ 1 Abs. 2 Satz 2 EGBGB).
10 Zutreffend hat das Berufungsgericht entschieden, dass die Abdichtung
derjenigen Häuser, die entgegen der Baubeschreibung mit Zementschlämme und
Delta-MS-Folie ausgeführt worden ist, mangelhaft ist. Im Ergebnis richtig
hat es der Beklagten wegen dieser und anderer Mängel auch ein
Leistungsverweigerungsrecht zuerkannt, obwohl - wovon in der Revision
auszugehen ist - die Beklagte von ihren Bestellern nicht mehr wegen der
Mängel in Anspruch genommen werden kann.
11 1. Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht gehe von verschiedenen
Mangelbegriffen aus, weil es die Kellerabdichtung bei Haus Nummer 21 anders
beurteile als bei den übrigen Häusern, geht fehl.
12 a) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts liegt dem mündlich
geschlossenen Werkvertrag zwischen den Parteien für das Haus Nummer 21 eine
Baubeschreibung zugrunde, die keine Vorgaben zur Abdichtung enthält,
insbesondere eine Abdichtung mit Bitumendickbeschichtung und Pordrainplatten,
wie sie die Beklagte wünscht, nicht ausweist. Das Berufungsgericht hat
weiter - sachverständig beraten - festgestellt, dass die vorgenommene
Abdichtung mit Zementschlämme und Delta-MS-Folie keinen den Wert oder die
Tauglichkeit des Bauwerks beeinträchtigenden Fehler aufweist (§ 633 Abs. 1
BGB). Sie erfüllt ausweislich der Feststellungen des landgerichtlichen
Urteils bei den anliegenden Bodenverhältnissen ihren Zweck und ist im
Übrigen einer Abdichtung mit Bitumendickbeschichtung und Pordrainplatten
gleichwertig. Sie entspricht den seinerzeit geltenden anerkannten Regeln der
Technik.
13 b) Die Baubeschreibungen der übrigen Häuser enthalten dagegen eine
vertraglich bindende Vorgabe hinsichtlich der Abdichtung mit Bitumen und
Pordrainplatten. Die davon abweichende Ausführung mit Zementschlämme und
Delta-MS-Folie entspricht nicht der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit
und stellt daher einen Fehler dar (§ 633 Abs. 1 BGB). Den Ausführungen des
Berufungsgerichts ist zu entnehmen, dass es auch eine Beeinträchtigung des
Werts und der Gebrauchstauglichkeit annimmt, weil die vorgenommene
Abdichtung nicht die von der Beklagten und ihrem Besteller gewünschte,
vertraglich vereinbarte Drainagewirkung gegen drückendes Wasser ohne
Rücksicht auf die konkreten Bodenverhältnisse besitzt.
14 c) Das lässt revisionsrechtlich beachtliche Rechtsfehler nicht erkennen.
15 Legt der Besteller Wert auf eine bestimmte Abdichtung, um sich aus
unbekannten Bodenverhältnissen ergebenden Risiken zu entgehen, so liegt eine
Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit der Abdichtung vor, wenn die
vorgenommene Abdichtung dem nicht entspricht. Unerheblich ist, ob die
vorgenommene Abdichtung gleichsam zufällig ausreichend und bei den
anliegenden Bodenverhältnissen gleichwertig ist. Allerdings kann das die
Prüfung veranlassen, ob dem Verlangen nach Mängelbeseitigung der Einwand des
Unternehmers entgegensteht, die Mängelbeseitigung erfordere einen
unverhältnismäßigen Aufwand, § 633 Abs. 2 BGB. Das Berufungsgericht hat
diese Prüfung nicht vorgenommen und hat insbesondere nicht den streitigen
Sachverhalt aufgeklärt, ob die Bauwerke tatsächlich in sandigem Erdreich
gegründet sind. Eine Aufhebung des Berufungsurteils ist aber nicht
veranlasst, weil die Revision keine dahingehende Rüge erhoben hat.
16 2. In der Revision ist deshalb davon auszugehen, dass der Kläger die
Mängelbeseitigung nicht wegen eines unverhältnismäßigen Aufwands verweigern
darf. Weiter ist davon auszugehen, dass die Mängelbeseitigung noch möglich
ist. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die derzeitigen Eigentümer der
betroffenen Grundstücke diese verweigern würden. Das wird vom Kläger auch
nicht geltend gemacht.
17 3. Auf dieser Grundlage ist die Beklagte nicht gehindert, dem Verlangen
des Klägers auf Zahlung der Vergütung wegen der Mängel das gesetzliche
Leistungsverweigerungsrecht entgegen zu halten. Soweit die Leistung der
Schuldnerin abgenommen worden ist (Häuser 2 und 21), führt das dazu, dass
die Beklagte uneingeschränkt zur Zahlung des Betrags verurteilt wird, der
nach dem anwendbaren § 641 Abs. 3 BGB in der Fassung des Gesetzes zur
Beschleunigung fälliger Zahlungen vom 30. März 2000 (BGBl. I 2000, 330) das
mindestens Dreifache der Mängelbeseitigungskosten übersehreitet, und im
Übrigen zu einer Verurteilung Zug-um-Zug gegen Beseitigung der anderen
festgestellten, in der Revision nicht mehr streitigen Mängel (vgl. BGH,
Urteil vom 9. Juli 1981 - VII ZR 40/80, BauR 1981, 577, 581). Soweit
die Beklagte die Abnahme verweigert hat (übrige Häuser) führt das dazu, dass
die Klage als derzeit unbegründet abzuweisen ist, § 641 Abs. 1 BGB
(vgl. BGH, Urteil vom 4. Juni 1973 - VII ZR 112/71, BGHZ 61, 42, 44).
18 Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagte ihrerseits nicht mehr
von ihren Bestellern in Anspruch genommen wird oder werden könnte, wenn sie
sich auf die Verjährung der Ansprüche beriefe.
19 a) Das Gesetz gewährt dem Besteller das
Leistungsverweigerungsrecht grundsätzlich unabhängig davon, ob er die
gleiche Leistung einem Dritten versprochen und geleistet hat und auch
unabhängig davon, ob der Dritte ihm zustehende Ansprüche seinerseits geltend
macht. Einer Inanspruchnahme dieses Rechts kann nicht entgegengehalten
werden, der Hauptunternehmer verhielte sich treuwidrig, wenn er die Mängel
geltend mache, obwohl er von seinem Besteller trotz dieser Mängel bezahlt
worden sei und dieser auch keine Mängelrechte geltend mache oder diese nicht
mehr erfolgreich durchsetzen könne. Ähnliche Erwägungen haben allerdings
dazu geführt, dass mit dem Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen die
Vergütung des Hauptunternehmers fällig gestellt wird, wenn der
Hauptunternehmer von seinem Besteller die Vergütung oder Teile davon
erhalten hat, § 641 Abs. 2 Satz 1 BGB (in der Fassung des Gesetzes
zur Beschleunigung fälliger Zahlungen vom 30. März 2000 (BGBl. I 2000, 330).
Es sei widersprüchlich, wenn der Hauptunternehmer von seinem Besteller trotz
vorhandener Mängel Bezahlung fordere, diese aber dem Nachunternehmer wegen
der Mängel verweigere (BT-Drucks. 14/1246 S. 7). Im
Gesetzgebungsverfahren zum Forderungssicherungsgesetz ist jedoch klar
gestellt worden, dass dem Hauptunternehmer das Mängelbeseitigungsrecht und
auch das sich daraus ergebende Leistungsverweigerungsrecht nicht genommen
werden kann, obwohl er von seinem Besteller bezahlt worden ist
(BT-Drucks. 16/511, S. 16; vgl. auch BR-Drucks. 458/04, S. 11; OLG Nürnberg,
BauR 2004, 516, 517; OLG Bamberg, BauR 2009, 113, 115; Halfmeier/ Leupertz,
PWW, 8. Aufl., § 641 Rn. 14 jeweils m.w.N.; Messerschmidt in
Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 2. Aufl., § 641 BGB Rn. 269;
Leinemann, NJW 2008, 3745, 3748; a.A. Pause/Vogel in Kniffka,
Bauvertrags-recht, § 641 Rn. 23; MünchKommBGB/Busche, 6. Aufl., § 641 Rn.
27). Nach der Systematik des Forderungssicherungsgesetzes kann sich
der Hauptunternehmer zwar nicht mehr auf die fehlende Abnahme berufen. Ihm
steht aber das Leistungsverweigerungsrecht gemäß § 641 Abs. 2 BGB n.F. in
Höhe des nunmehr in der Regel Doppelten der für die Beseitigung des Mangels
erforderlichen Kosten zu. Diese Beschränkung des
Leistungsverweigerungsrechts kommt der Klägerin nicht zugute. Anwendbar sind
die Gesetze in der Fassung vor dem Gesetz zur Beschleunigung fälliger
Zahlungen. Die Beklagte kann danach das Leistungsverweigerungsrecht
durch Verweigerung der Abnahme mit der Folge geltend machen, dass sie die
Vergütung bis zur vollständigen Erfüllung des Vertrages nicht entrichten
muss.
20 Diese uneingeschränkte Zuerkennung des gesetzlichen
Leistungsverweigerungsrechts auf der Grundlage der damaligen Gesetzeslage
ist auch sachlich gerechtfertigt. Das Leistungsverweigerungsrecht
ist Ausdruck des funktionalen Synallagmas von Werkleistung und Vergütung, §
320 Abs. 1 BGB. Selbst wenn der Hauptunternehmer von seinem Besteller trotz
der Mängel bezahlt worden ist und er deshalb wegen der Mängel zunächst
keinen wirtschaftlichen Nachteil hat, ist es grundsätzlich nicht
gerechtfertigt, die synallagmatische Verbundenheit von Werkleistung des
Nachunternehmers und Vergütung des Hauptunternehmers aufzulösen.
Dabei muss zunächst bedacht werden, dass dem Besteller durch die Bezahlung
des Hauptunternehmers nicht die Mängelansprüche verloren gehen und der
Hauptunternehmer von ihm noch in Anspruch genommen werden kann. Doch
selbst wenn die Mängelansprüche des Bestellers nicht mehr durchsetzbar sind,
ist keine andere Beurteilung geboten. Müsste der
Hauptunternehmer den Nachunternehmer bezahlen, obwohl dessen Leistung
mangelhaft und die Erfüllung oder Mängelbeseitigung noch möglich ist, so
würde damit der legitime Druck (§ 320 Abs. 1, § 641 Abs. 2 BGB) entfallen,
den der Hauptunternehmer durch Zurückhaltung der Vergütung auf den
Nachunternehmer ausüben kann. Es besteht kein Grund, auch in den Fällen, in
denen der Besteller den Hauptunternehmer bezahlt hat und er Mängelrechte
nicht mehr geltend machen kann, dem Hauptunternehmer dieses Druckmittel zu
nehmen. Denn die Mängelbeseitigung kommt dem Besteller zugute, der letztlich
die wirtschaftlichen Auswirkungen des Mangels trägt. Dem Hauptunternehmer
kann es grundsätzlich nicht versagt werden, sein Interesse an einer
ordnungsgemäßen Vertragserfüllung durch die Leistungsverweigerung
durchzusetzen. Dass der Besteller seine Mängelrechte nicht mehr durchsetzen
kann, bedeutet nicht, dass das Interesse des Hauptunternehmers an der
Vertragserfüllung nicht mehr schützenswert ist.
21 b) Dem stehen nicht die Entscheidungen des Senats zum Ausgleich
des Schadens bei Mängeln in der werkvertraglichen Leistungskette entgegen
(BGH, Urteile vom
28. Juni 2007 - VII ZR 81/06, BGHZ 173, 83 und VII ZR
8/06, BauR 2007, 1567 = NZBau 2007, 580). Der Senat hat entschieden,
dass dem Hauptunternehmer nicht der auf Ersatz der Mängelbeseitigungskosten
gerichtete Schadensersatzanspruch wegen Mängeln der Nachunternehmerleistung
zusteht, wenn feststeht, dass er seinerseits von seinem Besteller wegen des
Mangels nicht in Anspruch genommen wird oder werden kann.
22 aa) Diese Rechtsprechung beruht auf der normativen von Treu und Glauben
geprägten schadensrechtlichen Wertung, dass dem Hauptunternehmer, jedenfalls
dann, wenn er wegen des Mangels nicht mehr in Anspruch genommen werden kann,
ungerechtfertigte, ihn bereichernde Vorteile zufließen, wenn er gleichwohl
als Schadensersatz die Mängelbeseitigungskosten vom Nachunternehmer fordern
kann (vgl. BGH, Urteil vom 24. März 1959 - VI ZR 90/58, BGHZ 30, 29; Urteil
vom 4. Juni 1992 - IX ZR 149/91, BGHZ 118, 312; Urteil vom 6. Juli 2000 - IX
ZR 198/99, NJW 2001, 673; MünchKommBGB/Oetker, aaO, § 249 Rn. 20;
Staudinger/Schiemann (2005), § 249 Rn. 2).
23 Wirtschaftlich betrachtet ist der Hauptunternehmer lediglich
Zwischenstation innerhalb der mehrgliedrigen werkvertraglichen
Leistungskette von dem Nachunternehmer über den Hauptunternehmer bis zum
Bauherrn/ Besteller/Enderwerber. Ein Nachunternehmer erbringt seine
Leistung regelmäßig am Bauvorhaben des Bauherrn. Diesem kommt im
wirtschaftlichen Ergebnis die Leistung zugute, er ist von dem Mangel des
Werks des Nachunternehmers betroffen. Ein zwischengeschalteter
Hauptunternehmer dagegen wird mit der Mangelfrage nur wegen der besonderen
durch die Leistungskette gekennzeichneten Vertragsgestaltung befasst, da
zwischen dem Nachunternehmer und dem Bauherrn keine vertraglichen
Beziehungen bestehen. Auch im Gewährleistungsfall ist er nur
Zwischenstation. Die finanzielle Einbuße, die er durch den
vom Nachunternehmer verursachten Mangel erleidet, richtet sich
wirtschaftlich gesehen danach, in welchem Umfang er von seinem Auftraggeber
in Anspruch genommen wird (BGH, Urteile
vom 28. Juni 2007 - VII ZR 81/06
und VII ZR 8/06, aaO). Jedenfalls dann, wenn feststeht, dass der
Hauptunternehmer keine wirtschaftlichen Nachteile durch den Mangel erleidet,
ist es mit § 249 Abs. 1 BGB nicht vereinbar, dem Hauptunternehmer zu seiner
beliebigen Verfügung den Betrag zur Verfügung zu stellen, der für die
Mängelbeseitigung notwendig ist. Anders als bei der Zuerkennung dieses
Betrages als Vorschuss auf die Mängelbeseitigungskosten (vgl. § 637 Abs. 3
BGB n.F.) wäre nicht sichergestellt, dass der zuerkannte Betrag in Höhe der
Mängelbeseitigungskosten tatsächlich zur Mängelbeseitigung verwendet würde.
24 Aus vergleichbaren Erwägungen darf der Hauptunternehmer in einem
solchen Fall auch die Minderung nicht nach den Mängelbeseitigungskosten
berechnen, § 242 BGB (BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2010 - VII ZR
100/10, NZBau 2011, 232).
25 bb) Diese Erwägungen rechtfertigen es nicht, dem Hauptunternehmer
das Leistungsverweigerungsrecht wegen Mängeln zu versagen. Dem
Hauptunternehmer fließen keine ungerechtfertigten Vorteile zu, wenn er die
Einrede des nicht erfüllten Vertrages erhebt. Diese hat primär das Ziel, die
Mängelbeseitigung zu bewirken. Wenn der Nachunternehmer die begehrte
Mängelbeseitigung, die mit dem Leistungsverweigerungsrecht durchgesetzt
werden soll, vornimmt, wird dadurch nicht der Hauptunternehmer, sondern
dessen Besteller begünstigt.
26 Allerdings verbleibt dem Hauptunternehmer ein Vorteil, wenn der
Nachunternehmer die Mängelbeseitigung letztlich nicht vornimmt. Dieser
Vorteil ist nicht in gleicher Weise zu bewerten wie der Vorteil, dass der
Hauptunternehmer die Mängelbeseitigungskosten als Schadensersatz zur freien
Verfügung erhält, obwohl er von dem Besteller nicht in Anspruch genommen
wird und auch nicht mehr in Anspruch genommen werden kann.
Denn es ist ein relevanter Unterschied, ob dem Hauptunternehmer eine
Kompensation für wirtschaftlich für ihn nicht relevante Mängel gewährt wird
oder ihm die Vergütung verbleibt, weil er diese zurückhält. Dieser
Fall ist nicht anders zu beurteilen als der Fall, dass der Nachunternehmer
den Vergütungsanspruch verjähren lässt. In einem solchen Fall ist der
Hauptunternehmer nicht gehindert, die Einrede der Verjährung zu erheben,
auch wenn er von seinem Besteller bezahlt worden ist. Das
Leistungsverweigerungsrecht des Hauptunternehmers hängt nicht davon ab, ob
sein Besteller (Bauherr, Endabnehmer) die Mängelbeseitigung noch von ihm
fordern kann. Er muss sie nur zulassen. Lässt er sie nicht zu, ist sie dem
Nachunternehmer unmöglich, so dass der Hauptunternehmer keine
Mängelbeseitigung mehr fordern kann und ihm ein Leistungsverweigerungsrecht
auch nicht mehr zusteht (vgl. BGH, Urteil vom 22. September 1983 -
VII ZR 43/83, BGHZ 88, 240, 248 und Urteil vom 16. Mai 1968 - VII ZR 40/66,
BGHZ 50, 175, 177).
III.
27 Die Revision des Klägers ist daher als unbegründet zurückzuweisen. Die
Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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