Fiktive Schadensersatzberechnung bei
Reparaturkosten: Möglichkeit der Reparatur in eigener Werkstatt und
Schadensminderungsobliegenheit (§ 254 II BGB): Beweislast und sekundäre
Darlegungslast
BGH, Urteil vom 26. Mai 2023 - VI ZR 274/22 - LG Mosbach
Fundstelle:
noch nicht bekannt
Amtl. Leitsatz:
a) Wird bei einem Verkehrsunfall ein Kfz
beschädigt, hat der Geschädigte, der einen auf Gewinnerzielung
ausgerichteten Reparaturbetrieb führt, grundsätzlich Anspruch auf Ersatz der
Kosten einer Fremdreparatur einschließlich des Gewinnanteils. b)
Allerdings muss sich der Geschädigte in diesem Fall unter dem Gesichtspunkt
der Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 Satz 1 letzter Halbsatz BGB
auf eine gleichwertige Reparaturmöglichkeit in seiner eigenen Werkstatt
verweisen lassen, wenn sein Betrieb nicht ausgelastet und es ihm zumutbar
ist, ansonsten ungenutzte Kapazitäten für die notwendige Reparatur zu
nutzen. Dies gilt sowohl bei der konkreten als auch bei der
fiktiven Schadensabrechnung.
Zentrale Probleme:
Während die sog. "fiktive" Schadensberechnung im Kauf-
und Werkvertragsrecht beim Schadensersatz statt der Leistung Gegenstand
einer Meinungsverschiedenheit von zwei Senaten des BGH war (s. dazu nur die
Anmerkung zu BGH, Urteil vom 12. März 2021 - V ZR
33/19), ist die Möglichkeit, den Schadensersatz auf Reparaturkostenbasis
fiktiv abzurechnen bei Sachbeschädigungen vom Gesetz in § 249 II BGB
ausdrücklich vorgesehen und damit unpeoblematisch (s. etwa zum
Mietvertragsrecht s. BGH, Urteil vom 19. April
2023 - VIII ZR 280/21). Hier geht es nur um die Frage, ob ein
Geschädigter, der eine eigene Werkstatt besitzt, die Kosten einer
Fremdreparatur verlangen kann. Das bejaht der Senat grundsätzlich. Hat der
Geschädigte aber freie Kapazitäten in eigener Werkstatt, verstößt er bei
einer (teureren, weil einen Gewinnanteil des Werkunternehmers enthaltenden)
Fremdreparatur gegen die Schadfensminderungsobliegenheit des § 254 II BGB.
Dann kann er aber auch im Rahmen einer fiktiven Abrechnung nach § 249 II BGB
nur die (Selbst-)Kosten einer (fiktiven) Eigenreparatur verlangen, weil er
bei einer fiktiven Schadensberechnung nicht besser stehen darf, als beim
Ersatz realer Reparaturkosten. Das Urteil enthält lehrreiche grundsätzliche
Ausführungen zum Schadensersatz nach § 249 BGB sowie zur sekundären
Darlegungslast des Geschädigten.
©sl 2023
Tatbestand:
1 Die Klägerin nimmt den beklagten
Haftpflichtversicherer auf restlichen Schadensersatz aus einem
Verkehrsunfall in Anspruch.
2 Die Klägerin betreibt eine
Kfz-Reparaturwerkstatt. Ein Pkw der Klägerin wurde am 9. Juni 2021 bei einer
Kollision mit einem bei der Beklagten haftpflichtversicherten Pkw
beschädigt. Die volle Haftung der Beklagten dem Grunde nach steht außer
Streit. Die Klägerin macht auf der Grundlage eines
Sachverständigengutachtens fiktive Reparaturkosten in Höhe von 4.000,33 €
netto geltend. Sie hat das Fahrzeug zwischenzeitlich unrepariert
verkauft. Die Beklagte hält 20 % der geltend gemachten Reparaturkosten
(800,07 €) als Unternehmergewinn für nicht erstattungsfähig. Das Amtsgericht
hat die Klage abgewiesen, soweit sie auf Zahlung dieses Betrags gerichtet
ist. Das Landgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der
vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin diesen
Zahlungsanspruch weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
3 Das Berufungsgericht, dessen Urteil unter anderem in r+s
2023, 179 veröffentlicht ist, hat zur Begründung seiner Entscheidung im
Wesentlichen ausgeführt:
4 Das Amtsgericht habe die Klage in Höhe von
800,07 € zu Recht abgewiesen, da auch bei der fiktiven Abrechnung des
Fahrzeugschadens der Unternehmergewinn in Abzug zu bringen sei. Für die
konkrete Abrechnung des Schadens sei anerkannt, dass der Geschädigte, der
einen eigenen, auf Gewinnerzielung ausgelegten Reparaturbetrieb unterhalte,
sich von den Reparaturkosten den Gewinnanteil in Höhe von 20 % abziehen
lassen müsse, wenn der Betrieb in der Zeit der Reparatur nicht ausgelastet
gewesen sei. Substantiierten Vortrag zur Auslastung müsse der Geschädigte im
Wege der sekundären Darlegungslast halten. Der Unternehmergewinn sei aber
auch dann in Abzug zu bringen, wenn der Fahrzeugschaden fiktiv abgerechnet
werde. Nehme der Geschädigte gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB die
Schadensbehebung selbst in die Hand, sei der zur Herstellung erforderliche
Aufwand nach der besonderen Situation zu bemessen, in der sich der
Geschädigte befinde. Diese subjektbezogene Schadensbetrachtung gelte nicht
nur für die konkrete, sondern auch für die fiktive Schadensberechnung.
Dementsprechend habe der Bundesgerichtshof klargestellt, dass sich ein
Geschädigter, dem von markengebundenen Fachwerkstätten auf dem allgemeinen
regionalen Markt Großkundenrabatte für Fahrzeugreparaturen eingeräumt
würden, diese Rabatte auch bei der fiktiven Schadensberechnung anrechnen
lassen müsse. Diese Rechtsprechung sei auf den Abzug des Unternehmergewinns
bei fiktiver Abrechnung zu übertragen. Dass Großkundenrabatte durchgehend
gewährt würden, der Unternehmergewinn jedoch nur abzuziehen sei, wenn die
eigene Werkstatt nicht voll ausgelastet sei, ändere nichts am Ergebnis. Der
Zeitraum, in dem die Reparatur hätte durchgeführt werden können -
nämlich vom Unfall bis zur Veräußerung des Fahrzeugs -, sei klar
umschrieben. Für diesen Zeitraum hätte die Klägerin im Zuge ihrer sekundären
Darlegungslast darlegen müssen, ob ihre Werkstatt ausgelastet gewesen sei.
Ein solcher Vortrag sei ihr auch zumutbar, da durch einen Blick in ihr
Auftragsbuch ein entsprechender Vortrag für den betreffenden Zeitraum leicht
möglich gewesen wäre. Dadurch, dass die Klägerin ihrer Darlegungslast nicht
nachgekommen sei, sei mangels anderer Anhaltspunkte davon auszugehen, dass
der Unternehmergewinn abzuziehen sei.
II.
5 Die Revision der
Klägerin hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht ist zu Recht davon
ausgegangen, dass die Klägerin im Streitfall auf der Grundlage der von ihr
vorgenommenen fiktiven Schadensabrechnung keinen Anspruch auf Ersatz des
Unternehmergewinns hat.
6 1. Ob der Geschädigte im Rahmen der
fiktiven Schadensabrechnung nach einem Verkehrsunfall den Unternehmergewinn
als Teil der Reparaturkosten fordern kann, richtet sich nach folgenden
Grundsätzen:
7 a) Gemäß § 249 Abs. 1 BGB hat der zum
Schadensersatz Verpflichtete den Zustand herzustellen, der bestehen würde,
wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Ist wegen
der Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der
Geschädigte gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB statt der Herstellung den dazu
erforderlichen Geldbetrag verlangen. Der Geschädigte ist aufgrund der nach
anerkannten schadensrechtlichen Grundsätzen bestehenden Dispositionsfreiheit
in der Verwendung der Mittel frei, die er vom Schädiger zum
Schadensausgleich beanspruchen kann; er ist nicht verpflichtet, sein
Fahrzeug reparieren zu lassen (Senatsurteile vom 29. April 2003 -
VI ZR 393/02, NJW 2003, 2085, juris Rn. 7; vom 17. September 2019 - VI
ZR 396/18, NJW 2020, 236 Rn. 9; jeweils mwN). Unter mehreren zum
Schadensausgleich führenden Möglichkeiten hat der Geschädigte grundsätzlich
diejenige zu wählen, die den geringeren Aufwand erfordert. Nur der für diese
Art der Schadensbehebung nötige Geldbetrag ist im Sinne des § 249 Abs. 2
Satz 1 BGB zur Herstellung erforderlich (sog.
Wirtschaftlichkeitsgebot, vgl. Senatsurteile vom 12. Oktober 2021 -
VI ZR 513/19, NJW 2022, 543 Rn. 16; vom 29. Oktober 2019 - VI ZR 45/19, NJW
2020, 144 Rn. 9; jeweils mwN).
8 Dieses Wirtschaftlichkeitsgebot gilt
aber nicht absolut, sondern nur im Rahmen des dem Geschädigten Zumutbaren
und unter Berücksichtigung seiner individuellen Lage. Nimmt der Geschädigte
gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB die Schadensbehebung selbst in die Hand, ist
im Rahmen der sog. subjektbezogenen Schadensbetrachtung der zur Herstellung
erforderliche Aufwand nach der besonderen Situation zu bemessen, in der sich
der Geschädigte befindet. Sind seine Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten
beschränkt oder bestehen gerade für ihn Schwierigkeiten, so ist hierauf zu
seinen Gunsten Rücksicht zu nehmen. Verfügt er über besondere
Expertise, erhöhte Einflussmöglichkeiten oder sonstige Vorteile oder
Erleichterungen, so ist hierauf auch zugunsten des Schädigers Rücksicht zu
nehmen; diese Umstände können sich also anspruchsverkürzend auswirken
(vgl. Senatsurteil vom 29. Oktober 2019 - VI ZR 45/19, NJW 2020,
144 Rn. 10 mwN). Die subjektbezogene Schadensbetrachtung bedeutet nicht,
dass ein in der Situation des Geschädigten wirtschaftlich unangemessenes
Verhalten erst unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung der
Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 BGB zu prüfen wäre; die
Schadensersatzpflicht besteht vielmehr von vornherein nur insoweit, als sich
das Verhalten des Geschädigten im Rahmen wirtschaftlicher Vernunft hält
(vgl. Senatsurteile vom 29. Oktober 2019 - VI ZR 45/19, NJW 2020,
144 Rn. 10; vom 25. Juni 2019 - VI ZR 358/18, NJW 2019, 3139 Rn. 18; jeweils
mwN). Darüber hinaus gilt für die Ersetzungsbefugnis des § 249 Abs.
2 Satz 1 BGB das Verbot, sich durch Schadensersatz zu bereichern. Der
Geschädigte soll zwar volle Herstellung verlangen können (Totalreparation),
aber an dem Schadensfall nicht "verdienen" (Senatsurteil vom 29.
Oktober 2019 - VI ZR 45/19, NJW 2020, 144 Rn. 11 mwN). Diese
Grundsätze gelten sowohl für die konkrete als auch für die fiktive
Schadensabrechnung (Senatsurteil vom 29. Oktober 2019 - VI ZR
45/19, NJW 2020, 144 Rn. 12 mwN).
9 b) Nach diesen
Grundsätzen hat der Geschädigte regelmäßig Anspruch auf Ersatz der in einer
markengebundenen Fachwerkstatt anfallenden Reparaturkosten, unabhängig
davon, ob er das Fahrzeug voll, minderwertig oder überhaupt nicht reparieren
lässt (Senatsurteile vom 29. Oktober 2019 - VI ZR 45/19, NJW 2020,
144 Rn. 12; vom 25. September 2018 - VI ZR 65/18, NJW 2019, 852 Rn. 6;
jeweils mwN). Bei der fiktiven Schadensabrechnung genügt der
Geschädigte dem Gebot der Wirtschaftlichkeit nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB im
Allgemeinen, wenn er der Schadensabrechnung die üblichen
Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legt,
die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen
regionalen Markt ermittelt hat; dasselbe gilt für die Kosten der Ersatzteile
(vgl. Senatsurteil vom 29. Oktober 2019 - VI ZR 45/19, NJW 2020,
144 Rn. 13 mwN). Reparaturkosten in dieser Höhe stehen grundsätzlich
auch dem Geschädigten zu, der kraft besonderer Fähigkeiten oder aus
sonstigen individuellen Gründen zu einer kostengünstigen Eigenreparatur
imstande ist (vgl. Senatsurteile vom 17. März 1992 - VI ZR 226/91,
NJW 1992, 1618, 1619, juris Rn. 11; vom 26. Mai 1970 - VI ZR 168/68, BGHZ
54, 82, 87, juris Rn. 11; BGH, Urteil vom 30. Juni 1997 - II ZR 186/96, NJW
1997, 2879, 2880, juris Rn. 16; Freymann/Rüßmann in
Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Aufl., § 249 BGB Rn. 145;
MüKoBGB/Oetker, 9. Aufl., § 249 Rn. 389).
10 Dies gilt auch
für einen Geschädigten, der einen auf Gewinnerzielung aus gerichteten
Reparaturbetrieb führt; er hat grundsätzlich Anspruch auf Ersatz der Kosten
einer Fremdreparatur einschließlich des Gewinnanteils (vgl.
Senatsurteile vom 19. November 2013 - VI ZR 363/12, NJW 2014, 1376 Rn. 11;
vom 26. Mai 1970 - VI ZR 168/68, BGHZ 54, 82, 87, juris Rn. 11).
Allerdings muss er sich unter dem Gesichtspunkt der
Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 Satz 1 letzter Halbsatz BGB auf
eine gleichwertige Reparaturmöglichkeit in seiner eigenen Werkstatt
verweisen lassen, wenn sein auf Gewinnerzielung ausgerichteter Betrieb nicht
ausgelastet ist und es ihm zumutbar ist, ansonsten ungenutzte Kapazitäten
für die notwendige Reparatur zu nutzen (vgl. Senatsurteil vom 19.
November 2013 - VI ZR 363/12, NJW 2014, 1376 Rn. 11 mwN; zum Fall
der Verweisung auf die Reparatur in einer freien Fachwerkstatt vgl.
Senatsurteile vom 25. September 2018 - VI ZR 65/18, NJW 2019, 852 Rn. 6; vom
7. Februar 2017 - VI ZR 182/16, VersR 2017, 504 Rn. 7 ff.).
11 Würde
man - der Revision folgend - bei der fiktiven Abrechnung mit der Begründung,
dass es mangels Reparatur auf die Auslastungssituation überhaupt nicht
ankomme, den Unternehmergewinn ohne Rücksicht auf den Einwand des Schädigers
nach § 254 Abs. 2 Satz 1 letzter Halbsatz BGB und damit stets zuerkennen,
stünde der Geschädigte bei der fiktiven Abrechnung besser als bei
der konkreten Schadensabrechnung. Ziel der fiktiven Schadensabrechnung ist
es aber nicht, den Geschädigten wirtschaftlich besser zu stellen als im
Rahmen der konkreten Schadensabrechnung (vgl. Senatsurteil vom 29.
Oktober 2019 - VI ZR 45/19, NJW 2020, 144 Rn. 12). Entgegen der
Ansicht der Revision ist es deshalb auch nicht widersprüchlich, bei der
fiktiven Abrechnung die konkrete Auslastungssituation der Werkstatt des
Geschädigten zu berücksichtigen.
12 Im Rahmen des §
254 Abs. 2 Satz 1 letzter Halbsatz BGB ist der Schädiger darlegungs- und
beweisbelastet dafür, dass der gewinnorientierte Betrieb des Geschädigten
nicht ausgelastet war und er diese ansonsten ungenutzte Kapazität für die
notwendige Reparatur hätte nutzen können. Dem Geschädigten obliegt es im
Rahmen der sekundären Darlegungslast, seine betriebliche
Auslastungssituation konkret darzustellen (vgl. Senatsurteil vom
19. November 2013 - VI ZR 363/12, NJW 2014, 1376 Rn. 11; OLG Frankfurt, NJW
2012, 2977, juris Rn. 22; OLG Düsseldorf, NJW-RR 2021, 1391 Rn. 6; dazu
Wenker, jurisPR-VerkR 18/2021 Anm. 1; Freymann/Rüßmann in Freymann/Wellner,
jurisPK-Straßenver-kehrsrecht, 2. Aufl., § 249 BGB Rn. 145; Katzenstein in
Geigel, Haftpflichtprozess, 28. Aufl., Kapitel 3 Rn. 18; aA OLG Saarbrücken,
r+s 2013, 520, 522, juris Rn. 96; OLG Karlsruhe, Schaden-Praxis 1999, 128,
129, juris Rn. 6; offengelassen OLG Hamm, VersR 1991, 349) und ggf. Umstände
aufzuzeigen, die eine Reparatur in der eigenen Werkstatt unzumutbar
erscheinen lassen. Etwa aufgezeigte Umstände hat der Schädiger zu widerlegen
(vgl. für den Fall der Verweisung auf die Reparatur in einer freien
Fachwerkstatt Senatsurteile vom 25. September 2018 - VI ZR 65/18, NJW 2019,
852 Rn. 6; vom 7. Februar 2017 - VI ZR 182/16, VersR 2017, 504 Rn. 7).
13 2. Nach diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht der Klägerin
zu Recht keinen Unternehmergewinn zuerkannt.
14 a) Das
Berufungsgericht hat festgestellt, dass die Klägerin eine eigene, auf
Gewinnerzielung ausgerichtete Reparaturwerkstatt betreibt. Nach den unter 1.
b) dargestellten Grundsätzen ist das Berufungsgericht daher zu Recht
davon ausgegangen, dass die Klägerin nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB im Rahmen
der von ihr vorgenommenen fiktiven Schadensabrechnung grundsätzlich
Anspruch auf Ersatz der im Sachverständigengutachten ausgewiesenen
Reparaturkosten einschließlich des Unternehmergewinns hat.
15 b)
Allerdings muss sich die Klägerin unter dem Gesichtspunkt der
Schadensminderungspflicht auf eine Reparaturmöglichkeit in der eigenen
Werkstatt verweisen lassen.
16 aa) Offen bleiben kann, ob die Annahme
des Berufungsgerichts zutrifft, der für die Auslastungssituation des
Reparaturbetriebs maßgebliche Zeitraum ende mit der Veräußerung des
Fahrzeugs (dem Berufungsgericht zustimmend Gehrke, r+s 2023, 179, 181). Denn
die Klägerin hat, wie das Berufungsgericht festgestellt hat, zur
Auslastungssituation ihrer Werkstatt nichts vorgetragen und auch keine
weiteren Anhaltspunkte aufgezeigt, die gegen die Anwendung des § 254 Abs. 2
Satz 1 letzter Halbsatz BGB sprächen.
17 bb) Das Berufungsgericht hat
- entgegen der Ansicht der Revision - die im Rahmen des § 254 Abs. 2 Satz 1
letzter Halbsatz BGB zu beachtende Darlegungslast nicht verkannt. Es
hat zu Recht eine sekundäre Darlegungslast der Klägerin für die
Auslastungssituation ihrer Werkstatt angenommen, der die Klägerin nicht
nachgekommen ist.
18 Zwar trägt die Behauptungs- und
Beweislast der zur Anwendung des § 254 BGB führenden Umstände grundsätzlich
der Schädiger, der damit seine Ersatzpflicht mindern oder beseitigen will.
Dabei darf dem Schädiger allerdings nichts Unmögliches abverlangt werden. Er
kann daher beanspruchen, dass der Geschädigte an der Beweisführung mitwirkt,
soweit es sich um Umstände aus seiner Sphäre handelt (vgl.
Senatsbeschluss vom 22. November 2005 - VI ZR 330/04, VersR 2006, 286 Rn. 5;
BGH, Urteile vom 22. Mai 1984 - III ZR 18/83, BGHZ 91, 243, 260, juris Rn.
63; vom 20. Juli 2006 - IX ZR 94/03, BGHZ 168, 352 Rn. 34; MüKoBGB/Oetker,
9. Aufl., § 254 Rn. 146).
19 Die Beklagte, die die Einwendung erhoben
hat, die Klägerin könne aufgrund freier Kapazitäten in der eigenen Werkstatt
den Unternehmergewinn nicht verlangen, war nach diesen Grundsätzen -
entgegen der Ansicht der Revision - prozessrechtlich weder gehalten, zur
Dauer einer Reparatur des Fahrzeugs näher vorzutragen, noch dazu, wann der
Weiterverkauf des Fahrzeugs erfolgte; sie musste vor allem auch nicht näher
darlegen, in welchem Zeitraum seit dem Unfall die Werkstatt der Klägerin
nicht voll ausgelastet war und ob ihr in dieser Zeit die Durchführung der
Reparatur möglich und zumutbar war. Die Reparaturdauer ergibt sich, wie die
Revision selbst einräumt, im Übrigen aus dem von der Klägerin in erster
Instanz vorgelegten Sachverständigengutachten, das Grundlage ihrer fiktiven
Schadensabrechnung ist. Hinsichtlich der weiteren Umstände steht die
Beklagte, anders als die Klägerin, außerhalb des Geschehensablaufs und
verfügt über keine Erkenntnismöglichkeiten, die ihr konkreteren Vortrag dazu
ermöglicht hätten. Demgegenüber war der Klägerin Vortrag dazu möglich und
zumutbar.
|